L 12 B 184/99 KA

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 KA 1555/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 B 184/99 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 04. November 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger nahm im 2. Quartal 1996 als Internist in K. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat im Quartal 2/96 mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 die Honorarabrechnung des Klägers sachlich und rechnerisch berichtigt und ihm insgesamt 238.935,1 Punkte (34.206,3 Punkte wegen Überschreitung der Abstaffelungsgrenze für Sonographieleistungen nach der Nr.378 EBM, 4394,0 Punkte wegen Überschreitung des Teilbudgets "Ganzkörperstatus" für die Leistung nach der Nr.60/60 K EBM, 165.020,8 Punkte für das Teilbudget "Gesprächsleistungen" für die Leistungen nach den Nrn.10, 11, 17, 18, 42, 44 und 851 EBM und 35.314,0 Punkte für die Überschreitung des sogenannten O-I-Budgets) abgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 5. November 1996, der mit Widerspruchsbescheid der Bfin. vom 28. Oktober 1997 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 13. November 1997 zum Sozialgericht München. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 1998 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, weil die Bfin. mittlerweile für das Quartal 2/96 einen Honorarbescheid erteilt und im Rahmen des Honorarbescheides den angefochtenen Bescheid über sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal 2/96 zurückgenommen hatte. Es wurde u.a. um Festsetzung des Gegenstandswertes gebeten.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. November 1998 den Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Sozialgericht München auf DM 13.858,24 festgesetzt. Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes für den Kläger sei die durch die Bfin. erfolgte verwaltungsmäßige Umsetzung der rückwirkenden Teilbudgetierung zu berücksichtigen. Es sei dagegen nicht möglich, den wirtschaftlichen Wert anhand des dem Kläger tatsächlich nachvergüteten Honorarbetrages zu bemessen, da die Honorarzahlung außerhalb der richtiggestellten Leistungsmenge nicht durch die Klage angefochten worden sei. Vielmehr habe die Bfin. gerade keine Honorarbescheide, sondern eigenständige Budgetierungsbescheide erteilt, die allein Gegenstand der Anfechtungs- und Leistungsklage gewesen seien. Daher erscheine es sachgerecht, als Gegenstandswert die durch den angefochtenen Bescheid abgesetzte Punktmenge zu nehmen. Diese Punktmenge sei mit einem zu schätzenden Durchschnittspunktwert als Ausdruck einer durchschnittlichen Vergütung der Leistungen nach Abwicklung der rückwirkenden Teilbudgetierung zu mulitiplizieren. Da hier der gesamte Budgetierungsbescheid angefochten gewesen sei, müsse von einer Punktmenge von 238.935 Punkten ausgegangen werden. Bei Betrachtung der Punktwerte nach Neuberechnung ohne Anwendung der Teilbudgets für das Quartal 2/96 (Regionalkassen: übrige Leistungen 5,8 DPf, Laborleistungen O I 5,7 DPf; Ersatzkassen: übrige Leistungen und O I-Leistungen 7,3 DPf), gehe die Kammer hier von einem Durchschnittspunktwert in Höhe von 5,8 DPf aus. Daraus errechne sich ein Gegenstandswert von DM 13.858,24.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1998 hat die Bfin. gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998 Beschwerde eingelegt.

Der Bg. hat mit Schriftsatz vom 31. Dezember 1998 beantragt, die Beschwerde der Bfin. gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998 als unzulässig zurückzuweisen. Die Beschwerdefrist von 2 Wochen sei bereits am 3. Dezember 1998 abgelaufen.

Die Bfin. hat mit Schriftsatz vom 21. April 1999 vorgetragen, dass die Beschwerde vom 14. Dezember 1998 gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998 nicht verfristet sei, da die Beschwerde gemäß § 173 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen sei. Diese Frist gelte auch für Beschwerden gegen die Streitwertfestsetzung nach § 116 Abs.2 BRAGO (LSG Hamburg, Beschluss vom 11. September 1986, Az.: VI KRd. s 40/86). Mit weiterem Schriftsatz vom 11. Januar 2000 hat die Bfin. weiter vorgetragen, dass in den Quartalen 1/96 und 2/96 die Bfin. in Anwendung der rückwirkenden Teilbudgets nicht nur die budgetierten Leistungen, sondern insgesamt die von den Vertragsärzten abgerechneten "übrigen Leistungen" mit dem sich aus der rückwirkenden Teilbudgetierung ergebenden Punktwert vergütet habe. Die Auszahlung der Vergütungen mit dem höheren Punktwert im Jahre 1996 sei lediglich vorläufig auf dem Wege einer vierten Abschlagszahlung erfolgt. Die Erstellung des Honorarbescheides sollte demgegenüber erst nach endgültiger Klärung der Rechtslage unter Berücksichtigung der Rechtsprechung erfolgen. Diese Vorgehensweise sei den Vertragsärzten eingehend anhand eines gesonderten Rundschreibens im Juli 1996 erläutert worden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur rückwirkenden Teilbudgetierung habe zur Folge gehabt, dass im Zuge der Umsetzung ein niedrigerer Punktwert für die vertragsärztlichen Leistungen zur Auszahlung gekommen sei. Die Berechnung des Honorars ohne Anwendung der rückwirkenden Teilbudgetierung habe ergeben, dass der Kläger eine Nachzahlung zu leisten gehabt habe. Die dem Kläger geleistete Abschlagszahlung sei in Folge der rückwirkenden Teilbudgetierung zu hoch bemessen gewesen. Die zunächst erfolgte Umsetzung des Punktevolumens sei deshalb mit der Zahlung des höheren Punktwertes ausgeglichen worden. Der Gegenstandswert könne entgegen der Auffassung des Erstgerichts deshalb nicht auf der Grundlage des zunächst nicht vergüteten Punktevolumens ermittelt werden.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998 (Az.: S 42 Ka 1555/97) abzuändern und den Gegenstandswert gemäß § 8 Abs.2 BRAGO in Höhe des Regelstreitwerts von DM 8.000,- festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Bg. hat in seinem Schriftsatz vom 16. Februar 2000 darauf hingewiesen, dass sich der Gegenstandswert nach der sich aus dem Klageantrag ergebenden Bedeutung der Sache richte, also nach den wirtschaftlichen Interessen des Klägers an der gerichtlichen Entscheidung. Der Gegenstandswert sei nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Kläger habe die Vergütung der durch den angefochtenen Bescheid abgesetzten Punktmenge begehrt. Da hier der gesamte Budgetierungsbescheid angefochten worden sei, seien alle Punkte zu addieren. Dies ergebe die im angefochtenen Beschluss richtigerweise genannte Punktmenge von 238.935 Punkten. Auch der in diesem Bescheid geschätzte Durchschnittspunktwert sei nicht zu beanstanden und entspreche billigem Ermessen. Der Gegenstandswert sei daher vom Sozialgericht zu Recht auf DM 13.858,24 festgesetzt worden.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Gegenstand des Verfahrens ist die Verwaltungsakte der Bfin., die Klageakte mit dem Az.: S 42 Ka 1555/97 und die Beschwerdeakte des Senates. Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. II.

Die nach den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet.

Dem Begehren der Bfin, den Gegenstandswert gemäß § 8 Abs.2 BRAGO mit dem Regelstreitwert in Höhe von DM 8.000,- festzusetzen und damit niedriger als im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998, Az.: S 42 Ka 1555/97, mit DM 13.858,24 geschehen, ist nicht zu entsprechen.

In den Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aufgrund der Beziehungen von Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen (Kassenarztrecht) sowie öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern untereinander erhalten Rechtsanwälte an Stelle der in § 116 BRAGO grundsätzlich vorgesehenen Rahmengebühren Gebühren entsprechend dem dritten Abschnitt der BRAGO (§ 116 Abs.2). Diese sind nach dem Gegenstandswert zu berechnen. Das Nähere regelt § 8 BRAGO.

Eine Bestimmung aufgrund der für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften und eine sinngemäße Anwendung der Vorschriften der Kostenordnung kommt hier nicht in Betracht, weil für das Verfahren vor den Sozialgerichten von Streit- und Gegenstandswert abhängige Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind (§§ 183, 184 des SGG) und die in § 8 Abs.2 Satz 1 BRAGO genannten Vorschriften keinen den Gegenstandswert des anhängigen Rechtsstreites ähnlichen Sachverhalt betreffen. Der Gegenstandswert ist deshalb hier nach § 8 Abs.2 Satz 2 BRAGO nach billigem Ermessen und unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen des Klägers an der gerichtlichen Entscheidung festzustellen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandwert auf DM 8.000,- nach Lage des Falles niedrigerer oder höher, jedoch nicht über eine Million DM anzunehmen. Hierzu ist ergänzend auch § 13 Gerichtskostengesetz - GKG - heranzuziehen (vgl. BSG, Soz R 3-1930, § 8 Nr.1). Demnach ist der Gegenstandswert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers bestand - wie dem Klageantrag vom 13. November 1997 zu entnehmen ist - in der Nachvergütung der mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1997 abgesetzten 238.935,1 Punkte.

Der Gegenstandswert berechnet sich demnach entgegen der Ansicht der Bfin. nicht nach dem Unterschiedsbetrag zwischen der 4.Abschlagszahlung und dem endgültigen Honorarbescheid für das Quartal 2/96. Ebensowenig ist von Bedeutung, ob sich die Anwendung der rückwirkenden Teilbudgetierung zu Gunsten oder zu Lasten des Klägers ausgewirkt hat. Der Kläger hat nämlich ausdrücklich nicht die 4. Abschlagszahlung oder den endgültigen Honorarbescheid für das Quartal 2/96 mit Rechtsbehelfen angegriffen, sondern ausschließlich und allein die Bescheide über die sachlich-rechnerische Richtigstellung und die daraus folgende Absetzung von 238.935,1 Punkten (ständige Rechtsprechung des Senats vgl. etwa Beschluss vom 4. Dezember 2000, Az.: L 12 B 84/99 KA, und Beschluss vom 16. August 2000, L 12 B 173/99 KA).

Die abgesetzten 238.935,1 Punkte sind dabei mit dem Auszahlungspunktwert zu multiplizieren, der sich nach Wegfall der rückwirkenden Budgetierung für den Primärkassenbereich bzw. Ersatzkassenbereich ergeben hat.

Der Senat differenziert zwar beim Auszahlungspunktwert grundsätzlich nach den im Primärkassen- bzw. Ersatzkassenbereich jeweils abgesetzten Punkten (vgl. beispielsweise die o.g. Beschlüsse des Senats). Darauf kann aber vorliegend verzichtet werden, weil unter Zugrundelegung des vom Sozialgericht angesetzten "Durchschnittspunktwertes" in Höhe von 5,8 DPf in Anbetracht des Auszahlungspunktwertes ohne Anwendung der rückwirkenden Teilbudgets im Primärkassenbereich für die übrigen Leistungen in Höhe von 5,8 DPf und für Laborleistungen O I in Höhe von 5,7 DPf und im Ersatzkassenbereich für die übrigen Leistungen und die Laborleistungen O I in Höhe von 7,3 DPf auszuschließen ist, dass bei genauer Ermittlung des Anteils der abgesetzten Punkte im Primärkassenbereich bzw. Ersatzkassenbereich an den insgesamt abgesetzten 238.935,1 Punkten - wie von der Bfin. begehrt - ein niedrigerer Gegenstandswert als die vom Sozialgericht angesetzten DM 13.858,24 herauskäme. Dies gilt umso mehr, als nach dem Honorarbescheid für das Quartal 2/96 der Anteil des Ersatzkassenhonorars am Gesamthonorar des Klägers bei ca. 29 % lag.

Die Beschwerde der Bfin. gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. November 1998 war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der Erwägung, dass die Beschwerde der Bfin. nicht erfolgreich war.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 193 SGG) und ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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