L 9 AL 187/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 6 Al 280/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 187/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 09.04.1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Versagung bzw. Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und die Erstattung von Leistungen.

Die 1940 geborene Klägerin bezog seit Januar 1991 Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt Gera in Thüringen. Der Anspruch war am 27.02.1993 erschöpft. Am 09.02.1993 beantragte die Klägerin Anschlussarbeitslosenhilfe. Als Einkommen gab sie die EU-Rente des Ehemanns von monatlich 1.233,69 DM an, als Vermögen ein ihr, der Antragstellerin, gehörendes Haus, das sie mit Ehemann und Mutter bewohne. Mieteinnahmen erziele sie nicht. Das Arbeitsamt Gera bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 12.03. 1993 ab 27.02.1993 unter Anrechnung der Rente des Ehemanns in Höhe von 70,48 DM Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 144,30 DM.

Am 10.11.1993 zog die Familie nach V ... bei Deggendorf um. Das Arbeitsamt Gera stellte die Zahlungen mit Ablauf des 10.11.1993 ein und gab die Akte an das Arbeitsamt Deggendorf ab.

Am 18.11.1993 meldete sich die Klägerin arbeitslos bei der Nebenstelle V ... des Arbeitsamts Deggendorf und beantragte die Weiterbewilligung der Arbeitslosenhilfe. Als Vermögen gab sie 10.000,00 DM auf sie selbst, 3.000,00 DM auf ihren Ehemann angelegtes Festgeld an.

Mit Schreiben vom 30.12.1993 fragte das Arbeitsamt Deggendorf die Klägerin, ob sie ihr gegenüber dem Arbeitsamt Gera angegebenes Haus in Gera vermietet oder verkauft habe. Die Klägerin teilte hierzu mit: "Haus wurde verkauft. Zahlung erfolgt laut Notarvertrag am 31.03.1994". Auf weitere Nachfrage des Arbeitsamts legte die Klägerin am 27.04.1994 eine "Maklerbestätigung" vom 18.04.1994 der "Immobilien- und Bauherrenberatung" H.Sch ... vor: Die mit Fälligkeit zum 30.04.1994 vom Käufer zu zahlenden 200.000,00 DM an Frau C ... B ... für den Verkauf ihres Einfamilienhauses seien bis dato noch nicht gezahlt worden.

Nach Vorlage des Festgeldkontostands der Klägerin vom Januar 1993 hob das Arbeitsamt Deggendorf die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe rückwirkend vom 27.02.1993 bis 02.04.1993 auf. Von dem zu diesem Zeitpunkt für die Klägerin angelegten Festgeld in Höhe von 10.738,12 DM seien unter Abzug des Freibetrags von 8.000,00 DM 2.738,12 DM auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen gewesen, was auf den Alhi-Leistungssatz umgelegt eine Überzahlung von fünf Wochen ergebe. Daraus errechne sich eine Erstattungsforderung von 721,50 DM Arbeitslosenhilfe sowie von Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 300,80 DM. Der hiergegen von der Klägerin erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.1994 zurückgewiesen. Ihre zum SG Landshut unter dem Az.: S 6 Al 253/94 erhobene Klage nahm die Klägerin am 19.04.1996 zurück.

Mit weiterem Bescheid vom 03.05.1994 stellte das Arbeitsamt eine achtwöchige Sperrzeit vom 18.12.1993 bis 11.02.1994 wegen des Nichtzustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin als Reinigungskraft beim Sporthotel St. E ... fest.

Mit Bescheid vom 16.05.1994 bewilligte das Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe vom 11.11.1993 bis 17.12.1993 in Höhe von wöchentlich 161,10 DM bzw. ab 30.11.1993 (Dynamisierungsstichtag) von 174,90 DM unter Anrechnung von wöchentlich 70,48 DM aus der Erwerbsunfähigkeitsrente des Ehemanns. Mit Bescheid vom 30.05. 1994 bewilligte das Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe nach Ablauf der Sperrzeit ab 12.02.1994 in Höhe von 177,90 DM wöchentlich weiterhin zunächst unter Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente des Ehemanns in Höhe von 70,48 DM, mit berichtigendem Bescheid vom 13.06.1994 in Höhe von 178,50 DM unter Anrechnung lediglich von 69,92 DM.

Die letzte Zahlung von Arbeitslosenhilfe erfolgte am 13.07.1994 für den Zeitraum vom 29.06.1994 bis 12.07.1994.

Am 21.07.1994 rief die Klägerin beim Arbeitsamt an. Sie habe 200.000,00 DM aus dem Hausverkauf erhalten. Nach zweifacher Erinnerung reichte die Klägerin mit Schreiben vom 07.11.1994 die Kopien zweier Auszüge ihres bei der Sparkasse R ... geführten Girokontos ein. Dabei handelte es sich einmal um eine Überweisung eines Michael R. vom 14.07.1994 in Höhe von 200.000,00 DM mit dem Verwendungszweck "Zahlung 2. Kaufpreisrate UR-Nr.2005/1993 vom 20.10.1993 Not. D ...". Des Weiteren handelte es sich um eine Überweisung vom 15.07.1994 in Höhe von 200.000,00 DM vom Konto der Klägerin auf das Konto ihres Sohnes H ... B ... bei der Sparkasse E ... mit dem Verwendungszweck "Anlage-Fonds".

Mit weiterem Schreiben vom 07.11.1994 reichte die Klägerin eine "Aufstellung über den Verbrauch des Erlöses aus meinem Hausverkauf" ein. Die beigegebene Auflistung ist überschrieben: "Ausgaben seit November 1993 bis Juli 1994" sowie: "Kreditgeber H ... B ..., K ... bei München". Die Liste umfasst nicht im Einzelnen datierte und nur zu einem geringeren Teil belegte Ausgaben für Umzug, Einrichtung und allgemeine Lebenshaltung in Höhe von 103.637,15 DM. Dazu addiert ist eine "Schenkung für H ... B ... " in Höhe von 90.000,00 DM, mit einer nebenstehenden handschriftlichen Notiz: "Laut Frau B ... Erbteil". Der noch verbleibende Posten von 6.367,85 DM ist "diversen Ausgaben, Lebensunterhaltskosten" zugeordnet.

Nach arbeitsamtsärztlicher Begutachtung der Klägerin hob das Arbeitsamt mit Bescheid vom 22.11.1994 den Sperrzeitbescheid vom 03.05.1994 auf. Die Leistungen für den Sperrzeitraum vom 18.12.1993 bis 11.02.1994 würden noch nicht nachgezahlt. Laut vorgelegtem Kontoauszug vom 15.07.1994 habe sie eine zweite Kaufpreisrate in Höhe von 200.000,00 DM erhalten. Wann und in welcher Höhe sei eine erste Kaufpreisrate gezahlt worden?

Mit Schreiben vom 27.12.1994 übersandte die Klägerin einen Beleg über die Überweisung einer "ersten Kaufpreisrate Hauskauf" des M ... R ... in Höhe von 40.000,00 DM vom 15.12.1993. Zur Verwendung der 40.000,00 DM gab sie an: 30.000,00 DM habe sie ihrem Sohn für den Erwerb eines Pkw überwiesen, den dieser aus versicherungstechnischen Gründen für sie getätigt habe. Dem beigelegt war der Nachweis über eine Überweisung in Höhe von 30.000,00 DM vom 14.01.1994 an den Sohn H ... B ... sowie der Vertrag über den Kauf eines gebrauchten BMW 325 zum Preis von 30.000,00 DM, unterzeichnet am 17.01.1994. 2.000,00 DM habe sie auf das überzogene Konto ihres Ehegatten überwiesen. Über einen Betrag von 5.000,00 DM habe sie ein Sparbuch für ihre Mutter angelegt. Die restlichen 3.000,00 DM seien für den täglichen Lebensunterhalt verbraucht worden.

Am 01.12.1994 hat sich die Klägerin als "Hausfrau und Pflegeperson" aus dem Leistungsbezug abgemeldet.

Am 15.02.1995 erließ das Arbeitsamt einen Bescheid über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 15.12.1993. Der Erhalt der ersten Kaufpreisrate in Höhe von 40.000,00 DM am 15.12.1993 habe die Voraussetzung der Bedürftigkeit für den gesamten verbliebenen Alhi-Anspruchszeitraum entfallen lassen. Bei Teilung des von der Klägerin ab 15.12.1993 zu verwertenden Vermögens in Höhe von 40.000,00 DM durch das der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegende Arbeitsentgelt von 590,00 DM wöchentlich ergebe sich, dass die Klägerin für einen Zeitraum von 67 Wochen nicht bedürftig gewesen sei und daher keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe. Sie habe seit 15.12.1993 bis zu ihrer Abmeldung ab 01.12.1994 bereits Leistungen in Höhe von 3.925,20 DM erhalten. Es seien für sie Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 2.086,24 DM abgeführt worden. Diese Beträge habe sie zu erstatten.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Die Anrechnung der am 15.12.1993 erhaltenen ersten Kaufpreisrate von 40.000,00 DM sei ihr nicht zuzumuten. Sie und ihr Ehemann seien in einer äußerst angespannten finanziellen Lage. Sie seien auf die Rente und Schwerstpflegezulage ihrer Mutter angewiesen. Von deren angesparter Rente hätten sie noch in Gera vor dem Verkauf des Hauses Notreparaturen durchführen lassen. Sie, die Klägerin, sei berechtigt gewesen, die erhaltenen 40.000,00 DM für die angegebenen Zwecke auszugeben. Bei der abgelegenen Lage ihrer Wohnung in V ...-W ... hätte sie ein Auto gebraucht, um gegebenenfalls einen Arbeitsplatz zu erreichen. Zwar hätten sie bereits einen acht Jahre alten Ford besessen. Diesen hätte jedoch im Falle einer Arbeitsaufnahme ihr Ehemann benötigt, der sich für diesen Fall bereiterklärt habe, die Pflege der Mutter teilweise zu übernehmen und Einkäufe, Behördengänge, Arzt, Apotheke zu erledigen. Daher sei sie gezwungen gewesen, nach Erhalt der ersten Kaufpreisrate ein weiteres Auto zu kaufen.

Die 5.000,00 DM, mit denen sie ein Sparbuch für ihre Mutter angelegt habe, seien als Rückzahlung für die Finanzierung der Notreparaturen in Gera aus der angesparten Rente anzusehen.

Wie die zweite Kaufpreisrate verwendet worden sei, habe sie bereits dargelegt.

Mit Schreiben vom 06.04.1995 übermittelte der Sohn der Klägerin, H ...B ... aus K ..., dem Arbeitsamt folgende Bestätigung: Er habe seinen Eltern im Oktober 1993 einen Betrag von 110.000,00 DM für Umzugskosten und Wohnungseinrichtung zur Verfügung gestellt. Diesen Betrag habe er mit der Zahlung der zweiten Kaufpreisrate zurückerhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.1995 wies das Arbeitsamt den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zumindest die am 15.12.1993 überwiesene erste Kaufpreisrate von 40.000,00 DM sei bei der Arbeitslosenhilfe voll anzurechnen. Der Kaufpreis für den Pkw könne hiervon nicht ausgenommen werden. Dies sei nur dann möglich, wenn das Auto zur Aufnahme oder Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit unentbehrlich sei. Dies sei nicht der Fall gewesen. Zum einen habe keine konkrete Arbeitsaufnahme in Aussicht gestanden, zum anderen habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass kein öffentliches Verkehrsmittel für sie erreichbar sei. Gleichfalls nicht abgesetzt werden könnten die Anlage eines Sparbuchs für die Mutter der Widerspruchsführerin in Höhe von 5.000,00 DM sowie die Aufwendungen für das tägliche Leben in Höhe von 3.000,00 DM. Der Freibetrag von 8.000,00 DM sei bereits bei der Rücknahme der Alhi-Bewilligung für den Zeitraum vom 27.02.1993 bis 02.04.1993 aufgrund des seinerzeit zur Verfügung stehenden Festgeldes von 10.738,12 DM durch Bescheid vom 03.05.1994 berücksichtigt worden. Lasse man den Ausgleich des Kontos des Ehemanns in Höhe von 2.000,00 DM außer Betracht, so bestehe nach wie vor für zumindest 64 Wochen (38.000,00 DM: 590,00 DM wöchentliches Arbeitsentgelt) keine Bedürftigkeit, so dass die Klägerin seit 15.12.1993 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe.

Die dagegen zum Sozialgericht (SG) Landshut erhobe Klage hat das SG mit Urteil vom 09.04.1997 als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe mit dem Verkauf des Hauses in Gera in Gestalt der Kaufpreisforderung von 240.000,00 DM einen Vermögenswert erworben. Offensichtlich habe sie jedenfalls das Darlehen des Sohnes in Höhe von 110.000,00 DM auch als durch die Kaufpreisforderung gedeckt angesehen, wie sich an den von ihr getätigten Ausgaben zeige. Darüber hinaus habe sie am 15.12.1993 eine erste Kaufpreisrate in Höhe von 40.000,00 DM erhalten. Sie habe dem Arbeitsamt weder den Verkauf des Hauses und die daraus resultierende Kaufpreisforderung noch den Eingang der ersten Kaufpreisrate angezeigt und habe somit ihre Anzeigepflicht verletzt. Auch habe sie wissen müssen, dass ihre Bedürftigkeit durch den zu erwartenden Kaufpreis entfallen sei.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor: Eine Lebensversicherung werde von den Arbeitsämtern nicht angetastet, wenn sie die Summe von 120.000,00 DM nicht wesentlich übersteige. Ihr Elternhaus in Gera sei für sie eine Art Lebensversicherung gewesen. Da sie es nicht mehr habe finanzieren können, habe sie es veräußern müssen. Es stelle eine Ungleichbehandlung dar, wenn der Erlös auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet werde.

Ihr könne im Übrigen keine Anzeigepflichtverletzung vorgeworfen werden. Sie habe bei der Antragstellung am 18.11.1993 angegeben, dass sie ihr Elternhaus verkauft habe, jedoch der Käufer zahlungsunfähig geworden sei und sie bei ihrem Sohn Darlehensschulden von 110.000,00 DM habe. Ihr sei gesagt worden, dass sie das Arbeitsamt nach Zahlung der endgültigen Summe informieren solle, was sie wohl auch sofort nach Eingang getan habe. Den Verbrauch der viel zu spät erhaltenen ersten Kaufpreisrate habe sie ausreichend begründet.

Die Klägerin beantragt

die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 09.04.1997 und des Bescheides des Arbeitsamts Deggendorf vom 15.02.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1995.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf die Senatsakten sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsamt hat im angefochtenen Bescheid vom 15.02.1995 zu Recht die Bewilliung von Arbeitslosenhilfe für den ursprünglichen Sperrzeitraum vom 18.12.1993 bis 11.02.1994, - eine Bewilligung für diesen Zeitraum war nicht erfolgt -, versagt und die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 15.12.1993 bis 17.12.1993 sowie ab 12.02.1994 aufgehoben und bereits erbrachte Leistungen nebst Krankenversicherungsbeiträgen in zutreffender Höhe zurückgefordert.

Die Klägerin hatte spätestens seit 15.12.1993 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe.

Nach § 134 Abs.1 Satz 1 Nr.3 AFG hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nur, wer bedürftig ist. Der Arbeitslose ist u.a. nach § 137 Abs.2 AFG nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist. Nach § 137 Abs.3 AFG i.V.m. § 6 Abs.1 der Arbeitslosenhilfeverordnung ist Vermögen des Arbeitslosen, seines Ehegatten und der Eltern eines minderjährigen Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 Deutsche Mark, bei den Eltern eines Minderjährigen jeweils 12.000,00 Deutsche Mark übersteigt.

Der Klägerin wurde am 15.12.1993 ein Betrag von 40.000,00 DM als erste Kaufpreisrate für den Verkauf ihres Hauses in Gera überwiesen. Davon sind zumindest 33.000,00 DM auf die Arbeitslosenhilfe der Klägerin anzurechnen.

Der Freibetrag von 8.000,00 DM, der der Klägerin bei der bestandskräftig gewordenen Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 27.02.1993 bis 02.04.1993 belassen worden war, kann der Klägerin nicht nochmals gewährt werden. Der Klägerin war ab 01.12.1993 Arbeitslosenhilfe nach § 139a AFG neu zu bewilligen. Zu berücksichtigen ist bei einer Neubewilligung das gesamte, zum Zeitpunkt der Neubewilligung vorhandene Vermögen. Hierzu gehörte auch das Festgeld der Klägerin, wovon ihr ein Freibetrag von 8.000,00 DM belassen worden war und welches bis zum 10.01. des folgenden Jahres gebunden war. Der Freibetrag von 8.000,00 DM verblieb der Klägerin somit weiterhin, kann aber nicht zusätzlich bei der Anrechnung der ersten Kaufpreisrate für den Hausverkauf berücksichtigt werden.

Die Klägerin hat die 40.000,00 DM der ersten Kaufpreisrate weder zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage noch zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung verwendet (§ 6 Abs.3 Satz 2 Nr.3 der Arbeitslosenhilfeverordnung), das Geld also gerade nicht in Schonvermögen, vergleichbar etwa einer Lebensversicherung, umgewandet.

Als nicht zumutbar für die Klägerin verwertbar kann allenfalls der Betrag von 2.000,00 DM angesehen werden, den sie ihrem Ehemann überwiesen hat, sowie bei großzügiger Betrachtung der Betrag von 5.000,00 DM, den sie auf einem Sparkonto für ihre Mutter angelegt hat, obgleich anzunehmen ist, dass sie hierauf jederzeit Zugriff hat.

Einen Betrag von 3.000,00 DM hat die Klägerin nach eigenem Bekunden für die allgemeine Lebenshaltung ausgegeben.

Die 30.000,00 DM, die die Klägerin für den Erwerb eines gebrauchten BMW ausgegeben hat, lassen sich nicht von dem auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnenden Vermögen abziehen. Nach eigenen Angaben stand der Familie in Gestalt eines acht Jahre alten, näch späteren Angaben sieben Jahre alten, Ford bereits ein Pkw zur Verfügung. Es war daher nicht notwendig, dass die Klägerin sich vorsorglich für den Fall einer Arbeitsaufnahme einen weiteren gebrauchten Pkw zulegte. Es war der Familie zuzumuten, dass, selbst bei ungünstig gelegener Arbeitsstelle, der Ehemann die Klägerin morgens zu den nächstgelegenen öffentlichen Verkehrsmitteln hinfuhr und sie abends abholte.

Legt man die hiernach zumindest anzurechnenden 33.000,00 DM auf das der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegende Arbeitsentgelt von 590,00 DM um, so ergibt sich ein Zeitraum fehlender Bedürftigkeit von 55 Wochen, das bedeutet ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe, stellt man allein auf den Erhalt der ersten Kaufpreisrate am 15.12.1993 ab, bis zum 03.01.1995. Ab 01.12. 1994 hatte sich die Klägerin ohnehin bereits aus dem Leistungsbezug abgemeldet.

Da sich bereits aufgrund des Erhalts der ersten Kaufpreisrate von 40.000,00 DM ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe seit 15.12.1993 nicht ergibt, bedarf es keiner Ausführungen dazu, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang bereits das der Klägerin im Oktober 1993 von ihrem Sohn zur Verfügung gestellte und mit Erhalt der zweiten Kaufpreisrate zurückzuzahlende Darlehen in Höhe von 110.000,00 DM bei Abzug der der Klägerin für die mit dem Umzug und der Einrichtung in V ... zuzugestehenden Ausgaben ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zum Ruhen gebracht haben.

Feststeht, dass die Klägerin seit 15.12.1993 bis zu ihrer Abmeldung aus dem Leistungsbezug ab 01.12.1994 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatte.

In Konsequenz dessen hat die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den ursprünglichen Sperrzeitraum vom 18.12.1993 bis 11.02.1994 versagt. Sie hat auch zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 15.12.1993 bis 17.12.1993 sowie ab 12.02.1994 aufgehoben und fordert Leistungen bzw. Krankenversicherungsbeiträge in zutreffender Höhe zurück.

Maßgebliche Aufhebungsvorschrift ist § 45 SGB X, nachdem die Bewilligungsbescheide vom 16.05.1994 und vom 30.05.1994 bzw. 13.06.1994 jedenfalls bezüglich des hier maßgeblichen Zeitraums ab 15.12.1993 bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses unrichtig waren.

Die Klägerin kann nach § 45 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB X kein Vertrauen in den Bestand der Bewilligungsbescheide in Anspruch nehmen. Die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe beruht nämlich auf Angaben, die sie zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht hat.

Die Beklagte hätte nicht Arbeitslosenhilfe jedenfalls ab 15.12.1993 bewilligt, wäre dem Arbeitsamt der Erhalt der ersten Kaufpreisrate von 40.000,00 DM für den Verkauf des Hauses der Klägerin in Gera bekannt gewesen.

Zur Anzeigepflichtverletzung hat die Klägerin angegeben: "Auf mündliche Anfrage beim Arbeitsamt sollte ich im Antrag vom 18.11.1993 keine Angaben machen, da ich ganz ausführlich darlegte, dass ich mein Elternhaus verkauft hätte, zwar einen Notarvertrag hätte, jedoch, wie sich zwischenzeitlich herausstellte, einen zahlungsunfähig gewordenen Käufer, und bei meinem Sohn Darlehensschulden von 110.000,00 DM. Ich sollte lediglich das Arbeitsamt nach Zahlung der endgültigen Summe informieren, was ich wohl auch sofort nach Eingang tat."

Obwohl sich in den Akten kein Hinweis auf ein derartiges Gespräch findet, will der Senat nicht ausschließen, dass die Klägerin anlässlich ihrer Antragstellung das Gespräch in der geschilderten Art auf ihren Hausverkauf gebracht hat und ihr seitens des Sachbearbeiters gesagt wurde, dass eine Anrechnung des Kaufpreises erst mit der tatsächlichen Zahlung erfolge, und die Klägerin daraus den Schluss zog, dass eine schriftliche und genaue Anzeige erst ab diesem Zeitpunkt erforderlich sei. Tatsächlich hat das Arbeitsamt seit der erstmaligen aktenkundigen Mitteilung der Klägerin über den Hausverkauf mit Schreiben vom 04.01.1994 stets nur nach der Zahlung des Kaufpreises gefragt und Vermögen aus dem Hausverkauf erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs der ersten Kaufpreisrate angerechnet. Völlig unglaubhaft ist hingegen, wenn die Klägerin vorträgt, sie habe das Arbeitsamt erst nach Zahlung der endgültigen Summe informieren sollen. Mit einer solchen Auskunft würden Bedienstete der Beklagten es auf die Zahlung nicht zustehender Leistungen für einen beliebigen Zeitraum ankommen lassen, was nicht vorstellbar ist. Überdies würde eine solche Auskunft im gegebenen Fall voraussetzen, dass auf Seiten des Arbeitsamts, sofern der Hausverkauf überhaupt bekannt war, auch Kenntnis von einem vereinbarten Zahlungsmodus in zwei Raten bestand. In den Akten findet sich kein Hinweis darauf. Vielmehr hat die Klägerin den Eingang einer ersten Kaufpreisrate zunächst beharrlich verschwiegen.

Auf die Nachfrage vom 30.12.1993, was denn aus dem Haus in Gera geworden sei, hat sie mit Schreiben vom 04.01.1994 geantwortet: "Haus wurde verkauft. Zahlung erfolgt laut Notarvertrag am 31.03.1994".

Mit Schreiben vom 15.04.1994 folgte dann von Seiten des Arbeitsamts das Ersuchen um einen "Nachweis über die Höhe Ihres Hausverkaufs". Als Antwort schickte die Klägerin dem Arbeitsamt mit Eingang 27.04.1994 die Maklerbestätigung der Immobilien- und Bauherrenberatung Sch ... aus Gera vom 18.04.1994 zu: "Die mit Fälligkeit zum 30.03.1994 vom Käufer zu zahlenden 200.000,00 DM an Frau C ... B ..., Wiesing, für den Verkauf ihres Einfamilienhauses wurden bis zum heutigen Tag noch nicht gezahlt".

Dem Bescheid vom 03.05.1994 über die Rücknahme der Bewilligung für die Zeit vom 27.02.1993 bis 02.04.1993 wegen des seinerzeit vorhandenen Festgeldes von 10.738,12 DM war der Vermerk beigefügt: Es werde um unverzügliche Anzeige unter Vorlage der entsprechenden Nachweise gebeten, wenn die Zahlung aus dem Verkauf handschriftlich vermerkt: Anruf bei Leistungsempfängerin: Zahlung aus Hausverkauf ist bisher noch nicht eingegangen. Rechtsanwalt wurde zur Zwangsvollstreckung eingeschaltet.

Am 21.07.1994 hat dann die Klägerin von sich aus den Eingang der zweiten Kaufpreisrate in Höhe von 200.000,00 DM mitgeteilt, dies allerdings nicht als zweite Kaufpreisrate bezeichnet. Erst als die Klägerin nach zweimaliger Nachfrage von Seiten des Arbeitsamts mit Schreiben vom 07.11.1994 den Nachweis über die Überweisung der 200.000,00 DM am 14.07.1994 beibrachte, wurde daraus ersichtlich, dass es sich hierbei um eine zweite Kaufpreisrate gehandelt hat. Erst am 27.12.1994 hat dann die Klägerin einen Beleg übersandt, aus dem hervorging, dass sie bereits am 15.12.1993 eine erste Kaufpreisrate in Höhe von 40.000,00 DM erhalten hat.

Die Klägerin kann auch nicht einwenden, dass sie nicht habe wissen können, dass sie den Eingang eines Betrages in Höhe von 40.000,00 DM als Empfängerin von Arbeitslosenhilfe anzeigen musste. Das Merkblatt für Arbeitslose und der Antragsvordruck für Arbeitslosenhilfeempfänger machen ausreichend deutlich, dass der Empfänger von Arbeitslosenhilfe jegliches Einkommen und Vermögen, auch Barvermögen, anzuzeigen hat. Dabei konnte es nicht darauf ankommen, ob die Klägerin ihrerseits davon ausging, die erhaltene Kaufpreisrate dürfe wegen des von ihr beabsichtigten Verwendungszwecks nicht auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet werden. Sie konnte ohne Weiteres erkennen, dass sie dem Arbeitsamt jedenfalls Gelegenheit geben musste, dies zu prüfen.

Nachdem der vertrauensschutzvernichtende Tatbestand des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X in der Person der Klägerin erfüllt ist, hatte das Arbeitsamt nach § 152 Abs.2 AFG die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 15.12.1993 bis 17.12.1993 sowie ab 12.02.1994 aufzuheben.

Die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung der zu Unrecht erbrachten Leistungen folgt aus § 50 SGB X. Die Klägerin hat vom 15.12. bis 17.12.1993 an drei Werktagen jeweils 29,15 DM, zusammen 87,45 DM, vom 12.02.1994 bis 12.07.1994 an 129 Werk- tagen jeweils 29,75 DM an Arbeitslosenhilfe, zusammen 3.837,75 DM, insgesamt im Überzahlungszeitraum demnach 3.925,20 DM Arbeitslosenhilfe erhalten. Die darauf entfallen- den Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 2.086,24 DM hat die Klägerin nach § 157 Abs.3a AFG gleichfalls zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
Rechtskraft
Aus
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