L 10 AL 260/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 224/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 260/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.03.2001 - Az: S 8 AL 224/98 - wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 14.10.1997 wegen Eintritts einer zweiten Sperrzeit.

Der Kläger nahm vom 21.10.1993 bis 20.10.1994 an einer Bildungsmaßnahme der Staatl. Berufsfachschule für Masseure und med. Bademeister mit dem Maßnahmeziel "Staatl. geprüfter Masseur und med. Bademeister" teil. In der Zeit vom 01.11.1994 bis 31.05.1996 leistete er ein Anerkennungspraktikum. Die staatliche Anerkennung seiner Berufsausbildung hat der Kläger nicht beantragt.

Seit dem 01.06.1996 bezog der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) und nach Erschöpfung des Anspruchs Alhi in Höhe von zuletzt 180 DM wöchentlich.

In Beratungsgesprächen vom 03.04.1997, 06.05.1997 und 09.05.1997 wurde dem Kläger erläutert, dass für ihn ohne staatliche Anerkennung seiner Berufsausbildung keine Vermittlungsmöglichkeit als Masseur bestünde und er aufgrund seines bisherigen Berufsverlaufs und der Dauer seiner Arbeitslosigkeit auch Helferstellen annehmen müsse.

Mit Bescheid vom 18.06.1997 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit beim Kläger vom 28.05.1997 bis 19.08.1997 wegen Vereitelung des Zustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses als Produktionshelfer bei der Fa.P. fest. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der Leistungsanspruch des Klägers erlösche, wenn er in Zukunft erneut Anlass für den Eintritt einer acht- oder zwölfwöchigen Sperrzeit gebe.

Der hiergegen am 14.07.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.10.1997).

Die dagegen am 29.10.1997 zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage wurde mit Urteil vom 30.03.2001 abgewiesen.

Die hiergegen beim Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegte Berufung vom 02.07.2001 wurde mit Urteil vom 10.01.2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 13.10.1997 wurde dem Kläger ein Vermittlungsvorschlag als Bandarbeiter für die GfZ M. GmbH mit einem Stundenlohn von 13,00 DM bei 40 Wochenstunden ausgehändigt. In einem am 16.10.1997 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben verwahrte sich der Kläger gegen das Arbeitsangebot bei der GfZ M. GmbH. Die Umstände seien dem Arbeitsamt Nürnberg bekannt. Die vorgeschlagene Arbeitsstelle in Zeitarbeit schließe eine Rückkehr in eine frühere berufliche Tätigkeit aus.

Am 23.10.1997 teilte die GfZ M. GmbH mit, dass sich der Kläger dort nicht vorgestellt habe.

Mit Bescheid vom 25.11.1997 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 14.10.1997 auf. Der Kläger habe rechtswidrig den Vermittlungsvorschlag vom 13.10.1997 bei der GfZ M. GmbH abgelehnt. Damit liege der Tatbestand für den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen vor. Da der Kläger nach Entstehung des Leistungsanspruchs schon einmal Anlass für eine Sperrzeit gegeben habe und über das mögliche Erlöschen seines Anspruchs bei einer weiteren Sperrzeit im Sperrzeitbescheid vom 18.06.1997 belehrt worden sei, erlösche sein Leistungsanspruch ab dem 14.10.1997. Die dem Kläger für die Zeit vom 14.10.1997 bis 29.10.1997 gewährte Alhi in Höhe von 420 DM habe der Kläger zu erstatten.

Der hiergegen am 17.12.1997 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 09.02.1998).

Dagegen hat der Kläger am 05.03.1998 Klage zum SG Nürnberg erhoben und beantragt, ihm unter Aufhebung des Sperrzeitbescheids sowie des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 25.11.1997 die gemäß Bewilligungsbesccheid vom 05.11.1996 fälligen Alhi-Leistungen zu zahlen. Das SG hat die Klage unter dem Az: S 15 AL 224/98 erfasst.

Ein am 07.09.1999 vom Kläger gegen den Vorsitzenden der 15.Kammer gestelltes Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit hat das BayLSG im Beschluss vom 03.02.2000 für unbegründet gehalten. Mit Schreiben vom 25.04.2000, 21.06.2000 und 28.08.2000 hat der Kläger dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom 30.06.2000 hat der Kläger gegen den Vorsitzenden der 15.Kammer Strafanzeige erstattet und Strafantrag gestellt. Mit Verfügung vom 04.07.2000 hat sich der Vorsitzende der 15.Kammer daraufhin selbst abgelehnt.

Gegen die erste Vertreterin des Vorsitzenden der 15.Kammer, die Vorsitzende der 13.Kammer, hat der Kläger am 08.11.2000 Strafanzeige erstattet, Strafantrag gestellt und sie am 09.11.2000 ebenfalls wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Verfügung vom 13.11.2000 hat sich die Vorsitzende der 13.Kammer daraufhin für befangen erklärt und die Akten dem zweiten Vertreter der 15.Kammer, dem Vorsitzenden der 8.Kammer, zugeleitet.

Mit Schreiben vom 26.01.2001 hat der Kläger auch gegen den Vorsitzenden der 8.Kammer Strafanzeige erstattet, Strafantrag gestellt, ihn am 29.01.2001 ebenfalls wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und mit Scheiben vom 08.02.2001 erneut Verfassungsbeschwerde erhoben.

Im Beschluss vom 14.02.2001 hielt das BayLSG das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der 8.Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit für unbegründet.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 15.03.2001 Verfassungsbeschwerde erhoben.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2001 abgewiesen. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund eine zumutbare Beschäftigung nicht angenommen. Da er bislang keine staatliche Anerkennung seiner Berufsausbildung in der Bundesrepublik zum Masseur besitze, könne er als solcher nicht vermittelt werden. Die Beklagte habe die Fortbildung zum Masseur zwar gefördert, sei jedoch nicht für die staatliche Anerkennung der Bildungsmaßnahme verantwortlich. Dem Kläger sei eine Hilfstätigkeit zumutbar, zumal sein bestandskräftig festgestelltes Bemessungsentgelt von 440 DM wöchentlich gemäß § 10 der Zumutbarkeits-Anordnung (Zumutbarkeits-AO) der Bundesanstalt für Arbeit mit einer Hilfstätigkeit korreliere. Auf seine fehlende berufliche Qualifikation und die Zumutbarkeit von Helfertätigkeiten sei der Kläger bei Beratungsgesprächen im Mai 1997 mehrfach hingewiesen worden. Gesundheitliche Einschränkungen habe er nicht geltend gemacht.

Gegen das ihm am 31.05.2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 02.07.2001 (einem Montag, der 30.06.2001 war ein Samstag) beim SG Nürnberg eingelegten Berufung.

Die 8.Kammer des SG Nürnberg sei ein unstatthaftes Ausnahmegericht, das für seinen Rechtsstreit nicht zuständig sei. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.11.1997 und die folgenden Bescheide seien nicht Gegenstand seines Rechtsstreits mit dem Az S 8 Al 224/98. Die Zustellung des Urteils vom 30.03.2001 erst am 31.05.2001 verstoße gegen § 135 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Im Übrigen habe er dem Arbeitsmarkt immer zur Verfügung gestanden, da er das Arbeitsamt täglich habe aufsuchen können und immer erreichbar gewesen wäre. Die Tätigkeit bei der GfZ M. GmbH sei ihm aufgrund der Tatsache, dass er den Beruf des Masseurs in der ehemaligen UdSSR ausgeübt habe, nicht zumutbar.

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vorsitzenden des 10.Senats des BayLSG vom 28.12.2001 hat der Senat - ohne Beteiligung des abgelehnten Richters - im Beschluss vom 10.01.2002 für unbegründet gehalten.

Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG Nürnberg für zutreffend.

Auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und des BayLSG wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger gegen das ihm am 31.05.2001 zugestellte Urteil des SG Nürnberg form- und fristgerecht eingelegte Berufung (der 30.06.2001 war ein Samstag, so dass sich der Ablauf der Berufungsfrist auf den nächstfolgenden Werktag, Montag, den 02.07.2001 verschob; §§ 64 Abs 3, 143, 151 Abs 1 und 2 SGG) ist auch im Übrigen zulässig. Entgegen dem Begehren des Klägers, der in der Klageschrift vom 27.02.1998 beantragt hatte, ihm die mit Bescheid der Beklagten vom 05.11.1996 vom 30.10.1997 (bis 15.11.1997) fälligen Alhi-Leistungen zu gewähren, beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes hier mehr als 1.000,00 DM, da der Kläger nach Feststellung einer zweiten Sperrzeit von zwölf Wochen erst nach Zurücklegung einer Anwartschaftszeit erneut Anspruch auf Alhi hat. Der Beschwerdegegenstand geht damit über die Gewährung von Alhi für einen Zeitraum von zwei Wochen hinaus. Das Begehren des Klägers ist auch auf die Beseitigung der weitergehenden Rechtsfolgen gerichtet, die sich aus einer zweiten Sperrzeit ergeben (Erlöschen des Anspruchs auf Alhi - §§ 134 Abs 4, 119 Abs 3 AFG).

Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet, denn das SG hat mit Urteil vom 30.03.2001 zu Recht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.1998 abgewiesen, da der Kläger ab dem 14.10.1997 keinen Anspruch mehr auf Gewährung von Alhi hat.

Der Bescheid der Beklagten vom 25.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.1998 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 134 Abs 4 iVm §§ 119 Abs 3, 119a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) in seiner bis zum 01.01.1998 gültigen Fassung erlosch der Anspruch auf Alhi, wenn der Arbeitslose nach Entstehung des Anspruchs bereits einmal Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen gegeben, hierüber einen schriftlichen Bescheid erhalten und erneut einen Anlass für den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit gegeben hatte.

Im Sperrzeitbescheid vom 18.06.1997, mit dem gegen den Kläger bestandskräftig eine Sperrzeit von zwölf Wochen vom 28.05.1997 bis 19.08.1997 wegen Vereitelung eines Arbeitsangebots bei der Fa.P. festgestellt worden war, wurde der Kläger über die Folgen einer zweiten Sperrzeit belehrt. Dort wurde konkret auf die Folgen der Ablehnung einer zumutbaren Arbeit, nämlich den Eintritt einer zweiten Sperrzeit mit der Folge, dass der Leistungsanspruch erlischt, schriftlich hingewiesen. Der Kläger wurde zusammen mit dem Arbeitsangebot bei der GfZ M. GmbH erneut über die Rechtsfolgen einer Nichtannahme der Arbeit belehrt.

Der Kläger hat mit seinen Äußerungen in dem am 16.10.1997 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben zu erkennen gegeben, dass er die ihm angebotene Arbeitsstelle bei der GfZ M. GmbH - trotz Belehrung über die Rechtsfolgen - nicht annehmen wollte (§ 119 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG), ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Eine Tätigkeit als Helfer und Sortierer bei der GfZ M. GmbH war dem Kläger zumutbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG bestimmt sich die Zumutbarkeit der dem Kläger angebotenen Beschäftigung nicht nach der von der Bundesanstalt für Arbeit auf der Grundlage des § 103 Abs 2 AFG erlassenen Zumutbarkeits-AO, sondern nach der mit Wirkung vom 01.04.1997 in Kraft getretenen Bestimmung des § 103b Abs 3 Satz 3 AFG. Danach war dem Kläger vom 7.Monat der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielte Netto-Einkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger war als die Alhi (§ 134 Abs 4 Satz 3 AFG). Nach den Angaben in der Verwaltungsakte der Beklagten hätte der Kläger bei der GfZ M. GmbH einen Stundenlohn von 13,00 DM erhalten, bei einer 40-Stunden-Woche. Der Kläger, der bereits ab dem 01.06.1996 arbeitslos war, bezog zu diesem Zeitpunkt Alhi in Höhe von 182,40 DM wöchentlich. Auch unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen war das Arbeitsentgelt, das der Kläger bei der GfZ M. GmbH hätte erzielen können, somit erheblich höher als die zu diesem Zeitpunkt von ihm bezogene Alhi. Weitere personenbezogene Gründe gegen die Zumutbarkeit einer Beschäftigung bei der GfZ M. GmbH iS des § 103b Abs 4 und 5 AFG wurden vom Kläger nicht vorgetragen, noch sind sie für den Senat aus dem vorliegenden Akteninhalt ersichtlich.

Nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen, in denen Besonderheiten nicht zu erkennen sind, bedeutet eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Kläger ferner keine besondere Härte (§§ 119, Abs 2 119a AFG).

Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Alhi-Aufhebung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 AFG waren daher ab dem 14.10.1997 für die Dauer von zwölf Wochen gegeben. Gemäß diesen Bestimmungen war die Alhi-Bewilligung an den Kläger aufzuheben, da in den Verhältnissen die beim Erlass des Bewilligungsbescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintrat und der Kläger wusste, dass der sich aus der Bewilligung ergebende Anspruch kraft Gesetzes weggefallen ist.

Demzufolge war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 30.03.2001 - Az: S 8 AL 224/98 - zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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