Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 308/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 39/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 14/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Kostenerstattung (KE) im Hinblick auf eine 2001/2002 vorgenommene Implantatversorgung im Oberkiefer der Klägerin nach vorheriger operativer Verschiebung des Ober- und Unterkiefers.
Die am 00.00.1937 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert; bis 2001 war sie über ihren Ehemann familienversichert, seitdem gehört sie als Rentnerin der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an. Sie beantragte am 14.11.2000 unter Vorlage eines Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. Q aus N vom 27.10.2000 die Übernahme von Kosten für implantologische Leistungen, die bei voraussichtlich 19.105,33 DM zuzüglich der Kosten für stationäre Behandlungsabschnitte liegen sollten. In der beigefügten zahnärztlichen Stellungnahme vom 07.11.2000 führte Dr. Q aus, es liege eine erblich bedingte Oberkiefer-Retrognathie (zurückweichender Oberkieferbiss) sowie eine Unterkiefer-Progenie (vorstehender Unterkiefer) vor, wobei sich das Ausmaß der sog. Klasse III-Bisslage aufgrund der eingetretenen Alveolarfortsatzathropie beider Kiefer weiter verstärkt habe. Eine Verbesserung der Kaufunktion sei mit kompensatorisch-prothetischen Maßnahmen nicht zu erreichen. Zur Wiederherstellung einer suffizienten Kaufunktion sei eine Vorverlegung des Oberkiefers im Sinne einer sog. Le Fort I-Osteotomie, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Sinusbodenelevation durch eine mund-, kiefer-, gesichtschirurgische Klinik erforderlich. Nach einer Heilungszeit von ca. sechs Monaten sei eine enossale Insertion (Einpflanzung) von sechs Implantaten zu empfehlen. Nach einer weiteren Einheilungszeit von wiederum etwa sechs Monaten könnten die Implantate dann in einem Eingriff freigelegt und nachfolgend mit einer steggetragenen Totalprothese besetzt werden.
Mit Bescheid vom 16.11.2000 teilte die Beklagte mit, dass lediglich Kosten in Höhe von ca. 330 DM für das ärztliche Honorar sowie von 65 % der für die Alternativversorgung entsprechend dem Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrag berechnungsfähigen Material- und Laborkosten in Höhe von weiteren ca. 310 DM übernommen werden könnten. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kassenzuschusses für die implantologischen Behandlungsmaßnahmen sah die Beklagte dagegen nicht (Bescheid vom 23.11.2000). Unter Vorlage eines weiteren Heil- und Kostenplans der Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität zu Köln vom 21.01.2001, der von einem voraussichtlichen Kostenumfang von 12.026,37 DM ausging, machte die Klägerin geltend, eine Kostenübernahme (KÜ) sei zwingend geboten. Die vorgeschlagenen zahnmedizinischen Maßnahmen seien indiziert. Sie berief sich insoweit auf einen Befundbericht der o. g. Klinik vom 07.12.2000: Bei der Klägerin sei aufgrund einer skelettalen Dysharmonie mit zu starkem Wachstum des Unterkiefers sowie hochgradiger Atrophie des Oberkiefers eine herkömmliche prothetische Versorgung mittels eines herausnehmbaren Zahnersatzes nicht möglich. Es sei deshalb die medizinische Indikation einer bimaxillären Umstellungsosteotomie in Form der Oberkiefervorlagerung und einer Rückverlagerung des Unterkiefers gegeben. Gleichzeitig sei zwecks späterer implantologischer Versorgung im Oberkieferseitenzahnbereich beidseits eine sog. Sinusbodenelevation mittels Beckenknochentransplantation und Augmentation (Aufbau) des Kieferkammes zu empfehlen. Zwar sei der präimplantologische Knochenaufbau prinzipiell eine Privatleistung, aber aufgrund der ausgeprägten skelettalen Dysharmonie sei eine KÜ zusammen mit einer späteren implantologischen Versorgung durch die Krankenkasse wünschenswert.
Die Beklagte lehnte eine volle KÜ mit Bescheid vom 19.02.2001 ab: Implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion könnten nicht bezuschusst werden; denn eine Ausnahmeindikation liege bei der Klägerin nicht vor. Gewährt werden könne lediglich ein Kassenzuschuss für eine Totalprothese, § 30 Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit Implantaten, wie chirurgische Vorbehandlungsmaßnahmen, Begleitleistungen sowie eventuelle Nachsorgeleistungen, seien wie die Implantate selbst und die Suprakonstruktion von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei aus ihrer Sicht eine Ausnahmeindikation gegeben; denn die Implantatleistungen seien wegen einer vorangegangenen Kieferfraktur und der daraus erwachsenen Fehlstellung erforderlich. Die Wiederherstellung der Kaufunktion könne nicht durch eine konventionelle Versorgung erfolgen. Es sei ihr nicht zuzumuten, bis zum Lebensende auf feste Nahrung zu verzichten. Zur weiteren Begründung legte sie eine Bescheinigung des Zahnarztes Dr. Q vom 27.03.2001 vor. Danach sei ein größerer Kieferdefekt als Folge einer hereditären (erblich bedingten) skelettalen Dysgnathie gegeben.
Der von der Beklagten daraufhin mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragte Dr. med. hab. Dr. dent. B traf unter dem 30.04.2001 nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 26.04.2001 folgende Feststellungen: Im Oberkiefer bestehe circumferent ein ausgeprägter Schlotterkamm. Die Wangenbänder seien im Vestibulum hoch ansetzend. Im Unterkiefer befinde sich der Mundboden atrophiebedingt über dem Kieferkammniveau. Es bestehe eine ausgeprägte Progenie. Die Durchführung einer Vestibulumplastik im Oberkiefer sei medizinisch dringend indiziert. Da eine gleichmäßige Abstützung einer Totalprothese bei der derzeit bestehenden extremen Progenie nicht möglich sei, sei die Durchführung einer bimaxillären Osteotomie mit Vorverlagerung des Oberkiefers im Sinne einer Le Fort I-Osteotomie ebenfalls medizinisch indiziert. Dann könne der zahnlose Oberkiefer mit einer herkömmlichen Oberkiefer-Totalprothese prothetisch rehabilitiert werden. Es sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen, dass sich nach Entfernung der Restzähne im Unterkiefer aufgrund der ungünstigen anatomischen Situation für den zahnlosen Unterkiefer eine relative bis absolute Prothesenunfähigkeit ergeben könne.
Am 10.05.2001 ließ die Klägerin die Operation zur Vorverlagerung des Oberkiefers und zur Rücksetzung des Unterkiefers durchführen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2001 als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer am 12.11.2001 zum Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe schon seit ihrer Kindheit unter Zahnproblemen gelitten und mit den Schneidezähnen nichts abbeißen können. Die Kaufunktion sei weiter eingeschränkt worden, als sie in den Folgejahren sukzessive ihre Backenzähne verloren habe. Zudem seien die Schneidezähne immer temperaturempfindlicher geworden. 1982 seien alle Zähne überkront worden. Eine bessere Haltbarkeit der Prothese im Oberkiefer sei mit Hilfe einer Druckknopfkonstruktion erreicht worden. Durch späteren weiteren Zahnverlust sei die vorübergehend verbesserte Kaufunktion wiederum eingeschränkt worden. 1994 habe sie infolge eines Kieferbruches alle Zähne im Oberkiefer verloren. Sie sei mit einer Totalprothese versorgt worden. Zwei Jahre später - 1996 - seien der Unterkiefer mittels eines Stahlstegs mit Druckknopfkonstruktion stabilisiert und die Oberkieferprothese erneuert worden. Dennoch sei die Kaufunktion so eingeschränkt gewesen, dass sie mengenmäßig nicht in ausreichendem Maße habe essen können; auch habe sie sich nur noch von Nudeln, Kartoffeln, Pudding und Suppen ernähren können. Sie sei mehrfach an Bronchitis und Lungenentzündungen erkrankt. Ihre psychische Gesundheit sei ebenfalls beeinträchtigt gewesen. Nachdem die Beklagte entgegen ihrer, der Klägerin, Erwartung die Kosten der medizinisch indizierten Maßnahmen zur Zahnsanierung nicht übernommen habe, sei ihr ein längeres Zuwarten nicht zuzumuten gewesen. Aus ihrer Sicht liege im Hinblick auf den erlittenen Kieferbruch eine Ausnahmeindikation vor. Im Übrigen handele es sich bei der Aufzählung unter Abschnitt B VII Nr. 29 der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien Zahnärzte (BehandlRL-ZÄ)) lediglich um Beispiele für besonders schwere Fälle. Dass ein solcher wegen der ungünstigen Kieferverhältnisse bei ihr vorgelegen habe, sei aus ihrer Sicht nicht zu bezweifeln. Für die Behandlungen im Zeitraum vom 10.5.2001 bis zum 10.06.2002 seien ihr bislang 27.747,61 EUR an Kosten entstanden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 zu verurteilen, an sie 27.747,61 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erachtet. Zudem hat sie vorgetragen, eine KÜ für die Behandlung durch den Implantologen Prof. Dr. A, Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität zu L, komme allein deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen Vertragszahnarzt handele.
Das Sozialgericht hat eine ergänzende Anfrage an Prof. Dr. A gerichtet. Dieser hat unter dem 05.06.2003 mitgeteilt, zusätzlich zu der von dem im Vorverfahren gehörten Sachverständigen Dr. B vorgeschlagenen Ober- und Unterkieferverlagerung sei im Bereich der Kieferhöhlenböden beidseits eine Aufbauplastik mittels Knochen durchgeführt worden. Erst hierdurch sei es möglich gewesen, nach Einheilung des Knochens sechs Implantate im Bereich des Oberkiefers einzubringen. Die prothetische Versorgung sei anschließend durch Dr. Q erfolgt. Bei der Klägerin habe eine Ober- und Unterkieferatrophie mit ungünstiger Kieferrelation vorgelegen. Diese stelle keine "klassische" Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i. V. m. Nr. 29 der BehandlRL-ZÄ dar. Aufgrund der Unmöglichkeit der Inkorporation einer Prothese sei eine KÜ durch die Beklagte für wünschenswert erklärt worden.
Mit Urteil vom 26.01.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die bei der Klägerin bestehende extreme Alveolarfortsatzatrophie am Ober- und Unterkiefer sei in den maßgeblichen BehandlRL-ZÄ nicht als anspruchsbegründende Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen anerkannt worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mehrfach die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Normen bestätigt. Die Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz stelle sich hinsichtlich des präimplantologischen Knochenaufbaus und der anschließenden Implantatversorgung als ein einheitlicher Behandlungsvorgang dar, der sich hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung nicht aufspalten lasse.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 11.02.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.02.2005 Berufung eingelegt. Sie trägt ergänzend vor, sie habe 1994 einen doppelten Kieferbruch mit Verlust sämtlicher Zähne erlitten, als sie beim Schneeräumen ausgerutscht und auf die Stange des Schneeschiebers gefallen sei. Sie habe sich die Stange "in den Mund gerammt". Dadurch, aber auch aufgrund einer angeborenen Fehlbildung, einem - zu weichen - sog. Schlotterkiefer, sei ein größerer Kieferdefekt aufgetreten. Vorrangig sei die kieferorthopädische Versorgung gewesen. Erst eine Verlagerung des Ober- und Unterkiefers habe den späteren Heilerfolg ermöglicht sowie die erheblichen Beeinträchtigungen beim Kauen, Beißen, Sprechen und Atmen beseitigt und stelle deshalb den Schwerpunkt der medizinischen Behandlung dar. Vor der Operation sei sie auf 55 kg (statt 68 bis 70 kg) abgemagert und habe sich u. a. eine Augenerkrankung als Folge einer Virusinfektion zugezogen, die sie mehr als zwei Jahre beeinträchtigt habe. Zudem seien infolge künstlicher Vitamingaben, Aufbauspritzen und fehlender Ballaststoffzuführung Magen- und Darmerkrankungen sowie eine Hautallergie aufgetreten. Sie sei auf die Zahnsanierung dringend angewiesen gewesen, um nicht an der Folgen der Mangelernährung zu versterben. Eine Magensonde sei ihr nicht zumutbar gewesen.
Zumindest die mit der Kieferumstellung verbundenen Kosten müsse die Beklagte übernehmen. Eine Erstattung Dritter (private Versicherung, Haftpflichtversicherung oder andere) habe bezüglich der entstandenen Kosten nicht stattgefunden. Die Kosten habe vorläufig ihr Sohn übernommen. Gleiches gelte für eine später durchgeführte, nicht streitgegenständliche Implantatversorgung des Unterkiefers. Bei einem derart schwerwiegenden Beschwerdebild mit Kau- und Ernährungsunfähigkeit, wie es bei ihr vorgelegen habe, sei vollkommen unverständlich, dass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht gegeben sein solle. Eine solche lasse sich zumindest über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) begründen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.01.2005 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 zu verurteilen, an sie 27.747,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. M, behandelnder Hausarzt der Klägerin aus H, von Dr. Q, Zahnarzt aus N, und von Prof. Dr. A, Universitätsklinik L, zu der Frage einzuholen, ob die streitigen Implantationsmaßnahmen notwendig gewesen seien, um ihr, der Klägerin, eine ausreichende Nahrungsmittelaufnahme zu ermöglichen, und ob sie bei Unterbleiben der streitigen Implantationsmaßnahmen infolge mangelhafter Nahrungsaufnahme an Mangelerscheinungen gelitten hätte, in deren Folge - u. a. wegen fehlender Abwehrkräfte - weitere Erkrankungen, wie Lungenentzündungen und psychische Beeinträchtigungen, aufgetreten wären, die ihre Lebensqualität ganz erheblich beeinträchtigt hätten und an denen sie früher verstorben wäre.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Sie habe auf den Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion am 15.06.2001 einen Zuschuss in Höhe von 930,90 DM bewilligt. Der Erstattungsbetrag für die Totalprothese in Höhe von 348,55 EUR sei ebenfalls erbracht worden. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass ein Zinsanspruch allenfalls in Höhe von 4 % bestehen könne, vgl. § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Auf Nachfrage des Senates hat Dr. Q am 17.10.2005 mitgeteilt, er habe vollständig privat gegenüber der Klägerin abgerechnet. Leistungen der Beklagten seien an ihn nicht erbracht worden. Gezahlt habe die Klägerin 135,25 EUR, 153,65 EUR, 177,14 EUR sowie 8.482,09 EUR. Die Praxisnachfolger von Dr. M1 aus M, Dr. M1 selbst sowie die Zahnärztin X aus H haben mitgeteilt, dass dort keine Unterlagen mehr aus früheren Jahren vorhanden seien. Außerdem hat der Senat die vollständige Krankenakte von Dr. Q beigezogen. Prof. Dr. A hat mit Befundbericht vom 06.09.2006 berichtet, bei der Klägerin habe bei Behandlungsbeginn eine starke Oberkieferrücklage mit ausgeprägter Atrophie nach frühzeitigem Zahnverlust vorgelegen. Anzeichen für einen traumatisch bedingten Zahnverlust seien nicht erkennbar gewesen. Vor Eingliederung einer Implantatversorgung sei nicht nur ein Knochenaufbau, sondern gleichzeitig eine Oberkiefervorverlagerung sinnvoll gewesen. Sowohl bei dem präimplantologischen Knochenaufbau als auch bei der Implantatversorgung handele es sich um privatärztliche Leistungen, die nicht über die GKV abgerechnet werden könnten. Darüber sei die Klägerin vor Behandlungsbeginn unterrichtet gewesen und habe unterschriftlich in die private Abrechnung eingewilligt.
Sodann hat der Senat ein Gutachten nach § 106 SGG von Prof. Dr. Dr. S, Rheinische G-Universität C, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, eingeholt. In seinem Gutachten vom 13.11.2007 hat der Sachverständige nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 23.10.2007 folgende Feststellungen getroffen: Aufgrund einer Fehlbissstellung sei die Klägerin seit ihrer Jugend in kaufunktioneller Hinsicht nicht in der Lage gewesen, mit ihren Schneidezähnen etwas abzubeißen. Eine damals indizierte kieferorthopädische Behandlung sei in den Nachkriegsjahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Familie nicht durchgeführt worden. Zudem habe sich eine Parodontopathie mit horizontalem Knochenabbau und frei liegenden Zahnhälsen in der Oberkieferfront im Alter von dreißig Jahren eingestellt. Wegen anhaltender Schmerzen sei eine Überkronung der Zähne vorgenommen worden. Infolge des Verlustes der Seitenzähne habe sich die Bisssituation zunehmend verschlechtert, wobei eine abnorme Kieferrelation von Ober- und Unterkiefer im Sinne eines weit zurückliegenden Oberkiefers bestanden habe. Seit 1971 habe die Klägerin eine Teilprothese getragen. 1982 sei eine Druckknopfkonstruktion der Oberkieferprothese erfolgt. Nach weiteren Zahnverlusten sei es 1994 nach einem Unfall zu weiteren Zahnverlusten und zu einer Kieferfraktur gekommen. Die schleimhautgetragene Oberkieferprothese sei erneuert und eine Prothese fest im Unterkiefer eingegliedert worden. Diese Situation habe vor Beginn der beantragten zahnmedizinischen Maßnahmen vorgelegen. Das Frontzahntrauma im Jahre 1994 habe zu einer Befundverschlechterung der vorbestehenden Dysgnathie geführt, ohne dass darin ein größerer Knochendefekt im Sinne von Abschnitt VII Nr. 2 lit. a BehandlRL-ZÄ liege. Es sei auch hinsichtlich des Oberkiefers der Klägerin keine der in Abschnitt VII Nr. 2 lit. a bis d BehandlRL-ZÄ genannten Zustände gegeben, die eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantatkosten durch die gesetzliche Krankenkasse bedingen würden. Medizinisch gesehen sei eine Implantatversorgung indiziert gewesen, da auch die Kieferatrophie im Unterkiefer so weit fortgeschritten gewesen sei, dass eine rein schleimhautgetragene Prothese keine suffiziente Lösung dargestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- sowie der Prozessakte und der Behandlungsunterlagen von Dr. Q sowie der Uni-Kiefer-Klinik Köln Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 26. Januar 2005 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 27.747,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit nicht zu.
Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die Erstattung der o. g. Kosten ist § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V, hier anzuwenden im Hinblick auf die am 10.05.2001 begonnenen Maßnahmen zur Zahnsanierung in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 5 lit. b des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung -Gesundheitsstrukturgesetz- (BGBl I 1992, 2266), nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf einem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Weg selbst beschafft hat. Die Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf KE sind indes nicht erfüllt. § 13 Abs. 3 (damals nur Satz 1) SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Zwar hat die Klägerin die streitige Versorgung des Oberkiefers erst vornehmen lassen, nachdem die Beklagte ihr einen ablehnenden Bescheid erteilt hatte (zum Erfordernis des Abwartens einer Verwaltungsentscheidung vgl. z. B. BSG Sozialrecht (SozR) 3-2500 § 28 Nr. 6 m. w. N.). Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin seitens der Leistungserbringer keinen Forderungen mehr ausgesetzt ist; denn sie hat glaubhaft vorgetragen, dass ihr Sohn die Kostentragung nur vorläufig bis zu einer erhofften KE durch die Beklagte übernommen hat.
Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V scheitert jedoch, weil die Klägerin von der Beklagten die Zahnsanierung nicht als Naturalleistung beanspruchen konnte; denn der Anspruch auf KE nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V reicht nicht weiter, als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch reichen würde. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung - hier: Zahnsanierung - zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 m. w. N.; BSG, Urt. vom 7.11.2006, Az.: B 1 KR 24/06 R, m. w. N., zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; zuletzt z. B. BSG, Urt. vom 02.11.2007, Az.: B 1 KR 4/07 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Daran fehlt es.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V in der vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (PsychThG - BGBl I 1998, 1311) Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (Nr. 2) zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Wie das BSG wiederholt dargelegt hat, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt, ob dazu auch Implantate und implantatgestützter Zahnersatz gehören (vgl. zum früheren Rechtszustand aus Sicht des Leistungserbringungsrechts BSG SozR 3-5555 § 12 Nr. 5; zur Praxis der Krankenkassen: Bundestags-Drucksache (BT-Drucks) 13/4615 S. 9). Mit dem Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 01.11.1996 (BGBl I, 1631) bestimmte der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.1997 jedoch, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen daher auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs. 2 S. 8 SGB V i. d. F. des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit dem 01.07.1997 wurde - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine (eigenbeteiligungsfreie) Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn "seltene", vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen "für besonders schwere Fälle" vorliegen, in denen implantatgestützter Zahnersatz Bestandteil einer "medizinischen Gesamtbehandlung" ist (§ 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i. d. F. des 2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl I, 1520). Diese Festlegungen hat der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Kapitel B VII. seiner BehandlRL-ZÄ (in der Fassung vom 24.07.1998, Bundesanzeiger (BAnz) Nr. 177) vorgenommen. Seit dem 01.01.2000 schließlich besteht darüber hinaus in weiteren, vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktionen (§ 30 Abs. 1 S. 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 - BGBl I, 2626). Insoweit sind zusätzlich die Ausnahmefälle in den am 24.03.2001 in Kraft getretenen BehandlRL-ZÄ (vom 15. September 2000, BAnz Nr. 58) einschlägig.
§§ 28, 30 SGB V iVm den BehandlRL-ZÄ finden in der bis Ende 2003 geltenden Fassung in Bezug auf die erfolgte Versorgung des Oberkiefers der Klägerin Anwendung, da es für den Anspruch auf KE grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Behandlung ankommt und die Klägerin sich die Implantatversorgung bereits in den Jahren 2001/2002 selbst beschafft hat (zum maßgebenden Zeitpunkt bei Erstattungsbegehren wegen selbst beschaffter Leistungen: BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG in SozR 3-2200 § 182 Nr. 15 und SozR 3-2500 § 135 Nr. 12; ferner: BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 1 m. w. N. und BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 2). Die Neuregelung ist ohne Überleitungsvorschriften am 01.01.2000 in Kraft getreten (vgl. Art. 22 GKVRefG 2000) und erfasst zahnärztliche Behandlungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatten; sie ist infolgedessen im hiesigen Rechtsstreit heranzuziehen.
Die BehandlungsRL-ZÄ in der Fassung vom 24.07.1998 enthalten keine zu Gunsten der Klägerin eingreifende Ausnahme für die Gewährung implantologischer Leistungen, sondern schließen die Leistungspflicht der Beklagten aus. Eine Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs. 2 S. 8 SGB V liegt nach den Festlegungen des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nur bei den in Kapitel B VII. Nr. 29 S. 4 der BehandlRL-ZÄ aufgeführten Sachverhalten vor. Dazu gehören nur folgende Krankheiten:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache haben in: Tumoroperationen, Entzündungen des Kiefers, Operationen infolge von großen Zysten, Operationen infolge von Osteopathien, angeborenen Fehlbildungen des Kiefers oder Unfällen,
b) dauerhaft bestehende extreme Mundtrockenheit (Xerostomie), insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c)generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d)nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z. B. Spastiken).
Darüber hinaus darf eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sein (BehandlRL-ZÄ, aaO, S. 2).
Die Klägerin weist keine in den BehandlRL-ZÄ umschriebene Fallkonstellation auf. Die zuvor durchgeführten operativen Maßnahmen zur Beseitigung der Kieferfehlstellung stellen dabei nach Auffassung des Senates einen Teil einer Gesamtbehandlung zur Zahnsanierung dar und sind rechtlich von den implantologischen Leistungen nicht zu trennen (vgl. auch LSG NRW, Urt. vom 10.10.2007, Az.: L 11 KR 87/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de, zu der rechtlichen Beurteilung einer Beckenkammtranplantation im Zusammenhang mit einer nachfolgenden Implantatversorgung); denn ausweislich der Überzeugung aller an der Umsetzung der Maßnahmen beteiligten Ärzte sind erstere zwingend erforderlich gewesen, um die implantologischen Leistungen überhaupt erst zu ermöglichen, sicher zu stellen und auf Dauer zu stabilisieren. Ohne die nachfolgende Implantatversorgung wäre die operative Beseitigung der Kieferfehlstellung ins Leere gegangen. Die Klägerin hätte aus medizinischer Sicht nicht adäquat konventionell versorgt werden können. Dies haben übereinstimmend Prof. Dr. A, Dr. Dr. B und der Sachverständige Prof. Dr. S widerspruchsfrei und nachvollziehbar festgestellt.
Dass die Voraussetzungen einer der o. g. Ausnahmeindikationen aber nicht vorliegen, ergibt aus dem nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S, das der Senat nach § 106 SGG eingeholt hat. Der Sachverständige hat mit überzeugender Begründung und in Übereinstimmung mit Dr. Dr. B das Vorliegen einer Ausnahmeindikation verneint. Insoweit wäre ohnehin nur ein größerer Kieferdefekt denkbar gewesen. Die bei der Klägerin seit ihrer Jugend vorliegenden Kieferanomalien und die infolge des steten Zahnausfalls hervorgerufene Kieferatrophie, aber auch der traumabedingte Kiefernbruch stellen jedoch unstreitig keine größere Kieferdefekte im Sinne der o. g. Ausnahmeindikation dar. Dies wird nicht einmal seitens der Klägerin vorgetragen. Auch sind die Folgen des 1994 erlittenen Unfalls nicht so schwerwiegend wie bei einer massiven Kiefer-Krebserkrankung oder bei einer unfallbedingten großflächigen Kieferzertrümmerung, wie dies die Richtlinien im Grunde vorsehen. Dem entspricht auch die Einschätzung des gerichtlich gehörten Sachverständigen.
Trotz der glaubhaft von der Klägerin vorgetragenen Beeinträchtigungen der Kau- und Sprachfunktion sowie des gesellschaftlichen Lebens bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Leistungsausschluss und die fehlende Möglichkeit einer erweiternden Auslegung auf vergleichbare "schwere" Fallgruppen. Das BSG hat bereits mit Urteilen vom 19. Juni 2001 entschieden, dass der Anspruch auf implantologische Leistungen in der GKV seit dem 01.01.1997 durch § 28 Abs. 2 S. 4 SGB V in der Fassung des BeitrEntlG vom 01.11.1996 (BGBl I, 1631) bzw. seit dem 1. Juli 1997 durch § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V in der Fassung des 2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl I, 1520) regelmäßig auch in den Fällen ausgeschlossen sei, in denen dem Versicherten - etwa wegen einer Kieferatrophie - aus medizinischen Gründen anders als mit Implantaten nicht geholfen werden könne; im Vergleich zum Leistungsanspruch in den vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen oder in den Fällen konventionell möglichen Zahnersatzes liege darin keine verfassungswidrige Benachteiligung (BSG SozR 3-2500 § 28 Nrn. 5 und 6). Dabei hat das BSG nicht nur auf den grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Leistungskatalogs der GKV hingewiesen. Die Einbeziehung von bestimmten Fallkonstellationen in den Leistungskatalog der GKV stellt eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Härteregelung im Verhältnis zu dem ansonsten gesetzlich normierten Ausschluss aller implantologischen Leistungen dar. Dabei hat das BSG keine Bedenken, dass dem Gesetzgeber für die Differenzierung zwischen konventioneller zahnmedizinischer Versorgung und Implantatversorgung ein sachlicher Grund zur Seite steht: die im Vergleich zur konventionellen Versorgung andere und teurere Implantattechnik, die einerseits mit höherem Tragekomfort und verbesserter Kaufunktion einhergeht und die andererseits noch relativ neu ist, so dass Langzeitstudien über Haltbarkeit und Funktion erst Ende der neunziger Jahre vorgelegt worden sind (BSG SozR 3-2500 § 28 Nrn. 5 und 6). An dieser Rechtsprechung hat das BSG seitdem fortlaufend festgehalten (SozR 4-2500 § 28 Nr. 2, vgl auch Beschluss vom 5.10.2005, Az.: B 1 KR 42/05 B, bestätigt durch BVerfG (Kammer), Beschluss vom 9.1.2006, Az.: 1 BvR 2344/05, zuletzt BSG, Beschluss vom 23.05.2007, Az.: B 1 KR 27/07 B, www.juris.de). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an und verweist auf die zutreffende Begründung des BSG zur engen Auslegung der Ausnahmeindikationen.
Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt sich - in Kenntnis der negativen Folgen eines nur unzureichend versorgten Kiefers auf die Kaufähigkeit - ein Anspruch auf KE auch nicht aus dem Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 (a. a. O., vgl. zur Anwendbarkeit auf implantologische Leistungen: BSG, Beschluss vom 23.05.2007, Az.: B 1 KR 27/07 B, www.juris.de). Schon der Leitsatz des BVerfG bezieht sich nur auf eine "lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung", die bei der Klägerin in Bezug auf ihre hier behandelte Kieferkrankheit vor Beginn der Maßnahmen erkennbar nicht vorgelegen hat. Das BSG hat inzwischen präzisiert, wann Krankheiten den vom BVerfG geforderten Schweregrad erfüllen bzw. ihm gleich stehen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 m. w. N. - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8 - Interstitielle Brachytherapie -; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 - D- Ribose -; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 - Neuropsychologische Therapie -; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 – Idebenone -). Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin dargelegten Zustände der Fehlerernährung vor Beginn der streitgegenständlichen Behandlung erreichen keinesfalls den erforderlichen Schweregrad einer akuten und unmittelbar bevorstehenden Lebensbedrohung, wobei der Senat die Angaben der Klägerin nicht in Zweifel zieht. Diese hat eine solche auch nur für die Zukunft gesehen, falls keine adäquate Zahnsanierung erfolgt wäre. Der Senat hat deshalb dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht nachgehen müssen. Gemäß § 109 Abs. 1 SGG muss ein bestimmter Arzt auf Antrag des Versicherten gutachterlich gehört werden. Nach Abs. 2 der Norm kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Neben den im Gesetz genannten Gründen ist einem Antrag nach § 109 SGG nicht nachzugehen, wenn die Frage, zu der sich der Gutachter äußern soll, nicht entscheidungserheblich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 109 RdNrn. 4, 10a). Dies ist vorliegend der Fall. Die Richtigkeit der Behauptung der Prozessbevollmächtigten kann ohne Weiteres vom Senat unterstellt werden. Dennoch wäre ein Anspruch auf Versorgung mit Implantaten nicht gegeben (siehe oben). Dem Gesetzgeber ist die Problematik unzureichender Versorgung von Kiefern durchaus bewusst gewesen, als er sich gegen eine generelle Ausweitung des Leistungskataloges der GKV auf implantologische Leistungen bei Bestehen medizinischer Indikation entschieden hat, ohne dass dies zu beanstanden wäre.
Der von der Klägerin geltend gemachte - akzessorische - Zinsanspruch kann wegen des nicht bestehenden Hauptanspruchs ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG hat nicht bestanden.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Kostenerstattung (KE) im Hinblick auf eine 2001/2002 vorgenommene Implantatversorgung im Oberkiefer der Klägerin nach vorheriger operativer Verschiebung des Ober- und Unterkiefers.
Die am 00.00.1937 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert; bis 2001 war sie über ihren Ehemann familienversichert, seitdem gehört sie als Rentnerin der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) an. Sie beantragte am 14.11.2000 unter Vorlage eines Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. Q aus N vom 27.10.2000 die Übernahme von Kosten für implantologische Leistungen, die bei voraussichtlich 19.105,33 DM zuzüglich der Kosten für stationäre Behandlungsabschnitte liegen sollten. In der beigefügten zahnärztlichen Stellungnahme vom 07.11.2000 führte Dr. Q aus, es liege eine erblich bedingte Oberkiefer-Retrognathie (zurückweichender Oberkieferbiss) sowie eine Unterkiefer-Progenie (vorstehender Unterkiefer) vor, wobei sich das Ausmaß der sog. Klasse III-Bisslage aufgrund der eingetretenen Alveolarfortsatzathropie beider Kiefer weiter verstärkt habe. Eine Verbesserung der Kaufunktion sei mit kompensatorisch-prothetischen Maßnahmen nicht zu erreichen. Zur Wiederherstellung einer suffizienten Kaufunktion sei eine Vorverlegung des Oberkiefers im Sinne einer sog. Le Fort I-Osteotomie, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Sinusbodenelevation durch eine mund-, kiefer-, gesichtschirurgische Klinik erforderlich. Nach einer Heilungszeit von ca. sechs Monaten sei eine enossale Insertion (Einpflanzung) von sechs Implantaten zu empfehlen. Nach einer weiteren Einheilungszeit von wiederum etwa sechs Monaten könnten die Implantate dann in einem Eingriff freigelegt und nachfolgend mit einer steggetragenen Totalprothese besetzt werden.
Mit Bescheid vom 16.11.2000 teilte die Beklagte mit, dass lediglich Kosten in Höhe von ca. 330 DM für das ärztliche Honorar sowie von 65 % der für die Alternativversorgung entsprechend dem Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrag berechnungsfähigen Material- und Laborkosten in Höhe von weiteren ca. 310 DM übernommen werden könnten. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Kassenzuschusses für die implantologischen Behandlungsmaßnahmen sah die Beklagte dagegen nicht (Bescheid vom 23.11.2000). Unter Vorlage eines weiteren Heil- und Kostenplans der Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität zu Köln vom 21.01.2001, der von einem voraussichtlichen Kostenumfang von 12.026,37 DM ausging, machte die Klägerin geltend, eine Kostenübernahme (KÜ) sei zwingend geboten. Die vorgeschlagenen zahnmedizinischen Maßnahmen seien indiziert. Sie berief sich insoweit auf einen Befundbericht der o. g. Klinik vom 07.12.2000: Bei der Klägerin sei aufgrund einer skelettalen Dysharmonie mit zu starkem Wachstum des Unterkiefers sowie hochgradiger Atrophie des Oberkiefers eine herkömmliche prothetische Versorgung mittels eines herausnehmbaren Zahnersatzes nicht möglich. Es sei deshalb die medizinische Indikation einer bimaxillären Umstellungsosteotomie in Form der Oberkiefervorlagerung und einer Rückverlagerung des Unterkiefers gegeben. Gleichzeitig sei zwecks späterer implantologischer Versorgung im Oberkieferseitenzahnbereich beidseits eine sog. Sinusbodenelevation mittels Beckenknochentransplantation und Augmentation (Aufbau) des Kieferkammes zu empfehlen. Zwar sei der präimplantologische Knochenaufbau prinzipiell eine Privatleistung, aber aufgrund der ausgeprägten skelettalen Dysharmonie sei eine KÜ zusammen mit einer späteren implantologischen Versorgung durch die Krankenkasse wünschenswert.
Die Beklagte lehnte eine volle KÜ mit Bescheid vom 19.02.2001 ab: Implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion könnten nicht bezuschusst werden; denn eine Ausnahmeindikation liege bei der Klägerin nicht vor. Gewährt werden könne lediglich ein Kassenzuschuss für eine Totalprothese, § 30 Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sämtliche Vorleistungen im Zusammenhang mit Implantaten, wie chirurgische Vorbehandlungsmaßnahmen, Begleitleistungen sowie eventuelle Nachsorgeleistungen, seien wie die Implantate selbst und die Suprakonstruktion von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, es sei aus ihrer Sicht eine Ausnahmeindikation gegeben; denn die Implantatleistungen seien wegen einer vorangegangenen Kieferfraktur und der daraus erwachsenen Fehlstellung erforderlich. Die Wiederherstellung der Kaufunktion könne nicht durch eine konventionelle Versorgung erfolgen. Es sei ihr nicht zuzumuten, bis zum Lebensende auf feste Nahrung zu verzichten. Zur weiteren Begründung legte sie eine Bescheinigung des Zahnarztes Dr. Q vom 27.03.2001 vor. Danach sei ein größerer Kieferdefekt als Folge einer hereditären (erblich bedingten) skelettalen Dysgnathie gegeben.
Der von der Beklagten daraufhin mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragte Dr. med. hab. Dr. dent. B traf unter dem 30.04.2001 nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 26.04.2001 folgende Feststellungen: Im Oberkiefer bestehe circumferent ein ausgeprägter Schlotterkamm. Die Wangenbänder seien im Vestibulum hoch ansetzend. Im Unterkiefer befinde sich der Mundboden atrophiebedingt über dem Kieferkammniveau. Es bestehe eine ausgeprägte Progenie. Die Durchführung einer Vestibulumplastik im Oberkiefer sei medizinisch dringend indiziert. Da eine gleichmäßige Abstützung einer Totalprothese bei der derzeit bestehenden extremen Progenie nicht möglich sei, sei die Durchführung einer bimaxillären Osteotomie mit Vorverlagerung des Oberkiefers im Sinne einer Le Fort I-Osteotomie ebenfalls medizinisch indiziert. Dann könne der zahnlose Oberkiefer mit einer herkömmlichen Oberkiefer-Totalprothese prothetisch rehabilitiert werden. Es sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen, dass sich nach Entfernung der Restzähne im Unterkiefer aufgrund der ungünstigen anatomischen Situation für den zahnlosen Unterkiefer eine relative bis absolute Prothesenunfähigkeit ergeben könne.
Am 10.05.2001 ließ die Klägerin die Operation zur Vorverlagerung des Oberkiefers und zur Rücksetzung des Unterkiefers durchführen. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2001 als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer am 12.11.2001 zum Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe schon seit ihrer Kindheit unter Zahnproblemen gelitten und mit den Schneidezähnen nichts abbeißen können. Die Kaufunktion sei weiter eingeschränkt worden, als sie in den Folgejahren sukzessive ihre Backenzähne verloren habe. Zudem seien die Schneidezähne immer temperaturempfindlicher geworden. 1982 seien alle Zähne überkront worden. Eine bessere Haltbarkeit der Prothese im Oberkiefer sei mit Hilfe einer Druckknopfkonstruktion erreicht worden. Durch späteren weiteren Zahnverlust sei die vorübergehend verbesserte Kaufunktion wiederum eingeschränkt worden. 1994 habe sie infolge eines Kieferbruches alle Zähne im Oberkiefer verloren. Sie sei mit einer Totalprothese versorgt worden. Zwei Jahre später - 1996 - seien der Unterkiefer mittels eines Stahlstegs mit Druckknopfkonstruktion stabilisiert und die Oberkieferprothese erneuert worden. Dennoch sei die Kaufunktion so eingeschränkt gewesen, dass sie mengenmäßig nicht in ausreichendem Maße habe essen können; auch habe sie sich nur noch von Nudeln, Kartoffeln, Pudding und Suppen ernähren können. Sie sei mehrfach an Bronchitis und Lungenentzündungen erkrankt. Ihre psychische Gesundheit sei ebenfalls beeinträchtigt gewesen. Nachdem die Beklagte entgegen ihrer, der Klägerin, Erwartung die Kosten der medizinisch indizierten Maßnahmen zur Zahnsanierung nicht übernommen habe, sei ihr ein längeres Zuwarten nicht zuzumuten gewesen. Aus ihrer Sicht liege im Hinblick auf den erlittenen Kieferbruch eine Ausnahmeindikation vor. Im Übrigen handele es sich bei der Aufzählung unter Abschnitt B VII Nr. 29 der Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungs-Richtlinien Zahnärzte (BehandlRL-ZÄ)) lediglich um Beispiele für besonders schwere Fälle. Dass ein solcher wegen der ungünstigen Kieferverhältnisse bei ihr vorgelegen habe, sei aus ihrer Sicht nicht zu bezweifeln. Für die Behandlungen im Zeitraum vom 10.5.2001 bis zum 10.06.2002 seien ihr bislang 27.747,61 EUR an Kosten entstanden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 zu verurteilen, an sie 27.747,61 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erachtet. Zudem hat sie vorgetragen, eine KÜ für die Behandlung durch den Implantologen Prof. Dr. A, Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität zu L, komme allein deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen Vertragszahnarzt handele.
Das Sozialgericht hat eine ergänzende Anfrage an Prof. Dr. A gerichtet. Dieser hat unter dem 05.06.2003 mitgeteilt, zusätzlich zu der von dem im Vorverfahren gehörten Sachverständigen Dr. B vorgeschlagenen Ober- und Unterkieferverlagerung sei im Bereich der Kieferhöhlenböden beidseits eine Aufbauplastik mittels Knochen durchgeführt worden. Erst hierdurch sei es möglich gewesen, nach Einheilung des Knochens sechs Implantate im Bereich des Oberkiefers einzubringen. Die prothetische Versorgung sei anschließend durch Dr. Q erfolgt. Bei der Klägerin habe eine Ober- und Unterkieferatrophie mit ungünstiger Kieferrelation vorgelegen. Diese stelle keine "klassische" Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i. V. m. Nr. 29 der BehandlRL-ZÄ dar. Aufgrund der Unmöglichkeit der Inkorporation einer Prothese sei eine KÜ durch die Beklagte für wünschenswert erklärt worden.
Mit Urteil vom 26.01.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die bei der Klägerin bestehende extreme Alveolarfortsatzatrophie am Ober- und Unterkiefer sei in den maßgeblichen BehandlRL-ZÄ nicht als anspruchsbegründende Ausnahmeindikation für implantologische Leistungen anerkannt worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mehrfach die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Normen bestätigt. Die Versorgung mit implantatgestütztem Zahnersatz stelle sich hinsichtlich des präimplantologischen Knochenaufbaus und der anschließenden Implantatversorgung als ein einheitlicher Behandlungsvorgang dar, der sich hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung nicht aufspalten lasse.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 11.02.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.02.2005 Berufung eingelegt. Sie trägt ergänzend vor, sie habe 1994 einen doppelten Kieferbruch mit Verlust sämtlicher Zähne erlitten, als sie beim Schneeräumen ausgerutscht und auf die Stange des Schneeschiebers gefallen sei. Sie habe sich die Stange "in den Mund gerammt". Dadurch, aber auch aufgrund einer angeborenen Fehlbildung, einem - zu weichen - sog. Schlotterkiefer, sei ein größerer Kieferdefekt aufgetreten. Vorrangig sei die kieferorthopädische Versorgung gewesen. Erst eine Verlagerung des Ober- und Unterkiefers habe den späteren Heilerfolg ermöglicht sowie die erheblichen Beeinträchtigungen beim Kauen, Beißen, Sprechen und Atmen beseitigt und stelle deshalb den Schwerpunkt der medizinischen Behandlung dar. Vor der Operation sei sie auf 55 kg (statt 68 bis 70 kg) abgemagert und habe sich u. a. eine Augenerkrankung als Folge einer Virusinfektion zugezogen, die sie mehr als zwei Jahre beeinträchtigt habe. Zudem seien infolge künstlicher Vitamingaben, Aufbauspritzen und fehlender Ballaststoffzuführung Magen- und Darmerkrankungen sowie eine Hautallergie aufgetreten. Sie sei auf die Zahnsanierung dringend angewiesen gewesen, um nicht an der Folgen der Mangelernährung zu versterben. Eine Magensonde sei ihr nicht zumutbar gewesen.
Zumindest die mit der Kieferumstellung verbundenen Kosten müsse die Beklagte übernehmen. Eine Erstattung Dritter (private Versicherung, Haftpflichtversicherung oder andere) habe bezüglich der entstandenen Kosten nicht stattgefunden. Die Kosten habe vorläufig ihr Sohn übernommen. Gleiches gelte für eine später durchgeführte, nicht streitgegenständliche Implantatversorgung des Unterkiefers. Bei einem derart schwerwiegenden Beschwerdebild mit Kau- und Ernährungsunfähigkeit, wie es bei ihr vorgelegen habe, sei vollkommen unverständlich, dass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht gegeben sein solle. Eine solche lasse sich zumindest über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) begründen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.01.2005 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 zu verurteilen, an sie 27.747,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise,
Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. M, behandelnder Hausarzt der Klägerin aus H, von Dr. Q, Zahnarzt aus N, und von Prof. Dr. A, Universitätsklinik L, zu der Frage einzuholen, ob die streitigen Implantationsmaßnahmen notwendig gewesen seien, um ihr, der Klägerin, eine ausreichende Nahrungsmittelaufnahme zu ermöglichen, und ob sie bei Unterbleiben der streitigen Implantationsmaßnahmen infolge mangelhafter Nahrungsaufnahme an Mangelerscheinungen gelitten hätte, in deren Folge - u. a. wegen fehlender Abwehrkräfte - weitere Erkrankungen, wie Lungenentzündungen und psychische Beeinträchtigungen, aufgetreten wären, die ihre Lebensqualität ganz erheblich beeinträchtigt hätten und an denen sie früher verstorben wäre.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Sie habe auf den Heil- und Kostenplan für die Suprakonstruktion am 15.06.2001 einen Zuschuss in Höhe von 930,90 DM bewilligt. Der Erstattungsbetrag für die Totalprothese in Höhe von 348,55 EUR sei ebenfalls erbracht worden. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass ein Zinsanspruch allenfalls in Höhe von 4 % bestehen könne, vgl. § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I).
Auf Nachfrage des Senates hat Dr. Q am 17.10.2005 mitgeteilt, er habe vollständig privat gegenüber der Klägerin abgerechnet. Leistungen der Beklagten seien an ihn nicht erbracht worden. Gezahlt habe die Klägerin 135,25 EUR, 153,65 EUR, 177,14 EUR sowie 8.482,09 EUR. Die Praxisnachfolger von Dr. M1 aus M, Dr. M1 selbst sowie die Zahnärztin X aus H haben mitgeteilt, dass dort keine Unterlagen mehr aus früheren Jahren vorhanden seien. Außerdem hat der Senat die vollständige Krankenakte von Dr. Q beigezogen. Prof. Dr. A hat mit Befundbericht vom 06.09.2006 berichtet, bei der Klägerin habe bei Behandlungsbeginn eine starke Oberkieferrücklage mit ausgeprägter Atrophie nach frühzeitigem Zahnverlust vorgelegen. Anzeichen für einen traumatisch bedingten Zahnverlust seien nicht erkennbar gewesen. Vor Eingliederung einer Implantatversorgung sei nicht nur ein Knochenaufbau, sondern gleichzeitig eine Oberkiefervorverlagerung sinnvoll gewesen. Sowohl bei dem präimplantologischen Knochenaufbau als auch bei der Implantatversorgung handele es sich um privatärztliche Leistungen, die nicht über die GKV abgerechnet werden könnten. Darüber sei die Klägerin vor Behandlungsbeginn unterrichtet gewesen und habe unterschriftlich in die private Abrechnung eingewilligt.
Sodann hat der Senat ein Gutachten nach § 106 SGG von Prof. Dr. Dr. S, Rheinische G-Universität C, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, eingeholt. In seinem Gutachten vom 13.11.2007 hat der Sachverständige nach körperlicher Untersuchung der Klägerin am 23.10.2007 folgende Feststellungen getroffen: Aufgrund einer Fehlbissstellung sei die Klägerin seit ihrer Jugend in kaufunktioneller Hinsicht nicht in der Lage gewesen, mit ihren Schneidezähnen etwas abzubeißen. Eine damals indizierte kieferorthopädische Behandlung sei in den Nachkriegsjahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Familie nicht durchgeführt worden. Zudem habe sich eine Parodontopathie mit horizontalem Knochenabbau und frei liegenden Zahnhälsen in der Oberkieferfront im Alter von dreißig Jahren eingestellt. Wegen anhaltender Schmerzen sei eine Überkronung der Zähne vorgenommen worden. Infolge des Verlustes der Seitenzähne habe sich die Bisssituation zunehmend verschlechtert, wobei eine abnorme Kieferrelation von Ober- und Unterkiefer im Sinne eines weit zurückliegenden Oberkiefers bestanden habe. Seit 1971 habe die Klägerin eine Teilprothese getragen. 1982 sei eine Druckknopfkonstruktion der Oberkieferprothese erfolgt. Nach weiteren Zahnverlusten sei es 1994 nach einem Unfall zu weiteren Zahnverlusten und zu einer Kieferfraktur gekommen. Die schleimhautgetragene Oberkieferprothese sei erneuert und eine Prothese fest im Unterkiefer eingegliedert worden. Diese Situation habe vor Beginn der beantragten zahnmedizinischen Maßnahmen vorgelegen. Das Frontzahntrauma im Jahre 1994 habe zu einer Befundverschlechterung der vorbestehenden Dysgnathie geführt, ohne dass darin ein größerer Knochendefekt im Sinne von Abschnitt VII Nr. 2 lit. a BehandlRL-ZÄ liege. Es sei auch hinsichtlich des Oberkiefers der Klägerin keine der in Abschnitt VII Nr. 2 lit. a bis d BehandlRL-ZÄ genannten Zustände gegeben, die eine Ausnahmeindikation für die Übernahme von Implantatkosten durch die gesetzliche Krankenkasse bedingen würden. Medizinisch gesehen sei eine Implantatversorgung indiziert gewesen, da auch die Kieferatrophie im Unterkiefer so weit fortgeschritten gewesen sei, dass eine rein schleimhautgetragene Prothese keine suffiziente Lösung dargestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- sowie der Prozessakte und der Behandlungsunterlagen von Dr. Q sowie der Uni-Kiefer-Klinik Köln Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 26. Januar 2005 die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2001 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 27.747,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit nicht zu.
Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die Erstattung der o. g. Kosten ist § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V, hier anzuwenden im Hinblick auf die am 10.05.2001 begonnenen Maßnahmen zur Zahnsanierung in der bis zum 30.06.2001 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 5 lit. b des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung -Gesundheitsstrukturgesetz- (BGBl I 1992, 2266), nachdem die Klägerin sich die in Rede stehende Behandlung auf einem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Weg selbst beschafft hat. Die Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf KE sind indes nicht erfüllt. § 13 Abs. 3 (damals nur Satz 1) SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Zwar hat die Klägerin die streitige Versorgung des Oberkiefers erst vornehmen lassen, nachdem die Beklagte ihr einen ablehnenden Bescheid erteilt hatte (zum Erfordernis des Abwartens einer Verwaltungsentscheidung vgl. z. B. BSG Sozialrecht (SozR) 3-2500 § 28 Nr. 6 m. w. N.). Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin seitens der Leistungserbringer keinen Forderungen mehr ausgesetzt ist; denn sie hat glaubhaft vorgetragen, dass ihr Sohn die Kostentragung nur vorläufig bis zu einer erhofften KE durch die Beklagte übernommen hat.
Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V scheitert jedoch, weil die Klägerin von der Beklagten die Zahnsanierung nicht als Naturalleistung beanspruchen konnte; denn der Anspruch auf KE nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V reicht nicht weiter, als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch reichen würde. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung - hier: Zahnsanierung - zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11 m. w. N.; BSG, Urt. vom 7.11.2006, Az.: B 1 KR 24/06 R, m. w. N., zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; zuletzt z. B. BSG, Urt. vom 02.11.2007, Az.: B 1 KR 4/07 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Daran fehlt es.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V in der vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (PsychThG - BGBl I 1998, 1311) Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (Nr. 2) zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz. Wie das BSG wiederholt dargelegt hat, war zunächst unklar und im Gesetz nicht geregelt, ob dazu auch Implantate und implantatgestützter Zahnersatz gehören (vgl. zum früheren Rechtszustand aus Sicht des Leistungserbringungsrechts BSG SozR 3-5555 § 12 Nr. 5; zur Praxis der Krankenkassen: Bundestags-Drucksache (BT-Drucks) 13/4615 S. 9). Mit dem Beitragsentlastungsgesetz (BeitrEntlG) vom 01.11.1996 (BGBl I, 1631) bestimmte der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.01.1997 jedoch, dass implantologische Leistungen einschließlich der Suprakonstruktion nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehören und von den Krankenkassen daher auch nicht bezuschusst werden dürfen (§ 28 Abs. 2 S. 8 SGB V i. d. F. des BeitrEntlG). Hiervon wurden in der Folge Ausnahmen zugelassen: Seit dem 01.07.1997 wurde - bei Beibehaltung der Ausschlussregelung im Übrigen - eine (eigenbeteiligungsfreie) Implantatversorgung von der Krankenkasse als Sachleistung gewährt, wenn "seltene", vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V festzulegende Ausnahmeindikationen "für besonders schwere Fälle" vorliegen, in denen implantatgestützter Zahnersatz Bestandteil einer "medizinischen Gesamtbehandlung" ist (§ 28 Abs. 2 S. 9 SGB V i. d. F. des 2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl I, 1520). Diese Festlegungen hat der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen in Kapitel B VII. seiner BehandlRL-ZÄ (in der Fassung vom 24.07.1998, Bundesanzeiger (BAnz) Nr. 177) vorgenommen. Seit dem 01.01.2000 schließlich besteht darüber hinaus in weiteren, vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen ein nach Maßgabe des § 30 SGB V an eine Eigenbeteiligung geknüpfter Anspruch auf Gewährung der zur implantologischen Versorgung gehörenden Suprakonstruktionen (§ 30 Abs. 1 S. 5 SGB V idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 - BGBl I, 2626). Insoweit sind zusätzlich die Ausnahmefälle in den am 24.03.2001 in Kraft getretenen BehandlRL-ZÄ (vom 15. September 2000, BAnz Nr. 58) einschlägig.
§§ 28, 30 SGB V iVm den BehandlRL-ZÄ finden in der bis Ende 2003 geltenden Fassung in Bezug auf die erfolgte Versorgung des Oberkiefers der Klägerin Anwendung, da es für den Anspruch auf KE grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Behandlung ankommt und die Klägerin sich die Implantatversorgung bereits in den Jahren 2001/2002 selbst beschafft hat (zum maßgebenden Zeitpunkt bei Erstattungsbegehren wegen selbst beschaffter Leistungen: BSG SozR 3-2500 § 28 Nr. 6 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG in SozR 3-2200 § 182 Nr. 15 und SozR 3-2500 § 135 Nr. 12; ferner: BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 1 m. w. N. und BSG SozR 4-2500 § 28 Nr. 2). Die Neuregelung ist ohne Überleitungsvorschriften am 01.01.2000 in Kraft getreten (vgl. Art. 22 GKVRefG 2000) und erfasst zahnärztliche Behandlungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen hatten; sie ist infolgedessen im hiesigen Rechtsstreit heranzuziehen.
Die BehandlungsRL-ZÄ in der Fassung vom 24.07.1998 enthalten keine zu Gunsten der Klägerin eingreifende Ausnahme für die Gewährung implantologischer Leistungen, sondern schließen die Leistungspflicht der Beklagten aus. Eine Ausnahmeindikation im Sinne von § 28 Abs. 2 S. 8 SGB V liegt nach den Festlegungen des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen nur bei den in Kapitel B VII. Nr. 29 S. 4 der BehandlRL-ZÄ aufgeführten Sachverhalten vor. Dazu gehören nur folgende Krankheiten:
a) größere Kiefer- oder Gesichtsdefekte, die ihre Ursache haben in: Tumoroperationen, Entzündungen des Kiefers, Operationen infolge von großen Zysten, Operationen infolge von Osteopathien, angeborenen Fehlbildungen des Kiefers oder Unfällen,
b) dauerhaft bestehende extreme Mundtrockenheit (Xerostomie), insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung,
c)generalisierte genetische Nichtanlage von Zähnen,
d)nicht willentlich beeinflussbare muskuläre Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z. B. Spastiken).
Darüber hinaus darf eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sein (BehandlRL-ZÄ, aaO, S. 2).
Die Klägerin weist keine in den BehandlRL-ZÄ umschriebene Fallkonstellation auf. Die zuvor durchgeführten operativen Maßnahmen zur Beseitigung der Kieferfehlstellung stellen dabei nach Auffassung des Senates einen Teil einer Gesamtbehandlung zur Zahnsanierung dar und sind rechtlich von den implantologischen Leistungen nicht zu trennen (vgl. auch LSG NRW, Urt. vom 10.10.2007, Az.: L 11 KR 87/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de, zu der rechtlichen Beurteilung einer Beckenkammtranplantation im Zusammenhang mit einer nachfolgenden Implantatversorgung); denn ausweislich der Überzeugung aller an der Umsetzung der Maßnahmen beteiligten Ärzte sind erstere zwingend erforderlich gewesen, um die implantologischen Leistungen überhaupt erst zu ermöglichen, sicher zu stellen und auf Dauer zu stabilisieren. Ohne die nachfolgende Implantatversorgung wäre die operative Beseitigung der Kieferfehlstellung ins Leere gegangen. Die Klägerin hätte aus medizinischer Sicht nicht adäquat konventionell versorgt werden können. Dies haben übereinstimmend Prof. Dr. A, Dr. Dr. B und der Sachverständige Prof. Dr. S widerspruchsfrei und nachvollziehbar festgestellt.
Dass die Voraussetzungen einer der o. g. Ausnahmeindikationen aber nicht vorliegen, ergibt aus dem nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S, das der Senat nach § 106 SGG eingeholt hat. Der Sachverständige hat mit überzeugender Begründung und in Übereinstimmung mit Dr. Dr. B das Vorliegen einer Ausnahmeindikation verneint. Insoweit wäre ohnehin nur ein größerer Kieferdefekt denkbar gewesen. Die bei der Klägerin seit ihrer Jugend vorliegenden Kieferanomalien und die infolge des steten Zahnausfalls hervorgerufene Kieferatrophie, aber auch der traumabedingte Kiefernbruch stellen jedoch unstreitig keine größere Kieferdefekte im Sinne der o. g. Ausnahmeindikation dar. Dies wird nicht einmal seitens der Klägerin vorgetragen. Auch sind die Folgen des 1994 erlittenen Unfalls nicht so schwerwiegend wie bei einer massiven Kiefer-Krebserkrankung oder bei einer unfallbedingten großflächigen Kieferzertrümmerung, wie dies die Richtlinien im Grunde vorsehen. Dem entspricht auch die Einschätzung des gerichtlich gehörten Sachverständigen.
Trotz der glaubhaft von der Klägerin vorgetragenen Beeinträchtigungen der Kau- und Sprachfunktion sowie des gesellschaftlichen Lebens bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Leistungsausschluss und die fehlende Möglichkeit einer erweiternden Auslegung auf vergleichbare "schwere" Fallgruppen. Das BSG hat bereits mit Urteilen vom 19. Juni 2001 entschieden, dass der Anspruch auf implantologische Leistungen in der GKV seit dem 01.01.1997 durch § 28 Abs. 2 S. 4 SGB V in der Fassung des BeitrEntlG vom 01.11.1996 (BGBl I, 1631) bzw. seit dem 1. Juli 1997 durch § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V in der Fassung des 2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl I, 1520) regelmäßig auch in den Fällen ausgeschlossen sei, in denen dem Versicherten - etwa wegen einer Kieferatrophie - aus medizinischen Gründen anders als mit Implantaten nicht geholfen werden könne; im Vergleich zum Leistungsanspruch in den vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen festgelegten Ausnahmefällen oder in den Fällen konventionell möglichen Zahnersatzes liege darin keine verfassungswidrige Benachteiligung (BSG SozR 3-2500 § 28 Nrn. 5 und 6). Dabei hat das BSG nicht nur auf den grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung des Leistungskatalogs der GKV hingewiesen. Die Einbeziehung von bestimmten Fallkonstellationen in den Leistungskatalog der GKV stellt eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Härteregelung im Verhältnis zu dem ansonsten gesetzlich normierten Ausschluss aller implantologischen Leistungen dar. Dabei hat das BSG keine Bedenken, dass dem Gesetzgeber für die Differenzierung zwischen konventioneller zahnmedizinischer Versorgung und Implantatversorgung ein sachlicher Grund zur Seite steht: die im Vergleich zur konventionellen Versorgung andere und teurere Implantattechnik, die einerseits mit höherem Tragekomfort und verbesserter Kaufunktion einhergeht und die andererseits noch relativ neu ist, so dass Langzeitstudien über Haltbarkeit und Funktion erst Ende der neunziger Jahre vorgelegt worden sind (BSG SozR 3-2500 § 28 Nrn. 5 und 6). An dieser Rechtsprechung hat das BSG seitdem fortlaufend festgehalten (SozR 4-2500 § 28 Nr. 2, vgl auch Beschluss vom 5.10.2005, Az.: B 1 KR 42/05 B, bestätigt durch BVerfG (Kammer), Beschluss vom 9.1.2006, Az.: 1 BvR 2344/05, zuletzt BSG, Beschluss vom 23.05.2007, Az.: B 1 KR 27/07 B, www.juris.de). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an und verweist auf die zutreffende Begründung des BSG zur engen Auslegung der Ausnahmeindikationen.
Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ergibt sich - in Kenntnis der negativen Folgen eines nur unzureichend versorgten Kiefers auf die Kaufähigkeit - ein Anspruch auf KE auch nicht aus dem Beschluss des BVerfG vom 06.12.2005 (a. a. O., vgl. zur Anwendbarkeit auf implantologische Leistungen: BSG, Beschluss vom 23.05.2007, Az.: B 1 KR 27/07 B, www.juris.de). Schon der Leitsatz des BVerfG bezieht sich nur auf eine "lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung", die bei der Klägerin in Bezug auf ihre hier behandelte Kieferkrankheit vor Beginn der Maßnahmen erkennbar nicht vorgelegen hat. Das BSG hat inzwischen präzisiert, wann Krankheiten den vom BVerfG geforderten Schweregrad erfüllen bzw. ihm gleich stehen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 m. w. N. - Tomudex; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8 - Interstitielle Brachytherapie -; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 - D- Ribose -; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 - Neuropsychologische Therapie -; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 – Idebenone -). Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin dargelegten Zustände der Fehlerernährung vor Beginn der streitgegenständlichen Behandlung erreichen keinesfalls den erforderlichen Schweregrad einer akuten und unmittelbar bevorstehenden Lebensbedrohung, wobei der Senat die Angaben der Klägerin nicht in Zweifel zieht. Diese hat eine solche auch nur für die Zukunft gesehen, falls keine adäquate Zahnsanierung erfolgt wäre. Der Senat hat deshalb dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht nachgehen müssen. Gemäß § 109 Abs. 1 SGG muss ein bestimmter Arzt auf Antrag des Versicherten gutachterlich gehört werden. Nach Abs. 2 der Norm kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. Neben den im Gesetz genannten Gründen ist einem Antrag nach § 109 SGG nicht nachzugehen, wenn die Frage, zu der sich der Gutachter äußern soll, nicht entscheidungserheblich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 109 RdNrn. 4, 10a). Dies ist vorliegend der Fall. Die Richtigkeit der Behauptung der Prozessbevollmächtigten kann ohne Weiteres vom Senat unterstellt werden. Dennoch wäre ein Anspruch auf Versorgung mit Implantaten nicht gegeben (siehe oben). Dem Gesetzgeber ist die Problematik unzureichender Versorgung von Kiefern durchaus bewusst gewesen, als er sich gegen eine generelle Ausweitung des Leistungskataloges der GKV auf implantologische Leistungen bei Bestehen medizinischer Indikation entschieden hat, ohne dass dies zu beanstanden wäre.
Der von der Klägerin geltend gemachte - akzessorische - Zinsanspruch kann wegen des nicht bestehenden Hauptanspruchs ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision gemäß § 160 SGG hat nicht bestanden.
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