L 2 U 222/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 23 U 611/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 222/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Weisung der BRD an die Klägerin die Richtlinien für die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden und entgegenstehende Beschlüsse der Selbstverwaltung aufzuheben ist rechtswidrig, denn in Bezug auf die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen hat die Klägerin durch Gesetz eine eigene Regelungsbefugnis, in die die BRD nicht auf der Grundlage des Art.86 GG (Grundgesetz) durch Erlass von Richtlinien eingreifen kann.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. März 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Geltung der von der Beklagten erlassenen Kraftfahrzeugrichtlinien für die Klägerin.

Die Beklagte hat durch das Bundeskabinett am 29.03.1993 nach Art.86 Satz 1 des Grundgesetzes und § 52 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung Richtlinien für die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen bei den Bundesministerien und in der übrigen unmittelbaren Bundesverwaltung einschließlich der Sondervermögen des Bundes und den bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen (DKfzR - GMBl.1993, 398 ff.). Nach § 21 Abs.2 DKfzR haben die zuständigen Bundesministerien sicherzustellen, dass die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen u.a. bei den bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts an den Vorschriften des 1., 2. und 4. Abschnitts des 1. Kapitels der DKfzR ausgerichtet werden.

Mit Schreiben vom 07. Mai 1997 wies das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung den Präsidenten des Bundesversicherungsamtes an, gegenüber den bundesunmittelbaren Berufsgenossenschaften die uneingeschränkte Beachtung der DKfzR sicherzustellen und dazu die erforderliche Aufsicht gegenüber diesen auszuüben.

Das Bundesversicherungsamt beriet mit Schreiben vom 27. Mai 1997 die Klägerin nach § 89 Abs.1 Satz 1 SGB IV dahingehend, dass diese ab sofort die DKfzR als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden habe und bat um eine entsprechende schriftliche Bestätigung. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 16. Juni 1997 eine entsprechende Erklärung verweigerte, verpflichtete das Bundesversicherungsamt die Klägerin mit Bescheid vom 17. Juli 1997, die DKfzR als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden und entgegenstehende Beschlüsse der Selbstverwaltung aufzuheben. Innerhalb der Begründung weist der Bescheid auf einzelne Regelungen bezüglich der Kraftfahrzeugnutzung durch die Klägerin hin, die nach den DKfzR grundsätzlich nicht zulässig seien, sofern nicht die dort normierten Ausnahmen vorlägen.

Der dagegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht München mit Urteil vom 27. März 1998 stattgegeben. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin sei die Ausgestaltung des Haushalts- und Rechnungswesens in den Vorschriften des SGB IV als eigenständiger Regelungsbereich gesetzlich zugewiesen. Diese gesetzlichen Regelungen stünden einer Ausübung der in Art.86 Satz 1 Grundgesetz zugewiesenen Regelungskompetenz entgegen. Auch das 2. BesVNG lasse der Klägerin Raum für die von ihr vorgenommenen Regelungen über die Kraftfahrzeugnutzung.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. März 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, die Berechtigung aus Art.86 Satz 1 Grundgesetz werde nicht durch die Regelungen des SGB IV ausgeschlossen. Nach § 29 Abs.3 SGB IV hätten die Sozialversicherungsträger ihre Aufgaben im Rahmen des Gesetzes und des für sie maßgebenden Rechts zu erfüllen. Hierzu gehörten auch die nach Art.86 Grundgesetz erlassenen Richtlinien, da das Gesetz insoweit nichts Besonderes vorschreibe. Auch die Übertragung der laufenden Verwaltungsaufgaben auf die Sozialversicherungsträger regele nichts Besonderes im Sinne des Art.86 Grundgesetz, sie enthalte keine spezielle Kompetenzzuweisung in haushaltsrechtlichen Angelegenheiten. Gesetzgeber und Verordnungsgeber hätten die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen im Bereich der Sozialversicherung nicht geregelt, sie tangiere auch nicht spezifische sozialversicherungsrechtliche Aufgaben. Die Bindung der Klägerin ergebe sich im Übrigen aus dem 2. BesVNG, wonach die bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger alle geldwerten Leistungen nach den für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen zu regeln hätten. Hierzu gehörten auch interne staatliche Regelungen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, die Regelungsbefugnis des Art.86 Grundgesetz stelle die Befugnis der Bundesregierung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften unter den Vorbehalt des Gesetzes. Neben den Regelungen der §§ 29 ff. SGB IV über das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin, der Verwaltungskompetenz des Hauptgeschäftsführers und der Richtlinienkompetenz des Vorstandes bleibe kein Raum für Verwaltungsvorschriften des Bundes. Das Selbstverwaltungsrecht sei auch nicht durch das 2. BesVNG eingeschränkt. Die Verwaltungskompetenz von Hauptgeschäftsführer und Vorstand erstrecke sich auch nicht allein auf spezifische sozialversicherungsrechtliche Angelegenheiten, sondern auch auf die Haushaltsführung und dabei den Einsatz der sachlichen Mittel. Eingriffe seien insoweit auf die Rechtsaufsicht beschränkt.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG liegt nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die in den DKfzR geregelte Geltung für die Klägerin widerspricht dem Gesetz. Die Klägerin durfte deshalb nicht auf deren Anwendung verpflichtet werden.

Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Weisung der Beklagten an die Klägerin, die DKfzR als unmittelbar geltendes Recht anzuwenden und entgegenstehende Beschlüsse der Selbstverwaltung aufzuheben. Nur insoweit hat die Beklagte eine die Klägerin belastende Verfügung getroffen. Diese Verfügung hat nach ihrer räumlich und inhaltlich deutlich von der Begründung abgegrenzten Anweisung die Beachtung der DKfzR insgesamt und für den gesamten Geschäftsbereich der Klägerin und nicht nur oder auch bezüglich einzelner Fallgestaltungen geregelt. So weit innerhalb der angefochtenen Verfügung sowie im Rahmen des Prozessvorbringens Ausführungen über die Vereinbarkeit einzelner Regelungen und Handhabungen der Klägerin zum Einsatz der Kraftfahrzeuge gemacht worden sind, dienten sie lediglich als beispielhafte Benennung von Einzelfällen, in denen nach Ansicht der Beklagten ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt, der bei Einhaltung der DKfzR vermieden worden wäre. Eine eigene rechtsaufsichtliche Maßnahme bezüglich der angeführten Fallgestaltungen war damit nicht ausgesprochen (zur Maßgeblichkeit der im Verfügungssatz getroffenen Regelung vgl. BSGE 60, 287 = SozR 1300 § 48 Nr.29). Der Senat hat damit insbesondere nicht zu entscheiden, ob einzelne interne Regelungen der Klägerin über den Einsatz der Kraftfahrzeuge dem 2. BesVNG entsprechen oder haushaltsrechtlichen Grundsätzen widersprechen. Insoweit bleibt der Beklagten auch bei einem Unterliegen in der vorliegenden Sache die Möglichkeit rechtsaufsichtlicher Maßnahmen bei Rechtsverstößen im Einzelfall erhalten.

Die von der Beklagten beanspruchte Geltung der DKfzR ist bereits in dieser Regelung enthalten, denn nach Abs.1 der DKfzR gelten diese auch bei der Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen durch bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts, zu denen auch die Klägerin mit Zuständigkeitsbereich für das gesamte Bundesgebiet gehört (Art.87 Abs.2 Satz 1 Grundgesetz, § 29 Abs.1 SGB IV, §§ 1 und 4 der Satzung der Klägerin). Die Erstreckung auf die Klägerin ist jedoch nicht rechtens, denn insoweit ist dieser durch Gesetz eine eigene Regelungsbefugnis zugewiesen, in die die Beklagte nicht auf der Grundlage des Art.86 Grundgesetz durch Erlass von Richtlinien eingreifen konnte.

Nach Art.86 Satz 1 Grundgesetz erläßt die Bundesregierung, so weit nicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, wenn der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes ausführt. Der in dieser Norm angeführte Vorbehalt des Gesetzes stellt klar, dass der strikte Vorrang, den jede gesetzliche Regelung vor verwaltungsinternen Anweisungen jeder Art, auch in generalisierter Gestalt von Richtlinien bzw. allgemeinen Verwaltungsvorschriften beansprucht (vgl. BSG SozR 3-3300 § 15 Nr.1 mit weiteren Nachweisen), nicht deswegen aufgehoben ist, weil diese generalisierten Anweisungen durch die Bundesregierung und aufgrund einer im Grundgesetz geregelten Kompetenzzuweisung getroffen werden können (vgl. Lerche in Maunz-Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art.86 Rdnrn.78, 98). So weit also gesetzliche Regelungen in den Bereichen, auf die sich die DKfzR erstrecken, den von ihnen betroffenen Adressaten eigene Regelungsbefugnisse zuweisen, ist für allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art.86 Satz 1 Grundgesetz kein Raum. So ist es im vorliegenden Fall.

Die Befugnisse der Klägerin und ihrer Organe zur Regelung des von den DKfzR erfassten Bereiches ergeben sich aus den §§ 29 ff. SGB IV. Nach § 29 SGB IV sind die Sozialversicherungsträger rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (Abs.1) und erfüllen ihre Aufgaben im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts in eigener Verantwortung (Abs.3). Nach § 35 SGB IV verwaltet der Vorstand den Versicherungsträger, so weit Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Rechts nichts Abweichendes bestimmen. Er erläßt Richtlinien für die Führung der Verwaltungsgeschäfte, so weit diese dem Geschäftsführer obliegen. Nach den §§ 67 ff. SGB IV haben die Sozialversicherungsträger eigene Haushaltspläne aufzustellen und durchzuführen. Insbesondere ist nach § 70 Abs.1 SGB IV der Haushaltsplan vom Vorstand aufzustellen und von der Vertreterversammlung festzustellen. In die genannten Regelungsbereiche fallen auch Regelungen über die Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen und zwar sowohl in haushaltsrechtlicher als auch dienstrechtlicher Sicht.

Soweit die angeführten Vorschriften des SGB IV einen Vorbehalt des Gesetzes und des sonstigen für den Sozialversicherungsträger maßgebenden Rechts enthalten, kommen grundsätzlich auch Verwaltungsvorschriften nach Art.86 Satz 1 Grundgesetz als für den Sozialversicherungsträger maßgebendes Recht in Frage. Dieser Vorbehalt gilt jedoch nicht, so weit die nach Art.86 Satz 1 Grundgesetz erlassenen Richtlinien in eine gesetzliche Aufgabenzuweisung eingreifen. Mit der Regelungskompetenz des Art.86 Satz 1 Grundgesetz kann die Exekutive nicht in solchen Bereichen regelnd tätig werden, die dem Gesetzgeber vorbehalten sind oder in denen er bereits regelnd tätig geworden ist (vgl. Lerche a.a.O. Rdnr.98).

Die durch Gesetz getroffene, bloße organisatorische Zuordnung bestimmter Aufgaben und die Regelung von Zuständigkeiten in der Verwaltungsorganisation würden dem Erlass von Richtlinien nach Art.86 Satz 1 Grundgesetz noch nicht entgegenstehen. Mit solchen gesetzlichen Regelungen allein wäre noch keine Abgrenzung der Gestalt getroffen, dass innerhalb des Bereiches der bundesunmittelbaren Verwaltung abweichend von dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Verwaltung und der damit notwendig verbundenen Hierarchie den nachgeordneten Verwaltungseinrichtungen ein eigenständiger, hierarchischen Eingriffen nicht ohne Weiteres zugänglicher Tätigkeitsbereich zugewiesen wäre (Lerche a.a.O. Rdnr.38 ff.).

Der Klägerin als mit Selbstverwaltungsrechten ausgestattetem Sozialversicherungsträger steht jedoch generell, insbesondere aber für den hier streitigen Regelungsbereich von Gesetzes wegen ein solcher eigenständiger Tätigkeitsbereich zu. Eine Bindung der Sozialversicherungsträger an Verwaltungsvorschriften der Exekutive bedarf deshalb einer über die Zuständigkeitsnorm des Art.86 Grundgesetz hinausreichenden inhaltlichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. BSGE 58, 247). Die Klägerin als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung ist ein organisatorisch verselbständigter Teil der Staatsgewalt, der grundsätzlich nicht staatlich administrativer Leitung und Mitwirkung, sondern nur staatlicher Rechtsaufsicht unterliegt, so weit nicht ausdrücklich etwas Anderes bestimmt ist. Das ergibt sich aus § 29 SGB IV, der den Grundsatz der Selbstverwaltung in der Sozialverischerung ausdrücklich festlegt (BSGE 67, 160). Im Zusammenhang mit abstrakt generellen Weisungen (Verwaltungsanordnungen) der Exekutive kommt dem Selbstverwaltungsgrundsatz des § 29 SGB IV als einem tragenden Organisationsprinzip der Sozialversicherung besondere Bedeutung zu. Da Selbstverwaltung und staatlich-administrative Leitung einander prinzipiell ausschließen, spricht die Vermutung im Zweifel dafür, dass der Gesetzgeber mit der Verleihung des Selbstverwaltungsrechts gleichzeitig die Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt der staatlichen Exekutive ausschließen wollte. Dabei liegt nach allgemeiner Auffassung der eigentliche funktionelle Schwerpunkt der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung heute im Wesentlichen (nur noch) im Bereich der Organisation der innerbetrieblichen Verwaltungsabläufe und im Finanzwesen (BSGE 58, 247). Die in § 29 SGB IV enthaltene gesetzgeberische Entscheidung zugunsten der Selbstverwaltung bedeutet, dass alle Normen, welche die Sozialversicherungsträger betreffen, im Sinne dieses Grundsatzes auszulegen sind. Aus den §§ 31 ff. SGB IV ergibt sich, dass die Organe der Sozialversicherungsträger grundsätzlich ihr gesamtes Verwaltungshandeln eigenverantwortlich steuern und nur einer rechtsaufsichtlichen Kontrolle unterliegen. Aus der sich aus § 35 Abs.1 Satz 1 SGB IV ergebenden umfassenden Verwaltungszuständigkeit des Vorstandes ergibt sich auch seine Befugnis, für die gesamte Verwaltungstätigkeit des Versicherungsträgers Richtlinien zu erlassen (§ 35 Abs.2 SGB IV). Zur Verwaltung gehört der gesamte Geschäftsbetrieb, z.B. die technische Ausstattung und die Organisation der Verwaltung einschließlich der Leitung des inneren Dienstes und damit auch der Entscheidung über die Art und Weise des Einsatzes des für die Sachaufgaben benötigten Personals. Einschränkungen hinsichtlich der Leitungsbefugnisse in diesem Bereich sind weder für den Vorstand noch für die Geschäftsführung aus dem Gesetz ersichtlich. Ihr Handeln unterliegt grundsätzlich nur einer allgemeinen Rechtsaufsicht (BSGE 67, 160). So weit es bei den DKfzR um Kosten der laufenden Verwaltung geht, steht dem einzelnen Versicherungsträger bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ein Beurteilungsspielraum in Gestalt einer "Einschätzungsprärogative" zu. Dieses Vorrecht des Versicherungsträgers wird durch das ihm nach § 29 SGB IV zustehende Selbstverwaltungsrecht noch verstärkt (BSGE 71, 108).

Wenn der Gesetzgeber danach das Prinzip der Selbstverwaltung proklamiert und diese lediglich einer Rechtsaufsicht im Rahmen des § 87 Abs.1 SGB IV unterstellt hat, gibt er damit nicht nur zu erkennen, dass die damit ausgestatteten Sozialversicherungsträger grundsätzlich - was die zugewiesenen Sachaufgaben betrifft - keiner staatlichen Fach- bzw. Zweckmäßigkeitskontrolle und folglich auch keinen fachbezogenen Weisungen unterliegen; es spricht vielmehr auch eine Vermutung dafür, dass der Gesetzgeber - was die Art und Weise der Aufgabenerfüllung betrifft - eine Geschäftsleitungs- und Organisationsgewalt der Exekutive zugunsten der Versicherungsträger hat ausschließen wollen (BSGE 67, 160). Diese in ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelte Abgrenzung zwischen dem materiellen Gehalt des Selbstverwaltungsrechts der Sozialversicherungsträger und den Eingriffsbefugnissen der Exekutive hat in der Literatur Zustimmung gefunden (vgl. Funk, VSSR 1990, 261; Stößner, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 2. Auflage 1978, Reiter, DRV 1993, 657).

Die Beklagte konnte deshalb nicht mit Wirkung für die Klägerin für den Bereich, der dieser gesetzlich zur eigenverantwortlichen Regelung übertragen ist, allgemeine Verwaltungsvorschriften in Gestalt von Richtlinien erlassen. Die DKfzR greifen in diesen der Klägerin zur eigenverantwortlichen Gestaltung überlassenen Regelungsbereich ein. In diesem Bereich ist es der Beklagten nur gestattet, im Wege der Einzelmaßnahme nach §§ 87 SGB IV ff. unter den dort genannten Voraussetzungen einzugreifen. Dies gilt auch in Ansehung der § 52 BHO. Es kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit Vorschriften der BHO das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin einschränken (vgl. BSG SozR 2100 § 89 Nr.2). Sofern dies auf § 52 BHO zutrifft, enthält diese Norm eine die Klägerin bindende gesetzliche Regelung, die wie andere gesetzliche Regelungen eine Handhabe zum Erlass einer Einzelmaßnahme nach §§ 87 SGB IV ff. geben kann. Eine inhaltliche Ermächtigung zum Erlass normkonkretisierender Verwaltungsanweisungen (s. hierzu Di Fabio DVBl.1992, 1338) mit Wirkung gegen einen insoweit mit Selbstverwaltungsrechten ausgestatteten Sozialversicherungsträger enthält diese Vorschrift nicht.

Die Entscheidung über die Kosten sützt sich auf § 193 Abs.4 Satz 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Zwar ist noch keine Entscheidung eines obersten Bundesgerichts zum Verhältnis zwischen Art.86 GG und den im SGB IV geregelten Selbstverwaltungsrechten ergangen. Die bisher ergangene Rechtsprechung zum Verhältnis gesetzlicher Regelungen zu Verwaltungsvorschriften im Allgemeinen und den Regelungskompetenzen der Exekutive gegenüber den mit Selbstverwaltungsrechten ausgestatteten Sozialversicherungsträgern im Besonderen haben jedoch hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der zu entscheidenden Rechtsfragen gegeben.
Rechtskraft
Aus
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