L 9 U 173/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 R 246/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 173/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die im Jahr 2017 in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau war fehlerhaft, weil sie lediglich in der Unfallversicherung durchgeführt wurde und daher insbesondere Personen, die eine Altersrente der Alterssicherung der Landwirte beziehen und nicht bei der Beklagten unfallversichert sind, von der Wahl ausgeschlossen wurden.

I.    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018 aufgehoben. Die im Jahr 2017 in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten ist ungültig. Die Wahl muss wiederholt werden.

II.    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen.

III.    Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

IV.    Die Revision wird zugelassen. 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Wahl zur Vertreterversammlung der beklagten Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte anlässlich der Sozialversicherungswahlen im Jahre 2017.

In seiner Sitzung vom 13. Januar 2016 bestellte der Vorstand der Beklagten den Wahlausschuss für die Sozialwahlen 2017. Am 14. November 2016 reichte der Kläger als Listenvertreter die Vorschlagsliste „Freie Liste A., G., H., I., K.“ zur Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ein. Der Kläger war als Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Flächen als Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte bei der Beklagten versichert. Mit Beschluss vom 5. Januar 2017 wies der Wahlausschuss die Vorschlagsliste mit der Begründung zurück, es handele sich nicht um eine freie Liste. Hiergegen legte der Kläger als Listenvertreter am 17. Januar 2017 Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 2. Februar 2017 ließ der Bundeswahlausschuss die Vorschlagsliste „Freie Liste A., G., H., I., K.“ zur Wahl der Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte zu. 

Mit E-Mail vom 31. März 2017 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Altenteiler, die keine Rückbehaltsfläche mehr hätten, nicht mehr als Unternehmer geführt würden und auch keinen Beitragsbescheid erhielten, nicht in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte wahlberechtigt seien.

Mit seinem am 4. April 2017 beim Sozialgericht Kassel eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragte der Kläger festzustellen, dass sämtliche Rentenbezieher in der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau ohne Beschränkung auf die Rentenbezieher in der Unfallversicherung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gemäß § 47 Abs. 3 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die kommende Sozialwahl 2017 wahlberechtigt sind, sofern sie dieser Gruppe unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben. Zur Begründung trug der Kläger im Wesentlichen vor, die Beklagte verkürze in unzulässiger Weise das Wahlrecht von etwa 550.000 Rentenbeziehern in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte, indem sie den Begriff der Rentenbezieher in § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV so auslege, dass davon lediglich Bezieher einer gesetzlichen Unfallrente in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, nicht aber Bezieher von anderen Renten der Beklagten erfasst seien. Mit Beschluss vom 13. April 2017 (S 9 U 3/17 ER) lehnte das Sozialgericht den Antrag ab. Die Beschwerde des Klägers wies der 2. Senat des Hessischen Landessozialgerichts mit Beschluss vom 12. Mai 2017 (L 2 AR 1/17 B ER) zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es fehle an einem offensichtlichen Wahlverstoß, da nach der summarischen Prüfung des Senats das von dem Antragsteller beanstandete Vorgehen der Antragsgegnerin mit den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen in Einklang stehe bzw. zumindest nicht offensichtlich rechtswidrig sei. Der Senat trete der Auffassung der Antragsgegnerin bei, dass mit der Änderung des § 47 Abs. 3 SGB IV zum 1. Januar 2013 lediglich der Wortlaut angepasst und gerade keine inhaltliche Änderung geregelt worden sei. Es sei ohne Weiteres ersichtlich, dass die maßgebliche gesetzliche Regelung des § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV im Kontext zur gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Diese Vorschrift regele, dass zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte auch Rentenbezieher gehörten, die der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört hätten. Es liege nahe, dass wegen des systematischen Zusammenhangs Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gemeint seien. Das Vorgehen der Antragsgegnerin werde im Übrigen durch die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bestätigt, das mit Schreiben vom 19. April 2016 mitgeteilt habe, es halte die Durchführung der Wahlen im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung für vertretbar und trage dies mit. Soweit der Antragsteller demgegenüber einwende, die neu errichtete Beklagte erstrecke sich auf alle Zweige der Sozialversicherung, so dass auch allen Rentenbeziehern das aktive und passive Wahlrecht zugesprochen werden müsse, möge dies zwar angesichts des Wahlrechtsgrundsatzes der Freiheit der Wahl wünschenswert oder sogar geboten sein. Aus der abweichenden Handhabung der Antragsgegnerin ergebe sich aber kein offensichtlicher Wahlverstoß im Sinne von § 57 Abs. 5 SGB IV. Denn diese stehe mit dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik in Einklang. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber mit der zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung bewusst die bisherige Rechtslage habe fortschreiben wollen oder lediglich übersehen habe, dass wegen der Errichtung der Beklagten eine Erweiterung des Kreises der Rentenbezieher geboten gewesen sei. Insoweit habe der Antragsteller selbst auf die Zuständigkeit des Gesetzgebers hingewiesen. Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, wünschenswerte oder gebotene gesetzliche Regelungen durch Richterrecht zu ersetzen. Dies gelte erst recht im Eilverfahren. 

Die Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte fand am 31. Mai 2017 statt.

Am 20. Juni 2017 stellte der Wahlausschuss das vorläufige Wahlergebnis für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte fest. Danach waren von insgesamt 146.865 eingegangenen Stimmen 117.788 gültig und 29.077 Stimmen ungültig. Auf die Liste  1 Bayerischer Bauernverband entfielen 27.232, auf die Liste 2 Bauernverbände Niedersachsen und Schleswig-Holstein 7.952, auf die Liste 3 Bauern, Bäuerinnen, Winzer, Winzerinnen, Jungbauern, Jungwinzer und Waldbauern in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland 8.757, auf die Liste 4 Bäuerinnen und Bauern in Baden-Württemberg 14.999, auf die Liste 5 Landwirtschaftsverbände NRW 7.844, auf die Liste 6 Waldbesitzerverbände 17.776, auf die Liste 7 Verband der Landwirte im Nebenberuf Landesverband Bayern e.V. 8.845, auf die Liste 8 Land- und Forstwirte der neuen Bundesländer 6.151, auf die Liste 9 Deutsche Landwirte e.V. 2.208, auf die Liste 10 Freie Liste A., G., H., I., K. 5.969 und auf die Liste 11 Freie Liste C., F., L., R., T. 10.056 gültige Stimmen.

Am 17. Juli 2017 hat der Kläger Wahlanfechtungsklage gegen die Beklagte beim Sozialgericht Kassel erhoben. 

Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe das Wahlrecht von etwa 550.000 Rentenbeziehern in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte in unzulässiger Weise verkürzt, indem sie den Begriff der Rentenbezieher in § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV so auslege, dass davon lediglich Bezieher einer gesetzlichen Unfallrente in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, nicht aber Bezieher von anderen Renten der Beklagten, beispielsweise der Regelaltersrente, erfasst seien. Die Beklagte halte an der Trennung der Sozialversicherungszweige fest, obwohl zum 1. Januar 2013 ein einheitlicher Träger der Sozialversicherung in der Landwirtschaft errichtet worden sei. Daher seien alle Versicherte in allen Zweigen wahlberechtigt. Die Sozialwahl 2017 habe daher in allen Versicherungszweigen der Beklagten stattfinden müssen. Mit ihrer Vorgehensweise unterstelle die Beklagte dem Gesetzgeber einen Willen, den dieser nicht gebildet habe. Eine Beschränkung dahingehend, dass eine Wahl zur Vertreterversammlung nur im Versicherungszweig der Unfallversicherung stattfinde, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Auffassung der Beklagten, dass Rentenbezieher (sogenannte Altenteiler), die keine Unfallrente bezögen oder keine Flächen mehr bewirtschafteten (maximal in Größe der rentenunschädlichen Rückbehaltsflächen) und nicht mehr als Unternehmen bei der Beklagten insgesamt geführt würden und auch keinen Beitragsbescheid von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft erhielten, nicht in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte wahlberechtigt seien, sei unzutreffend. Der Kläger sei, wie viele andere Rentenbezieher, sowohl Mitglied in der landwirtschaftlichen Alterskasse, der landwirtschaftlichen Krankenkasse als auch der Pflegeversicherung. Da jedoch § 21 Alterssicherungsgesetz der Landwirte (ALG) vorsehe, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben werde, um die Regelaltersrente zu erhalten, sei die überwiegende Anzahl der Rentenbezieher nicht mehr Mitglied in der Berufsgenossenschaft. Dies sei gerade Strukturmerkmal der landwirtschaftlichen Alterskasse. Diesen Rentenbeziehern würden jedoch dadurch das passive und das aktive Wahlrecht genommen. Insgesamt bezögen von der Beklagten knapp 550.000 ehemalige Bäuerinnen und Bauern eine Altersrente. Nur etwa 40.000 Rentner, die gleichzeitig eine Unfallrente von der Beklagten bezögen, sowie diejenigen, die selbst noch bei der Beklagten unfallversichert seien (z. B. weil sie weniger als 8 ha landwirtschaftliche Nutzfläche als Selbstbehalt bewirtschafteten), habe die Beklagte als wahlberechtigt angesehen. Der Gesetzgeber habe die Wahlberechtigung im Rahmen der Neuordnung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau bewusst nicht auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung begrenzt. Mit der Schaffung eines einheitlichen Sozialversicherungsträgers müsse auch das Wahlrecht entsprechend auf alle dort Versicherten ausgedehnt werden. Es handele sich um eine notwendige Folgeänderung zur Schaffung eines Bundesträgers mit einem entsprechenden Selbstverwaltungsorgan. Durch die Streichung von § 32 SGB IV seien alle Versicherte in den jeweiligen Versicherungssparten wahlberechtigt. Infolge der Rechtsauffassung der Beklagten hätten aber nur Versicherte der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Wahlunterlagen erhalten. Die Wahlunterlagen seien zudem verspätet versendet worden. Die Beklagte habe bewusst Interessengruppen ausgrenzen wollen, um nicht ihre eigenen Partikularinteressen zu gefährden. Der Bauernverband und seine Unterorganisationen hätten für sich bleiben und bestimmen wollen, welche Richtung die Beklagte nehme. Auch die Drittelparität sei kritikwürdig. Die Gruppe der Arbeitgeber habe mit ca. 18.000 Versicherten im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen ein viel zu hohes Gewicht in der Vertreterversammlung. Die angegriffene Sozialwahl sei auch durch fehlerhafte Informationen der Beklagten geprägt. Zudem seien die Sitzungen des Wahlausschusses intransparent gewesen. Es sei zu erwarten, dass sich das Wahlergebnis erheblich verändert hätte, wenn sämtliche Rentenbezieher als Wahlberechtigte an der Wahl hätten teilnehmen können. Denn in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte seien insgesamt lediglich 146.865 Stimmen abgegeben worden.

Die Beklagte hat vorgetragen, es sei Konsequenz der gesetzlichen Regelung im SGB IV, dass die durchgeführte Sozialwahl ausschließlich im Bereich der Unfallversicherung erfolge. Seit Bestehen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung werde die Sozialwahl in der Unfallversicherung durchgeführt. Bis zum 1. Januar 2013 seien die gewählten Organe der Berufsgenossenschaft nach § 32 SGB IV gleichzeitig die Organe der anderen Körperschaften gewesen (Organleihe). Hierüber habe sich über Jahrzehnte ein Wahlverfahren in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung etabliert. Die Berufsgenossenschaft umfasse im Vergleich zu den anderen Versicherungszweigen den größten Teil der Versicherten, dort seien neben ca. 1,5 Millionen landwirtschaftlichen Unternehmern auch deren mitarbeitende Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner, die mitarbeitenden Familienangehörigen sowie die über eine Million (familienfremden) Arbeitnehmer versichert und somit auch wahlberechtigt. In den anderen Zweigen bestehe lediglich die Versicherungspflicht dieser landwirtschaftlichen Unternehmer und mitarbeitenden Familienangehörigen. Für die über eine Million bei der Berufsgenossenschaft versicherten Arbeitnehmer bestehe keine Versicherungspflicht bei der Alters-, Kranken- und Pflegekasse. Mit der Errichtung der Beklagten zum 1. Januar 2013 sei an diesen Grundsätzen keine Änderung vorgenommen worden. Da die Beklagte eine Körperschaft sei und alle Versicherungszweige in sich vereine, sei als einziger Paragraph aus dem Bereich des Sozialwahlrechts § 32 SGB IV weggefallen. Darüber hinaus seien lediglich Begrifflichkeiten korrigiert worden. Weder im Gesetzestext noch in der Begründung fänden sich Anhaltspunkte dafür, dass mit der Errichtung des Bundesträgers Änderungen im Sozialwahlverfahren vorgenommen werden sollten. Sowohl das Bundesministerium für Arbeit und Soziales als auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hätten Anfang 2016 das Vorhaben unterstützt, das bisherige Wahlverfahren bei der 1. Sozialwahl der Beklagten beizubehalten. Auf diesen Aussagen der Ministerien aufbauend sei die Beklagte im März 2016 in der Bekanntmachung Nr. 5 der Bundeswahlbeauftragten als Unfallversicherungsträger aufgeführt und unter das entsprechende Musterinformationsschreiben subsumiert worden. Der Wahlausschuss der Beklagten habe dementsprechend das Informationsschreiben am 23. März 2016 beschlossen und an die Anfragenden versandt. Auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundeswahlausschuss im Februar 2017, dessen Beschwerdegegenstand die Berechnung des erforderlichen Unterschriftenquorums gewesen sei, sei die Ausrichtung der Sozialwahl bei der Beklagten auf die Unfallversicherung als zwischen den Beteiligten unstreitig festgestellt worden. Danach seien bei der Beklagten § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 SGB IV unter Bezug auf die Unfallversicherung anzuwenden. Für die Wahlberechtigten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterbleibe allerdings die Ausübung der Wahl, da bei der Beklagten im Rahmen der Sozialwahl 2017 nur in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte eine Wahl mit Wahlhandlung stattfinde. Schließlich handele es sich keinesfalls um 550.000 Altenteiler, die keine Wahlberechtigung erhalten hätten. Von diesen 550.000 hätten ca. 65.000 noch Restflächen und würden daher als Unternehmer in der Unfallversicherung geführt bzw. seien als Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte wahlberechtigt, wenn sie nicht regelmäßig familienfremde Arbeitnehmer beschäftigten; in diesem Fall seien sie in der Gruppe der Arbeitgeber wahlberechtigt. Aufgrund von Unfallstatistiken sei weiterhin klar erkennbar, dass mindestens die Hälfte der verbleibenden ca. 480.000 Altenteiler noch regelmäßig im Unternehmen arbeiteten. Damit fielen diese unter die Gruppe der versicherten Arbeitnehmer und seien - wie alle mitarbeitenden Familienangehörigen - in der dortigen Liste wahlberechtigt. 

Mit Urteil vom 9. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Entscheidung des 2. Senats des Hessischen Landessozialgerichts vom 12. Mai 2017 (L 2 AR 1/17 B ER) sowie den Beschluss Bundeswahlausschusses vom 2. Februar 2017 (B WA 3/17) bezogen. 

Am 13. September 2018 hat der Kläger Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. 

Zur Begründung trägt der Kläger ergänzend zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen vor, das Urteil des Sozialgerichts verweise pauschal auf die Ausführungen der Beklagten und folge deren unrichtiger Argumentation, ohne sich mit seinen Gegenargumenten zu befassen. Seinem Vortrag, dass eine Wahlberechtigung für alle Rentner bestehe und nicht nur für diejenigen, die in der Unfallversicherung versichert seien, trete es entgegen, indem es auf die Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts in dessen Beschluss vom 12. Mai 2017 (L 2 AR 1/17 B ER) Bezug nehme. Unberücksichtigt bleibe hierbei, dass es sich um eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz gehandelt habe, die lediglich einer summarischen Prüfung unterliege. Im vorliegenden Fall werde gegen den Wahlrechtsgrundsatz der allgemeinen Wahl verstoßen, weil nur die Bezieher einer gesetzlichen Unfallrente in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als aktiv und passiv wahlberechtigt behandelt und die übrigen Rentner von den Sozialversicherungswahlen ausgeschlossen würden. Der Entzug der Wahlberechtigung verstoße zugleich gegen das Rechtsstaats- und das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 1 und 3 Grundgesetz (GG), da er ohne eine parlamentsgesetzliche Grundlage erfolge. 

Der Kläger beantragt, 
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Wahl 2017 zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ungültig ist.

Die Beklagte beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen. 

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für richtig. Ergänzend trägt sie vor, die Rechtslage könne nicht durch Richterrecht geändert werden, hier sei der Gesetzgeber gefragt. Die von diesem gegebenenfalls nicht beabsichtigte Beschränkung der wahlberechtigten Rentner stehe sowohl mit dem Gesetzeswortlaut als auch mit der Gesetzessystematik in Einklang. In Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Alterssicherung der Landwirte seien nach § 44 Abs. 3 SGB IV Arbeitnehmer von der Mitwirkung ausgeschlossen. Die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sei Grundvoraussetzung für eine Tätigkeit in Angelegenheiten dieser Versicherungszweige. Daher sei auch eine Wahlhandlung im Bereich der Krankenversicherung und der Alterssicherung der Landwirte für versicherte Arbeitnehmer ausgeschlossen. Zum 31. Dezember 2016 habe die Beklagte 422.179 Rentenempfänger gehabt, von denen ca. 65.000 noch Restflächen hätten und damit weiterhin als Unternehmer wahlberechtigt seien. Von den rund 40.000 Unternehmern, die eine Unfallrente bezögen, seien ca. 30.000 über 65 Jahre alt (Altenteiler). Bei den verbleibenden 325.000 Altenteilern sei davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil noch mindestens 20 Stunden im Monat als mitarbeitender Familienangehöriger in der Gruppe der Versicherten wahlberechtigt sei. Ein Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte, der keinen Betrieb unterhalte und keine Flächen mehr habe, könne nicht mehr als Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte in der Unfallversicherung versichert sein. Der Betrieb sei – außer für Versicherte nach § 47 Abs. 1 SGB IV – die Grundvoraussetzung für eine Wahl in der Unfallversicherung. Gleiches gelte für Altersrentner. Für beide Fälle scheide die Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte aus, weil der Gesetzgeber entschieden habe, dass die Sozialwahl (wie in der Vergangenheit) weiter in der Unfallversicherung stattfinde. Würde die Wahl nach entsprechender Änderung z. B. im Zweig der landwirtschaftlichen Alterskasse stattfinden, wären die Altersrentner wahlberechtigt. Mit der ausdrücklichen Nennung des § 47 Abs. 3 SGB IV in § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV sei der Spezialfall der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ausdrücklich nur auf die Unfallversicherung bezogen. Dies werde auch am Wortlaut des § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV deutlich, der identisch mit dem in § 47 Abs. 1 Nr. 2 und in § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV sei. Die Einbeziehung der Rentenbezieher in die jeweilige Gruppe, der sie unmittelbar vorher angehört haben, sei ausdrücklich und ausschließlich für den Unfallversicherungszweig vorgesehen. Die weitere Zugehörigkeit zu einer Gruppe nach dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit kenne die Rentenversicherung nicht, dies sei nur in der Unfallversicherung bei Rentenbezug vorgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 9 U 3/17 ER (L 2 AR 1/17 B ER) sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung ist begründet. 

1. Eine Beiladung war nicht erforderlich. 

Zwar werden von dem Urteil insbesondere die bereits in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte Gewählten unmittelbar in ihren Rechten betroffen. Die Entscheidung kann mithin auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen, was im Allgemeinen nach § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Notwendigkeit einer Beiladung begründet und von Amts wegen in jedem Stadium des Verfahrens zu beachten ist (BSG, Urteil vom 14. Oktober 1992, 14a/6 RKa 58/91, juris, Rn. 31). Im Wahlanfechtungsverfahren kann aber die Beiladung von Personen und Behörden unterbleiben, weil es nicht den Schutz subjektiver Rechte, sondern die Einhaltung objektiven Wahlrechts zum Ziel hat und daher die Interessen von Nichtbeteiligten von Amts wegen geschützt werden, wobei die Beklagte jedenfalls dann „geborene Vertreterin“ der Interessen der gewählten Mitglieder der Vertreterversammlung ist, wenn – wie hier – nicht die Wahl einzelner Mitglieder, sondern die Wahl einer ganzen Gruppe angefochten ist (BSG, Urteil vom 23. September 1982, 8 RK 19/82, juris, Rn. 27-29). Bei einem Urteil, das eine Wahl für ungültig erklärt, tritt zudem eine Rechtskrafterstreckung auch ohne Beiladung ein, weil es Gestaltungswirkung hat, sodass jedermann die Ungültigkeit der Wahl gegen sich gelten lassen muss (BSG, Urteil vom 14. Oktober 1992, 14a/6 RKa 58/91, juris, Rn. 32).

2. Müsste der Senat noch den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit prüfen (vgl. aber § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -), würde er ihn, wovon schon das Sozialgericht zu Recht ausgegangen ist, bei Wahlanfechtungsklagen bejahen. Denn Streitigkeiten über die Gültigkeit von Wahlen zur Vertreterversammlung eines Sozialversicherungsträgers sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung im Sinne von § 51 Abs. 1 SGG, was auch durch § 131 Abs. 4 SGG verdeutlicht wird, der die Wahlanfechtungsklage voraussetzt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 10). 

3. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG) sowie form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). 

4. Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig (a) und begründet (b) und führt zur Feststellung der Ungültigkeit der Wahl (c) sowie zur Notwendigkeit einer Wiederholungswahl (d).

a) Die Klage ist zulässig.

Die Wahlanfechtungsklage ist als Klage besonderer Art statthaft. Sie zielt nicht nur auf die Feststellung, dass die Wahl ungültig ist, sondern auch auf die gerichtlich zu bestimmenden Folgerungen, die sich aus ihrer Ungültigkeit ergeben, § 131 Abs. 4 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 10). Gegenstand der Wahlanfechtung ist allein die Wahl selbst, hier die im Jahr 2017 durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte, § 57 Abs. 2 SGB IV, nicht jedoch der während des Wahlverfahrens ergangene Beschluss des Wahlausschusses (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 13). 

Der Kläger gehört auch zu dem Kreis der Anfechtungsberechtigten, ist mithin klageberechtigt. Nach § 57 Abs. 2 SGB IV können die in § 48 Abs. 1 SGB IV genannten Personen und Vereinigungen die Wahl durch Klage gegen den Versicherungsträger anfechten. Der Kläger ist als Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte i. S. d. § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB IV bei der Beklagten versichert. Das Anfechtungsrecht beschränkt sich dabei nicht auf die Gruppe, der der Kläger angehört (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 1973, 3 RK 57/72, juris, Rn. 8; BSG, Urteil vom 28. Mai 1965, 6 RKa 21/63, juris, Rn. 22).

Es wurde auch vor der Klageerhebung der Rechtsbehelf der Beschwerde nach § 24 Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO) gegen die Entscheidung des Wahlausschusses (§ 57 Abs. 4 SGB IV) eingelegt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 11, sogenannte negative Prozessvoraussetzung). Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SVWO war nur der Kläger als Listenvertreter berechtigt, Beschwerde einzulegen. Ob dieser Rechtsbehelf vorliegend überhaupt Voraussetzung für eine zulässige Klage ist, die sich nicht gegen die Zurückweisung einer Vorschlagsliste, sondern gegen die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Wahlberechtigung richtet, kann damit dahinstehen.

Ein Vorverfahren im Sinne von §§ 83 ff. SGG war nicht durchzuführen (§ 57 Abs. 3 Satz 3 SGB IV). 

Die Klagefrist gemäß § 57 Abs. 3 Satz 2 SGB IV hat der Kläger eingehalten. 

Die Beklagte ist auch passiv prozessführungsbefugt. Denn Klagegegner in Wahlanfechtungsklagen ist der Versicherungsträger, § 57 Abs. 2 SGB IV.

b) Die Klage ist auch begründet. 

Hinsichtlich der Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte liegt ein mandatsrelevanter Wahlfehler vor.

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind auf die Wahlanfechtungsklage nach § 57 Abs. 2 SGB IV berechtigt und verpflichtet, alle Wahlvorgänge von Beginn des Wahlverfahrens bis zur Feststellung des Ergebnisses und zur endgültigen Verteilung der Sitze sowohl auf ihre formale Gesetzmäßigkeit als auch auf ihre materielle Richtigkeit, d. h. auf das Vorliegen von Wahlfehlern zu überprüfen; Wahlfehler sind alle Verletzungen von Wahlrechtsvorschriften mit Ausnahme solcher Rechtsverstöße, die das Ergebnis der Wahl nicht beeinflusst haben können, sog. mandatsirrelevante Wahlfehler (BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 31; Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 27). 

(1) Es liegt ein Wahlfehler vor.

Die auf die Unfallversicherung beschränkte Durchführung der Wahl mit der damit einhergehenden fehlerhaften Auslegung und Anwendung von § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV verstieß gegen die Regelungen des aktiven Wahlrechts nach § 50 Abs. 1 SGB IV i. V. m. § 34 Abs. 2 SVWO und des passiven Wahlrechts nach § 51 SGB IV

Nach § 50 Abs. 1 SGB IV ist wahlberechtigt, wer an dem in der Wahlausschreibung bestimmten Tag 1. bei dem Versicherungsträger zu einer der Gruppen gehört, aus deren Vertretern sich die Selbstverwaltungsorgane des Versicherungsträgers zusammensetzen, 2. das 16. Lebensjahr vollendet hat und 3. eine Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz innehat oder sich gewöhnlich dort aufhält oder regelmäßig dort beschäftigt oder tätig ist. Gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 SVWO werden die Wahlausweise von den Versicherungsträgern ausgestellt und den Wahlberechtigten zusammen mit den übrigen in Absatz 1 genannten Wahlunterlagen ausgehändigt oder übermittelt.

Nach § 51 Abs. 1 SGB IV ist wählbar, wer am Tag der Wahlausschreibung 1. bei dem Versicherungsträger zu einer Gruppe gehört, aus deren Vertretern sich die Selbstverwaltungsorgane des Versicherungsträgers zusammensetzen, 2. das Alter erreicht hat, mit dem nach § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Volljährigkeit eintritt, 3. das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag besitzt oder im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland seit mindestens sechs Jahren eine Wohnung innehat, sich sonst gewöhnlich aufhält oder regelmäßig beschäftigt oder tätig ist und 4. eine Wohnung in dem Bezirk des Versicherungsträgers oder einem nicht mehr als einhundert Kilometer von dessen Grenze entfernten Ort im Geltungsbereich des SGB innehat oder sich gewöhnlich dort aufhält oder in dem Bezirk des Versicherungsträgers regelmäßig beschäftigt oder tätig ist.

Gemäß § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV gehören zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte auch Rentenbezieher, die der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben.

Die Beklagte hat die ab 1. Januar 2013 geltenden Wahlrechtsvorschriften fehlerhaft ausgelegt und angewendet. Dadurch, dass die Sozialversicherungswahl 2017 bei der Beklagten lediglich in der Unfallversicherung, nicht aber auch in der Kranken- und Rentenversicherung durchgeführt und § 47 SGB IV fehlerhaft ausgelegt und angewandt wurde, wurden die Altersrentner und die Erwerbsminderungsrentner, die nicht zugleich in der Unfallversicherung versichert waren, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Dieser Fehler wiegt schwer, weil die Wahl zur Vertreterversammlung die Grundlage und der einzige Zugang für eine selbstverantwortliche demokratische Mitwirkung der Betroffenen an der Verwaltung des sozialen Rechtsstaats ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 33).

Nach der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rechtslage war die Beschränkung der Sozialversicherungswahl in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung auf die gesetzliche Unfallversicherung rechtmäßig. Bis dahin gab es in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung neben dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung jeweils 9 landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften, landwirtschaftliche Alterskassen, landwirtschaftliche Krankenkassen und landwirtschaftliche Pflegekassen, mithin 36 selbstständige Sozialversicherungsträger. Als Ausnahme von dem Grundsatz des § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, wonach bei jedem Versicherungsträger als Selbstverwaltungsorgane eine Vertreterversammlung und ein Vorstand gebildet werden, fanden Sozialversicherungswahlen lediglich bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften statt. Rechtsgrundlage dafür war § 32 SGB IV (in der bis zum 31. Dezember 2012 gültigen Fassung des Änderungsgesetzes vom 19. Dezember 2007, BGBl. I, 2024) und § 46 Abs. 1 SGB XI. Nach § 32 SGB IV waren Organe der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der landwirtschaftlichen Alterskassen die Organe der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, bei denen sie errichtet waren. Nach § 49 ALG (in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vom 18. Dezember 2007, BGBl. I, 2984) waren für die Erfüllung der Aufgaben der Alterssicherung der Landwirte die bei jeder landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft errichteten landwirtschaftlichen Alterskassen zuständig, soweit nicht die Erfüllung dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung übertragen war. Eine entsprechende Regelung beinhaltete § 17 Abs. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte - KVLG - (in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung vom 15. Dezember 2008, BGBl. I, 2426), wonach Träger der Krankenversicherung der Landwirte die bei jeder landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft errichteten landwirtschaftlichen Krankenkassen waren. Aufgrund dieser gesetzlichen Konzeption fanden Sozialversicherungswahlen nur in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften statt, deren Organe über § 32 SGB IV zugleich die Organe der landwirtschaftlichen Alterskassen und der landwirtschaftlichen Krankenkassen waren. Bei diesen wurden weder eine Vertreterversammlung noch ein Vorstand gebildet (Löcher, in: Eichenhofer/Wenner (Hrsg.), Kommentar zum SGB I, SGB IV, SGB X, 1. Aufl. 2012, § 32 SGB IV Rn. 1). Für die landwirtschaftlichen Pflegekassen sah § 46 Abs. 1 SGB XI vor, dass diese bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen errichtet werden, deren Organe nach § 46 Abs. 2 Satz 2 SGB XI zugleich Organe der landwirtschaftlichen Pflegekassen waren. Diese gesetzlichen Regelungen führten zu einer Auslegung des § 47 SGB IV bei Wahlen in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung dahingehend, dass unter „Rentenbezieher“ i. S. d. § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 SGB IV nur die Bezieher einer Verletztenrente, nicht aber auch die Bezieher einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte (Altersrente, Erwerbsminderungsrente) fielen.
Durch das Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV – Neuordnungsgesetz – LSV-NOG) vom 12. April 2012 (BGBl. I, 579) wurde zum 1. Januar 2013 als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau geschaffen. Diese ist seitdem zuständig für die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, der Alterssicherung der Landwirte, der landwirtschaftlichen Krankenversicherung und der landwirtschaftlichen Pflegeversicherung (§ 2 LSV-NOG). Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, die landwirtschaftlichen Alterskassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die landwirtschaftlichen Pflegekassen und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden zum 1. Januar 2013 in die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eingegliedert (§ 3 Abs. 1 LSV-NOG). Gleichzeitig wurde § 32 SGB IV aufgehoben und mit „Folgeänderung zur Schaffung eines Bundesträgers“ begründet (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 48). 

Angesichts dieser ab 1. Januar 2013 geltenden gesetzlichen Neukonzeption kann nunmehr § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV nur so ausgelegt werden, dass nicht nur Rentner aus der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern auch Rentner aus der gesetzlichen Rentenversicherung, d. h. vorliegend der landwirtschaftlichen Alterskasse, unter den Rechtsbegriff „Rentenbezieher“ fallen. Angesichts der Schaffung eines einheitlichen Sozialversicherungsträgers für die landwirtschaftliche Sozialversicherung mit einer Zuständigkeit für alle vier Zweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Unfall-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung) findet eine Beschränkung des Wahlrechts auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung keine Stütze im Gesetz mehr. 

(a) Der Wortlaut „Rentenbezieher“ erfasst nicht nur die Bezieher einer Verletztenrente, sondern auch die diejenigen, die von der landwirtschaftlichen Alterskasse eine Rente wegen Alters oder Erwerbsminderung erhalten. 

(b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem vermeintlichen Willen des Gesetzgebers, keine Änderungen in der Sozialwahl vorzunehmen, wie aber die Beklagte meint. Zwar ist bei der Interpretation einer Norm ein klar erkennbarer Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu respektieren (vgl. BVerfG, NJW 2019, 351, 354). Ein gesetzgeberischer Wille, dass Wahlen bei der Beklagten auch nach dem 1. Januar 2013 nur in der gesetzlichen Unfallversicherung durchgeführt werden, ist indes aus der Gesetzesbegründung nicht einmal ansatzweise erkennbar. Auch das gesetzgeberische Ziel, die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zu modernisieren und die Effizienz zu steigern (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 1), spricht nicht für eine Beibehaltung der Wahl nur in der Unfallversicherung (so aber Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 44 Rn. 14, Stand: VI/17). Dieses Ziel wird nach der Gesetzesbegründung mit der Errichtung eines einheitlichen Bundesträgers erreicht (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 1). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass zwei Ministerien im Jahr 2016 die Rechtsauffassung geäußert haben, eine Wahl ausschließlich in der Unfallversicherung sei „vertretbar“. 

(c) Es ist auch kein rechtlich tragfähiger Grund erkennbar, der zu einer anderen Auslegung des § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV Anlass böte. Warum Personen, die insbesondere eine Altersrente von der landwirtschaftlichen Alterskasse erhalten, nicht wahlberechtigt sein sollen, erschließt sich nicht. Eine solche Auslegung wäre auch mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar. 

Zwar gelten die für Bundestagswahlen normierten Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 GG über Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zunächst nur für sowie Landtags- und Kommunalwahlen. Ob eine Übertragung dieser Grundsätze auf Sozialversicherungswahlen nur mit Einschränkungen möglich (BSG, Urteil vom 15. November 1973, 3 RK 57/72, juris, Rn. 13) oder über Art. 3 Abs. 1 GG der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltene Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit auch für Wahlen zur Vertreterversammlung verbindlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R, juris, Rn. 20 f., für Wahlen zur Vertreterversammlung der KÄV), kann dahinstehen. Denn jedenfalls gilt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG auch für Sozialversicherungswahlen (BVerfGE 30, 227, 246; Kingreen, JÖR 2019, 136, 151). Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht in formal möglichst gleicher Weise ausüben können (vgl. BVerfGE 93, 373, 376). Er verbietet einen willkürlichen Ausschluss jedenfalls einer quantitativ nicht unbedeutenden Gruppe von den Wahlen und verlangt eine entsprechende (verfassungskonforme) Auslegung der Wahlrechtsvorschriften.

(d) Vor diesem Hintergrund führt auch eine systematische Auslegung des § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV zu keinem anderen Ergebnis. 

(aa) Eine Einschränkung des Begriffs der Rentenbezieher in § 47 SGB IV erfolgt lediglich durch dessen Abs. 5, wonach Rentenbezieher im Sinne der Vorschriften über Selbstverwaltung ist, wer eine Rente aus eigener Versicherung vom jeweiligen Versicherungsträger bezieht. Ausgeschlossen werden damit lediglich die Bezieher von Hinterbliebenenrenten (abgeleiteten Renten), insbesondere nach §§ 46-49 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und §§ 65-70 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) (siehe z. B. jurisPK-SGB IV 4. Aufl./Palsherm I., § 47 Rn. 42). Mithin werden die Renten wegen Alters nach §§ 11, 12 ALG und die Renten wegen Erwerbsminderung nach § 13 ALG von § 47 Abs. 5 SGB IV erfasst. 

(bb) Auch der Bezug zu der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte in § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV rechtfertigt nicht die Auslegung, dass damit nur die Renten aus der Unfallversicherung gemeint sein könnten. Denn diese Gruppe wird in § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV allgemein als gleichberechtigte Gruppe neben den Gruppen der versicherten Arbeitnehmer und der Arbeitgeber genannt (sog. Drittelparität), ohne dass damit eine Begrenzung auf die Unfallversicherung verbunden wäre.

(cc) Der Verweis in § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV, wonach bei den Trägern der Unfallversicherung auch die versicherten Selbstständigen der Gruppe der Arbeitgeber angehören, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, gebietet ebenfalls keine andere Auslegung. Denn dieser Verweis schließt lediglich Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte aus der Gruppe der Arbeitgeber aus. Vom Wortlaut des § 47 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV „versicherten Selbständigen“ wären sie indes erfasst.

(dd) Nichts anderes folgt aus § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Danach wirken in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in Angelegenheiten der Krankenversicherung der Landwirte und der Alterssicherung der Landwirte die Vertreter der Selbstständigen, die in der betreffenden Versicherung nicht versichert sind und die nicht zu den in § 51 Abs. 4 genannten Beauftragten gehören, sowie die Vertreter der Arbeitnehmer nicht mit. Nach § 44 Abs. 3 Satz 2 SGB IV treten an die Stelle nicht mitwirkenden Vertreter der Selbstständigen die Stellvertreter, die in der betreffenden Versicherung versichert sind. 

Diese Regelung hat bereits keine Relevanz für die Frage, wer nach § 51 SGB IV i. V. m. § 47 Abs. 3 SGB IV passiv wahlberechtigt ist. Denn sie regelt lediglich, wie sich die (gewählte) Vertreterversammlung bei einzelnen Entscheidungen, die Angelegenheiten der Kranken- und Alterssicherung der Landwirte betreffen, zusammensetzt. Aus ihr kann nicht geschlossen werden, dass Personen, die lediglich in der Kranken- und Alterssicherung, nicht aber in der Unfallversicherung versichert sind, nicht Mitglied der Vertreterversammlung sein können. Der Ausschluss in § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV spricht sogar eher für eine Wählbarkeit, weil er nicht erforderlich wäre, wenn die Personen, die im Einzelfall von der Mitwirkung an Entscheidungen ausgeschlossen sind, von vornherein nicht Mitglied der Vertreterversammlung sein könnten. 

Sofern es Unstimmigkeiten zwischen § 44 Abs. 3 SGB IV einerseits und § 47 SGB IV andererseits geben sollte, weil nach § 44 Abs. 3 SGB IV Personen, die nur in der landwirtschaftlichen Krankenkasse versichert sind, in Angelegenheiten der Unfallversicherung mitwirken, ohne dort versichert zu sei (vgl. Rombach, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 44 Rn. 14, Stand: VI/17), sind diese gegebenenfalls als Folge der Schaffung eines einheitlichen Trägers zu akzeptieren und vom Gesetzgeber zu korrigieren, jedenfalls aber nicht dadurch aufzulösen, dass Gruppenangehörige nach § 47 SGB IV generell von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen werden. Im Übrigen ist auch bereits nicht ersichtlich, inwiefern diese Norm generell der Mitwirkung von Altersrentnern in der Vertreterversammlung in der Gruppe der Arbeitgeber oder der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte entgegenstehen würde. Altersrentner sind i. d. R. jedenfalls in der Krankversicherung der Landwirte versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 KVLG).

Die Neukonzeption des ab 1. Januar 2013 geltenden Wahlrechts berücksichtigen Becher/Plate (Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, § 44 Erl. 3.1., Stand: VI/16) mit ihrer Ausführung nicht, dass nach § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV Personen, die zwar bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse oder der Alterskasse zur Gruppe der Versicherten gehören, aber bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft weder zur Gruppe der Versicherten noch der Arbeitgeber noch der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehören nicht in den „Selbstverwaltungsorganen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft“ tätig sein könnten, auch nicht in den Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Alterskasse; denn die Mitgliedschaft in den Selbstverwaltungsorganen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sei Grundvoraussetzung für die Tätigkeit in Angelegenheiten dieser Versicherungszweige. Eine solche Auslegung war unter der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rechtslage angezeigt, weil es danach Wahlen nur bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gab. § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV formulierte in seiner bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung auch noch „in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften“. § 44 Abs. 3 Satz 1 SGB IV wurde zum 1. Januar 2013 dahin geändert, dass die Wörter „in den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften“ durch die Wörter „der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ ersetzt werden, was mit „Folgeänderung zur Schaffung eines Bundesträgers“ begründet wurde, ohne konkrete Ausführungen zu § 44 Abs. 3 SGB IV zu machen (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BT-Drs. 17/7916, Seite 48). Eine eigenständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft mit Selbstverwaltungsorganen gibt es jedoch seit dem 1. Januar 2013 nicht mehr. Lediglich zur Klarstellung, in welchem rechtlichen Kontext die Beklagte auftritt, sieht § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) vor, dass die Beklagte „als landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft“ zuständig für die gesetzliche Unfallversicherung ist. Seit 2013 hat § 44 Abs. 3 SGB IV mithin einen engen Anwendungsbereich, da die Bezieher einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte ohnehin – zumindest i. d. R. – nicht zur Gruppe der Versicherten gehören, sondern zur Gruppe der Arbeitgeber (§ 47 Abs. 2 Nr. 3 SG IV) oder der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (§ 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV). Unzutreffend ist daher auch die Ausführung von Becher/Plate (Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, § 44 Erl. 3.1., Stand: VI/16), wonach ein Selbstständiger, der in der Unfallversicherung versichert und gleichzeitig „Altersgeldempfänger“ ist, nach § 47 Abs. 1 Nr. 3 zur Gruppe der Versicherten gehöre. Denn wegen der Vorrangregelung des § 47 Abs. 4 SGB IV gehört er i. d. R. entweder zur Gruppe der Arbeitgeber oder zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte. 

(2) Der Wahlfehler ist auch mandatsrelevant. 

Da es bei der Wahlprüfung ausschließlich um die Feststellung der Mandatsverteilung geht, beschränkt sich auch das Prüfverfahren auf Fehler, die diese Verteilung beeinflussen können (mandatsrelevante Fehler); die Verletzung von Wahlvorschriften, die sich auf das Wahlergebnis nicht ausgewirkt haben (mandatsirrelevante Fehler), bleibt daher im Wahlprüfungsverfahren unbeachtlich (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02 R, juris, Rn. 22; Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R, juris, Rn. 16). 

Danach ist die fehlerhafte Anwendung des § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV und der dadurch bedingte Ausschluss von Wahlberechtigten durch die Beklagte mandatsrelevant. 

Nach dem Vortrag des Klägers sind etwa 550.000 Rentner in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen worden. Nach dem Vortrag der Beklagten beträgt die Zahl lediglich etwa 240.000. Es ist jedenfalls bereits nicht ohne weiteres anzunehmen, dass kein weiterer Kandidat der Liste des Klägers ein Mandat erhalten hätte, wenn nicht die Bezieher einer Rente der Alterssicherung für Landwirte von der Wahl ausgeschlossen worden wären. Jedenfalls besteht die konkrete und naheliegende Möglichkeit, dass die Sitzverteilung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ohne den Wahlfehler anders ausgefallen wäre.

c) Die Wahl ist ungültig. Die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl trägt dem Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung, nach dem jede Wahlprüfung nur in dem unbedingt notwendigen Umfang in den bereits abgelaufenen Wahlvorgang eingreifen darf (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83, juris, Rn. 40). Eine nachträgliche Verbesserung des Wahlfehlers (sog. Verbesserungsprinzip) durch ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich.

d) Bereits aus der Ungültigkeit der Wahl folgt, dass diese zu wiederholen ist (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02, juris, Rn. 20; vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Der Senat ist jedenfalls berechtigt festzustellen, dass als Folge der Ungültigkeit der Wahl (§ 131 Abs. 4 SGG) diese zu wiederholen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02 R, juris, Rn. 20). 

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).  

III. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 und 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Für Wahlanfechtungsklagen ist der Regelstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG zu Grunde zu legen, da genügend Anhaltspunkte für eine Bewertung des Streitgegenstandes nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers fehlen (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015, B 1 KR 28/14 R, juris, Rn. 29).

IV. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.

Rechtskraft
Aus
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