S 7 KR 635/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 7 KR 635/21
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 166/22 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

1.    Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

2.    Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3.    Die Berufung wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Im Streit steht die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 i.H.v. kalendertäglich 72,93 € brutto (x 4 Tage = 291,72 € brutto).

Der 1958 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum bei der Beklagten als Arbeitnehmer krankenversichert. Er erkrankte arbeitsunfähig und erhielt bis zum 24.06.2020 Entgeltfortzahlung. Der behandelnde Orthopäde Dr. med. B. stellte Arbeitsunfähigkeit (AU) per Folgebescheinigung am 08.06.2020 bis zum 19.06.2020 (Freitag) und am 22.06.2020 (Montag) bis zum 28.06.2020 (Sonntag) fest (jeweilige Diagnose: Stenose der Foramina invertebralia durch Bandscheibenschaden, ICD-10 M99.79). Die AU-Bescheinigung vom 22.06.2020 (Ausfertigung zur Vorlage bei der Krankenkasse) ging gemäß Scandatum am 29.06.2020 (Montag) bei der Beklagten ein. 

Mit Bescheid vom 07.12.2020 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 ab. Der Krankengeldanspruch ruhe in dieser Zeit, weil die Attestierung der weiteren Arbeitsunfähigkeit erst am 29.06.2020 angezeigt worden sei. Die Anzeige hätte jedoch bis zum 26.06.2020 (eine Woche nach dem Ende der zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit) erfolgen müssen. Der Kläger erhob Widerspruch. Er habe die AU-Bescheinigung pünktlich eingeworfen. Das dazwischenliegende Wochenende sei nicht seine Schuld. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2021 zurück. Die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ende mit Ablauf desjenigen Tages der folgenden Woche, der dem Wochentag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit entspreche. Falle dieser auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, laufe die Meldefrist am nächsten Werktag ab. Die Beklagte verwies hierzu auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 08.02.2018 - L 1 KR 333/17 -.

Am 20.04.2021 hat der Kläger Klage erhoben. Im Wesentlichen wiederholt er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

1.    die Klage abzuweisen;

2.    hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angegriffenen Bescheide. Sie ist der Auffassung, die Wochenfrist für die neu nach dem 19.06.2020 festgestellte AU beginne am 20.06.2020 (Samstag) und ende am 26.06.2020 (Freitag).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 07.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 25. bis 28.06.2020.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang sie Krankengeld beanspruchen können, richtet sich nach dem Versicherungsverhältnis, das bei Entstehung des Krankengeldanspruchs vorliegt (BSG, Urteil vom 04.03.2014 – B 1 KR 17/13 R –, juris, Rn. 22). 

Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld – außer in Fällen stationärer Behandlung – vom Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Der Anspruch bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage (§ 46 Satz 2 SGB V). Für den Krankengeldanspruch ist mithin weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den tatsächlichen Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R –, juris; Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 05/10, § 46 SGB V, Rn. 23). 

Hieran gemessen hatte der Kläger im streitigen Zeitraum vom 25. bis 28.06.2020 grundsätzlich Anspruch auf Krankengeld, denn er war als Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Zudem hat der behandelnde Orthopäde Dr. med. B. am 08. bis 19.06.2020 (Freitag) und vom 22. (Montag) bis 28.06.2020 Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Zugrunde lag jeweils dieselbe Krankheit i.S.v. § 46 Satz 2 SGB V, nämlich eine Stenose der Foramina invertebralia durch Bandscheibenschaden (ICD-10 M99.79), so dass eine Bescheinigung für die Dauer des Wochenendes entbehrlich war.

Der demnach grundsätzlich entstandene Krankengeldanspruch ruhte auch nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in der Zeit vom 25. bis 28.06.2020.

Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. 

Der Meldung bedarf es nicht nur beim erstmaligen Eintritt von Arbeitsunfähigkeit, sondern auch für ihr Fortbestehen (Noftz in: Hauck/Noftz, SGB, 08/15, § 49 SGB V, Rn. 59). Nicht erforderlich ist es, dass die Versicherten die Arbeitsunfähigkeit persönlich melden. Das Gesetz schreibt auch keine besondere Form für die Meldung vor. Die Meldung kann demnach mündlich (auch telefonisch) oder schriftlich erfolgen (vgl. BSGE 26, 198, 202). Die Meldung setzt begrifflich den Zugang bei der Krankenkasse voraus, d.h. sie muss in deren Machtbereich gelangen. Die rechtzeitige Absendung reicht nicht aus; auch die unverzügliche Nachholung nach Kenntnis eines Verlustes heilt nicht rückwirkend (BSGE 52, 254, 257). Denn bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen; § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist strikt zu handhaben (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04 R –, juris).

Zu melden ist nach dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V die „Arbeitsunfähigkeit“ und zwar spätestens eine Woche nach ihrem „Beginn“. § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V stellt damit im Gegensatz zu § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nicht auf den Tag der ärztlichen Feststellung, sondern den Beginn der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit ab (vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 08.02.2017 - L 1 KR 333/17 -).

Übertragen auf die hier vorliegende Situation einer abschnittsweisen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bedeutet dies, dass die erneute Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gemeldet werden muss, um das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld zu verhindern. Liegt der Krankenkasse eine ärztliche Bescheinigung bereits vor, bedarf es keiner weiteren Meldung der Arbeitsunfähigkeit für den dort bescheinigten Zeitraum (vgl. Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 49 SGB V, Rn. 48). Entscheidend ist – auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Ruhensvorschrift – allein, dass nach Ablauf der gemeldeten befristeten Arbeitsunfähigkeit spätestens binnen einer Woche weitere (ärztlich festgestellte) Arbeitsunfähigkeit gemeldet wird (zuletzt SG Gießen, Urteile vom 15.12.2020 – S 7 KR 1799/19 – und vom 10.11.2020 – S 7 KR 1774/19 –; vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 08.02.2017 - L 1 KR 333/17 -). 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat Beschluss vom 04.06.2019 – B 3 KR 48/18 B –, juris, Rn. 11 zu dieser Frage folgendes ausgeführt:
„Wie die Beklagte selbst ausführt, stellt der Wortlaut des § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V für die rechtzeitige Meldung lediglich auf den Beginn der AU ab. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG muss die AU der Krankenkasse jedoch vor jeder erneuten Inanspruchnahme von Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der AU über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist (…). Tritt also der Fall ein, dass wegen der Befristung der bisher attestierten AU über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist, ruht der Anspruch auf die Weitergewährung von Krg nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Halbs. 2 SGB V nur dann, wenn die "weitere" AU nicht rechtzeitig gemeldet wird. Einem anderen Verständnis dieser Vorschrift steht schon entgegen, dass ein Krg-Anspruch, der auf einer der Krankenkasse bereits vorliegenden ärztlichen Bescheinigung von AU basiert, durch die Erstellung einer weiteren AU-Bescheinigung für (teilweise) den gleichen Zeitraum grundsätzlich nicht berührt wird, insbesondere nicht nachträglich zum Ruhen kommt. Denn bei fortbestehender AU trifft den Versicherten eine erneute Meldeobliegenheit nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V erst dann, wenn wegen der Befristung der bisher attestierten AU über die Weitergewährung von Krg neu zu befinden ist. Dann beginnt aber auch die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V erst mit dem Ablauf der Befristung der bisher attestierten AU bzw. mit dem Beginn der "weiteren" AU. Das Ausstellungsdatum der weiteren AU-Bescheinigung ist dabei ebenso irrelevant, wie bei einer Erstbescheinigung.“
(Hervorhebung durch die Unterzeichnerin)

Die Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist nach § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB wie folgt zu berechnen: Sie beginnt mit dem Tage, der auf den des tatsächlichen Eintritts der (weiteren) Arbeitsunfähigkeit folgt und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die (weitere) Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- oder Feiertag (Hessisches LSG, Urteil vom 08.02.2017 – L 1 KR 333/17 –; Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 49 SGB V, Rn. 47).

Hiervon ausgehend war der Eingang der AU-Folgebescheinigung vom 22.06.2020 (Montag) am 29.06.2020 (Montag) noch als fristgerecht anzusehen mit der Folge, dass der Krankengeldanspruch nicht ruhte.

Die bis zum 19.06.2020 (Freitag) ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit war der Beklagten bereits bekannt. Demnach war Gegenstand der Meldepflicht der „Beginn“ der weiteren Arbeitsunfähigkeit ab dem 20.06.2020 (Samstag). Diese weitere Arbeitsunfähigkeit war binnen einer Woche - d.h. bis 27.06.2020 (Samstag) - zu melden, wobei der Fristlauf am Sonntag, dem 21.06.2020 begann. Da das Fristende auf einen Samstag fiel, verschob sich der Fristablauf auf den nächsten Werktag (hier: Montag, 29.06.2020). An diesem Tag lag die Meldung auch vor.

Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung, wonach die Wochenfrist für die neu nach dem 19.06.2020 festgestellte AU am 20.06.2020 (Samstag) beginne und am 26.06.2020 (Freitag) ende, entspricht dagegen nicht der Vorgabe, dass der Fristlauf mit dem auf die weitere AU (hier: ab 20.06.2020) folgenden Tag (hier: 21.06.2020) beginnt. Eine Stütze für diese Art der Berechnung vermag die Kammer weder der Rechtsprechung des BSG bzw. des Hessischen LSG noch der einschlägigen Kommentarliteratur zu entnehmen.

Die Kammer nimmt ferner Bezug auf ihre Urteile vom 15.12.2020 – S 7 KR 1799/19 – und vom 10.11.2020 – S 7 KR 1774/19 –. Sie hat dort auf den vom BSG bestätigten engen systematischen Zusammenhang von § 46 und § 49 SGB V verwiesen und das damit verbundene Erfordernis, bei der Auslegung des in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V verwendeten Begriffs der zu meldenden (weiteren) Arbeitsunfähigkeit die sich mit deren Feststellung befassende Vorschrift des § 46 SGB V einzubeziehen. Unter Anwendung von § 46 SGB V hätte vorliegend – bei Fortbestehen derselben Erkrankung – eine weitere an den 19.06.2020 (Freitag) anschließende AU-Feststellung rechtzeitig auch erst am 22.06.2020 (Montag) erfolgen können. Die Wochenfrist hätte dann unzweifelhaft am 29.06.2020 (Montag) geendet. Auch dieser Gesamtzusammenhang ist zur Überzeugung der Kammer bei der Auslegung von § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zwingend zu beachten. 

Dem vom Hessischen LSG (Urteil vom 08.02.2017 – L 1 KR 333/17) entschiedenen Fall lagen zeitlich überlappende AU-Bescheinigungen, nämlich bis zum 06.05.2015 und ab dem 04.05.2016 zugrunde. Dazu heißt es im Urteil, Rn. 24:
„Nach Auffassung des Senats ist im Falle befristeter bzw. abschnittsweiser Folgebescheinigungen für den Beginn der Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V auf den Tag, bis zu dem zuletzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde, abzustellen und entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Tag der ärztlichen Feststellung der (neuen) Folgebescheinigung. Im vorliegenden Fall hat der Hausarzt C. am 14. April 2016 Arbeitsunfähigkeit bis zum 6. Mai 2016 festgestellt. (…). Am Mittwoch, dem 4. Mai 2016 hat der Hausarzt mit einer Folgebescheinigung Arbeitsunfähigkeit bis 20. Mai 2016 attestiert. Da mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14. April 2016 bereits Arbeitsunfähigkeit bis 6. Mai 2016 (Freitag) attestiert war, beginnt nach Auffassung des Senats die für die Meldefrist gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V maßgebliche - neue und noch nicht gemeldete - Arbeitsunfähigkeit erst am 7. Mai 2016 (Samstag), so dass mit Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 4. Mai 2016 bei der Beklagten am 13. Mai 2016 (Freitag) die Wochenfrist gewahrt blieb.“

Die Beklagte interpretiert dies so, dass es für die Meldefrist bei Folgebescheinigungen auf den Tag ankommt, bis zu dem zuletzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt war (hier: Freitag, 19.06.2020).

Zur Überzeugung der Kammer kann dagegen aus dem rechtlichen Ansatz des Hessischen LSG, wie ihn die Kammer bereits mit Urteil vom 07.03.2017 - S 7 KR 394/16 - vertreten hat, jedoch nur das bereits Ausgeführte folgen. Die von der Beklagten vertretene Lesart hätte dagegen Widersprüche bei der Fristberechnung zur Folge. Derjenige, der am 20.06.2020 (Samstag) erstmals erkrankt, müsste dies bis zum 29.06.2020 (Montag) melden, während bei demjenigen, der Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2020 (Freitag) schon gemeldet hat und der damit erst wieder den tatsächlichen Eintritt weiterer Arbeitsunfähigkeit ab dem 20.06.2020 (Samstag) melden muss, die Frist bereits am 26.06.2020 (Freitag) abliefe. Zur Überzeugung der Kammer ist eine solche Ungleichbehandlung jedoch weder vertretbar noch sonst vom Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V sowie dem engen systematischen Zusammenhang mit der Vorschrift des § 46 SGB V gedeckt.

Dem Klagebegehren war daher zu entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die mit Blick auf den 750,00 € nicht überschreitenden Streitwert (hier: 291,72 € brutto) nicht zulässige Berufung (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) war zur Überzeugung der Kammer auch nicht nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG zuzulassen. Insoweit vertritt die Kammer – anders als in ihrem Urteil vom 15.12.2020 – S 7 KR 1799/19 – nicht mehr die Auffassung, dass die von der Beklagten dargelegte Lesart des Urteils vom 08.02.2017 – L 1 KR 333/17 – denkbar sein und eine Divergenz i.S.v. Nr. 2 oder ein Klärungsbedürfnis i.S.v. Nr. 1 begründen könnte. Nicht zuletzt sind die in dem fraglichen Urteil an anderer Stelle dargelegten Prämissen zur Fristberechnung die gleichen, wie sie die Kammer zugrunde legt.
 

Rechtskraft
Aus
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