L 26 BA 7/20

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
26.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 193 KR 160/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 BA 7/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die für einen Wirtschaftsbetrieb, der in eigenem Namen medizinische Fortbildungen im Rahmen strikt vorgegebener Kursformate anbietet und durchführt, als Kurskoordinatorin aufgrund entsprechender Rahmen- und Einzelverträge Tätige ist als abhängig Beschäftigte versicherungspflichtig, wenn sie fremdbestimmt in die Arbeitsorganisation des Betriebs eingebunden ist, weil sie keine wesentlichen Gestaltungsspielräume hat und darüber hinaus kein erhebliches Unternehmerrisiko trägt

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2019 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1. in ihrer Tätigkeit als Kurskoordinatorin für die Klägerin in der Zeit vom 11. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015.

 

Die Klägerin ist ein als Wirtschaftsbetrieb der D Gesellschaft  (D) im Jahr 2004 gegründetes medizinisches Dienstleistungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in B. Die 1976 geborene Beigeladene zu 1., die in M wohnt, hat den Beruf der Rettungsassistentin erlernt. Sie war und ist bei den Beigeladenen zu 2. und 4. kranken- bzw. pflegeversichert. Im gegenständlichen Zeitraum organisierte sie auf der Grundlage von mit der Klägerin geschlossenen Rahmenverträgen sowie nachfolgender Einzelaufträge für diese an verschiedenen Orten in der Bundesrepublik Deutschland medizinische Fortbildungen, die sich insbesondere an Ärzte richteten und die durch von der Klägerin ausgewählte Dozenten („Instruktoren“) durchgeführt wurden. Die gegenständlichen Fortbildungsveranstaltungen, sogenannte ATLS-Kurse, wurden und werden von der Klägerin an zwei aufeinanderfolgenden Tagen an verschiedenen Kursorten in der Bundesrepublik Deutschland angeboten. Die Abkürzung ATLS steht für Advanced Trauma Life Support. Hierbei handelt es sich um ein weltweites Ausbildungskonzept, das ein standardisiertes, prioritätenorientiertes Schockraummanagement von Traumapatienten lehre, wofür die Klägerin Lizenzträgerin war und ist. Am Ende des Kurses wird nach erfolgreichem Bestehen eines Abschlusstests das international anerkannte Zertifikat des American College auf Surgeons mit einer Gültigkeit von 4 Jahren erteilt.

 

Die Beigeladene zu 1. organisierte im gegenständlichen Zeitraum 18 ATLS-Kurse für die Klägerin, und zwar in L, M, U, K, T und A. Sie war hierfür ihren Angaben zufolge neben den zwei Anwesenheitstagen am jeweiligen Kursort im gesamten Streitzeitraum ohne wesentliche Unterbrechungen vor- und nachbereitend tätig.

 

Mit dem „Rahmenvertrag ATLS-Kurskoordination“ vom 15. September 2014 vereinbarten die Klägerin und die Beigeladene zu 1. im Wesentlichen Folgendes:

 

In Bezug auf den Vertragsgegenstand (§ 1) hieß es, es sei beabsichtigt, die Beigeladene zu 1. als „Auftragnehmer“ mit der Koordination von ATLS-Kursen zu beauftragen. Der Auftragnehmer sei frei, angetragene Aufträge anzunehmen oder abzulehnen und er sei berechtigt, sich zur Auftragserfüllung auch anderer Personen zu bedienen und für andere Auftraggeber tätig zu sein.

 

Der Auftrag zur Kurskoordination umfasse nach § 2 des Vertrages jeweils die gesamte eigenverantwortliche Organisation und Durchführung eines ATLS-Kurses gemäß den Lizenzbedingungen des American College of Surgeons (ATLS Manual American College of Surgeons Chapter 1) einschließlich u.a. der Auswahl und Anmietung bzw. Buchung geeigneter Räume, der Auswahl der Instruktoren für den Kurs aus dem vorhandenen Instruktorenverzeichnis (die Beauftragung erfolge durch die Klägerin), der Auswahl und Beauftragung von Darstellern und Maskenbildnern im eigenen Namen gemäß dem Anforderungsprofil ATLS, der Kursbewirtung und Dinner, der Durchführung des Kurses vor Ort und Übersenden von Unterlagen an Teilnehmer und die Klägerin. Der Auftragnehmer sei in der Wahl von Ort und Zeit seiner Tätigkeit frei, soweit die Art des Auftrags dies zulasse, und unterliege auch im Übrigen keinen Weisungen. Im Falle der Verhinderung sei dies unverzüglich der Klägerin mitzuteilen, die selbst eine Ersatzkraft beauftrage.

 

Laut § 3 des Vertrages sollte der Auftragnehmer für seine Tätigkeit ein Pauschalhonorar von 2.570 € je Kurs, für Inhouse-Kurse von 2.770 € jeweils gegebenenfalls zuzüglich Umsatzsteuer erhalten. Hiermit seien sämtliche Leistungen und Aufwendungen abgegolten, soweit keine Erstattung von Aufwendungen nachfolgend geregelt sei. Die Rechnung sei vom Auftragnehmer spätestens 10 Werktage nach Kursende zu stellen. Für eine beauftragte Kursortbesichtigung werde ein Pauschalhonorar von 150 € gezahlt. Reisekosten würden, wie näher bezeichnet, erstattet; für die Benutzung von Arbeitsmaterialien der Klägerin werde eine Nutzungsgebühr von 20 € pro Kurs und Gerät berechnet. Die Klägerin übernehme Raummieten bis höchstens 1.200 € brutto, die Unterkunft der Instruktoren und Koordinatoren, die Verköstigung je Teilnehmer in näher bezeichneter Höhe. Insofern sei eine Kostenübernahmeerklärung möglich oder der Auftragnehmer belaste das ihm zur Verfügung gestellte Treuhandkonto der Klägerin. Der Vertrag habe eine Laufzeit vom 1. Juli 2014 bis 31. Dezember 2014 und sei schriftlich mit einer Frist von zwei Monaten oder aus wichtigem Grund kündbar (§ 4 des Vertrages). Änderungen des Vertrages seien durch individuelle Vertragsabreden formlos wirksam (§ 7 des Vertrages). Wegen des weiteren Inhalts des Rahmenvertrages wird auf Blatt 6 bis 11 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.

 

Für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1. einen bis auf die Zeitangabe identischen Rahmenvertrag am 18. Dezember 2014.

 

Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. unterzeichneten nachfolgend bis auf Kurszeitpunkt und -ort jeweils gleichlautende „Einzelaufträge ATLS Kurskoordination“, und zwar am 5. September 2014, 27. Januar 2015, 15. Februar 2015, 9. März 2015, 24. April 2015 und 19. Mai 2015, und zwar teilweise für mehrere Einzelkurse. Insgesamt erhielt die Beigeladene zu 1. im Streitzeitraum 18 Einzelaufträge ATLS-Kurse in Bezug auf jeweils näher spezifizierte Termine und Kursorte. Diese Vereinbarungen enthielten u.a. die Beauftragung der Beigeladenen zu 1. für die Koordination eines mit Ort und Datum näher bezeichneten  ATLS-Kurses unter Bezugnahme auf den geschlossenen Rahmenvertrag (§ 1). Zusätzlich waren u.a. die Räume auf gröbere Schäden zu überprüfen und diese gegebenenfalls zu dokumentieren und zu melden (§ 2). Die Klägerin sei berechtigt, einen Kurs abzusagen, wenn er mangels ausreichender Teilnehmerzahl nicht durchgeführt werde; ein Anspruch auf das Honorar bestehe im Fall einer rechtzeitigen Absage (30 Tage vor dem Kurstermin) nicht (§ 4). Wegen des weiteren Inhalts der Einzelaufträge wird exemplarisch auf Blatt 32 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.

 

Die Beigeladene zu 1. rechnete für die ATLS-Kurse im Jahr 2014 mit vier Rechnungen je Kurshonorare in Höhe von 2.570 € sowie zusätzlich 240 € als „Ausbildungsvergütung“ und Auslagen für Süßigkeiten u.a. ab (Rechnungen vom 22. Oktober 2014, 24. November 2014 und 1. Dezember 2014).

 

Bereits am 26. September 2014 hatte die Beigeladene zu 1. bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich der vorstehenden Tätigkeit beantragt mit dem Begehren festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Mit ihrem Schreiben vom 29. November 2014 gab sie ergänzend an, die Kurse lediglich zu organisieren; für deren Inhalte sei sie nicht verantwortlich. Sie sei nicht an Weisungen und Arbeitszeiten gebunden.

 

Mit Bescheid vom 23. April 2015 stellte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. diesen gegenüber fest, die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status habe ergeben, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Kurskoordinatorin bei der Klägerin seit 11. Oktober 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und insofern Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab diesem Zeitpunkt bestehe. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanter Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dass die Tätigkeit in hohem Maße durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Die Beigeladene zu 1. erscheine für Außenstehende als Mitarbeiterin der Klägerin. Sie setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend ohne erheblichen Kapitaleinsatz in einer fremden Arbeitsorganisation tätig.

 

Die Klägerin erhob Widerspruch mit der Begründung, die Beigeladene zu 1. sei für sie selbständig tätig. Die Leistungen würden naturgemäß am jeweiligen Kursort erbracht. Die Beigeladene zu 1. könne indes selbst entscheiden, für welche Kursstädte sie Aufträge annehme, und wähle die Räumlichkeiten mit Ausnahme von Inhouse-Schulungen selbst aus. Sie nutze ihre eigenen Arbeitsmittel, wie Telefon, PC usw. und erhalte eine pauschale Vergütung, mit dem ihr gesamter Aufwand abgegolten werde. Eine persönliche Leistungserbringung sei nicht zwingend. Im Vorfeld einer Erstbeauftragung hospitierten die jeweiligen Auftragsnehmer, wobei es sich um eine Art Anfangs-investition handle. Die internationalen Lizenzbedingungen des American College of Surgeons würden die Kursinhalte verbindlich festlegen. Die Auftragnehmerin sei für die Kursinhalte und deren Vermittlung nicht verantwortlich, müsse aber eine Vorstellung von deren Aufbau haben, um diese entsprechend zu organisieren.

 

Mit Schreiben vom 20. August 2015 ergänzte die Beigeladene zu 1., sie habe zunächst einen Kurs als Teilnehmerin absolviert und anschließend während zweier Kurse bei einer erfahrenen Koordinatorin hospitiert. Insofern sei ihr ab dem zweiten Hospitationskurs bis zum Abschluss ihrer ersten zehn Kurse insgesamt 2.400 € zur Erstattung ihrer Kosten und als eine Art Ausbildungsvergütung gezahlt worden.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Beigeladene zu 1. sei in der Ausübung der Arbeit festgelegt und in den Betrieb eingegliedert. Ein erhebliches Unternehmerrisiko sei nicht gegeben. Die mit der Absolvierung der Einweisungskurse verbundenen Kosten seien ihr erstattet worden. Die Zuweisung zusätzlicher Risiken mache abhängig Beschäftigte nicht zu Selbständigen. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbständigkeit definiert werde.

 

Mit ihrer am 29. Januar 2016 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit sei von Selbständigkeit auszugehen. Die Beigeladene zu 1. sei bei der Durchführung der Einzelaufträge nicht weisungsgebunden. Sie könne ihre Tätigkeit und Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten. Das Honorar könne sie nur beanspruchen, wenn sie einen Einzelauftrag für einen Kurs erhalten und sich eine ausreichende Zahl an Teilnehmern angemeldet habe. Fehle es an ausreichend Teilnehmern, stehe ihr kein Honorar zu, und bereits von ihr erbrachte Leistungen würden nicht vergütet. Eine Mindestvergütung für den Fall einer Kursabsage stehe ihr nicht zu. Je effektiver sie ihre Arbeitskraft einsetze, umso höher seien ihre Verdienstchancen. Dass Raum-, und Cateringkosten der Kurse von der Klägerin getragen würden, sei im Bereich der Veranstaltungsorganisation üblich. Dem Parteiwille komme im Übrigen Indizwirkung zu. Für Selbständigkeit sprächen darüber hinaus das Vorliegen eines fest umrissenen Leistungsgegenstandes; ein Weisungsrecht der Klägerin sei nicht gegeben, die Auftragnehmerin sei nicht in ihren Betrieb eingegliedert und dürfte für andere Auftraggeber tätig werden. Es bestehe keine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistung, die Auftragnehmerin hafte für die ordnungsgemäße Leistungserbringung, bei Absage von Kursen bestehe unternehmerisches Risiko und auch im Hinblick darauf, dass  tatsächliche Kosten für Patientendarsteller, Maskenbildner u.a. sowie Entgeltzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub nicht gewährt werde. Zwar sei die Beigeladene zu 1. tatsächlich nur für einen Auftraggeber, die Klägerin, und zwar stets persönlich tätig geworden. Dies sei aber angesichts der überwiegend für selbständige Tätigkeit sprechende Merkmale nicht ausschlaggebend.

 

Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2019 die Beigegeladene zu 1. befragt. Auf das Sitzungsprotokoll Blatt 148 bis 155 der Gerichtsakte wird insofern verwiesen. Mit Urteil vom selben Tag hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig. Bei der in der Zeit vom 11. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. als Kurskoordinatorin habe es sich um abhängige und damit dem Grunde nach versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gehandelt. Ausgehend von den hierzu aufgestellten höchstrichterlichen Grundsätzen deute bereits der Inhalt der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen schriftlichen Vereinbarungen, insbesondere der beiden Rahmenverträge, auf abhängige Beschäftigung hin. Geschuldet sei kein Werk, sondern eine Dienstleistung, die sowohl im Rahmen abhängiger Beschäftigung als auch selbständiger Tätigkeit erbringbar sei. Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit würden erwähnt und ein Pauschalhonorar gezahlt. Dem ständen aber die sehr detaillierten Vorgaben zu Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen gegenüber, und zwar nicht nur hinsichtlich fachlich-inhaltlicher Standards, sondern auch in Bezug auf Einschränkungen der organisatorischen Eigenverantwortlichkeit. Dies betreffe etwa die Auswahl der Instruktoren, der Darsteller und Maskenbildner, die Ausstattung einschließlich des Materials und die zu erstellenden Unterlagen. Während der Kursdurchführung bestehe Präsenzpflicht. Enge Vorgaben seien bezüglich der Nacharbeiten vorhanden. Unternehmertypisches, wirtschaftliches Risiko habe die Beigeladene zu 1. schon nach den Rahmenverträgen nicht zu tragen gehabt. Dass einzelne Abreden der Rahmenvereinbarungen geändert oder abweichend gelebt worden wären, sei nicht festzustellen. Auch die auf der Grundlage der Rahmenverträge erbrachten Tätigkeiten sprächen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Tatsächlich sei die Beigeladene zu 1. nur für die Klägerin als einzigen Auftraggeber tätig geworden. Dass sie sich ernsthaft um andere Auftraggeber bemüht habe, sei nicht erkennbar. Sie habe im Tätigkeitszeitraum weder ein Gewerbe angezeigt noch über ein Geschäftskonto oder eine eigene Betriebsstätte verfügt. Sie habe auf die Festlegung der Kurstermine und die Kursorte keinen Einfluss gehabt, sondern ihr Entscheidungsspielraum habe sich darauf beschränkt, eine Auswahl aus klägerseitig vorgegebenen Kursterminen und -orten zu treffen. In der Gesamtschau überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien. Die vereinbarte Beziehung, so wie sie von den Parteien tatsächlich gelebt worden sei, stelle sich als von Exklusivität und Dauerhaftigkeit geprägte Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. innerhalb der Arbeitsorganisation der Klägerin dar, als deren Ansprechpartnerin sie nach außen hin bei Organisation und Durchführung der in Rede stehenden Fortbildungsangebote wahrgenommen worden sei. Werbendes Tätigwerden am Markt habe nicht stattgefunden.

 

Mit ihrer Berufung vom 5. Februar 2020 gegen das ihrem Bevollmächtigten am 17. Januar 2020 zugestellte Urteil verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Kurse seien vom American College of Surgeons im Hinblick auf die internationale Gültigkeit der Zertifikate standardisiert und die Inhalte eng strukturiert vorgegeben. Allein nach diesen Vorgaben erfolge eine Lizenz für den Ausbildungsträger. In der Bundesrepublik Deutschland erhielten Kliniken bzw. Schockräume in Kliniken wiederum ein besonderes Zertifikat der DGU, wenn mindestens 50 % der beschäftigten Ärzte nach ATLS zertifiziert seien. Das Anforderungsprofil betreffe in besonderem Maße die Instruktoren, die daher gelistet seien, aber auch Darsteller, Maskenbildner, den Kursort, Ausstellungsgegenstände und Material im Hinblick auf realitätsnahe Fallszenarien. Unternehmerisches Risiko sei vorhanden. Die Kurse könnten etwa abgesagt werden mit entsprechenden vertraglichen Folgen gegenüber Maskenbildnern und Patientendarstellern. Es bestehe ein erhebliches Haftungsrisiko, würden die für ATLS-Zertifikate gegebenen Vorgaben nicht eingehalten werden. Auf eine fehlende Gewerbeanmeldung komme es nicht an. Eine Verpflichtung zur Führung eines Geschäftskontos bestehe nicht für Einzelunternehmen. Erst nach Absprache mit den jeweiligen Kurskoordinatoren seien die Kurse in ihr Portal für Teilnehmer gestellt worden. Seit 1. Januar 2016 habe vorübergehend eine Tochter-GmbH mit Kurslizenz die ATLS-Kurse durchgeführt. Zwischenzeitlich würde die Kursorganisation durch angestellte Kursassistenten mit etwas abweichendem Tätigkeitsinhalt durchgeführt werden.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. November 2019 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 23. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016 festzustellen, dass die die Beigeladenen zu 1. in ihrer Tätigkeit für sie in der Zeit vom 11. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 als Kurskoordinatorin nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung  und nach dem Recht der Arbeitsförderung war.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, dass vorliegend der hohe Organisationsgrad und die zeitliche Gebundenheit der Beigeladenen zu 1. im Hinblick auf die erforderliche Erreichbarkeit als Kurskoordinatorin bei organisatorischen Fragen und Problemen der beteiligten Teilnehmer, Instruktoren usw. wesentlich sei.

 

Die Beigeladenen zu 1. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt, dass die terminliche Festlegung der Kurse teilweise von ihr mit den in Betracht kommenden Krankenhäusern erfolgt sei. In Bezug auf diese Termine und Orte habe sie dann mit der Klägerin Einzelverträge abgeschlossen. Seit dem 1. Januar 2016 sei sie bei der Klägerin, bzw. deren Tochtergesellschaft beschäftigt und inzwischen als nationale Koordinatorin tätig. Die Beigeladene zu 1. hat keinen Antrag gestellt.

 

Die Beigeladenen zu 2. bis 4. haben sich im Berufungsverfahren weder zur Sache geäußert noch Anträge gestellt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

 

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin (vgl. § 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist wertunabhängig nach § 143 SGG statthaft.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts der Bescheid der Beklagten vom 23. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016. Das Sozialgericht hat die Klage, eine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (vgl. §§ 54 Abs. 1, 56 SGG), zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Beigeladene zu 1. war während der Ausübung der Tätigkeit als Kurskoordinatorin im Rahmen der jeweiligen Einzelaufträge für die Klägerin im gesamten Zeitraum vom 11. Oktober 2014 bis 31. Dezember 2015 versicherungspflichtig in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung, weil sie insofern gegen Entgelt abhängig beschäftig war.

 

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften – (SGB IV), wonach die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen von Versicherungspflicht in einer Tätigkeit zu entscheiden hat es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Letzteres war vorliegend nicht der Fall.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Beklagte sodann keine materiell unzulässige, isoliert nur ausnahmsweise anfechtbare Elementenfeststellung getroffen. Vielmehr hat sie das Bestehen von Versicherungspflicht im Hinblick darauf festgestellt, dass nach ihrer Prüfung die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Insofern wurde das Vorliegen von Beschäftigung als ein Tatbestandsmerkmal der Versicherungspflicht, die nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung alleiniger Gegenstand einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV ist,  genannt, welches im Grundsatz nicht isoliert angefochten werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R – juris Rn. 12 m.w.N. <freier Mitarbeiter> und vom 26. Februar 2019 – B 12 R 8/18 R – a.a.O. Rn. 16 f. <Bereitschaftsarzt>). Das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist – neben der Entgeltlichkeit – lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III), § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) sowie § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) und § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI).

 

§ 2 SGB IV legt den von der Sozialversicherung umfassten Personenkreis fest. Kraft Gesetzes versichert sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV allgemein Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der oder die Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit, die als rechtlicher Typus der Beschäftigung gegenüber steht, vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2021 – B 12 R 18/18 R – juris Rn. 14 <GmbH-Geschäftsführer>). Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2019 – B 12 R 2/18 R – a.a.O. Rn. 13 m.w.N. <Bereitschaftsarzt>; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 7). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (stRspr; vgl. BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 <Honorarärztin>, vom 23. Mai 2017 – B 12 KR 9/16 R – juris Rn. 24 <Taxifahrer>).

 

Auszugehen ist bei der Statusbeurteilung, wenn wie vorliegend zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben fehlen, regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen. Liegen schriftliche Vereinbarungen, wie hier, vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 15 m.w.N. <Honorarärztin>). Keine entscheidende Rolle spielt dagegen, welcher rechtliche Typus von der Verkehrsanschauung gemeinhin für bestimmte Tätigkeitsbilder angenommen wird und welche Einordnung hinsichtlich von Tätigkeiten auf der Grundlage von Honorarverträgen durch die Arbeitsgerichtsbarkeit erfolgt. Denn es besteht kein vollständiger Gleichklang zwischen dem arbeitsrechtlichen Arbeitnehmer- und dem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigtenbegriff nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Vielmehr ist es möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen und ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

 

Eine Beschäftigung liegt zwar grundsätzlich vor, wenn ein Arbeitsverhältnis gegeben ist. Sie kann aber auch unabhängig von einem solchen vorliegen, weil die Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nicht mit dem Arbeitsverhältnis gleichzusetzen ist. Grundlage der arbeitsrechtlichen Vereinbarung ist regelmäßig die Privatautonomie, während das Sozialversicherungsrecht, das neben der sozialen Absicherung des Einzelnen auch dem Schutz der Mitglieder der Pflichtversicherungssysteme, die in einer Solidargemeinschaft zusammengeschlossen sind, dient, auch die Träger der Sozialversicherung als Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Blick hat. Insofern kann der privatautonomen Vertragsgestaltung nicht das allein ausschlaggebende Gewicht beigemessen werden. Maßgebend sind vielmehr stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts, hinsichtlich derer eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist (stRspr; vgl. zu Vorstehendem insgesamt BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 16-19 m.w.N. <Honorarärztin>; vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 32 m.w.N. <Rackjobbing II>; vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris Rn. 30 <Hauswirtschaftliche Pflegerin> sowie Beschluss vom 25. Juli 2011 – B 12 KR 114/10 B – juris Rn. 10 <Arzt als pharmazeutisch-wissenschaftlicher Fachreferent>).

 

Das Sozialgericht hat die vorstehenden Maßstäbe und die im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu berücksichtigenden Umstände zutreffend wiedergegeben und untereinander abgewogen.

 

Klarzustellen ist, dass für die Beurteilung der gegenständlichen Tätigkeit auf die jeweiligen Einzelaufträge der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin abzustellen ist. Denn eine rechtliche Verpflichtung ist für die Beigeladene zu 1. als Kurskoordinatorin erst mit der Annahme der jeweiligen Einzelaufträge entstanden und nicht bereits auf der Grundlage der Rahmenverträge vom 15. September 2014 bzw. 18. Dezember 2014. Dementsprechend war die Beigeladene zu 1. ausweislich der Rahmenverträge (vgl. § 1 Nr. 2) frei, Aufträge der Klägerin anzunehmen oder aber abzulehnen. Sie hätte auch für andere Auftraggeber tätig werden können, welches indes im gegenständlichen Zeitraum tatsächlich nicht der Fall war. Erst mit der Annahme der Einzelaufträge für im Streitzeitraum 18 durch den Veranstaltungsort und die Veranstaltungszeit näher spezifizierte ATLS-Kurse unter dem 5. September 2014, 27. Januar 2015, 15. Februar 2015, 9. März 2015, 24. April 2015 und 19. Mai 2015 war sie unter Bezugnahme auf die Vereinbarungen im jeweiligen Rahmenvertrag zur Organisation und Durchführung des bestimmten ATLS-Kurses („Kurskoordination“) auf der Grundlage der, wie von der Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht ausgeführt, US-amerikanischen Lizenzbedingungen des American College of Surgeons verpflichtet. Diese Lizenzbedingungen gäben die Kursinhalte und den Kursrahmen verbindlich vor, um die hohen Qualitätsstandards zu gewährleisten. Bei solcherart Vertragsgestaltungen kommt es für die Frage der Versicherungspflicht – insofern anders als vom Sozialgericht ausgeführt – grundsätzlich jeweils auf die Verhältnisse während der Ausführung der Einzelaufträge an (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 21 m.w.N. <Honorarärztin>), ohne dass dies vorliegend auf das Gesamtergebnis einen Einfluss hätte. Denn die jeweiligen Einzelaufträge waren hinsichtlich der Tätigkeit identisch, die darüber hinaus den gesamten Streitzeitraum umfasste, wie die Beigeladene zu 1. auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Die Organisation der Kurse, die der Beigeladenen zu 1. ausschließlich – teilweise auch in Bezug auf die jeweiligen Kurstermine – oblegen habe, während für alles andere mit den Kursen im Zusammenhang stehende der Kursdirektor und die jeweiligen Instruktoren zuständig gewesen seien, wurde ausweislich der Rahmenverträge pauschal vergütet. Die Beigeladene zu 1. war allein verpflichtet, während der Kurse anwesend zu sein. Gleichwohl war sie zur Überzeugung des Senats, sowohl im Rahmen der Kursvorbereitung als auch während der durchgeführten Kurse selbst, nicht als externe Unternehmerin zu erkennen, sondern als Mitarbeiterin der Klägerin, deren (bzw. der Tochter-GmbH) Beschäftigte sie seit Januar 2016 in dieser Tätigkeit ist. Die eigentlichen Kursanmeldungen durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden ausschließlich über die Klägerin als Veranstalterin statt, die auch die Dozenten verpflichtete.

 

Nach den Inhalten der Rahmenverträge in Verbindung mit den – abgesehen vom jeweiligen Kursort und den Kursterminen – gleichlautenden Einzelverträgen überwogen – wie vom Sozialgericht entschieden – die Indizien für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. Sie unterlag hiernach einer zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinerten Weisungsgebundenheit gegenüber der Klägerin, die die Kursorganisation, nachdem sie hierfür ihren Angaben zufolge keine an einer Beschäftigung interessierten Arbeitnehmer gefunden habe, auf Einzelunternehmer wie die Beigeladene zu 1. outgesourct hatte. Dementsprechend oblag der Beigeladenen zu 1. nach den schriftlichen Vereinbarungen die „gesamte eigenverantwortliche Organisation und Durchführung“ der jeweiligen ATLS-Kurse. Sie hatte zwar im Rahmen der ihr obliegenden Tätigkeit auch aus Sicht des Senats inhaltliche und organisatorische Freiräume, die sich bei näherer Betrachtung aber als nicht erheblich, sondern funktionsgerecht darstellten. Denn sie war, wie auch von der Klägerin selbst im Hinblick auf die bis ins Detail reglementierten Vorgaben ihrer Fortbildungslizenz vorgetragen wird, selbst auch vollumfänglich an die der Klägerin vorgegebenen Lizenzbedingungen des American College of Surgeons und den näher in § 2 der Rahmenverträge sowie § 2 der Einzelverträge umschriebenen Leistungsumfang gebunden. Dies galt etwa hinsichtlich der Auswahl der Dozenten, die nur aus dem vorhandenen Verzeichnis ausgewählt werden durften, aber auch im Hinblick auf die konkrete Durchführung der Kurskoordination insgesamt betreffend Ort, Material und Falldarsteller. Für Kurspräsentationen nutzte die Beigeladene zu 1. einen Laptop der Klägerin, wofür nach dem Rahmenvertrag eine Nutzungsgebühr von 20 € zu entrichten war (§ 3 Nr. 5). Die eigentliche Beauftragung der „Instruktoren“ erfolgte, wie ausgeführt, durch die Klägerin selbst, die auch für interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Kurse auf ihrem Portal ausschrieb und mit diesen die Fortbildungsverträge schloss. Auch hinsichtlich der Auswahl und Beauftragung der Patientendarsteller und Maskenbildner, die die Beigeladene zu 1. in eigenem Namen zu beauftragen hatte, erfüllte sie nicht das Bild einer Selbständigen. Denn einerseits war sie verpflichtet, dem Anforderungsprofil der ATLS-Kurse gerecht zu werden. Andererseits wurden im Falle der Kursabsage etwaige Stornokosten ersetzt mit dem ergänzenden Hinweis, wie die Vertragsgestaltung mit Hotels, Caterern etc. vorzunehmen wäre (§ 4 Nr. 2 Satz 2 und 3 der Einzelverträge). Die von der Beigeladenen zu 1. auswählbaren Räume und insofern von der Klägerin aufgewandten Maximalkosten waren sodann ebenso wie Übernachtungskosten für Instruktoren, Bewirtungskosten u.a. im Rahmenvertrag konkretisiert worden. Es war der Beigeladenen zu 1. wie einer Beschäftigten möglich, ein hierfür zur Verfügung gestelltes Treuhandkonto der Klägerin zu nutzen. Räumlichkeiten waren von ihr ausweislich der Einzelverträge auf gröbere Schäden zu untersuchen und dieses ggf. zu dokumentieren und gegenüber der Klinik mitzuteilen, welches einer Weisung im Einzelfall entsprach. Die Beigeladene zu 1. bzw. von ihr – abweichend von typischen Beschäftigungen – vertraglich grundsätzlich einsetzbare Erfüllungsgehilfen, waren zur Verschwiegenheit verpflichtet. Indes geht die Regelung in Bezug auf etwaige Erfüllungsgehilfen letztlich ins Leere, da eine etwaige Ersatzkraft der Beigeladenen zu 1., die nicht über eigene Mitarbeiter verfügte, unmittelbar durch die Klägerin beauftragt werden sollte. Eine Kündigung der Dienstverträge bedurfte schließlich der Schriftform. Zwar sollten individuelle Vertragsabreden formlos wirksam sein. Für solche bestehen hier aber keine Anhaltspunkte.

 

Die letztlich von der Beigeladenen zu 1. in Bezug auf die angebotenen ATLS-Kurse erbrachte Teilleistung der Organisation war zusammenfassend an das von der Klägerin streng vorgegebene Format und in den von dieser vorgegebenen Arbeitsprozess verpflichtend eingepasst. Ihr vertraglicher Freiraum reduzierte sich letztlich darauf, für welche Kurskoordination sie von der Klägerin einen Auftrag erhalten wollte, selbst wenn sie vorab etwaige Termine mit Kliniken abgestimmt hatte. Diese Auswahl fällt jedoch nicht in die Betrachtung der Tätigkeit innerhalb der jeweiligen Einzelaufträge. Ferner konnte sie ihre Vor- und Nachbereitung der Kurse selbst räumlich und zeitlich einpassen, während sie bei der Kursdurchführung persönlich anwesend zu sein hatte. Insofern gingen ihre Freiräume jedoch nicht erkennbar weiter als etwa von regelmäßig aus dem Homeoffice tätigen Beschäftigten. Wesentliche Freiräume der Beigeladenen zu 1. sind angesichts der hiernach von der Klägerin vorgegebenen Kursstruktur insgesamt nicht ersichtlich. Diese war vielmehr mit der Annahme eines Einzelauftrags fremdbestimmt in die Arbeitsorganisation der Klägerin hinsichtlich des Angebots dieser Fortbildungsveranstaltungen eingebunden.

 

Nach Kursende waren binnen 10 Werktagen die hinsichtlich ihres Inhalts genau definierte Kursmappe und die von der Beigeladenen zu 1. zu stellende Rechnung an die Klägerin zu übersenden. Die bereits in den Rahmenverträgen erfolgte Vereinbarung eines Pauschalhonorars spricht vorliegend nicht wesentlich für eine selbständige Tätigkeit. Denn bei einem Kurshonorar von regelmäßig 2.570 € (Inhouse-Kurse 2.770 €) und daraus sich ergebenden Jahreseinnahmen von 45.000 € bis 50.000 € unter Zugrundlegung des Umfangs der Tätigkeit im Sinne einer Vollzeittätigkeit handelte es sich offensichtlich nicht um ein Pauschalhonorar in einer Höhe, dass hieraus eine ausreichende eigene soziale Absicherung der Beigeladenen zu 1. auf der Grundlage ihres Berufs als Rettungsassistentin (Notfallsanitäterin) möglich gewesen wäre. Dieser Aspekt fällt daher angesichts der im öffentlichen Interesse gegebenen Schutzfunktion der Sozialversicherungssysteme nicht erheblich ins Gewicht. Dahinstehen kann, dass es sich bei der Tätigkeit für die Klägerin im gegenständlichen Zeitraum um ihre Haupterwerbsquelle handelte (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 33 f. [Honorarärztin]).

 

Die für eine Selbständigkeit sprechenden Anhaltspunkte der Tätigkeit stehen dagegen nicht im Vordergrund, so dass sie für den rechtlichen Typus der Tätigkeit nicht ausschlaggebend sind. Einem wesentlichen Unternehmerrisiko war die Beigeladene zu 1. nicht erkennbar ausgesetzt. Da es auf eine Betrachtung der jeweiligen Einzelaufträge ankommt, riskierte die Beigeladene zu 1. zwar, von der Klägerin möglicherweise keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten. Dies ist aber für die Frage des Status in der konkreten Tätigkeit nicht von Relevanz. Ihr war, wie ausgeführt, grundsätzlich ein Pauschalhonorar zugesichert, und zwar auch für den Fall des Ausfalls, wenn es nicht zu einer rechtzeitigen Absage (30 Tage vorher) kommen würde. Etwaige Stornokosten im Falle der Kursabsage waren in jedem Fall von der Klägerin zu begleichen. Konkrete Haftungsrisiken der Beigeladenen zu 1. und nicht der Klägerin als Lizenzträgerin sind nicht ersichtlich. Während der Kurszeiten bestand an den zwei Kurstagen unbedingte Anwesenheitspflicht für die Kurskoordinatorin. Dass die Beigeladene zu 1. durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit hätte so effizient gestalten können, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können, ist nicht erkennbar, zumal sie tatsächlich nicht für andere Auftraggeber im Streitzeitraum tätig war.

 

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1. die Vertragsbeziehungen abweichend von dem schriftlich Vereinbarten gelebt hätten, bestehen nicht. Darauf, dass sie nach ihrem jeweils im Verfahren vorgetragenen Willen von selbständiger Tätigkeit ausgingen, kommt es angesichts der vorliegend überwiegend für Beschäftigung streitenden Umstände nicht maßgeblich an. Im Übrigen schwächt es die potentielle Bedeutung des – im Vertrag dokumentierten –  Parteiwillens ab, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl. der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 36 m.w.N. [Honorarärztin]). Ob für ein solches Ungleichgewicht bereits spricht, dass die Rahmen- und Einzelvertragsentwürfe, wie von der Beigeladenen zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausgeführt, von der Klägerin vorgegeben waren, kann hier dahinstehen.

 

Dass die Klägerin nach ihrem Vorbringen zu Beginn der Durchführung der ATLS-Kurse Schwierigkeiten gehabt habe, im Rahmen der ihr von der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie übertragenen Lizenz Mitarbeiter zu finden, die im Rahmen einer Festanstellung bereit gewesen wären, als Kurskoordinator tätig zu sein, führt zu keiner Abweichung und ist für die Zuordnung zum rechtlichen Typus der Tätigkeit nicht erheblich. Im Übrigen ordnet das Sozialversicherungsrecht Versicherungspflicht nicht nur für unbefristete Dauerbeschäftigungen im Sinne von insofern von der Klägerin wohl in Bezug genommenen Festanstellungen an. Vielmehr können bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenzen auch zeitlich befristete, sogar eintägige Arbeitseinsätze (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. März 2021 – L 26 BA 1/20 – juris <Make-up Artist>) der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen sein. Auch für unständig Beschäftigte regelt das Sozialversicherungsrecht nicht die generelle Versicherungsfreiheit (vgl. etwa § 37 Abs. 3 Nr. 1 SGB III und § 163 Abs. 1 SGB VI).

 

Die Beigeladene zu 1. unterlag hiernach, da sie im gegenständlichen Zeitraum im Rahmen der jeweiligen Einzelaufträge gegen Arbeitsentgelt bei der Klägerin zu Erwerbszwecken beschäftigt war, der Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung. Diese trat mit dem 11. Oktober 2014 ein. Der Antrag auf Statusfeststellung war zwar innerhalb eines Monats nach Abschluss des Rahmenvertrages und noch vor dem erstmals in Ludwigslust am 11. und 12. Oktober 2014 koordinierten ATLS-Kurs gestellt worden. Die Zustimmung zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht liegt aber ebenso wenig vor wie Anhaltspunkte für einen anderen Versicherungsschutz (vgl. § 7a Abs. 6 SGB IV). Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung begründen würden, sind nicht gegeben.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit der Klägerin aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO), nachdem sich die Beigeladenen zu 2. bis 4. nicht zum Verfahren geäußert haben und die Beigeladene zu 1., wie die Klägerin selbst, sich selbst als in der Tätigkeit Selbständige angesehen hat.

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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