L 7 KA 28/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 83 KA 109/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 28/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 5/22 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Den Vorgaben des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 22. September 2009 ist für das Quartal II/10 keine Ermächtigung zu ent-nehmen, die psychotherapeutischen Leistungen innerhalb der zeitbe-zogenen Kapazitätsgrenze mit einem geringeren Punktwert als den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten; das betrifft gleicher-maßen antrags- wie nicht antragspflichtige Leistungen. Die gegenläu-fige honorarvertragliche Regelung ist wegen Verstoßes gegen höher-rangiges Recht nichtig.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung der vom Kläger im Quartal II/10 erbrachten nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt 35.1 EBM.

 

Der Kläger nimmt seit 1. September 1999 als psychologischer Psychotherapeut an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil und führt eine Praxis in Berlin-P.

 

Mit Honorarbescheid für das Quartal II/10 erhielt er ein Gesamthonorar in Höhe von 16.848,37 Euro, nach Abzug der Verwaltungskosten in Höhe von 16.612,49 Euro.

 

Die ihm zugewiesene zeitbezogene Kapazitätsgrenze (30.288 Minuten) unterschritt er um 19.718 Minuten. Für antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen erhielt er die Vergütung zu den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach dem Orientierungspunktwert von 3,5048 Cent.

 

Auf die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen entfiel ein Honorar in Höhe von 4.179,17 Euro, das die Beklagte nach einem quotierten Punktwert von 2,4757 Cent berechnete; wären diese Leistungen nach dem Orientierungspunktwert vergütet worden, hätte das Honorar des Klägers sich insoweit auf 5.854,73 Euro belaufen (Differenz: 1.675,56 Euro). Der Punktwert von 2,4757 Cent entsprach demjenigen für die mengenbegrenzenden Maßnahmen gemäß Anlage 1a zum Honorarvertrag 2010 für den fachärztlichen Versorgungsbereich („Zur Leistungsmengenbegrenzung wird für die vorgenannten Leistungsbereiche der Leistungsbedarf – soweit möglich – des entsprechenden Quartals aus dem Jahr 2008, unter Berücksichtigung der Auswirkungen der regionalen HVV-Quote reduziert um einen Abschlag von 10 v. Hundert, bewertet zu den Preisen der aktuell gültigen Eurogebührenordnung je Quartal innerhalb des jeweiligen Versorgungsbereichs festgeschrieben. Soweit die Leistungsanforderung über alle genannten Leistungsbereiche des jeweiligen Versorgungsbereichs die festgeschriebene Menge dieses Versorgungsbereichs überschreitet, wird die arztseitige Vergütung entsprechend quotiert.“)

 

Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger die nur quotierte Vergütung der erbrachten nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen. Sämtliche nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen seien im Rahmen der Kapazitätsgrenze nach den Werten der Euro-Gebührenordnung zu vergüten. Die Honorarverteilungsgerechtigkeit sei verletzt, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei nicht beachtet worden; so habe dieses etwa entschieden, dass der Punktwert für probatorische Sitzungen 2,56 Cent nicht unterschreiten dürfe (Hinweis auf B 6 KA 9/07 R).

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 gab die Beklagte dem Widerspruch insoweit statt, als probatorische Sitzungen (EBM-Nr. 35150) nun – entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu B 6 KA 9/07 R –  mit einem Punktwert von 2,56 Cent vergütet wurden. Mit Änderungsbescheid vom 1. Februar 2013 wurde dem Kläger insoweit weiteres Honorar in Höhe von 63,29 Euro zuerkannt.

 

Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Quotierung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen entspreche den Vorgaben des Bewertungsausschusses, insbesondere in seinem Beschluss vom 22. September 2009 (199. Sitzung) zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010, dort Teil F II. („Konvergenzphase“). Danach könnten auch „freie Leistungen“ einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z. B. durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken. Ursache für die Einführung der Mengenbegrenzungsregelung für die „freien Leistungen“ sei der Verfall der Fallwerte im Regelleistungsvolumen trotz gleichbleibender Gesamtgeldmenge um etwa 15 Prozent im Quartal I/10 gegenüber dem Quartal I/09. Dies habe zur Anlage 1a im Honorarvertrag 2010 geführt, die mengenbegrenzende Maßnahmen ermögliche. Man habe im Sinne der Sicherung einer flächendeckenden Versorgung keine andere Möglichkeit des Eingreifens gehabt als die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegenden, aber innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vergütenden Leistungen ebenfalls einer Mengenbegrenzung zu unterziehen. Der Bewertungsausschuss habe nur eine Quotierung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen ausgeschlossen.

 

Der hiergegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 10. Februar 2016 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen im Quartal II/10 unquotiert zu vergüten. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die vorgenommenen Quotierung und die zugrunde liegenden Regelung im Honorarvertrag widersprächen dem Anspruch des Klägers auf Vergütung auf Grundlage der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V in Verbindung mit den gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V normierten Vorgaben aus Teil F des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 22. September 2009. Die vom Bewertungsausschuss getroffenen Regelungen schlössen die streitige Quotierung ausdrücklich aus. Die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen unterlägen schon der Mengensteuerung durch die zeitbezogene Kapazitätsgrenze und dürften keiner weiteren Steuerungsmaßnahme unterzogen werden.

 

Gegen das ihr am 14. März 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. April 2016 Berufung eingelegt. Die Vorgaben des Bewertungsausschusses im Beschluss vom   22. September 2009 schlössen die streitige Quotierung gerade nicht aus. Zwar regele Abschnitt I Ziffer 4 die Geltung zeitbezogener Kapazitätsgrenzen. Dem unterlägen auch die vorliegend streitigen nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen. Aus Abschnitt II Ziffer 1 ergebe sich aber nicht, dass die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen deshalb stets unquotiert nach der Euro-Gebührenordnung zu vergüten seien. Abschnitt II Ziffer 3 bestimme nämlich, dass nur für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen die in Abschnitt I Ziffer 4 genannten Vorschriften zwingend zu beachten seien. Der Bewertungsausschuss habe die Partner der Gesamtverträge in Bezug auf nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen keiner entsprechenden Bindung unterworfen. Diese Interpretation werde auch von den Beigeladenen, den Trägerorganisationen des Bewertungsausschusses, bestätigt. Schließlich müsse auch berücksichtigt werden, dass der Zulassungsbezirk Berlin im Jahre 2010 in der Arztgruppe der Psychotherapeuten mit einem Grad von 164,9 Prozent überversorgt gewesen sei; die vom Kläger begehrte unquotierte Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen müsse daher zu Lasten anderer Arztgruppen finanziert werden. Das System der Regelleistungsvolumina setze angesichts der limitierten Gesamtvergütung eine Quotierung der „freien Leistungen“ voraus (Hinweis auf B 6 KA 23/17 B). Die gebotene Kalkulationssicherheit gebiete es, die „freien Leistungen“ nicht unbegrenzt zu vergüten.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Februar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

 

hilfsweise die Revision zuzulassen.  

 

Der Kläger beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22. September 2009 zur „Konvergenzphase“ lasse sich die Befugnis der Beklagten zur streitigen Quotierung nicht ableiten, denn die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen seien darin den antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen gleichgestellt worden, indem man sie in die Regelungen zur Kapazitätsgrenze einbezogen habe. Innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze aber müsse die Vergütung aller dort eingeschlossenen Leistungen nach dem vollen Punktwert erfolgen. Das zeige sich auch an der Begründung zum Versorgungsstrukturgesetz (Hinweis auf BT-Drs. 17/6909, S. 65). Leistungen innerhalb der Kapazitätsgrenze seien ebenso schützenswert wie etwa Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens und dürften keiner doppelten Beschneidung unterworfen werden. Auch innerhalb eines Regelleistungsvolumens erbrachte Leistungen würden stets zum vollen Punktwert vergütet. Weil die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen bereits der Mengensteuerung nach Teil F Abschnitt I Ziffer 4 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 22. September 2009 unterfielen, ermögliche Teil F Abschnitt II Ziffer 1, 2. Absatz insoweit keine anderweitige, darüber hinausgehende Steuerungsmöglichkeit („Maßgeblichkeit der Parenthese“).

 

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.  

 

Die Beigeladene zu 1. schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an und führt aus, die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen dürften keiner geringeren Mengensteuerung unterliegen als antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen; alles andere sei vor dem Hintergrund der limitierten Gesamtvergütung nicht im Sinne des Bewertungsausschusses.

 

Mit Bescheid vom 15. April 2020 hat die Beklagte dem Kläger für das Quartal II/10 eine Nachvergütung in Bezug auf die erbrachten antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen in Höhe von 54,25 Euro gewährt. Die Nachvergütung beruht auf einer Höherbewertung der dieser Leistungen aus EBM-Abschnitt 35.2 durch den Bewertungsausschuss.

 

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

 

 

Entscheidungsgründe

 

I. Der Senat entscheidet in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Psychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz  [SGG]).

 

II. Die gemäß § 143 SGG statthafte und nach § 151 GG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung (§ 144 SGG), weil der Beschwerdewert von 750,00 Euro zum maßgebenden Zeitpunkt der Einlegung der Berufung für die streitige Vergütung der antrags- sowie nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen für das Quartal II/2010 überschritten war.

 

III. Die Berufung der Beklagten ist nicht erfolgreich. Das Sozialgericht hat der Klage des Klägers, betreffend die Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen (n.a.L.), im Ergebnis zu Recht stattgegeben und die Beklagte dazu verurteilt, die genannten Leistungen unquotiert zu vergüten. Der Honorarbescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids ist insoweit rechtswidrig und beschwert den Kläger (§  54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

 

1. In der Sache streiten die Beteiligten über die Frage, ob der Kläger für die n.a.L. in dem streitigen Quartal einen Anspruch auf eine höhere Vergütung als 2,56 Cent pro Punkt, nämlich eine unquotierte Vergütung (zum OPW-Wert von 3,5048 Cent) hat oder ob die auf dem Honorarvertrag (2010) beruhende quotierte Vergütung rechtmäßig erfolgte. In Rede steht eine höhere Vergütung für die n.a.L. im Quartal II/2010 in Höhe von 1.675,56 Euro.

 

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine unquotierte Vergütung der streitigen n.a.L., denn die Rechtsgrundlage für die nur quotierte Vergütung der n.a.L. innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze (ZBKG) ist wegen des Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig. Zwischen den Beteiligen ist unstreitig, dass die streitbefangenen (nicht antragspflichtigen) Leistungen vom Kläger innerhalb der auf dem Beschluss des BewA für II/2010 beruhenden ZBKG erbracht wurden.

 

a. Rechtsgrundlage der Vergütung der n.a.L. im Quartal II/2010 ist § 7 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Anlage 1a HV 2010. Die erbrachten und abgerechneten Leistungen wurden Ärzten und Psychotherapeuten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HV 2010 grundsätzlich nach den Bestimmungen und Preisen der Euro-Gebührenordnung Berlin vergütet, die Leistungen, die gemäß dem Vertrag der Mengensteuerung unterliegen, je Psychotherapeuten und Psychotherapeutenpraxis bis zur Höhe der zugewiesenen zeitgebundenen Kapazitätsgrenzen. Die das Regelleistungsvolumen bzw. die zeitgebundenen Kapazitätsgrenzen überschreitenden Leistungen wurden den Ärzten bzw. den Psychotherapeuten zu abgestaffelten Preisen vergütet (§ 7 Abs. 1 Satz 2 HV 2010). Die in Anlage 1a zum HV 2010 aufgeführten Leistungsbereiche unterlagen den dort geregelten mengenbegrenzenden Maßnahmen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 HV 2010). Anlage 1a zum HV 2010 – Mengenbegrenzende Maßnahmen – wurde mit dem Vorspruch eingeleitet, wonach zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten, zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen und um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen entgegenzuwirken, die Partner der Gesamtverträge für das Quartal II/2010 gemäß Teil F Abschnitt II. Ziffer 1. des Beschlusses des BewA vom 22. September 2009 mengenbegrenzende Maßnahmen zur Steuerung der nachfolgenden Leistungsbereiche beschließen, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen vergütet werden. Zu dem im fachärztlichen Versorgungsbereich genannten Bereich gehörten zu erwartende Zahlungen für Ärzte ohne Regelleistungsvolumen und Psychotherapeuten mit Ausnahme der Leistungen nach EBM-Abschnitt 35.2.

 

Anlage 1a Satz 2 bestimmte sodann für die vorgenannten Leistungsbereiche:

 

„Zur Leistungsmengenbegrenzung wird der Leistungsbedarf – soweit möglich des entsprechenden Quartals aus dem Jahr 2008, unter Berücksichtigung der Auswirkungen der regionalen HVV-Quote reduziert um einen Abschlag von 10 v. Hundert, bewertet zu den Preisen der aktuell gültigen Euro-Gebührenordnung je Quartal innerhalb des jeweiligen Versorgungsbereichs festgeschrieben. Soweit die Leistungsanforderung über alle genannten Leistungsbereiche des jeweiligen Versorgungsbereichs die festgeschriebene Menge dieses Versorgungsbereichs überschreitet, wird die arztseitige Vergütung entsprechend quotiert.“

 

Beruhend auf Anlage 1a HV 2010, Satz 2, hat die Beklagte die n.a.L. des Klägers im Quartal II/2010 einer Quotierung unterzogen, weil das für die Vergütung der in Anlage 1a genannten „freien“ Leistungen“ des fachärztlichen Versorgungsbereichs zur Verfügung stehende Honorarvolumen, gebildet nach § 10 Abs. 2 i.V.m. § 4 Buchstabe b Anlage 1 HV 2010 auf der Basis der Anforderungen des Quartals II/2008, für eine Vergütung zum (vollen) OPW nicht ausreichte.

 

b. Für diese nur quotierte Vergütung der n.a.L. fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage.

 

Der Vergütungsanspruch der vertragsärztlichen Leistungen, wozu auch die psychotherapeutischen Leistungen gehören, beruhte auf dem zum 1. Januar 2009 neu eingeführten Vergütungssystem. Gemäß § 87b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs vom 26. März 2007, BGBl. I, S. 378, im Folgenden: SGB V a.F.) wurden die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V a.F. vergütet. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis waren arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumen (RLV) festzulegen (§ 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.).

 

Nach § 87b Abs. 2 Satz 6 SGB V a.F. waren antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergüten. Abs. 2 Satz 7 bestimmte ergänzend, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden konnten, wenn sie besonders gefördert werden sollten oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich war.

 

§ 87b Abs. 4 SGB V a.F. bestimmte:

1Der Bewertungsausschuss bestimmt erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten. Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5.

 

Nach § 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F. waren die o.g. Vorgaben des BewA von den KV (zwingend) zu beachten. Nach § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V a.F. hatte der nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. durch den BewA zu vereinbarende EBM in seinen Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten (heute: § 87 Abs. 2c Satz 7 SGB V). In Beachtung dieses Gebots hat der BewA die Punktzahlen im Abschnitt 35.2 EBM zum 1. Januar 2009 gegenüber dem EBM 2008 erhöht (dazu BSG, Urteil vom 11. Oktober 2018 – B 6 KA 8/16 R, vgl. zum Ganzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 2021 – L 5 KA 4152/18, Rdnr. 25).

 

aa. Auf den o.g. rechtlichen Grundlagen hat der BewA am 27./28. August 2008 in seiner 7. Sitzung in Teil F zur Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit Vorgaben u.a. zur Ermittlung und Bildung der RLV beschlossen. In Ziff. 4 war u.a. für Psychologische Psychotherapeuten bereits die Zuweisung zeitbezogener Kapazitätsgrenzen vorgesehen, um eine übermäßige Ausdehnung der psychotherapeutischen Tätigkeit zu verhindern. Mit Beschluss vom 22. September 2009 hat der BewA in seiner 199. Sitzung mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in Teil F in Abschnitt I. Vorgaben zur Berechnung zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen bestimmt.

 

Teil F Abschnitt I. Ziffer 1. regelte den „Grundsatz der Vergütung der Ärzte“, Abschnitt I. Ziffer 1.2 bestimmte die „Bezugsgrößen der Regelleistungsvolumen“

 

Abschnitt I. Ziffer 4. bestimmte die „Zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen“ wie folgt:

 

„4.1 Anwendungsbereich

 

Abweichend von den Regelungen für Arztgruppen gemäß Anlage 1 werden für

  • Psychologische Psychotherapeuten

 

  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten

 

  • Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

 

  • andere ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte gemäß den Kriterien der Bedarfsplanungsrichtlinien

 

 

zeitbezogene Kapazitätsgrenzen je Quartal durch die Kassenärztlichen Vereinigungen jedem Arzt zugewiesen, um eine übermäßige Ausdehnung der psychotherapeutischen Tätigkeit zu verhindern. Überschreitet die abgerechnete ärztliche bzw. therapeutische Zuwendungszeit gemessen an den Prüfzeiten der Leistungen des Anhangs 3 zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in der gültigen Fassung die gemäß 4.2 ermittelte zeitbezogene Kapazitätsgrenze je Arzt, so werden diese Leistungen maximal bis zur 1,5-fachen zeitbezogenen Kapazitätsgrenze mit den abgestaffelten Preisen nach 1.1 vergütet.

 

4.2 Ermittlung und Festsetzung der Kapazitätsgrenzen

 

4.2.1 Antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapie

Als Anteil der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der in 4.1 genannten Arztgruppen werden je Arzt 27.090 Minuten je Abrechnungsquartal festgelegt.

 

4.2.2 Nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen

Als Anteil der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der in 4.1 genannten Arztgruppen wird die arztgruppenspezifische, durchschnittlich abgerechnete ärztliche bzw. therapeutische Zuwendungszeit je Arzt gemessen nach den Prüfzeiten der Leistungen des Anhangs 3 zum EBM  (in der gültigen Fassung) ermittelt.

 

4.2.3 Zeitbezogene Kapazitätsgrenze

Je Arzt bzw. Psychotherapeut der in 4.1 genannten Arztgruppen ergibt sich die zeitbezogene Kapazitätsgrenze aus der Addition der Werte in 4.2.1 und 4.2.2.“

 

Zur Vergütung bestimmte Abschnitt I. Ziffer 2.2 unter der Überschrift: „Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen, die dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen“:

 

„Die Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen nach Ziff. 1.3 in Beschluss Teil B, nach Anlage 2 Nr. 2 in Beschluss Teil F, antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts 35.2 EBM, Leistungen im organisierten Notfalldienst sowie Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen, die sich aus Vereinbarungen der Partner der Gesamtverträge nach § 87a Abs. 3 Satz 5 SGB V oder § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V ergeben, unterliegen nicht dem Regelleistungsvolumen.“

 

Abschnitt II. bestimmte unter der Überschrift „Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V:

 

„1. Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen können die Partner der Gesamtverträge einvernehmlich und zeitlich begrenzt bis zum 31. Dezember 2010 ein Verfahren zur schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen (Konvergenzverfahren) beschließen, sofern diese Honorarverluste durch die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik begründet sind. Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen vergütet werden, können – soweit dies nicht bereits gemäß Abschnitt I. dieses Beschlusses erfolgt – einer Steuerung unterzogen werden, um einer nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen (z.B. durch Mengenentwicklung) entgegenzuwirken. Dies gilt auch für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, welche von Arztgruppen erbracht werden, die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegen.

 

2. […]

 

3. Für die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Richtlinien-Psychotherapie der in § 87b Abs. 2 Satz 6 SGB V genannten Ärzte und Psychotherapeuten sind die gesetzlichen Vorgaben, die Rechtsprechung des BSG und die in Abschnitt I., Ziffer 4. genannten Vorschriften zwingend zu beachten. Weiterhin ist Anlage 2, Nr. 1 zur Trennung der Anteile der hausärztlichen und fachärztlichen Vergütung zu beachten.“

 

bb. Diesen Vorgaben des BewA ist für die Partner der Gesamtverträge für das streitige Quartal II/2010keine Ermächtigung zu entnehmen, die psychotherapeutischen Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze mit einem geringeren Punktwert als den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten. § 7 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Anlage 1a HV 2010 steht im Widerspruch zu den zwingenden Vorgaben des BewA-Beschlusses vom 22. September 2009 (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V a.F.) und ist deshalb nichtig. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 28. April 2021 (L 4 KA 4152/18 Rdnr. 49 ff.) und schließt sich diesen auch für das hier streitige Quartal II/2010 nach eigener Prüfung ausdrücklich an.

 

Gemäß Abschnitt I. Ziffer 1.1 des Beschlusses des BewA vom 22. September 2009 sind vertragsärztliche Leistungen grundsätzlich auf der Basis der im Abrechnungsquartal gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung, d.h. nach dem vollen OPW, zu vergüten (1.1). Eine Einschränkung formulieren Abschnitt I. Ziffer 1.1 Satz 2 und Satz 3, wonach zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit je Quartal eine abrechenbare Leistungsmenge festgelegt werden kann, die mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung, d.h. dem OPW, vergütet werden und ein überschießender Teil mit abgestaffelten Punktwerten. Der dabei verwendete Begriff der ärztlichen Leistungen umfasst auch die psychotherapeutischen Leistungen, denn nach § 87 Abs. 1 i.V.m. § 87b Abs. 4 SGB V a.F. legt der BewA auch die Grundsätze für die Vergütung von psychotherapeutischen Leistungen fest. Gemäß § 87b Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. sind allein die vertragszahnärztlichen Leistungen ausgenommen.

 

Aus dem Umkehrschluss von Abschnitt I. Ziffer 4.1 ergibt sich, dass auch die psychotherapeutischen Leistungen, die innerhalb der Kapazitätsgrenze erbracht und abgerechnet werden, mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu dem OPW vergütet werden. Eine abgestaffelte Vergütung erfolgt – vergleichbar dem RLV – erst bei Überschreitung der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze, zu der es beim Kläger nicht gekommen ist. Bis zu der gemäß Ziffer 4.2 ermittelten zeitbezogenen Kapazitätsgrenze erfolgt dagegen keine Abstaffelung. Aus der Gegenüberstellung von Ziffer 1.1 Satz 2 und Ziffer 4.1 Satz 1 ergibt sich, dass für die Summe der psychotherapeutischen Leistungen nach Ziffer 4.1 die Zeitbezogene Kapazitätsgrenze (ZBKG) an die Stelle der RLV (Abschnitt I. Ziffer 1.1) tritt.

 

Abschnitt I. Ziffer 4.3, der erst mit dem Beschluss vom 1. Juli 2010 mit Wirkung zum   1. Oktober 2010 ergänzt wurde, wonach für die Umsetzung der Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen sowie der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen bis zur zeitbezogenen Kapazitätsgrenze mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung ein Vergütungsvolumen zu bilden war, kann für das streitige Quartal II/2010 die Quotierung schon deshalb nicht tragen, weil er erst nach Ablauf des streitigen Quartals Geltung erlangte.

 

Auch Ziffer 2.4, die mit Beschluss des BewA vom 26. März 2010 zum 1. Juli 2010 in Abschnitt I. eingefügt wurde, führt hinsichtlich einer Quotierung der Vergütung im Quartal II/2010 nicht weiter. Denn auch sie entfaltete keine Rückwirkung auf das 2. Quartal. Für dieses galt zwar Abschnitt I. Ziffer 2.2. Diese grenzt aber allgemein das RLV von anderen Vergütungsbestandteilen ab und benennt dabei auch die a.L.

Eine im Verhältnis zu Abschnitt I. Ziffer 4. weitergehende Steuerung, konkret i.S. einer Quotierung der Leistungen, wird durch Teil F Abschnitt II. Ziffer 1. (Beschluss vom 22. September 2009) nicht gedeckt, weil diese Leistungen bereits einer Steuerung durch die zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen gemäß Abschnitt I unterliegen. Damit ist eine weitergehende Abstaffelung der Leistungen ausgeschlossen.

 

Für eine Übergangszeit (Konvergenzphase) ermächtigte Teil F Abschnitt II. Ziffer 1. die Partner der Gesamtverträge zur Vermeidung möglicher Verwerfungen im Zuge der Umstellung der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Vergütungssystematik zum       1. Januar 2009 Sonder- bzw. Übergangsregelungen i.S. einer schrittweisen Einführung der in Abschnitt I. neu konstituierten Vergütungsregelungen festzulegen. Das Ende der Konvergenzphase bestimmte der BewA in Abschnitt II. Ziffer 1., 1. Satz, auf den 31. Dezember 2010. Die Regelung der Konvergenzphase galt, wie sich aus Abschnitt II. Ziffer 1., Satz 1, 2. Halbsatz („insbesondere“) ergibt, nicht nur für die RLV, sondern konnte die Vergütungsregelungen der ZBKG nach Abschnitt I. Ziffer 4. erfassen. Voraussetzung war in beiden Fällen, dass diese Konvergenz-Instrumente auf Ebene der Gesamtvertragspartner (vgl. Fußnote 1 des BewA-Beschlusses) der Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen dienten, wenn und weil die Honorarverluste (gerade) durch die Umstellung der (Vergütungs- und Leistungs-) Steuerung (zum 1. Januar 2009) hervorgerufen wurden.

 

Gemessen daran konnte sich die Quotierung von Leistungen, die innerhalb der ZBKG erbracht wurden, nicht auf die Ermächtigung in Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 2 stützen, weil für diese Leistungen eine Mengensteuerung bereits (abschließend) in Abschnitt I. erfolgt war. Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 2 bestimmte, dass solche Leistungen, die der morbiditätsbedingen Gesamtvergütung unterlagen, aber außerhalb der RLV vergütet wurden, nur dann einer Steuerung (in der Konvergenzphase zum Schutz vor nachteiligen Auswirkung auf die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung) unterzogen werden konnten, „soweit dies nicht bereits gemäß Abschnitt I. des Beschlusses erfolgt.“ Nach dem folgenden Satz 3 galt diese Begrenzung auch für Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, welche von Arztgruppen erbracht werden, die nicht dem Regelleistungsvolumen unterliegen.

 

Die Regelung in Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 1 bis 3 stellt eine Auffangregelung dar, die der BewA für alle Fallgestaltungen implementiert hat, die nicht von den zum 1. Januar 2009 neu konzipierten mengensteuernden Regelungen in Abschnitt I., konkret von dem Regelleistungsvolumen (I.1 – I.3) oder der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze (I.4), erfasst wurden. Abschnitt II. Ziffer 1. lässt damit eine ergänzende Steuerung zu, wenn eine im Zuge der Umstellung mögliche Mengenausweitung sich auf die (begrenzte) morbiditätsbedingte Gesamtvergütung zu Lasten anderer Arztgruppen auswirkte. Diese Zielrichtung wird bereits daran erkennbar, dass Abschnitt II. Ziffer 1. nur „Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung“ erfasst, die „außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen vergütet“ werden. Dabei wurden sowohl die vertragsärztlichen Leistungen, die dem RLV unterfielen als auch die psychotherapeutischen Leistungen, für die die ZBKG galt, aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet. Für die RLV ging Abschnitt I. Ziffer 3.1. davon aus, für die ZBKG ergab es sich indirekt aus dem Verweis in Abschnitt I. Ziffer 4.1 „abweichend von den Regelungen für Arztgruppen gemäß Anlage 1“. Die in Bezug genommene Anlage 1 betraf Ärzte, für die nach Abschnitt I. Ziffer 3.2.1. das RLV zur Anwendung kam. Im Übrigen galt bereits nach § 87a Abs. 3 Satz 2 SGB V (a.F.) die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten. §  87a Abs. 3 Satz 5, 1. Halbsatz SGB V a.F. traf davon eine Ausnahme für die vertragsärztlichen Leistungen bei der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Diese wurden außerhalb der Gesamtvergütung vergütet. Darüber hinaus konnten nach § 87a Abs. 3 Satz 5, 2. Halbsatz SGB V a.F. die Kassenärztliche Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen weitere vertragsärztliche Leistungen vereinbaren, die außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wurden, wenn sie besonders gefördert werden sollten oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich war. Eine solche Vereinbarung der Gesamtvertragspartner mit der Ausgliederung aus der MGV existierte für Leistungen der psychotherapeutischen Versorgung nicht, sie unterlagen damit insgesamt der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung.

 

Sowohl antrags- als auch nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen der Psychotherapeuten sind solche, die nach dem Beschluss des BewA „außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen“ i.S. des Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 1 (bzw. Satz 3) vergütet wurden. Abschnitt I. Ziffer 1. - 3. stellte insoweit die Vergütung nach RLV der Vergütung nach Zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen in I.4 gegenüber.

 

Rechtlich zwingend war diese Gestaltung nicht, der BewA war dazu aber gesetzlich befugt und bewegte sich innerhalb seines Gestaltungsspielraumes (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 23/17 B, Rdnr. 9). Das Gericht hat in Anbetracht des Normcharakters für die Beschlüsse des BewA zu prüfen, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage besteht und der BewA die äußersten rechtlichen Grenzen seiner Rechtsetzungsbefugnis überschritten hat. § 87b Abs. 2 Satz 6 SGB V a.F. schrieb nur für die antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte vor, dass deren genannte Leistungen „außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergüten“ waren; die n.a.L. wurden nicht genannt. Grund für die gesetzliche Vorgabe war, dass die genannten Leistungen, weil sie zeitgebunden und von den Krankenkassen vorab zu genehmigen sind, von vornherein mengenbegrenzt sind und daher einer weiteren Leistungsmengensteuerung nicht bedurften (Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl, § 87b SGB V [Stand: 01.04.2012], Rdnr. 43). Nach § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V a.F. konnten auch weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollten oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich war. Als mögliche Leistungsbereiche für Satz 7 kamen nach den Gesetzesmaterialien Dialyse- und Präventionsleistungen in Betracht (Freudenberg in: Schlegel/Engelmann, jurisPK-SGB V, § 87b SGB V [Stand: 26.02.2008], Rdnr. 39). Die Befugnis des BewA, auch die Vergütung nicht antrags- und genehmigungspflichtiger Leistungen außerhalb des RLV zu stellen, ergab sich aus § 87b Abs. 4 Satz 1 i.V.m Satz 2 a.F. Danach hatte der BewA (erstmalig zum 31. August 2008) das Verfahren zur Berechnung und Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 zu bestimmen sowie Vorgaben zur Umsetzung von Abs. 2 Sätze 6 und 7, also auch betreffend die Vergütung von Leistungen außerhalb von RLV, zu treffen (zur einheitlichen Vergütung aller psychotherapeutischen Leistungen innerhalb der Kapazitätsgrenze zum Orientierungspunktwert, BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 8/16 R Rdnr. 27).

 

Soweit Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 1 auch die psychotherapeutischen Leistungen (da außerhalb des RLV vergütet) grundsätzlich für eine begrenzte Zeit (Konvergenzphase letztlich bis 31. Dezember 2011) für eine weitere Mengensteuerung öffnete, nahm er jedenfalls die psychotherapeutischen Leistungen bis zur Grenze der ZBKG insgesamt davon aus. Denn nach der einschränkenden Parenthese in Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 2 war eine weitere Steuerung nur eröffnet, wenn und soweit diese nicht bereits nach Abschnitt I. erfolgt war. Für die antrags- und genehmigungspflichtigen sowie die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen hatte der BewA aber bereits eine Mengensteuerung mit den zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen in Abschnitt I. Ziffer 4. vorgenommen. Abschnitt II. Ziffer 1. eröffnete zur Überzeugung des Senats insoweit nur qualitativ noch eine weitere Mengensteuerung, aber nicht quantitativ ein „Mehr an Mengensteuerung“ für solche für Leistungen, die bereits nach Abschnitt I. „mengengesteuert“ waren. Abschnitt II. Ziffer 1. war eine Auffangregelung, die gewährleisten sollte, dass Leistungen, die nach Abschnitt I. weder einem RLV noch sonst einer dort strukturierten Mengensteuerung unterlagen, aber im Rahmen der MGV zu vergüten waren, gleichwohl in der Konvergenzphase einer Mengensteuerung unterzogen werden konnten. Bei anderer Betrachtung würde es für die bereits nach Abschnitt I. einer Mengensteuerung unterzogenen Leistungen an einer näheren Maßgabe des BewA fehlen, wann und in welchem Umfang die Leistungen innerhalb der ZBKG noch einer „weiteren“ Mengensteuerung zugeführt werden sollten und welche Rolle die ZBKG dann noch spielte. Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 2, 2. Halbsatz bestimmte den weiteren Steuerungsauftrag zwar damit, dass einer nachteiligen Auswirkung auf die MGV zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen entgegengewirkt werden sollte. Als Beispiel für eine solche nachteilige Auswirkung beschreibt die Regelung in dem Klammerzusatz aber, wenn auch beispielhaft, gerade die Mengenentwicklung als möglichen Auslöser. Einer unerwünschten Mengenentwicklung begegnete aber für die n.a.L. bereits die Einrichtung der ZBKG nach Abschnitt I. Ziffer 4.2.2. Gemeint waren damit vielmehr u.a. die im folgenden Abschnitt II. Ziffer 1. Satz 3 umschriebenen „freien Leistungen“, die von Arztgruppen erbracht wurden, die nicht dem RLV und damit – aus Sicht des Senats – insoweit auch keiner sonstigen Mengensteuerung unterlagen. Für alle psychotherapeutischen Leistungen, die innerhalb der ZBKG erbracht wurden, sollte die dem RLV vergleichbare Mengensteuerung hingegen auch in der Konvergenzphase einen „Schutzraum“ gewährleisten.

 

Abschnitt II. Ziffer 3. rechtfertigt für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen keine andere Betrachtung. Zwar verpflichtete die Regelung die Vertragspartner, die Vorgaben von Abschnitt I. Ziffer 4. und die Rechtsprechung des BSG für die angemessene Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapeuten zwingend zu beachten. Allein aus der Benennung von Leistungen, für die die ZBKG gilt, könnte nach dem Wortlaut und Systematik der Schluss gezogen werden, dass auch Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze grundsätzlich der weiteren Mengensteuerung in der Konvergenzphase nach Abschnitt II. Ziffer 1. unterliegen sollten, weil es sonst der Vorgaben der Ziffer 3 schlichtweg nicht bedurft hätte. Dies zugrunde gelegt könnte zudem angeführt werden, dass Abschnitt II. Ziffer 3. die Privilegierung gerade nur für die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen vorsah. Der Senat geht aber davon aus, dass es sich bei Ziffer 3 lediglich um einen Programmsatz für die Konvergenzphase insgesamt handelte. Dafür spricht seine systematische Stellung nach Ziffer 2., der wie auch Ziffer 4. ebenfalls allgemeine Vorgaben für das Verfahren in der Konvergenzphase beinhaltet. Nicht ausgeschlossen erscheint zudem – worauf das Sozialgericht hingewiesen hat – dass er nur für die Leistungen außerhalb der ZBKG Geltung beanspruchte und in dieser Zielrichtung ebenfalls Auffangcharakter hat.

 

Das LSG Baden-Württemberg weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass auch das Bundessozialgericht explizit zur Konvergenzregelung in Teil F Abschnitt II. Ziffer 1. (Beschlusses des BewA vom 22. September 2009) der Meinung war, dieser ermächtige die Vertragspartner dazu, auf der Ebene der Honorarverteilung die freien Leistungen, die aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu finanzieren und außerhalb der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina zu vergüten seien, einer Steuerung mittels Quotierung zu unterziehen (aaO, Rdnr. 51 unter Berufung auf BSG, Urteil vom 17. Juli 2013 – B 6 KA 45/12 R Rdnr. 18). Denn allein für diese „freien“ Leistungen könne es, so das Bundessozialgericht, zu einer Mengenausweitung mit der Folge nachteiliger Auswirkungen auf die innerhalb des RLV zu vergütenden Leistungen kommen. Die innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze erbrachten Leistungen unterlagen aber bereits einer Mengensteuerung und waren deshalb keine „freien Leistungen“ im obigen Sinne (so die zutreffende Schlussfolgerung des LSG Baden-Württemberg, aaO, Rdnr. 51).

 

Dieses Auslegungsergebnis wurde – wie auch das LSG Baden-Württemberg zutreffend ausgeführt hat – auch durch den Gesetzgeber selbst geteilt. Dieser ging ausweislich seiner Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-VStG – zu einer Rechtsänderung zum 1. Januar 2012 davon aus, dass die „bisherige Beschlussfassung der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen im Bewertungsausschuss bei der Vergütung der psychotherapeutischen antragspflichtigen und nicht antragspflichtigen Leistungen innerhalb zeitbezogener Kapazitätsgrenzen“ vom „Konzept der zeitlich definierten Obergrenze“ ausging, „innerhalb der sich die Summe der Leistungen ohne Abstaffelung der Preise der regionalen Euro-Gebührenordnung abbildet“ (BT-Drs. 17/6906, S. 65 – Zu Nummer 24 [§ 87b]). Der Gesetzgeber verpflichtete vor diesem Hintergrund die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig (ab 1. Januar 2012) in ihren Honorarverteilungsmaßstäben zur Sicherung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer das obige Konzept aufzugreifen und weiterzuführen („Die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen ist demzufolge mittels des [obigen] Konzepts zu gestalten“.).

 

Auf möglicherweise praktische Schwierigkeiten in der Beschaffung der notwendigen Mittel, die sich daraus ergeben könnten, dass Leistungen innerhalb der zeitgebundenen Kapazitätsgrenzen zu festen Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden mussten und gleichzeitig ein nur begrenztes Vergütungsvolumen zur Verfügung stand, kann sich die Beklagte nicht berufen. So erfolgte die Vergütung der nicht antragspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zwar aus dem Vorwegabzug aus dem vorläufigen RLV-Vergütungsvolumen in Höhe der für diese Leistungen zu erwartenden Zahlungen (§ 10 Abs. 2 i.V.m. § 4 Buchstabe g Anlage 1 zum HV 2010). Es oblag aber einem insoweit realitätsgerecht bemessenen Vorwegabzug und ggf. ergänzender Instrumente, um für die garantierte Vergütung Vorsorge zu treffen. Für die Frage, ob der Kläger bei Einhaltung der zeitbezogenen Kapazitätsgrenze einen Anspruch auf unquotierte Vergütung hat, ist allein entscheidend, ob der BewA in Bezug auf eine Quotierung eine entsprechende Vorgabe getroffen hat. Das ist jedoch nicht der Fall. Für die Entscheidung des Senats ist es daher ohne Relevanz, welche Möglichkeiten der Beklagten offenstehen, die geschuldete (Nach-)Vergütung aufzubringen.

cc. Der BewA hat mit dem Beschluss zur Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum OPW die rechtlichen Grenzen seiner Rechtsetzungsbefugnis gewahrt. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn seine getroffene Regelung in einem „groben Missverhältnis“ zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht oder sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind. Vergütungsregelungen können von sachfremden Erwägungen getragen sein, weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird oder es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlich gleich gelagerten Sachverhalten gibt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. April 2021 – L 5 KA 4152/18, Rdnr. 56; BSG, Beschluss vom 27. Januar 2021, B 6 A 1/19 R, Rdnr. 9ff. [MedR 2021, S. 752] mit Hinweis auf B 6 KA 29/17 R, dort Rdnr. 12 und B 6 KA 31/19 R, dort Rdnr. 41; BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 8/16 R Rdnr. 35; Urteil des Senats vom 22. September 2021 – L 7 KA 47/18 KL).

 

Im Hinblick auf die Vergütung auch der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum vollen Punktwert bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der BewA seinen Gestaltungsspielraum überschritten oder höherrangiges Recht (insbesondere Grundrechte) verletzt hat. § 87 Abs. 2c Satz 6 SGB V a.F. verpflichtet ihn, die Bewertungen für psychotherapeutische Leistungen so auszugestalten, dass eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleistet wird. Die Art und Weise obliegt seiner Gestaltungsmacht. Die Ausbildung von zeitlichen Kapazitätsgrenzen, innerhalb derer auch die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen abstaffelungs- und quotierungsfrei zu vergüten waren, war damit – auch zur Herstellung von Honorarverteilungsgerechtigkeit – zwar nicht zwingend vorgegeben. Psychotherapeutische Leistungen dürfen einer Mengenbegrenzung im Allgemeinen und auch einer Quotierung im Besonderen unterzogen werden (dazu bereits oben, BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 37/17 R – Rdnr. 67; Beschluss vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 23/17 B Rdnr. 9 ff., Rdnr. 11). Die ZBKG war dem BewA aber jedenfalls als ein Instrument zur Honorarsicherung für die Psychotherapeuten auch für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen eröffnet. Speziell für die probatorischen Leistungen als den neben den antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zentralen Leistungen spricht einiges dafür, sie aus der Gesamtvergütung der "ausgedeckelten" Leistungen der Kontingentbildung auszunehmen, um eine „angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit“ i.S. des § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V a.F. (Satz 4 n.F.) zu gewährleisten (in diese Richtung BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 37/17 R – Rdnr. 67).

Jedenfalls kann in Anbetracht der klar erkennbaren Gleichstellung der Vergütung von antrags- und nicht antragspflichtigen Leistungen innerhalb der zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen aus Sicht des Senates offenbleiben, ob dies im BewA-Beschluss vom 22. September 2009 deshalb geschah, um den Leistungserbringern eine „Verrechnungsmöglichkeit“ für beide Leistungsbereiche innerhalb der Kapazitätsgrenze zu eröffnen (so die Annahme des Sächsischen LSG, Urteil vom 25. April 2018 – L 1 KA 4/16, Rdnr. 86 unter Berufung auf eine im Verfahren des Sozialgerichts Bremen – S 30 KA 39/11 – erteilte Auskunft der Beigeladenen zu 1; dazu LSG Baden-Württemberg, aaO, Rdnr. 58). §  87 Abs. 2c Satz 6 SGB V a.F. selbst bezieht die Vorgabe der Angemessenheit auf die psychotherapeutischen Leistungen insgesamt (so auch BSG, Urteil vom 11. Oktober 2017 – B 6 KA 8/16 R Rdnr. 27). Eine der Höhe nach gleiche Vergütung von antrags- und nicht antragspflichtigen Leistungen innerhalb der dafür gebildeten zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen ist in Anbetracht dieser gesetzgeberischen Wertung auch vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht weiter rechtfertigungsbedürftig. Soweit die Beklagte schließlich geltend macht, damit würden im Ergebnis die nicht antragspflichtigen Leistungen ungerechtfertigt bessergestellt als die antragspflichtigen Leistungen nach Ziff. 4.2.3, weil letztere neben der ZBKG noch einem Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der Krankenkasse unterliegen, die nicht antragspflichtigen Leistungen dagegen nicht, verfängt das nicht. Es liegt darin keine i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG ungerechtfertigte Gleichbehandlung. Der Zweck des Antrags- und Genehmigungsverfahrens besteht darin, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu gewährleisten, nicht dagegen darin, die Leistungen für die Versicherten einer Mengenbegrenzung zu unterziehen.

 

Die Revision war nicht zuzulassen. Das Verfahren hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Dazu müsste sich eine Rechtsfrage stellen, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, 13. Aufl., 2020, § 160 SGG Rdnr. 6). Eine grundsätzliche Bedeutung ist in zahlreichen Streitigkeiten des Vertragsarztrechts zu verneinen, wenn allein die richtige oder falsche Anwendung eines Tatbestandsmerkmals streitig ist und es sich um ein solches mit kurzer Geltungsdauer handelt und im Zeitpunkt der Entscheidung (z.B. des BSG) eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung nicht mehr erkennbar ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, 13. Aufl., 2020, § 160 SGG Rdnr. 7a). Allein dass eine Vielzahl von Streitigkeiten zwischen den Beteiligten besteht, führt noch nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung (für die Allgemeinheit). Die Auslegung betrifft im Fall des Klägers ausgelaufenes Recht. Allein aus der Tatsache, dass hinsichtlich der Streitfrage eine Vielzahl von Quartalen betroffen ist und eine Vielzahl psychotherapeutischer Leistungserbringer Widerspruch und Klage eingelegt hat, die teilweise zum Ruhen gebracht wurden, ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben, sind ihre Kosten nicht erstattungsfähig (§ 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

 

 

Rechtskraft
Aus
Saved