L 2 U 27/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 84/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 27/16
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Wenn ein Verwaltungsakt - auch im Zusammenhang mit dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens - eindeutig erkennen lässt, wer ihn erlassen hat, an wen er gerichtet ist und was geregelt werden soll, ist er inhaltlich hinreichend bestimmt.

2. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz für eine/n im Freiwilligendienst aller Generationen Tätige/n ergibt sich aus § 2 Abs. 1a SGB VII.

3. Beitragspflichtig für die Zahlung eines Zuschlags gem. § 162 Abs. 1 Satz 1, 3 SGB VII i.V.m. der Satzung der zuständigen Berufsgenossenschaft ist das Unternehmen, für das die/der Versicherte tätig ist oder in einem besonderen, die Versicherung begründenden Verhältnis steht.

4. Da § 136 Abs. 3 SGB VII keine spezielle Zuständigkeit für den Freiwilligendienst aller Generationen enthält, ist auf § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII als Auffangvorschrift abzustellen. Dabei muss in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände geprüft werden, wem die Ableistung des freiwilligen Dienstes unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht.

5. Sieht die konkrete, unter den Beteiligten eines Freiwilligendienstes aller Generationen (Träger, Freiwillige/r, Einsatzstelle) geschlossene Vereinbarung nach dem Trägerprinzip eine Gesamtverantwortung des Trägers vor, so ist dieser als Beitragspflichtiger für die Zuschlagszahlung heranzuziehen.

Bemerkung

Beitragszuschlag in der gesetzlichen Unfallversicherung - SGB VII

     
   
 

 

      1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 8. Mai 2015 wird aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 13.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 in der Fassung des Bescheids vom 28.05.2015 wird abgewiesen.
      2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin.
      3. Die Revision wird nicht zugelassen.
      4. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 75,00 € festgesetzt.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten um die Einstandspflicht für eine Versicherte, die im Freiwilligendienst aller Generationen (FDaG) tätig war.

 

Frau Y....  war im Jahr 2012 ehrenamtlich in einem FDaG in einer Einsatzstelle des X....  e.V. A.... engagiert. Am 20.08.2012 erlitt sie gegen 10.45 Uhr einen Arbeitsunfall, bei dem sie sich eine mittelschwere Distorsion im Sprunggelenk zuzog.

 

Die Klägerin ist als Tochtergesellschaft des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Sachsen seit dem 01.09.2005 bei der Beklagten als versichertes Unternehmen eingetragen. Der Zweck der klägerischen Gesellschaft ist die inhaltliche Ausgestaltung, die Organisation und die Durchführung aller Freiwilligendienste in Kooperation mit dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Landesverband Sachsen e.V.

 

Mit Y....  und der Einsatzstelle für deren freiwillige Dienste, dem X....  e.V., schloss die Klägerin am 11.05./29.05./30.05.2012 eine zeitlich befristete Vereinbarung, wonach ein Arbeitsverhältnis ausdrücklich nicht begründet wurde, sondern Y....  die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich in einer sinnvollen Tätigkeit freiwillig zu engagieren, dabei Einblicke in die dortige Arbeit zu gewinnen sowie ihre Kompetenzen zu erweitern und persönliche Lebenserfahrungen zu sammeln. Im Dreiecksverhältnis der Beteiligten erkannten die Vertragspartner die grundlegende Gesamtverantwortung der Klägerin an, wobei sich diese auf die Durchführung des Freiwilligendienstes, auf die federführende Konzeption, die Koordination, die Beratung sowie insbesondere auf die pädagogische Begleitung der Freiwilligen konzentrierte (vgl. Präambel der Vereinbarung, Absatz 5).

 

Unter Ziffer II. der Vereinbarung aus Mai 2012 war geregelt, dass die Freiwillige eine Unterbrechung ihrer zunächst auf sechs Monate begrenzten Tätigkeit unverzüglich der Klägerin mitzuteilen habe. Der Klägerin war eine Kündigungsmöglichkeit für den Fall der Nichteinhaltung von Pflichten durch die Freiwillige oder die Einsatzstelle eingeräumt.

 

Unter Ziffer III. setzte die Klägerin Y....  im Kinderhaus des X....  e.V. ein, wobei sie selbst die Begleitung und Beratung der Freiwilligen übernahm. Zugleich sorgte sie für entsprechende Einführung, für ein Reflexions- und Qualifizierungsprogramm von mindestens 60 Stunden pro Jahr und Ausstellung einer Bescheinigung nach Beendigung des Freiwilligendienstes. Eine Vergütung der Freiwilligen wurde nicht vereinbart, aber eine Aufwandsentschädigung von pauschal 150,00 € monatlich im Namen und für Rechnung der Einsatzstelle ausgezahlt. Unter Ziffer III. "Aufgaben der Freiwilligendienste gGmbH" war unter 8. niedergelegt, dass die Freiwillige gem. § 2 Abs. 1a SGB VII gesetzlich unfallversichert ist.

 

Als Aufgaben der Einsatzstelle wurde unter Ziffer IV. Nr. 3 der Vereinbarung aufgeführt, dass die Berufsgenossenschaft über den Einsatz der Freiwilligen informiert und die beitragsfreie Unfallversicherung veranlasst werden sollte. Die Einsatzstelle verpflichtete sich, auch gegenüber der Freiwilligen die Vorgaben zur Arbeitssicherheit der zuständigen Berufsgenossenschaft einzuhalten. Die Freiwillige sollte durch den Träger der Einsatzstelle haftpflichtversichert werden. Zudem war die Einsatzstelle für die Anleitung, Einarbeitung und fachliche Begleitung der Freiwilligen während des Freiwilligendienstes zuständig und sollte der Freiwilligen ein qualifiziertes Zeugnis über die ehrenamtliche Tätigkeit ausstellen. Für die Kosten eines ggf. erforderlichen Gesundheitszeugnisses o.Ä. sollte die Einsatzstelle aufkommen. Unter Ziffer IV. Nr. 7. war geregelt, dass sich die Einsatzstelle "an den Projektkosten, wie beispielsweise an den Kosten der Aufwandsentschädigung, der Bildung und Begleitung, der Lohnbuchhaltung und der sonstigen Kosten mit einem monatlichen Einsatzstellenbetrag in Höhe von 230,00 €" beteiligen sollte.

 

Unter Ziffer VIII. waren die Pflichten der Freiwilligen geregelt. Sie sollte die ehrenamtliche Tätigkeit in freier Zeiteinteilung in Absprache mit der Einsatzstelle gestalten und in dem Kinderhaus des X....  e.V. bei der Zubereitung des Essens sowie beim Abwasch und Reinigen der Küche unterstützen. Über Krankheitszeiten sollte die Einsatzstelle, aber auch die Klägerin informiert und bei Konflikten eingeschaltet werden.

 

Sowohl für die Klägerin als auch für den X....  e.V. war die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger. In § 30 der Satzung der Beklagten ist das Beitragsausgleichsverfahren geregelt. Dort heißt es unter Abs. 1:

"(1) Jedem bzw. jeder Beitragspflichtigen werden unter Berücksichtigung der Zahl und der Schwere der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (§ 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII bleiben dabei außer Ansatz (§ 162 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), ebenso Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten sowie Versicherungsfälle auf Betriebswegen (§ 162 Abs. 1 Satz 3, 2. Halbs. SGB VII). Ausgenommen sind ferner Versicherungsfälle in Unternehmen, für die im Umlagejahr keine Beitragspflicht bestand.

(2)   Die Zuschläge zum Beitrag betragen einmalig

a)    für jeden anzuzeigenden Versicherungsfall (§ 193 SGB VII, § 22 Abs. 1 und 2 der Satzung), durch den eine Zahlung in Höhe von mindestens 150,00 Euro ausgelöst wurde,

75,00 Euro

…"

 

Nachdem die Beklagte zunächst einen ersten Bescheid vom 20.09.2013 aufgehoben hatte, erließ sie am 13.11.2013 einen erneuten Bescheid gegenüber der Klägerin, wonach diese einen Beitragszuschlag in Höhe von 75,00 € im Beitragsausgleichsverfahren gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zahlen sollte. Die Klägerin sei dafür gem. § 133 Abs. 1 SGB VII zuständig, weshalb der Beitragszuschlag für "Y.... " vom 20.08.2012 nacherhoben werde.

 

Die Klägerin richtete am 03.12.2013 ihren Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.11.2013. Da die Versicherte für die Einsatzstelle, den X....  e.V., tätig gewesen sei und die Klägerin nur im Namen und im Auftrag der Einsatzstelle die Zahlung der Aufwandsentschädigung übernehme, sei diese (die Einsatzstelle) für die Zahlung des Beitragszuschusses zuständig. Im Vertrag sei geregelt, dass die Einsatzstelle die Meldung der ehrenamtlich Freiwilligen bei ihrer Berufsgenossenschaft übernehme.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Beitragszuschlagsbescheid vom 13.11.2013 zurück. Das Beitragszuschlagsverfahren sei für sie verpflichtend. Grundlage für die Zuordnung eines Versicherten und der damit einhergehenden Versicherungsfälle zu einem Unternehmen sei § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Anknüpfungspunkt für die Zuordnung zu einem Unternehmen sei das im Einzelfall vorliegende Versicherungsverhältnis. Y....  sei gem. § 2 Abs. 1a SGB VII zwar gesetzlich unfallversichert gewesen. Der Gesetzgeber habe aber keine ausdrückliche Regelung für eine Sonderzuständigkeit getroffen – wie z.B. bei Teilnehmern am Bundesfreiwilligendienst in § 136 Abs. 3 Nr. 7 SGB VII, weshalb die allgemeine Regelung des § 133 Abs. 1 SGB VII Anwendung finde. Der Träger des Freiwilligendienstes – hier die Klägerin – stehe letztlich in vergleichbarer Position und Verantwortung wie ein Arbeitgeber im Fall eines "normalen" Beschäftigungsverhältnisses. Der Träger habe gleichsam eine übergeordnete Stellung, welche sich auch aus den Inhalten der abgeschlossenen Vereinbarung mit Einsatzstelle und Freiwilliger erkennen lasse. Dies sehe auch die Fachstelle für Freiwilligendienste in Sachsen so. Der Zuschlag sei daher von der Klägerin zu erheben gewesen und nicht von der Einsatzstelle.

 

Am 27.03.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben und sich gegen die Erhebung des Beitragszuschlages ihr gegenüber gewandt. Eine Beitragspflicht bestehe für die Klägerin nicht. Ein Arbeitsverhältnis sei ausdrücklich nicht begründet worden. Vielmehr komme eine die Unfallversicherungspflicht begründende Beziehung allenfalls zwischen der Freiwilligen und dem Kinderhaus des X....  e.V. in Betracht. Die Klägerin selbst habe gar keine Möglichkeit, in Organisation und Struktur der Einsatzstelle einzugreifen. Dem stehe auch nicht die Auszahlung der Aufwandsentschädigung entgegen, denn diese erfolge lediglich im Namen der Einsatzstelle. Der Gesetzgeber habe die Teilnehmer des FDaG jedenfalls gesetzlich unfallversichern wollen, eine Beitragspflicht aber gerade nicht ausdrücklich eingeführt. Daher habe es keiner Regelung über die Zuständigkeit von Träger oder Einsatzstelle bedurft. Ein Beitragspflichtiger existiere insoweit gar nicht. Zudem liege allein eine Weisungsgebundenheit bezüglich der Durchführung des FDaG zwischen der Freiwilligen und der Einsatzstelle, nicht jedoch zur Klägerin vor.

 

Die Beklagte hat dargelegt, dass die Unfallversicherungsbeiträge für jeden Versicherten zu erheben seien, also auch für die Teilnehmer eines Freiwilligendienstes. Wie dies im Einzelnen geschehe, liege im Gestaltungsspielraum der Berufsgenossenschaften. Es bestehe die Möglichkeit sog. Kopfbeiträge zu erheben (§ 155 SGB VII). Sie hingegen habe sich dazu entschieden, Teilnehmer an Freiwilligendiensten über die entsprechenden Unternehmen weder nach Köpfen noch nach einer fiktiven Versicherungssumme mit gesonderten Beiträgen zu belasten. Der einzige individualisierte Beitrag, der für die Freiwilligen anfalle, sei der Beitragszuschlag im Versicherungsfall (§ 162 SGB VII), der den Charakter einer Selbstbeteiligung habe. Dieser sei allein von dem Unternehmen zu erheben, über das der Versicherungsschutz (an die Versicherte) gewährt werde. Allerdings habe der Gesetzgeber in einigen Dreiecksverhältnissen ausdrücklich geregelt, wer Unternehmen sei (wie beispielsweise im geläufigsten Fall eines Dreiecksverhältnisses: der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in § 133 Abs. 2 SGB VII – überlassendes Unternehmen). Bei den Freiwilligendiensten sei die Zuständigkeit jedoch unterschiedlich geregelt. Während die Teilnehmer des Jugendfreiwilligendienstes oder des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes als Beschäftigte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gälten, aber über § 136 Abs. 3 Nr. 6 SGB VII eine grundsätzliche Zuständigkeit des Trägers geregelt werde (Ausnahme: Delegation der Verantwortung auf die Einsatzstelle gem. § 11 Abs. 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz – JFDG), sei es bei den Teilnehmern des Bundesfreiwilligendienstes, die ebenfalls als Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gälten, wieder anders. Für diese regele § 136 Abs. 3 Nr. 7 SGB VII, dass die Einsatzstelle Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit sei, weshalb bei Arbeitsunfällen eines Teilnehmers am Bundesfreiwilligendienst die Einsatzstelle zu einem Beitragszuschlag vom Unfallversicherungsträger herangezogen werde. Weitere Freiwilligendienste hätten zum Teil gesonderte Regelungen im SGB VII erfahren (Freiwilligendienst "weltwärts" – § 2 Abs. 3 Nr. 2b SGB VII). Andere Projekte seien gar keiner gesetzlichen Regelung unterworfen (z.B. Freiwilliges Jahr im Unternehmen, Freiwilliges Soziales Trainingsjahr, Soziales Jahr zur Berufsfindung, Anderer Dienst im Ausland – AdiA, Europäischer Freiwilligendienst – EFD). Beim FDaG habe der Gesetzgeber zwar den Unfallversicherungsschutz über § 2 Abs. 1a SGB VII hergestellt, sei aber bei der Zuständigkeit zurückhaltend gewesen, weshalb nach Auffassung der Beklagten auf die Auffangregelung in § 133 Abs. 1 SGB VII zurückgegriffen werden müsse. Die besondere Beziehung, welche den Versicherungsschutz dabei begründe, bestehe zum Träger des Freiwilligendienstes. Eine Delegation auf die Einsatzstelle sei nicht möglich. Aus Sicht der Beklagten komme eine analoge Anwendung der konkret geregelten Zuweisungen (wie z.B. in § 136 Abs. 3 Nr. 7 SGB VII) auf den FDaG nicht in Betracht, da von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis in den gesetzlichen Grundlagen ausgegangen werden müsse.

 

Die Beklagte hat zudem auf eine Vereinbarung aller Unfallversicherungsträger aus dem Jahr 2010 verwiesen, wonach sich die Zuständigkeit für die Freiwilligendienste aller Generationen ausnahmslos nach dem jeweiligen Maßnahmenträger bestimme (vgl. Rundschreiben des DGUV – 0192/2010 vom 12.04.2010).

 

Mit Gerichtsbescheid vom 08.05.2015 hat das Sozialgericht Dresden den Bescheid der Beklagten vom 13.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 aufgehoben, die Beklagte zur Kostentragung verurteilt und den Streitwert auf 75,00 € festgesetzt. Zwar müsse die Beklagte einen Beitragszuschlag erheben. Das Gericht hat es aber dahinstehen lassen, ob die Klägerin das zu einem Beitragszuschlag heranzuziehende Unternehmen sei, denn der Bescheid wahre schon nicht das Bestimmtheitserfordernis des § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Zwar sei der Verfügungssatz des Bescheids noch bestimmt, denn es lasse sich entnehmen, dass die Klägerin einen Zuschlag zum Beitrag 2012 in Höhe von 75,00 € leisten solle. Allerdings lasse sich aus dem Verwaltungsakt nicht der ihm zugrundeliegende Sachverhalt und die getroffene Rechtsfolge erkennen. Der Versicherungsfall von M.... am 20.08.2012 lasse sich noch entnehmen. Wieso dieser aber zu einem Beitragszuschlag nach § 162 SGB VII i.V.m. § 30 der Satzung der Beklagten geführt haben solle, werde nicht erwähnt. Sämtliche Einzelheiten zu dem erlittenen Unfall fehlten. Für die Klägerin sei nicht nachvollziehbar, ob die Voraussetzungen für die Ansetzung eines Zuschlags vorliegen würden. Eine Nachvollziehbarkeit und Prüfmöglichkeit habe ihr mithin nicht zur Verfügung gestanden. Eine Ersetzung bzw. ein klarstellender Bescheid seien zur Heilung ebenso wenig geeignet wie der Widerspruchsbescheid.

 

Gegen den der Beklagten am 19.05.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 29.05.2015 Nichtzulassungsbeschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht erhoben (L 2 U 110/15 NZB). Den Weg des Gerichtsbescheides habe das Sozialgericht nicht wählen dürfen, da es sich um eine grundsätzliche Entscheidung handele, die für sämtliche Unfallversicherungsträger von Belang sei. Auch die Frage der Bestimmtheit eines solchen Zuschlagsbescheides spiele für eine Vielzahl von Bescheiden eine Rolle. Jährlich würden zwischen 10.000 und 15.000 solcher Bescheide erlassen. Wenn in den Bescheiden nähere Angaben zum Unfallgeschehen der Versicherten gefordert würden, so wäre das für sämtliche Unfallversicherungsträger von Belang. Nach Auffassung der Beklagten sei dieses Erfordernis aber gar nicht gegeben, denn dem Unternehmen sei der stattgehabte Arbeitsunfall bekannt. Denn nur für meldepflichtige Arbeitsunfälle sei ein Beitragszuschlag zu erheben. Bei der Entscheidung des Sozialgerichts handele es sich zudem um eine Überraschungsentscheidung, die im Widerspruch zum vorherigen Vorgehen der Kammer stehe. Zu dem Aspekt einer hinreichenden Bestimmtheit des streitigen Bescheids sei kein rechtliches Gehör gewährt worden.

 

Mit Beschluss vom 04.02.2016 hat der Senat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 08.05.2015 zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.

 

Mit Bescheid vom 28.05.2015 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 13.11.2013 über die Erhebung eines Beitragszuschlags in Höhe von 75,00 € wiederholt. Er ist um den Hinweis erweitert worden, dass Frau Y....  am 20.08.2012 um 10:45 Uhr einen Arbeitsunfall bei betrieblicher Tätigkeit erlitten hat, aus dem die Diagnose einer mittelschweren Distorsion im Sprunggelenk/Knöchelgelenk folgte. Frau Y....  sei beim Wegbringen des Abfalls mit dem rechten Fuß an einer Ecke hängen geblieben und dadurch umgeknickt. Durch die Entschädigung des Arbeitsunfalls seien der Beklagten mehr als 150,00 € Kosten entstanden.

 

Die Beklagte beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 08.05.2015 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.02.2014 in der Fassung des Bescheids vom 28.05.2015 abzuweisen.

 

Die Beklagte beantragt zudem, die Revision zuzulassen, da die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung habe.

 

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Über die Berufung der Klägerin entscheidet der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

 

Das von der Beklagten angestrengte Verfahren über die Nichtzulassung der Berufung ist nach dem Beschluss des Senats vom 04.02.2016 als Berufungsverfahren fortgeführt worden. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 08.05.2015 ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 in der Fassung des Bescheides vom 28.05.2015 war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten.

 

Somit war auch die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG) gegen den Bescheid vom 13.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2014 unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht einen von der Klägerin für das Jahr 2012 zu zahlenden Beitragszuschlag in Höhe von 75,00 € festgesetzt.

 

Der (den ursprünglichen Bescheid vom 13.11.2013 wiederholende und ergänzende) Bescheid vom 28.05.2015 ist gem. § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens geworden, da er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert bzw. ersetzt hat.

 

1.

Der Bescheid vom 13.11.2013 war – entgegen der Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden – formell rechtmäßig. Der Bescheid war hinreichend bestimmt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er muss also klar erkennen lassen, wer (erlassende Behörde) gegenüber wem (Adressat) was (Inhalt der Regelung) regelt. Da es auf die im Verwaltungsakt getroffene Regelung ankommt (vgl. die Definition des Verwaltungsakts in § 31 SGB X), muss nur diese Regelung, also der Verfügungssatz des Verwaltungsakts, hinreichend bestimmt sein. Ein Verwaltungsakt ist „hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist“. Ein Verwaltungsakt ist hingegen dann nicht hinreichend bestimmt, „wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten“. Für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der Horizont eines verständigen, objektiven Empfängers maßgebend. Der Auslegung zugrunde gelegt werden dürfen alle auf der Hand liegenden Umstände. In besonderen Fällen kann eine widersprüchliche Begründung einen Verfügungssatz in Frage stellen.

 

Der angegriffene Bescheid vom 13.11.2013 lässt eindeutig sowohl erkennen, wer ihn erlassen hat (die Beklagte), an wen er gerichtet ist (an die Klägerin) und was geregelt werden sollte (Zuschläge zum Beitrag 2012 in Höhe von 75,00 €). Aus dem Zusammenhang und dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens war es für die Klägerin auch ersichtlich, aus welchen Gründen der Bescheid erlassen wurde. Bereits zuvor am 20.09.2013 hatte die Beklagte einen Verwaltungsakt mit dem gleichen Verfügungssatz erlassen, die Zuschlagsforderung aber nach Widerspruch der Klägerin und weiterem Ermittlungsbedarf zunächst am 28.10.2013 wieder storniert, bevor am 13.11.2013 der streitgegenständliche Bescheid mit dem gleichen Inhalt neu erlassen wurde. Bereits im Bescheid vom 20.09.2013 hatte die Beklagte auf den stattgehabten Unfall unter Bezugnahme auf die Anlage, welche die Betriebsstätte, den Namen der Versicherten, den Tag des Versicherungsfalls sowie den Zuschlagsbetrag enthielt, Bezug genommen. Die Klägerin hatte bereits gegen den ersten Bescheid Widerspruch erhoben, weil sie der Meinung war, sie selbst sei nicht Betriebsstätte anlässlich des Versicherungsfalls von Y....  gewesen. Dies geht aus der Begründung zum Widerspruch vom 26.09.2013 hervor. Der Klägerin war also bekannt und auch bewusst, was die Beklagte mit dem Zuschlagsbescheid regeln wollte. Mithin kann nicht von einem widersprüchlichen Regelungssatz in Bezug zum Regelungsinhalt ausgegangen werden.

 

2.

Der Bescheid vom 13.11.2013 war auch materiell rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung des Beitragszuschlags ist § 162 Abs. 1 SGB VII (i.d.F. des Art. 5 Nr. 8 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 24.07.2003, BGBl I 1526) i.V.m. § 30 der Satzung der Beklagten.

 

Gemäß § 162 Abs. 1 SGB VII haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Satz 1). Versicherungsfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII bleiben dabei außer Ansatz (Satz 2). Das Nähere bestimmt die Satzung, die dabei Versicherungsfälle, die durch höhere Gewalt oder durch alleiniges Verschulden nicht zum Unternehmen gehörender Personen eintreten, und Versicherungsfälle auf Betriebswegen sowie Berufskrankheiten ausnehmen kann (Satz 3). Die Höhe der Zuschläge und Nachlässe richtet sich nach der Zahl, der Schwere oder den Aufwendungen für die Versicherungsfälle oder nach mehreren dieser Merkmale (Satz 4). Die Satzung kann bestimmen, dass auch die nicht anzeigepflichtigen Versicherungsfälle für die Berechnung von Zuschlägen oder Nachlässen berücksichtigt werden (Satz 5).

 

Auf der Grundlage des § 162 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VII ist § 30 der Satzung der Beklagten ergangen. Danach werden jeder/jedem Beitragspflichtigen unter Berücksichtigung der Zahl und der Schwere der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge zum Beitrag auferlegt (Abs. 1 Satz 1).

 

Zu Recht hat die Beklagte nach diesen Vorschriften einen Beitragszuschlag für das Beitragsjahr 2012 in Höhe von 75,00 € gegenüber der Klägerin festgesetzt.

 

Der Ermächtigung in § 162 Abs. 1 Satz 3 SGB VII entsprechend hat die Beklagte in ihrer Satzung die Erhebung von Zuschlägen geregelt. Sie hat insbesondere in § 30 ihrer Satzung bei der Bestimmung des Beitragszuschlags sowohl die Anzahl der Arbeitsunfälle als auch deren Ausnahmen und Zuschlagshöhen geregelt. Für den Versicherungsfall von Y....  hat die Beklagte mehr als 150,00 € aufgewandt, weshalb die Zuschlagshöhe entsprechend § 30 Abs. 2 a) der Satzung einmalig mit 75,00 € anzusetzen war.

 

Die Klägerin war gegenüber der Beklagten auch für die gesetzliche Unfallversicherung beitragspflichtig, denn eine Ausnahme von der gesetzlichen Versicherungspflicht bestand weder nach dem SGB VII noch nach der Satzung der Beklagten. Nach § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen, versicherungspflichtig. Y....  war als Freiwillige im FDaG ausdrücklich gesetzlich unfallversichert nach § 2 Abs. 1a SGB VII. Dort heißt es: " Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten." Damit waren für Y....  als Versicherte grundsätzlich auch Unfallversicherungsbeiträge zu leisten.

 

Diese Beiträge waren im Ergebnis von der Klägerin (und nicht von der Einsatzstelle) aufzubringen, weshalb diese als beitragspflichtig gegenüber der Beklagten anzusehen ist und § 30 der Satzung auf die Klägerin Anwendung findet. Die Klägerin ist ein Träger eines Freiwilligendienstes, über welchen die Freiwilligen im Rahmen ihres bürgerschaftlichen Engagements für den FDaG ihre Einsatzstellen vermittelt bekommen.

 

Der FDaG ist im September 2005 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) neben den Freiwilligendiensten für junge Menschen, wie dem freiwilligen sozialen Jahr (FSJ) oder dem freiwilligen ökologischen Jahr (FÖJ), ins Leben gerufen worden und steht Menschen aller Altersgruppen offen. Damit sollten die Potenziale älterer Menschen erschlossen und durch gemeinsame Einbeziehung junger und alter Menschen das Miteinander der Generationen gefördert werden. Der FDaG will zwischen Menschen, Generationen und Lebensphasen Brücken bauen und ist offen für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen und Tätigkeitsfelder. Die Grundvoraussetzungen für diese unentgeltliche, ehrenamtliche Tätigkeit hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1a SGB VII festgeschrieben, indem die Erfüllung der Schulpflicht, ein Umfang von mindestens acht Wochenstunden für die Dauer von mindestens sechs Monaten sowie ein geeigneter Träger festgeschrieben werden. Bei der Tätigkeit im Rahmen des FDaG handelt es sich nicht um eine Beschäftigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Daher wurde auch in § 2 Abs. 1a SGB VII der Unfallversicherungsschutz der Freiwilligen beim FDaG ausdrücklich aufgeführt.

 

Beim FDaG schließen sowohl der Träger als auch der/die Freiwillige mit der Einsatzstelle eine Vereinbarung. In dieser übernimmt jeweils – wie es sich auch im vorliegenden Fall aus der Vereinbarung entnehmen lässt – der Träger die Gesamtverantwortung. Versicherte Person ist in jedem Fall der oder die Freiwillige, die sich bürgerschaftlich bei einer Einsatzstelle engagiert.

 

§ 133 Abs. 1 SGB VII regelt die Zuständigkeit für die Versicherten. In ihm heißt es: " Sofern in diesem Abschnitt keine abweichenden Regelungen getroffen sind, bestimmt sich die Zuständigkeit für Versicherte nach der Zuständigkeit für das Unternehmen, für das die Versicherten tätig sind oder zu dem sie in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen." § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII definiert dann den Unternehmer als die natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personenvereinigung oder -gemeinschaft, der das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht.

 

Anders als beim Bundesfreiwilligendienst (BFD) und bei einem freiwilligen Dienst nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einem Internationalen Jugendfreiwilligendienst (§ 136 Abs. 3 Nr. 6, 7 SGB VII) ist für den FDaG keine spezielle Zuständigkeitsnorm in § 136 SGB VII aufgenommen (bzw. später ergänzt) worden. Es ist daher, weil gerade keine Anhaltspunkte für eine bewusste Regelungslücke bestehen, davon auszugehen, dass § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII als Auffangvorschrift zur Anwendung kommt.

 

Für die Entscheidung, ob der Träger oder die Einsatzstelle der Unternehmer im Sinne von § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII ist, muss daher in jedem konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Anhaltspunkte und der tatsächlichen Verhältnisse geprüft werden, wem das Ergebnis des Unternehmens, also die Ableistung des freiwilligen Dienstes, unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Dafür ist entscheidend, wer das wirtschaftliche Risiko unmittelbar trägt und weitgehende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Führung des Unternehmens oder wenigstens einen maßgebenden Einfluss hat. Dazu gehört u.a. das Verfügungsrecht über Betriebseinrichtungen und über den Einsatz der Arbeitskräfte.

 

Nach Auffassung des Senats spricht deutlich mehr dafür, den Träger als denjenigen anzusehen, dem die (Freiwilligen-)Diensteleistung zum Vor- und Nachteil gereicht. Abzustellen ist bei dieser Beurteilung hauptsächlich auf die zwischen den drei Beteiligten (Freiwillige, Träger, Einsatzstelle) geschlossene Vereinbarung. In der Präambel dieser Vereinbarung ist das Hauptprinzip, nämlich das Trägerprinzip dargestellt. Die Beteiligten haben hier sämtlich die Gesamtverantwortung der Klägerin anerkannt. Auch wenn die Freiwillige sich an die fachliche Anleitung, die Hausordnung und besondere Regeln der Einsatzstelle zu halten hatte und Verhinderungen rechtzeitig mitteilen sollte, sowie die Einsatzstelle für die Haftpflichtversicherung der Freiwilligen zu sorgen hatte, so war doch die Klägerin erste Ansprechpartnerin für alle Fragen und Probleme der Freiwilligen und sollte sich um sämtliche Belange und Absprachen auch mit der Einsatzstelle kümmern. Die Klägerin zahlte die monatliche Entschädigung in Höhe von 150,00 € direkt an die Freiwillige, dies "im Namen und für Rechnung der Einsatzstelle" (vgl. Ziffer III. Nr. 6 der Vereinbarung). Das wirtschaftliche Risiko dieser Entschädigungszahlung lag somit bei der Klägerin, denn sie musste die Freiwillige auch bei entsprechenden Ausfällen, wie z.B. Krankheit, bezahlen. Selbst wenn sich die Einsatzstelle an diesen Projektkosten nach Ziffer IV. Nr. 7 der Vereinbarung zu beteiligen hatte, so lag wegen der direkten Auszahlungspflicht das unmittelbare und konkrete wirtschaftliche Risiko doch bei der Klägerin. Etwaige Streitigkeiten über die Auszahlungspflicht der Entschädigung wären durch die Freiwillige direkt mit der Klägerin auszufechten gewesen. Daran lässt sich die Verantwortlichkeit der Klägerin erkennen. Auch hatte die Klägerin die weitestgehenden Einflussmöglichkeiten auf die Ableistung der freiwilligen Dienste. Zwar war es Aufgabe der Einsatzstelle, die Freiwillige durch eine/n entsprechende/n Anleiter/in in die konkrete Diensteleistung einzuarbeiten sowie fachlich zu begleiten. Die Freiwillige war aber weder weisungsgebunden noch zur Einhaltung von bestimmten Arbeitszeiten verpflichtet. Lediglich die insgesamt abzuleistende Stundenzahl ist bei dem FDaG vorgeschrieben. Die konkrete Ausgestaltung obliegt jedoch der Freiwilligen weitestgehend selbst – natürlich unter Beachtung der konkreten Gegebenheiten bei der Einsatzstelle. Die Klägerin hatte es demgegenüber zu koordinieren, wie und wo die Freiwillige ihren Einsatz ableistet. Sie musste die Einbindung der Freiwilligen in die Einsatzstelle organisieren, die Begleitung und Beratung der Freiwilligen während der gesamten Dauer des Freiwilligendienstes absichern und die Freiwillige in die entsprechenden Tätigkeiten einführen. Damit lag eine wesentliche Verantwortung für den "Erfolg" des Freiwilligendienstes in ihrer Macht. Natürlich werden sich in nahezu jedem Fall auch bei der Einsatzstelle direkt die Vor- und Nachteile des freiwillige Dienste Leistenden auswirken. Allerdings kommt es darauf aber bei der Ableistung eines Freiwilligendienstes aller Generationen nicht konkret an, denn der Fokus dieser ehrenamtlichen Tätigkeit liegt nicht bei der jeweiligen Unterstützung (materieller oder finanzieller Art) bei der Einsatzstelle, die damit keine zusätzlich Arbeitskraft einspart, sondern vielmehr in der Förderung des Miteinanders unter den Generationen. Den Freiwilligen werden dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten übertragen, auf deren wirtschaftlichen Erfolg es gar nicht ankommt. Aufgrund dieses den Gemeinwohlbelangen dienenden Grundzwecks der freiwilligen Tätigkeit liegt die Hauptverantwortung – wie es bereits Niederschlag in der Dreiecks-Vereinbarung gefunden hat – bei der Klägerin als der Organisatorin des FDaG.

 

Diese Auffassung des Senats wird gestützt durch Literaturmeinungen, vgl. Lilienfeld in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 2018, § 2 SGB VII, Rn. 122; Dr. Konrad Leube in SGb 2011, S. 378 – 383 [380], "Freiwilligendienste im In- und Ausland – Unfallversicherung/Unfallverhütung und Arbeitsschutz"; Lauterbach/Schwerdtfeger, UV-SGB VII, § 2, Rn. 637 f; Riebel in Hauck/Noftz, SGB VII, 07/2017, § 2, Rn. 266 m. Danach sind die Freiwilligendienste (hier: Klägerin) organisatorische Gebilde als Träger der Dienste, die spezifische, staatlich geförderte Programme bürgerschaftlichen Engagements ausführen. Zuständiger Unfallversicherungsträger (hier: Beklagte) ist der, zu dem die Dienst tragende Institution (hier: Klägerin) gehört. Nach Dr. Leube (a.a.O.) ist dies der Maßnahmeträger, nicht die Einsatzstelle. Auch der Verband der gesetzlichen Unfallversicherungsträger hat in seinem Rundschreiben 0192/2010 vom 12.04.2010 speziell zur Thematik des FDaG ausgeführt, dass sich die Zuständigkeit ausnahmslos nach dem jeweiligen Maßnahmeträger richtet.

 

Da die gesetzlichen Regelungen in § 136 Abs. 3 SGB VII keine Ausführungen zum FDaG enthalten und dies bei anderen Freiwilligendiensten, wie dem BFD in § 136 Abs. 3 Nr. 7 SGB VII oder dem Jugendfreiwilligendienst in § 136 Abs. 3 Nr. 6 SGB VII, aber der Fall ist, geht der Senat mit dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers davon aus, dass mangels eigenständiger Regelung auf den Grundsatz in § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII zurückgegriffen werden sollte und die Klägerin als Maßnahmeträgerin und Unternehmerin in diesem Sinne für die Erhebung des Beitragszuschlags heranzuziehen ist.

 

Die Klage, die sich gegen die Bescheide der Beklagten zur Heranziehung der Klägerin für einen Beitragszuschlag in Höhe von 75,00 € richtet, war daher erfolglos und musste – entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Sozialgerichts – abgewiesen werden.

 

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Auch wenn die Entscheidung zu der Frage, ob entweder der Maßnahmeträger oder die Einsatzstelle als zuständiges Unternehmen vom Unfallversicherungsträger zu Beitragszuschlägen herangezogen werden können, für eine Vielzahl von gleichgelagerten Verfahren von Bedeutung sein kann, so ist indes in jedem Einzelfall gesondert nach den Gegebenheiten und im Einzelfall zu entscheiden. Die Entscheidung hat also keine generelle Bindungswirkung zur Folge, weshalb eine grundsätzliche Bedeutung nicht erkannt werden kann.

 

Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 sowie § 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

 

 

 

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