L 10 R 3981/21 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2576/21 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3981/21 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 24. November 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Der Antragsteller hat am 2. November 2021 beim Sozialgericht Mannheim (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, gegenüber der AOK B festzustellen, dass er dort spätestens seit dem 1. Juni 2021 als Rentner (kranken-)pflichtversichert ist, sowie weiter festzustellen, dass die AOK B nicht berechtigt sei, wegen möglicher Beitragsrückstände aus dem freiwilligen Krankenversicherungsverhältnis Leistungen aus dem Krankenpflichtversicherungsverhältnis zu verweigern, die AOK B zu verpflichten, aus dem Krankenpflichtversicherungsverhältnis Leistungen zu erbringen sowie der AOK B zu verbieten, weiterhin Beiträge aus dem freiwilligen Krankenversicherungsverhältnis zu erheben sowie seine Krankenkassenkarte (Gesundheitskarte) freizuschalten. Beigefügt war der Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. September 2021, mit welchem dem Antragsteller auf seinen Antrag vom 6. Mai 2021 Regelaltersrente ab dem 1. Juni 2021 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 238,22 € bewilligt worden war.

Mit Schreiben vom 8. November 2021 teilte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit, die mit Bescheid vom 16. September 2021 bewilligte Regelaltersrente werde laufend in voller Höhe gezahlt. Ein Widerspruchsverfahren sei nicht anhängig. Die Prüfung, ob gegebenenfalls weitere rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen und in der Rentenberechnung zu berücksichtigen seien, könne der Antragsteller im Rahmen eines Überprüfungsantrages nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend machen. Der Antrag auf Überprüfung der Kontenklärung liege dort vor. Hierüber werde nach Abschluss des Verfahrens ein rechtsmittelfähiger Bescheid erlassen. Weiter bleibe anzumerken, dass die Regelaltersrente unter Berücksichtigung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) festgestellt worden sei.

Mit Beschluss vom 16. November 2021 hat das SG das Antragsverfahren gegen den Bescheid der AOK B vom 21. September 2021 sowie das weitere Antragsverfahren des Antragstellers gegen die AOK B abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 10 KR 2713/21 fortgeführt.

Mit Beschluss vom 24. November 2021 hat das SG den Antrag abgelehnt. Es hat ausgeführt, der Antragsteller begehre von der Antragsgegnerin eine Überprüfung, ob weitere Zeiten bei der Berechnung seiner Regelaltersrente zu berücksichtigen seien. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Rente werde laufend in voller Höhe gezahlt und ein Widerspruchsverfahren sei nicht anhängig. Die Prüfung, ob gegebenenfalls weitere rentenrechtliche Zeiten anzuerkennen und in der Rentenberechnung zu berücksichtigen seien, könne der Antragsteller im Rahmen eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X geltend machen. Es sei deshalb weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Beschluss ist dem Antragsteller am 26. November 2021 zugestellt worden. Mit am 9. Dezember 2021 beim SG eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller Fristverlängerung zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluss beantragt und Gegenvorstellung erhoben. Mit Verfügung vom 16. Dezember 2021 hat ihm das SG mitgeteilt, die Gegenvorstellung sei prozessual nicht zulässig. Er werde um Mitteilung gebeten, ob das Schreiben vom 6. Dezember 2021 als Beschwerde anzusehen sei. Mit am 22. Dezember 2021 beim SG eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller mitgeteilt, sein Schreiben vom 6. Dezember 2021 sei nunmehr als Beschwerde anzusehen.


II.

1. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. Selbst wenn das beim SG am 9. Dezember 2021 eingegangene Schreiben noch nicht als Beschwerde anzusehen ist, da damit nur eine Fristverlängerung beantragt worden war, stellt das am 22. Dezember 2021 beim SG eingegangene Schreiben eine Beschwerde dar, die damit noch fristgerecht eingelegt worden ist.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung <ZPO>). Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds überwiegend wahrscheinlich sind. Dabei haben sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - juris Rdnr. 64; BVerfG, Beschluss vom 6. August 2014 - 1 BvR 1453/12 - juris Rdnr. 9). Eine Folgenabwägung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine Prüfung der materiellen Rechtslage nicht möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 - juris Rdnr. 20; Beschluss des Senats vom 31. Juli 2017 - L 7 SO 2557/17 ER-B - juris Rdnr. 21; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2017 - L 7 SO 4253/17 ER-B - juris Rdnr. 3; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rdnr. 19).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2017 - L 7 SO 2557/17 ER-B - juris Rdnr. 22; Beschluss vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rdnr. 20; vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 – L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Dezember 2017 - L 7 SO 4253/17 ER-B - juris Rdnr. 4; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rdnr. 20; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 9 AS 254/06 ER - juris Rdnr. 4). Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch dann kann aber nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Dezember 2017 - L 7 SO 4253/17 ER-B - juris Rdnr. 4; Beschluss vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rdnr. 20; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013 - L 15 AS 365/13 B ER - juris Rdnr. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 5. Februar 2007 - L 9 AS 254/06 ER - juris Rdnr. 4).

b) Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen hier nicht vor.

Fraglich ist bereits, ob der Antragsteller einen gegen die Antragsgegnerin gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt hat. Denn in der Antragsschrift vom 30. Oktober 2021 hat er als Antragsgegnerin die AOK B bezeichnet und auch nur Anträge gegenüber dieser formuliert. Ein Antrag kann allenfalls dem Vorbringen entnommen werden, die in dem Altersrentenbescheid festgestellte Rente sei zu niedrig angesetzt und damit sinngemäß als Antrag auf Berücksichtigung weiterer Zeiten bei der Berechnung der Regelaltersrente.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist weiter allein ein Anspruch gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das SG das Verfahren gegen die AOK B mit Beschluss vom 16. November 2021 abgetrennt und der Antragsteller dort die Rücknahme erklärt hat. Gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 145 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen. Eine Begründung des Beschlusses ist zwar nicht erfolgt. Die Trennung als prozessleitende Maßnahme ist jedoch nicht gesondert anfechtbar. Auch führt allein die fehlende Begründung nicht zur Unwirksamkeit oder Rechtswidrigkeit des Trennungsbeschlusses. Eine Trennung war jedenfalls zulässig, da der Antragsteller mit dem ursprünglichen Antrag mehrere Ansprüche gegen verschiedene Antragsgegner geltend gemacht hat und damit mehrere Streitgegenstände vorgelegen haben (vgl. Haupt/Wehrhahn in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 113 Rdnr. 11).

Ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sind keine Gründe ersichtlich, weshalb dem Antragsteller nicht zumutbar sein sollte, bis zu einer Entscheidung der Antragsgegnerin über einen Überprüfungsantrag bzw. über den Antrag auf Kontenklärung abzuwarten, zumal er nunmehr selbst vorträgt, Ziel seines ursprünglichen Antrags sei nicht die Überprüfung, ob weitere Zeiten bei der Berechnung seiner Regelaltersrente zu berücksichtigen seien, gewesen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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