L 8 BA 34/22 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 89 BA 57/21 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 34/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 15.2.2022 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 80.382,57 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 15.2.2022 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung Klage Az. S 89 BA 58/21) gegen den Bescheid vom 4.3.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2021 zu Recht abgelehnt.

Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und ausführlichen Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug, denen er sich inhaltlich in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Soweit sie mit ihrem Hinweis auf die Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide durch das Finanzamt Hagen wohl (erneut) geltend machen will, nicht sie selbst sei Arbeitgeberin der Hauswirtschaftskräfte gewesen, genügt dies nicht, um entsprechende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen sozialversicherungsrechtlichen Bescheide zu begründen. Dabei kann dahinstehen, welche konkreten Zweifel das Finanzgericht Münster zu seinem Hinweis an das Finanzamt Hagen und letzteres (dann) zu seiner Aussetzungsentscheidung bewogen haben. Der Sonderrechtsbereich sozialversicherungsrechtlicher Abwägungsentscheidungen erfordert eigenständige Würdigungen. Eine uneingeschränkte Parallelität zu anderen (Teil-)Bereichen der Gesamtrechtsordnung liegt insofern von vornherein nicht vor (vgl. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 24 m.w.N.; vgl. z.B. auch Senatsbeschl. v. 6.4.2022 – L 8 BA 166/20 B ER).

Soweit die Antragstellerin ergänzend vorträgt, die Antragsgegnerin müsse darlegen und beweisen, dass sie Arbeitgeberin der in den Seniorengemeinschaften tätigen Personen gewesen sei, verkennt sie die in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren geltenden Darlegungs- und Beweispflichten.

Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier der Klage, zumindest wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 14.4.2021 – L 8 BA 83/20 B ER; Beschl. v. 30.9.2019 – L 8 BA 7/19 B ER – juris Rn. 2). Tragen die vom prüfenden Rentenversicherungsträger getroffenen bzw. in verfahrensrechtlich zulässiger Weise verwerteten Feststellungen anderer Behörden (z.B. der Hauptzollämter) seine beitragsrechtliche Bewertung des Sachverhalts im angegriffenen Bescheid, bestehen an dessen Rechtmäßigkeit grundsätzlich keine überwiegenden Zweifel (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 30.9.2019 – L 8 BA 7/19 B ER – juris Rn.3). Es ist dann Sache des die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrenden Antragstellers, einen anderweitigen Sachverhalt glaubhaft zu machen, aufgrund dessen die beitragsrechtliche Bewertung des prüfenden Rentenversicherungsträgers wahrscheinlich nicht aufrecht zu erhalten sein wird. Gelingt dem Antragsteller dies nicht, sondern beschränkt er sich darauf, die Feststellungen des prüfenden Rentenversicherungsträgers zu bestreiten, oder ist der von ihm vorgetragene Sachverhalt lediglich ebenso gut möglich wie der vom prüfenden Rentenversicherungsträger angenommene, erweist sich der angefochtene Bescheid nicht wahrscheinlich als rechtswidrig, sodass die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet werden kann. Unschädlich ist, dass ggf. noch weitere Ermittlungen im Widerspruchs- bzw. Klageverfahren vorzunehmen sind (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 18.5.2020 – L 8 BA 241/19 B ER – juris Rn. 4 m.w.N.).

Vorliegend tragen die bisherigen Ermittlungsergebnisse die Annahme der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin diverse Personen für Tätigkeiten in den Seniorengewohngemeinschaften als Arbeitgeberin in den im Beitragsbescheid genannten Zeiträumen versicherungspflichtig beschäftigt hat. Ein anderer Sachverhalt ist von ihr nicht – wie vor dem Hintergrund des Akteninhalts zwingend notwendig – gem. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht worden. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass nach den Aktenunterlagen nahezu sämtliche im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Hilfspersonen stehenden organisatorischen Maßnahmen durch die von der Antragstellerin betriebene Agentur durchgeführt worden sind und sich im Gegensatz hierzu Anhaltspunkte für eine Eigenständigkeit der Seniorenwohngemeinschaften im streitigen Zeitraum nicht relevant finden lassen. Insbesondere hat es den von der Antragstellerin behaupteten Beirat mit relevantem Aufgabenbereich nach den vielfältigen übereinstimmenden Zeugenaussagen im Verfahren der Steuerfahndung jedenfalls im streitigen Zeitraum nicht gegeben.

Soweit die Antragstellerin zur Untermauerung ihrer (erneut) vertretenen Auffassung, die Hauswirtschaftskräfte seien nicht als beschäftigt, sondern als selbstständig zu qualifizieren eine Stellungnahme des Dr. A vorlegt, vermag dessen rechtlicher Einschätzung im gerichtlichen Verfahren naturgemäß keine relevante Bedeutung zuzukommen. Inhaltliche Aspekte, die die Ausführungen des Sozialgerichts unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Senats wie auch des Bundessozialgerichts relevant in Zweifel ziehen könnten, finden sich weder hier noch im sonstigen Vorbringen der Antragstellerin.

Ob sich aus der finanzgerichtlichen Akte selbst konkrete Anhaltspunkte ergeben, die eine andere Beurteilung zugunsten der Antragstellerin rechtfertigen, vermag der Senat im Eilverfahren nicht zu beurteilen. Die für die ursprünglich beantragte Beiziehung dieser Akte erforderliche Zustimmung der Eheleute K ist hier im Verfahren nicht erteilt worden. Der Antragstellerin bleibt es unbenommen, ergänzende Darlegungen im Hauptsacheverfahren, in dem insbesondere zu ihrer Arbeitgebereigenschaft weiter zu ermitteln sein wird, geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§161 Abs. 1, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER –  juris Rn. 30 m.w.N.).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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