L 3 U 4132/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 1977/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 4132/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.11.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Kosten für orthopädische Schuhe streitig.

Der im Jahr 1958 geborene Kläger erlitt ausweislich der aktenkundigen Unfallanzeige am 10.04.2007 einen Arbeitsunfall, indem er auf einer Unebenheit mit dem rechten Fuß umknickte. P beschrieb in seinem H-Arzt-Bericht vom 13.04.2007 am rechten Fuß eine Schwellung am Mittelfuß und lateralen Malleolus des oberen Sprunggelenks und eine schmerzhaft eingeschränkte Dorsalextension, schloss röntgenologisch eine Fraktur aus und diagnostizierte eine Außenbandruptur am oberen Sprunggelenk. Die magnetresonanztomographische Untersuchung des rechten Fußes bei B ergab am 04.07.2007 eine nicht-dislozierte Fraktur der Basis des Os Metatarsale 5 und keinen Nachweis einer Bänderruptur im Außenknöchel- oder Innenknöchelbereich. V gelangte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.11.2007 zu dem Ergebnis, die magnetresonanztomographisch gesicherte Fraktur sei als Folge des Arbeitsunfalls zu werten.

S gelangte im weiteren Verlauf in einer Stellungnahme zu einer Verordnung orthopädischer Hilfsmittel unter dem 27.01.2010 zu der Einschätzung, zur günstigen Fußabrollung seien semiorthopädische Schuhe mit Abrollhilfe dringend notwendig und ausreichend. Dem Kläger wurden sodann am 14.05.2010 semiorthopädische Schuhe auf Kosten der Beklagten verordnet. B1 von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T diagnostizierte in seinem Zwischenbericht über eine am 15.02.2011 durchgeführte Untersuchung des rechten Fußes eine knöchern konsolidierte MFK-5-Basisfraktur sowie unfallunabhängig einen Knick-Senkfuß und ein kleines Os tibiale externum und führte aus, ein Zusammenhang der vom Kläger nunmehr geklagten Beschwerden mit dem Arbeitsunfall und der regelrecht verheilten Fraktur liege nicht vor, so dass eine von der Beklagten zu übernehmende Heilbehandlung nicht empfohlen werde. Am 06.03.2012 führte die Beklagte aus, eine weitere Kostenübernahme komme nicht in Betracht, da Kostenträger die zuständige Krankenkasse sei, weswegen die Kosten der von der Beklagten zunächst genehmigten Ersatzbeschaffung der semiorthopädischen Schuhe mit Abrollhilfe wegen Verschleißes durch die zuständige Krankenkasse erstattet wurden (SG-Akte S 3 U 2583/12).

Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12.03.2012, die Kosten für die Schuhe, so wie bisher, zu übernehmen. Mit Bescheid vom 25.04.2012 stellte die Beklagte das Ereignis vom 10.04.2007 als Arbeitsunfall fest und führte aus, die Erkrankung ab 15.02.2011 sei nicht als Folge dieses Arbeitsunfalls anzuerkennen. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung würden insoweit nicht gewährt. Sie führte zur Begründung aus, der Arbeitsunfall habe zu einer Distorsion des Sprunggelenks rechts und einer nicht-dislozierten Fraktur des fünften Mittelfußknochens rechts geführt, welche folgenlos ausgeheilt seien. Die am 15.02.2011 festgestellten Gesundheitsschäden seien dem Arbeitsunfall nicht rechtlich wesentlich anzulasten. Hiergegen erhob der Kläger am 14.05.2012 Widerspruch. Es seien Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere eine Übernahme der Kosten für die erforderlichen orthopädischen Schuhe, zu gewähren. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2012 zurück. Sie stützte sich auf die in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T am 15.02.2011 beschriebenen Befunde.

Hiergegen erhob der Kläger am 03.08.2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn. Er beantragte, das hinkende Gangbild mit verminderter Abrollung am rechten Fuß, die Abflachung des rechten Fußlängsgewölbes, die Varusknickstellung am rechten Fuß sowie das Os tibiale externum seien Folgen des Arbeitsunfalls und die Beklagte sei zu verurteilen, ihm die Kosten für orthopädische Schuhe zu erstatten. Das SG Heilbronn holte das Vorerkrankungsverzeichnis der zuständigen Krankenkasse ein, befragte P, B sowie S schriftlich als sachverständige Zeugen und holte das Gutachten des L vom 17.09.2013 ein. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, dass eine ausgeheilte Bagatellverletzung mit Zerrung der Fußwurzel und des Mittelfußbereichs rechts vorliege. Es ließen sich im Bereich beider Füße richtungsweisende Veränderungen, traumatischer, degenerativer oder anlagebedingter Art, zum Beispiel in Ausprägung eines Senk-Spreizfußes oder Plattfußes, sicher ausschließen. Hier fänden sich seitengleich regelrechte Verhältnisse, altersentsprechend, ohne richtungsweisende krankhafte Veränderungszeichen. Die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik und geltend gemachte Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk sei nicht nachvollziehbar, da die ausgeheilten Folgen der Bagatellverletzung des Jahres 2007 eine solche Versorgung nicht begründen ließen. Daraufhin wies das SG Heilbronn mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2013 die von ihm als kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage ausgelegte Klage ab.

Mit Schreiben vom 19.03.2018 führte der Kläger aus, er leide immer noch unter starken Schmerzen und könne nicht richtig laufen. Er beantrage daher eine Übernahme der Kosten dieser orthopädischen Schuhe durch die Beklagte. Im weiteren Verlauf wies er darauf hin, dass die Beklagte die Kosten bereits in früheren Jahren übernommen habe. Mit Bescheid vom 15.05.2018 lehnte die Beklagte eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 25.04.2012 ab. Neue Tatsachen seien nicht vorgetragen worden. Unterlagen, die die getroffene Beurteilung widerlegen könnten, seien nicht vorgelegt worden. Es seien auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für eine Unrichtigkeit sprechen könnten. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 29.05.2018 Widerspruch. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2018 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 28.06.2018 Klage zum SG Heilbronn erhoben. Die Beklagte müsse die Kosten für seine orthopädischen Schuhe in Höhe von circa 900,00 € übernehmen.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2018 hat das SG Heilbronn die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine hinsichtlich der Unfallfolgen vorzunehmende Änderung des Bescheides vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 hinsichtlich der Unfallfolgen. Die Rechtskraft des Gerichtsbescheides des SG Heilbronn vom 26.11.2013 stehe einer erneuten Prüfung der Unfallfolgen entgegen. Daher stehe zwischen den Beteiligten rechtskräftig fest, dass die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen keine Folgen des Arbeitsunfalls seien. Der Kläger habe sein Begehren im vorangegangenen Gerichtsverfahren mit der Feststellungsklage verfolgt. Mit der Abweisung einer auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichteten Klage stehe das Gegenteil der begehrten Feststellung, nämlich das Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses fest. Der Kläger habe auch im Jahr 2018 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit orthopädischen Schuhen, da keine Unfallfolgen im Bereich des rechten Fußes mehr vorlägen. Dahingestellt bleiben könne, ob vorliegend die Versorgung mit orthopädischen Schuhen überhaupt medizinisch erforderlich sei. Wie bereits dargelegt, sei rechtskräftig festgestellt, dass keine Gesundheitsbeeinträchtigungen am rechten Fuß des Klägers mehr vorlägen, die Folgen des Arbeitsunfalls seien. Damit scheide eine Versorgung mit orthopädischen Schuhen zulasten der Beklagten aus.

Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Er benötige die orthopädischen Schuhe für seine Arbeit. Früher seien die Schuhe auch bezahlt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.11.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11.06.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Versorgung mit orthopädischen Schuhen im Jahr 2018 zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der klageabweisende Gerichtsbescheid des SG Heilbronn sei rechtmäßig.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Rechtsstreit mit den Beteiligten am 22.01.2019 erörtert. Der Senat hat über den Kläger und sodann über die zuständige Krankenkasse des Klägers Unterlagen über die von ihr mit Bescheiden vom 29.10.2014, 20.05.2015 und 07.04.2016 bewilligte Versorgung mit semiorthopädischen Schuhen und Weichpolstereinlagerungen sowie mit Bescheiden vom 07.03.2018 und 23.01.2019 bewilligte Versorgung mit einer Zurichtung des konfektionierten Schuhs mit Sohlenversteifung, Abrollsohle und Weichbettungseinlagen samt den die letzteren Versorgungen am konfektionierten Schuh befürwortenden Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 07.03.2018 und 23.01.2019 beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Heilbronn vom 12.11.2018 sowie des Bescheides der Beklagten vom 15.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11.06.2018 und die Verurteilung der Beklagten, die Kosten für eine Versorgung mit orthopädischen Schuhen im Jahr 2018 zu übernehmen. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Nicht (mehr) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ob die Beklagte darüber hinaus zu verpflichten ist, ihren Bescheid vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 abzuändern und ein hinkendes Gangbild mit verminderter Abrollung am rechten Fuß, eine Abflachung des rechten Fußlängsgewölbes, eine Varusknickstellung am rechten Fuß und das Os tibiale externum als Folgen des Arbeitsunfalls vom 10.04.2007 festzustellen. Denn dies hat der Kläger nach ausdrücklichem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht (mehr) beantragt.

Das SG Heilbronn hat völlig zu Recht dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit orthopädischen Schuhen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 Nr. 4, § 31 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) hat. Der Sachverhalt bietet keine Anhaltspunkte, dass über die mit Bescheid der Beklagten vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 festgestellten Unfallfolgen hinaus weitere Unfallfolgen vorliegen oder dass die festgestellten Unfallfolgen in Form einer folgenlos ausgeheilten Distorsion des Sprunggelenks rechts und einer folgenlos ausgeheilten nicht-dislozierten Fraktur des fünften Mittelfußknochens rechts eine Ausstattung des Klägers mit orthopädischen Schuhen rechtfertigen. Anhaltspunkte dafür, dass die insoweit überzeugenden Ausführungen des L in seinem Gutachten vom 17.09.2013, wonach die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik und geltend gemachte Versorgung mit orthopädischem Schuhwerk nicht nachvollziehbar ist, da die ausgeheilten Folgen der Bagatellverletzung des Jahres 2007 eine solche Versorgung nicht begründen lassen, keine Geltung mehr haben sollen, bietet der Sachverhalt nicht, zumal auch die Ärzte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg in ihren Stellungnahmen vom 07.03.2018 und 23.01.2019 lediglich eine Zurichtung am konfektionierten Schuh mit Schuhsohlenversteifung, Abrollsohle und Weichbettungseinlagen befürworten.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Kläger auch keinen Anspruch auf eine hinsichtlich der Unfallfolgen vorzunehmende Änderung des Bescheides der Beklagten vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – selbst wenn dies (noch) Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen wäre – hätte, da nach den zutreffenden Ausführungen des SG Heilbronn in der mit der Berufung angegriffenen Entscheidung einer erneuten Prüfung der Unfallfolgen die Rechtskraft des die Feststellung weiterer Unfallfolgen gemäß § 102 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in Verbindung mit § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sowie § 8 SGB VII ablehnenden Gerichtsbescheides des SG Heilbronn vom 26.11.2013 entgegenstünde. Dafür, dass das SG Heilbronn in seinem Gerichtsbescheid vom 26.11.2013 zu Recht von einer Feststellungsklage ausgegangen ist, spricht zum einen der Umstand, dass der damals von einem Rechtsanwalt vertretene Kläger in der Klagebegründungsschrift vom 17.09.2012 unter Nr. 1 beantragt hat „das hinkende Gangbild mit verminderter Abrollung am rechten Fuß, die Abflachung des rechten Fußlängsgewölbes, die Varusknickstellung am rechten Fuß sowie die Os tibiale externum sind Folgen des Arbeitsunfalles vom 10.04.2007“, während er unter Nr. 2 den für eine Verpflichtungsklage üblichen Terminus „wird verurteilt, dem Kläger die Kosten für die orthopädischen Schuhe nach Maß zu erstatten“ verwendet hat. Zum anderen hat er auf den Hinweis des SG Heilbronn vom 05.11.2012, „Einzig der Klageantrag Ziff. 1) (Feststellung weiterer Unfallfolgen) dürfte zulässig sein“, eine andere und auf eine Verpflichtungsklage abzielende Formulierung des Klageantrags nicht vorgenommen. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass auch eine Überprüfung des Bescheides der Beklagten vom 25.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2012 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X nicht zu einem für den Kläger günstigen Ergebnis führen würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei Erlass dieses Bescheides das Recht unrichtig angewandt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, sieht der Senat unter Zugrundelegung der überzeugenden Ausführungen des B1 von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T in seinem Zwischenbericht über die am 15.02.2011 durchgeführte Untersuchung und des Gutachtens des L vom 17.09.2013 nicht.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.

Rechtskraft
Aus
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