L 5 KR 2044/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 722/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2044/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.05.2019 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.06.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 9.790,00 € festgesetzt.



Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege.

Die Klägerin ist Mitglied im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. und betreibt in K im Landkreis E eine vollstationäre Pflegeeinrichtung. Hierbei handelt es sich um eine zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne von § 43 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Zu den Leistungen zählen unter anderem palliative Leistungen und Beatmungsleistungen. Eine vertragliche Beziehung gem. § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Erbringung häuslicher Krankenpflege bestand im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen den Beteiligten nicht.

Der 1943 geborene Versicherte der Beklagten W (im Folgenden: der Versicherte) lebte vom 04.07.2012 bis zu seinem Todestag am 24.10.2012 im Haus der Klägerin. Er erhielt seit Februar 2011 Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung nach Pflegestufe II. Das Krankenhaus vom R in S2 stellte ihm unter dem 04.07.2012 eine Verordnung über Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form von Vermeidungspflege aus. Wegen persistierender Immobilität und Beatmungspflichtigkeit aufgrund hyperkapnisch-hypoxischer Ateminsuffizienz bei COPD und Obesitas-Hypoventilationssyndrom wurde insbesondere die nächtliche invasive Beatmung des Versicherten verordnet. Entsprechende Folgeverordnungen stellte der Internist des Versicherten B unter dem 27.07.2012 für die Zeit bis 30.09.2012 aus.

Mit Schreiben vom 04.07.2012 übermittelte die Klägerin der Beklagten den „Überleitungs- und Berichtsbogen für beatmete Menschen“ als Anlage zur ärztlichen Verordnung über häusliche Krankenpflege vom 04.07.2012 zur Genehmigung. Mit Schreiben vom 23.07.2012 übersandte sie der Beklagten die Originalverordnung und beantragte eine Kostenzusage für den Mehraufwand der Beatmung.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) stellte in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 31.07.2012 durch S fest, dass bei dem Versicherten eine chronische Lungenerkrankung vorliege, er mit einem Tracheostoma versorgt und darüber nächtlich beatmet werde. Die verordnete häusliche Krankenpflege während der nächtlichen Beatmungszeit sei medizinisch begründet. Weiterhin bat der MDK um Wiedervorlage mit Pflegedokumentation sowie den Beatmungs- und ggf. Absaugprotokollen.

Mit Rechnungen vom 06.11.2012 forderte die Klägerin von der Beklagten die Vergütung des Mehraufwandes wegen der Beatmung des Versicherten in Höhe von jeweils 110,00 € pro 24 Stunden für die Zeit vom 04.07.2012 bis zum 31.07.2012 in Höhe von 3.080,00 €, für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von 3.410,00 € und für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von 3.300,00 €. Dem an die Beklagte gerichteten Anschreiben vom 09.11.2012 legte sie die Beatmungskontrollblätter bei.

Mit Schreiben vom 18.02.2013 und 19.04.2013 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den Vertrag über die Zulassung und Abrechnung von Behandlungspflege vorzulegen.

Mit Schreiben vom 03.05.2016 mahnte die Klägerin die Begleichung der Forderungen an und verwies auf den zwischenzeitlich vorliegenden Schiedsspruch der Schiedsperson Z nach § 132a SGB V zwischen der Klägerin und einer anderen Krankenkasse (dazu L 5 KR 2097/20).

In einem Telefonat vom 12.05.2016 wies die Beklagte auf fehlende Unterlagen hin, die der MDK am 30.10.2012 von der Klägerin angefordert habe (Pflegedokumentation über 2 Wochen, Beatmungsprotokolle, Absaugprotokolle). Mit Schreiben vom 01.06.2016 erinnerte die Beklagte an die Übersendung der fehlenden Unterlagen. Mit Schreiben vom 01.06.2016 übersandte die Klägerin die Beatmungskontrollblätter für die Zeit vom 04.07. bis 30.09.2012 sowie die Pflegedokumentation für die Zeit vom 05.07. bis 31.07.2012.

Im Gutachten vom 16.08.2016 stellte der MDK (P) anhand der Beatmungskontrollblätter und Berichtsblätter fest, dass es sich bei dem tracheotomierten Versicherten um einen krankheitsbedingt intensiv pflegebedürftigen Menschen gehandelt habe. Er habe eine spezielle Krankenbeobachtung mit ständiger Interventionsbereitschaft aus vitaler Indikation 24 Stunden pro Tag benötigt. Anhand der zur Verfügung gestellten Beatmungskontrollblätter könne jedoch keine Aussage gemacht werden, ob und in welchem Umfang der Versicherte beatmet worden sei. Es seien weder ein Zeitraum, noch die Beatmungsparameter wie z.B. Beatmungsform, Behandlungsfrequenz, Beatmungsvolumen und Beatmungsdruck dokumentiert worden. Als indirekte Hinweise für eine möglicherweise durchgeführte nächtliche Beatmung seien das von der Beklagten ausgelieferte Beatmungsgerät und in der Pflegedokumentation die Einträge in den Abendstunden am 19.07.2012, 26.07.2012 und 28.07.2012 zu werten, in denen dokumentiert worden sei, dass der Versicherte nicht an das Beatmungsgerät angeschlossen habe werden wollen.

Im Telefonat vom 03.11.2016 wies die Beklagte die Klägerin auf die unzureichenden Unterlagen hin und stellte eine Einzelfallprüfung in Aussicht.

Mit Schreiben vom 29.11.2016 wandte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte und forderte diese auf, ein Angebot abzugeben. Weiterhin verwies dieser auf mögliche Ansprüche nach Bereicherungsrecht. Daraufhin reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 09.12.2016 und teilte mit, dass die Leistung der Klägerin ohne vertragliche Vereinbarung erbracht worden seien. Aus diesem Grund könne sich die Beklagte an den außervertraglichen Mehrkosten der häuslichen Krankenpflege nicht beteiligen. Mit Schreiben vom 13.12.2016 antwortete die Klägerin hierauf und verwies unter Fristsetzung zur Zahlung bis 09.01.2017 auf ihre Ansprüche aus Bereicherungsrecht.

Mit Schreiben vom 23.01.2017 setzte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Frist bis zum 03.02.2017, der Schlichtung durch die Schiedsperson Ministerialdirigent a. D. Z aus Baden-Württemberg zuzustimmen. Nach Fristablauf müsse die Klägerin die Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmen lassen.

Mit Schreiben vom 03.02.2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die geltend gemachte Forderung dem Grunde und der Höhe nach als nicht berechtigt ansehe. Weiterhin erhebe sie die Einrede der Verjährung, weswegen sie dem Schlichtungsverfahren nicht zustimmen könne, weil sie dieses als obsolet betrachte. Weiterhin teile die Beklagte auch die sachlichen und rechtlichen Ausführungen zur Zuständigkeit der vorgeschlagenen Schiedsperson nicht.

Am 15.02.2017 hat die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben und zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Vergütung in Höhe von insgesamt 9.790,00 € zzgl. Zinsen zu verurteilen. Zuletzt hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, mit der Klägerin einen Einzelfallvertrag über die streitgegenständliche Beatmung des Versicherten abzuschließen und hieraus 9.790,00 € zzgl. Zinsen zu bezahlen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, aufgrund der Beatmung des Versicherten sei ein erheblicher Mehraufwand entstanden. Dieser sei weder über den vereinbarten Pflegesatz für die allgemeine Pflege abgedeckt noch werde er anderweitig vergütet. Gemäß § 132a Abs. 4 SGB V sei die Beklagte per Gesetz zum Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung verpflichtet gewesen. Eine Zustimmung zur Schlichtung sei von der Beklagten verweigert worden. Somit habe sie (die Klägerin) den Weg der direkten Klageerhebung wählen müssen. Ihr stünden zumindest Ansprüche nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu. Durch das Tätigwerden im Rahmen der Beatmung des Versicherten sei die Beklagte von Verbindlichkeiten resultierend aus dem Sachleistungsanspruch des Versicherten auf Gewährung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege befreit worden. Diese Ansprüche gegen die Beklagte seien durch die klägerische Leistungserbringung erfüllt worden und damit erloschen. Da zwischen den Beteiligten keine Einigung über die Vergütung erfolgt sei, bestünde für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit kein Rechtsgrund. Ferner habe die Beklagte von Anfang an die zusätzliche Leistung im Rahmen der Dauerbeatmung durch die Klägerin geduldet. Sie habe auch ein Interesse an der Leistungserbringung gehabt, weil sie ihrem Versicherten die Leistungen zur Verfügung habe stellen müssen. Es handele sich dabei auch nicht um reine Luxuszuwendungen. Daraus ergebe sich die Rechtsfolge des § 818 Abs. 2 BGB, somit Wertersatz nach marktüblichen Preisen. Zudem könne die Erstattungspflicht der Beklagten auch aus den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs und aus Geschäftsführung ohne Auftrag begründet werden. Weiterhin sei in der Einreichung der ärztlichen Verordnung stets der Antrag des Versicherten auf Gewährung der entsprechenden medizinischen Behandlungspflege durch die Klägerin zu sehen. Somit gelte die Fiktion der Genehmigung entsprechender Leistung gegen Vergütung durch die Beklagte bis zu einer Ablehnung. Aufgrund dessen, dass zwischen den Beteiligten Verhandlungen über die Forderungen der Klägerin stattgefunden hätten, seien die Ansprüche der Klägerin auch noch nicht verjährt. Insgesamt hätten diese Verhandlungen mindestens drei Monate angedauert. Die Verjährung von vier Jahren im Sinne des § 45 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sei gem. § 203 BGB gehemmt worden. Die Verjährung könne dann frühestens 3 Monate nach dem Ende der Hemmung eintreten. Dieses Ende sei in dem Schriftsatz vom 14.11.2016 zu sehen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung vorgetragen, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin vor Erhebung der Klage nicht die für die Beteiligten gemäß § 132a SGB V zuständige Schiedsperson angerufen habe. Die Beklagte habe sich nicht geweigert ein Schiedsverfahren durchführen zu lassen, sie sei nur nicht bereit gewesen, ein solches vor einer unzuständigen, von der Klägerin vorgeschlagenen Schiedsperson durchzuführen. Trotz dessen, dass zwischen den Beteiligten weder ein Rahmenvertrag noch eine Schiedsvereinbarung bestanden habe, entbinde dies nicht von der in § 132a SGB V normierten Verpflichtung, vor der Erhebung einer Klage zunächst ein Schiedsverfahren durchzuführen. Folglich bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis an der Erhebung der Klage, so auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2015 (L 5 KR 2883/13). Weiterhin sei die Klage auch unbegründet. Dies ergebe sich sowohl aus dem nicht durchgeführten Schiedsverfahren, so Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29.06.2017 (B 3 KR 31/15 R), als auch daraus, dass kein Vertrag zwischen den Beteiligten bestanden hat sowie aus dem Eintritt der Verjährung der von der Klägerin begehrten Zahlungsansprüche. Aus einer weiteren Entscheidung des BSG vom 17.05.2000 (B 3 KR 19/99 B) ergebe sich, dass im Falle des Nichtbestehens eines Vertrages zwischen den Leistungserbringern und der gesetzlichen Krankenkasse kein Vergütungsanspruch ersterer entstehen könne. Auch Bereicherungsrecht komme nicht in Betracht. Etwaige Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten seien zudem entweder gemäß § 195 BGB nach Ablauf von 3 Jahren und somit mit Ablauf des 31.12.2015 oder gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nach Ablauf von 4 Jahren und somit mit Ablauf des 31.12.2016 verjährt. Verhandlungen zwischen den Beteiligten über zu leistende Zahlungen oder Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages hätten zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Ein Meinungsaustausch habe nicht stattgefunden. Die Mitarbeiterin der Beklagten, G. S1, mit welcher die Klägerin in telefonischem Kontakt gestanden habe, sei weder intern noch aufgrund ihrer Stellung in der Körperschaft der Beklagten berechtigt gewesen, in Verhandlungen mit der Klägerin über die geltend gemachten Ansprüche zu treten. Selbst wenn es vorliegend jedoch solche Verhandlungen gegeben hätte, seien die Ansprüche der Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung im Februar 2017 bereits verjährt gewesen, da eine vermeintlich verjährungshemmende Wirkung dieser vermeintlichen Verhandlungen längst beendet gewesen sei. Die Verhandlungen zwischen den Beteiligten seien nach dem Schreiben der Beklagten vom 19.04.2013 „eingeschlafen“. Diese eingeschlafene Verhandlung könne auch nicht durch eine spätere Verhandlung wiederaufleben. Des Weiteren bestehe auch kein allgemeiner Rechtsanspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages aus § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V. Ein solcher bestehe nur bei geeigneten und wirtschaftlich arbeitenden Erbringern von häuslicher Krankenpflege. Dazu trage die Klägerin nicht ausreichend vor.

Mit Urteil vom 17.05.2019 (berichtigt hinsichtlich des Kostentenors mit Beschluss vom 27.06.2019) hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von 9.790,00 € gegenüber der Beklagten. Die Klägerin und die Beklagte seien weder selbst noch über entsprechende Verbände vertragliche Beziehungen nach § 132a Abs. 2 SGB V eingegangen. Die Klage sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits aufgrund des fehlenden Schiedsverfahrens unzulässig bzw. unbegründet. Entgegen der Vorschrift des § 132a Abs. 2 Satz 6 und 7 SGB V hätten die Beteiligten vorliegend kein Schiedsverfahren durchführen müssen. Ausweislich dieser Vorschriften sei in den Verträgen zu regeln, dass im Falle von Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlege. Einigten sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so werde diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Somit kämen Schiedsverfahren dann zur Anwendung, wenn bereits vertragliche Beziehungen existierten oder man sich zumindest teilweise darauf geeinigt habe, sich einem Schiedsspruch zu unterwerfen; über die Frage, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen werde, könne kein Schiedsverfahren durchgeführt werden. Gerichtlicher Rechtsschutz sei damit in Fällen geboten, wo der Vertragsschluss von vornherein verweigert werde und eine Schlichtung deshalb nicht greifen könne. Dies bestätige auch das BSG im Urteil vom 13.05.2004 (B 3 KR 2/03 R). Ein Vertrag bestehe zwischen den Beteiligten jedoch gerade nicht. Insofern sei es gerichtlich überprüfbar, inwiefern der Klägerin ein Vergütungsanspruch für Leistungen der häuslichen Krankenpflege gegenüber der Beklagten zustehe. Ein solcher Anspruch bestünde indes nicht. Ein Vergütungsanspruch ergebe sich insbesondere nicht aus der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (im Folgenden HKP-RL). Zunächst bestünden für das erkennende Gericht Zweifel an der konkreten Ausgestaltung der nächtlichen Beatmung bei dem Versicherten. Diesbezüglich gebe der MDK in seinem Gutachten vom 16.08.2016 an, dass weder Beatmungsparameter, wie z.B. Beatmungsform, Beatmungsfrequenz, Beatmungsvolumen oder Beatmungsdruck dokumentiert seien. Als Indizien für eine durchgeführte Beatmung habe er lediglich den Umstand gewertet, dass der Versicherte an den Abenden des 19.07.2012, 26.07.2012 und 28.07.2012 nicht an das Beatmungsgerät angeschlossen habe werden wollen. Vorliegend könne es jedoch offenbleiben, inwiefern die Beatmung des Versicherten in der Zeit vom 04.07.2012 bis zum 30.09.2012 durch die Klägerin stattgefunden habe. Denn angesichts der fehlenden vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten nach § 132a Abs. 2 SGB V, komme es hierauf nicht entscheidend an. Dies ergebe sich auch aus § 6 Abs. 6 HKP-RL. Die Norm stelle keine eigene, von den gesetzlichen Vorschriften unabhängige Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Leistungserbringer dar, sondern setze ebenfalls eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse voraus (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 KR 18/15 R). Ohne vertragliche Beziehungen zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Leistungserbringer nach § 132a Abs. 2 SGB V für Leistungen der häuslichen Krankenpflege komme ein Vergütungsanspruch nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall könne sich zunächst nicht daraus ergeben, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungs- und Vergütungsvertrages gehabt habe. Aufgrund ihrer vorgetragenen vertraglichen Beziehungen zu anderen Krankenkassen hätten zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen ihre Eignung und Befähigung bestanden, und in ihren Anträgen auf Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege könne zugleich auch ein Antrag auf Abschluss eines Vertrages für den Einzelfall liegen. Gerade aber bezüglich der Versorgung des Versicherten sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, mit der Klägerin einen Versorgungs- und Vergütungsvertrag zu schließen, bevor nicht die Sach- und Rechtslage - insbesondere die medizinische Notwendigkeit der Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege - abschließend geklärt gewesen sei. Nach § 6 Abs. 1 HKP-RL bedürften die vom Versicherten durch Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung beantragten Leistungen der Genehmigung durch die Krankenkasse. Soweit § 6 Abs. 6 HKP-RL abweichend davon bereits für die Zeit vor der Erteilung der Genehmigung die Leistungserbringung allein aufgrund einer vertragsärztlichen Verordnung zulasse, könne diese Regelung nicht ohne Weiteres über ihren Wortlaut hinaus auf vertragslose Leistungserbringer ausgedehnt werden (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 KR 18/15 R). Im Übrigen habe zwar jeder Leistungserbringer, der die qualitativ-fachlichen, personellen und räumlichen Voraussetzungen erfülle, einen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages. Die Verweigerung eines Vertragsschlusses stelle für den abgelehnten Leistungserbringer jedoch einen Verwaltungsakt dar. Vorliegend sei ein solcher den Vertragsschluss verweigernder Verwaltungsakt (noch) nicht ersichtlich. Die Kammer weise jedoch darauf hin, dass der Abschluss des Versorgungsvertrages nicht statusbegründend sei, sodass keine grundsätzlichen Bedenken bestünden, im Einzelfall einen Vertrag auch rückwirkend abzuschließen, im günstigsten Fall sogar rückwirkend bis zum Beginn der Tätigkeit. Ein weiterer Ausnahmefall in Form eines Notfalles entsprechend § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei ebenfalls nicht gegeben. An einer vergleichbaren gesetzlichen Regelung für die Inanspruchnahme von häuslicher Krankenpflege fehle es (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 20.04.2016, B 3 KR 18/15 R). Inwiefern der Gedanke des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V analog zu übertragen sei, könne jedoch im Ergebnis offenbleiben. Denn dazu müsse ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf vorliegen, der sofort befriedigt werden müsse und keine Zeit zum Aufsuchen oder Herbeirufen von zugelassenen Leistungserbringern belasse. Anhaltspunkte hierfür ließen sich weder dem Vorbringen der Beteiligten noch den vorliegenden Unterlagen entnehmen. Zudem ergebe sich zwar aus dem vorgelegten, einen anderen Fall betreffenden, Schiedsspruch vom 05.04.2016, dass die Klägerin die einzige Pflegeeinrichtung zur dauerhaften Versorgung zu beatmender Patienten im Landkreis E sei. Vorliegend sei der Versicherte jedoch in S2 wohnhaft und zuletzt stationär im Krankenhaus vom R, S2 untergebracht gewesen. Die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie mit anderen Krankenkassen Verträge gem. § 132a SGB V im Großraum S2 abgeschlossen habe. Somit könne sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass der von ihr im streitgegenständlichen Zeitraum versorgte Versicherte die betreffenden Leistungen zeitgerecht nicht anders als durch ein vertragsloses Unternehmen in Anspruch habe nehmen können. Weitere Anspruchsgrundlagen kämen vorliegend nicht in Betracht. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringungsrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Kostenträger entgegenstünden, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt sei. Solche Ansprüche schieden also insbesondere aus, wenn besondere Bestimmungen das Verhältnis zwischen den Beteiligten abweichend regelten oder wenn Vorschriften des öffentlichen Rechts eine erschöpfende Regelung vorsähen, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht erlaubten. So verhalte es sich hier. §§ 132, 132a SGB V sähen zwingend den Abschluss entsprechender vertraglicher Vereinbarungen voraus, bevor ein Leistungserbringer im Bereich der häuslichen Krankenpflege wirksam Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen und abrechnen könne. Dieses Konzept könne seine insbesondere wettbewerbliche und qualitätssichernde Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn Leistungserbringer, die mangels Vertragsschluss nicht zur Leistungserbringung zugelassen seien und deren vertragslose Leistungen auf die Einhaltung vertraglich zu regelnder Qualitätsanforderungen durch die Krankenkasse nicht überprüfbar seien, ihre dennoch erbrachten Leistungen immer über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis vergütet bekämen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 24.05.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.06.2019 zum LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend macht sie geltend, es sei zwar richtig, dass noch keine vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten bestünden. Dennoch könne nicht davon ausgegangen werden, dass weder Ansprüche auf Zahlung noch auf Abschluss eines Vertrages zur Versorgung des Versicherten der Beklagten mit häuslicher Krankenpflege bestünden. Sie erfülle die qualitativ-fachlichen, personellen und räumlichen Voraussetzungen und habe deshalb Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages. Mit ihrer Vergütungsaufforderung habe sie klar zum Ausdruck gebracht, dass sie im Einzelfall eine entsprechende Vereinbarung eines Entgeltes wünsche. Die Beklagte habe den Abschluss der Vergütungsvereinbarung willkürlich verhindert. Es liege damit eine Ausnahmesituation vor, aufgrund derer auch ohne vertragliche Regelung ein Vergütungsanspruch in Betracht komme. Zumindest habe sie einen Anspruch auf rückwirkenden Abschluss dieses Vertrages. Im Übrigen stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch hinsichtlich einer Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch aus Bereicherungsrecht zu. Verjährung sei nicht eingetreten; aufgrund der Verhandlung sei der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt worden. Der Umfang der Beatmung und die ordnungsgemäße Erbringung ergebe sich aus den vorgelegten Beatmungskontrollblättern. Die Beklagte habe keine substantiierten Bedenken geäußert und nicht angegeben, welche konkreten Unterlagen zur Entscheidungsfindung angeblich noch fehlen sollen. Der Beleg dafür, dass die Personen, die bei der Klägerin die Beatmungsleistungen erbracht haben, geeignet gewesen seien, ergebe sich außerdem aus dem Erfolg der Beatmung. Es sei lebensfremd, soweit die Beklagte entgegenhalte, dass eine Genehmigung der Leistung nach der HKP-RL nicht vorgelegen habe. Die Dauerbeatmung sei für den Versicherten der Beklagten ad hoc lebensnotwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.05.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,

mit der Klägerin einen Einzelfallvertrag wegen der Beatmung des Versicherten der Beklagten W, geb. 1943, für den abgeschlossenen Zeitraum vom 04.07.2012 bis zum 30.09.2012 in Höhe von kalendertäglich 110,00 € abzuschließen und hieraus 9.790,00 € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich seit 15.12.2016 zu bezahlen,

die Klägerin von den außergerichtlichen Kosten ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 887,03 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie führt aus, die Klägerin könne nicht im Klagewege den Abschluss eines Versorgungsvertrages begehren. Zuvor sei ein Schiedsverfahren durchzuführen. Ein solches sei auch durchzuführen, wenn die Vertragsparteien sich insgesamt nicht einigten. Ob der Klägerin ein Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages mit der Beklagten zustehe, sei im Rahmen eines Schiedsverfahrens gemäß § 132a Abs. 4 Satz 9 SGB V zu klären. Unzutreffend sei, dass die Beklagte ein Schiedsverfahren kategorisch ablehne. Einigten sich die Parteien nicht auf eine Schiedsperson, sei eine Schiedsperson durch die für die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde zu bestimmen. Die Klägerin habe nicht versucht, eine Schiedsperson durch die zuständige Aufsichtsbehörde bestimmen zu lassen. Dieses Versäumnis führe zwingend zur Unzulässigkeit der Klage. Jedenfalls könne die Beklagte nicht zum Vertragsabschluss hinsichtlich einer bestimmten Vergütungshöhe verurteilt werden. Darüber hinaus bestehe der Anspruch auf Abschluss eines Vertrages auch in der Sache nicht, da die Klägerin bis heute nicht die erforderlichen Informationen an die Beklagte übermittelt habe, damit geprüft werden könne, ob die Klägerin mit personeller und fachlicher Eignung die Leistung habe erbringen können. Schließlich habe die Klägerin ihren vermeintlichen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages erstmals in der Verhandlung beim SG am 17.05.2019 geltend gemacht, mithin über sechs Jahre nach der Leistungserbringung. Der Anspruch auf Vertragsabschluss sei daher jedenfalls verjährt. Vertragsverhandlungen zwischen den Beteiligten hätten zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Entgegen der Auffassung des SG könne ein Versorgungsvertrag nicht rückwirkend abgeschlossen werden. Dem stünde die Rechtsprechung des BSG nicht entgegen (Urteil vom 24.01.2008, B 3 KR 2/07 R), da dort die Beklagte selbst eine Rückwirkung ausgesprochen habe, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zahlung der konkret geltend gemachten Vergütung. Es fehle an einer Vergütungsvereinbarung, jedenfalls hinsichtlich der Höhe der Vergütung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.06.2017, B 3 KR 31/15 R) sei eine vor Durchführung eines Schiedsverfahrens verfrüht erhobene Klage als unbegründet abzuweisen. Auch direkt aus der HKP-RL ergebe sich kein Zahlungsanspruch. Ein Fall, in dem nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise auch ein Vergütungsanspruch ohne vertragliche Grundlage bestehe, liege nicht vor. Ein Anspruch auf Grundlage gesetzlicher Schuldverhältnisse wie der Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung scheide aus. Jedenfalls seien die Ansprüche zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt gewesen. Zu einer etwaigen Hemmung der Verjährung führende Verhandlungen hätten nicht stattgefunden. Die Klägerin habe der Beklagten allein ihre Forderung mitgeteilt. Die Beklagte habe von der Klägerin weitere Unterlagen angefordert, damit (nicht sie, sondern der MDK) die Forderung der Klägerin prüfen und bearbeiten könne; hierin liege keine Verhandlung im Sinne des § 203 BGB. Unabhängig hiervon sei die Mitarbeiterin der Beklagten S1 einfache Mitarbeiterin des Versichertenservice der Beklagten, die weder intern berechtigt gewesen sei noch aufgrund ihrer Stellung in der Körperschaft der Beklagten ein Außenstehender den Eindruck habe gewinnen können, dass sie berechtigt gewesen sei, in Verhandlungen mit der Klägerin über gegenüber der Beklagten geltend gemachte Ansprüche zu treten. Es werde zudem mit Nichtwissen bestritten, dass die Beatmung indiziert und notwendig gewesen sei und von geeigneten Personen durchgeführt worden sei. Aus den Beatmungskontrollblättern ergebe sich auch nicht, wer die Beatmung konkret durchgeführt habe. Die persönliche und fachliche Geeignetheit der leistungserbringenden Personen sei deshalb nicht überprüfbar. Es fehle weiterhin ein Sachvortrag der Klägerin zu ihrer betriebswirtschaftlichen Kalkulation und, welche konkrete Kostenhöhe für eine derartige Beatmung als marktüblich anzunehmen sei. Ohne substantiierten Vortrag der Klägerin hierzu könne nicht von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ausgegangen werden. Leistungen der häuslichen Krankenpflege bedürften zudem gem. § 6 Abs. 1 HKP-RL der Genehmigung durch die Beklagte; eine solche Genehmigung sei vorliegend nicht erteilt worden.

Die Berichterstatterin hat am 26.03.2021 mit den Beteiligten die Rechts- und Sachlage erörtert.

Die zunächst selbst eingelegte Berufung hinsichtlich des Kostentenors hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.10.2019 für erledigt erklärt, nachdem das SG mit Beschluss vom 27.06.2019 das Urteil insoweit berichtigt hat. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sich dieser Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung am 18.08.2021 angeschlossen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere bedurfte sie nicht der Zulassung, da die Beschwer der Klägerin mit 9.790,00 € zu beziffern ist, so dass der Beschwerdewert von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.

II. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Gegenstand des Klageverfahrens ist ausweislich des zuletzt in der mündlichen Verhandlung beim SG gestellten Antrags das Begehren der Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, mit ihr einen Einzelfallvertrag wegen der Beatmung des Versicherten der Beklagten für den Zeitraum vom 04.07.2012 bis 30.09.2012 in Höhe von kalendertäglich 110,00 € abzuschließen und „hieraus“ eine Vergütung in Höhe von 9.790,00 € nebst Zinsen zu bezahlen. Daneben wird die Freistellung von außergerichtlichen Kosten begehrt. Aus der Formulierung des Antrags ergibt sich, dass sich das Zahlungsbegehren ausdrücklich auf den begehrten Vertrag bezieht, so dass (etwaige) außervertragliche Ansprüche nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens sind.

2. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags Ziff. 1) bereits unzulässig.

a) Die Klägerin hat zwar mit der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG die zutreffende Klageart gewählt. Denn dem begehrten Vertrag liegt ein Gleichordnungsverhältnis zwischen den Vertragspartnern zugrunde. Ein für eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG erforderlicher Verwaltungsakt hat nicht zu ergehen. Es fehlt an einem Über-/Unterordnungsverhältnis, das Voraussetzung für den Erlass eines Verwaltungsakts nach § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist. Dem Abschluss eines Vertrages nach § 132a SGB V ist auch keine isolierte Prüfung der Voraussetzungen im Rahmen eines hoheitlichen Verfahrens vorweggeschaltet. Die Prüfung der Kriterien für die Erbringung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege erfolgt vielmehr beim Abschluss des Vertrages über die Dienstleistung häusliche Pflege zwischen dem Pflegedienst und einzelnen Krankenkassen (BSG, Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 14/02 R -, in juris).

b) Der Klägerin fehlt für die Durchsetzung ihres geltend gemachten Anspruchs auf Abschluss eines Vertrages nach § 132a SGB V jedoch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage; es ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Trotz Vorliegens einer (formellen) Beschwer kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 41/12 R -, in juris Rn. 24 m.w.N.). Vorliegend wurde der Rechtsweg von der Klägerin unnötig beschritten. Anders als in dem vom BSG mit Urteil vom 29.06.2017 (- B 3 KR 31/15 R -, in juris) entschiedenen Fall, wonach die Herbeiführung eines Schiedsspruchs keine Sachurteilungsvoraussetzung vor Erhebung der allgemeinen Leistungsklage ist, ist die Klage hier nicht isoliert auf die Zahlung der geltend gemachten Vergütung gerichtet. Das Begehren der Klägerin zielt vielmehr auf den Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung zwischen ihr und der Beklagten über die Vergütung von Leistungen zur häuslichen Krankenpflege, um eine Grundlage für die begehrte Zahlung zu schaffen. Im Fall einer Nichteinigung über einen Versorgungsvertrag sieht jedoch § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V aF (seit 01.01.2017 § 132a Abs. 4 Satz 7 SGB V, seit 01.01.2019 § 132a Abs. 4 Satz 9 SGB V) einen Konfliktlösungsmechanismus vor. Das von der Klägerin angestrebte Ergebnis kann damit auf einfachere Weise erreicht werden. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Schiedsverfahrens liegen auch vor. Die Beklagte hat im Schreiben vom 03.02.2017 unmissverständlich bekundet, dass sie nicht gewillt ist mit der Klägerin eine vertragliche Vereinbarung abzuschließen. Hierin liegt eine Nichteinigung im Sinne von § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V in der damals seit 21.12.2015 geltenden Fassung des Gesetzes für die sichere digitale Kommunikation und Anwendung im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 21.12.2015 (BGBl. I 2408). Auf die Gründe für die ablehnende Haltung der Beklagten kommt es hierbei nicht an. Dass sie mit der von der Klägerin benannten Schiedsperson nicht einverstanden war, stand der Durchführung eines Schiedsverfahrens nicht entgegen. Denn § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V aF (jetzt § 132a Abs. 4 Satz 10 SGB V) sieht für diesen Fall vor, dass die Schiedsperson von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt wird. 

Die Möglichkeit ein Schiedsverfahren durchzuführen, ist auch nicht durch Zeitablauf entfallen. Das Schiedsverfahren unterliegt keiner Ausschlussfrist (BSG, Urteil vom 29.06.2017 - B 3 KR 31/15 R -, in juris Rn. 54). Versorgungsverträge im Bereich der häuslichen Krankenpflege können auch noch rückwirkend abgeschlossen werden, weil derartige Verträge nicht statusbegründend sind (BSG, Urteil vom 29.06.2017 - B 3 KR 31/15 R -, in juris). Der geltend gemachte vertragliche Zahlungsanspruch ist auch noch nicht verjährt, weil die vertragliche Grundlage bislang nicht existiert, so dass der Anspruch noch gar nicht entstehen und damit fällig werden konnte (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2017 - B 3 KR 31/15 R -, in juris).


c) Darüber hinaus ist die allgemeine Leistungsklage auch deshalb unzulässig, weil es an der entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG erforderlichen Klagebefugnis fehlt. Die Möglichkeit, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines Versorgungsvertrages mit dem konkret formulierten Inhalt zusteht, besteht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt. Grundsätzlich hat zwar jeder Leistungserbringer, der die qualitativ-fachlichen, personellen und räumlichen Voraussetzungen erfüllt, einen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 132a SGB V. Über das Bestehen dieses Rechtsanspruchs können die Sozialgerichte (auf entsprechenden Antrag hin und unter Darlegung der Voraussetzungen) auch entscheiden. Die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses unterliegt jedoch der Vereinbarung der Vertragsparteien; kommt keine Einigung zustande, wird der Vertragsinhalt durch eine unabhängige Schiedsperson festgelegt. Der Schiedsspruch kann dann ggf. im Wege einer Ersetzungsklage einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden. Eine Klage, die (ohne Schiedsspruch) direkt darauf abzielt, die Krankenkasse zum Abschluss eines Vertrages mit einem konkreten Inhalt zu verurteilen, kann dagegen von vornherein nicht zum Erfolg führen, weil die Sozialgerichte nur befugt sind im Wege einer Ersetzungsklage die Vertragsinhalte (nach billigem Ermessen) festzulegen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 3 KR 26/15 R -, in juris Rn. 17ff.). 

d) Die Unzulässigkeit der Klage auf Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines Vertrages nach § 132a SGB V zieht die Unzulässigkeit der Klage auf Zahlung von 9.790,00 € aus diesem Vertrag („hieraus“) nach sich.

3. Hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 2) ist die Klage zwar zulässig, jedoch unbegründet. (Jedenfalls) mangels Erfolg des Klageantrags Ziff. 1) steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Freistellung von ihren Kosten für das außergerichtliche Verfahren zu. 

4. Für den Fall, dass meistbegünstigend davon auszugehen wäre, dass Gegenstand der Klage auch nichtvertragliche Zahlungsansprüche sind, ist die Klage zwar zulässig, aber ebenfalls unbegründet. Denn etwaige Ansprüche bestehen nicht und sind außerdem verjährt.

Außervertragliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von 9.790,00 € für die Versorgung des Versicherten im Zeitraum vom 04.07.2012 bis zum 30.09.2012 bestehen nicht. Da die Klägerin nicht gehindert war, ein Schiedsverfahren selbst zu initiieren, kommen weder bereicherungsrechtliche Ansprüche (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 812 ff. BGB) noch Schadensersatzansprüche (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. z.B. § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1, § 242 BGB) der Klägerin gegen die Beklagte in Betracht. Ein Anspruch auf Zahlung folgt auch nicht direkt aus § 6 Abs. 6 der HKP-RL; die Regelung enthält keine eigene, von den gesetzlichen Vorschriften unabhängige Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Leistungserbringer, sondern setzt ebenfalls eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse voraus (BSG, Urteil vom 20.04.2016 - B 3 KR 18/15 R -, in juris Rn. 22 zur HKP-RL in der Fassung vom 17.01.2008). Nur in besonderen Ausnahmefällen kommen Vergütungsansprüche zwischen dem Leistungserbringer nach § 132a SGB V und der Krankenkasse ohne vertragliche Beziehungen in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall ergibt sich nicht daraus, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages hatte. Denn die Klägerin war – unterstellt die Voraussetzungen für einen Versorgungsvertrag waren erfüllt – in der Lage, durch Einleitung eines Schiedsverfahrens einen Versorgungsvertrag herbeizuführen. Es besteht deshalb kein Grund von dem Erfordernis eines solchen vorliegend ausnahmsweise abzusehen. Anderes wäre nur für den Fall einer notstandsähnlichen Situation denkbar, die vorliegend aber nicht vorgelegen hat. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Versicherte die Leistung zeitgerecht nicht anders als durch ein vertragsloses Unternehmen in Anspruch nehmen konnte.  Nach § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V dürfen zwar im Notfall auch andere als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und die übrigen in Abs. 1 der Vorschrift genannten Einrichtungen und Krankenhäuser in Anspruch genommen werden und erwerben durch die Notfallbehandlung einen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse. Unabhängig davon, dass es für die Inanspruchnahme von häuslicher Krankenpflege an einer vergleichbaren gesetzlichen Regelung fehlt, lag auch kein Notfall in dem Sinne vor, wie ihn ein Behandlungsanspruch durch Nichtvertragsärzte voraussetzt. Denn dazu muss ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf vorliegen, der sofort befriedigt werden muss und keine Zeit zum Aufsuchen oder Herbeirufen von zugelassenen Leistungserbringern belässt (BSG, Urteil vom 20.04.2016 - B 3 KR 18/15 R -, in juris Rn. 30, m.w.N.). Eine notstandsähnliche Situation lag vorliegend bereits deshalb nicht vor, weil nicht erkennbar ist, dass der Versicherte gezwungen war, die Leistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Nach den – von der Klägerin nicht bestrittenen – Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung beim SG, standen Leistungserbringer mit Verträgen gem. § 132a SGB V zwischen diesen und der Beklagten im Großraum S2 zur Verfügung. 

Abgesehen davon wäre ein außervertraglicher Anspruch auf Zahlung von 9.790,00 € für die Versorgung des Versicherten im Zeitraum vom 04.07.2012 bis zum 30.09.2012 bereits vor Klageerhebung am 15.02.2017 verjährt gewesen. Die Beklagte hat insoweit zulässig die Verjährungseinrede erhoben. Ob für etwaige Ansprüche nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 812 ff. BGB ohnehin nur eine dreijährige Verjährungsfrist gilt (s. § 195 BGB), kann dahingestellt bleiben. Denn auch die vierjährige sozialrechtliche Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 SGB I war bei Klageerhebung bereits abgelaufen. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt gemäß § 45 Abs. 1 SGB I nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, hier also am 01.01.2013. Die Verjährungsfrist des § 45 SGB 1 SGB I endete damit noch vor Klageerhebung mit Ablauf des 31.12.2016. Der Lauf der Frist war entgegen der Auffassung der Klägerin jedenfalls nicht in relevantem Umfang gehemmt. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß (vgl. § 45 Abs. 2 SGB I). Eine Hemmung war nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB durch den Beginn eines „vereinbarten Begutachtungsverfahrens“ eingetreten. Bei der MDK-Prüfung nach § 275 Abs. 1 SGB V handelte es sich nicht um ein vereinbartes, sondern um ein gesetzlich unter bestimmten Voraussetzungen vorgeschriebenes Begutachtungsverfahren. Zwischen der Klägerin und der Beklagten schwebten auch keine Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, die die Verjährung hemmten (vgl. § 203 Satz 1 BGB). Der Begriff der „Verhandlungen“ ist zwar weit auszulegen (BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 71/12 R -, in juris m.w.N.). Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruches oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder dass Erfolgsaussicht besteht (zum Ganzen BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 71/12 R -, in juris m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Die Rechnungstellung, die Mahnung, die Anforderung und das Übersenden von Unterlagen sowie die Prüfung durch den MDK bilden keine „Verhandlungen“ im genannten Sinne. Erstmals im Telefonat vom 03.11.2016 ließ sich die Beklagte auf eine Erörterung über die Berechtigung des Anspruchs ein, indem sie eine Einzelfallprüfung zusagte. Auf den Anwaltsschriftsatz vom 29.11.2016 reagierte die Beklagte dann aber mit Schreiben vom 09.12.2016, das der Klägerin spätestens am 13.12.2016 zugegangen war, umgehend und lehnte jegliche Ansprüche ab. Allenfalls in diesem Zeitraum (03.11. bis 13.12.2016) konnte die Klägerin davon ausgehen, dass sich die Beklagte auf eine Erörterung über die Berechtigung des Anspruchs einlasse. Mit einer Hemmung von damit (allenfalls) 41 Tagen konnte die Klägerin am 15.02.2017 nicht mehr fristwahrend (Ablauf der Verjährungsfrist am 10.02.2017) Klage beim SG erheben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz endgültig auf 9.790,00 € festgesetzt. Die Zinsen und der zweite Hauptantrag wirken sich als Nebenleistungen nicht streitwerterhöhend aus.

V. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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