L 15 AS 109/19

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Bremen (NSB)
Aktenzeichen
S 21 AS 481/15
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 15 AS 109/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufungen gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 11. April 2019 werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. August 2014 streitig.

Der G. geborene alleinstehende Kläger beantragte beim Beklagten erstmals nach Beendigung seines Studiums im April 2013 Leistungen nach dem SGB II und stand anschließend von Mai bis Juni 2013 im Leistungsbezug. Zu diesem Zeitpunkt lebte er nach seinen Angaben gemeinsam mit seiner H. geborenen Schwester im Haushalt seiner Eltern im I. in J.. Im Verwaltungsverfahren hatte er zunächst erklärt, kostenfrei bei seinen Eltern zu wohnen, dann im weiteren Verlauf in der Anlage HG (Feststellung Haushaltsgemeinschaft) vom 14. Mai 2013 Kosten der Unterkunft i. H. v. 250 € monatlich mitgeteilt um schließlich mit weiterem nicht datiertem Schreiben, das am 15. Juli 2013 beim Beklagten einging, mitzuteilen, dass er die Miete bei den Eltern doch nicht bezahlen müsse.

Zum 1. Juli 2013 nahm der Kläger eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung als Versicherungskaufmann bei einer im Kreis K. ansässigen Firma auf, weshalb er dorthin umzog. Das Arbeitsverhältnis endete binnen der Probezeit zum 11. November 2013, was ihn veranlasste, nach L. zurückzuziehen. Die Ummeldung in die M. in L. erfolgte bereits zum 1. September 2013. Den Kontoauszügen des Klägers ist zu entnehmen, dass er ab September 2013 bis einschließlich März 2014 einen Betrag i. H. v. monatlich 300 € mit dem Verwendungszweck „SVWZ + Miete“ an Frau N. überwies, bei der es sich nach den weiteren Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 um dessen heutige Ehefrau handelt.

Im weiteren Verlauf beantragte der Kläger am 15. November 2013 beim Beklagten telefonisch Leistungen nach dem SGB II und übersandte mit Schreiben vom 19. November 2013, das am 28. November 2013 beim Beklagten einging, den Hauptantrag. In dem Formular erklärte er mit drei weiteren Personen im Haushalt unter der Adresse seiner Eltern im I. in L. zu wohnen. Die Frage zu etwaigen Kosten der Unterkunft und Heizung blieb unbeantwortet. Bereits im Oktober 2013 flossen dem Kläger ein Gehalt i. H. v. 3.500 € brutto bzw. 2.147,74 € netto, zwei Zahlungen der O. i. H. v. insgesamt 6.000 € mit dem Verwendungszweck „P. Vergleichsbetrag O. Erster Teilbetrag“ bzw. „Zweiter Teilbetrag“ und im November 2013 ein Gehalt i. H. v. 1.559,12 € brutto bzw. 1.049,04 € netto zu.

Am 1. November 2013 befanden sich auf den Konten des Klägers bei der Q. folgende Guthaben:

Tagesgeldkonto mit Kto.-Nr. R.                                                    5.508,30 €

Girokonto mit Kto.-Nr. S.                                                              8.442,97 €

Am 22. und 25. November 2013 überwies der Kläger mit insgesamt drei Überweisungen 9.000 € an den Zeugen T., seinem leiblichen Vater, was der Kläger dem Senat erst zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2021 zur Begründung eines Zeugnisverweigerungsrechts offenlegte.

Nachdem der Kläger sich im Februar 2014 beim Beklagten nach dem Bearbeitungsstand erkundigt hatte, forderte dieser ihn mit Mitwirkungsschreiben vom 5. Februar 2014 auf, unterschiedliche Antragsformulare und die Kontoauszüge ab dem 12. November 2013 bis laufend vorzulegen. Nach teilweiser Vorlage der geforderten Unterlagen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 6. März 2014 den Antrag des Klägers vom 25. (sic.) November 2013 auf Leistungen nach dem SGB II für den Monat November 2013 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Für die Zeit ab Dezember 2013 traf er keine Entscheidung. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers hob der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 27. August 2014 den Bescheid vom 6. März 2014 auf. Mit weiterem Schreiben vom 6. März 2014 verlangte er vom Kläger die Vorlage weiterer Kontoauszüge. Nach Eingang stellte der Beklagte die an den Zeugen T. erfolgten Überweisungen i. H. v. 9.000 € fest, was ihn veranlasste mit weiterem Bescheid vom 29. August 2014 den Antrag des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II vom „25. November 2013“ insgesamt, d. h. ohne zeitliche Begrenzung, mit der Begründung abzulehnen, dass der Kläger zur Zeit der Antragstellung über verwertbares Vermögen verfügt habe. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er zu keinem Zeitpunkt nach Dezember 2013 den Vermögensfreibetrag überschritten habe. Der Monat November 2013 sei zutreffend beschieden worden.

Am 8. September 2014 beantragte der Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II. Er teilte mit, bislang von seinem Ersparten gelebt zu haben. Im Antragsformular erklärte er, dass in seinem Haushalt zwei weitere Personen lebten, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft, jedoch zur Haushaltsgemeinschaft gehörten. Kosten der Unterkunft erklärte er i. H. v. 530 € (Grundmiete 400 €, Nebenkosten 95 € und Heizkosten 35 €). Als Vermieter gab er seinen Bruder, den Zeugen U., an und legte zum Beleg einen mit diesem angeblich am 15. Oktober 2013 geschlossenen Untermietvertrag über die Wohnung in der Neckarstr. 60, 28199 Bremen vor. Mietbeginn war danach der 1. November 2013. Zum Mietzins enthielt der Vertrag widersprüchliche Angaben, zum einen war unter § 2 Nr. 1 eine Grundmiete i. H. v. 400 € zzgl. einer Pauschale für die Nebenkosten i. H. v. 130 € andererseits unter § 2 Nr. 2 ein Mietzins inklusive der Vorauszahlung bzw. Pauschale i. H. v. 430 € geregelt. Aus den im weiteren Verlauf für die Zeit vom 30. Juni bis 5. September 2014 vorgelegten Umsatzübersichten zum Girokonto des Klägers ergaben sich Geldzuflüsse u. a. aus ebay Verkäufen. Im November 2014 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass der Untermietvertrag wegen bestehender Mietschulden gekündigt worden sei. Dazu legte er ein auf den 7. November 2013 datiertes Kündigungsschreiben des Zeugen U. vor, dass als Anschrift des Klägers den I., V. enthielt. Danach betrugen die Mietschulden bis zum 10. November 2014 6.360 €. Gleichzeitig legte der Kläger eine auf den 10. November 2013 datierte Korrektur zum Untermietvertrag vom 15. Oktober 2013 vor – ebenfalls adressiert an den Kläger unter der Adresse seiner Mutter, der Zeugin W..

Bei einer Vorsprache am 15. Dezember 2014 teilte der Kläger mit, dass er nunmehr seit dem 9. Dezember 2014 in einer Wohnung in der „X.“ in L. wohne. Diese Wohnung habe sein Bruder, der Zeuge U., an ihn untervermietet. Bei seinen Eltern habe er sich – entgegen seiner Angaben im Schreiben vom 10. November 2014 – nicht aufgehalten. Der Beklagte bewilligte dem Kläger schließlich mit den Bescheiden vom 8. September 2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21. Januar 2015 und 13. März 2015 rückwirkend Leistungen nach dem SGB II für die Monate September 2014 bis einschließlich Februar 2015. Im noch laufenden Widerspruchsverfahren forderte der Beklagte den Kläger im Januar 2015 auf, den Rechtsgrund für die Überweisung der 9.000 € an den Zeugen T. und der Zahlungen der Allianzversicherung mitzuteilen. Dazu nahm der Kläger mit Schreiben vom 5. Februar 2015 Stellung ohne die Fragen inhaltlich zu beantworten. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 29. August 2014 (Ablehnung des Antrags vom 25. November 2013) mit der Begründung zurück, dass der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung über ein Vermögen i. H. v. 12.533,91 € verfügt habe und deshalb unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Freibetrags i. H. v. 5.400 € nicht hilfebedürftig gewesen sei. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er zur Rückzahlung der 9.000 € verpflichtet gewesen sei. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er den Betrag nur „zwischengeparkt“ habe.

Mit der am 18. März 2015 vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhobenen Klage (Aktenzeichen S 21 AS 481/15) hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er sein Vermögen habe abgeben müssen, da er ein geliehenes Auto zerstört habe. Dazu hat er ein Schreiben der Zeugen Y. und Z. vom 1. November 2013 vorgelegt, nach dessen Inhalt der Kläger am 12. August 2013 mit dem Pkw der Eheleute verunfallt ist, dabei einen Schaden i. H. v. 10.447,80 € verursacht hat und aufgefordert wird, einen Betrag i. H. v. 9.000 € sofort zu überweisen und den weiteren Betrag i. H. v. 1.447,80 € innerhalb der nächsten zwei Jahre.

Bereits am 13. Juli 2015 hat der Kläger vor dem SG eine weitere Klage (Aktenzeichen S 21 AS 1226/15), gerichtet auf die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. August 2014, erhoben. Das SG hat beide Klagen mit Beschluss vom 4. April 2019 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Beklagte ist dem jeweiligen Klagebegehren unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen entgegengetreten. Das SG hat die verbundenen Klagen mit Gerichtsbescheid vom 11. April 2019 mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger den Verbrauch des Vermögens nicht nachgewiesen habe. Aus dem Schreiben der Zeugen T. ergebe sich keine ernsthafte Rückzahlungsverpflichtung.

Der Kläger hat gegen den ihm am 17. April 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. Mai 2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er mit dem Auto der Zeugen T. verunfallt sei, was letztlich auch zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Die Forderung resultiere aus einem Überlassungsvertrag. Auch sei offensichtlich, dass sein Vermögen nicht bis zur Bewilligung ausgereicht habe. Letztlich habe der Beklagte auch durch seine Untätigkeit die Klage verschuldet. Bei korrekter Vorgehensweise habe man ihn darauf hinweisen müssen, dass er ab dem 1. März 2014 einen neuen Antrag habe stellen können und dieser voraussichtlich auch positiv beschieden worden wäre. Unklar sei auch, was das SG unter einer ernsthaften Rückzahlungsverpflichtung verstehe. Zum Beleg des Vermögensverbrauchs hat er eine nicht unterzeichnete „Kostenaufstellung Rückforderung“ des Zeugen AA. vom 30. Oktober 2013 über den Gesamtbetrag i. H. v. 10.447,80 €, ein zwischen dem Zeugen T. und dem Kläger geschlossenen Überlassungs- & Nutzungsvertrag zum PKW, amtliches Kennzeichen AB. vom 14. März 2012 sowie eine Unfallmitteilung der Polizeihauptkommissarin AC. übersandt. Im Übrigen sei es egal, ob er mehr Umsätze in 2013/14 gemacht habe, was er nicht habe. Aber auch wenn, sei der Antrag zu Unrecht abgelehnt worden. Darauf komme es an und nicht darauf, dass im Nachhinein ein anderer Umstand geschehen sei, der dann im Nachhinein zur Ablehnung hätte führen können. Die Wiedereingliederung in die Kranken- und Pflegeversicherung und ggfs. die anderen sozialen Einrichtungen müssten auf jeden Fall rückwirkend erfolgen.

Der Kläger, der zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Bremen vom 11. April 2019 und des Bescheides vom 29. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2015 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. August 2014 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Es liege keine ernsthafte Rückzahlungsverpflichtung des Klägers an die Zeugen T. vor. Unklar bleibe die Höhe des im Zusammenhang mit dem Unfall entstandenen Schadens.

Die frühere Berichterstatterin des Senats hat den Kläger mit Verfügung vom 23. Juli 2019 aufgefordert, den Rechtsgrund der Gutschriften vom 29. und 30. Oktober 2013 i. H. v. jeweils 3.000 € mit dem Verwendungszweck „P. Vergleichsbetrag O., Erster bzw. Zweiter Teilbetrag“ zu erläutern und dazu geeignete Unterlagen vorzulegen. Des Weiteren hat sie den Kläger aufgefordert, das Rechtsverhältnis zu den Zeugen T. und den genauen Schaden an deren PKW darzulegen sowie Nachweise inklusive der Versicherungsunterlagen vorzulegen. Schließlich hat sie den Kläger um Erläuterung gebeten, warum er den Restwert des verunfallten PKW ersetzt habe, obgleich er nicht Eigentümer gewesen sei. Dazu teilte der Kläger mit, dass es keiner weiteren Erläuterung zu den Zahlungen der O. bedürfe und sich das Rechtsverhältnis zu den Eheleuten T. aus den vorgelegen Dokumenten ergebe. Im Übrigen sei das Vertragsverhältnis nicht kausal für einen Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten. Deshalb sei die Vorlage weiterer Dokumente nicht erforderlich für die Entscheidung. T. würden ihm auch keine Dokumente zukommen lassen. Es gehe schlichtweg um die Rückzahlung von Schulden auf der Basis des vorgelegten Vertrages. Als Beweis für die Beschädigungen diene der Polizeibericht.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2020 hat der Kläger mitgeteilt, dass er nicht zu einem Termin erscheinen werde. Seine Aussage sei, dass man ihn nicht zu einer Aussage zwingen könne und dass er sich nicht erinnere, was nach so langer Zeit auch nicht erwartet werden könne und das auch die Wahrheit sei. Auch die Mutter des Klägers, die Zeugin W., hat – ohne Aufforderung – mit Schreiben vom 24. Februar 2020 mitgeteilt, dass sie sich an nichts erinnere und darum bitte, von einer Ladung abzusehen. Nach Ankündigung einer beabsichtigten Ladung zum Termin hat der Kläger mit Schreiben vom 25. September 2020 erklärt, dass er und die komplette Familie AD. sich ab dem 5. Oktober 2020 auf einer zweijährigen Weltreise befänden und er auf das Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht verweise. Die mit Verfügung vom 17. November 2020 u. a. angeforderten Nachweise über die zweijährige Weltreise hat der Kläger nicht vorgelegt, sondern mit weiterem Schreiben vom 30. Januar darum gebeten, von einer Ladung zum Termin abzusehen, da Stress sich auf seinen Blutzucker (der Kläger leidet unter Diabetes Mellitus) auswirke und er Tage vorher Probleme habe. Auch sei eine Absage am Verhandlungstag wahrscheinlich. Im Übrigen werde er keine weiteren Aussagen machen. Mit weiterer Stellungnahme vom 4. Oktober 2021, die am 5. Oktober 2021 bei Gericht eingegangen ist, hat der Kläger schließlich erklärt, dass seine Frau am 1. Oktober 2021 eine Coronaimpfung erhalten habe und aufgrund eingetretener Nebenwirkungen am 4. Oktober 2021 und der fehlenden Betreuungsmöglichkeit für seinen 21 Monate alten Sohn eine Teilnahme am Termin nicht möglich sei. Im Übrigen wären er und seine Familie auch nicht vor Ort. Sie seien auf Rundreise. Auch könne der Termin ohne ihn stattfinden, da sich alle vier Teilnehmer (gemeint waren die zum Termin geladenen Zeugen) ihr Aussageverweigerungsrecht wahrnehmen würden. AE. sei sein Vater und Z. mit diesem verheiratet. Zum Nachweis hat der Kläger u. a. die Kopie einer Geburtsurkunde vom AF. vorgelegt, die die Vaterschaft des Zeugen AA. belegt. Darüber hinaus hat der Kläger eine Kopie des Impfbuches seiner Ehefrau, Frau AG., übersandt.

Die zur mündlichen Verhandlung geladenen Zeugen Y. und AH. T., AI. und AJ. AD. haben als Vater, Stiefmutter, Mutter bzw. Bruder des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2021 von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Leistungsakten des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und geheimen Beratung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in der Besetzung als sogenannter kleiner Senat gem. § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, weil das SG durch Gerichtsbescheid entschieden hat und das Verfahren vom Senat mit Beschluss vom 27. November 2019 auf die Berichterstatterin übertragen worden ist. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Monate November 2013 bis August 2014. Der Senat hält seine Hilfebedürftigkeit nicht für erwiesen.

Gegenstand des Verfahrens ist neben dem Gerichtsbescheid des SG, mit dem die verbundenen Klagen des Klägers abgewiesen worden sind, der Bescheid des Beklagten vom 29. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2015 und damit die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum November 2013 bis August 2014. Durch den am 8. September 2014 erneut gestellten Leistungsantrag ist eine zeitliche Zäsur eingetreten, die den streitgegenständlichen Zeitraum nach vollständiger Leistungsablehnung begrenzt (vgl. zur begrenzenden Wirkung eines neuen Leistungsantrags Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 99/11 R – juris Rn. 11).

Das SG hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen hat. Nach Ausschöpfung sämtlicher Erkenntnismöglichkeiten ist ein Verbrauch des am 1. November 2013 vorhandenen verwertbaren Vermögens in den streitbefangenen Monaten November 2013 bis August 2014 nicht erwiesen. Damit erweist sich zugleich der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 29. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2015 als rechtmäßig. Der Kläger war zunächst leistungsberechtigt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 SGB II und ein Ausschlusstatbestand lag nicht vor.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, (die zitierten Vorschriften jeweils in der Fassung des SGB II vom 13. Mai 2013 (Geltungszeitraumprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2016 - B 14 AS 53/15 R - juris Rn. 14 f), erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die

 

  1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a noch nicht erreicht haben,
  2. erwerbsfähig sind,
  3. hilfebedürftig sind und
  4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

 

Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 11 SGB II sind als Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen.

 

Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Vom Vermögen abzusetzen sind nach Abs. 2 der Vorschrift

 

    1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigen,

 

1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minder

      jährige Kind,

 

    1. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet,
    2. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt,

 

    1. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.

 

Diese Leistungsvoraussetzungen sind vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Eine Verurteilung des Grundsicherungsträgers zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II kommt allerdings nur in Betracht, wenn alle zuvor dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vorliegend nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig i. S. des § 9 Abs. 1 SGB II war. Dieser Umstand ist zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen, da dieser für das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen die objektive Beweislast trägt. Die SGB II-Leistungen werden im Rahmen eines steuerfinanzierten Fürsorgesystems erbracht, welches strikt an die Hilfebedürftigkeit der Leistungsempfänger als Anspruchsvoraussetzung anknüpft (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. September 2008 - B 14 AS 45/07 R - juris Rn. 16). Im Rahmen eines Leistungsantrags nach dem SGB II muss der Antragsteller vor diesem Hintergrund seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse vollständig offenlegen und beim Nachweis von anspruchsausschließendem Vermögen den Verbrauch bis zu den gesetzlich vorgesehenen Vermögensfreibeträgen nachweisen. Dieser Obliegenheit ist der Kläger nicht nachgekommen. Über welches Vermögen er im streitbefangenen Zeitraum tatsächlich (noch) verfügte, konnte aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Klägers an der Sachverhaltsaufklärung, seines widersprüchlichen Vortrags und aufgrund der Verweigerung der Aussage der zum Termin geladenen Zeugen nicht geklärt werden und ist auch nicht mehr aufklärbar.  

Nicht geklärt werden konnte zunächst der neben dem Regelbedarf bestehende existenzsichernde Bedarf des Klägers, insbesondere die tatsächlich bestehenden Kosten der Unterkunft und Heizung im streitbefangenen Zeitraum.

Dabei kann der Senat offenlassen, ob der Kläger am 15. Oktober 2013 tatsächlich einen ernsthaften Untermietvertrag mit dem Zeugen U. geschlossen hat oder dieser nachträglich fingiert worden ist, um in den Genuss höherer Leistungen nach dem SGB II zu gelangen bzw. eine etwaige im streitbefangenen Zeitraum bestehende Bedarfsgemeinschaft mit Frau AG., der heutigen Ehefrau des Klägers, zu verdecken. Gegen die Ernsthaftigkeit des behaupteten Untermietvertrags mit dem Zeugen U. spricht jedenfalls der Umstand, dass der Kläger in den Monaten September 2013 bis März 2014 monatlich einen Betrag i. H. v. 300 € mit dem Verwendungszweck Miete an seine heutige Ehefrau überwiesen hat. Hinzu kommt, dass er sich bereits zum 1. September 2013 unter der Adresse in der M. angemeldet hat, obgleich der Untermietvertrag angeblich erst zum 1. November 2013 geschlossen worden ist und er in dem Untermietvertrag mit der Adresse seiner Mutter im I. aufgeführt wird. Widersprüchlich zum (später) behaupteten Untermietverhältnis sind darüber hinaus auch die Angaben des Klägers in seinem Hauptantrag vom 19. November 2013. Dieser erklärte im Antragsformular unter der Adresse I. (der Adresse der Zeugin AD., seiner Mutter) mit drei weiteren Personen zu leben. Auch die später im Verfahren vorgelegte angebliche Kündigung des Untermietverhältnisses durch den Zeugen U. lässt Zweifel an einer ernsthaften Vertragsbeziehung aufkommen. So wurde die Kündigung zwar an den Kläger gerichtet, allerdings unter der Adresse I. und wies darüber hinaus als Erstellungsdatum den 7. November 2013 aus, obgleich die Kündigung nach den Angaben des Klägers erst im November 2014 ausgesprochen wurde. Völlig lebensfremd ist auch die Darstellung des Klägers, dass der Zeuge AD. ihm nach der angeblich im November 2014 erfolgten außerordentlichen Kündigung der Wohnung in der M. wegen Mietschulden i. H. v. 6.360 € bereits am 7. Dezember 2014 die Wohnung in der AK. vermietet hat, also in Kenntnis des Umstandes, dass der Kläger angeblich seit einem Jahr keine (Unter-)Miete gezahlt hat eine neue Vertragsbeziehung mit ihm eingegangen ist. Auffällig ist schließlich ebenfalls, dass der Zeuge U. in dem weiteren Mietvertrag über die Wohnung in der AK. als eigene Adresse die M., d. h. die alte Adresse des Klägers, angegeben hat. AJ. und AI. AD. haben sich als Bruder bzw. Mutter des Klägers auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, so dass die aufgezeigten Widersprüchlichkeiten nicht geklärt werden konnten.

Wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass dieser im streitbefangenen Zeitraum alleinstehend und einer ernsthaften Mietzinsverpflichtung aus dem Untermietvertrag mit dem Zeugen U. ausgesetzt gewesen ist, betrug der Bedarf im November und Dezember 2013 875 € (Regelbedarfsstufe 1: 345 €; Kosten der Unterkunft und Heizung aus Untermietvertrag: 530 €) sowie von Januar bis August 2014 883 € (Regelbedarfsstufe 1: 353 €; Kosten der Unterkunft und Heizung aus Untermietvertrag: 530 €). Auf den (unterstellten) Bedarf ist jedenfalls im November 2013 ein Einkommen aus der nichtselbständigen Tätigkeit als Versicherungskaufmann i. H. v. 749,04 € (Nettoeinkommen abzüglich Freibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II: 100 €; Erwerbstätigenfreibeträge nach § 11b Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB II: 180 € und 20 €) anzurechnen. Darüber hinaus schloss das Vermögen des Klägers bereits ab November 2013 die Hilfebedürftigkeit des Klägers aus.

Der Kläger verfügte an dem für die leistungsrechtliche Vermögensbewertung maßgeblichen Stichtag, d. h. am 1. November 2013 als erstem Tag des Antragsmonats (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2020 – B 14 AS 52/18 R – juris Rn. 20) über ein Vermögen i. H. v. insgesamt 13.951,27 €. Aus den zu seinem Girokonto (Konto-Nr. S.) vorgelegten Umsatzübersichten errechnet sich zum Stichtag ein Guthaben i. H. v. 8.442,97 € und aus den Auszügen zu seinem Tagesgeldkonto (Konto-Nr.: R.) ein weiteres Guthaben i. H. v. 5.508,30 €. Dem Kläger, der am 14. Januar 2013 sein 31. Lebensjahr vollendete, stand im streitgegenständlichen Zeitraum ein Vermögensfreibetrag i. H. v. 5.400 € (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II: 31 x 150 €; § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II: 750 €) bzw. ab Januar 2014 i. H. v. 5.550 € (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II: 32 x 150 €; § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II: 750 €) zur Verfügung. Den Verbrauch des Vermögens bis zum Vermögensfreibetrag hat der Kläger – entgegen seiner Auffassung – bis zum Ablauf des streitbefangenen Zeitraums nicht bewiesen. Der Kläger hat bereits keinen schlüssigen und nachvollziehbaren Grund für den Transfer seines Vermögens i. H. v. 9.000 € auf das Konto seines leiblichen Vaters, dem Zeugen T., dargelegt. Soweit er behauptet, dass damit die Tilgung einer Schuld aus einem Verkehrsunfall erfolgt sei, schenkt der Senat diesen Angaben keinen Glauben und ist vielmehr überzeugt, dass die Überweisung allein zu dem Zwecke erfolgt ist das Vermögen des Klägers zu verdecken, um in den Genuss von Leistungen nach dem SGB II zu gelangen. Die Überweisung führte deshalb auch nicht zum Verlust des Vermögens des Klägers. Weder mit dem angeblich zwischen dem Kläger und dem Zeugen T. geschlossenen Überlassungs- und Nutzungsvertrag vom 14. März 2012 noch mit der Zahlungsaufforderung vom 1. November 2013 ist eine ernsthafte Zahlungsverpflichtung nachgewiesen. Es fehlt bereits an einem schlüssigen und nachvollziehbaren Vortrag zum Rechtsgrund der erfolgten Zahlung. Der schlichte Verweis auf einen Unfall mit dem PKW der Eheleute T. am 12. August 2013 unter Vorlage einer Unfallmitteilung ist nicht ausreichend. Die angeblichen Schadenspositionen, insbesondere des Sachschadens, der Versicherungskosten sowie Abschlepp- und Entsorgungskosten sind bereits nicht durch geeignete Rechnungen erwiesen. Soweit der Kläger behauptet, dass die Eheleute T. ihm darüber keine Dokumente zukommen ließen und dazu auch nicht verpflichtet seien, ist der Senat davon überzeugt, dass es sich um eine reine Schutzbehauptung handelt. Bei dem Zeugen T. handelt es sich um den leiblichen Vater des Klägers, der bereit gewesen ist, diesem seinen PKW unentgeltlich zur freien Nutzung zu überlassen. Wenn es allerdings darum geht, im Interesse des Klägers angeblich in Rechnung gestellte Schadenspositionen zu belegen, soll dem Zeugen T. die Bereitschaft dazu gefehlt haben. Das ist im Hinblick auf die bestehende familiäre Bindung zwischen Vater und Sohn lebensfremd. Sofern der Schaden tatsächlich entstanden und vom Kläger ausgeglichen worden sein sollte, wäre es dem Zeugen T. ohne weiteres möglich gewesen, die entsprechenden Nachweise vorzulegen, wozu er auch zivilrechtlich verpflichtet gewesen sein dürfte. Hinzu kommt, dass es neben der Erklärung, dass vorliegend eine Schadensposition als Rechtsgrund einer Zahlung fingiert werden sollte, keine plausible Erklärung dafür gibt, dass dem Kläger von den Zeugen T. der Restwert des PKW i. H. v. angeblich 6.327,12 € in Rechnung gestellt worden ist. Denn bei dem Restwert handelt es sich um den Wert, zu dem ein beschädigter Wagen bei einem Verkauf – abzüglich der Kosten für die Veräußerung – noch hätte verwertet werden können. Demnach wäre ein etwaiger Restwert bei einer Schadensaufstellung in Abzug zu bringen.  Völlig unklar ist auch, woraus sich eine Höherstufung der Versicherung (gemeint sein dürfte die Kfz-Haftpflichtversicherung) ergeben sollte. Wenn der Kläger tatsächlich den Schaden ausgeglichen hat, ist eine Höherstufung im Versicherungsbeitrag nicht nachvollziehbar.

Für eine fingierte Vereinbarung spricht nach Auffassung des Senats auch, dass der Kläger bis kurz vor der mündlichen Verhandlung die eigentliche familiäre Beziehung zu dem Zeugen T. und dessen Ehefrau verheimlicht hat. Die bereits vom Beklagten und auch von der früheren Berichterstatterin mit Verfügung vom 23. Juli 2019 gestellten Fragen zum Rechtsverhältnis zwischen ihm und den Zeugen T., zum Grund für die Überlassung des PKW, zum Unfallschaden, zur Versicherung des PKW und zum Ersatz des Restwertes hat der Kläger ohne Darlegung nachvollziehbarer Gründe nicht beantwortet und darüber hinaus auch betont, dass eine Beantwortung der Fragen nicht erforderlich sei. Nach Auffassung des Senats ist nicht zu übersehen, dass das gesamte Verhalten des Klägers im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Gerichtsverfahren auf eine Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse gerichtet gewesen ist. Nicht nur die Enge verwandtschaftliche Beziehung zum Zeugen T. ist bis kurz vor Abschluss des Berufungsverfahrens verschwiegen worden und auch letztlich nur zur Begründung eines Zeugnisverweigerungsrechts vom Kläger offengelegt worden. Darüber hinaus lässt sich aus dem prozessualen Verhalten des Klägers schließen, dass dieser kein Interesse an einer weitergehenden Befragung in einer mündlichen Verhandlung hatte und eine solche vermeiden wollte. Er hat zunächst mit Schreiben vom 23. Februar 2020 erklärt, dass er nicht zu einer mündlichen Verhandlung erscheinen werde und dass seine Aussage sei, dass man ihn nicht zu einer Aussage zwingen könne. Mit weiterem Schreiben vom 6. März 2020 teilte er mit, dass er in einer mündlichen Verhandlung nichts zur Sache aussagen werde, sondern nur in Schriftform nach Prüfung der Details. Er verweigere zwar nicht die Aussage, könne aber Fragen bei dem Verfahrensumfang ohne Jurastudium nie ganz sofort beantworten. Im Zusammenhang mit einer mit Verfügung vom 3. September 2020 angekündigten Ladung zur mündlichen Verhandlung hat er mit Schreiben vom 25. September 2020 erklärt, dass ab Oktober 2020 die Verhandlung ohne die komplette Familie AD. erfolgen müsse, da am 5. Oktober 2020 eine zweijährige Weltreise beginne. Nachweise dazu hat der Kläger auch auf ausdrückliche Aufforderung der Berichterstatterin nicht vorgelegt. Stattdessen hat er mit weiterem Schreiben vom 31. Dezember 2020 erklärt, dass er umgezogen sei, was die Schlussfolgerung zulässt, dass die angekündigte Weltreise tatsächlich nur vorgeschoben worden ist, um sein Nichterscheinen zur beabsichtigten mündlichen Verhandlung zu begründen und um keine Fragen beantworten zu müssen. Mit weiterem Schreiben vom 30. Januar 2021 teilte der Kläger dann mit, dass er darum bitte, nicht zu einem Termin erscheinen zu müssen, da sich Stress auf seinen Blutzuckerspiegel auswirke und er Tage vorher schon Probleme habe. Auch werde er in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Aussagen machen und im Übrigen sei eine kurzfristige Absage am Verhandlungstag aufgrund einer Erkrankung wahrscheinlich. Er beantworte Fragen gerne schriftlich, werde sich mündlich allerdings nicht unter Druck setzen lassen. Darüber hinaus hat der Kläger auch die Frage der Berichterstatterin vom 3. Juni 2021 zur aktuellen Anschrift des Zeugen U. unbeantwortet gelassen. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 hat der Kläger schließlich erklärt, dass er aufgrund einer Coronaimpfung seiner Ehefrau am 1. Oktober 2021 nicht zum Termin am 7. Oktober 2021 erscheinen könne, da er keine Betreuungsmöglichkeit für seinen 21 Monate alten Sohn habe. Sollte die fehlende Betreuung kein Entschuldigungsgrund sein, so trete stattdessen eine bereits am 20. Juli 2021 für den Tag der mündlichen Verhandlung gebuchte Reise ein. Nachweise hat der Kläger weder für die Erkrankung seiner Ehefrau noch für die angebliche Reise – der über booking confirmation erfolgten Buchungsbestätigung kommt ohne Zahlungsnachweis kein Beweiswert zu – vorgelegt, wobei aufgrund der Formulierungen im Schreiben vom 4. Oktober 2021 bereits völlig offengeblieben ist, ob der Kläger und seine Familie nun die Reise angetreten oder diese aufgrund der Impfung der Ehefrau des Klägers am 1. Oktober 2021 am Wohnort in AL. und den angeblichen Impfreaktionen verschoben haben.

Nach alledem gilt der Verbrauch des Vermögens des Klägers i. H. v. 9.000 € im streitbefangenen Zeitraum als ungeklärt. Aufgrund der Weigerung des Klägers, Unterlagen zum Unfallschaden vorzulegen und Erklärungen zu dem in Rechnung gestellten Restwert abzugeben, ist kein plausibler Rechtsgrund für eine echte Zahlungsverpflichtung über einen Betrag i. H. v. 9.000,- € erwiesen. Da der Kläger darüber hinaus keinerlei Angaben zur weiteren Verwendung des überwiesenen Betrages gemacht hat und die Zeugen T. sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen und die Aussage verweigert haben, ist eine weitere Aufklärung der ausschließlich in der Sphäre des Klägers liegenden anspruchsbegründenden Tatsachen nicht möglich. Das alles geht zu seinen Lasten. Denn selbst wenn der Sozialgerichtsprozess von der Untersuchungsmaxime beherrscht wird (vgl. § 103 SGG) und damit eine subjektive Beweisführungslast der Beteiligten nicht besteht, gelten auch im Amtsermittlungsverfahren die Regeln über die objektive Beweislast (materielle Beweislast, Feststellungslast), nach denen sich bestimmt, wen die Folgen treffen, wenn sich entscheidungserhebliche Tatsachen nicht (mehr) feststellen lassen. Insoweit gilt das beweisrechtliche Normbegünstigungsprinzip, wonach im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts jeder Verfahrensbeteiligte die objektive Beweislast (d.h. den Nachteil der Unaufklärbarkeit) für diejenigen Tatsachen trägt, aus denen er eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Nach dem Normbegünstigungsprinzip liegt die objektive Beweislast für das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen beim jeweiligen Kläger (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R; ferner LSG Hamburg, Urteil vom 24. April 2018 - L 4 AS 294). Hätte der Kläger also erreichen wollen, dass die an den Zeugen T. in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Leistungsantrag transferierten 9.000 € nicht als sein Vermögen berücksichtigt werden, hätte er einen plausiblen Rechtsgrund für die erfolgte Zahlung bzw. den anschließenden Verbrauch darlegen und nachweisen müssen. Dies hat er aber nicht getan.  

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und ergibt sich aus der Entscheidung in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.

Rechtskraft
Aus
Saved