L 10 U 145/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2911/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 145/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Begehrt ein Versicherter mit seinem Widerspruch gegen einen Bescheid des Versicherungsträgers, der mehrere Regelungen enthält, ausdrücklich und allein bestimmte Heilbehandlungsmaßnahmen, und verhält sich sein Widerspruch zu den übrigen Regelungen des Bescheids (hier: u.a. Ablehnung der Weitergewährung von Verletztengeld) nicht, ist auf Grund des erkennbaren Willens bei Erhebung des Widerspruchs nach dem objektiven Empfängerhorizont von einer Beschränkung des Widerspruchs auf die Ablehnung der begehrten Heilbehandlungsmaßnahmen auszugehen; erweitert der Versicherte später mit seiner Klage sein Begehren auf die übrigen Regelungen des Bescheids, ist die Klage insoweit bereits unzulässig, weil diese Regelungen in Bestandskraft erwachsen sind.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.11.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.




Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 16.12.2015 bis 24.01.2016.

Der 1959 geborene Kläger betreibt als selbstständiger Unternehmer einen Autohandel und ist als solcher bei der Beklagten unfallversichert; in der gesetzlichen Krankenversicherung ist er ohne Anspruch auf Krankengeld familienversichert (s. Bl. 57 VerwA). Am 26.11.2015 war er gegen 10.15 Uhr mit seinem Pkw von der Kfz-Zulassungsstelle des Landratsamts U kommend - wo er Kfz-Abmeldungen bzw. -zulassungen vorgenommen hatte - auf dem Weg zurück zu seiner Betriebsstätte in L, als er einem entgegenkommenden Pkw ausweichen musste, dabei in die Leitplanke fuhr und sich im Zuge dessen - so seine Angaben - den (linken) Daumen anschlug. Der K, der den Kläger erstmals am 27.11.2015 untersuchte, diagnostizierte eine Daumendistorsion links und beschrieb als Befund Schmerzen am linken Daumen mit Druckschmerz dorsalseitig am Daumengrundgelenk (Durchblutung, Motorik, Sensibilität intakt, keine äußeren Verletzungszeichen, kein Rotationsfehler, klinisch stabiles ulnares/radiales Seitenband, keine Kallusreaktion). Aus dem Röntgenbild ergäben sich Zeichen einer Daumensattelgelenkarthrose mit diskreter Arthrose im Grundgelenk. Der Kläger sei voraussichtlich am 07.12.2015 wieder arbeitsfähig. In seinem Zwischenbericht vom 07.12.2015 bekräftigte K nach einer MRT-Untersuchung der linken Hand (Befund des L1 vom 07.12.2015: kein Frakturnachweis, Kollateralbänder intakt und unauffällig, keine Schwellung, kein Ödem, keine Diskontinuität, unauffällige Darstellung auch der Flexor- und Extensorsehnen ohne Zeichen einer Verletzung, kein Hämatomnachweis, kein signifikantes Weichteilödem, muskuläre Strukturen unauffällig) seine Diagnose und ging davon aus, dass der Kläger wieder arbeitsfähig sei. Am 11.12.2015 stellte sich der Kläger erneut bei K vor und gab unspezifische „Probleme mit dem linken Daumen“ an, sodass K Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 21.12.2015 vermerkte. Später (nach Untersuchungen am 19.12.2015 bzw. 13.01.2016) rechnete er mit einer Arbeitsfähigkeit ab dem 28.12.2015 bzw. 25.01.2016, weil der Kläger noch Schmerzen im Daumen verspüre.

Nach beratungsärztlicher Stellungnahme des V vom 19.01.2016 (Bl. 23 VerwA) entschied die Beklagte mit Bescheid vom 11.02.2016 Folgendes: Der Arbeitsunfall vom 26.11.2015 habe zu einer Zerrung bzw. Prellung des linken Daumens geführt (Verfügungssatz 1). Unfallbedingte Heilbehandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 07.12.2015 vorgelegen (Verfügungssatz 2). Anspruch auf Verletztengeld bestehe nicht (Verfügungssatz 3). Anspruch auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 07.12.2015 hinaus bestünden nicht (Verfügungssatz 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden über den 07.12.2015 hinaus nicht rechtlich wesentlich auf dem Unfall beruhten, sondern auf den unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen des Daumensattelgelenks und -grundgelenks. Anspruch auf Verletztengeld bestehe nicht (Hinweis u.a. auf § 51 Abs. 2 der Satzung der Beklagten).

Mit seinem Widerspruch vom 15.02.2016 (Bl. 43 VerwA) machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass sein Daumen instabil sei und dass er vor dem Ereignis keine Beschwerden oder Einschränkungen, die auf eine Arthrose zurückzuführen wären, gehabt habe. Seine Beschwerden könnten folglich auch nicht von einer Arthrose stammen, sondern seien unfallbedingt. Er bitte daher um „Anerkennung der Verletzung“ und um „weitere Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft“. Mit Schreiben vom 24.02.2016 (Bl. 45 VerwA) führte er weiter aus, dass er vielleicht mit seinen bald 57 Lebensjahren eine Arthrose habe, die Instabilität seines Daumens aber völlig untypisch für eine solche sei.

Nach beratungsärztlicher Stellungnahme vom 07.07.2016 durch B der Hand- und Unterarmchirurgie der B1klinik M, Bl. 66-1 f. VerwA) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2016 zurück. Zu Recht sei namentlich eine Behandlungsbedürftigkeit auf Grund einer Zerrung bzw. Prellung des linken Daumens nur bis zum 07.12.2015 anerkannt worden. Die vom Kläger mit seinem Widerspruch geltend gemachte Instabilität des linken Daumens sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 26.11.2015 zurückzuführen (u.a. Hinweis auf den Erstbefund und das Ergebnis der MRT-Untersuchung).

Hiergegen hat der Kläger am 15.09.2016 beim Sozialgericht Ulm (SG) „wegen Anerkennung Arbeitsunfall“ Klage erhoben. Mit seiner Klagebegründung vom 20.10.2016 (beim SG am 26.10.2016) eingegangen, hat er das Begehren artikuliert, eine unfallbedingte Heilbehandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit über den 07.12.2015 bis auf weiteres anzuerkennen und einen Anspruch auf Verletztengeld sowie auf Entschädigungsleistungen über den 07.12.2015 hinaus festzustellen (Bl. 8 SG-Akte). Mit Schriftsatz vom 13.02.2017 hat die Klägerseite „den Antrag von Verletztengeld bis 24.01.2016“ bestätigt und mitgeteilt, dass eine Kostenerstattung auf Grund von Heilbehandlung bis zum 24.01.2016 nicht geltend gemacht werde (Bl. 37 SG-Akte). Mit weiterem Schriftsatz vom 17.02.2017 (Bl. 38 SG-Akte) hat die Klägerseite erklärt, dass „der Antrag auch über den 24.01.2016 auf Verletztengeld gestellt“ werde. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger - neben einer Abänderung der Bescheide - nur noch die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 16.12.2015 bis 24.01.2016 beantragt.

Das SG hat K schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat im Wesentlichen auf seine D-Arzt-Berichte verwiesen und gemeint, dass es durch den Unfall zu einer Distorsion des Daumens im Grundgelenk mit Subluxationsneigung nach palmar und zu einer Instabilität am Daumengrundgelenk nach palmar gekommen sei. Er habe den Kläger vom 26.11.2015 bis 24.01.2016 arbeitsunfähig „geschrieben“ (Auskunft vom 28.10.2016, Bl. 12 f. SG-Akte). Der ebenfalls schriftlich als sachverständiger Zeuge befragte M1 (Sektionsleiter Hand- und Plastische Chirurgie des K1krankenhauses E) hat über eine einmalige Vorstellung des Klägers am 28.01.2016 berichtet (Auskunft vom 03.11.2016, Bl. 25 ff. SG-Akte) und ist diagnostisch von einer palmaren Kapselbandläsion mit chronischer Instabilität nach Distorsion des linken Daumengrundgelenks ausgegangen. Unter der Annahme, dass K zeitnah nach der Verletzung diese Diagnostik gestellt habe, sei ein Unfallzusammenhang hoch wahrscheinlich.

Mit Urteil vom 21.11.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 07.12.2015 hinaus nicht angenommen werden könne, weswegen eine Verletztengeldzahlung, die auf Grund der Satzungsregelungen der Beklagten i.V.m. § 46 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) frühestens ab dem 18.12.2015 in Betracht käme, ausscheide. Es hat sich dabei auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen des V und des B gestützt, wonach es bei dem Ereignis nicht zu einer strukturellen Schädigung im Bereich des linken Daumens gekommen sei, unfallnah auch keine typischen Verletzungsanzeichen vorgelegen hätten und auch explizit stabile Bänder dokumentiert worden seien, sodass die erstmals am 28.01.2016 beschriebene palmare Instabilität nicht hinreichend wahrscheinlich auf dem Unfall beruhe.

Gegen das - seinen Prozessbevollmächtigten am 23.12.2017 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 10.01.2018 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren auf Verletztengeld für die Zeit vom 16.12.2015 bis 24.01.2016 weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beratungsärzte nicht auf die palmare Instabilität eingegangen seien und auch nicht mitgeteilt hätten, welche (indirekten) Verletzungszeichen für eine solche vorliegen müssten.
Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 21.11.2017 sowie den Bescheid vom 11.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.08.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 16.12.2015 bis 24.01.2016 Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Das SG hat die Klage - jedenfalls im Ergebnis - zu Recht abgewiesen, denn sie ist bereits unzulässig (worauf der Senat hingewiesen hat, vgl. Bl. 20 Senats-Akte), sodass das Rechtsmittel bereits aus diesem Grund in der Sache keinen Erfolg hat.

Die Beklagte traf in ihrem Bescheid vom 11.02.2016 mehrere Entscheidungen in Gestalt mehrerer Verfügungssätze, also gesondert anfechtbare Verwaltungsakte i.S.d. § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), nämlich über das Vorliegen einer Primärschädigung (Gesundheitserstschaden) im Zuge des angeschuldigten Ereignisses vom 26.11.2015 (Verfügungssatz 1), über eine unfallbedingte Heilbehandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.12.2015 (Verfügungssatz 2), über die Ablehnung von Verletztengeld (Verfügungssatz 3) sowie über die Ablehnung von Entschädigungsleistungen über den 07.12.2015 hinaus (Verfügungssatz 4). Diesen Bescheid focht der Kläger ausweislich seines Widerspruchs vom 15.02.2016 indes lediglich hinsichtlich der „Anerkennung der Verletzung“ - der Sache nach begehrte er damit die Anerkennung nicht nur einer Zerrung/Prellung des linken Daumens als Unfall(erst)schaden, sondern (auch) der von ihm geltend gemachten Instabilität des Daumens (vgl. Verfügungssatz 1 des Bescheids) - sowie der Ablehnung einer Behandlungsbedürftigkeit über den 07.12.2015 hinaus (s. Verfügungssatz 2 des Bescheids) an, indem er insoweit geltend machte, dass es einer weiteren Behandlung seines Daumens zu Lasten der Beklagten bedürfe. An keiner Stelle seines Widerspruchs lässt sich auch nur andeutungsweise entnehmen, dass es ihm (auch und darüber hinaus) um die Gewährung von Verletztengeld (s. Verfügungssatz 3 des Bescheids) ging, unabhängig davon, dass in seinem Widerspruch auch weder von „Verletztengeld“ noch von „Arbeitsunfähigkeit“ (als Element eines Anspruchs auf Verletztengeld) die Rede war und es ihm ausweislich seiner Begründung maßgeblich zunächst auf die Durchführung einer (weiteren) MRT - auf Kosten der Beklagten - ging. Mithin war an keiner Stelle zu erkennen, dass (zumindest sinngemäß) auch der Verfügungssatz 3 des Bescheids angegriffen werden sollte.

Der Kläger beschränkte mithin sein Widerspruchsbegehren (zur Zulässigkeit einer entsprechenden Beschränkung vgl. nur Senatsurteil vom 26.07.2007, L 10 U 1269/05; s. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 123 Rdnr. 3; Binder in Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 83 Rdnr. 9, beide m.w.N.) auf die Anerkennung einer (weiteren) Unfallfolge sowie auf die Fortsetzung der Heilbehandlung zu Lasten der Beklagten und focht damit den Bescheid vom 11.02.2016 nur insoweit (teilweise) - nämlich der Sache nach hinsichtlich des dortigen Verfügungssatzes 1 und 2, Letzteres auch nur bezogen auf eine Behandlungsbedürftigkeit über den 07.12.2015 hinaus - an (vgl. dazu nur Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.02.2005, B 6 KA 77/03 R, in juris; Senatsbeschluss vom 15.03.2022, L 10 U 3387/21 B, m.w.N.; Senatsurteil vom 26.07.2007, L 10 U 1269/05).

Ob der Kläger eine derartige Beschränkung subjektiv wollte oder nicht, spielt keine entscheidende Rolle (s. hierzu nur Senatsbeschluss vom 15.03.2022, L 10 U 3387/21 B; Senatsurteil vom 28.05.2020, L 10 R 1902/19, auch zum Nachfolgenden). Denn maßgeblich ist allein der erkennbare Wille bei Erhebung des Widerspruchs nach dem objektiven Empfängerhorizont, d.h. wie ein verständiger Empfänger bei Berücksichtigung aller erkennbaren Umstände das Rechtsschutzbegehren verstehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.2005, B 6 KA 77/03 R, in juris, m.w.N.). Allein aus fehlenden Äußerungen des Klägers zu abtrennbaren Aspekten eines Verwaltungsakts kann zwar regelmäßig nicht geschlossen werden, dass die betreffende Teilregelung nicht angefochten sein, sondern in Bestandskraft erwachsen soll (vgl. BSG, a.a.O.). Wenn indes der Wille des Klägers zur Begrenzung des Streitgegenstands klar und eindeutig zum Ausdruck kommt respektive keine entgegenstehenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass nur die ausdrücklich bezeichnete Leistung begehrt wird, ist von einer Teilanfechtung bzw. entsprechenden Beschränkung des Widerspruchsbegehrens auszugehen (vgl. BSG, a.a.O.; Urteil vom 10.03.1994, 7 RAr 38/93). So liegt der Fall hier. Die oben wiedergegebenen Formulierungen im Widerspruch waren nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang des zum Ausdruck gebrachten Begehrens („Anerkennung“ der geltend gemachten, weiteren „Verletzung“, Fortführung „der Behandlung zu Lasten“ der Beklagten, zunächst in Gestalt einer weiteren MRT) eindeutig und ließen bei einem vernünftigen Betrachter in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte keine Zweifel aufkommen, dass genau dies - und eben nicht „auch“ die Gewährung von Verletztengeld als konkrete Leistung - gemeint war. Dem entsprechend fasste auch die Beklagte den Widerspruch des Klägers ausweislich des Widerspruchsbescheids unter Darstellung des Widerspruchsbegehrens (Geltendmachung, die über eine Zerrung bzw. Prellung des linken Daumens hinausgehenden Beschwerden in Gestalt einer Instabilität seien ursächlich auf den Unfall zurückzuführen und deshalb seien Behandlungsmaßnahmen weiter zu gewähren) auf und entschied zu Recht nur darüber und nicht über die Gewährung von Verletztengeld (vgl. dazu erneut Senatsurteil vom 26.07.2007, L 10 U 1269/05).

Unter Zugrundelegung dessen wurde der Bescheid vom 11.02.2016 mithin hinsichtlich der Ablehnung der Gewährung von Verletztengeld bindend (§ 77 SGG). Eine Klage gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt ist unzulässig (BSG, Urteil vom 09.12.2016, B 8 SO 1/15 R; Urteil vom 25.03.2015, B 6 KA 22/14 R, m.w.N.; Senatsurteile vom 25.02.2016, L 10 R 2509/15, und vom 26.07.2007, L 10 U 1269/05). Ob die Klage auch deswegen (aus den nämlichen Erwägungen wie oben dargelegt; vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom 15.03.2022, L 10 U 3387/21 B) unzulässig ist, weil sie (auch bzw. jedenfalls) mit der Klageschrift (zunächst) allein auf die „Anerkennung Arbeitsunfall“ - jedenfalls im Sinne einer Anerkennung der zuvor im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Instabilität des linken Daumens als (weitere) Unfallfolge (s.o.) - und wiederum gerade nicht auf die Gewährung von Verletztengeld gerichtet gewesen ist, mit der Konsequenz, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich seines Verfügungssatzes 3 auch unter diesem Gesichtspunkt bestandskräftig geworden ist (vgl. dazu den Hinweis des Senats Bl. 20 Senats-Akte), bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Erörterung.

Selbst wenn man die Klage als zulässig ansehen wollte, wäre die Berufung aus den zutreffenden sachlich-rechtlichen Gründen im angefochtenen Urteil als unbegründet zurückzuweisen. Das SG hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils die rechtlichen Grundlagen und Beweismaßstäbe für den geltend gemachten Anspruch auf Verletztengeld (§§ 45, 46 SGB VII hier i.V.m. § 56 Abs. 2 der Satzung der Beklagten in der ab dem 01.01.2015 geltenden Fassung) dargelegt und ebenso zutreffend begründet, dass jedenfalls eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers im streitigen Zeitraum nicht auf das angeschuldigte Ereignis zurückgeführt werden kann. Es hat sich dabei zu Recht den Ausführungen der Beratungsärzte V und B (deren Stellungnahmen als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar sind) angeschlossen, die es im Hinblick auf den zeitnah nach dem Unfall von K dokumentierten klinischen Erstbefund (s. dazu oben im Tatbestand), die am 27.11.2015 gefertigten Röntgenaufnahmen sowie in Ansehung des MRT-Befunds vom 07.12.2015 (s. auch dazu oben im Tatbestand) für nicht wahrscheinlich erachtet haben, dass die erstmals am 28.01.2016 - also rund zwei Monate nach dem angeschuldigten Ereignis - von M1 diagnostizierte palmare Kapselbandläsion mit chronischer Instabilität (s. dazu zuletzt die Auskunft vom 03.11.2016, Bl. 26 SG-Akte) auf dem Unfallereignis beruht - und insoweit auch unter diesem Gesichtspunkt eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 07.12.2015 hinaus nicht vorgelegen hat -, nachdem unfallnah im Bereich des linken Daumes gerade keine strukturelle Schädigung, namentlich keine Band- oder Sehnenverletzung, keine irgendwie geartete Instabilität und auch ansonsten keine traumatischen Verletzungsanzeichen bestanden haben, wobei (so B) die seinerzeit bildgebend sichtbar gewesene geringe Menge an Flüssigkeit im Daumengrund- und im Sattelgelenk mit der vorbestehenden Arthrose erklärt werden kann.

Soweit die Klägerseite mit ihrem Rechtsmittel gemeint hat, V sei nicht auf den Befund des M1 vom 28.01.2016 eingegangen, erschließt sich dies schon deshalb nicht, weil V den Bericht des M1 im Rahmen seiner zeitlich vorangegangenen beratungsärztlichen Stellungnahme vom 19.01.2016 naturgemäß gar nicht berücksichtigen konnte. Deswegen holte die Beklagte ja auch später die beratungsärztliche Stellungnahme des B ein, der sich mit dem Befund des M1 auseinandergesetzt und schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass aus den oben aufgeführten Gründen ein Unfallursachenzusammenhang gerade nicht mit Wahrscheinlichkeit hergestellt werden kann. Ohnehin ist M1 in seiner Auskunft gegenüber dem SG davon ausgegangen (s. Bl. 26 SG-Akte), dass K zeitnah zum Ereignis eine nämliche Diagnostik wie er gestellt hat. Dies ist aber nicht der Fall, weil eine irgendwie geartete Läsion gerade nicht vorlag, und zwar weder am 27.11.2015 noch am 07.12.2015 (s. erneut die entsprechenden D-Arztberichte des K und den MRT-Befund des L1, s.o.). Damit ist die entsprechende Annahme des M1 in seiner Auskunft gegenüber dem SG widerlegt, sodass seiner darauf gestützten Beurteilung eines wahrscheinlichen Unfallursachenzusammenhangs die Grundlage entzogen ist. Nur am Rande merkt der Senat an, dass auch die Zusammenhangseinschätzung des K (in seiner Auskunft gegenüber dem SG) schon nicht weiterhilft und keine geeignete Beurteilungsgrundlage darstellt, weil er sie - anders als die V und B - nicht weiter begründet hat.

Soweit die Klägerseite weiter geltend gemacht hat, B wiederum sei nicht auf die palmare Instabilität eingegangen, sondern nur auf die in der MRT beschriebene radiale und ulnare Stabilität, ist dies zum einen unzutreffend, zum anderen ändert dieses Vorbringen nichts daran, dass sich (auch) aus dem MRT-Befund vom 07.12.2015 keine palmare Instabilität ableiten lässt - eine solche wurde gerade nicht beschrieben - und dass diese erstmals von M1 am 28.01.2016 diagnostiziert wurde. Gerade damit hat sich aber B auseinandergesetzt.

Soweit die Klägerseite schließlich gemeint hat, dass B im Rahmen seiner Kausalitätserwägungen die Verletzungsanzeichen - bzw. deren Fehlen - nicht näher beschrieben habe, erschließt sich auch dieses Vorbringen nicht. Was B mit dem Fehlen von Verletzungsanzeichen gemeint hat, ergibt sich zwangslos aus seinen diesbezüglichen Ausführungen zu den unfallnah erhobenen klinischen und bildgebenden Befunden, nämlich dass keine strukturelle Schädigung im Bereich des Daumens bzw. keine Traumaanzeichen und keine Bandinstabilität (im Einzelnen: Durchblutung, Motorik, Sensibilität intakt, keine äußeren Verletzungszeichen, kein Rotationsfehler, kein Frakturnachweis, Kollateralbänder intakt und unauffällig, keine Schwellung, kein Ödem, keine Diskontinuität, unauffällige Darstellung auch der Flexor- und Extensorsehnen ohne Zeichen einer Verletzung, kein Hämatomnachweis, kein signifikantes Weichteilödem, muskuläre Strukturen unauffällig) vorgelegen haben. Dass B in Ansehung dieser Befunde (ebenso wie zuvor V) eine unfallbedingte, traumatische Verletzung im Bereich des Daumens, auf die die später von M1 beschriebene palmare (chronische) Instabilität bei palmarer Kapselbandläsion zurückgeführt werden könnte, nicht zu erkennen vermocht hat, überzeugt in jeder Hinsicht, zumal unfallnah auch lediglich unspezifische (Druck-)Schmerzen im Bereich des linken Daumens dokumentiert sind (vgl. erneut die D-Arztberichte des K vom 27.11.2015 und 11.12.2015), die die Beklagte zu Recht (nur) als Zerrung bzw. Prellung einordnete und die auf der Grundlage der Berichte des K vom 07.12.2015 und vom 11.12.2015 jedenfalls keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit (auch) für den vorliegend streitigen Zeitraum zu begründen vermögen, nachdem auch K eine Fraktur und namentlich eine Bandläsion explizit ausschloss (s. D-Arztbericht vom 07.12.2015). Vor diesem Hintergrund ist namentlich nicht wahrscheinlich zu machen, dass die erstmals am 28.01.2016 von M1 beschriebenen Anomalien in Verbindung mit dem angeschuldigten Ereignis stehen.

Nur am Rande merkt der Senat noch an, dass diese rund zwei Monate nach dem Ereignis vom 26.11.2015 beschriebenen Auffälligkeiten nicht dazu führen, dass allein auf Grund der zeitlichen Gegebenheiten ein hinreichend wahrscheinlicher Unfallursachenzusammenhang angenommen werden kann. Denn der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn kann nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R, in juris). Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, in juris). Insbesondere gibt es noch nicht einmal die Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache - vorliegend besteht gar eine solche in Gestalt der vorbestehenden Arthrose - und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.). Ebenso wenig genügt, dass die erstmals am 28.01.2016 beschriebene Instabilität nur möglicherweise auf dem Unfall beruht oder dies nur nicht ausgeschlossen werden kann. Insoweit führt auch der Hinweis des Klägers auf eine vor dem Unfall bestehende Beschwerdefreiheit nicht weiter, denn ein rein zeitlicher Zusammenhang reicht gerade nicht (s.o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

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