L 8 R 3386/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 799/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 3386/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.03.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X um die Gewährung einer höheren Altersrente wegen der Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten.

Der 1944 geborene Kläger legte im März 1963 das Abitur ab und absolvierte die „Konkursprüfung“ zur Aufnahme in das evangelische theologische T Stift. Von April bis Oktober 1963 absolvierte er den 1. Teil des „Kirchlichen Dienstjahres für Theologiestudierende“ und war anschließend Student der evangelischen Theologie an der Universität T und Stipendiat am T Stift. Von August bis Oktober 1964 leistete er ein Betriebspraktikum als 2. Teil des Kirchlichen Dienstjahres. Im März und April 1965 absolvierte er im Hinblick auf ein beabsichtigtes Medizinstudium ein Krankenpflegepraktikum. Nach Ablehnung der Zulassung zum Medizinstudium und Beendigung des Studiums der Theologie begann er zum Sommersemester 1964 das Studium der Romanistik und der Klassischen Philologie an der Universität H. Das Wintersemester 1966/67 verbrachte er als Stipendiat des DAAD an der Universität M. Er setzte sodann das Studium in H fort. Für das Sommersemester 1971 wurde er von der Universität beurlaubt. Von August bis Oktober 1973 war er als Stipendiat des italienischen Außenministeriums an der Universität in P. Im September 1974 wurde er von der Universität H exmatrikuliert. Er war sodann ab Januar 1975 versicherungspflichtig bei einem Verlag beschäftigt. Hinsichtlich seines Lebenslaufs und des Versicherungsverlaufs bei der Beklagten wird auf Bl. 172 der SG-Akte bzw. Bl. 153b der Verwaltungsakte Bezug genommen. Bei dem Kläger ist rückwirkend seit 01.01.1997 ein GdB von 90 anerkannt.

Im Zusammenhang mit einer Kontenklärung war die Frage der rentenrechtlichen Berücksichtigung des Kirchlichen Dienstjahrs bereits 1996/97 Gegenstand eines Schriftwechsels der Beteiligten.

Mit Bescheid vom 14.01.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.12.2008 in Höhe von 1.182,62 € und bei einem Zahlbetrag von 1.062,58 € monatlich. Die Beklagte berücksichtigte dabei die Zeiten vom 25.03.1961 bis 19.03.1963 (Abitur) als Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung und die Zeiten vom 01.10.1963 bis 31.08.1969 als Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung. Für die Rentenberechnung wird auf Bl. 153a ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Beklagte berücksichtigte dabei auch einen Versorgungsausgleich zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Klägers.

Der Kläger legte am 01.11.2013 Widerspruch wegen nicht berücksichtigter Versicherungszeiten gegen den Bescheid ein. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass der Rentenbescheid bereits bindend geworden sei und daher nur eine Überprüfung erfolgen könne. Der Kläger kündigte sodann noch eine Begründung an und bat hierfür wiederholt um Fristverlängerung.

Mit Bescheid vom 11.09.2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rücknahme des Bescheides vom 14.01.2009 nach § 44 SGB X ab, da die Rentenberechnung den gesetzlichen Vorschriften entspreche und neue Beweismittel oder neue Tatsachen nicht vorgelegt bzw. vorgetragen worden seien.

Der Kläger legte hiergegen am 13.10.2014 Widerspruch ein und rügte, dass die von ihm angekündigte Überprüfung nicht abgewartet worden sei. Er wies ferner auf eine von ihm am 30.10.2014 beantragte Abänderung des Versorgungsausgleichs hin. Der damalige Bevollmächtigte des Klägers bestellte sich mit Schreiben vom 18.08.2015 gegenüber der Beklagten und legte unter Hinweis auf bei dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfahren dar, dass die unterschiedliche rentenrechtliche Behandlung von Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung verfassungswidrig sei. Ferner sei der 1. Teil des Kirchlichen Dienstjahrs 1963 als unvermeidbare Zwischenzeit anzusehen und beide Teile seien als praktischer Teil des Theologiestudiums einer fachschulischen Ausbildung gleichzustellen und zu berücksichtigen. Dazu seien beide Auslandssemester als praktische Ausbildung anzuerkennen. Zudem habe sich der Kläger für das Sommersemester 1971 und das Wintersemester 1973/1974 krankheitsbedingt beurlauben lassen. Die Beklagte nahm hierzu am 18.08.2015 ausführlich Stellung. Der Bevollmächtigte ergänzte und vertiefte seinerseits seine Ausführungen. Das Kirchenjahr habe berufsbildenden Charakter nicht zuletzt für eine für einen Pfarrer typische Tätigkeit als Religionslehrer gehabt und sei einer „Fachhochschulausbildung“ gleichzusetzen. Die Zeit beim Stift in T sei als eigenständiger Ausbildungsgang als Fachschulausbildung zu bewerten. Das Stipendium des DAAD sei dazu gewährt worden, sich die französische Sprache anzueignen, was den berufsbildenden Charakter der Maßnahme zeige.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie auf die gesetzlich vorgegebene begrenzte Gesamtleistungsbewertung, nach der schulische Ausbildungszeiten im Umfang von 36 Monaten und nur noch mit 1,56% bzw. höchstens 0,0013 Entgeltpunkten (EP) monatlich zu bewerten seien. Eine Übergangsanrechnungszeit könne nur angenommen werden, wenn die weitere Ausbildung spätestens im fünften auf die Beendigung der Ausbildungsanrechnungszeit folgenden Monat begonnen habe. Das Studium habe jedoch erst nach Ablauf von 6 Kalendermonaten begonnen. Das kirchliche Dienstjahr könne nicht als Zeit der Fachschulausbildung anerkannt werden. Dabei müsse theoretischer Unterricht erfolgen. Es habe sich aber um praktische Ausbildungen gehandelt. Ein Studium an einer anerkannten Hochschule (Universität T) könne nicht als Fachschulausbildung berücksichtigt werden. Die Zeit in M sei weder eine praktische Ausbildung noch eine Fachschulausbildung gewesen. Der Bescheid vom 14.01.2009 könne nicht zurückgenommen werden, weil weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Der Kläger hat, vertreten durch seine jetzigen Bevollmächtigten, am 10.02.2016 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass auch weiterhin Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die begrenzte Gesamtleistungsbewertung bestünden. Auch sei das Kirchliche Dienstjahr als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme anzusehen, da es Voraussetzung für die Aufnahme des Theologiestudiums gewesen sei. Es sei auch ein integraler Bestandteil der Ausbildung und diene damit der beruflichen Qualifizierung. Zumindest sei es als Übergangszeit zwischen Ausbildungsabschnitten anzuerkennen, da der maximale Zeitraum von 4 Monaten nach der Rechtsprechung des BSG keine starre Grenze darstelle. Das Dienstjahr habe auch den Wehrdienst ersetzt. Die Zeit im Stift in T, das in berufsbildender Sonderform eine Art „Berufsakademie“ für angehende evangelische Pfarrer sei, sei als Fachschulausbildung zu bewerten, da dort die praktische Berufsausbildung und das Erlernen der notwendigen Sprachkenntnisse im Vordergrund gestanden habe. Es habe sich um eine duale theologische Ausbildung gehandelt. Die Festlegung der kirchlichen Berufsausbildungsgänge falle in die hoheitliche Befugnis der Landeskirche. Der Kläger habe das gesamte Stipendium für seine Schulausbildung und die Ausbildung am Stift zurückzahlen müssen. Der Aufenthalt in M habe dem Erlernen der französischen Sprache gedient und sei damals politisch beworben worden.

Das SG hat den Rechtsstreit am 13.04.2018 mit den Beteiligten erörtert. Hierzu wird auf Bl. 114/115 der SG-Akte Bezug genommen. Das SG hat sodann eine Auskunft bei dem Ephorat des Evangelischen Stifts eingeholt (Schreiben der Pfarrerin und Studieninspektorin S vom 17.07.2018 sowie Stiftsordnung 1960, Bl. 122/128 der SG-Akte).

Die Bevollmächtigte hat hierzu ausgeführt, dass sich der Kläger im Stift einem umfassenden Tages- und Studienplan habe unterwerfen müssen.

Die Beklagte hat zu den geltend gemachten Beitragszeiten wegen Beschäftigung neben dem Studium auf die Rentenversicherungsfreiheit und auf das Fehlen von Versicherungskarten hingewiesen. Die Bevollmächtigte hat hierauf noch eine Bestätigung der AOK Baden-Württemberg über die Zeit vom 05.12. bis 13.12.1974 vorgelegt. Die Bevollmächtigte hat noch darauf hingewiesen, dass die Beschäftigung des Klägers im November 1974 und damit nach Exmatrikulation begonnen habe und dass möglicherweise eine Versichertenkarte nicht übertragen worden sei. Die Beklagte hat daraufhin die Zeit vom 05.12. bis 13.12.1974 als Beitragszeit zur Arbeiterrentenversicherung mit einem Entgelt von 525 DM anerkannt, ist der Klage aber im Übrigen weiter entgegengetreten. Es sei wahrscheinlicher, dass im November 1974 Arbeitslosigkeit vorgelegen habe, was aber nicht nachgewiesen sei.

Die Bevollmächtigte hat noch einen Antrag des Klägers an die Beklagte auf „Mütterrente“ bzw. „Elternrente“ vom 15.08.2019 vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 06.09.2019 hat der Kläger das Teilanerkenntnis angenommen. Der Kläger hat in der Verhandlung noch eine schriftliche Auflistung der Punkte vorgelegt, die aus seiner Sicht bisher unberücksichtigt geblieben seien, und hat weitere Unterlagen vorgelegt. Hierzu wird auf Bl. 168/176 der SG-Akte Bezug genommen.

Mit Urteil vom 06.09.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 14.01.2019 sei rechtmäßig, so dass der Kläger keinen Anspruch auf Abänderung und Bewilligung einer höheren Rente habe. Die Zeit vom 01.04.1963 bis 30.09.1963 sei nicht als berufsvorbereitende Maßnahme anzusehen, da das Kirchliche Dienstjahr Voraussetzung für die Aufnahme in das Theologiestudium und das Stift gewesen sei und der Persönlichkeitsentwicklung gedient habe. Auch liege keine Übergangs-Anrechnungszeit vor, da es sich bei einer Dauer von 6 Monaten nicht um eine unvermeidbare Zwischenzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gehandelt habe. Die Zeit des Theologiestudiums vom 01.10.1963 bis 31.03.1965 sei als Hochschulausbildung und nicht wegen der Zugehörigkeit zum Stift als Fachschulausbildung anzusehen, da es sich bei dem Stift unter Berücksichtigung der Stiftsordnung und der Auskunft des Ephorats nicht um eine Fachschule gehandelt habe. Die Zeit des Praktikums im Krankenhaus im April und Mai 1965 sei nicht in das Hochschulstudium integriert gewesen, auch wenn es sich um eine Zulassungsvoraussetzung für das Medizinstudium gehandelt habe. Die Beklagte habe insoweit aber eine Hochschulausbildung als unvermeidbare Zwischenzeit anerkannt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Anerkennung des Auslandsstudiums von November 1966 bis August 1967 (M) und von August bis Oktober 1973 (P) als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, da es nicht auf die Aufnahme einer Berufsausbildung vorbereitet habe oder der beruflichen Eingliederung gedient habe, sondern um Zeiten der Hochschulausbildung. Die Zeit in P 1973 sei nur wegen der Überschreitung der Grenze von 96 Monaten nicht anerkannt, aber vorgemerkt worden. Auch bestehe kein Anspruch auf Berücksichtigung der Zeit von Oktober 1967 bis März 1968 und von April bis September 1971 als Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit oder Krankheit. Die Zeit 1967/1968 sei aber als Hochschulzeit berücksichtigt worden. Der Kläger habe daneben auch keinen Anspruch auf Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten für November 1974, August / September 1966, August bis Oktober 1969, August bis Oktober 1970 und Oktober 1971, da er die Abführung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht habe. Der Kläger habe schließlich auch keinen Anspruch auf die (im Klageverfahren noch ausdrücklich beantragte) Bewertung der Zeit vom 01.10.1963 bis 31.08.1969 mit mtl. 0,0625 EP. Die Hochschulausbildungszeiten seien nur noch nach § 74 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung i.V.m. der Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI zu bewerten. Dies habe die Beklagte zutreffend umgesetzt. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen bestünden im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG keine Bedenken.

Der Kläger hat, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 07.10.2019 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen wiederholt und zusammengefasst. Der 1. Teil des Dienstjahrs und das Praktikum im Kreiskrankenhaus seien als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme anzusehen. Der 2. Teil sowie das Theologiestudium seien als Fachschulausbildung anzusehen. Das Schreiben des Ephorats gebe die damalige Lage nicht wieder, da die Hauptarbeit der fachlichen Ausbildung in den ersten drei Semestern am Stift stattgefunden habe. Das SG habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass bindende Verträge zwischen der Landeskirche und dem Staat über die Ausbildung vorgelegen hätten und sich diese vom staatlichen Blockunterricht unterschieden habe, und habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger die Stipendien für die Schulausbildung und das Stift habe zurückzahlen müssen, da er aus weltanschaulichen Gründen den Beruf des Pfarrers nicht habe ausüben können. Die Zeit in M und P sei als reine Sprachausbildung und damit als berufsbildende Maßnahme anzusehen. Die Zeiten des Wintersemesters 1967/68 und des Sommersemesters 1971 seien Anrechnungszeiten wegen Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Beweise für die Erkrankung gingen aus dem Studienbuch hervor. Auch sei der Monat November 1974 als Pflichtbeitragszeit zu berücksichtigen. Die weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse August bis September 1966, sowie August bis Oktober 1967 und August bis Oktober 1970 und Oktober 1971 seien glaubhaft gemacht worden. Dokumente werde er noch nachreichen.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.09.2019 sowie den Bescheid vom 11.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 14.01.2009 dem Kläger
unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.04.1963 bis 30.09.1963, der Zeit vom 01.08.1964 bis 30.09.1964, der Zeit vom 01.03.1965 bis 30.04.1965, der Zeit vom 01.11.1966 bis 31.08.1967, der Zeit vom 01.08.1973 bis 31.10.1973 als berufsvorbereitender Bildungsmaßnahme im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI und entsprechender Bewertung mit Entgeltpunkten,
der Zeit vom 01.10.1967 bis 31.01.1968 sowie der Zeit vom 01.04.1971 bis 30.09.1971 als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 1a SGB VI und entsprechender Bewertung mit Entgeltpunkten,
der Zeit vom 01.11.1974 bis 30.11.1974 als Pflichtbeitragszeit unter Berücksichtigung eines versicherungspflichtigen Entgelts von 471,33 DM,
der Zeit vom 01.08.1966 bis 30.09.1966 als Pflichtbeitragszeit unter Berücksichtigung eines versicherungspflichtigen Entgelts von 640 DM,
der Zeit vom 01.08.1969 bis 31.10.1969 als Pflichtbeitragszeit unter Berücksichtigung eines versicherungspflichtigen Entgelts von 471,33 DM,
der Zeit vom 01.08.1970 bis 31.10.1970 als Pflichtbeitragszeit unter Berücksichtigung eines versicherungspflichtigen Entgelts von 960 DM,
der Zeit vom 01.10.1971 bis 31.10.1971 als Pflichtbeitragszeit unter Berücksichtigung eines versicherungspflichtigen Entgelts von 960 DM,
ab dem 0.12.2008 eine höhere Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das Urteil des SG. Emotionale oder gesundheitliche Gründe könnten die gewünschte Vergabe höherer EP nicht rechtfertigen.

Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Der Bevollmächtigte hat sich ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Er hat noch ein Schreiben des Klägers vorgelegt, in dem dieser sein Vorbringen wiederholt und vertieft und auf weitere Unterlagen verwiesen hat, die beim Ausräumen zum Vorschein gekommen seien (Bl. 40/65 der Senatsakte).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 11.09.2014 (das in dem Berufungsantrag genannte Datum 30.10.2013 beruht auf einem offensichtlichen Versehen) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2016, mit dem die Beklagte die Rücknahme des Rentenbescheides vom 14.01.2009 abgelehnt hat, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.

Die Klage ist auch im Berufungsverfahren als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungsklage und daneben – entsprechend dem Antrag im Klageverfahren – sachdienlich auch als Leistungsklage auf eine höhere Altersrente aufgrund der im Einzelnen geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) auszulegen. Die wörtlich gestellten Berufungsanträge waren zudem erweiternd so auszulegen, dass eine Überprüfung und Gewährung einer höheren Altersrente wegen des Besuches einer Fachschule anstatt einer Hochschule für die Zeit des Theologiestudiums in T und der Zugehörigkeit zum Evangelischen Stift begehrt wird. Denn dies ergibt sich aus der Berufungsbegründung (§ 123 SGG).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Rentenbescheides vom 14.01.2009 nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch wenn er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X stellt dabei auf die Anwendung des bei Erlass des Verwaltungsaktes geltenden Rechts ab. Später eingetretene Rechtsänderungen können daher keinen Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides begründen. Die Änderung des Versorgungausgleichs ist hier daher nicht zu berücksichtigen. Nach dem hier ausdrücklich zu überprüfenden Bescheid vom 14.01.2009 ergangene Rentenbescheide wären zugleich nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klage- oder Berufungsverfahrens geworden, da sie den hier angefochtenen Bescheid vom 11.09.2014 nicht abgeändert oder ersetzt hätten.

Die Beklagte hat bei Erlass des zu überprüfenden Bescheides vom 14.01.2009 das Recht nicht unrichtig angewandt und ist auch nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat. Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X und Gewährung einer höheren Altersrente.

Der Kläger erfüllte dabei ab dem 01.12.2018 die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, da er das erforderliche Alter bereits erreicht und dazu auch die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren zurückgelegt hatte und er daneben auch schwerbehindert ist (§§ 37, 236a SGB VI).

Die Beklagte hat die hier zu überprüfende Höhe der Rente in dem Bescheid vom 14.01.2009 zutreffend festgestellt. Der Senat verweist zur Rentenberechnung anhand der u.a. auch für die hier streitigen beitragsfreien Zeiten ermittelten EP (und hier zugleich pEP) auf das Urteil des SG und sieht daher von einer eigenen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Weitere EP aufgrund der hier geltend gemachten beitragsfreien Zeiten waren nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte hat in dem zu überprüfenden Bescheid ab Oktober 1963 zu Recht Anrechnungszeiten wegen Besuchs einer Hochschule und keine Anrechnungszeiten bis März 1965 wegen Besuchs einer Fachschule (jeweils § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI) berücksichtigt. Die Unterscheidung ist wegen der in § 74 SGB VI in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz von Bedeutung, da Schul- und Hochschulausbildungszeiten danach bis auf den Umfang, der sich – letztmalig für einen Rentenbeginn zum 01.12.2008 wie im Falle des Klägers – aus der Übergangsvorschrift des § 263 Abs. 3 SGB VI ergibt, grundsätzlich nicht mehr mit Entgeltpunkten bewertet werden.

Der Kläger besuchte ab der Immatrikulation an der Universität T und damit ab dem Beginn seines Studiums der evangelischen Theologie im Oktober 1963 eine Hochschule i.S.d. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Damit legte er nach dieser Vorschrift bis zur Beendigung dieses Studiums Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung zurück. Die gleichzeitige Zugehörigkeit als Stipendiat zum Evangelischen Stift ab Anfang November 1963 führte nicht dazu, dass es sich um Besuch einer Fachschule handelte.

Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Fachschule war nach der Rechtsprechung des BSG so auszulegen, wie er in dem vom BMA 1956 herausgegebenen „Fachschulverzeichnis – Die berufsbildenden Schulen in der BR Deutschland“ verstanden wurde (vgl. BSG, Urteil vom 11.08.1983 – 1 RA 73/82 –, in juris). Danach waren Fachschulen solche nicht als Hochschulen anerkannte berufsbildenden Schulen, die der landwirtschaftlichen, bergmännischen, technischen, gewerblichen, handwerklichen, kunsthandwerklichen, kaufmännischen, verkehrswirtschaftlichen, frauenberuflichen, sozialpädagogischen, künstlerischen, sportlichen oder einer verwandten Ausbildung dienten, deren Besuch eine ausreichende praktische Berufsvorbildung oder mindestens berufspraktische Tätigkeit voraussetzte und deren Lehrgang mindestens einen Halbjahreskurs im Ganztagsunterricht oder in der Regel insgesamt 600 Unterrichtsstunden umfasste (KassKomm/Gürtner, 116. EL September 2021, SGB VI § 58 Rn. 40 m.w.N.). Als Fachschulen kommen in Betracht: Berufsfachschulen, Berufsvollschulen für Wirtschaft in der DDR, (Höhere) Handelsschulen, Höhere Fachschulen (wie Ingenieurschulen oder Bauschulen), Fach- und Berufsakademien (z. B. Sprach- und Dolmetscherschulen), Krankenpflegeschulen, Lehranstalten für medizinisch-technische Assistenten, Milchwirtschaftliche Fachschulen, Landwirtschaftsschulen, Krankengymnastikschulen, Kunstschulen, Musikfachschulen, Meisterschulen, Technikerschulen und Pflegeschulen (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 58 SGB VI, Rn. 108). Was als Fachschulausbildung zu verstehen ist, beurteilt sich nach dem Recht, das während der Absolvierung der Ausbildung galt (Fichte a.a.O.  Rn. 107).

Bei dem Evangelischen Stift handelte es sich bereits nicht um eine Fachschule in diesem Sinne. Dass das Stift im Fachschulverzeichnis 1956 aufgeführt wäre, hat auch der Kläger nicht geltend gemacht. Das Stift ist abgesehen davon aber auch nach den dargestellten Kriterien nicht als Fachschule anzusehen, weil keine berufspraktische Vorbildung oder mindestens berufspraktische Tätigkeit vorausgesetzt war und auch keine spezielle Berufsbildung erfolgte. Das Evangelische Stift diente zwar der Vorbereitung auf den Dienst in der Württembergischen Landeskirche und enthielt Vorgaben zu einem Studienplan. Dies ergibt sich aus der Stiftsordnung 1960. Das Studium war aber mit dem Studium der evangelischen Theologie verknüpft und unterschied sich in seinen Inhalten nicht wesentlich von diesem. Dies stellt der Senat aufgrund des Rahmenplans der Studienordnung im Anhang zur Stiftsordnung 1960 fest. Dies ergibt sich daneben auch der Auskunft von S für das Stifts-Ephorat vom 17.07.2018, wonach im Stift ein teilweise verpflichtendes theologisches Begleitprogramm neben dem eigentlichen Studium bestand. Denn die Stipendiaten waren (Hochschul-)Studierende der evangelischen Theologie. Auch der angegebene Unterricht im Stift in der aramäischen und (alt-)hebräischen Sprache ändert daran nichts, da dieser ebenso auch dem eigentlichen Studium an der Universität T diente. Dies ergibt sich auch aus dem Zeugnis der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität über die Ergänzungsprüfung in Hebräisch vom 08.05.1964 (Bl. 77 SG-Akte). Das Studium im Stift kann im Hinblick auf den Rahmenplan im der Studienordnung auch nicht wegen der angegebenen Unterrichtung im Stimm- und Atemtechniken als eine spezielle getrennte Fachschulausbildung zum Pfarrer angesehen werden, die unabhängig neben dem Studium der evangelischen Theologie erfolgte. Die geltend gemachten Verträge zwischen der Landeskirche und dem Staat über die Ausbildung können an der konkreten Zugehörigkeit des Klägers zur Hochschule und die vergleichbaren Inhalte des Unterrichts nichts ändern. Die Rückzahlung der Stipendien rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Rückzahlung des Stipendiums auch bei späterer Aufnahme einer Tätigkeit im baden-württembergischen oder im evangelisch-kirchlichen Schuldienst nach § 4 der Studienordnung nicht erfolgt wäre, so dass eine spätere Tätigkeit als Pfarrer insoweit nicht zwingend gewesen wäre.

Die vor der Aufnahme in das Stift erforderliche Ableistung des ersten Teils des Kirchlichen Dienstjahres kann zudem nicht als entsprechende berufspraktische Tätigkeit angesehen werden, da sie sich nicht zwingend auf die Tätigkeit als Pfarrer bezog und sie gerade als Voraussetzung für die Aufnahme in das Stift und für das Theologiestudium gestaltet war. Aufgrund der engen Verbindung zwischen dem Theologiestudium und dem Studium am Stift ist es daher nicht erheblich, ob das Studium oder aber der Unterricht am Evangelischen Stift die Zeit und Arbeitskraft des Klägers überwiegend in Anspruch genommen haben.

Der erste Teil des Kirchlichen Dienstjahres von April bis September 1963 und der zweite Teil im August und September 1964 waren nicht als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI zu berücksichtigen. Insbesondere handelte es sich dabei nicht um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. Der Senat verweist hierfür auf die ausführliche Begründung des Urteils des SG und schließt sich dieser an (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist nur Folgendes auszuführen: Der Begriff der Ausbildung ist weit zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, ob in der Maßnahme unmittelbar verwertbare berufliche Kenntnisse vermittelt werden, wenn die Maßnahme nur ihrer Zweckbestimmung nach auf eine Erwerbstätigkeit (auch im Bereich ungelernter Arbeiten) hinführt oder der beruflichen Eingliederung dienlich ist. Unter dieser Voraussetzung können auch Maßnahmen, die der Vermittlung von Allgemeinwissen dienen, als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen angesehen werden. Ferner ist nicht erforderlich, dass der Maßnahme eine berufliche Ausbildung folgt, soweit diese nur dazu gedient hat, die Berufsreife des Versicherten zu fördern (Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 58 SGB VI, Rn. 118 m.w.N.). Das Kirchliche Dienstjahr war Voraussetzung für die Aufnahme des Theologiestudiums und zugleich für die Aufnahme in das Evangelische Stift. Dies stellt der Senat im Hinblick auf das Merkblatt zum Kirchlichen Dienstjahr für Theologiestudierende fest. Das Dienstjahr sollte damit neben der dort erwähnten Persönlichkeitsbildung nicht zu einer beruflichen Eingliederung dienen. Dass damit mittelbar eine Voraussetzung etwa für eine spätere Tätigkeit als Pfarrer erfüllt wurde, genügt hierfür nicht. Auch die von dem Kläger angeführte Einführungstagung und die Abschlusstagung führen nicht dazu, dass es sich um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gehandelt hätte. Denn diese Tagungen dienten nur der Vor- bzw. Nachbereitung des eigentlichen lebenspraktischen Einsatzes in dem Dienstjahr. Dies ergibt sich auch aus den von dem Kläger zuletzt noch vorgelegten Unterlagen. Auch der Umstand, dass die Absolvierung des Kirchenjahres zur Zurückstellung vom Wehrdienst berechtigte (Ziff. 7 des Merkblattes zum Kirchlichen Dienstjahr), ändert daran nichts, zumal Wehrdienstzeiten bereits zur Rentenversicherungspflicht (vgl. jetzt § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) und damit zu Beitragszeiten geführt hätten, die aber hier unstreitig nicht zurückgelegt wurden.

Auch eine unvermeidbare Zwischenzeit kann für den Zeitraum des ersten Teils nicht angenommen werden. Der Senat verweist auch hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und sieht daher von einer eigenen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist nur auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des BSG zwar eine längere, weit über vier Monate dauernde Unterbrechung der Ausbildung zwischen zwei Ausbildungsabschnitten für die Anerkennung einer Anrechnungszeit unschädlich sein kann, wenn der Ausbildungswillige durch staatliche Anordnung („von hoher Hand“) an der Ausbildung gehindert worden ist. Dies kann aber nicht auf andere Fallgestaltungen übertragen werden (BSG, Urteil vom 17.04.2007 – B 5 R 62/06 R –, in juris). Im Übrigen würde eine solche Zwischenzeit lediglich dazu führen, dass es sich dabei um weitere Schulausbildungszeiten nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI handelte (KassKomm/Gürtner, 116. EL September 2021, SGB VI § 58 Rn. 53). Die Beklagte hat in dem zu überprüfenden Bescheid jedoch die nach § 74 SGB VI i.V.m. § 236 Abs. 3 SGB VI hierfür maximal noch anzurechnenden Zeiten von drei Jahren bzw. 36 Monaten bereits berücksichtigt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber davon abgesehen hat, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Anrechnungszeiten zu verleihen, und diese für bestimmte typische Ausbildungen entsprechend normiert hat (vgl. für Ausfallzeiten nach § 1259 RVO: BSG, Urteil vom 11.08.1983 – 1 RA 81/82 –, in juris).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Zeit des Praktikums im Krankenhaus vom 02.03. bis 16.04.1965 als Anrechnungszeit wegen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme anstelle der von der Beklagten angenommenen Hochschulausbildungszeit in Form einer unvermeidlichen Zwischenzeit. Der genaue Zeitraum ergibt sich aus dem von dem Kläger vorgelegten Zeugnis (Bl. 57 der Senatsakte); in dem Urteil des SG und in dem Vorbringen des Bevollmächtigten ist irrtümlich der Zeitraum April und Mai 1965 angenommen worden. Der Senat verweist ansonsten auch insoweit auf das Urteil des SG und sieht von einer eigenen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Dass das Praktikum Voraussetzung für ein Medizinstudium und damit mittelbar auch für eine spätere berufliche Tätigkeit als Arzt gewesen wäre, ändert nichts daran, dass es sich dabei nicht um eine auf einen späteren Beruf vorbereitende Bildungsmaßnahme handelte.

Daneben sind auch die Zeiten des Auslandsstudiums in M und in P nicht als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen anzusehen. Der Senat schließt sich auch insoweit den Entscheidungsgründen des SG an und sieht von einer eigenen Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Aus den von dem Kläger zuletzt vorgelegten Studienbericht ergibt sich nichts Gegenteiliges. Vielmehr handelte es sich bei dem Aufenthalt in M auch danach um ein von dem Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördertes Hochschulstudium an der dortigen Philologischen Fakultät (Bl. 62ff. der Senatsakte), auch wenn der Kläger dies mit dem Ziel des Spracherwerbs betrieben hat.

Die Zeit vom 01.10.1967 bis 31.03.1968 (Wintersemester 1967/68) war nicht als Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 252 Abs. 7 SGB VI zu berücksichtigen, da keine mindestens einen Monat andauernde Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen ist. Erforderlich ist insoweit der Vollbeweis; eine Glaubhaftmachung (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X) ist nicht zugelassen und daher nicht ausreichend (KassKomm/Gürtner, 116. EL September 2021, SGB VI § 58 Rn. 8). Eine offizielle Beurlaubung ist für diesen Zeitraum auch nach dem Vortrag des Klägers nicht erfolgt (Bl. 173 SG-Akte). Dem Studienbuch lässt sich insoweit nur eine Beurlaubung für das Sommersemester 1971 und das Wintersemester 1973/1974 entnehmen (Bl. 83/84 SG-Akte). Ein zu Semesterbeginn im Studienbuch erfolgter Beurlaubungsvermerk weist aber bereits keine durchgehende Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit nach. Weitere Beweismittel sind nicht ersichtlich. Daher liegt auch keine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI bei Krankheit von mindestens einem Kalendermonat Dauer vor dem vollendeten 25. Lebensjahr ohne anderweitige rentenrechtliche Zeiten vor. Die Beklagte hat auch den Zeitraum der Beurlaubung im Übrigen als Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI berücksichtigt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob eine Beurlaubung dem grundsätzlich entgegensteht (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 58 SGB VI, Rn. 113) oder ob für die Dauer einer Beurlaubung ein Hochschulbesuch noch angenommen werden kann, wenn der Studierende immatrikuliert bleibt und seine Zeit und Arbeitskraft weiter durch das Studium überwiegend in Anspruch genommen werden (KassKomm/Gürtner, 116. EL September 2021, SGB VI § 58 Rn. 46 m.w.N.). Denn die in dem Bescheid getroffene Regelung ist für den Kläger z.B. im Zusammenhang mit der für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI) erforderlichen Wartezeit von 35 Jahren nach § 51 Abs. 3 SGB VI begünstigend.

Auch die Zeit vom 01.04. bis 30.09.1971 (Sommersemester 1971) stellt keine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 252 Abs. 7 SGB VI dar. Der von dem Kläger zuletzt angegebene Klinikaufenthalt vom 07.06. bis 18.06.1971 im Universitätsklinikum H begründet bereits keine Krankheit von mindestens einem Monat Dauer, wie er in § 252 Abs. 7 SGB VI für entsprechende Zeiten vor dem 01.01.1984 vorausgesetzt wird. Zudem ist keine in § 58 Abs. 2 SGB VI vorausgesetzte Unterbrechung einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit ersichtlich. Die Ausnahme in § 58 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VI greift insoweit nicht mehr ein, da der Kläger 1971 bereits das 25. Lebensjahr vollendet hatte. Aus demselben Grund kommt insoweit auch eine Anrechnungszeit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht mehr in Betracht. Dasselbe würde im Übrigen für das Wintersemester 1973/1974 gelten.

Soweit der Kläger die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten (§ 55 Abs. 1 SGB VI) wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung für die Zeiten vom 01.08. bis 30.09.1966, vom 01.08.1969 bis 31.10.1969, vom 01.08. bis 31.10.1970 (nicht bis 31.10.1971, wie in den Entscheidungsgründen des SG irrtümlich genannt) sowie für Oktober 1971 begehrt, ist die Abführung von Pflichtbeiträgen weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Die von dem SG insoweit herangezogene Vorschrift des § 203 SGB VI ist aber nur für Zeiten anzuwenden, die bereits nach dem maschinellen Melderecht (DEVO vom 24.11.1972 und DÜVO vom 18.12.1972) ab dem 01.01.1973 dem Träger der Rentenversicherung zu melden waren (Mutschler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 203 SGB VI Rn. 12). Für Zeiten vor dem 01.01.1973 waren in den alten Bundesländern die Beitragszeiten mit Versicherungskarten nachzuweisen. Für die Frage der Glaubhaftmachung trifft insoweit § 286 SGB VI eine den § 203 SGB VI verdrängende spezielle Regelung (Mutschler a.a.O., Rn. 14). Entsprechende Versicherungskarten hat der Kläger der Beklagten jedoch nicht vorlegen können (§ 286 Abs. 1 SGB VI). Auch sind die entsprechenden Zeiten nicht nach § 286 Abs. 5 SGB VI anzuerkennen. Machen Versicherte für Zeiten vor dem 01.01.1973 glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit danach als Beitragszeit anzuerkennen. Eine Tatsache ist dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X); dieselben Grundsätze gelten auch im Gerichtsverfahren (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2017 – L 8 R 1262/16 –, in juris). Der beweisbelastete Kläger hat insoweit aber keine weiteren Unterlagen mehr vorgelegt bzw. vorlegen können. Andere Beweismittel sind nicht ersichtlich.

Eine Pflichtbeitragszeit ist daneben auch nicht für den Monat November 1974 zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus dem Schreiben des Instituts für Marktpsychologie vom 07.05.1976 (Bl. 85 der SG-Akte) nur eine Beschäftigung des Klägers im Dezember 1976. Diese von der AOK bestätigte Zeit (Bl. 142 der SG-Akte) hat die Beklagte auch bereits anerkannt und der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen, so dass der Rechtsstreit insoweit bereits im Klageverfahren erledigt wurde. Aus der Bescheinigung des Instituts vom 24.01.1975 (Bl. 178 der SG-Akte) ergibt sich der Betrag von 525 DM für das Jahr 1974. Zugleich ergibt sich daraus wie auch aus dem Schreiben des Klägers vom 03.12.1974 (Bl. 177 der SG-Akte), dass die Arbeitgeberin wie auch der Kläger von einer „freien“ und nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit ausgegangen waren. Eine Pflichtbeitragszeit ist damit nicht nachgewiesen.

Eine Anerkennung dieser Zeit ergibt sich auch nicht aus § 199 Satz 1 SGB VI. Danach wird bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Eine entsprechende Meldung nach dem zum 01.01.1973 eingeführten elektronisches Meldeverfahren (vgl. Mutschler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 199 SGB VI Rn. 6, 10) ist hier nicht ersichtlich.

Daneben greifen auch die Vermutungen des § 203 Abs. 1 und 2 SGB VI nicht ein, da eine Beschäftigung sowie eine entsprechende Beitragszahlung bzw. ein Abzug des Beitragsanteils von dem Arbeitsentgelt nicht glaubhaft gemacht sind. Denn im Hinblick auf die vorliegenden Unterlagen ist es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger bereits im November 1974 bei dem Institut eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hat und dass für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind bzw. dass der auf sie entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist.

Die im Klageverfahren noch geltend gemachte Bewertung der Zeit vom 01.10.1963 bis 31.08.1969 mit monatlich 0,0625 Entgeltpunkten (entsprechend der – allerdings auf drei Jahre begrenzten – Anrechnung nach § 74 Satz 1 und 2 SGB VI für Zeiten einer Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) hat der rechtskundig vertretene Kläger im Berufungsverfahren beim Vergleich des Berufungsantrages mit dem Klageantrag nicht mehr ausdrücklich weiterverfolgt. Der Kläger hat insoweit auch in der Berufungsbegründung nichts mehr geltend gemacht. Der Senat verweist daher auf die ausführliche Begründung in dem Urteil des SG zu der in dem zu überprüfenden Bescheid nach der Grundbewertung nach § 72 SGB VI vorgenommenen und sodann nach § 74 SGB VI i.V.m. § 263 Abs. 3 SGB VI begrenzten Gesamtleistungsbewertung der Schul- und Hochschulausbildungszeiten und ihrer Verfassungsmäßigkeit. Der Senat schließt sich der an die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.04.2011 – B 13 R 27/10 R –, in juris) angelehnten Begründung des SG nach eigener Prüfung an und sieht daher von einer erneuten Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist nur auszuführen, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 19.04.2011 (B 13 R 27/10 R u.a. –, in juris) nicht zur Entscheidung angenommen hat (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18.05.2016 –  1 BvR 2217/11 u.a. –, in juris). Obwohl dieser Beschluss auf formalen Gründen beruht, kann nunmehr davon ausgegangen werden, dass die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 74 SGB VI i.d.F. des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes endgültig geklärt ist (Matlok/Mey, NZS 2017, 530).

Weitere Bedenken gegen die Berechnung der Rente in dem zu überprüfenden Bescheid sind nicht mehr vorgetragen worden und sind im Rahmen des Prüfungsumfangs nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch nicht anderweitig ersichtlich.

Soweit sich der Kläger durch seine Biografie und die für seine Kinder übernommene Verantwortung und insbesondere auch durch seine gesundheitliche Situation benachteiligt fühlt, kann dies bei der hier alleine streitgegenständlichen Überprüfung des Bescheides vom 14.01.2009 keinen Anspruch auf eine höhere Berechnung der Rente begründen. Im Übrigen beruht die bewilligte Altersrente gerade auf der Schwerbehinderung des Klägers, so dass die gesundheitliche Situation des Klägers damit entsprechend den Wertungen des Gesetzgebers durchaus berücksichtigt wurde.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Rechtskraft
Aus
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