S 4 R 99/17

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 99/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 65/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid

Der Bescheid vom 15.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Beigeladene C. E. im Zeitraum vom 01.01.2015 bis Ende 2016 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin stand.

Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der endgültige Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den versicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen im Verhältnis zur Klägerin. Der Beigeladene C. E. stellte am 25.08.2016 bei der Beklagten Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status (Blatt 1-6 VA). Mit dem Antrag legte er den zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen am 28.12.2014 bzw. 01.01.2015 unterschriebenen Rahmen-Dienstvertrag über freie Mitarbeiter eines Flugzeugführers (Freelance), (Blatt 8-13 VA) vor. Mit gleichlautendem Schreiben vom 26.09.2016 an den Beigeladenen und die Klägerin (Blatt 14-15 VA) stellte die Beklagte den Verfahrensbeteiligten zahlreiche Fragen und bat um die Vorlage weiterer Unterlagen, die von der Klägerin mit Schreiben vom 14.10.2016 (Blatt 16-17 VA) vorgelegt wurde. Als Anhang legte sie Rechnungen des Beigeladenen über durchgeführte Flüge und verbrauchte Verpflegung für den Zeitraum von April 2015 bis August 2016 vor (Blatt 18-56 VA). 
Mit Schreiben vom 21.12.2016 (Blatt 65-68 VA) führte die Beklagte die Anhörung nach § 24 SGB X durch und teilte den Verfahrensbeteiligten mit, sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin zu erlassen. Weiter beabsichtige sie, in der von dem Beigeladenen ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der Rentenversicherung festzustellen. Sie stützte sich dabei auf § 7 Abs. 1 SGB IV und benannte fünf Kriterien für eine abhängige Beschäftigung und (nur) ein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit. Mit Schreiben vom 18.01.2017 nahm die Sozietät K. als damalige Bevollmächtigte der Klägerin zu dem rechtlich relevanten Sachverhalt Stellung und führte im Ergebnis aus, sie komme zu dem Ergebnis, dass eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen bei der Klägerin nicht festgestellt werden könne. 
Mit gleichlautenden Bescheiden an Klägerin und Beigeladenen vom 15.02.2017 (Blatt 75-80 VA) stellte die Beklagte fest, die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status habe ergeben, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Pilot bei der Klägerin im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, diese beginne ab 01.01.2015. In der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe keine Versicherungspflicht.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27.02.2017 (Blatt 81 VA) Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte, es sei rechtlich zu unterscheiden zwischen Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis. Für das Arbeitsrecht komme es auf den Begriff des „Arbeitnehmers“ an, für das Sozialversicherungsrecht auf den Begriff des „Beschäftigten“. Zur weiteren Begründung wurde auf ein Urteil des LAG Hamm vom 21.08.2013 verwiesen, worin es um die Einordnung eines Physiotherapeuten als Selbständiger bzw. Arbeitnehmer gegangen war. Das Landesarbeitsgericht hatte entschieden, dass der Physiotherapeut selbständig tätig gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2017 (Blatt 121-122 VA) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit den im Wesentlichen gleichen Gründen des Ausgangsbescheides zurück.

Am 23.06.2017 2015 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben (Blatt 1-14 d.A.). Zur Begründung trägt sie vor, zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen besteht kein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift sei die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, kraft dessen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in persönlicher Hinsicht abhängig sei. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisung und eine Einbindung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis setze nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in persönlicher Hinsicht abhängig sei, was in der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und in der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers seinen Ausdruck finde. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei das dann der Fall, wenn der Beschäftige in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem nach Art, Zeit, Dauer und Ort der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. 

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich (Bl. 2 d. A.),
den Bescheid vom 15.02.2017 betreffend den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen C. E. in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre im Vorverfahren getroffenen Feststellungen und trägt ergänzend vor, das von Klägerseite herangezogene Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.05.2008 (Az.: B 12 KR 13/07 R) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil vorliegend nicht die Aufrechterhaltung der Fluglizenzen im Vordergrund stehe.

Mit Beschluss vom 18.08.2017 hat das Gericht Herrn C. E. gemäß §§ 75 Abs. 2 Alt. 1, und 106 Abs. 3, Nr. 6 SGG beigeladen, weil die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (Blatt 25 d. A.). Auf die Frage des Gerichts in der schriftlichen Verfügung vom 14.04.2021 (Blatt 39-40 d. A.) haben die Klägerseite und der Beigeladene mit Schriftsätzen vom 19.04.2021 und 02.05.2021 (Blatt 41-44 d. A.) mitgeteilt, dass der Beigeladene die Tätigkeit nicht mehr ausübe. Anfang 2017 sei eine einvernehmliche Vertragsaufhebung mündlich erfolgt. Die letzte Rechnungstellung sei für Dezember 2016 erfolgt.

Das Gericht hat die bei Beklagten geführte Verwaltungsakte zu dem Rechtsstreit beigezogen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht nach ordnungsgemäß durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist zulässig und begründet. 

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 15.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017, denn die von dem Beigeladenen ausgeübte Tätigkeit als Pilot stellt kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar, vielmehr ist er im Zeitraum vom 01.01.2015 bis Ende 2016 selbständig tätig gewesen. Nach Überprüfung durch das Gericht war der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben.

Die vorliegende Entscheidung konnte gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid ergehen, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind erfüllt und das Gericht hat die Verfahrensbeteiligten mit Verfügung vom 08.07.2021 (Blatt 40 d. A.) angehört.

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Begriff der Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung wird durch die nichtselbständige Arbeit und diese durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitenden geprägt. Die persönliche Abhängigkeit kommt grundsätzlich in der Eingliederung des Arbeitenden in einen Betrieb und damit in der Fremdbestimmtheit seiner Arbeit sowie dem Direktionsrecht des Arbeitgebers und der daraus resultierenden Weisungsgebundenheit des Arbeitenden zum Ausdruck. Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird in der Regel auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit gegeben sein. Letztere ist jedoch nicht Bestandteil – der allein maßgebenden – persönlichen Abhängigkeit, so dass sie allenfalls als Indiz für ein Beschäftigungsverhältnis gewertet werden kann (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar zum SGB IV, 43. Ergänzungslieferung, § 7 RZ 51 ff.). Die Abgrenzung der nichtversicherten selbständigen von der versicherungspflichtigen Tätigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung danach vorzunehmen, ob der Beschäftigte von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSG SozR § 165 RVO Nr. 41; BSGE 35, 20, 21; 38, 53, 51 164 ff). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen der Beziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-410 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45,199,200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87,53,56; jeweils mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG v. 24.01.2007, Az.: B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr. 7). 

In dem vorliegenden Fall sind nach dieser Rechtsprechung fünf Kriterien zu prüfen, mittels derer die Abgrenzung zwischen der nichtversicherten selbständigen Tätigkeit von der versicherungspflichtigen Nichtselbständigkeit vorzunehmen ist.

1.    Eingliederung in den Betrieb
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, u.a. Urteil v. 28.05.2008 (Az.: B 12 KR 13/07 R mit weiteren Nachweisen auf Urteile aus den Jahren 2006 und 2007) ist Ausgangspunkt der Prüfung zunächst das vertragliche Verhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung danach so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Nach Prüfung des Gerichts aufgrund der vorgelegten Unterlagen (Rahmen-Dienstvertrag sowie Rechnungen des Beigeladenen) weichen die tatsächlichen Verhältnisse von den zwischen Klägerin und Beigeladenen getroffenen Regelungen nicht rechtserheblich ab. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung erlaubt das zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen bestandene Vertragsverhältnis unter Zugrundelegung des Rahmenvertrages keine klare Zuordnung der Pilotentätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder lässt auch nur offen, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit gegeben war. Die getroffenen vertraglichen Regelungen sind für die Beurteilung hier maßgebend. In § 1 des Rahmen-Dienstvertrages ist festgehalten, dass der Beigeladene als freier Mitarbeiter gelegentlich bei Bedarf als Flugzeugführer für RSP zum Einsatz kommen soll. Der freie Mitarbeiter soll dabei als selbständiger Unternehmer tätig werden und es wird dadurch kein Arbeitsverhältnis begründet. Damit ist offenkundig, dass eine Eingliederung des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin nicht gegeben war. Er hat in dem Betrieb der Klägerin nie gearbeitet, sondern für die Klägerin Flüge ausgeführt, wenn solche auszuführen gewesen sind. Anknüpfend an die vom BSG entwickelte Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit (vgl. Urteil v. 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R u. v. 25.01.2006, B 12 KR 30/04 R mit weiteren Nachweisen) sprechen die beschriebenen rahmenvertraglichen Abreden der Beteiligten als starke Indizien für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. 

2.    Eigenes Unternehmerrisiko
Das von der Rechtsprechung geforderte „Eigene Unternehmerrisiko“ scheint vorliegend bezüglich des Beigeladenen nicht gegeben zu sein, denn das von ihm zu fliegende Flugzeug ist Eigentum der Klägerin gewesen und er hat auch – anders als beispielsweise in Handwerksbetrieben – kein eigenes Werkzeug oder eigene Arbeitsmaterialien eingebracht. Maßgebliches Kriterium für ein eigenes Unternehmerrisiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (Urteil v. 25.01.2001, Az.: B 12 KR 17/00 R u. v. 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R mit weiteren Nachweisen), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird; der Erfolg des Einsatzes tatsächlicher oder persönlicher Mittel ungewiss ist. Nach §§ 2 und 3 des Rahmen-Dienstvertrages hatte der Beigeladene im Zusammenhang mit der Verwertung seiner Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls des Hinzuverdienstes zu tragen, denn es konnte längere Zeiträume geben, in denen keine Flüge durchzuführen waren. Aus den von ihm gestellten Rechnungen an die Klägerin wird erkennbar, dass es Monate gegeben hatte, in denen nur drei Flüge ausgeführt wurden. In anderen Monaten (z.B. Juli und August 2015) hatte der Beigeladene sieben Flüge ausgeführt. 
Entgegen den Ausführungen der Beklagten erweist sich vorliegend die Annahme eines Unternehmerrisikos nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil der Beigeladene für seine Einsätze nach dem Rahmen-Dienstvertrag und in aller Regel auch tatsächlich pauschal vergütet worden ist, die Höhe des Verdienstes also nicht von dem Arbeitseinsatz abhängig war. Wie sich aus dem § 5 des Dienstvertrages ergibt, betrug die Vergütung des Beigeladenen 300,00 Euro pro Tag (normal) und 150,00 Euro pro Tag bei einem Flug nach D-Stadt (Werksverkehr). Insgesamt stand die Verwertung seiner Arbeitskraft für den Beigeladenen im Vordergrund des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin, wegen der Unregelmäßigkeit und der ungewissen Zahl monatlicher Flüge bestand gerade darin das Unternehmerrisiko des Beigeladenen. 

3.    Freie Entscheidung über Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsart
Entgegen der von Beklagtenseite vertretenen Auffassung, kann das Kriterium der freien Entscheidung über Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsart vorliegend nicht bejaht werden, denn der Beigeladene unterlag bei der Durchführung seiner einzelnen Einsätze keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Anders als die Beklagtenseite misst die erkennende Kammer dem Umstand keine entscheidende Bedeutung bei, dass gewisse Eckpunkte des jeweiligen Auftrags wie Abflug, Zeit, Ziel des Fluges, Flug- und Zielhafen und zu transportierende Personen bzw. Güter von der Klägerin und der äußere Ablauf durch gesetzliche und flugtechnische Regelungen vorgegeben sind. Aus der möglicherweise „geminderten Selbständigkeit“ des Beigeladenen bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann nicht auf eine Weisungsgebundenheit in gefordertem Sinne und damit auf eine persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen von der Klägerin geschlossen werden. Nach dem Rahmen-Dienstvertrag wurde von dem Beigeladenen keine ständige Dienstbereitschaft erwartet. Vielmehr war es Aufgabe des Beigeladenen nach § 1 vierter Absatz, der Klägerin bis zum 10. eines jeden Monats schriftlich per E-Mail bekannt zu geben, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten er im Folgemonat Aufträge annehmen konnte und mochte. Damit ist klar, dass eine feste Arbeitszeit nicht vorgegeben war. Der Arbeitsort war natürlich das Flugzeug im Eigentum der Klägerin, gleiches gilt auch für die Arbeitsart, das Fliegen, so dass dieses Kriterium sowohl für als auch gegen eine selbständige Tätigkeit bzw. abhängige Beschäftigung sprechen kann.

4.    Tätigkeit für einen Auftraggeber
Nach § 8 des Rahmen-Dienstvertrages war es dem Beigeladenen gestattet, auch für andere Unternehmen oder sonstige Dritte tätig zu sein. Damit ist klar, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht nur für die Klägerin ausgeführt worden ist.

5.    Tätigkeit muss auf Dauer angelegt sein
Nach § 10 des Rahmen-Dienstvertrages begann das Vertragsverhältnis mit Unterzeichnung der Vereinbarung und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Bezüglich einer Kündigung war festgehalten, dass der Vertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden konnte. Damit ist dieses Kriterium in Sinne einer selbständigen Tätigkeit zu bejahen, denn der Vertrag war nicht befristet, sondern auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Dass die Zusammenarbeit zwischen Klägerin und Beigeladenen Ende 2016 (also nach rund 2 Jahren) beendet worden ist, ändert nichts an diesem Ergebnis.

Nach Prüfung und Abwägung der Ergebnisse aus den vorgenannten fünf Kriterien kommt das Gericht zu dem Endergebnis, dass bezüglich des Beigeladenen eine selbständige Tätigkeit vorgelegen hat. Dafür sprechen die gewichtigen Argumente aus den Kriterien 1., 2., 4. und 5. Lediglich bei der freien Entscheidung über Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsart gibt es Anhaltspunkte (Arbeitsort und Arbeitsart), die nicht eindeutig zu Gunsten einer selbständigen Tätigkeit zu bejahen sind. In Abwägung aller Kriterien und der darin ausgeführten Argumente kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass bezüglich des Beigeladenen C. E. in dem genannten Zeitraum eine selbständige Tätigkeit vorgelegen hat. Der mit vorliegender Klage angefochtene Bescheid vom 15.02.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2017 war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 125 Abs. 1 VwGO; Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 52 Abs. 3 GKG.

Die Rechtsmittelbelehrung beruht auf §§ 143, 144 SGG.

Rechtskraft
Aus
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