L 5 KR 130/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 452/11 WA
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 130/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 24.10.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten um die Beitragspflicht seitens der Versorgunganstalt des Bundes und der Länder (VBL) gezahlten Versorgungsbezüge aus einer freiwilligen Versicherung für die Zeit vom 1.10.2016 bis 14.12.2018.

 

Der am 00.00.1946 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 1979 kranken- und pflegeversichert, seit dem 1.10.2006 in der Krankenversicherung R. Er arbeitete als kaufmännischer Angestellter (AT) und erhält seit dem 1.10.2006 neben seiner Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine auf einer Pflichtmitgliedschaft beruhende Rente von der VBL (VBL-Klassik).

 

Im Juni 2002 teilte die VBL ihren Versicherten mit, dass in Zukunft die zusätzliche Altersvorsorge im öffentlichen Dienst durch eine Betriebsrente in Form eines sog. Punktemodells gewährleistet werde. Durch die Tarifverträge werde es den Beschäftigten im öffentlichen Dienst nunmehr ermöglicht, durch eigene freiwillige Beiträge eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung aufzubauen und dabei die steuerliche Förderung durch Zulagen/Sonderausgabenabzug nach dem Altersvermögensgesetz in Anspruch zu nehmen. Gemeinsam mit der Pflichtversicherung könne das Angebot zur freiwilligen Versicherung neben der gesetzlichen Rente die erforderliche Absicherung ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand bieten, ohne dass die Leistung durch Provisionen für Dritte geschmälert werde. Im November 2002 schloss der Kläger bei der VBL eine freiwillige Alters- und Hinterbliebenenrente “VBLextra“ (Vertragsnummer 01) ab, um in den Genuss der staatlichen Förderung im Rahmen der Riester-Rente zu gelangen. Ausweislich des Versicherungsscheins ist der Kläger Versicherungsnehmer. Der Kläger zahlte ab Dezember 2002 monatlich 29,91 € in die Versicherung ein. Ebenfalls im Dezember 2002 leistete er einmalig 329,01 €, um die staatliche Förderung auszuschöpfen. Es wurde vereinbart, dass die monatlichen Beiträge während der Pflichtversicherung von dem an der VBL beteiligten Arbeitgeber, dem C e.V., an die VBL durch monatliche Einzelüberweisung aus dem Nettoentgelt des Klägers überwiesen werden. Die Beiträge für diese Versicherung waren nach §§ 10a, §§ 79 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) als Altersvorsorgebeiträge förderungsfähig. In den „Versicherungsbedingungen für die freiwillige Versicherung in Anlehnung an das Punktemodell - VBLextra“ ist geregelt, dass die freiwillige Versicherung in Anlehnung an das Punktemodell bei der Anstalt begründet werden könne. Der Antrag sei über den beteiligten Arbeitgeber an die Anstalt zu richten. Nach Beendigung der Pflichtversicherung konnte die freiwillige Versicherung fortgesetzt werden, wenn dies binnen drei Monaten nach Beendigung der Pflichtversicherung beantragt werde (§ 1 der Bedingungen). Ansprüche auf Anstaltsleistungen seien nicht abtretbar, verpfändbar oder beleihbar (§ 17).

 

Da zunächst eine Kapitalisierung der Versicherungsleistung beabsichtigt war, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 29.12.2006 mit, dass sie für die Beitragsbemessung 1/120 (29,18 €) des Einmalbetrags zur Kranken- (KV) und Pflegeversicherung (PV) verbeitragen werde. Mit Bescheid vom 19.3.2007 erhöhte die Beklagte den KV-Beitragssatz von 13,8 auf 14,4%.

 

Mit seinem Widerspruch erklärte der Kläger, eine Beitragspflicht nicht erkennen zu können. Da er die Beiträge aus seinem Nettoentgelt gezahlt habe und es sich um einen privaten „Riester-Vertrag“ handele, an dem sein Arbeitgeber nicht beteiligt gewesen sei, sei ein etwaiger Versorgungsbezug nicht beitragspflichtig. Er habe den freiwilligen Vertrag nur deshalb abschließen können, weil er bei seinem Arbeitgeber pflichtversichert gewesen sei und sein Arbeitgeber in der Pflichtversicherung Vertragspartner der VBL sei. Zudem handele es sich nicht um einen Versorgungsbezug, sondern eine Alters- und Hinterbliebenenrente.

 

Die VBL bestätigte der Beklagten im März 2007, dass der Kläger statt einer Einmalzahlung ab dem 1.10.2006 eine monatliche Zahlung i.H.v. brutto 22,16 € aus der freiwilligen Betriebsrente erhalte. Im Mai 2007 teilte sie der Beklagten mit, dass der Versorgungsbezug ab dem 1.10.2006 monatlich brutto 22,71 € und ab dem 1.7.2007 monatlich 22,95 € betrage. Die Beiträge zur R und zur Pflegeversicherung behalte sie ein und führe diese ab.

 

Mit Bescheid vom 16.5.2007 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entsprechend der genannten Brutto-Versorgungsbezüge ab dem 1.10.2006 (KV+PV=22,72 €), dem 1.4.2007 (KV+PV=22,72 €) und ab dem 1.7.2007 (KV+PV=22,95 €) erneut fest. Mit Bescheid vom 6.6.2007 stellte die Beklagte klar, dass der Bescheid vom 16.5.2007 auch im Namen der Pflegekasse ergangen sei. Der Kläger widersprach auch dem Bescheid vom 16.5.2007 und nahm auf seine bisherigen Ausführungen Bezug.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.5.2007 mit Widerspruchsbescheid vom 19.6.2007 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 20.6.2007 korrigierte sie die im Widerspruchsbescheid vom 19.6.2007 genannte Höhe des Versorgungsbezugs.

 

Mit seiner am 19.7.2007 erhobenen Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiter verfolgt. Die Nichtannahmebeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 27.6.2018 (1 BvR 2137/06 und 1 BvR 2257/06) seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar, da er weder Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis noch aus einer betrieblichen Altersvorsorge erhalte. Sein Arbeitgeber sei an der freiwilligen Versicherung nicht beteiligt. Er habe seine Beiträge aus dem bereits verbeitragten Nettoentgelt entrichtet.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 29.12.2006 und 19.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.6.2007 zu verpflichten, die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unter Ausschluss der Versorgungsbezüge der VBL aus dem Vertrag „VBLextra“ zu berechnen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat sich auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren bezogen. Die Rechtsprechung zu den Direktversicherungsverträgen sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der Kläger keine Lebensversicherung, sondern eine zusätzliche freiwillige Versicherung bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst organisiere und daher eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung sei, abgeschlossen habe. Eine solche Einrichtung sei mit einer privaten Lebensversicherungsgesellschaft nicht vergleichbar. Bei Pensionskassen oder ähnlichen Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung bestehe ein Bezug zum Erwerbsleben, da eine Mitgliedschaft in einer solchen Einrichtung in der Regel nicht jedermann für eine private Altersversorgung offenstehe. Da die freiwillige Versicherung an die Pflichtversicherung gekoppelt sei, liege eine Berufsbezogenheit vor.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.10.2011 abgewiesen. Die Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu den Direktversicherungen sei auf den vorliegenden Fall zwar nicht anwendbar. Daraus ergebe sich jedoch mittelbar, dass eine Beitragspflicht dann ausscheide, wenn ein Zusammenhang zum Berufsleben nicht mehr bestanden habe. Da der Kläger eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung als Vertragspartner gewählt habe, die Leistung von Anfang an als Betriebsrente neben der Betriebsrente aus der Pflichtversicherung konzipiert gewesen sei und er den Vertrag nur über seinen Arbeitgeber habe abschließen können, bestehe ein hinreichender Zusammenhang zum Erwerbsleben, der die Verbeitragung rechtfertige.

 

Gegen das ihm am 15.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.1.2012 Berufung eingelegt und sein Anliegen weiterverfolgt. Entsprechend der Anregung des Gesetzgebers, eine eigene private Rente aufzubauen, habe er freiwillig eine „Riester-Rente“ abgeschlossen. Er dürfe nicht schlechter gestellt werden als Arbeitnehmer, die sich in eine private Versicherung „einristerten“, da andernfalls eine Ungleichbehandlung vorliege. Die Entscheidungen des BVerfG vom 27.6.2018 (1 BvR 249 und 250/15) bestätigen seine Auffassung. Er habe durch die freiwillige Absicherung als Versicherungsnehmer den institutionellen Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen. Sein Arbeitgeber habe sich in keine Weise an der „Fütterung“ der Altersvorsorge beteiligt.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 24.10.2011 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 29.12.2006, 19.3.2007 und 16.5.2007, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.6.2007 sowie den Bescheid vom 20.6.2007 aufzuheben.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung und ihre bisherigen Ausführungen. Anders als bei der Direktversicherung erfolge die Abgrenzung zwischen privater und betrieblicher Altersvorsorge nicht nach dem Vertragstyp, sondern nach der Einrichtung, mit der der Vertrag abgeschlossen worden sei. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts werde nicht bereits dadurch verlassen, dass der Versicherungsnehmer die Beiträge allein trage. Nach der Entscheidung des BVerfG sei maßgeblich, ob die Pensionsversicherung nach einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis fortgeführt werde. Dies habe der Kläger gerade nicht getan. Die vom BSG vorgenommene Typisierung habe das BVerfG ausdrücklich im Hinblick auf eine praktikable Verwaltung gebilligt.

 

Nach einem Ruhen des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss der vor dem BVerfG anhängigen Verfahren 1 BvR 100/15 und 249/15 hat die VBL der Beklagten am 6.2.2019 mitgeteilt, der durch das Betriebsrentenverstärkungsgesetz (BRSG) eingetretenen Gesetzesänderung zum 15.12.2018 Rechnung getragen und den Kläger hierüber mit Schreiben vom 29.1.2019 informiert zu haben. Da der Kläger während der gesamten Zeit der Beitragszahlung über den Arbeitgeber pflichtversichert gewesen sei, habe die Entscheidung des BVerfG (1 BvR 249/15) keine Auswirkungen auf ihn.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Berufung ist zulässig.

 

Es bestehen insbesondere keine Bedenken hinsichtlich des Beschwerdewerts von 750 € gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da der Kläger mit seiner Anfechtungsklage die dem Grunde und der Höhe nach festgestellte Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung angreift. Beteiligt ist daher auch die Beklagte sowohl als Kranken- als auch als Pflegekasse. 

 

Die Anfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 24.10.2011 abgewiesen. Die Bescheide vom 29.12.2006, 19.3.2007 und 16.5.2007, alle in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.6.2007 sowie der Bescheid vom 20.6.2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 52 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat den Versorgungsbezug aus der „VBLextra“ zu Recht der Beitragspflicht zur KV und PV unterworfen. Streitig ist auf Grund der seitens der VBL vollzogenen und von der Beklagten akzeptierten Umsetzung der Gesetzesänderung zum 15.12.2018 nur (noch) die Verbeitragung des Versorgungsbezugs in der Zeit vom 1.10.2016 bis 14.12.2018.

 

Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V in der von 1. Januar 2004 bis zum 14.12.2018 geltenden Fassung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Ab dem 15.12.2018 (Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Versichertenentlastungsgesetz – GKV-VEG) enthält die Nr. 5 den Zusatz „[…] außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.

 

Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung i.S. von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V gehören nach ständiger Rechtsprechung alle Renten, die von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden. Maßgeblich dabei ist allein eine typisierende Betrachtung des Zusammenhangs zwischen der Zugehörigkeit zu diesem Versorgungssystem und einer Erwerbstätigkeit. Diese "institutionelle Abgrenzung" orientiert sich allein daran, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird. Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs bleiben dabei ebenso unberücksichtigt wie die Frage eines nachweisbaren Zusammenhangs mit dem Erwerbsleben im Einzelfall (statt vieler: BSG, Urteil vom 23.7.2014, Az. B 12 KR 28/12 R, a.a.O. Rdnr. 12 m.w.N.). Leistungen, die von einer Pensionskasse gewährt werden, sind jedenfalls seit deren Legaldefinition in § 118a Versicherungsaufsichtsgesetz (<VAG>; § 118a eingefügt mit Wirkung vom 2.9.2005 durch Art 1 Nr. 24 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes <7. VAGÄndG> vom 29.8.2005, BGBl I 2546, zZ idF des 8. VAGÄndG vom 28.5.2007, BGBl I 923) stets Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts. Denn die Abwicklung über Pensionskassen ist einer der klassischen Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung, bei dem diese von einer rechtsfähigen Versorgungseinrichtung durchgeführt wird, die dem Arbeitnehmer oder seinen Hinterbliebenen auf ihre Leistungen einen Rechtsanspruch gewährt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, § 1b Abs. 3 S 1 BetrAVG).

 

Die im streitigen Zeitraum an den Kläger geleisteten Zahlungen aus der abgeschlossenen Alters- und Hinterbliebenenversorgung „VBLextra“ waren betriebliche Altersvorsorge i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Denn die VBL ist eine Pensionskasse, deren Aufgabe darin besteht, die betriebliche Altersversorgung für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes durchzuführen. Sie wird vom Bund und den Bundesländern (mit Ausnahme des Saarlands und Hamburgs) getragen, Aufsichtsbehörde ist das Bundesministerium der Finanzen (https://www.vbl.de/de/service/fragen_antworten/vblwiki/pensionskassehjsfamah.html?&highlight=1&keys=Pensionskasse&lang=1). Die von ihr gezahlten Renten sind betriebliche Altersversorgung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 Betriebliche Altersversorgungsgesetz (BetrAVG) und damit der Rente vergleichbare Einnahmen i.S. von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der „VBLextra“ um eine freiwillige Zusatzversorgung gehandelt und der Kläger die Beiträge als Versicherungsnehmer selbst aufgewandt hat. Den "institutionellen Rahmen" des Betriebsrentenrechts hat er dadurch nicht verlassen. Entscheidend ist, dass der Kläger nur durch seinen Status als Arbeitnehmer bei einem Mitglied der VBL, dem C e.V., dazu in die Lage versetzt wurde, eine solche Altersabsicherung abzuschließen. Denn die Teilnahme an der „VBLextra“ ist nur Personen möglich, welche aufgrund des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes über ihren Arbeitgeber in der Pflichtversicherung der VBL versichert sind. Der Unterschied zu einer rein privaten, vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Rentenversicherung zeigt sich auch dadurch, dass § 17 dem Versicherungsnehmer die Abtretung, Verpfändung und Beleihung des Anspruchs untersagt, dies aber nicht gilt, wenn der Anspruch an den Arbeitgeber, über den der Versicherungsnehmer versichert ist, abgetreten ist und dies angezeigt wird.

 

Das Ergebnis begegnet auch nicht verfassungsrechtlichen Bedenken. Das BVerfG (BVerfG, Beschluss vom 27.6.2018 – 1 BvR 100/15 –) hat die durch das BSG vorgenommene Typisierung nur dann mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit sie dazu führt, dass Zahlungen, die auf einem nach Ende des Arbeitsverhältnisses geänderten oder ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag zwischen einer Pensionskasse in der Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit und dem früheren Arbeitnehmer beruhen, an dem der frühere Arbeitgeber nicht mehr beteiligt ist und in den nur der Versicherte Beiträge einbezahlt hat, als betriebliche Altersversorgung zu Beiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner herangezogen werden, obwohl der Gesetzgeber Erträge aus privaten Lebensversicherungen pflichtversicherter Rentner keiner Beitragspflicht unterwirft. Dies wurde durch die Änderung des § 229 Abs. 1 Nr. 5 GB V (s.o.) bereits berücksichtigt. Es hat aber auch ausgeführt, dass das Betriebsrentenrecht auch ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Leistungen einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung als betriebliche Altersversorgung qualifiziere, wenn die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst seien. Es sei im Rahmen einer Typisierung nicht zu beanstanden, wenn das Bundessozialgericht private Beiträge des Arbeitnehmers als betrieblich veranlasst einstufe, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt werde. Daher scheide eine Differenzierung zwischen privater und betrieblicher Altersversorgung allein nach der die Versicherungsbeiträge finanzierenden Person aus. Es liege mit der institutionellen Abgrenzung ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen, insbesondere darauf, ob die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst seien, eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung erlaube (vgl. BVerfGE 18, 4 <9>). Eine Pensionskasse werde in einem laufenden Arbeitsverhältnis typischerweise zur Erfüllung einer Versorgungszusage des Arbeitgebers genutzt. Eine Typisierung der Leistungen dieser Einrichtung, die auf Beiträgen aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis beruhten, als betrieblich veranlasst und die daraus folgende Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere praktische Belange der Verwaltung bei der Frage, unter welchen Schwierigkeiten diese Härte vermeidbar wäre, seien hier von Gewicht (vgl. BVerfGE 9, 20 <31 f.>; 63, 119 <128>).

 

Ohne Bedeutung ist es für den streitigen Zeitraum, dass es sich bei dem abgeschlossenen Vertrags um eine nach §§ 10a, 79 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) staatlich geförderte "Riester-Rente" handelte (siehe für die Zeit vor der Gesetzesänderung bereits LSG Hessen, Urteil vom 15.12.2016 – L 8 KR 364/14, siehe dazu die NZB vom 6.6.2017 – B 12 KR 13/17 B). Denn der Gesetzgeber wollte mit der Gesetzesänderung lediglich einen durch die bisherige Regelung geschaffenen Fehlanreiz bei der Förderung betrieblicher Riester-Renten beseitigen, der dazu geführt hatte, dass betriebliche Riester-Renten anders als private Riester-Renten aufgrund der Beitragsabführung zur Kranken- und Pflegeversicherung sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase nicht mehr zu empfehlen waren und praktisch kaum mehr genutzt wurden. Seit dem 01.01.2018 sollten betriebliche Riester-Renten nunmehr wie private Riester-Renten behandelt und gegenüber sonstigen Versorgungsbezügen aus betrieblicher Altersversorgung begünstigt werden. Dafür, dass es sich bei der Gesetzesänderung lediglich um eine Klarstellung handeln sollte, gibt es angesichts der klaren Gesetzesbegründung keinen Anhaltspunkt (vgl. ausführliche Begründung in BR-Drs. 780/16, S. 47-48 zu Art. 4; Sieben, ersatzkasse magazin 2018, Nr. 3/4, 9; Winkel, SozSich 2017, 395).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht; § 160 Abs. 2 SGG.

 

 

Rechtskraft
Aus
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