L 16 BA 76/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
16.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 BA 141/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 BA 76/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juli 2019 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) in seiner Tätigkeit als „Voice-Over-Sprecher“ bei der Klägerin am 10. Mai 2017.

 

Die klagende GmbH firmierte vormals als m film- und medienproduktion.

 

Der Beigeladene zu 1, der muttersprachlich Englisch spricht, ist als freiberuflicher Sprecher tätig und in der Künstlersozialversicherung versichert. Die m film- und medienproduktion und der Beigeladene zu 1 schlossen am 15. Mai 2017 einen „Einzelvertrag #6640“, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

 

"§ 1 Vertragsgegenstand

M verpflichtet Vertragspartner als Sprecher/in zu folgenden Bedingungen:

 

Vertragszeit

10.05.2017 – 10.05.2017

Vertragsgegenstand

Die Leistungen umfassen die Prüfung der Grammatik und Richtigkeit von Formulierungen eines englischen Sprechertextes, den die m rechtzeitig in Abstimmung und unter Berücksichtigung des Terminplans des Vertragspartners zur Verfügung stellen wird; sowie die Vertonung des Textes zum Film „Agriculture Explainer“.

 

Für die Aufnahmen des Sprechertextes können bei Bedarf die Aufnahmestudios in den Räumen der m genutzt werden.

(…)

 

Verbindlich ist die Ablieferung der finalen Aufnahmen zum festgelegten Abgabedatum.

 

Länge

ca. 2:30 min

Sprache

Englisch

(…)

Abgabedatum

10.05.2017

(…)

Vergütung

200.00 Euro

 

§ 2 Vertragspflichten

Vertragspartner unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Produktion, insbesondere der Gestaltung der Produktionsabläufe keinen Weisungen von m; er kann das Projekt nach eigenem Ermessen und nach eigenem Zeitplan realisieren. Verbindlich sind nur die Ergebnisse und die zeitlichen Ziele, die von m bzw dessen Kunden für die Produktion vorgegeben werden. Sie sind unbedingt einzuhalten. Die zeitlichen Vorgaben geltend insbesondere für die Abnahmetermine mit dem Kunden.

 

Weitere Anforderungen an den Vertragsgegenstand ergeben sich aus einem eventuellen Briefing der m, die vom Vertragspartner ebenfalls zu berücksichtigen sind.

(…)

Vertragspartner tritt im Auftragszeitraum im Namen der m auf und darf sich gegenüber dem Kunden, Interviewpartnern und sonstigen Personen nicht als freier Mitarbeiter zu erkennen geben. Vertretungsvollmacht ist damit nicht verbunden. Sämtliche schriftliche Korrespondenz zum Projekt läuft ausschließlich über die m bzw über eine dem Vertragspartner zur Verfügung gestellte m-E-Mail-Adresse. Private Themen sollen nicht Bestandteil der Gesprächsthemen mit dem Kunden oder deren Vertretern sein. Bei Dreharbeiten ist auf angemessene Kleidung zu achten.

(…)

§ 3 Vergütung/Honorar

Der Vertragspartner erhält zur Abgeltung seiner Leistung aus diesem Vertrag sowie der Rechteeinräumung die unter Punkt 1 aufgeführte Vergütung zzgl der jeweils gültigen und anwendbaren Umsatzsteuer.

 

Mit der Vergütung sind sämtliche Kosten (Reisekosten, Equipmentmiete, Versand etc) abgegolten, sofern nicht in diesem Vertrag etwas anderes vereinbart wurde.

(…)

Die Zahlung der Vergütung erfolgt nach ordnungsgemäßer Leistungserbringung, Abnahme durch m und Abschluss des Projekts sowie ordnungsgemäßer Rechnungsstellung durch den Vertragspartner innerhalb von 60 Tagen. Die Abnahme durch m erfolgt innerhalb von 5 Tagen nach Abschluss des Projekts.

(…)

Der Vertragspartner erklärt, dass er als Unternehmer tätig ist und entsprechend bei seiner Finanzbehörde geführt wird.

 

§ 4 Rechteübertragung

Soweit durch die Tätigkeit des Vertragspartners Urheber-, Leistungsschutz-, Persönlichkeits- oder sonstige Rechte entstehen, so überträgt der Vertragspartner diese mit Entstehen an m zur vollständigen und vollumfassenden wirtschaftlichen Auswertung durch m oder durch Dritte.

(…)

Der Vertragspartner hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Nutzung des entstandenen Produkts. Insbesondere darf dieses ohne ausdrückliche Genehmigung der m nicht als Referenz verwandt werden.

 

§ 5 Eigentum

 

Das Eigentum an allen vom Vertragspartner erbrachten Arbeitsergebnissen und Unterlagen geht im Zeitpunkt der Entstehung auf m über. Diese Gegenstände sind jederzeit auf Verlangen von m herauszugeben.

 

§ 6 Verschwiegenheit

Der Vertragspartner ist zu strikter Verschwiegenheit gegenüber Dritten über den Inhalt der Produktion, den Inhalt dieses Vertrages, die persönlichen Verhältnisse der anderen Mitwirkenden der Produktion sowie der privaten und geschäftlichen Verhältnisse des Produzenten verpflichtet.

(…)

Der Vertragspartner verpflichtet sich, für jeden Fall der schuldhaften Verletzung der Verschwiegenheitsklausel eine angemessene, im Streitfall in der Höhe vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen.

(…)

§ 7 Kontaktschutz

Dem Vertragspartner ist bewusst, dass ihm im Rahmen dieser Vereinbarung Geschäftskontakte der m (bspw. Kunden, Vjs, etc) bekannt werden, die m langjährig mit großem Aufwand aufgebaut hat und pflegt und daher schützenswert ist.

Der Vertragspartner verpflichtet sich daher zum Kontaktschutz.

(…)

Darüber hinaus verpflichtet sich der Vertragspartner für jeden Fall der schuldhaften Verletzung der Kontaktschutzklausel eine angemessene, im Streitfall in der Höhe vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen.

(…)

 

§ 8 Rechtssicherheit und Garantie

(…)

 

§ 9 Mindestlohn

Der Vertragspartner verpflichtet sich zur Zahlung des im Land des Vertragspartners gesetzlich gültigen Mindestlohns an Mitarbeiter und beauftragte Subunternehmer.

(…)

Im Streitfall stellt Vertragspartner m von allen Haftungspflichten frei.

 

(…)“

 

Am 26. Mai 2017 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung; eine Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 habe nicht vorgelegen. In der Anlage zum Statusfeststellungsantrag und im Rahmen der weiteren Befragung sowie der Anhörung vor Bescheiderlass machten der Beigeladene zu 1 und die Klägerin u.a. folgende Angaben: Der Beigeladene zu 1 sei hauptberuflich selbständig und für sehr viele unterschiedliche Auftraggeber tätig. Die für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit habe die Prüfung der Grammatik und der Richtigkeit von Formulierungen eines vorgegebenen englischen Sprechertextes sowie das Einsprechen und Aufnehmen eines Textes zur Vertonung eines kurzen Films (Voice-Over) umfasst. Da der Sprechertext über einen bereits fertig produzierten Werbefilm gelegt worden sei, sei sein Inhalt vorgegeben gewesen. Der Beigeladene zu 1 sei aber frei darin gewesen, den Ausdruck oder bestimmte Begriffe (Slang) abzupassen und durch den Einsatz seiner Stimme die Tonalität des Films („auditive Dynamik“) mitzugestalten. Er habe „Füllwörter“ weglassen und komplexe Satzkonstruktionen vereinfachen sowie Begriffe aus der Umgangssprache verwenden dürfen. Das fertig abgelieferte Lektorat sei von einem Redakteur der Klägerin gegengelesen worden. Vor der Aufnahme des Sprechertextes habe die Klägerin über den Inhalt und die Tonalität des zu vertonenden Films informiert. Mit dem leitenden Redakteur sei eine dazu passende Stimm- und Sprachvariation abgestimmt worden. Der – nicht überwiegende – eigenschöpferische Anteil der Tätigkeit habe darin bestanden, mehrere Varianten des Voice-Over mit verschiedenen Emotionen zu vertonen (z.B. nüchtern, ergreifend) und ihm dadurch Schliff, Charakter und Atmosphäre zu verleihen. Die technische Dienstleistung des Sprechens habe überwogen. Dies sei der maßgebliche Unterschied zur Synchronsprechertätigkeit, bei der die Interpretation und Inszenierung im Vordergrund stehe. Der Beigeladene zu 1 sei in der Wahl seines Arbeitsortes prinzipiell frei gewesen, aber durch die notwendigen technischen Voraussetzungen, die er zur Übermittlung seiner Leistung (Internet) und zur Aufzeichnung seiner Sprache benötigt habe, eingeschränkt gewesen. Er habe mit einem Techniker zusammen gearbeitet, der die Aufnahme technisch überwacht habe, wobei sich die technische Aufgabe im Wesentlichen darin erschöpft habe, den „Record“- bzw. „Stop“-Schalter zu betätigen. Dem Beigeladenen zu 1 habe es frei gestanden, das Aufnahmestudio der Klägerin für die Aufnahme des Sprechertextes zu nutzen und sich in den Belegungsplan des Aufnahmestudios einzutragen. Er habe aus logistischen Gründen dieses Angebot genutzt, obwohl er auch ein eigenes Studio in N besitze, das er gelegentlich für Vertonungen für die Klägerin nutze. Die eingespielten Aufnahmen habe der zuständige Redakteur auf die technische Qualität und die Inhalte (zutreffende und von der Länge her auf den Originaltext abgestimmte Wiedergabe) überprüft.

 

Nach Anhörung stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 dessen Versicherungspflicht in der GRV aufgrund abhängiger Beschäftigung ab dem 10. Mai 2017 fest (Bescheide vom 20. Oktober 2017; Widerspruchsbescheide vom 21. Februar 2018).

 

Auf die Klage der F-GmbH hat das Sozialgericht (SG) Berlin den Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung zu den Umständen seiner Tätigkeit für die Klägerin befragt. Der Beigeladene zu 1 hat im Wesentlichen angegeben, ein eigenes Aufnahmestudio (Anschaffungswert: rund 20.850,- Euro) zu besitzen, das eine bessere Aufnahmequalität gewährleiste als dasjenige der Klägerin. Aus logistischen Gründen habe er aber bevorzugt, im Aufnahmestudio der Klägerin tätig zu sein. Seine Tätigkeit dort habe etwa 30 Minuten umfasst. Für das Lektorat, das er bei sich zuhause durchgeführt habe, sei ihm ein Zeitaufwand von etwa ein bis zwei Stunden entstanden. Er sei im Übrigen für verschiedene Auftraggeber überwiegend in seinem eigenen Studio tätig. Für die Klägerin habe er im Jahr 2019 acht Aufträge bearbeitet. Er besitze einen eigenen Pkw und betreibe eine eigene Website. Auch entstünden ihm Kosten für Online-Werbung. Er sei auch als Synchronsprecher tätig. Dies unterscheide sich aber wesentlich von einer Sprechertätigkeit im Voice-Over-Bereich.

 

Das SG hat den Bescheid vom 20. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 geändert und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 in seiner am 10. Mai 2017 ausgeübten Tätigkeit für die Klägerin im Bereich Lektorat und Sprachaufnahmen auch nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlegen sei (Urteil vom 23. Juli 2019). Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beigeladene zu 1 sei in seiner für die Klägerin am 10. Mai 2017 ausgeübten Tätigkeit selbständig tätig gewesen. Anders als von der Beklagten angenommen, sei der Beigeladene zu 1 nicht als Synchronsprecher tätig gewesen. Die Tätigkeit als Voice-Over-Sprecher unterscheide sich hiervon wesentlich, da der Beigeladene zu 1 nicht an einen strikt vorgegebenen Text gebunden gewesen sei, sondern diesen vor der Aufnahme habe sprachlich bearbeiten können. Die zwischen den Beteiligten im Vertrag getroffenen Vereinbarungen, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung und  –würdigung aller Umstände überwiegend für den Willen der Beteiligten sprächen, ein freies Dienstverhältnis zu begründen, stünden in Einklang mit den festgestellten tatsächlichen Verhältnissen. Eine Eingliederung in den eigentlichen Betriebsablauf der Klägerin, insbesondere eine Zusammenarbeit mit Angestellten der Klägerin, habe nicht stattgefunden. Die Tatsache, dass ein Aufnahmetechniker für den Beigeladenen zu 1 den Aufnahmeschalter betätigt habe, reiche für die Annahme einer auf eine abhängige Beschäftigung hindeutenden Teamarbeit nicht aus. Den zeitlich umfangreicheren Anteil der Tätigkeit für die Klägerin habe der Beigeladene zu 1 in seinem eigenen Büro - seiner eigenen Betriebsstätte - erledigt. Der eigenschöpferische Anteil der Tätigkeit habe überwogen. Auch habe der Beigeladene zu 1 ein Unternehmerrisiko getragen, indem er für die Einrichtung seines Aufnahmestudios erhebliche finanzielle Mittel aufgebracht habe. Durch eigene Akquise von Aufträgen und erhöhten Einsatz seiner Arbeitskraft habe er im Übrigen die eine selbständige Tätigkeit kennzeichnende Chance gehabt, ein höheres Einkommen zu erzielen.

 

Mit der Berufung trägt die Beklagte vor: Der Beigeladene zu 1 sei weder eigenschöpferisch noch weisungsfrei tätig gewesen. Die Textinhalte seien vorgegeben und der Text vorformuliert gewesen. Der Beigeladene zu 1 sei „gebrieft“ worden. Das Lektorat sei vom Redakteur geprüft worden. Die technische Dienstleistung des Sprechers habe überwogen. Die Aufnahme sei im Tonstudio der Klägerin erfolgt. Der Umstand, dass das Lektorat nicht in den Räumen der Klägerin vorgenommen worden sei, spreche nicht gegen eine Eingliederung in deren betriebliche Organisation. Zu sehen sei in diesem Zusammenhang, dass die Ausübung von Tätigkeiten im Homeoffice auch bei eindeutig abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht unüblich sei. Zudem sei der Beigeladene zu 1 nach den vertraglichen Regelungen verpflichtet gewesen, im Namen der Klägerin aufzutreten und sich nicht als freier Mitarbeiter zu erkennen zu geben. Auch wenn es sich um einen nicht an die konkreten Bedingungen angepassten Standardvertrag gehandelt habe, sei der Beigeladene zu 1 doch an den Inhalt des Vertrages gebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko habe der Beigeladene zu 1 nicht getragen, da die Aufnahme nicht in seinem selbst finanzierten Studio, sondern in demjenigen der Klägerin stattgefunden habe.

 

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juli 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

 

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Der Beigeladene zu 1 plane und organisiere seine Leistungen selbständig und unterliege keinen Weisungen hinsichtlich der Werkleistung und seiner Zeiteinteilung. Eine Einbindung in Betriebsabläufe am Betriebssitz der Klägerin habe nicht stattgefunden. Soweit die Beklagte auf einzelne vertragliche Regelungen abhebe, hätten diese hier keine Anwendung gefunden.

 

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

 

Der Senat hat den Geschäftsführer der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung zu den Einzelheiten der Tätigkeit am 10. Mai 2017 befragt. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

 

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen wird, sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

 

Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 geändert und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1 in seiner am 10. Mai 2017 ausgeübten Tätigkeit für die Klägerin im Bereich Lektorat und Sprachaufnahmen auch nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlegen sei.

 

Der Beigeladene zu 1 war in seiner am 10. Mai 2017 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt und deshalb versicherungspflichtig in der GRV. Dies hat die Beklagte auf der Rechtsgrundlage des § 7a Absatz 2 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV in der bis 31. März 2022 geltenden Fassung vom 29. März 2017  – a.F.) zu Recht festgestellt. Die Neufassung des § 7a SGB IV (n.F.) durch Gesetz vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2970), mit der der Gesetzgeber das optionale Anfrageverfahren als Elementenfeststellung mit Wirkung zum 1. April 2022 ausgestaltet hat, findet vorliegend keine Anwendung (vgl. zu § 7a n.F. Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7a SGB IV 1. Überarbeitung [Stand: 6. September 2022]). Da die Neufassung des § 7a SGB IV keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, liegt es nahe, den zeitlichen Anwendungsbereich der Regelung nach den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen zu bestimmen. Danach ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend hat das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt (BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 11/07 R -, juris Rn. 12 m.w.N.). Inwieweit dieser Grundsatz durch den Grundsatz abgelöst worden ist, dass neues Recht immer schon, aber auch noch den Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (Geltungszeitraumprinzip – vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002 – B 7AL 136/01 R -, juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 38/06 R –, juris Rn. 11), kann hier dahinstehen. Denn beide Grundsätze führen im vorliegenden Fall zu demselben Ergebnis, da der hier zu beurteilende Sachverhalt bereits mit Ablauf des 10. Mai 2017 beendet und damit weit vor Inkrafttreten des § 7a SGB IV n.F. verwirklicht war. Im Übrigen ergibt sich auch aus § 7a Absatz 1 Satz 1 SGB IV n.F. („ es sei denn,..“), dass einem bereits anhängigen Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht (wie nach bisherigem Recht) Sperrwirkung zukommt (vgl. BT-Drucks 19/29893 S. 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 28. Juni 2022 – B 12 R 4/20 R – juris –, in dem das BSG nach Inkrafttreten des neuen Rechts keine Veranlassung gesehen hat, die Feststellung von Versicherungspflicht nach dem bis 31. März 2022 geltenden Recht zu beanstanden).

 

Die Beklagte war im Rahmen des Anfrageverfahrens nicht gehindert, über die Frage der Sozialversicherungspflicht auch nach Beendigung der Beschäftigung zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 KR 31/07 R –, juris Rn. 28 ff.).

 

Die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens war auch nicht wegen einer früheren Entscheidung der Künstlersozialkasse zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 nach dem Recht der Künstlersozialversicherung ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 1/18 R –, juris Rn. 14 ff.).

 

Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, u.a. der hier allein streitigen Versicherungspflicht in der GRV (vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - <SGB VI>).

 

Beschäftigung ist gemäß § 7 Absatz 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.

 

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R -, juris Rn. 14 f m.w.N.). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbstständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., dort Rn. 19).

 

Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme eines einzelnen Dienstes individuell vereinbart wird (Prüfung der Grammatik und Richtigkeit von Formulierungen eines englischen Sprechertextes sowie die Vertonung des Textes zum Film „Agriculture Explainer“) und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung des Einzelauftrages bestehen. Außerhalb dieses Einzeleinsatzes liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung i.S. des § 7 Absatz 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung des Beigeladenen zu 1 bestand, Tätigkeiten für die Klägerin auszuüben, und diese umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R –, juris Rn. 23 m.w.N.).

 

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 während des mit der Klägerin vereinbarten Einzeldienstes.

 

Dass die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1 offenbar eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollte („Der Vertragspartner erklärt, dass er als Unternehmer tätig ist und entsprechend bei seiner Finanzbehörde geführt wird“ […] „Vertragspartner unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Produktion, insbesondere der Gestaltung der Produktionsabläufe keinen Weisungen von m; er kann das Projekt nach eigenem Ermessen und nach eigenem Zeitplan realisieren“) und die Vertragspartner darin übereinstimmten, dass durch diese Vereinbarung ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werde, ist - wie dargestellt - sozialversicherungsrechtlich nicht ausschlaggebend. Dahinstehen kann daher auch, welche Klauseln des offenbar auf das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 nicht vollständig angepassten Standardvertrages im Ergebnis keine Anwendung fanden.

 

Ausgehend von dem im Mai 2017 geschlossenen „Einzelvertrag #6640“ sowie dem Vorbringen der Beteiligten war nur die Erbringung eines Einzeldienstes (Prüfung der Grammatik und Richtigkeit von Formulierungen eines englischen Sprechertextes sowie die Vertonung des Textes zum Film „Agriculture Explainer“) vereinbart. Diese rechtliche Bewertung liegt dem angefochtenen Bescheid der Beklagten zugrunde.

 

Maßgebend für das Vorliegen von abhängiger Beschäftigung ist, dass der Beigeladene zu 1 einem Weisungsrecht der Klägerin unterlag und in einer seine Tätigkeit prägenden Weise in deren Betriebsablauf eingegliedert war. Die in § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen.

 

Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog. Diensten höherer Art) kann das Weisungsrecht – wie das BSG wiederholt entschieden hat – aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., Rn. 29 m.w.N.).

 

Ein Weisungsrecht der Klägerin bestand sowohl im Hinblick auf zeitliche Vorgaben (Abgabefrist), die laut Vertrag „unbedingt einzuhalten“ waren, als auch in Bezug auf die Inhalte und die Qualität des geschuldeten „Produkts“. Ausweislich des Vertrages ergaben sich „weitere Anforderungen an den Vertragsgegenstand“ „aus einem eventuellen Briefing der m, die vom Vertragspartner ebenfalls zu berücksichtigen sind“. Der Beigeladene zu 1 hat angegeben, dass ein solches Briefing auch tatsächlich stattgefunden hat (vgl. sein Schreiben vom 9. August 2017 an die Beklagte). Den Angaben der Klägerin in der Anlage zum Statusfeststellungsantrag zufolge ist das fertig abgelieferte Lektorat von ihrem Redakteur gegengelesen worden; zudem wurde der Beigeladene zu 1 vor der Aufnahme des Sprechertextes über den Inhalt und die Tonalität des zu vertonenden Films informiert. Mit dem leitenden Redakteur ist eine dazu passende Stimm- und Sprachvariation abgestimmt worden. Daran anschließend fanden Aufnahmen des Sprechertextes im Studio der Klägerin unter Mitwirkung eines Technikers der Klägerin statt. Zuletzt wurden die eingespielten Aufnahmen durch den zuständigen Redakteur auf deren technische Qualität und deren Inhalte (zutreffende und von der Länge her auf den Originaltext abgestimmte Wiedergabe) überprüft. Insgesamt ergibt sich aus diesen Abläufen das Bild eines ausgefeilten Abstimmungsprozesses zwischen den Beteiligten, der mehrfache Kontaktaufnahmen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 erforderte, und der zugleich die weitgehende Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in die Arbeitsabläufe der Klägerin und in die von ihr vorgegebenen Organisationsstrukturen zur Erzielung eines ihren Anforderungen entsprechenden Arbeitsprodukts deutlich macht. Die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1 verfeinert sich hier "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess". Durch die (unentgeltliche) Nutzung dieser Organisationsstrukturen, der Einrichtungen sowie personellen und sächlichen Betriebsmittel der Klägerin (Aufnahmestudio) war der Beigeladene zu 1 in einer seine Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Film- und Medienproduktionsbetrieb der Klägerin eingegliedert. Dies zeigt sich auch daran, dass der Beigeladene zu 1 nach den vertraglichen Vereinbarungen weder Nutzungs- noch Urheberrechte am entstandenen Produkt hatte (vgl. § 4 des Vertrages). Insgesamt hat der Beigeladene zu 1 seine Arbeitskraft nicht anders als bei der Klägerin angestellte Mitarbeiter eingesetzt und hatte innerhalb der betrieblich von der Klägerin vorgegebenen Ordnung keine ins Gewicht fallenden Freiheiten hinsichtlich Gestaltung und Umfang seiner Arbeitsleistung. Soweit er in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, als Voice-Over-Sprecher einen inhaltlich-künstlerischen Freiraum sowohl im Hinblick auf den Inhalt als auch auf die arbeitsorganisatorische Gestaltung (freie Zeiteinteilung) gehabt zu haben, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch eine künstlerische Tätigkeit in der Form der selbständigen Tätigkeit oder der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann (vgl. Bayerisches Landessozialgericht <LSG>, Urteil vom 22. April 2021 – L 14 R 5052/17 -, juris Rn. 34). Für die Abgrenzung kommt es daher allein auf die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der jeweiligen Tätigkeit an (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 21. Februar 2014 – L 1 KR 57/12 –, juris Rn. 24 <Maskenbildner, Visagist>, vom 27. Februar 2020 – L 1 KR 311/16 -, juris Rn. 24 <Filmeditor> und vom 19. März 2021 – L 26 BA 1/20 –, juris Rn 56 <Maskenbildnerin>), die hier – ausgehend von den zeitnah zur hier zu beurteilenden Tätigkeit vom 10. Mai 2017 gemachten Angaben der Beteiligten im Statusfeststellungsverfahren – einen erheblichen eigenen inhaltlich-künstlerischen Freiraum des Beigeladenen zu 1 nicht erkennen lässt. Aus den konkret auf die Tätigkeit vom 10. Mai 2017 bezogenen ausführlichen Angaben der Klägerin (vgl. deren Schreiben vom 15. August 2017 und 11. Oktober 2017) erhellt zur Überzeugung des Senats, dass dem Beigeladenen zu 1 Inhalt, Art und Ausführung des Produkts im Wesentlichen vorgegeben waren, so dass ihm ein wesentlicher Gestaltungsspielraum nicht verblieb. Der von ihm einzusprechende Text wurde über einen bereits von der Klägerin fertig produzierten Werbefilm („Agriculture Explainer“) gelegt. Der Inhalt der Texte war vorgegeben. Soweit der Beigeladene zu 1 die Grammatik und die Richtigkeit der Formulierungen des englischen Sprechertextes, der auf einer fremden geistigen Leistung beruhte, prüfte, war dies nicht mit künstlerischen Freiheiten verbunden. Im Übrigen wurde der vom Beigeladenen zu 1 lektorierte Text von einem Redakteur der Klägerin gegengelesen. Auch wenn der Beigeladene zu 1 in diesem Zusammenhang frei war, den Ausdruck oder bestimmte Begriffe (Slang) anzupassen und durch den Einsatz seiner Stimme die Tonalität des Films („auditive Dynamik“) mitzugestalten, war er in seinen gestalterischen Freiheiten begrenzt. Denn zum einen war er von ihr vor der Aufnahme des Sprechertextes bereits über den Inhalt und die Tonalität des zu vertonenden Films informiert worden; zum anderen stimmte er mit dem leitenden Redakteur eine zum Film passende Stimm- und Sprachvariation ab. Der Beigeladene zu 1 musste sich daher bei seiner Arbeitsleistung innerhalb eines von der Klägerin inhaltlich und zeitlich (Abgabetermin und Leistungserbringung am 10. Mai 2017) fest abgesteckten Rahmens bewegen und hat hierzu auch Betriebsmittel der Klägerin (Tonstudio) genutzt, mag er auch andere, hier indes nicht zu bewertende, Sprechertätigkeiten für die Klägerin im eigenen Studio erbracht haben. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang selbst angegeben, dass die technische Dienstleistung des Sprechens den eigenschöpferischen Anteil der Tätigkeit überwogen habe (vgl. Schreiben der Klägerin vom 11. Oktober 2017, Seite 3). Soweit dem Beigeladenen zu 1 innerhalb der Vorgaben der Klägerin noch gestalterische Freiheiten verblieben, indem er mehrere Varianten des Voice-Over mit verschiedenen Emotionen vertonte und ihm dadurch – auch dank seines in der Berufspraxis erworbenen fachlichen und künstlerischen Könnens – „Schliff, Charakter und Atmosphäre“ verlieh, unterscheidet ihn dies nicht von abhängig Beschäftigten, deren Aufgaben gestalterische oder kreative Elemente beinhalten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –, juris Rn. 21 <Bühnenkünstler>). An diesem Ergebnis ändert nichts, dass der Geschäftsführer der Klägerin und der Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung den Ablauf der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1, wie sie sich im „Normal- bzw. Regelfall“ darstelle, in gewichtigen Details abweichend von demjenigen schilderten, den der Senat seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat und der sich widerspruchsfrei, plausibel und letztlich von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1 in den maßgebenden Details übereinstimmend aus deren Vorbringen im Verwaltungsverfahren ergibt. Soweit z.B. der Beigeladene zu 1 nunmehr angegeben hat, damals von der Klägerin nur ein „Textgerüst“ („Skelett“) in schlechtem Englisch erhalten und daher auch in wesentlichem Umfang eigenschöpferisch Texte erstellt zu haben, hat er selbst eingeräumt, dies – wie den konkreten Hergang der hier zu prüfenden Tätigkeit vom 10. Mai 2017 – aufgrund des verstrichenen Zeitablaufs nicht mehr genau zu erinnern. Der Senat hat deshalb seiner Entscheidung diejenigen Angaben der Beteiligten zugrunde gelegt, die diese zeitnah zur hier zu beurteilenden Tätigkeit vom 10. Mai 2017 getätigt haben, da diese die damaligen Verhältnisse schon aufgrund der Zeitnähe zu ihnen zutreffend wiedergegeben haben dürften.

 

Es lassen sich auch keine für eine Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte feststellen, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Weisungsgebundenheit und Eingliederung des Beigeladenen zu 1 auf- oder überwiegen könnten. Insbesondere war der Beigeladene zu 1 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin keinem nennenswerten Unternehmerrisiko ausgesetzt. Er erhielt nach Rechnungslegung vom 15. Mai 2017 ein festes, vorab vereinbartes Honorar und hatte insoweit keinen Verdienstausfall zu befürchten. Soweit er werbend am Markt tätig und für verschiedene Auftraggeber hauptberuflich selbständig tätig war/ist, fällt dies für die vorliegend konkret zu beurteilende Tätigkeit nicht erheblich ins Gewicht. Besondere Vorhaltekosten waren hiermit nicht verbunden. Einer wie hier mit dem Vertrag vereinbarten Vertragsstrafe (vgl. § 6, § 7 des Einzelvertrages #6640) kommt nur ein vergleichsweise geringes Gewicht zu, weil eine solche sowohl im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit als auch einer abhängigen Beschäftigung vereinbart werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R –, juris Rn. 22 <Transportfahrer>). Der Honorarhöhe ist kein wesentliches Indiz für eine etwaige Selbständigkeit zu entnehmen. Der Beigeladene zu 1 setzte auch kein eigenes Personal ein. Dass er über ein eigenes Aufnahmestudio verfügt, spielt im Zusammenhang mit der konkret zu beurteilenden Tätigkeit schon deshalb keine Rolle, da er es für diese nicht nutzte.

 

Für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung ist es nicht von Bedeutung, ob die Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder im Nebenerwerb ausgeübt wird und ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dazu gehört nicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit steht auch einem objektiven Weisungsrecht nicht gleich. Das Sozialversicherungsrecht ordnet Versicherungspflicht nicht nur für unbefristete Dauerbeschäftigungen an. Vielmehr sind - sofern die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind - auch zeitlich befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Für unständig Beschäftigte sieht das Sozialversicherungsrecht ebenfalls spezielle Regelungen vor, ohne generell Versicherungsfreiheit anzuordnen (vgl. für das Recht der Arbeitsförderung und die GRV § 27 Absatz 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - <SGB III>, § 163 Absatz 1 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – <SGB VI>). Eine zusätzlich hauptberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit hat lediglich für die Kranken- und Pflegeversicherung Bedeutung (vgl. zu alledem BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O. Rn. 34).

 

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Beigeladene zu 1 für eine Vielzahl an Auftraggebern tätig war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., Rn. 35).

 

Dass die Honorarhöhe nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien mit eingeschränkter indizieller Bedeutung ist, da die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist, hat das BSG bereits mehrfach entschieden. Im Anschluss an diese Rechtsprechung nimmt der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen Bezug (vgl. BSG im o.a. Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., Rn. 37 m.w.N.) und sieht die Honorarhöhe vorliegend als nicht ausschlaggebend an.

 

Der Beigeladene zu 1 war in seiner Tätigkeit für die Klägerin auch nicht aufgrund anderer Vorschriften von der Versicherungspflicht in der GRV ausgenommen. Zwar sind die Voraussetzungen einer zur Versicherungsfreiheit in der GRV (§ 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) führenden zeitgeringfügigen Beschäftigung erfüllt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. November 2020 – B 12 KR 34/19 R –, juris Rn. 12). Indes liegen die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1b SGB VI, der die Befreiungsmöglichkeiten für Personen, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, regelt, nicht vor. Denn hierzu hätte es eines Antrages des Beigeladenen zu 1 nach § 6 Absätze 2 und 3 SGB VI bedurft. Ein solcher Antrag liegt indes nicht vor.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Absatz 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht aus Gründen der Billigkeit der Klägerin aufzuerlegen (vgl. § 162 Absatz 3 VwGO), nachdem die Beigeladene zu 2. sich nicht zum Verfahren geäußert hat und der Beigeladene zu 1 sich – der Klägerin beipflichtend – in der für sie ausgeübten Tätigkeit als Selbständiger angesehen hat.

 

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Absatz 2 SGG) nicht vorliegen.

 

Der Streitwert war gemäß § 197a Absatz 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Absatz 2, § 52 Absatz 2, § 47 Absatz 1 GKG in Höhe des Auffangstreitwerts festzusetzen. Für eine Bestimmung des Streitwerts in hiervon abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung fehlen hinreichende Anhaltspunkte. Bei der hier gegenständlichen Frage der Versicherungspflicht in der GRV handelt es sich zwar um eine Voraussetzung einer möglichen späteren Beitragspflicht. Dass eine solche potentiell "bezifferbar" ist, ändert aber nichts daran, dass eine vollstreckbare, konkrete Beitragsforderung nicht Gegenstand des Verfahrens ist (vgl. BSG, Beschluss vom 15. Juli 2021 – B 12 R 38/20 B –, juris Rn. 6). Die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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