L 7 KA 47/19

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 60/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 47/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 12/23 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die GOP 11310 und 11311 EBM 2014 umfassen alle notwendigen Untersuchungsschritte, die für die Erstellung eines Karyogramms notwendig sind. Die ggf. notwendige Anlage und Auswertung mehrere Zellkulturen kann nicht mehrfach abgerechnet werden. 

Die einfache Chromosomenbandanalyse mittels einer gängigen Bänderungstechnik (hier: GTG-Bänderung) ist Bestandteil der GOP 11310 und 11311 EBM 2014 und kann nicht gesondert über die GOP 11312 EBM 2014 abgerechnet werden. 

Die GOP 11312 EBM 2014 umfasst nur spezielle Techniken zur Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen und kann daher bei einem Einsatz der benannten Techniken auf alle Chromosomenpaare nicht abgerechnet werden. Insbesondere das sog. Subtelomerscreening wird von der GOP 11312 nicht erfasst. 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juni 2019 geändert.

 

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Der Kläger wendet sich gegen eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal III/2014 im Hinblick auf die Abrechnung der Gebührenordnungspositionen (GOP) 11310 bis 11312 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM).

 

Der Kläger ist Facharzt für Humangenetik und nahm von 2009 bis 2014 mit eigener Praxis an der vertragsärztlichen Versorgung in C teil.  

 

Mit Schreiben vom 14. August 2014 informierte die Beklagte den Kläger, dass bei seiner Honorarabrechnung für das Quartal II/2014 Unstimmigkeiten im Hinblick auf die gehäufte Abrechnung der GOP 11312 aufgefallen seien und die Praxis darüber hinaus aufgrund einer zufälligen Stichprobe für eine durchzuführende Plausibilitätsprüfung ausgewählt worden sei, und bat ihn um eine allgemeine Stellungnahme zur Abrechnung der GOP 11312.

 

Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 22. August 2014 mit, dass er bei gegebener Indikation eine Chromosomenanalyse nach GOP 11310 durchführe und zur Charakterisierung der Chromosomen anhand ihres Bandenmusters eine Färbung (z.B. Giesma für die GTG-Bandenfärbung) durchführe, welche nach der GOP 11312 (Chromosomenbandenanalyse) abgerechnet werde. Für die konventionelle Chromosomenanalyse seien wegen der Erforderlichkeit der Bandenfärbung daher stets die GOP 11310 und zugleich die GOP 11312 anzusetzen. Um ein valides Ergebnis zu erreichen, sei nach der S2 Leitlinie der Gesellschaft für Humangenetik eine gewisse Metaphasenanzahl zu analysieren, so dass fast immer mehrere Färbungen/Untersuchungen notwendig seien, die er jeweils gesondert abrechne. Sofern die konventionelle Chromosomenanalyse im Hinblick auf die Indikation nicht ausreichend sei, führe er eine molekular-zytogenetische Untersuchung mittels Fluoreszens-in-situ-Hybridisierung (FISH) durch, häufig als Screening der Subtelomerregion aller Chromosomen. Hierfür setze er zur Minderung des Arbeitsaufwandes und Sicherung der Qualität DNA-Sonden ein, die in Kombination gleichzeitig mehrere Zielsequenzen ansteuerten. Da laut GOP 11312 die FISH-Analyse je untersuchter Zielsequenz abgerechnet werden könne, falle diese GOP mitunter mehrfach für einen Behandlungsfall an. Bei dem von ihm verwendeten Sondenkit würden alle 23 Chromosomenpaare gleichzeitig mit insgesamt 62 Einzelsonden in 53 Zielsequenzen untersucht, so dass von ihm für das Subtelomerscreening die GOP 11310 einmal und die GOP 11312 53 Mal abgerechnet werde. Die Subtelomer-FISH werde unter anderem bei komplexen Entwicklungsstörungen und habitueller Abortneigung eingesetzt. Hier seien häufig Aberrationen im Subtelomerbereich festzustellen, die in seiner Praxis nur mit der Subtelomer-FISH nachweisbar bzw. auszuschließen seien.

 

Mit Schreiben vom 16. September 2014 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass nach Ansicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die normale Chromosomenbandenfärbung zur Klassifizierung der Chromosomen bereits von der GOP 11310 und 11311 umfasst sei und daher bei einer konventionellen Chromosomenanalyse die GOP 11312 nicht zusätzlich abrechnungsfähig sei. Überdies setze die Abrechnung nach Punkt 2.1 der allgemeinen Bestimmungen des EBM stets eine Vollständigkeit der Leistungserbringung voraus, so dass notwendige mehrfache Färbungen/Untersuchungen für eine Chromosomenanalyse nicht gesondert abgerechnet werden könnten. Schließlich erfülle das Subtelomerscreening nicht die Legende der GOP 11312, da mit diesem nicht spezifische Strukturen eines speziellen Chromosoms analysiert würden, sondern alle Subtelomerbereiche aller Chromosomen. Die Beklagte bat den Kläger, diese Abrechnungshinweise zu beachten und den Ansatz der GOP 11312 bereits für das Quartal III/2014 zu prüfen.

 

Mit Schreiben vom 18. September 2014 teilte der Kläger zur Erläuterung seiner Abrechnungspraxis mit, dass er sich als Humangenetiker auch auf die genetische Untersuchung hochkomplexer Entwicklungsstörungen bei Kindern spezialisiert habe und hierfür vor allem das sog. Subtelomerscreening zum Einsatz komme. Andere Methoden wie das Array-CGH (GOP 11500 – array based comparative genomic hybridization) habe er bisher wegen der hierfür erforderlichen Investitionen in seiner Praxis nicht etablieren können. Der Ansicht, dass das Subtelomerscreening nicht über die GOP 11312 abrechenbar sei, trete er auch im Hinblick auf die von ihm geforderte Anpassung seiner Honorarabrechnung für das Quartal III/2014 entschieden entgegen. Bei der Subtelomer-Diagnostik mittels FISH handele es sich um eine spezielle Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen im Sinne der GOP 11312. Da die GOP je Färbung oder je eingesetzter Sonde ohne explizite Mengenbegrenzung abrechenbar sei, könne er sie auch bei Sondenkombinationen mehrfach abrechnen. Durch die Sondenkombinationen, die alle Chromosomen erfassten, würde lediglich der unverhältnismäßig hohe Arbeits- und Zeitaufwand im Vergleich zur Darstellung der Subtelomerbereiche der Einzelchromosomen optimiert unter Berücksichtigung des hohes Einkaufspreises der hierfür erforderlichen Verbrauchsmittel. Überdies sei die Chromosomenbandenfärbung nicht bereits von den GOP 11310 und 11311 erfasst. Andernfalls wäre die gesonderte Erwähnung der Chromosomenbandenfärbung in der GOP 11312 nicht notwendig. Schließlich sei bereits semantisch jede Färbung ein in sich abgeschlossener Prozess, der jeweils nach der GOP 11312 abgerechnet werden könne.

 

Nach Einreichen der Quartalsabrechnung III/2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. November 2014 mit, dass im Hinblick auf die Abrechnungsauffälligkeiten bei dem Quartal II/2014 eine anlassbezogene Plausibilitätsprüfung bezüglich der GOP 11310, 11311 und 11312 erfolge. Unter Darlegung ihrer Ansicht bat sie um Beantwortung eines Fragenkataloges sowie um patientenbezogene Ergänzungen gemäß beigefügter Anlage. Zugleich teilte sie mit, dass für die Prüfung davon ausgegangen werde, dass bei einer 53-maligen Abrechnung der GOP 11312 (nur) ein Subtelomerscreening durchgeführt worden sei. Dieser Aufforderung kam der Kläger mit Schreiben vom 15. Januar 2015 nach; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 65 bis 78 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

 

Mit vorläufiger Honorarinformation vom 22. Januar 2015 teilte die Beklagte dem Kläger einen ermittelten Honoraranspruch für das Quartal III/2014 in Höhe von 173.147,12 Euro mit. Der Abrechnung lag ausweislich der Liste C folgende anerkannte Menge der strittigen GOP zugrunde: GOP 11310 249 Mal, GOP 11311 49 Mal und GOP 11312 1.092 Mal. Bereits hier hatte sie im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung (38 x 53 =) 2.014 Mal die vom Kläger abgerechnete GOP 11312 abgesetzt. Dabei berücksichtigte sie alle 38 Fälle, in welchen die GOP 11312 jeweils 53 Mal pro Patient in Ansatz gebracht wurde.

 

Auf Nachfrage der Beklagten reichte der Kläger mit Schreiben vom 31. Juli 2015 eine Auflistung aller gleichzeitigen Abrechnungen der GOP 11310 und 11311 mit der GOP 11312 je Patient im Quartal III/2014 ein. Für die Einzelheiten wird auf Blatt 143 bis 161 der Verwaltungsakte verwiesen.

 

Mit Honorarbescheid vom 1. Oktober 2015 setzte die Beklagte ein Honorar für das Quartal III/2014 in Höhe von 119.077,65 Euro fest. Dabei berichtigte sie die Abrechnung sachlich-rechnerisch in Bezug auf die GOP 11310 bis 11312 gemäß Anlage P 123. Der Umfang der vom Kläger zur Vergütung eingereichten GOP 11310 bis 11312 und von der Beklagten im Bescheid berücksichtigten ergibt sich wie folgt:

 

 

GOP 11310

GOP 11311

GOP 11312

vom Kläger eingereicht

249

49

3128

von der Beklagten berücksichtigt

170

22

244

Differenz (abgesetzt)

79

27

2.866

Wert in Euro pro GOP

141,11

160,86

45,28

Streitiger Gesamtwert der Absetzung in Euro  

11.147,69

4.343,22

129.772,48

 

In der Summe ergab sich eine sachlich-rechnerische Berichtigung zu Lasten des Klägers in Höhe von 145.263,39 Euro.

 

Zur Begründung der Berichtigungen der GOP 11310 und 11311 führte die Beklagte aus, dass diese nur einmal je Untersuchung angesetzt werden könnten und eine Wiederholung bei ungenügender Qualität des Befundes oder zur Kontrolle nicht abrechnungsfähig sei. Die GOP setze die Auswertung des aufbereiteten Materials als Ergebnis voraus, so dass bei qualitativ schlechtem Material, welches für eine Analyse nicht geeignet sei, die geschuldete Leistung nicht vollständig erbracht worden sei. Analyseversuche seien nicht abrechnungsfähig.

 

Die GOP 11312 setzte die Beklagte insgesamt 2.866 Mal mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen der Abrechenbarkeit nicht vorlägen. Die GOP 11312 könne nicht stets neben der GOP 11310 oder 11311 abgerechnet werden, da die einfache GTG-Bandenfärbung aller Chromosomen bereits Inhalt der Chromosomenanalyse nach den GOP 11310 und 11311 sei. Sofern daher an einem Untersuchungstag sowohl die GOP 11310 und 11311 als auch die 11312 abgerechnet worden seien, sei die GOP 11312 abzusetzen. Überdies könnten nicht mehrere erforderlich gewordene GTG-Bandenfärbungen im Rahmen einer Untersuchung gesondert über die GOP 11312 abgerechnet werden. Zudem sei Voraussetzung für die Abrechnung der GOP 11312 als Chromosomenbandenanalyse die Untersuchung unterschiedlicher Langzeitkulturen. Bei der vom Kläger angegebenen Kultivierungszeit der Kulturen aus dem hämotopoetischen System von 72 bis 96 Stunden handele es sich um eine Kurzzeitkultivierung, die bereits die Voraussetzung der GOP 11312 nicht erfülle. Daher sei die GOP 11312 755 Mal (in 166 Behandlungsfällen) abgesetzt worden. Soweit 97 Mal Fibroblasten kultiviert und eine Chromosomenbandenanalyse mittels GTG-Banding in 22 Behandlungsfällen erfolgt sei, habe zwar eine Langzeitkultur vorgelegen, jedoch erfülle das GTG-Banding aller Chromosomen nicht die Voraussetzung einer speziellen Chromosomenbandenanalyse einzelner Chromosomen. Außerdem sei die GOP 11312 2.014 Mal abzusetzen, weil das in 38 Fällen durchgeführte Subtelomerscreening mit je 53 Zielsequenzen aufgrund der Untersuchung des vollständigen Chromosomensatzes nicht über die GOP 11312 abrechenbar sei.

 

Den hiergegen am 28. Oktober 2015 erhobenen und mit Schreiben vom 23. November 2015 begründeten Widerspruch wies die Beklagte nach Vorlage weiterer Unterlagen des Klägers zum Ursprung des Untersuchungsmaterials für die Chromosomenanalyse mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2016 als unbegründet zurück.

 

Mit seiner hiergegen am 14. Oktober 2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf vollständige Honorierung der von ihm erbrachten und abgerechneten Leistungen für die GOP 11310 bis 11312 für das Quartal III/2014 weiter.

 

Das Sozialgericht Potsdam hat ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage auf dem Gebiet der Humangenetik eingeholt, welches Frau Prof. Dr. H-F am 11. Juli 2018 erstattet hat. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 141 bis 147 der Gerichtsakte verwiesen.

 

Mit Urteil vom 12. Juni 2019 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 1. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal III/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Kosten des Verfahrens hat das Sozialgericht der Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung teilweise zu beanstanden sei. Zu Recht habe die Beklagte die vom Kläger vorgenommene Abrechnung der GOP 11310 berichtigt. Zwar könne nach dem Wortlaut die GOP 11310 je Untersuchung abgerechnet werden. Jedoch sei das Ergebnis einer Chromosomenanalyse stets ein Karyogramm, so dass die Leistungslegende der GOP 11310 erst dann im Sinne von Punkt 2.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM vollständig erbracht worden sei, wenn ein der Analyse zugängliches Karyogramm vorliege. Die für die Erstellung eines Karyogramms notwendigen Wiederholungs- und Mehrfachuntersuchungen aufgrund des Anlegens verschiedener Kulturen und Platten aus demselben Körpermaterial könnten nicht wiederholt abgerechnet werden. Dies gelte im Grundsatz auch für die Abrechnung der GOP 11311. Da diese aber die Chromosomenanalyse aus Fibroblasten betreffe, habe die Beklagte eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob es sich im Einzelnen bei den mehrfach abgerechneten Chromosomenanalysen um solche aus demselben Gewebe handele. Die Kammer folge insoweit den Ausführungen des Klägers, dass insbesondere untersuchtes Abortgewebe Gewebe unterschiedlichen Ursprungs enthalten könne, welches jeweils gesondert für sich zu untersuchen sei und dann auch nach Ansicht der Kammer je untersuchtem Gewebe abrechenbar sei.

 

In Bezug auf die GOP 11312 sei zunächst festzuhalten, dass die einfache Färbung der Chromosomen zur Chromosomenbandenanalyse in Form der GTG-Bänderung bereits Inhalt der Leistungslegenden der GOP 11310 und 11311 sei und daher nicht neben diesen gesondert abgerechnet werden könne. Dies folge aus dem Umstand, dass eine bloße Chromosomenanalyse ohne GTG-Bänderung, d.h. ohne Bestimmung der jeweiligen Chromosomen, nicht vollständig sei. Die GOP 11312 beinhalte demgegenüber die spezielle Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen durch Anwendung spezieller Techniken. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung in Bezug auf das fehlende Vorliegen einer Langzeitkultivierung (755 Mal aus Zellen des hämatopoetischen Systems) und aufgrund des Fehlens mehrerer verschiedener untersuchter Langzeitkulturen (97 Mal aus Fibroblasten) sei daher nicht zu beanstanden. Demgegenüber sei der Kläger jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten berechtigt gewesen, das von ihm durchgeführte Subtelomerscreening über die GOP 11312 abzurechnen. Denn letztlich würden auch bei dieser Untersuchung die Chromosomen einzeln dargestellt. Die Untersuchung sei auch notwendig, um bei einem Krankheitsverdacht einen möglichen Gendefekt zu ermitteln und einem konkreten Chromosom zuzuordnen. Dieses sei dann einzeln zu untersuchen. Dass der Kläger hierfür ein Sondenkit verwende, welches gleichzeitig alle Chromosomen ansteuere, hindere die Abrechenbarkeit der GOP 11312 nicht.

 

Die Beklagte hat gegen das ihr am 10. Juli 2019 zugestellte Urteil am 6. August 2019 Berufung erhoben. Der Kläger hat am 19. August 2019 gegen das ihm am 12. Juli 2019 zugestellte Urteil (unselbständige) Anschlussberufung eingelegt.

 

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung insgesamt rechtmäßig erfolgt sei. Der Kläger habe die GOP 11310 bis 11312 teilweise fehlerhaft abgerechnet. Das Urteil des Sozialgerichts sei zutreffend, soweit es die vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung der GOP 11310 für rechtmäßig befunden habe. Der Kläger könne insoweit mit seiner Anschlussberufung nicht durchdringen. Mehrfach durchgeführte Kultivierungen von Zellen des hämatopoetischen Systems und deren Aufbereitung für die Durchführung einer Chromosomenanalyse seien nicht mehrfach abrechenbar, denn die GOP 11310 sei ebenso wie die GOP 11311 (Chromosomenanalyse aus Fibroblasten) erst abrechenbar, wenn eine Chromosomenanalyse als obligater Inhalt der GOPen habe durchgeführt werden können. Der Begriff sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der vollständigen Leistungserbringung nach den allgemeinen Bestimmungen des EBM (Punkt 2.1) erfolgsabhängig zu verstehen; der Vergütungsansatz sei final bestimmt. Die Chromosomenanalyse sei erst dann erfolgreich durchgeführt worden, wenn der Chromosomensatz ermittelt, untersucht und ein entsprechendes Karyogramm erstellt worden sei. Sofern hierfür mehrere Zellkulturen aufbereitet, gefärbt und untersucht werden müssten, seien diese von der GOP bereits mitumfasst. Der Begriff „je Untersuchung“ knüpfe an eine neue, von der ersten Chromosomenanalyse unabhängige weitere Chromosomenanalyse an. Ggf. sei eine Chromosomenanalyse nach der GOP 11310 neben der GOP 11311 abrechenbar. Jedoch habe es sich nach den eigenen Angaben des Klägers bei seinen Untersuchungen jeweils um die Erstellung eines Karyogramms aus einer untersuchten Probe (Heparinblut, Fruchtwasser oder Abortmaterial) mittels mehrerer Kulturen gehandelt. Das Urteil des Sozialgerichts könne daher nicht überzeugen, soweit die Beklagte zur Nachuntersuchung der Abrechnung der GOP 11311 im Hinblick auf die Untersuchung von Abortgewebe verurteilt worden sei. Wie der Kläger selbst in seiner im Widerspruchsverfahren eingereichten Liste des Untersuchungsmaterials angegeben habe, handele es sich bei dem untersuchten Abortgewebe um „Mischgewebe“. Bezogen auf das zu untersuchende Material habe es sich mithin nur um ein Material und damit nur um eine Untersuchung gehandelt. Der Ansatz unterschiedlicher Kulturen aus diesem Mischgewebe bedeute nicht, dass jeweils verschiedene Kulturansätze aus verschiedenen Gewebesorten erstellt worden seien. Es fehle an einer patientenbezogenen Darlegung des Klägers, dass er in jedem Einzelfall tatsächlich unterschiedliches Gewebe kultiviert und untersucht habe. Aus der von der Beklagten angeforderten Liste ergebe sich dies nicht. Auch erschließe sich nicht, wie das Gericht zu der Annahme gelange, dass die bei der Chromosomenanalyse geschuldete Untersuchung je Gewebe abzurechnen sei. Die Chromosomen in den Fibroblasten der unterschiedlichen fötalen Gewebe dürften jeweils identisch sein. Das Ansetzen und Auswerten verschiedener Kultivierungen desselben Abortgewebes sei daher im Ergebnis ebenso nur eine abrechenbare Untersuchung wie bei der GOP 11310.

 

Zu Unrecht habe das Sozialgericht das vom Kläger durchgeführte Subtelomerscreening über die GOP 11312 für abrechnungsfähig gehalten. Die unspezifische Untersuchung der Enden (Subtelomere) aller Chromosomen im Rahmen eines Subtelomerscreenings aufgrund des Verdachts einer Chromosomenveränderung sei nicht von der GOP 11312 umfasst. Diese umfasse nur die gezielte FISH-Analyse einzelner Chromosomen. Bereits aus der Überschrift der GOP 11312 „Strukturen einzelner Chromosomen“ ergebe sich, dass diese nicht als Screeningleistung abrechenbar sei. Eines ausdrücklichen Ausschlusses wie in den GOP 11320 bis 11322 habe es daher nicht bedurft. Durch die spätere Einführung der GOP 11500 EBM sei zudem ein EBM-immanenter Abrechnungsausschluss der GOP 11312 EBM begründet worden, soweit ein Subtelomerscreening durchzuführen sei. Mit der vom EBM umfassten Methode des Array-CGH in der GOP 11500 stehe eine ausreichende Methode zur Ermittlung von Chromosomendefekten bei Verdacht auf solche zur Verfügung. Im Anschluss an diese komme dann die gezielte Untersuchung des ermittelten defekten Chromosoms mittels der FISH-Analyse in Betracht. Es sei dem Normgeber des EBM nicht verwehrt, für die unspezifische Untersuchung aller Chromosomen auf Mikrodefekte die wirtschaftliche Methode des Array-CGH mit der GOP 11500 in den EBM aufzunehmen und die unwirtschaftliche Methode des Subtelomerscreenings von der Abrechnung auszuschließen bzw. die Abrechnung zu begrenzen. Allein der Umstand, dass der Kläger aus wirtschaftlichen Gründen nicht über die technischen Voraussetzungen für eine Array-CGH verfügt habe, berechtigte ihn nicht zur ersatzweisen Abrechnung des Subtelomerscreenings über die GOP 11312. Überdies stehe es dem Kläger nach der Einführung der GOP 11500 nicht zu, die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit des Array-CGH durch die Abrechnung eines Subtelomerscreenings zu umgehen.

 

Im Übrigen sei das Urteil nicht zu beanstanden und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen. Die im Rahmen der Chromosomenanalyse nach den GOP 11310 und 11311 durchzuführenden Chromosomenbandenfärbungen seien nicht gesondert über die GOP 11312 abzurechnen. Insofern schließe sich die Beklagte den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) an. Im Übrigen handele es sich bei den angelegten Kulturen aus den Zellen des hämatopoetischen Systems nicht um Langzeitkulturen im Sinne der Leistungslegende der GOP 11312, so dass die zusätzliche Abrechnung der GOP 11312 neben der GOP 11310 auch aus diesem Grund ausscheide. Schließlich habe der Kläger für alle Färbungen, die er über die GOP 11312 neben der GOP 11311 abgerechnet habe, nicht nachgewiesen, dass es sich um spezielle Färbungen unterschiedlicher Langzeitkulturen gehandelt habe.

 

Auf Vertrauensschutz aufgrund des bislang unbeanstandeten Abrechnungsverhaltens schließlich könne der Kläger sich nicht berufen, da die Beklagte keine Kenntnis von seinem fehlerhaften Abrechnungsverständnis gehabt habe. Dies sei im Rahmen einer zufälligen Stichprobenüberprüfung im Quartal II/2014 aufgefallen. Erst aufgrund der im Laufe des Verwaltungsverfahrens aufgedeckten nicht EBM-konformen Abrechnung der GOP 11310 bis 11312 sei eine anlassbezogene Plausibilitätsprüfung erfolgt. Im Übrigen sei die sachlich-rechnerische Richtigstellung quartalsgleich erfolgt, so dass der Kläger noch keine schützenswerte Rechtsstellung erlangt habe.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des SG Potsdam von 12. Juni 2019 zu ändern, die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und

 

das Urteil des SG Potsdam vom 12. Juni 2019 sowie den Honorarbescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 dahingehend abzuändern, dass ein Anspruch auf Vergütung auch für die GOP 11310 (weitere 79 Mal) und für die GOP 11312 (weitere 852 Mal) besteht,

 

hilfsweise die Revision zuzulassen.

 

Er führt im Wesentlichen an: Die Anschlussberufung sei zulässig. Der Kläger sei trotz des für ihn günstigen Bescheidungsurteils beschwert, da die im Urteil angeführten Rechtsauffassungen nicht vollständig den seinigen entsprächen und für ihn in Bezug auf die GOP 11310 und die GOP 11312 negative Auswirkungen verblieben.

 

Er ist der Ansicht, dass die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Beklagten insgesamt rechtswidrig sei und ihm eine Vergütung für alle abgerechneten Fälle zustehe. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Beklagten in Bezug auf die GOP 11310 nicht beanstandet. Gemäß der GOP 11310 und 11311 EBM seien die dort aufgeführten Leistungen „je Untersuchung“ abrechenbar. Eine solche liege in der Analyse jeder einzelnen Zellkultur. Wenn die Auswertung ergebe, dass ein vollständiger Befund noch nicht erstellt werden könne, seien weitere Färbungen und Untersuchungen notwendig. Diese seien gesondert zu vergüten. Der Begriff „je Untersuchung“ ziele erkennbar auf eine Einzelleistung ab. Eine Chromosomenanalyse als Einzelleistung sei auch dann vollständig erbracht und abrechenbar, wenn ein genaues Ergebnis noch nicht vorliege. Gegenstand der GOP sei nicht der Erfolg einer Chromosomenanalyse mit dem Ergebnis, sondern die Durchführung der Analyse. Ein Erfolg sei nicht geschuldet. Unterstrichen werde dieser Befund durch das Urteil des BSG vom 1.2.1995, 6 Rka 10/94, in welchem das Bundesozialgericht zur Chromosomenanalyse in GOP 115 BMÄ/E-GO festgestellt habe, dass mangels Zusatzes „je Untersuchung“ nicht jede einzelne Untersuchung abgerechnet werden könne. Daraus folge, dass bei einer Leistungslegende „je Untersuchung“ auch mehrfache Chromosomenanalysen der bei einer Entnahme von Körpermaterial gewonnenen Zellen berechnungsfähig seien. Dieser Befund ergebe sich zudem aus einem systematischen Vergleich mit den anderen Abrechnungsziffern des Kapitels, die auf die Behandlung abstellten. Würde man „je Untersuchung“ mit diesen gleichstellen, käme dem Merkmal „je Untersuchung“ keine eigenständige Bedeutung zu. Im Übrigen fehle es an einem ausdrücklichen Vermerk zur fehlenden Mehrfachabrechnung von erforderlichen Untersuchungen, wie dies in den Vorbemerkungen zu dem Kapitel 32 EBM ausdrücklich der Fall sei. Bei der Auslegung seien zudem die medizinischen Besonderheiten der jeweiligen Fachrichtung zu berücksichtigen. Entsprechend den anerkannten Standards der Humangenetik könnten erst mit einer zweiten Kultur auftretende Strukturveränderungen mit hinreichender Sicherheit festgestellt oder unklare Befunde validiert werden. Für jede Untersuchung sei die Anfertigung und Aufbereitung eines eigenständigen Objektträgers mit neuem Material notwendig, sodass sowohl bei der GOP 11310 als auch bei der GOP 11311 unabhängig von der Unterschiedlichkeit des Materials mehrere Untersuchungen notwendig seien, die jeweils gesondert abgerechnet werden könnten. Dieses Ergebnis werde im Hinblick auf die GOP 11311 besonders deutlich, da die Chromosomenanalyse aus Fibroblasten erheblich aufwändiger sei als die aus Leukozytenkulturen. Zu Recht habe daher das Sozialgericht die Beklagte in seinem Urteil zu einer Neubewertung der erbrachten Leistungen der GOP 11311 im Hinblick auf die Untersuchung von unterschiedlichen Kulturansätzen aus unterschiedlichen Geweben verurteilt. Bei Abortgewebe würden drei Kulturansätze untersucht, welche in der Regel aus Gewebe unterschiedlicher Herkunft bestünden.

 

Auch die GOP 11312 sei von ihm vollständig zu Recht abgerechnet worden. Sofern er diese GOP in 38 Fällen je 53 Mal (insgesamt 2.014 Mal) für die Durchführung eines Subtelomerscreenings abgerechnet habe, sei die Leistungslegende der GOP 11312 erfüllt. Es habe sich nicht um die unspezifische Untersuchung aller Chromosomen gehandelt, sondern um die spezielle Untersuchung der Subtelomerregion. Die Fragmente der Chromosomen würden nacheinander untersucht. Es handele sich um eine kombinierte Darstellung jeweils der speziellen Struktur der jeweils einzelnen Chromosomen im Subtelomerbereich, die im Ergebnis alle 46 Enden der 23 Chromosomenpaare umfasse. Die Untersuchung sei besonders umfangreich und aufwändig und stellte damit letztlich sogar eine Praxisbesonderheit dar. Der EBM enthalte weder von seinem Wortlaut noch von seiner Systematik eine Einschränkung der GOP 11312 für das Subtelomerscreening. Insbesondere enthalte die GOP 11312 selbst im Unterschied zu den GOPen 11320 bis 11322 keinen expliziten Ausschluss als Screeningleistung. Die gegenteilige Auffassung des Beklagten würde dazu führen, dass der Subtelomerbereich von 22 Chromosomenpaaren untersucht werden könne, nicht jedoch von allen 23. Eine Abrechnung über die GOP 11500 sei nicht in Betracht gekommen, da die Voraussetzungen für diese GOP nicht vorgelegen hätten. Des Weiteren habe er die GOP 11312 zu Recht für die jeweils mehrmals notwendig gewordenen GTG-Bandenfärbungen für die Durchführung der Chromosomenanalysen abgerechnet. Es habe sich jeweils um Langzeitkultivierungen im Sinne der GOP 11312 gehandelt. Würde man dies anders sehen, wäre die GOP 11312 nie neben der GOP 11310 abrechenbar.

 

Schließlich könne er sich auf Vertrauensschutz berufen, da er seine Abrechnungen bereits seit 2009 in der gleichen Weise erstelle und es bisher zu keinen Beanstandungen gekommen sei.

 

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

 

Die Beigeladene zu 1) ist der Ansicht, dass die Rechtsanwendung der Beklagten nicht zu beanstanden sei. Die einfache Bandenfärbung z.B. mittels Giemsa und Trypsin für die GTG-Bandenfärbung sei bereits von den GOP 11310 und 11311 umfasst, da die konventionelle Karyotypisierung die zytogenetische Untersuchung des Chromosomensatzes auf numerische und strukturelle Abweichungen umfasse. Nach der S2-Leitlinie „Humangenetische Diagnostik und genetische Beratung“ der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik und des Berufsverbandes der Humangenetiker sei für eine Chromosomenanalyse stets ein anerkanntes Verfahren der Bandenfärbung einzusetzen. Eine rein numerische Chromosomenanalyse ohne Bandenfärbung sei obsolet. Demgegenüber umfasse die GOP 11312 die spezielle Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen durch die Anwendung besonderer Techniken. Diese besonderen Techniken würden sich von den Standardtechniken abgrenzen, zu denen die Chromosomenanalyse mittels GTG-Bandenfärbung gehöre. Diese könne daher nicht stets neben den GOPen 11310 und 11311 abgerechnet werden. Überdies habe der Kläger auch nicht mehrere verschiedene Langzeitkulturen untersucht.

 

Mit der Chromosomenanalyse der GOP 11310 und 11311 würden alle notwendigen Untersuchungen erfasst, auch wenn zur Qualitätssicherung aus einer Probe mehrere Kulturansätze notwendig seien. Gestützt werde dieser Befund durch den Vergleich mit der Bewertung der GOP 08573, die nur einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden könne und mit der gleichen Punktzahl bewertet sei. Mehrfachabrechnungen seien möglich, wenn neben Zellen des hämatopoetischen Systems solche aus Fibroblasten untersucht würden und daneben noch eine FISH-Analyse einzelner Chromosomen erfolge, weil mit der Chromosomenanalyse kein numerischer oder struktureller Defekt nachgewiesen werden konnte.

 

Das Subtelomerscreening werde nicht von der GOP 11312 erfasst, da es nicht auf die Darstellung einzelner Chromosomen abziele. Insbesondere sei die GOP 11312 nicht auf die Darstellung einzelner Regionen aller Chromosomen anzuwenden. Mit der Einführung der Abrechenbarkeit des Array-CGH im EBM mit der GOP 11500 sei das Subtelomerscreening nicht mehr als vertragsärztliche Leistung abrechenbar. Es entspreche nicht mehr dem Stand der Wissenschaft und Technik.

 

Der Beigeladene zu 2) hat sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) angeschlossen.

 

Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.

 

Entscheidungsgründe

 

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) der Beklagten gegen das Urteil des SG Potsdam vom 12. Juni 2019 ist zulässig und begründet. Die vom Kläger außerhalb der Rechtsmittelfrist erhobene Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig (§ 151 Abs. 1 SGG, § 202 SGG in Verbindung mit § 524 Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung), aber unbegründet.

 

Zu Unrecht hat das Sozialgericht Potsdam die Beklagte verurteilt, unter Abänderung des streitgegenständlichen Honorarbescheides vom 1. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 über den Honoraranspruch des Klägers für das Quartal III/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Hinblick auf die GOP 11311 (27 Mal) und die GOP 11312 (2.014 Mal) neu zu entscheiden. Zu Recht hat es im Übrigen einen Änderungsanspruch des Klägers im Hinblick auf die GOP 11310 (79 Mal) und die GOP 11312 (852 Mal) verneint.

 

Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg. Der Honorarbescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 ist zur Überzeugung des Senats rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

 

Zu Recht hat die Beklagte für die vom Kläger abgerechneten Leistungen der GOP 11310 bis 11312 eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vorgenommen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der weiteren von ihm erbrachten Leistungen nach den GOP 11310 bis 11312.

 

1. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Beklagten ist § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I, 2190 ff.). Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots –, erbracht und abgerechnet worden sind.

 

Zutreffend hat die Beklagte im Rahmen der Honorarabrechnung für das Quartal III/2014 festgestellt, dass der Kläger die Leistungslegende der GOP 11310 in 79 abgerechneten Fällen, die Leistungslegende der GOP 11311 in 27 Fällen und die Leistungslegende der GOP 11312 in 2.866 Fällen nicht erfüllt.

 

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (so BSG, Urteil vom 26.01.2022, B 6 KA 8/21 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20 und Urteil vom 25.11.2020, B 6 KA 14/19 R, zitiert nach juris). Grund für die besondere Bedeutung des Wortlauts ist zum einen, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM (des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 SGB V) ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände besteht nur dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden. Diese Grundsätze gelten auch für die den Vergütungsbestimmungen vorangestellten allgemeinen Bestimmungen des EBM (BSG, Urteil vom 11.09.2019, B 6 KA 22/18 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13, m.w.N.). Soweit der Wortlaut einer Leistungslegende des EBM für die ärztlichen Leistungen nicht eindeutig ist, können auch die der Leistung zugeordneten Kalkulations- und Prüfzeiten zur Auslegung herangezogen werden (BSG, Urteil vom 15.07.2020, B 6 KA 15/19 R, zitiert nach juris). Diesem engen Auslegungsregime hat der erkennende Senat sich in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (Urteil vom 26. September 2012, L 7 KA 150/09, zitiert nach juris, dort Rdnr. 63; zuletzt Urteil vom 25. Januar 2023, L 7 KA 12/21).

 

2. Hieran gemessen trägt der Wortlaut der entscheidenden EBM-Bestimmungen das Klagebegehren nicht.

 

a) Die streitigen Gebührenordnungspositionen 11310 bis 11312 des EBM hatten im Quartal III/2014 folgenden Wortlaut:

 

11310 Chromosomenanalyse aus Zellen des hämatopoetischen Systems (141,11 Euro, 1393 Punkte)

Obligater Leistungsinhalt

- Chromosomenanalyse aus Zellen des hämatopoetischen Systems,

Fakultativer Leistungsinhalt

- Vorangegangene Kultivierung,

- X-Chromatin-Bestimmung und/oder Y-Chromatin-Bestimmung,

je Untersuchung

Die Gebührenordnungsposition 11310 ist im Behandlungsfall nicht neben der Gebührenordnungsposition 08573 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 11310 ist im Krankheitsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01791, 01836, 08571 und 11231 berechnungsfähig.

 

11311 Chromosomenanalyse aus Fibroblasten

(160,86 Euro, 1588 Punkte)

Obligater Leistungsinhalt

- Chromosomenanalyse aus Fibroblasten,

- Vorangegangene Kultivierung,

Fakultativer Leistungsinhalt

- X-Chromatin-Bestimmung und/oder Y-Chromatin-Bestimmung,

je Untersuchung

Die Gebührenordnungsposition 11311 ist im Behandlungsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 08571 und 08573 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 11311 ist im Krankheitsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01791, 01836 und 11231 berechnungsfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers führt dieses

 

11312 Spezielle Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen durch

die Anwendung besonderer Techniken im Zusammenhang mit den

Gebührenordnungspositionen 11310 oder 11311

(45,28 Euro, 447 Punkte)

Obligater Leistungsinhalt

- Chromosomenbandenanalyse aus unterschiedlichen Langzeit-Kultivierungen

und/oder

- Untersuchung von Chromosomenaberrationen an Metaphasechromosomen oder Interphasekernen mittels DNAHybridisierung

und/oder

- Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH),

Fakultativer Leistungsinhalt

- Fotografische Dokumentation,

je angewendetes Färbeverfahren oder je untersuchter Zielsequenz (je Sonde)

Die Gebührenordnungsposition 11312 ist nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01839 und 08574 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 11312 ist im Behandlungsfall nicht neben der Gebührenordnungsposition 08571 berechnungsfähig. Die Gebührenordnungsposition 11312 ist im Krankheitsfall nicht neben den Gebührenordnungspositionen 01791, 01836 und 11231 berechnungsfähig.

 

b) Der Kläger war nicht berechtigt die GOP 11310 für die Durchführung einer Chromosomenanalyse in 79 Fällen wiederholt abzurechnen. Zwar kann die GOP 11310 nach ihrem Wortlaut „je Untersuchung“ abgerechnet werden. Dies bedeutet entgegen der Ansicht des Klägers jedoch nicht, dass er bei der Durchführung einer Chromosomenanalyse aus einer Probe von Zellen des hämatopoetischen Systems eines Patienten berechtigt ist, die hierfür angelegten mehreren Zellkulturen und die für die Extrahierung und Betrachtung der Chromosomen notwendig anzufertigende Anzahl von Objektträgern gesondert abzurechnen. Wie sich bereits aus dem direkten Wortlaut der GOP ergibt, wird mit dieser die Vergütung der Chromosomenanalyse bestimmt. Hierunter versteht man die mikroskopische Analyse der Chromosomen eines Menschen zur Bestimmung seines Karyotyps. Die Chromosomenanalyse zielt auf die Erstellung eines Karyogramms, mit welchem numerische und strukturelle Unterschiede der Chromosomen erfasst werden. Nach der im streitigen Zeitraum gültigen S 2 - Leitlinie „Humangenetische Diagnostik und genetische Beratung“ soll als Ergebnis einer molekulargenetischen Untersuchung der Genotyp in der international gültigen Nomenklatur angegeben werden. Bereits daraus folgt, dass unter die GOP alle notwendigen Untersuchungen fallen, die notwendig sind, um den Karyotyp eines Menschen zu bestimmen. Nicht abrechenbar sind einzelne Untersuchungsschritte, die erst in der Zusammenschau einen Befund ergeben. Sofern daher für die Erstellung eines aussagekräftigen Karyogrammes mehrere Zellkulturen angelegt und untersucht werden müssen (z.B. weil nicht ausreichend Metaphasenkerne extrahiert werden konnten), sind diese nicht jeweils für sich gesondert abrechenbar. Gestützt wird dieser Befund durch Punkt 2.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM. Hiernach ist eine Gebührenordnungsposition nur dann berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist. Die Vollständigkeit der Leistungserbringung ist gegeben, wenn die obligaten Leistungsinhalte erbracht worden sind, die Dokumentationspflichten erfüllt sowie die erbrachten Leistungen dokumentiert sind. Obligater Leistungsinhalt der GOP 11310 ist die „Chromosomenanalyse“. Wie oben dargelegt ist diese erst erbracht, wenn ein Karyotyp bestimmt und ein genetischer Befund erhoben werden konnte. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Urteil des BSG vom 1. Februar 1995, 6 Rka 10/94. Zwar führt das BSG in der genannten Entscheidung aus, dass eine Mehrfachabrechnung ausscheide, wenn die Möglichkeit einer solchen in der Leistungslegende nicht durch den Zusatz „je Untersuchung“ deutlich gemacht wurde. Hieraus folgt jedoch im Umkehrschluss nicht, dass bei Vorlage dieses Zusatzes jede einzelne Untersuchung (bzw. jeder Untersuchungsversuch) gesondert abrechenbar ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das BSG sich mangels Vorlage dieses Zusatzes nicht mit der Frage auseinandersetzen musste, ob bereits jede Untersuchung einer Zellkultur für sich eine Chromosomenanalyse darstellt oder ob diese erst am Ende eines Gesamtprozesses mit der Bestimmung des Karyotyps abgeschlossen ist. Für die Bewertung der Chromosomenanalyse als ein Untersuchungsvorgang, der erst mit der gesicherten Erstellung eines Karyogrammes abgeschlossen ist, spricht auch der Vergleich mit der Chromosomenanalyse im Bereich der Pränataldiagnostik (GOP 08573, Chromosomenanalyse aus Zellen des hämatopoetischen Systems im Rahmen einer künstlichen Befruchtung), welche lediglich einmal im Behandlungsfall abgerechnet werden kann und in der gleichen Höhe vergütet/bewertet wird wie die postnatale Chromosomenanalyse. Entgegen der Ansicht des Klägers verliert bei diesem Verständnis der GOP 11310 der Zusatz „je Untersuchung“ auch nicht seine Bedeutung, da hierüber u.a. verdeutlicht wird, dass in einem Behandlungsfall auch wiederholt Chromosomenanalysen zum Beispiel bei erworbenen genetischen Veränderungen im Rahmen der Tumorgenetik möglich sind. Überdies kann sowohl die GOP 11310 als auch die GOP 11311 gesondert im Zusammenhang mit der GOP 11312 abgerechnet werden, wenn einzelne Chromosomen mit speziellen Techniken untersucht werden sollen.

 

c) Dieser Befund gilt ebenso im Hinblick auf die GOP 11311 für die Chromosomenanalyse aus Fibroblasten. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ergibt sich auch insoweit kein Anspruch des Klägers auf nochmalige Überprüfung der erfolgten sachlich-rechnerischen Richtigstellung in 27 Fällen im Hinblick auf die Analyse unterschiedlicher Gewebearten. So kann bereits nicht erkannt werden, dass die Frage, ob voneinander zu unterscheidende Untersuchungen vorliegen, die jeweils gesondert abgerechnet werden können, von der Art des Gewebes abhängig ist. Vielmehr zeigt bereits die Struktur des EBM auf, dass ein Methodenunterschied, der zu einer unterschiedlichen Vergütungsbewertung führt, allein in Bezug auf die Herkunft der zu untersuchenden Zellen besteht, nämlich ob Zellen des hämatopoetischen Systems oder Fibroblasten untersucht werden. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Gewinnung von Chromosomen aus Gewebe aufwändiger ist als die aus Blut bzw. Knochenmark. Aus welchem Gewebe die untersuchten Fibroblasten gewonnen werden, ist für die Vergütung ebenso irrelevant wie der Umstand, wie viele Kulturansätze erfolgen. Zudem hat der Kläger trotz Anfrage der Beklagten im Verwaltungsverfahren nicht angegeben, dass er bei der Untersuchung von Abortmaterial drei Kulturansätze aus drei verschiedenen Geweben angelegt hat. Im Gegenteil hat er das Abortgewebe selbst als Mischgewebe bezeichnet und stets drei Kulturansätze angelegt. Es kann auch nicht erkannt werden, dass der Kläger im Hinblick auf die streitigen Untersuchungsfälle im Nachgang noch genau angeben kann, ob in der eingesandten Probe tatsächlich drei unterschiedliche Gewebematerialien vorlagen, so dass eine erneute Prüfung durch die Beklagte gerechtfertigt wäre. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass es in erster Linie Sache des Vertragsarztes ist, begründete Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung auszuräumen. Diese Obliegenheit ist umso ausgeprägter, je gravierender die Hinweise auf Abrechnungsfehler sind. Als Anspruchsteller trifft den Arzt grundsätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch. Das gilt vor allem, wenn sich der Arzt auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. nur Urteil vom 15.7.2020, B 6 KA 13/19 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 32; Beschluss vom 6.9.2000, B 6 KA 17/00 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 8; Beschluss vom 17.3.2016, B 6 KA 60/15 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 11; s.a. Schl.-Holst. Landessozialgericht, Urteil 22.2.2022, L 4 KA 77/18, zitiert nach juris, dort Rdnr. 37). Die pauschale Behauptung des Klägers, dass verschiedene Kulturansätze aus verschiedenartigem Abortgewebe angelegt worden sei, reicht hierfür nicht aus.

 

d) aa) Im Hinblick auf die GOP 11312 hat das SG zutreffend herausgearbeitet, dass die vom Kläger vorgenommenen Färbungen der auf dem Objektträger aufgetropften Chromosomen mittels Giesma zur Erreichung der typischen GTG-Bandenfärbung bereits von den Gebührenordnungspositionen 11310 und 11311 umfasst sind und damit nicht gesondert über die GOP 11312 abgerechnet werden können. Der Kläger hat dies 755 Mal in Bezug zur GOP 11310 (Chromosomenanalyse aus Zelle des hämatopoetischen Systems) und 97 Mal in Bezug zur GOP 11311 (Chromosomenanalyse aus Fibroblasten) abgerechnet, in der Summe 852 Mal. Dass die Färbung für die GTG-Bänderung nicht über die GOP 11312 abgerechnet werden kann, ergibt sich dabei bereits aus dem Wortlaut der GOP 11312 selbst, die nur die spezielle Darstellung der Strukturen einzelner Chromosomen in Anwendung besonderer Techniken erfasst. Damit sind bereits vom Wortlaut her alle Verfahren ausgeschlossen, die sich auf den gesamten Chromosomensatz auswirken und auch die Auswertung des Chromosomensatzes in seiner Gesamtheit bezwecken. Die GTG-Bandenfärbung zielt auf die Darstellung des Bandenmusters aller Chromosomen ab, um diese identifizieren und um größere strukturelle Defekte einzelner Chromosomen zu erkennen. Nur durch die Bandenfärbung ist es möglich, zum Beispiel eine gefundene Trisomie auch einem bestimmten Chromosom zuzuordnen und so genaue Aussagen zum genetischen Defekt (Trisomie 21, Trisomie 18, Trisomie 13 etc.) zu treffen. Die einfache numerische Chromosomenanalyse ohne Anwendung eines gängigen Verfahrens für die Bandenfärbung des gesamten Chromosomensatzes entspricht nicht mehr dem Stand der Wissenschaft und Technik (vgl. S2 - Leitlinie Humangenetik, Modul tumorzytogenetische Diagnostik, Punkt 5.4.). Spätestens seit den 80er Jahren ist die Chromosomenanalyse mittels Bänderungstechnik das gängige zytogenetische Verfahren (Entwicklung der G-Bänderung durch Seabright 1971; 1975 Entwicklung der hochauflösenden Bänderungstechnik durch Yunis, vgl. Schuffenhauser, Klinische Zytogenetik – gestern, heute und morgen, medgen 11 [1999], S. 355 ff.). Auch vor diesem Hintergrund kann die Ansicht des Klägers, dass die GTG-Bandenfärbung gesondert über die GOP 11312 abgerechnet werden könne, nicht überzeugen. Hinzu kommt der weitere Wortlaut der GOP 11312, der nur eine Abrechnung besonderer Techniken umfasst. Besondere Techniken sind solche, die gerade nicht Gegenstand der klassischen Chromosomenanalyse sind bzw. bei quasi jeder Untersuchung vorgenommen werden. Soweit die GOP 11312 daher als obligaten Leistungsinhalt die „Chromosomenbandenanalyse aus unterschiedlichen Langzeit-Kultivierungen“ benennt, sind damit besondere Bänderungstechniken umschrieben, wie zum Beispiel die Silberfärbung (NOR) akrozentrischer Chromosomen (zur GTG-Bänderung als Standardfärbung auch Schuffenhausen, a.a.O., mit Benennung weiterer spezieller Färbetechniken). Darüber hinaus ist durch die GTG-Bandenfärbung der Chromosomen aus Zellen des hämatopoetischen Systems (GOP 11310) auch der letzte Punkt der obligaten Leistungslegende nicht erfüllt, da es sich nicht um eine Chromosomenbandenanalyse aus unterschiedlichen Langzeit-Kultivierungen handelt. Dabei kommt es bereits nicht entscheidend auf die vom Kläger aufgeworfene Frage an, wann eine Langzeitkultur vorliegt, da von ihm bereits keine unterschiedlichen Langzeitkulturen untersucht worden sind. Hierfür ist allein die Anlage mehrerer identischer Kulturen (zu Sicherheits- und Kontrollzwecken) nicht ausreichend.

 

Vor diesem Hintergrund kann zugleich die GTG-Bandenfärbung der Chromosomen aus Fibroblasten (GOP 11311) nicht in 97 Fällen gesondert über die GOP 11312 neben der GOP 11311 abgerechnet werden.

 

bb) Aber auch hinsichtlich der weiteren 2.014 Fälle der Abrechnung der GOP 11312 ist die sachlich-rechnerische Richtigstellung des Beklagten entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Potsdam und des Klägers nicht zu beanstanden. Das vom Kläger in 38 Fällen über die GOP 11312 abgerechnete Subtelomerscreening erfüllt die Leistungslegende der GOP 11312 zur Überzeugung des Senats nicht. Auch insoweit ist die erbrachte Leistung bereits vom Wortlaut der GOP 11312 nicht erfasst, denn der Kläger hat hiermit nicht die Strukturen einzelner Chromosomen untersucht. Vielmehr hat er im Rahmen eines FISH-Verfahrens durch die Verwendung eines speziellen Sondenkits alle Chromosomen gleichzeitig untersucht. Zwar ist dem Kläger insoweit zuzustimmen, dass die von ihm angewandte Technik der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) von der Leistungslegende der GOP 11312 als besonderes Verfahren ausdrücklich umfasst ist, jedoch nur bei der Untersuchung einzelner Chromosomen. Gegen diese wortlautgetreue Anwendung kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die GOP 11312 anders als andere Gebührenordnungspositionen des 11. Abschnitts des EBM keinen ausdrücklichen Screeningausschluss enthält. Ein solch ausdrücklicher Ausschluss ist angesichts des klaren Wortlauts der GOP, der sich nur auf einzelne Chromosomen bezieht, nicht notwendig. Die Anwendung der GOP 11312 ist auch nicht erweiternd – über den eindeutigen Wortlaut hinaus – auf das vom Kläger angewandte Subtelomerscreening auszudehnen. Zwar handelt es sich bei dem Subtelomerscreening um ein geeignetes Verfahren, um Mikrodefekte von Chromosomen zu erkennen, die mit der klassischen Karyotypographie nicht erkannt werden können. Es kommt als Screeningverfahren insbesondere dann zum Einsatz, wenn noch unklar ist, ob und ggf. auf welchem Chromosom ein solcher Defekt vorhanden ist bzw. sein kann. Jedoch führt allein der Umstand, dass ein Verfahren sinnvoll ist, nicht dazu, dass EBM-Gebührenordnungspositionen erweiternd anzuwenden sind. Wie eingangs bereits dargelegt folgt aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, dass diese keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Der EBM erweist sich hinsichtlich der vom Kläger in den in 38 Behandlungsfällen für notwendig erachteten Diagnostik auch nicht als unergiebig. Wie die Beklagte und die Beigeladene zu 1) zu Recht ausgeführt haben, steht bei der Vermutung des Vorliegens eines Chromosomenmikrodefekts eine weitere molekular-zytogenetische Analysemethode zur Verfügung, die Mikroarray-Analyse mittels Array-CGH, welches über die GOP 11500 im EBM abgebildet ist. Allein der Umstand, dass der Kläger die für die Durchführung der Mikroarray-Analyse erforderliche Ausstattung aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht angeschafft hat, führt nicht dazu, dass er nunmehr anstelle des Array-CGH das Subtelomerscreening abrechnen kann. Dies gilt umso mehr, als die Vertragspartner des EBM in der GOP 11500 Kriterien aufgestellt haben, in welchen Fällen die Array-CGH zur Anwendung kommen darf, die andernfalls unterlaufen werden könnten und die nach den Angaben des Klägers bei den zur Abrechnung gebrachten Fällen auch gar nicht vorgelegen haben. Auch die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e.V. sowie der Berufsverband Deutscher Humangenetiker e.V. haben in ihrer gemeinsamen Stellungnahme für die Erstellung von Indikationskriterien zur Einführung der Molekularen Karyotypisierung mittels Mikroarrayanalysen in die humangenetische Diagnostik (medgen 2010, S. 20 ff.) ausdrücklich ausgeführt, dass parallel zur Einführung der molekularen Karyotypisierung mittels Mikroarray-Analyse (Array-CGH) die Abrechnung der Leistungsziffern zum Screening auf DNA-Imbalancen mittels Subtelomeranalyse ausgeschlossen sei. Folglich haben die Vertragspartner des EBM mit dem Wechselspiel der GOP 11312 und 11500 bewusst das Subtelomerscreening als Leistung des EBM ausgeschlossen.

 

Der erfolgten sachlich-rechnerischen Richtigstellung kann der Kläger zuletzt auch nicht mit Erfolg Vertrauensschutzaspekte entgegensetzen, da die Prüfung quartalsgleich erfolgte. Insbesondere wies die Beklagte den Kläger noch im laufenden Quartal auf ihre Meinung zur Abrechnung der GOP 11310 bis 11312 hin. Allein die fehlende Beanstandung der Abrechnung in den Vorjahren kann keinen Vertrauensschutz begründen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da sie keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG; insbesondere ist aufgrund der grundlegenden Änderungen des EBM im Bereich Humangenetik mit Wirkung zum 1. Juli 2016 nicht erkennbar, dass die Streitsache eine grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. BSG, Beschluss vom 6. April 2022, B 6 KA 16/21 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20).

Rechtskraft
Aus
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