S 27 SO 184/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 SO 184/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 45/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid


1.    Die Klage wird abgewiesen.

2.    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

3.    Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung (sogenannte Krankenkostzulage - KKZ) bei der Berechnung der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII und einer Hygienezulage (HZ).

Durch Bescheid vom 28.09.2009 wurde der 1948 geborene Kl. als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt mit den Merkzeichen B und G.

Der Kl. bezieht seit September 2009 von der Bekl. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Durch bestandskräftigen Bescheid vom 15.10.2012 wurde die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII abgelehnt. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Amtes für Gesundheit der Stadt Frankfurt a.M. mitgeteilt, dass Vollkost die angezeigte Ernährung darstelle und die Kosten hierfür mit dem Regelsatz abgegolten seien.

Durch Bescheid vom 06.02.2013 bewilligte die Bekl. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum Februar - September 2013 und berücksichtigte bei der Berechnung weder eine KKZ noch eine HZ.

Durch Bescheid vom 03.09.2013 bewilligte die Bekl. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum Oktober 2013 - September 2014 und berücksichtigte bei der Berechnung weder eine KKZ noch eine HZ.

Die dagegen erhobenen Widersprüche wies die Bekl. durch Widerspruchsbescheid vom 29.06.2015 zurück und führte aus, soweit sich der Widerspruch erkennbar darauf richte, einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung nach § 30 Abs. 5 SGB XII zugesprochen zu bekommen, sei darauf zu verweisen, dass über diese Frage mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.10.2012 verbindlich und abschließend entschieden worden sei. Werde dieser Zuschlag - so wie hier - nicht bezogen auf einen bestimmten Bewilligungszeitraum abgelehnt, so wirke der Verwaltungsakt auch für weitere Bewilligungsabschnitte.

Dagegen hat der Kl. am 20.07.2015 Klage beim hiesigen Sozialgericht erhoben (S 27 SO 184/15).

Durch Bescheid vom 07.08.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.11.2014 bewilligte die Bekl. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum Oktober 2014 - September 2015 und berücksichtigte bei der Berechnung weder eine KKZ noch eine HZ.

Die dagegen erhobenen Widersprüche wies die Bekl. durch Widerspruchsbescheid vom 20.04.2016 zurück und führte aus:

„Ein höherer Leistungsanspruch ergibt sich zunächst nicht auf Grundlage eines Mehrbedarfszuschlags für kostenaufwändige Ernährung nach § 30 Abs. 5 SGB XII. Über diese Frage ist mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.10.2012 verbindlich und abschließend entschieden worden. Wird dieser Zuschlag - so wie hier - nicht bezogen auf einen bestimmten Bewilligungszeitraum abgelehnt, so wirkt der Verwaltungsakt auch für weitere Bewilligungsabschnitte (vgl. Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl., § 30 RNr. 53 m.w.N.). 

Ein höherer Leistungsanspruch ergibt sich ferner nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Mehrkosten für Gesundheitsvorsorge, Hygiene und Energie. Die anfallenden Kosten hierfür sind mit der pauschaliert gewährten Regelleistung nach § 42 Nr. 1 i.V.m. § 27a SGB XII abgegolten. 

Gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfasst der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 1 SGB XII ergibt der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt den monatlichen Regelbedarf, zu dessen Deckung nach § 27a Abs. 3 Satz 1 SGB XII monatliche Regelsätze zu gewähren sind. Der Regelsatz stellt dabei gemäß § 27a Abs. 3 Satz 2 SGB XII einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden, wobei sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen haben. 

Nach Vorstehendem hat der Widerspruchsführer seine monatlichen Ausgaben für Gesundheitsvorsorge, Hygiene und Energie durch Umschichtungen aus der ihm in gesetzlicher Höhe gewährten Regelleistung zu bestreiten.“

Dagegen hat der Kl. am 09.05.2016 Klage beim hiesigen Sozialgericht erhoben (S 27 SO 102/16).

Das Sozialgericht hat beide Verfahren verbunden, wobei das Verfahren S 27 SO 184/15 führt.

Der Kl. verweist auf seinen Vortrag im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und die dort vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Der Kl. beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 06.02.2013 und den Bescheid vom 03.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2015 und den Bescheid vom 07.08.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.11.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2016 abzuändern und die Bekl. zu verurteilen, bei der Berechnung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum Februar 2013 - September 2015 eine KKZ und eine HZ zu berücksichtigen.

Die Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Akten, insbesondere der Verwaltungsakte der Bekl., der Gegenstand der Entscheidungsfindung ist.


Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da der vorliegende Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. 

Ein Rechtsstreit weist nach den Willen des Gesetzgebers besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn er deutlich über dem Durchschnitt sonstiger Verfahren liegende Anforderungen an das Gericht stellt, die sich aus den besonderen Schwierigkeiten entweder bei der Tatsachenfeststellung, Beweiserhebung und Beweiswürdigung oder bei der Rechtsanwendung ergeben. Allein der Umfang der Sache, insbesondere der mit ihrer Bearbeitung und Entscheidung verbundene Zeitaufwand, oder die wirtschaftliche Bedeutung eines Rechtsstreits rechtfertigen nicht die Annahme eines besonders schwierigen Rechtsstreits (vgl. Bundestags-Drucksache 14/4722, S. 89).

Die Auslegung und Anwendung neuer Rechtsnormen weist vor der höchstrichterlichen Klärung besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, NZS 2002, 377), ebenso, wenn es umfangreiche Diskussionen in der juristischen Fachöffentlichkeit gibt (vgl. Hessisches Landessozialgericht vom 13.12.2005 - L 9 SF 105/05 AS). 

Der vorliegende Rechtsstreit ist weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht besonders schwierig. Das Gericht hält den Erlass eines Gerichtsbescheides für angemessen, insbesondere unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten an einer baldigen Sachentscheidung, dem Grundsatz der Prozessökonomie und dem bisherigen Zeitablauf, zumal dies zu einer Abkürzung des Verfahrens führt angesichts der am hiesigen Gericht oftmals lange andauernden Verfahren.

Die zulässige Klage hat in der Sache selbst keinen Erfolg, da die im Klageantrag genannten Bescheide rechtmäßig sind.

Der Kl. hat für den hier streitigen Zeitraum Februar 2013 - September 2015 keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer KKZ und einer HZ.

Es kann unentschieden bleiben, ob sich dies bereits aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 15.10.2012 ergibt, durch den die Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII abgelehnt worden war.

Jedenfalls bedingten die Hyperlipidämie und die Hypercholesterinamie keine besondere kostenintensive Ernährungsweise, wie die Ärztin Dr. E. (Stadtgesundheitsamt) in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 09.04.2011 überzeugend ausgeführt hat. Weitere Erkrankungen, die eine KKZ rechtfertigen würden, sind für das Gericht nicht erkennbar.

Der Kl. hat für den hier streitigen Zeitraum Februar 2013 - September 2015 auch keinen Anspruch auf Berücksichtigung einer HZ.

Aus den zwei Atteste der ihn behandelnden Ärzte (Attest Dr. B., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 06.06.2014, ärztliche Bescheinigung Dr. S., Facharzt für Anästhesiologie, vom 03.06.2014) ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Kl. höhere Aufwendungen für Hygieneartikel hatte. Weitere aussagekräftigen Atteste hat der Kl. nicht vorgelegt.

Die Nebenentscheidungen (Kostengrundentscheidung, Zulassung von Rechtsmitteln) beruhen auf §§ 193, 144, 161 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
 

Rechtskraft
Aus
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