L 4 SF 14/23 AB

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 17 SO 15/19
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SF 14/23 AB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Über ein Ablehnungsgesuch entscheidet als Gericht i.S.d. § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO am Landessozialgericht das gesamte Kollegialorgan der Berufsrichter des Senats auch dann, wenn zur Entscheidung in der Sache der Einzelrichter bzw. Berichterstatter berufen ist (hier: Erinnerung nach § 66 Abs. 6 GKG).


Das Gesuch der Erinnerungsführerin, die Richterin am Landessozialgericht Weihrauch wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.


Gründe

Über das Ablehnungsgesuch haben trotz der Zuständigkeit der Berichterstatterin zur Entscheidung über die Erinnerung als Einzelrichterin nach § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) die Berufsrichter des Senats ohne Mitwirkung der vom Ablehnungsgesuch betroffenen Richterin zu entscheiden (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO –). Ist das Gericht i.S.d. § 45 Abs. 1 ZPO ein Kollegialspruchkörper, so bleibt die Zuständigkeit des gesamten Kollegialorgans zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch nicht zuletzt aus entstehungsgeschichtlichen Gründen (BGH, Beschluss vom 6. April 2006 – V ZB 195/05 –, NJW 2006, 2492 (2493, Rn. 17)) auch dann bestehen, wenn zur Entscheidung in der Sache der Einzelrichter bzw. Berichterstatter berufen ist (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2021 – L 9 SF 248/20 AB RG –, juris Rn. 3 m.w.N. zu § 153 Abs. 5 SGG).

Das Ablehnungsgesuch ist zwar zulässig. Wegen einer Anhörungsrüge, die unter dem Aktenzeichen L 4 SO 36/23 RG geführt wird, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.

Das Ablehnungsgesuch ist indes unbegründet. Nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Hierfür ist nicht entscheidend, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder sich für befangen hält; es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob ein am Verfahren Beteiligter bei objektiver und vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (allg. Auff., BVerfG, Beschluss vom 5. April 1990 – 2 BvR 413/88BVerfGE 82, 30, 38; Beschluss vom 12. Juli 1986 – 1 BvR 713/83 u.a. – BVerfGE 73, 330, 335; BSG, Beschluss vom 1. März 1993 – 12 RK 45/92NJW 1993, 2261).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die von der Erinnerungsführerin beanstandete Vorbefassung der Berichterstatterin liegt – wie oben bereits ausgeführt – in der gesetzlichen Regelung des § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG begründet. Besondere Umstände, die im Sinne einer unsachlichen Vorfestlegung aufgrund einer früheren Befassung gedeutet werden könnten (vgl. zum Maßstab Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 8r), werden nicht vorgetragen. Unzutreffend ist der Vorwurf, die Entscheidung über die Erinnerung würde eine konkrete Begründung vermissen lassen. Denn die Berichterstatterin hat unter konkreter Bezugnahme auf den Vortrag der Erinnerungsführerin sinngemäß ausgeführt, dass sich die Begründung gegen die Kostengrundentscheidung richte und sich damit nicht auf den kostenrechtlichen Prüfungsmaßstab der Erinnerung beziehe. Im Übrigen erschöpft sich die Begründung des Ablehnungsgesuchs in neben der Sache liegenden Werturteilen und abweichenden Rechtsauffassungen in der Sache. Es werden keine weiteren Tatsachen vorgetragen, die ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin begründen könnten.

Da die Begründung vollständig anhand des Akteninhalts gewürdigt werden konnte, musste keine Stellungnahme nach § 44 Abs. 3 ZPO eingeholt werden.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
 

Rechtskraft
Aus
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