1. Im Rahmen des BVG gelten bei der Hilfsmittelversorgung die gleichen Grundsätze wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.
2. Der Versorgungsträger erfüllt in der Regel mit der Gewährung des Festbetrages seine Leistungspflicht.
3. Der Freiburger Sprachtest ist ein geeignetes Mittel, um die Güte eines Hörsystems bewerten zu können.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Hörgeräteversorgung mit dem Hörgerät ReSound Enzo 3D 9 ET-998-DW als Hilfsmittelversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Er ist 1943 geboren, hat bei der L1 den Beruf des Instrumentenmachers erlernt und war selbstständig tätig (vgl. die Angaben im HNO-ärztlichen Gutachten vom 26. November 1987).
Mit Bescheid vom 9. April 1973 erkannte das damals zuständige Versorgungsamt G4 (nachfolgend einheitlich: Beklagter) als durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG hervorgerufene Gesundheitsstörungen eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, eine hochgradige, kombinierte Schwerhörigkeit links bei Ohrradikaloperation beidseits mit Typanoplastik nach chronischer Mittelohreiterung beidseits an. Anspruch auf Beschädigtenversorgung sowie Heil- und Krankenbehandlung bestehe seit dem 1. Dezember 1970. In der Folge wurde der Kläger mehrfach mit Hörgeräten für das linke Ohr versorgt.
Zuletzt am 12. September 2012 beantragte er die Neuversorgung mit einem Hörgerät unter Vorlage des Anpassberichtes der Hörgeräte S3 und M1 GmbH vom 27. August 2012. Hierzu wies der Beklagte darauf hin (Schreiben vom 12. September 2012), dass grundsätzlich auf die Festbetragsregelungen der gesetzlichen Krankenversicherung abzustellen sei. Für eine darüberhinausgehende Versorgung müsse dokumentiert sein, welcher Hörerfolg mit einem Festbetragsgerät erzielt werden könne. Dabei müssten mindestens zwei Geräte aus dem mittleren Preissegment – aktuell bis zu maximal 1.500 € – miteinander verglichen werden. Nach Vorlage eines weiteren Anpassberichtes führte G2 versorgungsärztlich aus, dass der Festbetrag nur geringfügig überschritten und deshalb eine Kostenübernahme empfohlen werde. Die Kosten wurden vom Beklagten daraufhin übernommen.
Am 17. Juli 2019 beantragte der Kläger erneut – streitgegenständlich – die Neuversorgung mit einem Hörgerät und legte den Kostenvoranschlag der G3 Hörakustik vom 14. Juli 2019 für das Gerät ReSound ENZO 3D ET998-DW SN zu einem Gesamtpreis von 2.427,00 € vor. Zum Hörgewinn wurde dargelegt, dass mit dem angebotenen Gerät das Sprachverstehen bei 65 dB im Nutzschall 75 % und mit Störschall 25 % betragen habe. Mit dem aufzahlungsfreien Gerät ReSound Magna 2 MG290-DVI seien 70 % und 25 % erreicht worden.
G2 führte versorgungsärztlich aus, dass das aufzahlungspflichtige Hörsystem im Anpassbericht nur einen Hörgewinn von 5 % gegenüber dem aufzahlungsfreien System aufweise. Der Hörgewinn sei somit nicht signifikant und das Festbetragssystem ausreichend. Die vom Kläger geschilderten Hörerlebnisse seien zur Kenntnis genommen worden, maßgeblich für die Beurteilung sei aber der Anpassbericht mit der Vergleichsmessung.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2019 entsprach der Beklagte dem Antrag auf Gewährung einer Hörhilfe im Rahmen des § 17 Abs. 1 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG insoweit, als die Kosten für eine vergleichbare zuzahlungsfreie Festbetragshörgeräteversorgung in Höhe von insgesamt 875,44 € übernommen wurden. Es sei für eine ausreichende und zweckmäßige Sachleistung Sorge zu tragen, die das Maß des Notwendigen nicht überschreite. Nach § 18c Abs. 4 Satz 2 BVG gelte grundsätzlich die Festbetragsregelung des § 36 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), zumal sich die Hörgeräteakustiker in ihrem Rahmenvertrag ausdrücklich verpflichtet hätten, ein aktuelles, ausreichendes Sortiment von qualitativ hochwertigen Hörgeräten für alle Versorgungsfälle im Rahmen des Festbetragsgruppensystems vorzuhalten. Nur für den Fall, dass eine ausreichende Versorgung mit dem bestgeeigneten Festbetragsgerät nicht möglich sei, könnten auch Mehrkosten übernommen werden, jedoch nur dann, wenn ein solches Hörgerät gegenüber dem Festbetragsgerät eine um mindestens 20 Prozentpunkte bessere Verständlichkeit ermögliche. Die versorgungsärztliche Überprüfung habe ergeben, dass die Voraussetzungen für eine zuzahlungsfreie Festbetragshörgeräteversorgung erfüllt seien, weil hiermit eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung sichergestellt werden könne. Mit dem von dem Hörgeräteakustiker getesteten Festbetragsgerät werde annähernd der gleiche Hörerfolg erzielt, wie mit dem deutlich über dem Festbetrag liegenden Hörgerät. Entstehende Mehrkosten seien daher gemäß § 18 Abs. 2 BVG vom Kläger zu übernehmen. Mit Auftrag vom 30. Juli 2019 beauftragte der Beklagte die G3 Hörakustik mit der Versorgung mit einem Hörgerät für an Taubheit grenzende Versicherte mit einem Rechnungsbetrag von 875,44 €.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Zu diesem führte G2 versorgungsärztlich aus, dass im Anpassbericht des Akustikers vom 2. Juni 2019 ein Hörgewinn im Freiburger Sprachtest im Freifeld von 75 % bzw. im Störschall von 25 % dokumentiert sei. Als aufzahlungsfreies Hörsystem sei das „ReSound Magna 2 MG29-DVI“ getestet worden, das im Freifeld ein um 5 Prozentpunkt geringeres Hörverstehen, im Störschall ein identisches Hörverstehen im Vergleich mit dem hochpreisigen Hörsystem gebracht habe. Ein Hörsystem aus dem mittleren Preissegment (bis 1.500 €) sei offenbar nicht getestet worden. Es fänden sich keine Hinweise, dass der Kläger wegen einer feinmotorischen oder Sehbehinderung auf ein spezielles Hörsystem angewiesen sei. Hierzu seien auch die Ausführungen des Klägers herangezogen worden, die im Übrigen keine Angaben zu Erfahrungen mit einem modernen, digitalen Festbetragssystem enthielten. Weil ein signifikanter Hörgewinn von mindestens 20 Prozentpunkten im Freifeld im Vergleich von Festbetragssystem und hochpreisigem System nicht zu verzeichnen sei, sei eine Festbetragsversorgung ausreichend. Dem Anpassbericht sei zu entnehmen, dass das Festbetragsgerät ReSound Magna MG290-DVI getestet worden sei. Der Hörgeräteakustiker nehme Vergleichsmessungen vor, die Freifeldmessung sei als objektives Verfahren den Angaben des Versorgungsberechtigten zu seinen subjektiven Höreindrücken im Genehmigungsverfahren überlegen. Erfahrungsberichte des Klägers mit einem modernen digitalen Hörsystem lägen keiner vor. Das rechte Ohr des Klägers sei praktisch taub und nicht mehr mit einem externen Hörsystem zu versorgen. Das linke Ohr habe einen Hörverlust von 93 %.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S4 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2020 zurück. Es lasse sich kein signifikanter Hörgewinn von mindestens 20 Prozentpunkten im Freifeld des beantragten Hörgeräts im Vergleich zu einem Festbetragsgerät feststellen. Die Taubheit rechts und die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links seien berücksichtigt worden. Ein Erfahrungsbericht für ein modernes, digitales Hörsystem zum Festbetrag liege nicht vor. Als aufzahlungsfreies Hörsystem sei das „ReSound Magna 2 MG 290-DVI“ getestet worden, das im Freifeld ein um 5 Prozentpunkte geringeres Hörverstehen, im Störschall ein identisches Hörverstehen im Vergleich mit dem hochpreisigen Hörsystem erbracht habe. Der Hörgewinn durch das aufzahlungspflichtige Hörsystem sei somit nicht signifikant und das Festbetragsgerät damit ausreichend. Hinweise dafür, dass der Kläger wegen einer feinmotorischen oder Sehbehinderung auf ein spezielles Hörsystem angewiesen sei, bestünden nicht.
Am 30. Januar 2020 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, welches zur weiteren Sachaufklärung eine schriftliche Auskunft bei dem Hörgeräteakustiker G3 eingeholt hat. Dieser hat ausgeführt, dass der Kläger das Gerät Enzo 3 D ET 998 nicht gekauft habe, sodass er dieses ohne finanziellen Ausgleich wieder zurücknehmen könne. Nur das Gerät Enzo sei made für iphone, nur so sei es dem Kläger möglich zu telefonieren, da das Gespräch per Funk direkt in das Hörsystem gesendet werde. Ergänzend hat er eine Produktübersicht vorgelegt, aus der sich die Geräteausstattungen ergeben haben.
Weiter hat das SG sachverständige Zeugenauskünfte beigezogen, die im parallelen SB-Verfahren S 8 SB 1223/19 erhoben worden sind. Nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme des S1 hat der festgestellte Gesamt-GdB von 80 auf einem Teil-GdB von 60 für die Schwerhörigkeit, Teil-GdB von je 20 für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Hirndurchblutungsstörungen und depressiver Verstimmung beruht. Der Bluthochdruck und die Nierenfunktionseinschränkungen sind mit Teil-GdB von je 10 bewertet worden.
Der G1 hat sich der versorgungsärztlichen Einschätzung des GdB angeschlossen und eine wesentliche Befundänderung verneint. Es bestehe eine Ertaubung rechts und eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links mit Hörgeräteversorgung.
Die S2 hat bekundet, keine Verschlechterung des Hörvermögens festgestellt zu haben und sich der versorgungsärztlichen Einschätzung ebenfalls angeschlossen.
Weiter hat das SG die sachverständige Zeugenauskunft der H1 erhoben, die eine hochgradige Schwerhörigkeit beidseits beschrieben hat. Am rechten Ohr sei im Sprachaudiogramm kein Verständnis für einsilbige Testwörter zu erreichen gewesen, links sei das Sprachverständnis für einsilbige Testwörter bei 80 dB mit 5 % angegeben worden. Wünschenswert für eine Hörgeräteversorgung sei ein möglichst gutes Wortverständnis im Störschall. Inwieweit ein 5 % besseres Verständnis höhere Kosten für Hörgeräte vertretbar mache, sei eine gutachterliche Fragestellung.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 19. Juli 2021 hat das SG den Kläger persönlich angehört. Dieser hat erklärt, dass es weiterhin nicht um Kostenerstattung, sondern um den Sachleistungsanspruch gehe. Er habe das streitige Hörgerät zwar in Gebrauch, aber noch nicht bezahlt. Es zurückzugeben sei sicherlich schwierig, da er hierauf angewiesen sei.
Bei dem Hörgerät könne er die Kanäle besser einstellen, die Leistung des Gerätes sei um einige Dezibel lauter und besser. Für ihn komme erschwerend hinzu, dass die Durchführung einer CI-Operation nicht möglich sei. Durch die Corona-Pandemie und die Mund-Nase-Bedeckung sei es für ihn erschwert korrekt zu hören, da er die Sprache anderer Menschen nur wie durch Watte wahrnehmen könne. Auf die Frage, wie er telefoniere, hat der Kläger angegeben, dass er sein iPhone über Bluetooth mit dem Hörgerät verbinden könne. Bei einem anderen Handy müsse er die Lautstärke des Handys hochstellen und das Handy dicht an das Mikrofon des Hörgerätes halten. Außerdem müsse er die Geräuschunterdrückung des Hörgeräts aktivieren.
Auf Nachfrage des Beklagtenvertreters hat der Kläger erklärt, dass er bei der streitigen Testung insgesamt drei Hörgeräte getestet habe, ein Hörgerät von Phonak und die beiden Hörgeräte „Magna“ und „Enzo“. Allerdings könne er sich nicht mehr genau daran erinnern, welches Hörgerät er genau von Phonak getestet habe. Das Hörgerät „Magna“ habe er im Alltag relativ wenig getestet, einige Tage, vielleicht auch einige Wochen, genau wisse er das heute nicht mehr. Das Hörgerät „Enzo“ habe er noch nicht gekauft, dieses Hörgerät sei ihm im Vertrauen zur Probe überlassen worden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2021 abgewiesen. Die Versorgung sei auf ein ausreichendes und zweckmäßiges Maß beschränkt und dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Es gelte daher die Festbetragsregelung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 36 SGB V). Hieraus folge, dass der Beklagte mit der Übernahme des Festbetrages grundsätzlich seine Leistungspflicht erfülle. Eine darüber hinausgehende Versorgung komme nur in Betracht, wenn eine ausreichende Hörgeräteversorgung andernfalls nicht möglich sei. Nicht ausreichend seien lediglich technische Innovationen bzw. Gebrauchsvorteile, die nicht die Funktionalität, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels verbesserten. Im Hinblick auf die bei der Durchführung eines Sprachaudiogramms bestehenden Messtoleranzen und den Umstand, dass hierbei stets auch die Mitwirkungsbereitschaft der betreffenden Person eine nicht unerhebliche Rolle spiele, blieben geringe Abweichungen außer Betracht. Dies gelte insbesondere für eine Verbesserung der entsprechenden Messergebnisse um lediglich 5 %. Gleiches gelte für nur subjektiv empfundene Vorteile. Nach den Messergebnissen vermittle das begehrte Hörgerät keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil. Zudem habe der Kläger bestätigt, dass er auch mit einem Festbetragsgerät in der Lage sei zu telefonieren, auch wenn der Bedienkomfort etwas eingeschränkt sein möge. Ebenso verbessere die bluetooth-Fähigkeit lediglich den Komfort, nicht aber die Funktionalität des Hörgerätes. Die Audiogramm-Befunde belegten keinen abweichenden Befund, sondern entsprächen den vorangegangenen Kurven. Dabei könne aus dem Audiogramm-Befund nicht auf eine Erforderlichkeit einer speziellen Hörgeräteversorgung rückgeschlossen werden. Hierfür komme es nur auf den Hörgewinn an, welcher sich aus der Anpassung der jeweiligen Hörgeräte ergebe.
Am 20. August 2021 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Mit dem streitigen Hörgerät sei ein um mehr als fünf Punkte besserer Hörgewinn zu erzielen als mit dem Festbetragsgerät. Dies ergebe sich aus den Tonaudiogrammen vom 18. November 2020 13:23 Uhr und dem Sprachaudiogramm vom 18. November 2020 13:27 Uhr, die im Rahmen des Erörterungstermins noch nicht vorgelegen hätten. Damals hätten nur Sprachaudiogramme vom 18. November 2020 13:19 Uhr vorgelegen. Das Sprachverstehen sei mit dem streitgegenständlichen Gerät bereits bei der Messung am 31. Oktober 2019 ähnlich gewesen. Auf den Sicherheitsaspekt, dass eine bessere Wahrnehmbarkeit der Signaltöne von Straßenbahnen bestehe, gehe das SG nicht ein. Eine Versorgung mit dem streitgegenständlichen Hörgerät bestehe nicht, dieses habe er an den Hörgeräteakustiker zurückgeben müssen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Juli 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihn unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2020 mit dem Hörgerät ReSound Enzo 3D 9 ET-998-DW zu versorgen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, dass nach dem Rundschreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 9. März 2011 (in Kopie vorgelegt) eine um mindestens 20 Prozentpunkte verbesserte Verständlichkeit bei 65 dB im Freifeld als Voraussetzung für eine Versorgung mit einer über dem Festbetrag liegenden Hörhilfe erforderlich sei. Diese sei durch die Audiogramme nicht belegt.
Weiter hat er die versorgungsärztliche Stellungnahme des H2 vorgelegt. Danach gelinge ein sachgerechter Vergleich nur, wenn zum selben Datum bei demselben Untersucher Sprachaudiogramme mit den zu vergleichenden Hörgeräten durchgeführt worden seien. Hier liege zwischen beiden Untersuchungen ein Zeitraum von über einem Jahr. Die Untersuchungen seien außerdem an verschiedenen Kliniken durchgeführt worden. Des Weiteren sei der große Unterschied zwischen den vorliegenden Audiogrammen mit dem Hörgerät ReSoundMagna (50 % gegenüber 70 %) nicht erklärt.
Auf Nachfrage hat H2 ausgeführt, dass er sich nur auf die Verbesserung des Sprachverständnisses durch Benutzung verschiedener Hörgeräte bezogen habe. Für die Einschätzung des Umfangs des Hörvermögens seien Audiogrammbefunde ohne Hörgerät notwendig. Die neu vorgelegten Audiogrammbefunde enthielten die Kopie eines Ton- und Sprachaudiogramms aus dem Klinikum M2 vom 18. November 2020. In der Rechtsmittelhandakte finde sich ein Ton- und Sprachaudiogramm desselben Datums aus derselben Klinik. Die Audiogrammkurven seien identisch. Auf der nunmehrigen Kopie fehle der handschriftliche Vermerk „Magna“, sodass davon auszugehen sei, dass es sich um ein Audiogramm ohne Verwendung eines Hörgeräts handele. Dies erkläre den Unterschied zwanglos. Nach erneuter Durchsicht bestehe jedenfalls kein Hinweis auf einen größeren Hörgewinn als 5 % im Vergleich der Hörgeräte „ReSound ENZO“ und „ReSound Magna“.
Hierzu hat der Kläger darauf verwiesen, dass es nicht zutreffe, dass das Audiogramm vom 18. November 2020 ohne Verwendung eines Hörgeräts erstellt worden sei. Das Audiogramm vom 18. November 2020, 13:19 Uhr sei unter Verwendung des Hörgeräts Magna erstellt worden, dem Sprachaudiogramm vom 18. November 2020, 13:27 Uhr sei der Wechsel zum Gerät ET 998-DW zu entnehmen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 SGG), nachdem das geltend gemachte Hörgerät mit einem Anschaffungspreis von 2.427,00 € die Berufungssumme von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) übersteigt, auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG, mit dem dieses die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) auf Gewährung der beanspruchten Hörgeräteversorgung unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 13. Januar 2020 abgewiesen hat. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rz. 34.
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 29. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Auch zur Überzeugung des Senats kann der Kläger die begehrte Hilfsmittelversorgung nicht beanspruchen. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung insoweit auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aus dem Berufungsvorbringen des Klägers, insbesondere den vorgelegten Tonaudiogrammen, folgt nichts anderes, wie H2 versorgungsärztlich für den Senat schlüssig darlegen konnte.
Bei dem Kläger ist mit dem für den Senat bindenden (vgl. § 77 SGG) Bescheid vom 9. April 1973 als schädigende Einwirkung im Sinne des § 1 BVG eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit rechts, eine hochgradige, kombinierte Schwerhörigkeit links bei Ohrradikaloperation beidseits mit Typanoplastik nach chronischer Mittelohreiterung beidseits anerkannt, aus der ein Anspruch auf Heilbehandlung dem Grunde nach folgt.
Der Umfang der Heilbehandlung umfasst nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BVG auch die Versorgung mit Hilfsmitteln. Sie beinhaltet gemäß § 13 Abs. 1 BVG die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, Blindenführhunden und mit dem Zubehör der Hilfsmittel, die Instandhaltung, den Ersatz von Hilfsmitteln und Zubehör sowie die Ausbildung im Gebraucht von Hilfsmitteln. Zur näheren Ausgestaltung des sich aus § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 und § 13 BVG ergebenden Anspruchs auf Hilfsmittelversorgung hinsichtlich Art, Umfang und besonderer Voraussetzungen einschließlich Zubehör und Ersatzleistungen und zur Bestimmung, was als Hilfsmittel bzw. Zubehör im Sinne von § 13 Abs. 1 BVG gilt, hat die Bundesregierung aufgrund von § 24a BVG die Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG (Orthopädieverordnung – OrthV vom 4. Oktober 1989) erlassen (vgl. Vogl in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 11 BVG, Rz. 24). Nach § 17 Abs. 1 OrthV werden als Hörhilfen Hörgeräte und andere für hörbehinderte Menschen entwickelte schallverstärkende Geräte geliefert. Die Ausstattung mit Hilfsmitteln muss gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OrthV ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Ergänzend bestimmt § 18c Abs. 4 Satz 2 BVG, dass bei der Beschaffung von Hilfsmitteln im Sinne des § 13 die von der Ortskrankenkasse für ihre Mitglieder am Sitz des Lieferers zu zahlende Vergütung nicht überschritten werden darf. Es gelten daher die gleichen Grundsätze wie bei der Hilfsmittelversorgung gesetzlich Krankenversicherter (vgl. Vogl in: Knickrehm, a. a. O., § 18c Rz.10), sodass der Beklagte, ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung, seine Leistungspflicht grundsätzlich mit dem Festbetrag erfüllt, wenn ein solcher festgesetzt ist (vgl. § 12 Abs. 2 SGB V).
Eine Versorgung zum Festbetrag hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid gewährt und ist damit seiner Leistungspflicht nachgekommen. Die letzte Versorgung ist im Jahr 2012 erfolgt und damit vor mehr als sechs Jahren (vgl. § 31 der Hilfsmittel-Richtlinie). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach der Bekanntmachung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) über die Festsetzung von Festbeträgen für Hörhilfen gemäß § 36 des SGB V vom 20. Dezember 2021 sich der Festbetrag aus der Positionsnummer 13.20.10 (Hörgerät für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte) von 734,81 € und der Positionsnummer 13.99.99.0101 (Zuschlag bei einohriger Versorgung) von 177,76 € zusammensetzt, mithin – nunmehr – 912,57 € beträgt.
Eine über den Festbetrag hinausgehende Versorgung kann der Kläger nicht beanspruchen, da eine ausreichende Versorgung mit dem Festbetrag gewährleistet werden kann, wie der Senat dem Anpassbericht des Akustikers G3 entnimmt, den er im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]) verwertet. Dessen Vergleichsmessungen haben ergeben, dass mit dem aufzahlungsfreien Gerät ReSound Magna 2 MG290-DVI ein Sprachverstehen im Nutzschall mit 65 dB von 70% und im Störschall von 25 % erzielt werden konnte. Das beanspruchte Hörgerät ReSound Enzo 3D 9 ET-998-DW erzielte im Freifeld ein Sprachverstehen von 75 % und im Störschall von 25 %, somit nur im Nutzschall einen um 5 % besseren Wert. Hieraus folgt deshalb kein wesentlicher Unterschied (vgl. auch die versorgungsärztliche Stellungnahme der. G2), da im Freiburger Sprachtest ein Wort bei der Austestung eine Wertigkeit von 5% hat. Ein Unterschied von 5 % bzw. einem Wort kann jedoch auch von Zufälligkeiten und der jeweiligen Tagesform abhängen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 22. Februar 2022 – L 11 KR 2459/20 –, juris, Rz. 38 und vom 2. Februar 2021 – L 11 KR 2192/19 –, juris, Rz. 29). Das wird dadurch unterstrichen, dass nach dem Tonaudiogramm vom 31. Oktober 2019 auch mit dem Hörgerät ReSound Enzo 3D 9 ET-998-DW nur eine Verständlichkeit von 70 % erzielt worden ist und damit entsprechend der Verständlichkeit mit dem aufzahlungsfreien Gerät. Dabei hat der Senat keine Zweifel daran, dass der Freiburger Sprachtest ein geeignetes Mittel ist, um die Güte eines Hörsystems bewerten zu können (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 30. November 2021 – L 11 R 3540/20 – juris, Rz. 29 und vom 22. Januar 2020 – L 5 KR 241/18 –, juris, Rz. 42). Denn der Freiburger Sprachtest ist nach § 21 Abs. 2 ff. Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ein normiertes Verfahren und ermöglicht einen objektiven Vergleich zwischen den getesteten Hörgeräten, und dies auch im Störschall (vgl. § 21 Abs. 3 sowie § 22 Abs. 3 der Hilfsmittel-Richtlinie). Die Hilfsmittel-Richtlinie wurde mit Beschluss vom 24. November 2016 geändert, und es wurde eine Testung mit dem Freiburger Einsilbertest auch im Störgeräusch eingeführt. In den „Tragenden Gründen zum Beschluss“ (vgl. https://www.g-ba.de/downloads/40-268-4059/2016-11-24_HilfsM-RL_Freiburger-Einsilber test_TrG.pdf) wird ausgeführt, es handele sich bei dem Freiburger Einsilbertest um ein Testverfahren zur Überprüfung der Sprachverständlichkeit. Er stelle im deutschen Sprachraum die am häufigsten verwendete Hörprüfung mit Sprache dar. Da der Nachweis einer Gleichwertigkeit des Freiburger Einsilbertests im Störgeräusch mit den bisher beispielhaft aufgezählten Testverfahren nur anhand der vorhandenen Literatur nicht möglich gewesen sei, sei eine Expertenanhörung auf niedrigerer Evidenzstufe durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass der Freiburger Einsilbertest im Störgeräusch prinzipiell als geeignet angesehen werden könne (vgl. Ziffer 2 Eckpunkte der Entscheidung, zu § 21 Abs. 3 [neu]).
Es kommt nach Vorstehendem somit nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger bereits bei der letzten Versorgung auf die Notwendigkeit der Testung von Geräten auch aus dem mittleren Preissegment hingewiesen worden ist, die – wiederum – nicht erfolgt zu sein scheint (vgl. die Ausführungen der G2), da jedenfalls feststeht, dass eine Versorgung mit einem Festbetragsgerät möglich ist.
Aus den weiter vorgelegten Tonaudiogrammen folgt nichts anderes, wie. H2 versorgungsärztlich schlüssig herausgearbeitet hat. Er zeigt nachvollziehbar auf, dass das im Berufungsverfahren vorgelegte Audiogramm mit dem handschriftlichen Zusatz „Magna“ demjenigen entspricht, welches im SG-Verfahren bereits vorgelegt wurde und das vom 18. November 2020, 13:19 Uhr, stammt. Überzeugend weist H2 darauf hin, dass davon ausgegangen werden muss, dass dieses Audiogramm ohne Hörgeräte erstellt worden ist und nicht, wie der Kläger glauben machen will, mit dem Gerät „Magna“.
Dagegen spricht schon, dass das weitere Audiogramm vom 18. November 2020, 13:27 Uhr, den Einsatz eines Hörgerätes bei der Messung maschinenschriftlich ausweist, während das Audiogramm vom 18. November 2020, 13:19 Uhr, einen solchen Vermerk gerade nicht trägt. Welches Gerät konkret getestet worden ist, ergibt sich aus den Audiogrammen nicht, nachdem beide Geräte aufgeführt werden. Daneben belegt das Audiogramm vom 13. Juli 2020, soweit knapp vier Monate früher, eine Verständlichkeit von 30 % bei 75 dB, sodass es unschlüssig ist, dass nunmehr eine Verständlichkeit von 30 % erst bei 85 dB erreicht wird, das Hörvermögen mit Hörgerät also schlechter als ohne sein soll. Es überzeugt daher, wenn H2 versorgungsärztlich darauf hinweist, dass die Hörkurven denen einer Testung ohne Hörgeräte entsprechen. Dies wird dadurch untermauert, dass eine Verständlichkeit von 30 % bei 85 dB bereits am 17. April 2018 (HNO-Gemeinschaftspraxis E1 & S2) befundet worden ist. Im Übrigen folgt aus dem Anpassbericht des Akustikers noch eine Verständlichkeit bei 65 dB von 70 %. Weshalb diese nunmehr auf 0 abgesunken sein soll, ist weder ersichtlich, noch schlüssig.
Weiter nachvollziehbar hat H2 versorgungsärztlich ausgeführt, dass der Abfall der Verständlichkeit auf nur 50 % schon nicht erklärbar ist, wobei er noch von dem Gerät „Magna“ ausgegangen ist, sodass hieraus schon keine andere Beurteilung folgt. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, das Audiogramm vom 18. November 2020 13:27 Uhr stelle eine Messung mit dem Hörgerät ReSound Enzo 3D 9 ET-998-DW dar, würde dies nur belegen, dass durch das aufzahlungspflichtige Gerät die Verstehensleistung nur noch auf 50 % gesteigert würde und damit 25 % schlechter als im Anpassbericht festgestellt, was die Geeignetheit der Versorgung schon in Frage stellen würde. Unabhängig davon hat. H2 schlüssig aufgezeigt, dass bei einer vergleichenden Messung zu demselben Zeitpunkt Messungen durchgeführt werden müssten, sich solche aus den vorgelegten Audiogrammen aber gerade nicht ergeben. Die widersprüchlichen Angaben des Klägers zu den Tonaudiogrammen sind daher nicht geeignet, den Anpassbericht zu erschüttern.
Im Übrigen hat der Akustiker G3 in seiner sachverständigen Zeugenauskunft bei der Frage nach den konkreten Versorgungsvorteilen nur darlegen können, dass das begehrte Gerät mit einem iPhone verbunden werden könne. Ebenso wie in der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichten auch §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 13 BVG nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (vgl. § 18 Abs. 2 BVG und entsprechend in der gesetzlichen Krankenversicherung: § 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl. zur GKV: BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R –, SozR 4-2500 § 36 Nr. 2, SozR 4-2500 § 33 Nr. 28, Rz. 19 ff. und vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R –, SozR 4-3250 § 14 Nr. 19, Rz. 31). Um eine solche Verbesserung der Bequemlichkeit handelt es sich indessen bei der möglichen Kopplung mit dem iPhone nach dem eigenen Bekunden des Klägers gegenüber dem SG, indem er diesem beschrieben hat, durch entsprechende Geräteeinstellungen auch ohne die Bluetooth-Funktion telefonieren zu können.
Anders als der Kläger meint, ist das rein subjektive Hörverstehen nicht von ausschlaggebender Bedeutung, sodass die G2 zu Recht darauf verwiesen hat, dass die Schilderungen des Klägers die Feststellungen des Anpassberichts nicht entkräften können. Denn rein subjektive Schilderungen des Hörgeräteträgers sind durch die Leistungserbringer und durch die Gerichte nicht überprüfbar und können deshalb nicht Grundlage für die Beurteilung sein, welches Hörgerät ausreicht, um die Behinderung auszugleichen (so auch LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. November 2020 – L 6 KR 36/16 –, juris, Rz. 48 ff.). Auch besteht die Gefahr, dass der subjektive Eindruck nicht unwesentlich durch Komfortausstattungen des teureren Gerätes beeinflusst wird, es bedarf daher eines messbaren Gebrauchsvorteils (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. November 2022 – L 11 KR 1253/22 –, juris, Rz. 34). Feinmotorische Nachteile oder eine relevante Sehbehinderung sind von der G2 ausgeschlossen worden, sodass sich auch hieraus keine andere Beurteilung ergeben kann. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich bei nicht eingeschränktem Sehvermögen des Klägers nicht erschließt, weshalb dieser besonders auf die Wahrnehmung von Signalen von Straßenbahnen angewiesen sein sollte. Berufliche Vorteile durch eine höherwertige Hörgeräteversorgung (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Februar 2021 – L 11 KR 2192/19 –, juris, Rz. 33 zu Ansprüchen nach dem Rentenversicherungsrecht) sind schon gar nicht dargelegt und bei dem 1943 geborenen, nicht mehr im Erwerbsleben stehenden Kläger auch nicht relevant.
Es kann deshalb dahinstehen, dass einiges dafür spricht, dass der konkrete Leistungsantrag des Klägers schon dadurch seine Erledigung gefunden hat, dass dieser durch den Akustiker jedenfalls im Zeitraum zwischen dem Anpassbericht und dem Erörterungstermin beim SG am 19. Juli 2021 mit dem streitigen Gerät versorgt worden ist. Zwar führt weder die Auswahlentscheidung als solche noch eine probeweise Hörgeräteüberlassung zu einer Selbstverschaffung des Hilfsmittels (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – B 3 KR 5/12 R –, juris, Rz. 44; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. Februar 2021 – L 11 KR 2192/19 –, juris, Rz. 32), jedoch kann der Überlassungszeitraum von mindestens zwei Jahren im vorliegenden Fall nicht mehr mit einer probeweisen Überlassung gleichgesetzt werden. Dass der Kläger hierfür keinen finanziellen Ausgleich schuldet, also nicht von Kosten freigestellt werden muss, hat der Akustiker auf die sachverständige Zeugenauskunft selbst mitgeteilt. Somit kann auch kein Kostenerstattungsanspruch bestehen.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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