S 10 BA 82/21 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 BA 82/21 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 130/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers vom 09.08.2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 wird abgelehnt.

 

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe:

 

I.

 

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021, mit dem Künstlersozialabgaben in einer Gesamthöhe von 3.496 € für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2019 nachgefordert und monatliche Vorauszahlungen für die Zeit ab dem 01.01.2020 in Höhe von 66,50 € geltend gemacht werden.

 

Der Antragsteller betreibt eine Rechtsanwalts- und Notarpraxis in Dinslaken. Mit Schreiben vom 15.04.2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie verpflichtet sei, mindestens alle vier Jahre bei einem Arbeitgeber eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV durchzuführen und dass in diesem Zusammenhang insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen zur Sozialversicherung sowie die Abgaben und Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2019 geprüft würden. Der Antragsteller wurde gebeten, einen mehrseitigen Fragebogen zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG vollständig ausgefüllt zu übersenden. Der Fragebogen und ein Informationsschreiben mit grundsätzlichen Informationen über die Abgabepflicht nach dem KSVG waren dem Schreiben vom 15.04.2020 ebenso beigefügt wie eine Tabelle, in die gezahlte Entgelte für beauftragte selbständige, künstlerische und publizistische Tätigkeiten eingetragen werden sollten. In dem Schreiben vom 15.04.2020 wurde zudem gebeten, eine Vielzahl von Unterlagen zu übersenden, u. a. die zum Rechnungswesen gehörenden Summen- und Saldenlisten und einen jährlichen Ausdruck der Sachkonten Fremdleistungen, Honorarzahlungen, freiwillige soziale Aufwendungen, Betriebsveranstaltungen, sonstige Veranstaltungskosten und Werbung. In dem Informationsschreiben wurde u. a. darauf hingewiesen, dass Unternehmen, die Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für Zwecke ihres eigenen Unternehmens betreiben, abgabepflichtig seien, wenn sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilten. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die Erfüllung der Meldepflichten und Abgabepflichten nach dem KVSG sowie die richtige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe Gegenstand der Betriebsprüfung durch die Rentenversicherungsträger sei und dass die im Fragebogen zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG enthaltenen Angaben im Rahmen der Betriebsprüfung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger benötigt würden.

 

Mit Schreiben vom 04.05.2020 beantragte der Antragsteller unter Bezugnahme auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.04.2020 eine Fristverlängerung bis zum 25.05.2020. Er teilte mit, er werde die geforderten Unterlagen innerhalb dieser Frist überreichen. Nachdem der ausgefüllte Fragebogen und andere angeforderten Unterlagen bis zum 15.09.2020 nicht eingereicht worden waren, erinnerte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15.09.2020 unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten an die Erledigung der Unterlagenanforderung vom 15.04.2020. Am 15.10.2020 führte die Antragsgegnerin eine schriftliche Anhörung durch und teilte mit, dass beabsichtigt sei, für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2019 eine Abgabepflicht nach § 24 KSVG festzustellen und für diesen Zeitraum eine Künstlersozialabgabe in Höhe von insgesamt 3.496 € nachzufordern. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderungen, Entgeltunterlagen vorzulegen, die eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1a SGB IV ermöglichten, seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, obwohl er auf seine Auskunfts- und Vorlagepflichten nach § 29 KSVG ausführlich hingewiesen worden sei. Soweit der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstatte, sei nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG eine Schätzung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen. Als Bemessungsgrundlage könnte in diesen Fällen der Durchschnittswert der Entgeltzahlungen an selbständige Künstler und Publizisten alle Abgabepflichtigen derselben Branche zugrunde gelegt werden. Für das Unternehmen des Antragstellers würde nach Mitteilung der Künstlersozialkasse ein Branchendurchschnitt von zurzeit 19.000 € herangezogen, wobei sich der Abgabesatz aus der nach § 26 KSVG ergangenen Rechtsverordnung ergebe. Eine Überprüfung der Schätzwerte erfolge, sobald die tatsächlich gezahlten Entgelte gemeldet bzw. im Rahmen der Prüfung nach § 28p Abs. 1a SGB IV festgestellt würden. Dem Antragsteller würde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 09.11.2020 zu äußern.

 

Mit Schreiben vom 09.11.2020 äußerte sich der Antragsteller unter Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 15.10.2020 dahingehend, dass von seiner Seite keine Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betrieben werde und in dem genannten Zeitraum keine Künstler oder Publizisten beschäftigt bzw. keine Aufträge an Künstler oder Publizisten erteilt worden seien.

 

Am 17.12.2020 erging ein Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem eine Abgabepflicht nach § 24 KSVG für die Jahre 2016 bis 2019 festgestellt und Künstlersozialabgaben in einer Gesamthöhe von 3.496 € nachgefordert wurden. Für die Zeit ab dem 01.01.2020 wurden monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 66,50 € geltend gemacht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sei festzustellen, weil der Antragsteller Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile. Soweit der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstatte, sei nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG eine Schätzung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen. Als Bemessungsgrundlage könne in diesen Fällen der Durchschnittswert der Entgeltzahlungen an selbständige Künstler oder Publizisten aller Abgabepflichtigen derselben Branche zugrunde gelegt werden. Für das Unternehmen des Antragstellers sei ein Branchendurchschnittswert von zurzeit 19.000 € jährlich herangezogen worden.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 21.01.2021 Widerspruch und kündigte eine Begründung des Widerspruches mit gesondertem Schriftsatz an. Der Antragsteller wurde mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 25.01.2021 gebeten, den Widerspruch innerhalb von vier Wochen zu begründen. Mit Schreiben vom 02.03.2021 bat der Antragsteller um Fristverlängerung bis zum 12.03.2021 und kündigte an, dass die angeforderten Unterlagen innerhalb dieser Frist auf dem Postweg übersandt würden. Mit Schriftsatz vom 09.03.2021 bat die Antragsgegnerin um Klarstellung, ob sich der Widerspruch (auch) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2020 richten würde, mit dem Beiträge zur Künstlersozialkasse nachgefordert worden seien, und bat ggf. um Einreichung der Widerspruchsbegründung und um Übersendung der angeforderten Unterlagen. Mit Schriftsatz vom 26.03.2021 bestätigte der Antragsteller, dass sich der Widerspruch (auch) gegen den Bescheid vom 17.12.2020 richten würde, mit dem die Künstlersozialabgabe nach dem KSVG nachgefordert worden sei, und bat erneut für die Übersendung der Unterlagen um Fristverlängerung bis zum 09.04.2021. Am 12.04.2021 teilte der Antragsteller mit, dass die angeforderten Unterlagen auf dem Postweg versandt worden seien.

 

Nachdem bis Anfang Juli 2021 keine Unterlagen bei der Antragsgegnerin eingegangen waren, wurde der Widerspruch mit Bescheid vom 06.07.2021 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei zur Klärung der Abgabepflicht mehrfach schriftlich aufgefordert worden, prüfrelevante Unterlagen zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG vorzulegen. Da diese jedoch nicht vorgelegt worden seien, habe die Antragsgegnerin am 17.12.2020 einen Schätzbescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KVSG erlassen. Da eine sachliche Begründung des Widerspruches und die zur Abhilfeprüfung notwendigen Unterlagen trotz mehrfacher Erinnerungen nicht eingereicht worden seien, habe dem Widerspruch nicht stattgegeben werden können.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 09.08.2021 Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 aufzuheben.

 

Während des Klageverfahrens wandte sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21.09.2021 an die Antragsgegnerin und übersandte den von ihm ausgefüllten und mit Datum vom 21.09.2021 unterschriebenen Fragebogen zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG. Er wies darauf hin, dass er bereits mit E-Mail vom 09.11.2020 geltend gemacht habe, dass eine Abgabepflicht nach dem KSVG nicht bestehe, und dass sich die diesbezüglichen Angaben auch aus dem jetzt überreichten Fragebogen ergeben würden. Gleichzeitig beantragte er bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 17.12.2020, da die Zwangsvollstreckung bereits eingeleitet worden sei. Die Antragsgegnerin lehnte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 17.12.2020 ab.

 

Am 27.09.2021 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gestellt. Während des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 25.02.2022 weitere Unterlagen eingereicht, die von der Antragsgegnerin zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG im Verwaltungsverfahren angefordert worden waren, insbesondere Sachkontensaldenlisten für die Jahre 2016 bis 2019 und Belege für das Konto Repräsentation / Werbekosten für die Jahre 2016 bis 2019. Die Künstlersozialkasse hat als zuständige Einzugsstelle auf Anfrage des Gerichts mit Schreiben vom 08.11.2021 und 03.02.2022 mitgeteilt, dass sie bis zu einer Entscheidung in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren bzw. für die Dauer eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, längstens jedoch bis zum 31.01.2023 von Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich des zu überprüfenden Schätzungsbescheides vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 absehen werde.

 

Der Antragsteller ist der Auffassung, aufgrund seines bei der Antragsgegnerin eingereichten Schreibens vom 09.11.2020 sei die Antragsgegnerin nicht berechtigt gewesen, wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers eine Abgabepflicht nach dem KSVG festzustellen und Künstlersozialabgaben nachzufordern. Er habe in dem Schreiben vom 09.11.2020 ausgeführt, dass eine Abgabepflicht nach § 24 KSVG nicht bestehe. Die Antragsgegnerin hätte ihm mitteilen müssen, dass diese Auskunft nicht ausreichend sei und weitere Unterlagen nachfordern müssen. Es sei zwar zutreffend, dass er den Fragebogen zur Prüfung der Abgabepflicht nach dem KSVG nicht zurückgesandt habe und Unterlagen nicht eingereicht habe. Aufgrund seines Schreibens vom 09.11.2020 habe jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden, dass keine Forderung nach § 24 KSVG bestehe. Ungeachtet dessen sei zwischenzeitlich der Fragebogen zur Abgabepflicht nach dem KSVG an die Antragsgegnerin versandt worden und weitere Unterlagen durch ihn vorgelegt worden, so dass eine Überprüfung der Abgabepflicht anhand der nunmehr eingereichten Unterlagen durch die Antragsgegnerin vorgenommen werden könne bzw. eine Sachentscheidung getroffen werden könne. Da unterdessen die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid betrieben werde und die Zahlungsverpflichtung für ihn eine erhebliche Härte darstellen würde, sei die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen.

 

Der Antragsteller beantragt,

 

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen.

 

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

den Antrag abzuweisen.

 

Sie ist der Ansicht, nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen werde. Der Antragsteller sei den mehrfachen Aufforderungen der Antragsgegnerin im Prüf- und Widerspruchsverfahren, Unterlagen vorzulegen, die eine Prüfung der Abgabepflicht und der Zahlung der Künstlersozialabgabe ermöglichen, nicht nachgekommen, so dass zu Recht ein Schätzbescheid ergangen sei. Eine Vorlage von prüffähigen Unterlagen erst im Klageverfahren, um den Widerruf des Schätzbescheides zu erreichen, sei nicht möglich. Diese Möglichkeit ende mit dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens, welches durch Erteilung des Widerspruchsbescheides beendet worden sei. In § 27 Abs. 1a Satz 2 KSVG sei geregelt, dass in einem gesonderten Verfahren der Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zuungunsten des zur Abgabe Verpflichteten zurückgenommen werde, wenn sich die Schätzung nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG als unrichtig erweise. Soweit die Schätzung im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KSVG vorgenommen worden sei, sei Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Abgabebescheides § 44 SGB X. Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens würde die Abgabepflicht und die Höhe der Künstlersozialabgabe anhand des eingereichten Fragebogens, der Summen- und Saldenlisten für 2016 bis 2019 und anhand der Konten Werbekosten und Fremdleistungen der Jahre 2016 bis 2019 sowie der gebuchten Belege überprüft. Diese Prüfung sei einem zeitlich nachgelagerten Überprüfungsverfahren vorbehalten.

 

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens beim Sozialgericht Duisburg (S 10 BA 56/21) und der zum Verfahren beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

 

II.

 

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 ist zulässig, aber nicht begründet.

 

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig, da die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 keine aufschiebende Wirkung hat. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben sowie der darauf entfallenden Nebenkosten. Bei der hier streitigen Künstlersozialabgabe nach §§ 23 ff. KSVG handelt es sich um Sozialversicherungsbeiträge. Sie stellt einen „Quasi-Arbeitgeberbeitrag“ dar, den Verwerter und Vermarkter von künstlerischen oder publizistischen Werken oder Leistungen an die Künstlersozialkasse zu entrichten haben (vgl. BSG Urteil vom 08.10.2014 B 3 KS 6/13 R m. w. N.).

 

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht begründet.

 

Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung der Klage durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen und ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert wird, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfes, hier der Klage, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Maßgebend ist insoweit, ob mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (LSG NRW Beschluss vom 07.01.2011 L 8 R 864/10 B ER; LSG NRW Beschluss vom 14.02.2011 L 8 R 833/10 B ER; Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG § 86a Rn. 27 m. w. N.).

 

Unter Heranziehung dieser maßgeblichen Kriterien bestehen keine überwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides der Antragsgegnerin. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 und Abs. 1a SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung nach Abs. 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber (§ 28p Abs. 1a Satz 1 SGB IV). Nach § 28p Abs. 1a Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Deutschen Rentenversicherung die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide.

 

Hinsichtlich der Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 maßgeblich ist und ob vorliegend insbesondere berücksichtigungsfähig ist, dass der Antragsteller bis zur gerichtlichen Entscheidung sowohl den Fragebogen ausgefüllt übersandt als auch eine Vielzahl von Unterlagen eingereicht hat, ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich in der Hauptsache um eine reine Anfechtungsklage handelt und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zumindest als Faustregel der Grundsatz gilt, dass bei reinen Anfechtungsklagen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist, während bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ergibt sich jedoch im Wesentlichen die Maßgeblichkeit des Zeitpunktes für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus dem materiellen Recht, nicht aus dem Prozessrecht (vgl. BSG Urteil vom 02.05.2012 B 11 AL 18/11 R; BSG Urteil vom 13.03.1997 Az.: 11 RAr 51/96 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerwG).

 

In materieller Hinsicht ergibt sich, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Schätzbescheides nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d. h. der Erteilung des Widerspruchsbescheides maßgeblich ist. Für den Fall, dass ein potentiell abgabepflichtiger Unternehmer seiner Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Vorlage von Unterlagen zur Prüfung seiner Abgabepflicht nicht nachkommt, sieht das Künstlersozialversicherungsgesetz ein zweiphasiges Prüfungsverfahren vor. Kommt ein Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, ist die Künstlersozialkasse bzw. der prüfende Rentenversicherungsträger nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG berechtigt, eine Schätzung vorzunehmen und auf dieser Grundlage eine Künstlersozialabgabe geltend zu machen. Soweit sich die Schätzung nach Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften als unrichtig erweist, kann in einem nachgelagerten Prüfungsverfahren der Abgabebescheid nach § 27 Abs. 1a Satz 2 KSVG mit Wirkung für die Vergangenheit auch zuungunsten des Abgabeverpflichteten zurückgenommen werden, wobei Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht zu berücksichtigen sind und § 45 SGB X nicht gilt. Aus dieser Systematik ergibt sich, dass die Rechtmäßigkeit eines Schätzbescheides nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, d. h. zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides zu beurteilen ist, da für die Beurteilung der Abgabepflicht anhand von später eingereichten Auskünften und Unterlagen des potentiell Abgabepflichtigen ein gesondertes Verwaltungsverfahren vorgesehen ist. Dies entspricht der Rechtslage in Betriebsprüfungsfällen, in denen Arbeitgeber ihre Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt haben und aus dem Grund die Beitragspflicht oder die Beitragshöhe vom prüfenden Rentenversicherungsträger nicht festgestellt werden kann. In diesen Fällen ist der Erlass eines Summenbescheides nach § 28f Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorgesehen und erst in einem nachgelagerten Verwaltungsverfahren kann der Arbeitgeber eine personenbezogene Beitragsfestsetzung geltend machen. Auch in diesen Fällen ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Summenbescheides allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahren maßgeblich, mit der Folge, dass ein Arbeitgeber in einem anschließenden Prozess nicht mit Erfolg durch entsprechendes Vorbringen und die Vorlage von Nachweisen eine personenbezogene Beitragsbemessung geltend machen kann. Auch insoweit ergibt sich aus dem materiellen Recht, dass ein entsprechender Vortrag nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens zum Summenbescheid ausschließlich in einem Widerrufsverfahren nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV und damit in einem besonderen Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden kann (vgl. BSG Urteil vom 02.02.2002 B 12 KR 12/01 R; LSG Berlin Urteil vom 12.01.2005 L 9 KR 53/03). Somit war entgegen der Auffassung des Antragstellers die Abgabepflicht und die Abgabehöhe vom Gericht nicht unter Berücksichtigung der erst im Klageverfahren vorgelegten Angaben im Fragebogen und unter Auswertung der Sachkonten- Saldenlisten sowie der Belege zum Konto Repräsentation und Werbekosten für die Jahre 2016 bis 2019 zu prüfen.

 

Unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung des Widerspruchsbescheides ergeben sich keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Schätzbescheides der Antragsgegnerin vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG die Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Der zur Abgabe Verpflichtete hat gemäß § 27 Abs. 1 KSVG nach Ablauf eines Kalenderjahres, spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres der Künstlersozialkasse die Summe der sich nach § 25 KSVG ergebenden Beträge zu melden. In § 27 Abs. 1 Satz 2 KSVG ist geregelt, dass für die Meldung ein Vordruck der Künstlersozialkasse zu verwenden ist. Soweit der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet, nimmt die Künstlersozialkasse eine Schätzung vor (§ 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG). Aus § 29 KSVG ergibt sich, dass es eine Auskunftspflicht auch hinsichtlich der Feststellung gibt, ob eine Abgabepflicht besteht. Danach haben die zur Abgabe Verpflichteten der Künstlersozialkasse bzw. im Rahmen der Betriebsprüfung den Rentenversicherungsträgern auf Verlangen über alle für die Feststellung der Abgabepflicht sowie die Höhe der Künstlersozialabgabe erforderlichen Tatsachen Auskunft zu geben und die Unterlagen vorzulegen, aus denen diese Tatsachen hervorgehen. Schließlich ist in §§ 7 und 8 KSVG-BÜVO (Beitragsüberwachungsverordnung) konkret im Einzelnen geregelt, welche Auskünfte in diesem Zusammenhang zu machen sind und welche Unterlagen vorzulegen sind. Aus § 7 KSVG-BÜVO ergibt sich u. a., dass alle zum Rechnungswesen gehörenden Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen vorzulegen sind, die Eintragungen enthalten können über die Vertragsbeziehungen, die zur Inanspruchnahme von künstlerischen oder publizistischen Werken oder Leistungen geführt haben, und über die dafür gezahlten Entgelte.

 

Aus den genannten Vorschriften ergibt sich, dass die von der Antragsgegnerin in dem mehrseitigen Fragebogen abgefragten Umstände einschließlich der angeforderten Tabelle über die gezahlten Entgelte für selbständige, künstlerische und publizistische Tätigkeiten zu Recht erfragt worden sind und mit entsprechenden Auskunftspflichten des Antragstellers korrespondieren. Die entsprechenden Mitwirkungspflichten treffen auch diejenigen Unternehmer, bei denen die Abgabepflicht dem Grunde nach erst festzustellen ist (vgl. ebenso LSG NRW Beschluss vom 26.10.2007 L 16 B 20/07 KR ER). Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 29 Satz 1 KSVG, weil nach dieser Vorschrift eine Auskunftspflicht auch für Tatsachen besteht, die für die Feststellung der Abgabepflicht (dem Grunde nach) erforderlich sind. Die Ausfüllung des Meldebogens betrifft Auskünfte zur Abgabepflicht dem Grunde nach und der Höhe nach. Diese Auskünfte hat der Antragsteller nicht in der erforderlichen Art und Weise im Prüfverfahren und im Widerspruchsverfahren erteilt. Insoweit ist nach § 27 Abs. 1 Satz 2 KSVG gesetzlich zwingend die Verwendung eines Vordruckes für die Meldung, des sogenannten Meldebogens vorgeschrieben. Eine andere Art der Auskunftserteilung lässt der Gesetzgeber diesbezüglich nicht zu, zumal der Meldebogen der Verwaltungsvereinfachung dient und keine hohen Anforderungen an die Unternehmer stellt (vgl. LSG NRW Beschluss vom 26.10.2007 L 16 B 20/07 KR ER).

 

Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er habe seine Auskunftspflicht durch seinen Schriftsatz vom 09.11.2020 erfüllt, kann dem nicht gefolgt werden. Seine Angaben erschöpften sich in der Behauptung, es würde seitens seiner Kanzlei keine Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betrieben und keine Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten erteilt. Solche pauschalen Angaben reichen auch nicht ansatzweise aus, um eine Abgabepflicht im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG prüfen zu können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Formen der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sehr vielfältig sein können und häufig schwierige Abgrenzungsfragen zu beurteilen sind (vgl. Finke / Brachmann / Nordhausen Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz 5. Auflage § 24 Rn. 287 ff. m. w. N.). Dabei ist es erforderlich, durch entsprechende Fragestellungen eine Vielzahl von möglichen Fallgestaltungen abzudecken, insbesondere auch solche, die nicht offenkundig sind. Vor dem Hintergrund dieser Problematik hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, dass die Auskunftspflicht nur dann erfüllt ist, wenn ein Vordruck der Künstlersozialkasse verwendet und alle darin vorgesehenen Angaben gemacht worden sind.

 

Der Einwand des Antragstellers, er hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass seine Angabe, er habe keinerlei Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilt, nicht ausreichend sei, greift nicht durch. Dem Antragsteller war bereits mit Schreiben vom 15.04.2020 mitgeteilt worden, man benötige zur Prüfung der Abgabepflicht den vollständig ausgefüllten Fragebogen und weitere maßgebliche Unterlagen, die in einem Begleitschreiben im Einzelnen aufgeführt waren. Mit Schreiben vom 15.09.2020 wurde er an die Einreichung der Unterlagen erinnert und mit Anhörungsschreiben vom 15.10.2020 nochmals auf die Auskunfts- und Vorlagepflichten nach § 29 KSVG hingewiesen. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG eine Schätzung vorgenommen würde, wenn er trotz Aufforderung die Meldung nicht oder unvollständig erstatten werde. Dementsprechend war der Antragsteller mehrfach darüber aufgeklärt worden, dass umfangreiche Angaben in Gestalt eines mehrseitigen Fragebogens und umfangreiche Unterlagen vorzulegen waren, so dass er keinesfalls davon ausgehen konnte, dass die bloße Angabe, er habe keine Künstler oder Publizisten beauftragt, ausreichen würde. Dementsprechend hat er der Antragsgegnerin auch mehrfach mitgeteilt, er werde die Unterlagen übersenden (Schriftsätze vom 04.05.2020, 02.03.2021, 26.03.2021, 12.04.2021), ohne dass er dieses Vorhaben umgesetzt hat. Insoweit war die nochmalige Anforderung des ausgefüllten Fragebogens und der bereits mehrfach angeforderten Unterlagen auch nach Vorlage des Schreibens des Klägers vom 09.11.2020 seitens der Antragsgegnerin nicht erforderlich.

 

Die Antragsgegnerin war nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG berechtigt, eine Schätzung vorzunehmen. Diese Rechtsfolge ist in § 27 Abs. 1 Satz 3 KSVG gerade an die verweigerte bzw. unvollständige Meldung geknüpft. Der Gesetzgeber hat die Schätzung der Entgelte, die bei erstmaliger Einbeziehung in die Künstlersozialabgabe auch die Abgabepflicht dem Grunde nach umfasst, zwingend vorgeschrieben, da sich die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens (§ 36 Abs. 2 KSVG) zur Durchsetzung der Meldepflicht als ein wenig wirkungsvolles Instrument zur Erzwingung der Abgabe der Meldebögen erwiesen hat (vgl. LSG NRW Beschluss vom 28.10.2007 L 16 B 20/07 KR ER; Finke / Brachmann / Nordhausen Kommentar zum KSVG § 27 Rn. 11). Da sich die Antragsgegnerin bei der Schätzung an dem Branchendurchschnittswert von zurzeit 19.000 € orientiert hat, ergeben sich auch hinsichtlich der Art und Weise der Schätzung keine rechtlichen Bedenken.

 

Der Antragsteller hat schließlich auch in keiner Weise dargelegt oder glaubhaft gemacht, dass und in welchem Umfang die Zahlung der von der Antragsgegnerin geforderten Künstlersozialabgabe eine erhebliche Härte für ihn darstellen würde. Allein die Höhe der Beitragsforderung und die mit der Zahlung für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen unbilligen Härte, da es sich lediglich um die Erfüllung der gesetzlich auferlegten Pflichten handelt (vgl. LSG NRW Beschluss vom 21.02.2012 L 8 R 1047/11 B ER). Zudem hat die Künstlersozialkasse als zuständige Einzugsstelle auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich erklärt, dass sie für die Dauer des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X längstens jedoch bis zum 31.01.2023 von Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich des zu überprüfenden Schätzungsbescheides vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2021 absehen wird.

 

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X unter Heranziehung der von dem Antragsteller im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen und des ausgefüllten Fragebogens nicht von der Beendigung des Hauptsacheverfahrens abhängig ist. Es handelt sich insoweit um ein Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X (vgl. BSG Urteil vom 30.09.2015 B 3 KS 1/14 R). Schon aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 SGB X ergibt sich, dass ein Überprüfungsverfahren nicht ausgeschlossen ist, wenn ein Klageverfahren hinsichtlich des zu überprüfenden Bescheides noch anhängig ist. In § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist insoweit geregelt, dass soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Dies impliziert, dass ein Verwaltungsakt nach § 44 Abs. 1 SGB X überprüft werden kann, der nicht unanfechtbar geworden ist (vgl. ausdrücklich BSG vom 20.07.2005 B 13 RJ 37/04 R Rn. 21 zitiert nach juris). In diesen Fällen kann allenfalls in Erwägung gezogen werden, dass ggf. ein Rechtsschutzbedürfnis für ein – weiteres – Verfahren in Gestalt eines Überprüfungsverfahrens nicht besteht (vgl. Bayerisches LSG Urteil vom 22.07.2020 L 13 R 566/19; BSG vom 27.07.2004 B 7 AL 76/03 R; offengelassen in BSG Urteil vom 30.10.2013 B 7 AY 7/12 R). Vorliegend besteht jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Überprüfungsverfahren, weil allein in diesem Verfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X eine tatsächliche Prüfung der Abgabepflicht des Antragstellers anhand der vorgelegten Unterlagen und der Angaben des Fragebogens erfolgen kann. Dagegen ist die rechtliche Prüfung in dem Klageverfahren, das die Rechtmäßigkeit des Schätzbescheides zum Gegenstand hat, darauf beschränkt, ob der Schätzbescheid zum Zeitpunkt des Abschluss des Widerspruchsbescheides, d. h. ohne Berücksichtigung der von dem Antragsteller später vorgelegten Unterlagen rechtmäßig war. Wegen der insoweit völlig unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe für das Verfahren nach § 44 SGB X und das Klageverfahren besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Überprüfungsverfahrens während der Anhängigkeit des Klageverfahrens.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Beschwerde bei dem

 

Sozialgericht Duisburg, Mülheimer Straße 54, 47057 Duisburg

 

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen

 

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.

 

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zu Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Absatz 4 Nummer 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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