L 13 AS 1463/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2049/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1463/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.04.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für eine Wohnungserstausstattung nach einem Umzug zum 01.12.2019.

Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 08.11.2019 beantragte er beim Beklagten eine finanzielle Unterstützung für die Erstausstattung der möblierten Wohnung, da die Möbel der neuen Wohnung nicht optimal seien. Zuerst sollten die Küchenmöbel erneuert werden.

Mit Bescheid vom 14.11.2019 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Wohnung sei möbliert vermietet worden. Es handele sich um eine Ersatzbeschaffung, die nicht übernahmefähig sei. Der Bescheid enthielt eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung. Mit einfacher E-Mail vom 02.12.2019 wies der Kläger darauf hin, dass eine verwendbare Matratze nicht da sei. Ebenfalls befinde sich kein Stuhl in der Wohnung. Auch die beiden Herdplatten seien defekt. Er bat um Mitteilung, was er tun könne, um eine Erstausstattung zu erlangen. Ein gleichlautendes Schreiben ging am 04.12.2019 beim Beklagten ein. Mit Schreiben vom 11.12.2019 verwies der Beklagte auf den bereits ergangenen Bescheid. Mit Schreiben vom 12.12.2019 beantragte der Kläger erneut eine Grundausstattung für die Wohnung. Über diesen Antrag wurde - soweit ersichtlich- nicht entschieden. Der Kläger reichte noch eine Petition ein.

Am 14.09.2021 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Da er eine göttliche Schöpfung sei, bestimme er die Zeit für seinen Widerspruch. Das Thema Grundausstattung habe seinen Ursprung im Jahre 2019. Er verlange die nötigen Finanzmittel, um seine neue Wohnung auf dem Niveau eines 4-Sterne-Hotels des 21. Jahrhunderts auszustatten. Er verlange eine Entschädigung/Kompensation i.H.v. 26.000.000 €. Die Beklagte hat vorgetragen, der Bescheid vom 14.11.2019 sei bestandskräftig geworden. Der Kläger könne einen Antrag auf ein Darlehen zum Kauf einer neuen Matratze stellen. Auf die Ankündigung des SG, einen Gerichtsbescheid zu erlassen, hat der Kläger gefragt, ob der Richter richterliche Befugnisse habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Der Ablehnungsbescheid vom 14.11.2019 sei bestandskräftig, eine notwendiges Widerspruchsverfahren sei nicht durchgeführt worden. Soweit der Kläger pauschal eine Entschädigung i.H.v. 26.000.000 € geltend mache, sei die Zuständigkeit des Sozialgerichts nicht gegeben; zudem sei ebenfalls kein Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorausgegangen. Im Übrigen erscheine es auch zweifelhaft, ob der fantasievoll, ohne jede nähere Begründung in pauschal gegriffener Höhe geltend gemachte Anspruch überhaupt ernstlich verfolgt werde.

Gegen den am 04.05.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.05.2022 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung der Frage, ob richterliche Befugnisse vorlägen, hat der Kläger ausgeführt, die Briefe und der Gerichtsbescheid seien nicht unterschrieben und könnten nicht als Dokumente anerkannt werden. Er annulliere die anonymen Nachrichten und den Gerichtsbescheid. Er werde als Russe diskriminiert; andere Antragsteller würden Mittel für die Grundausstattung zugesprochen bekommen. Obwohl er Aktenzeichen bekommen habe, sei er doch ein lebendiger Mensch. Er befehle, dass das Sozialgericht Konstanz innerhalb von 2 Monaten eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 1 Milliarde € zahle. Er lege den Geldbetrag selbst fest; ihm gefielen solche Geldsummen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.04.2022 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.11.2019 zu verurteilen, ihm Leistungen für die Wohnungserstausstattung einschließlich Haushaltsgeräten zu gewähren sowie eine Entschädigung/Kompensation in Höhe von 26. 000.000 € zu zahlen sowie das Sozialgericht Konstanz zur Zahlung einer Milliarde Euro zu befehligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143,144 und 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klage ist unzulässig, da das nach § 78 SGG vor Erhebung der Anfechtungsklage notwendige Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Der Senat verweist auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides des SG vom 28.04.2022 und sieht von einer erneuten Darlegung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab.

Das Verfahren war auch nicht auszusetzen, um dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen, das Vorverfahren nachzuholen. Zwar kann in der Klage ein Widerspruch gesehen werden. Doch ist der Bescheid vom 14.11.2019 bereits bestandskräftig geworden. Der Kläger hat sich zwar innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat (§ 84 SGG) mit Schreiben vom 04.12.2019 an den Beklagten gewandt. Darin kann aber kein Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.11.2019 gesehen werden. Der Bescheid enthielt eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung. Der Kläger hat sich aber lediglich an die Sachbearbeiterin gewandt mit der Bitte um Mitteilung, was er tun könne, um die notwendige Ausstattung zu erhalten. Er bat um eine zeitnahe Rückmeldung. Damit hat er keinen Rechtsbehelf eingelegt, sondern lediglich eine Bitte geäußert. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 11.12.2019 auf den Bescheid vom 14.11.2019 verwiesen. Einen noch möglichen, fristgerechten Widerspruch hat der Kläger aber auch hierauf nicht erhoben. Für diese Auslegung seiner Erklärung vom 04.12.2019 spricht auch der erneut gestellte Antrag mit Schreiben vom 12.12.2019, der - soweit ersichtlich- vom Beklagten nicht beschieden worden ist. Dieser Antrag ist nicht Streitgegenstand des Verfahrens; zudem ist noch nicht einmal ein Bescheid ergangen, der Gegenstand des Verfahrens gem. § 96 SGG hätte werden können; auch diesbezüglich fehlte es an einem Vorverfahren (s. BSGE 91, 128).

Soweit der Kläger erstinstanzlich 26 Millionen € sowie in der Berufungsinstanz vom SG erstmals eine Milliarde € verlangt, ist hierüber nicht zu entscheiden. Der Senat ist zu einer Entscheidung über die mit der Klageänderung geltend gemachten Ansprüche mangels Rechtswegzuständigkeit nicht berufen. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist weder für Amtshaftungsansprüche nach § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG noch für Schadensersatzansprüche, die in engem Zusammenhang mit solchen Ansprüchen stehen, eröffnet. Die Geltendmachung solcher Ansprüche ist nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, Art. 34 Satz 3 GG, § 839 BGB und § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ausdrücklich den ordentlichen Gerichten zur Entscheidung zugewiesen. Der Kläger ist darauf zu verweisen, seine diesbezüglichen Ansprüche dort geltend zu machen. Das GVG kennt eine Teilverweisung nicht und der Senat hat über den übrigen Teil der hier geltend gemachten Ansprüche zu entscheiden (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B, juris Rn. 23 f. und 28 f.; BSG, Beschluss vom 21.07.2016 – B 3 SF 1/16 R, juris Rn. 9; so bereits auch das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.03.2022, L 3 AS 46/22).

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Berchtold, Kommentar zum SGG, 6. Auflage, § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a. A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 13. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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