L 11 R 103/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 23 R 2176/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 103/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Es ist nicht grob fahrlässig, wenn die Versicherte, nachdem sie bei ihrem Antrag auf Altersrente die vom selben Rentenversicherungsträger bezogene Witwenrente angegeben hatte, nach Bewilligung der Altersrente diesen Bezug dem für die Witwenrente zuständigen Dezernat nicht mitteilt (Anschluss an Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17.05.2018, L 10 R 3025/17).

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.12.2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

 

Tatbestand

Streitig ist die rückwirkende Anrechnung einer Altersrente auf die Witwenrente für die Zeit vom 01.10.1993 bis 31.10.2021 und die Erstattung der entsprechenden Überzahlung.

Die in O1 geborene Klägerin, die den Beruf einer Bürokauffrau erlernte und zuletzt bis zum 30.06.1984 (vgl. Versicherungsverlauf Bl. 55 ff. Senatsakte) als Sekretärin in einer Bank beschäftigt war, ist Witwe des geborenen und am verstorbenen K1. Am 30.01.1992 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente. Mit Bescheid vom 22.04.1992 (Bl. 46 SG-Akte) gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.02.1992 eine große Witwenrente in Höhe von anfangs monatlich 964,86 DM (brutto; Zahlbetrag: 906,01 DM). In diesem Bescheid wurde die Klägerin auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen und es wurde dargelegt „Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind Arbeitsentgelt, Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, vergleichbares Einkommen oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen. Erwerbseinkommen sind, auch als Kapitalleistung oder Abfindung, folgende Leistungen: ... Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ... Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung..." Hinsichtlich des vollständigen Wortlauts wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Etwa ein Jahr später, nämlich am 04.05.1993, beantragte die Klägerin die Gewährung von Altersrente für Frauen, die ihr die Beklagte mit Bescheid vom 09.07.1993 (Bl. 42 SG-Akte) ab dem 01.10.1993 in Höhe von zunächst monatlich 1.607,09 DM (brutto; Zahlbetrag: 1.499,42 DM) bewilligte und monatlich auf dasselbe Konto überwies wie die Witwenrente. Ob die Klägerin bei der Stellung dieses Antrags auf Altersrente den Bezug der Witwenrente angegeben hat, lässt sich nicht mehr feststellen, da die Akte vernichtet und nur ein Teil der Akte (ohne den Antrag) mikroverfilmt wurde. Eine Mitteilung dieses Rentenbezuges an die für die Hinterbliebenenrente zuständige Abteilung der Beklagten unter der Versicherungsnummer des Verstorbenen, unter der die Witwenrente bewilligt wurde, erfolgte nicht, die Altersrente wurde deshalb nicht auf die Witwenrente angerechnet.

Im September 2021 erhielt das für die Gewährung der Witwenrente zuständige Dezernat Kenntnis von der gezahlten Altersrente mit den entsprechenden Brutto- und Nettobeträgen. Nach Anhörung der Klägerin vom 28.10.2021 führte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2021 eine Neuberechnung der großen Witwenrente ab dem 01.10.1993 durch (Anrechnungsbeträge zwischen 43,26 DM ab 01.10.1993 und zuletzt 68,74 € ab 01.07.2021). Zugleich hob sie den Rentenbescheid vom 22.04.1992 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 01.10.1993 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und stellte eine Überzahlung für die Zeit vom 01.10.1993 bis 31.12.2021 in Höhe von 19.621,04 € fest, die zu erstatten sei. Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauen berufen, da sie ihrer gesetzlichen Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei und den Bezug der Altersrente nicht angegeben habe. Zudem hätte ihr auffallen müssen, dass nach Gewährung der Altersrente eine Neuberechnung der Witwenrente unter Berücksichtigung des Einkommens unterblieben sei. Auch im Rahmen des Ermessens könne nicht von der Rückforderung abgesehen werden.

In ihrem Widerspruch vom 23.12.2021 machte die Klägerin geltend, sich zwar nicht mehr exakt daran erinnern zu können, was bei der Beantragung der Altersrente besprochen worden war, mit ziemlicher Sicherheit jedoch angegeben zu haben, dass sie auch eine Witwenrente beziehe. Eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflichten liege nicht vor. Die fehlende Einkommensanrechnung habe sie nicht bemerkt, sei sie doch davon ausgegangen, dass die Beklagte den Bezug der beiden Renten von Amts wegen beachte. Schließlich habe sie im Vertrauen auf den Bestand des Bescheides Vermögensdispositionen getroffen, die nicht mehr rückgängig zu machen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Aufgrund der im Rentenbescheid vom 22.04.1992 gegebenen Informationen habe die Klägerin wissen müssen bzw. erkennen können, dass eigenes Einkommen auf die Rente angerechnet werde und sie gesetzlich verpflichtet sei, den Hinzutritt von Einkommen unverzüglich anzuzeigen.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.07.2022 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. So habe sie ihre Altersrente am 04.05.1993 seinerzeit vor Ort in den Geschäftsräumen der Rentenversicherung in S1 beantragt und vermöge sich daran zu erinnern, damals der Beklagten gegenüber auch angegeben zu haben, mit Bezug der Altersrente dann zwei Renten zu beziehen. Eine Mitteilungspflichtverletzung liege daher nicht vor. Darüber hinaus sei sie davon ausgegangen, dass die Beklagte bei der Bewilligung der Altersrente beide Renten berücksichtigt habe, sei ihr doch beispielweise in einem Bescheid aus dem Jahr 2011 die Anpassung beider Renten ab dem 01.07.2011 mitgeteilt worden. Dass die Anrechnung der Altersrente auf die Hinterbliebenenrente fehlerhaft unterblieben sei, habe sie daher weder erkannt noch erkennen müssen. Schließlich habe sie im Vertrauen darauf, dass die Rentenbescheide richtig seien und ihr die ausbezahlten Rentenbeträge zur vollen Verfügung verblieben, die Rentenbeträge verbraucht.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei in dem Rentenbewilligungsbescheid vom 22.04.1992 auf die Verpflichtung hingewiesen worden, das Hinzutreten einer Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung unverzüglich mitzuteilen. Eine Verpflichtung der Beklagten zu einem Datenabgleich bestehe hingegen nicht, sodass von einem Mitverschulden nicht auszugehen sei.
 
Mit Urteil vom 05.12.2022 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 23.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2022 aufgehoben, soweit die Beklagte darin die Witwenrentenbewilligung für die Zeit vom 01.10.1993 bis 31.10.2021 teilweise aufgehoben und eine Erstattung in Höhe von 19.498,84 € verfügt hat. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 3 SGB X lägen nicht vor. Zwar handele es sich bei der Witwenrentengewährung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung und sei auch eine wesentliche Änderung insofern eingetreten, als die eigene Versichertenrente auf die Witwenrente anzurechnen sei. Die Höhe des monatlichen Anrechnungsbetrags ab 01.10.1993 sei von der Beklagten unter Berücksichtigung der zitierten Vorschriften rechtmäßig ermittelt worden, die Jahresfrist sei eingehalten worden. Allerdings sei die teilweise Aufhebung der Bewilligungsbescheide erst nach Ablauf von zehn Jahren seit dem Eintritt der wesentlichen Änderung (hier ab Beginn des Anrechnungszeitraumes, 01.10.1993) erfolgt. In diesem Fall sehe § 48 Abs. 4 SGB X mit seiner Verweisung auf § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X zwar vor, dass auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren ein Bescheid über die Bewilligung laufender Geldleistungen zurückgenommen werden könne, wenn - wie hier - diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt werde. Allerdings beziehe sich diese Regelung auf die Fälle des Satzes 3 (Bösgläubigkeit [vorsätzliche oder grob fahrlässige unrichtige Angaben bzw. Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit] oder Vorbehalt des Widerrufs).
Der Verweis in § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X auf § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X als Rechtsgrundverweisung erfordere nach der Rechtsprechung des BSG eine folgerichtige Übertragung der in Bezug genommenen Regelungen auf § 48 SGB X mit der Konsequenz, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Nr. 2 (vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht) oder der Nr. 4 (Kenntnis oder grob fahrlässige Nichtkenntnis vom Ruhen oder Wegfall des sich aus dem Verwaltungsakt ergebenden Anspruchs) des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Aufhebung eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakts mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse auch nach Ablauf der von diesem Zeitpunkt an laufenden Zehnjahresfrist in Betracht komme, wenn ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung vorliege und diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Aufhebung gezahlt worden sei. Dies bedeute zugleich, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X (Erzielung von Einkommen) für die Aufhebung nach Ablauf der Zehnjahresfrist nicht ausreiche. Vorliegend ließen sich weder eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom teilweisen Wegfall des Hinterbliebenenleistungsanspruchs nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X noch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nachweisen. Es böten sich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, der Klägerin wäre schon vor der Konfrontation mit der von der Beklagten durchgeführten Anrechnung (gegenüber der Klägerin erstmals mit Bescheid vom 23.11.2021) bekannt gewesen, dass ihr wegen des Bezuges der Altersrente die Witwenrente tatsächlich nicht in voller Höhe zugestanden habe. Angesichts der Höhe der Altersrente und damit eines relativ geringen Anrechnungsbetrages (monatlich zwischen ca. 43 DM und 68 €) und der Komplexität der Anrechnungsvorschriften habe die Klägerin, die über keine besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten in Bezug auf Rentenbe- oder ‑anrechnungen verfüge, weder zu Beginn des Bezuges der Altersrente noch danach von sich aus erkennen können, dass ihr die Witwenrente nicht in voller Höhe, sondern unter Abzug eines Anrechnungsbetrages zugestanden habe. Zwar werde in dem die Witwenrente bewilligenden Bescheid darauf hingewiesen, dass im Fall des Zusammentreffens der Witwenrente mit Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen auf die Rente das Einkommen anzurechnen sei, die gegebenen Informationen versetzten den Betroffenen jedoch nicht in die Lage, eigenständig eine auch nur näherungsweise Anrechnung vorzunehmen. Ausgehend von der Tatsache, dass die Beklagte beide Renten zahle, verbunden mit dem für juristische Laien und für mit Verwaltungsvorgängen bei der Beklagten nicht vertraute Versicherte nachvollziehbaren Schluss, dann werde auch die Höhe der Renten unter Berücksichtigung ggf. bestehender Anrechnungsregeln geprüft, habe die Klägerin von der Richtigkeit der Zahlungen ausgehen dürfen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin doch ab dem Jahr 2007 Rentenanpassungsmitteilungen hinsichtlich beider Renten in einem Schreiben erhalten habe. Mitteilungspflichten habe die Klägerin nicht schuldhaft verletzt. Bei der Beantragung der Altersrente habe die Klägerin u.a. die Frage beantworten müssen, ob sie eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Ob sie dies mitgeteilt habe, habe sich nicht mehr klären lassen, die Beweislast liege hier bei der Beklagten. Fest stehe demgegenüber, dass die Klägerin nicht zur Versicherungsnummer der Hinterbliebenenrente mitgeteilt habe, dass sie nunmehr auch eine Altersrente beziehe, obwohl sie hierzu gesetzlich verpflichtet gewesen sei. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) habe derjenige, der Sozialleistungen beantrage oder erhalte, u.a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien, unverzüglich mitzuteilen. An dieser gesetzlichen Verpflichtung als solcher ändere der Umstand, dass der Versicherungsträger bereits Kenntnis von der mitzuteilenden Tatsache habe, nichts, so dass die Klägerin objektiv Mitteilungspflichten verletzt habe. Doch fehle es am Verschulden. Denn bei Angabe des Bezuges der Witwenrente im Antrag auf Altersrente sei der Beklagten dieser Rentenbezug bekannt gewesen. Auch wenn dies die Klägerin objektiv nicht von der Pflicht, den Bezug der Altersrenten der für die Zahlung der Witwenrente zuständigen Stelle (unter der Versicherungsnummer der Witwenrente) mitzuteilen, entbunden habe, müsse es einem nicht mit den internen Zuständigkeiten vertrauten Versicherten nicht einleuchten, dass ein Rentenversicherungsträger - obwohl er den Rentenbezug im Antrag abfrage und ihn entsprechend mitgeteilt bekomme - die erhaltenen Informationen nicht verwerte, also intern nicht weitergebe. Die von der Beklagten in dem Bescheid über die Bewilligung der Witwenrente erteilten Hinweise über das Bestehen von Mitteilungspflichten seien unvollständig und erfassten den vorliegenden Fall, dass später eine Altersrente vom selben Versicherungsträger bewilligt werde, der auch die Witwenrente zahle, gerade nicht. Zwar werde ausdrücklich ausgeführt, dass der Bezug einer Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mitzuteilen sei, es werde jedoch nicht dargelegt, dass diese Mitteilungspflicht auch gelte, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund selbst sowohl die Hinterbliebenenrente als auch die Altersrente bewilligt habe. Vor diesem Hintergrund sei der Klägerin - im Sinne grober Fahrlässigkeit - selbst dann die unterlassene Mitteilung nicht vorzuwerfen, wenn sie die erteilten Hinweise sorgsam gelesen hätte. Denn auch dann wäre eine subjektive Wertung, sie habe alle Pflichten erfüllt, weil sie dem für beide Renten zuständigen Versicherungsträger den Bezug der Witwenrente im Antrag auf Altersrente angegeben habe, jedenfalls nicht grob fahrlässig, sondern aus der Sicht eines juristischen Laien nachvollziehbar. Auch in der Folgezeit bis zur erfolgten Anrechnung sei die Klägerin nicht anderweitig informiert worden. Vielmehr habe sie mit den Rentenanpassungsmitteilungen, jedenfalls seit 2007, eine einzige, beide Rentenarten zusammenfassende Mitteilung erhalten, aus der sie wiederum habe entnehmen dürfen, dass der Beklagten der Bezug beider Renten bekannt gewesen sei.

Gegen das ihr am 14.12.2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2023 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, die Klägerin habe die Bewilligung der Altersrente gegenüber der die Witwenrente zahlenden Stelle bei der Beklagten verschwiegen. Im Witwenrentenbewilligungsbescheid vom 22.04.1992 sei sie über die Pflicht zur Mitteilung von Einkommen unmissverständlich und mit klaren Worten informiert worden. Die Mitteilung des Witwenrentenbezuges bei der Antragstellung der eigenen Altersrente genüge nicht. Die Beklagte hat zur Untermauerung ihrer Auffassung etliche LSG-Urteile zitiert.




Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 05.12.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, im Bescheid vom 22.04.1992 auf ihre Mitteilungspflicht hingewiesen worden zu sein, falls sie eine Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Weiter sei ihr mitgeteilt worden, diese Meldung von Veränderungen erübrige sich bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Dies habe die Klägerin so verstehen dürfen, dass sie über einen weiteren Rentenbezug neben der Hinterbliebenenrente keine Mitteilung an die Beklagte zu geben habe. Überdies habe die Klägerin bei der Beantragung der Altersrente angegeben, dass sie bereits eine Hinterbliebenenrente beziehe. Diesen Hinweis hätte die Beklagte bei der Bewilligung der Altersrente dergestalt berücksichtigen müssen, als dass sie die zu gewährende Altersrente auf die Hinterbliebenenrente hätte anrechnen müssen.
Dem Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte erkennen müssen, dass eine Anrechnung der beiden Versichertenrenten unterblieben sei, da sie nach Bewilligung der Altersrente keinen Bescheid hinsichtlich der Neuberechnung der Witwenrente erhalten habe, sei entgegen zu halten, dass die Klägerin jährlich wiederholende Rentenanpassungsmitteilungen zu beiden Rentenarten erhalten habe und sie davon ausgegangen sei, dass hier entsprechende Änderungen berücksichtigt worden seien. Dafür spreche auch, dass die Klägerin mit den Rentenanpassungsmitteilungen seit 2007 eine einzige, beide Rentenarten zusammenfassende Mitteilung erhalten habe, aus denen sie habe folgern dürfen, dass der Beklagten der Bezug beider Renten bekannt und die Auszahlung beider Renten von der Beklagten in der jeweils angegebenen Höhe auch gewollt gewesen sei, zumal auch beide Renten auf dasselbe Konto der Klägerin überwiesen worden seien. Ein Verschulden der Klägerin sei zu verneinen, zumal nur ein relativ geringer Betrag anzurechnen gewesen sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin eine signifikant über dem Durchschnitt liegende Versichertenrente bezogen haben solle, da ihre Rente auch nach Anrechnung noch signifikant über dem Durchschnitt geblieben sei. Die Beklagte habe überdies ihr eigenes Mitverschulden nicht berücksichtigt, Ermessen sei nicht ausgeübt worden. Die Annahme der Beklagten, die Fristen nach den § 48 i.V.m. § 45 SGB X seien gewahrt worden, da sie erst am 16.09.2021 von allen erzielten Einkommen positive Kenntnis erhalten hätte, sei falsch, da sie spätestens mit der Rentenanpassungsmitteilung ab 01.07.2007 positive Kenntnis von allen erzielten Einkommen gehabt habe. Nicht zuletzt habe die Klägerin die Rentenbeträge verbraucht.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.


Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da das SG zu Recht den mit der Anfechtungsklage angefochtenen Bescheid vom 23.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2022 und die darin verfügte teilweise Aufhebung der Witwenrente samt damit verbundener Rückforderung als rechtswidrig erachtet und dementsprechend den angefochtenen Bescheid teilweise aufgehoben hat, soweit darin die Witwenrentenbewilligung für die Zeit vom 01.10.1993 bis zum 31.10.2021 teilweise aufgehoben und eine Erstattung von 19.498,84 € geltend gemacht wurde. Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der gewährten Witwenrente ausführlich dargelegt und anschließend zutreffend und fundiert ausgeführt, aus welchen rechtlichen Gründen diese keinen Bestand hat. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Lediglich ergänzend sei noch auf Folgendes hingewiesen: Wie auch das SG dargelegt hat, scheitert die Teilaufhebung vorliegend an der 10-Jahres-Frist. Der Senat teilt die Auffassung des SG und auch des BSG (
Urteil vom 01.07.2010, B 13 R 77/09 R, SozR 4-1300 § 48 Nr. 18, SozR 4-1300 § 45 Nr. 9, Rn. 44 - 45), der Verweis in § 48 Abs. 4 SGB X auf § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X als Rechtsgrundverweisung habe zur Folge, dass eine Aufhebung des Bescheides nach Ablauf der 10-Jahres-Frist nicht nur dann erfolgen kann, wenn - so ausdrücklich in § 45 Abs. 3 Satz 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB X - entweder ein Widerrufsvorbehalt vorliegt (§ 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 SGB X), der Verwaltungsakt auf vorsätzlich bzw. grob fahrlässigen unrichtigen/unvollständigen Angaben beruht (Verweis auf § 45 Abs. 2 Nr. 2 SGB X) oder aber der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte bzw. grob fahrlässig nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), sondern auch, wenn ein anderes unredliches („bösgläubiges") Verhalten des Betroffenen vorliegt. Da hier die Prüfung im Rahmen des § 48 SGB X erfolgt, bedeutet unredliches Verhalten solches gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 (vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Mitteilungspflicht) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X (Kenntnis bzw. grobe Unkenntnis vom Wegfall des Anspruchs, vergleichbar mit § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X), während das bloße Erzielen von Einkommen oder Vermögen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht ausreicht.

Da vorliegend - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - weder ein Widerrufsvorbehalt vorlag noch vorsätzliche/grob fahrlässige unrichtige oder unvollständige Angaben nachgewiesen sind, käme eine Teilaufhebung der Witwenrente nach Ablauf der 10-Jahres-Frist nur in Betracht, wenn die Klägerin ihre Mitteilungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hätte (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, hierzu unter 1.) oder aber von einem teilweisen Wegfall/Ruhen des Witwenrentenanspruchs wusste bzw. grob fahrlässig nicht wusste (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X, hierzu unter 2.). Hiervon konnte sich der Senat indes nicht überzeugen.

1. Zwar geht auch der Senat von einer objektiven Verletzung der Mitteilungspflichten aus, weil die Klägerin gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I als jemand, der Sozialleistungen erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hatte (vgl. auch LSG Baden-Württemberg 17.05.2018, L 10 R 3025/17, juris Rn. 28). Die Klägerin hätte daher der Beklagten - und zwar der für die Auszahlung der Witwenrente zuständigen internen Stelle und in Bezug auf die Versicherungsnummer des verstorbenen Ehemannes - den Bezug ihrer eigenen Altersrente mitteilen müssen. Dies hat sie nicht getan.

Allerdings verletzte die Klägerin ihre Mitteilungspflicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig.
Dass die Klägerin hier willentlich die Rente verschwieg, hat selbst die Beklagte nicht angenommen und wird auch vom Senat verneint. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist in Bezug auf die Unterlassung der Mitteilung einer Veränderung dann der Fall, wenn die betroffene Person einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der betroffenen Person sowie die besonderen Umstände des Falls abzustellen (Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 132 m.w.N.).
Da die Beklagte vorliegend einen Anspruch auf Aufhebung der Rentenbewilligung und Erstattung überzahlter Rente geltend macht, trifft sie die Beweislast für die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen, somit hier für den Nachweis einer grob fahrlässigen Verletzung der Mitteilungspflicht (vgl. hierzu nur LSG Baden-Württemberg 17.05.2018, L 10 R 3025/17, Rn. 31 unter Verweis auf BSG 30.04.1985, 2 RU 43/84, SozR 2200 § 555a Nr. 1 und BSG 27.06.1991, 2 RU 31/90, SozR 3-2200 § 548 Nr. 11). Dieser Nachweis gelingt hier nicht. Der Senat konnte sich vorliegend nicht davon überzeugen, dass die Klägerin einfachste Überlegungen missachtet hat. Wie die Klägerin vorgetragen hat, habe sie bei der Antragstellung ihrer eigenen Altersrente den Witwenrentenbezug gegenüber der Beklagten angegeben. Das Gegenteil lässt sich mangels vollständiger Akte nicht beweisen. Damit hat sie - aus ihrer Laiensicht heraus - ihrer Mitteilungspflicht Genüge getan, da von einem nicht mit den Strukturen der Behörde vertrautem Versicherten, hier einer gelernten Bürokauffrau und Sekretärin einer Bank, nicht erwartet werden kann, durch „einfachste, naheliegende Überlegungen“ zu dem Schluss zu kommen, die eigene Altersrente und eine Witwenrente würden von verschiedenen Stellen derselben Behörde bearbeitet werden - obwohl es sich doch bei beiden Zahlungen um „Rente“ handelt und die Antragstellung gegenüber der „allgemeinen“ Antrags- und Beratungsstellung erfolgte. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Belehrung zu den Mitteilungspflichten im Rentenbescheid vom 22.04.1992. Der Belehrungstext lautet wie folgt:

Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluß auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind
- Arbeitsentgelt,
- Einkommen aus selbständiger Tätigkeit,
- vergleichbares Einkommen,
oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen.

Erwerbsersatzeinkommen sind, auch als Kapitalleistung oder Abfindung, folgende Leistungen:
- Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Arbeitslosengeld, Konkursausfallgeld und vergleichbare Leistungen,
- Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Altersgeld und vorzeitiges Altersgeld der Altershilfe für Landwirte,
- Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
- Leistungen nach § 10 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes,
- Ruhegehalt sowie Unfallruhegehalt und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis,
- Rente von öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen,
- Berufsschadensausgleich, vorstehende Leistungen, wenn sie von einem Träger im Ausland erbracht werden.
Ferner ist auch das Hinzutreten oder die Veränderung von Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Abfindung oder eine Heimaufnahme sowie von Leistungen nach § 10 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes unverzüglich mitzuteilen.

Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung.

Der letzte Absatz stiftet insofern zunächst Verwirrung, als es doch genauen Lesens und intensiverer Überlegungen bedarf, ob nun eine eigene Altersrente zu melden ist oder nicht, ist doch zunächst davon die Rede, „das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen (u.a. Rente von öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen) seien mitzuteilen“, dann jedoch hinzugefügt wird, die „Meldung von Veränderungen erübrige sich bei … Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung“. Es ist fraglich, ob ein Nichtjurist und Laie bei einfachsten und ganz naheliegenden Überlegungen überhaupt in der Lage ist zu begreifen, dass das Hinzutreten einer (neuen) Rente zu melden ist, eine Veränderung in der bisherigen Rente aber nicht (a.A. [eindeutig erkennbare Formulierung] LSG Hessen, 30.01.2015, L 5 R 390/12, Rn. 61, juris; wie hier: LSG Hessen, 27.01.2012, L 5 R 395/10, Rn. 62, juris). Dies lässt der Senat offen, denn selbst wenn unterstellt wird, ein normaler Versicherter sei hierzu in der Lage, folgt aus der Belehrung jedenfalls nicht, dass die Mitteilung ausnahmslos an die für die Auszahlung der Witwenrente zuständige interne Stelle zu erfolgen hat. Das Hinzutreten der Rente sei „uns“ mitzuteilen, heißt es in der Belehrung. Der Rentenbescheid stammt aber von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und nicht ausdrücklich von einer dortigen bestimmten Abteilung. Wenn nun ein Versicherter eine eigene Rente bei der Antrags- und Beratungsstelle der Beklagten beantragt und hierbei - wie von der Klägerin unwiderlegt behauptet - auf die laufende Witwenrente hinweist, kommt die Information, dass nunmehr zwei Renten im Raum sind, aus Laiensicht bei der zuständigen Stelle („uns“) an. Insofern unterscheidet sich der Fall grundlegend von dem des LSG Hessen (30.01.2015 a.a.O.), worin die dortige Klägerin ihren eigenen Altersrentenbezug offenbar überhaupt nicht mitgeteilt hat (a.A. als hier offenbar LSG Sachsen, 07.03.2019, L 5 R 1112/15; LSG Baden-Württemberg 27.07.2022, L 5 R 1134/22, jeweils von der Beklagten zitiert, aber nicht veröffentlicht).

2. Auch liegt - entgegen den Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung - kein Fall des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor (Kenntnis/grobe Unkenntnis vom teilweisen Wegfall/Ruhen des Anspruchs).
Dass die Klägerin von der Überzahlung bis zum Anhörungsschreiben nichts wusste, hat sie zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.05.2023 glaubhaft versichert. Aber auch von grob fahrlässiger Unkenntnis konnte sich der Senat nicht überzeugen. Ob eine betroffene Person die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, ist - wie bereits oben im Zusammenhang mit § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X dargestellt - nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen, d.h. es ist bei der Beurteilung ein subjektiver Maßstab anzulegen (Brandenburg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 141 m.w.N.). Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, die Klägerin sei im Bescheid vom 22.04.1992 darüber belehrt worden, dass u.a. eine Rente Einfluss auf die Rentenhöhe haben kann, auch wurde die Klägerin in diesem Bescheid unter „Hinweise“ darüber aufgeklärt, in welcher prozentualen Höhe solches Erwerbsersatzeinkommen auf die Witwenrente anzurechnen ist. Allerdings ergibt sich aus der Belehrung über die Anrechnung auch, dass es einen dynamischen Freibetrag gibt und somit eine Anrechnung erst erfolgt, wenn das Erwerbsersatzeinkommen diesen Freibetrag übersteigt. Wie hoch dieser Freibetrag war, lässt sich der Belehrung nicht entnehmen, so dass es für die Klägerin nicht möglich war, einen möglichen Anrechnungsbetrag selbst zu berechnen (wie hier LSG Baden-Württemberg 17.05.2018, L 10 R 3025/17, Rn. 25, juris). Hinzu kommt, dass sie - wie oben ausgeführt - nach ihrem unwiderlegten Vortrag den Bezug der Witwenrente bei Antragstellung ihrer Altersrente mitgeteilt hatte und insofern darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde ihre Renten richtig berechnen. Dies gilt umso mehr, als es mindestens seit 2007 Rentenanpassungsmitteilungen seitens der Beklagten gab, in denen beide Renten nebeneinander aufgeführt waren (vgl. Bl. 38 SG-Akte, außerdem Hinweis auf eine weitere Rentenanpassungsmitteilung aus 2007 im Protokoll vom 05.12.2022, Bl. 83 SG-Akte). Beide Renten wurden zudem auf dasselbe Konto der Klägerin überwiesen. Wird zuletzt noch berücksichtigt, dass die von der Klägerin bezogene Altersrente letztlich nur zu einer Anrechnung in geringer Höhe führte (zwischen 43,26 DM monatlich ab 01.10.1993 und zuletzt 68,74 € ab 01.07.2021), kann der Klägerin im Ergebnis nicht vorgeworfen werden, die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt zu haben, als ihr die Überzahlung nicht auffiel.

Da somit die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Witwenrentenbewilligung nach Ablauf der 10-Jahres-Frist nicht erfüllt sind, konnte der Aufhebungsbescheid der Beklagten keinen Bestand haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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