L 10 KR 297/21 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 2080/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 297/21 KH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 08.03.2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.361,64 € festgesetzt.

 

Tatbestand:

 

 

Die Beteiligten streiten – noch – über die Verzinsung einer Krankenhausabrechnung, insbesondere darüber, wann diese fällig geworden ist.

 

Die Klägerin betreibt ein Plankrankenhaus (iSd § 108 Nr 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>). Dort behandelte sie in der Zeit vom 09.09.2020 bis 10.09.2020 Frau K. T. (* 00.00.1958) unter der Diagnose C34.9 (ICD-10-GM: Bösartige Neubildung: Bronchus oder Lunge, nicht näher bezeichnet) stationär mit einer Chemotherapie. Hierfür berechnete die Klägerin der Beklagten, bei der die Patientin gegen Krankheit versichert war, insgesamt 1.361,64 € (Datenträgeraustausch <DTA> vom 24.09.2020). Dabei kodierte sie ua den Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-543.12 (Mittelgradig komplexe und intensive Chemotherapie; ein Tag, zwei Medikamente). Die Beklagte teilte der Klägerin hierauf mit, dass der Fall ambulant abzurechnen sei. Es handele sich um die vollstationäre Abrechnung einer ambulant erbringbaren Leistung. Gründe für die stationäre Durchführung lägen der Beklagten nicht vor. Die Rechnung beglich die Beklagte nicht.

 

Die Klägerin hat daraufhin am einen 20.12.2020 Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.

 

Sie hat vorgetragen, die Beklagte sei nach einer ordnungsgemäß übermittelten Krankenhausrechnung verpflichtet, die vollständigen Behandlungskosten zu zahlen; die Zahlungsfrist habe nach § 417 SGB V (idF des COVID-19-Entlastungsgesetzes vom 27.03.2020, BGBl I 580; fortan: alte Fassung <aF>) fünf Tage nach Rechnungseingang betragen.

 

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.361,64 € nebst Zinsen iHv 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2020 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie hat vorgetragen, die eingeklagte Forderung sei nicht fällig geworden. Es fehle an einer einzelfallbezogenen (Kurz-)Begründung als Teil der nach § 301 SGB V zu übermittelnden Daten. Auch § 417 SGB V aF setze fällige Rechnungen voraus, begründe aber nicht für sich genommen die Fälligkeit. Die Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten.

 

Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.361,64 € nebst Zinsen iHv 2 Prozentpunkten seit dem 30.09.2020 zu zahlen (Gerichtsbescheid vom 08.03.2021). Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung aufgrund der vollstationären Krankenhausbehandlung der Versicherten. Gemäß § 417 SGB V aF habe die Beklagte innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu zahlen gehabt. Es lägen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, dass die Rechnung vom 24.09.2020 nicht fällig geworden sei. In § 301 SGB V sei nicht vorgesehen, dass das Krankenhaus die stationäre Behandlungsbedürftigkeit begründe. Eine solche Begründung sei nur in den Fällen erforderlich, in denen regelhaft eine ambulante Behandlung ausreichend sei. Vorliegend seien aus den Daten nach § 301 SGB V keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Behandlung der Versicherten regelhaft ambulant hätte durchgeführt werden können. Die bei der Versicherten durchgeführte Prozedur sei nicht in dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V im Krankenhaus (AOP-Katalog) aufgeführt. Auch lägen keine Anhaltspunkte für eine offenkundig zweifelhafte Abrechnung vor. Die Fälligkeit der Rechnung im Geltungsbereich des § 417 SGB V aF dürfe im vorliegenden Fall nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft werden.

 

Hiergegen hat die Beklagte am 19.04.2021 Berufung eingelegt.

 

Zur Begründung hat sie zunächst ihr Klagevorbringen wiederholt und vertieft.

 

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte, nachdem die Klägerin (mit Schriftsatz vom 07.09.2022) zuvor weitere Einzelheiten zur stattgehabten Blockchemotherapie und insbesondere dem dabei eingesetzten Medikament vorgetragen hat, 1.361,64 € nebst Zinsen ab 24.09.2022 an die Klägerin gezahlt. „Rein vorsorglich“ hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Zahlung ausdrücklich kein Anerkenntnis der Klageforderung darstelle.

 

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit daraufhin hinsichtlich der Hauptforderung iHv 1.361,64 € sowie hinsichtlich des Zinsanspruchs für die Zeit ab dem 24.09.2022 übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hat überdies die Klage zurückgenommen, soweit diese den Zinsanspruch für den 30.09.2020 betraf.

 

Die Beklagte beantragt nunmehr noch,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 08.03.2021 aufzuheben, soweit die Beklagte darin zur Zahlung von Zinsen für die Zeit vom 01.10.2020 bis 23.09.2022 verurteilt worden ist.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hat ergänzend vorgetragen, dass der vorliegend kodierte OPS 8-543.12 nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geführt werde. Auch sei anhand des OPS-Katalogs nicht zu erkennen, welche Chemotherapie konkret erbracht worden sei; dieser gebe nur vor, welche Chemotherapie-Protokolle kodiert würden. Im vorliegenden Fall sei eine Chemotherapie mit Vindesin und Cisplantin durchgeführt worden. Diese laufe über 24 h und wirke nephrotoxisch. Aus diesem Grund habe die Versicherte auch gewässert und hätten die Nierenfunktionsparameter kontrolliert werden müssen. Die stationäre Behandlung sei demnach erforderlich gewesen. Die Schwere der Erkrankung und die Intensität der Behandlung hätten sich schon aus den per DTA übermittelten Daten ergeben. Hätte die Beklagte den Medizinischen Dienst (MD) hinzugezogen, dann hätte dieser schon unter Berücksichtigung der per DTA übermittelten Informationen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung bestätigt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der Beiakten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat das Verfahren in der Hauptsache seine Erledigung gefunden. Der Senat hat insoweit allein noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 197a Abs 1 S 1 Hs 3 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 161 Abs 2 S 1 Hs 1 Verwaltungsgerichtsordnung <VwGO>; dazu unten).

 

Ebenfalls erledigt ist der Rechtsstreit, soweit die Klägerin ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat teilweise zurückgenommen hat (§ 102 Abs 1 S 2 SGG).

 

Im Übrigen – dh wegen des Zinsanspruchs für die Zeit vom 01.10.2020 bis einschließlich 23.09.2022 – ist die Berufung der Beklagten zulässig, aber unbegründet.

 

1. Der Zulässigkeit der Berufung steht insbesondere nicht entgegen, dass mit dem Zinsanspruch lediglich noch eine Nebenforderung streitbefangen ist, die zudem den Berufungsstreitwert von mehr als 750 € (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG) nicht erreicht. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung. Sinkt der Streitwert im Berufungsverfahren unter die genannte Grenze, macht dies die Berufung nicht unzulässig (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 144 Rn 19 mwN). Bedenken gegen die Zulässigkeit der ursprünglichen Berufung bestehen schon angesichts des ursprünglichen Berufungsstreitwerts (iHv 1.361,64 €) nicht.

 

2. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von Zinsen für die Zeit vom 01.10.2020 bis 23.09.2022 verurteilt.

 

Rechtsgrundlage des Zinsanspruchs ist § 15 Abs 1 S 4 des Vertrages nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung – für Nordrhein-Westfalen. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreitung des Zahlungsziels nach Maßgabe der §§ 284, 285, 288 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Verzugszinsen iHv 2 vH über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen.

 

Nach diesen Maßstäben war die Vergütungsforderung ab dem 01.10.2020 zu verzinsen. Dass der Klägerin der geltend gemachte Vergütungsanspruch zukommt, ist auch zwischen den Beteiligten nicht (mehr) umstritten, nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren weitere Einzelheiten zu der durchgeführten Blockchemotherapie vorgetragen hat. Dementsprechend hat die Beklagte die Klageforderung in der Hauptsache beglichen. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlte es auch nicht an einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung.

 

a) Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung ist Grundvoraussetzung für die Fälligkeit eines entstandenen Anspruchs auf Vergütung von Krankenhausbehandlung eines Versicherten. Eine solche formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen (BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R, amtl Rn 10). Zur hiernach gebotenen Information gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den "Grund der Aufnahme" und damit eine der zentralen Angaben, die eine Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt (vgl § 301 Abs 1 Nr 3 SGB V). Lassen weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste, hat das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen (Zum Ganzen BSG, aaO Rn 11; Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 27/13 R, amtl Rn 21; vgl auch bereits BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R, juris Rn 34; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, juris Rn 16).

 

b) Die von der Klägerin am 24.09.2020 übermittelten Angaben genügten den gesetzlichen Anforderungen. Es kann daher dahinstehen, ob § 301 Abs 1 Nr 3 SGB V auch dann ergänzende Angaben zum "Grund der Aufnahme" verlangt, wenn nicht im Streit steht, ob eine regelhaft ambulante Leistung ausnahmsweise stationär erbracht wird, sondern ob überhaupt eine regelhaft ambulante Behandlung vorliegt.

 

aa) § 301 Abs 1 S 1 Nr 3 und 6 SGB V verlangt lediglich, den Grund der Aufnahme bzw die Art der im oder vom jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Operationen und sonstigen Prozeduren zu übermitteln. Hintergrund ist die dreistufige Abrechnungsprüfung zwischen Krankenhäusern und -kassen (dazu BSG, Urteil vom 27.11.2014 – B 3 KR 7/13 R, amtl Rn 16; Urteil vom 13.11.2012 – B 1 KR 14/12 R, amtl Rn 29; vgl auch bereits Senatsurteil vom 16.02.2022 – L 10 KR 385/21 KH, juris Rn 57). Danach hat das Krankenhaus auf der ersten Stufe der Sachverhaltserhebung zunächst alle Angaben nach § 301 Abs 1 SGB V zu machen, und zwar zutreffend und vollständig. Erschließen sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch idR nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der gebotenen Angaben nach § 301 SGB V oder eines etwaigen Kurzberichts nicht selbst, ist erst auf der zweiten Stufe ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V einzuleiten (vgl BSG, Urteil vom 13.11.2012, aaO). Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung und tritt damit Fälligkeit nicht ein, kommt die Abrechnungsprüfung aber nicht über die erste Stufe hinaus (vgl BSG, Urteil vom 13.11.2012, aaO Rn 30 f; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, amtl Rn 13; jeweils zum Fristbeginn nach § 275 Abs 1c S 2 SGB V aF). Vor diesem Hintergrund geht allerdings der Hinweis der Klägerin fehl, die Beklagte hätte, hätte sie den MD hinzugezogen, schon unter Berücksichtigung der per DTA übermittelten Informationen die Erforderlichkeit der stationären Behandlung erkennen können. Denn die Einschaltung des MD auf zweiter und erst recht dritter Stufe setzt eine fällige Abrechnung gerade voraus.

 

bb) Ergänzende Angaben zum Grund der Aufnahme sind grds nur dann erforderlich, wenn eine Behandlung normativ, dh durch Rechtsvorschriften, Normverträge etc, dem ambulanten Bereich zugewiesen ist (vgl dazu etwa BSG, Urteil vom 16.05.2012, aaO Rn 34, dort zu den ehem Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs 1 SGB V <BUB-RL>; Urteil vom 21.03.2013, aaO Rn 21 f, zum AOP-Katalog; Urteil vom 21.04.2015, aaO Rn 12, zur Applikation eines nicht in OPS-Kap 6-00 genannten Medikaments; ähnlich auch BSG, Urteil vom 17.09.2013 – B 1 KR 51/12 R, juris Rn 26, dort zur str Auslegung oder Anwendung von Abrechnungsvorschriften). Die Prüfung derartiger normativer Voraussetzungen entspricht der Funktion der ersten Stufe der Abrechnungsprüfung, weil sie regelmäßig auch ohne besondere medizinische Ausbildung handhabbar ist. Eine vertiefte medizinische Prüfung losgelöst von einem normativen Gerüst würde dagegen die erste Stufe überfrachten, zumal die dort tätigen Mitarbeiter der Krankenkassen idR eben über keine besondere medizinische Ausbildung verfügen. Der Standard bzw das jeweilige Standardvorgehen muss sich für die Mitarbeiter der Krankenkasse anhand eindeutiger, klar festgelegter Kriterien ergeben (so bereits Senatsurteil vom 16.02.2022, aaO Rn 57). Die Hinzuziehung in Gestalt des MD ist dementsprechend erst auf zweiter und dritter Stufe vorgesehen.

 

cc) Eine solche normative Zuweisung liegt hier aber nicht vor. Insbesondere ist die Blockchemotherapie iSd OPS 8-543 nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin weder im AOP-Katalog noch im EBM gelistet. Weitere Regelwerke, aus denen sich eine normative Zuweisung ergeben könnte, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

 

dd) Inwieweit ergänzende Angaben zum Grund der Aufnahme auch dann erforderlich sind, wenn es eine "generelle Tatsache" ist, dass die Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst regelmäßig ambulant erbracht werden kann (vgl zur extrakorporalen Stoßwellentherapie BSG, Urteil vom 14.10.2014, aaO Rn 16, 20; zum Begriff der generellen Tatsache Heinz in BeckOGK-SGG <Stand: 01.11.2022>, § 163 Rn 21), und nach welchen Maßstäben dies ggf zu beurteilen ist, mag dahinstehen. Denn vorliegend ist weder streitig noch eine generelle Tatsache, dass die in Rede stehende Blockchemotherapie regelhaft ambulant zu erbringen wäre. Auch die Beteiligten sind sich iErg einig, dass die streitbefangene Blockchemotherapie stationäre Krankenhausbehandlung erforderte.

 

Der hier einschlägige OPS 8-543 erfasst eine derartige Vielzahl unterschiedlicher Blockchemotherapien, dass eine pauschale Einordnung aller abbildbaren Behandlungen ausscheidet. Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dementsprechend übereinstimmend dahingehend eingelassen, dass unter den abbildbaren Blockchemotherapien sowohl solche sind, die regelhaft ambulant erbringbar sind, aber auch solche, die stets stationäre Krankenhausbehandlung bedingen. Auch die fünfstelligen Kodes differenzieren lediglich nach der Dauer des Chemotherapieblocks in Tagen und der Anzahl der applizierten Medikamente (vorliegend OPS 8-543.12 = ein Tag, zwei Medikamente), eine weitere Differenzierung etwa nach der Art der eingesetzten Medikamente ist dagegen nicht abbildbar. Auch die Beklagte hat hierzu eingeräumt, dass es für die Frage der regelhaft ambulanten oder stationären Erbringbarkeit wesentlich auf die Art der eingesetzten Medikamente ankommen kann; nicht alle chemotherapeutischen Mittel seien nephrotoxisch. Hieraus ergibt sich, dass bei dem OPS 8-543 nicht generell von einer regelhaft ambulant erbringbaren Behandlung ausgegangen werden kann.

 

Dass die vorliegend durchgeführte Behandlung in Form der Blockchemotherapie angesichts der eingesetzten Medikamente stationär zu erbringen war, wird auch von den Beteiligten (nicht) mehr in Zweifel gezogen.

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Hs 3 SGG iVm §§ 161 Abs 2 S 1, 155 Abs 1 S 3 VwGO.

 

a) Soweit über die Zinsforderung noch streitig zu entscheiden war, hat die Beklagte die Kosten zu tragen. Dies folgt jedenfalls aus § 154 Abs 2 VwGO.

 

b) Nichts anderes gilt iErg hinsichtlich der Zinsforderung für den 30.09.2020. Zwar hat die Klägerin insoweit ihre Klage zurückgenommen. Von der Kostenfolge des § 155 Abs 2 VwGO hat der Senat hier aber gemäß § 155 Abs 1 S 3 VwGO eine Ausnahme gemacht. Danach können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Dies ist hier der Fall, weil die Klägerin lediglich in Bezug auf die Zinsen als Nebenforderung zur ursprünglichen Hauptforderung (vgl dazu § 43 Abs 1 Gerichtskostengesetz <GKG>) und insoweit auch bloß für einen einzelnen Tag unterlegen ist (zur Anwendbarkeit des § 155 Abs 1 S 3 VwGO bei Teilrücknahmen vgl Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl 2018, § 155 Rn 12).

 

c) Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat der Senat gemäß § 161 Abs 2 S 1 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens entschieden (Hs 1; zur Entscheidung im Urteil statt durch Beschluss bei nur teilweiser Erledigung BVerwG, Beschluss vom 07.08.1998 – 4 B 75/98, juris Rn 2); der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen (Hs 2). Vorliegend entspricht es der Billigkeit, der Beklagten die Kosten in beiden Rechtszügen aufzuerlegen, weil die Klage zulässig und begründet war. Insbesondere war die Rechnung aus den oben (unter 2) ausgeführten Gründen auch fällig. Dies gilt für Haupt- ebenso wie für die Zinsforderung. Die Beklagte kann insoweit auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe die Klageforderung unmittelbar beglichen, nachdem die Klägerin im Berufungsverfahren weitere Einzelheiten zu der streitbefangenen Blockchemotherapie vorgetragen hat, denn die Rechnung war - wie aufgeführt - von Anfang an fällig. Auf § 156 VwGO kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Unabhängig davon, wäre dieser ohnehin nicht einschlägig, weil die Beklagte ausdrücklich gerade kein Anerkenntnis abgegeben hat.

 

4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Hs 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 S 1, 52 Abs 1, 47 Abs 1 S 1 GKG.

 

5. Die Revision hat der Senat gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen von einer "regelhaft ambulant erbringbaren" Behandlung auszugehen ist, zu der das Krankenhaus der Krankenkasse gemäß § 301 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V weitere Angaben zum Grund der Aufnahme zu übermitteln hat, ist von grundsätzlicher Bedeutung.

 

Rechtskraft
Aus
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