L 12 R 30/22

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Oldenburg (NSB)
Aktenzeichen
S 82 R 418/20
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 12 R 30/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 17.12.2020 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Der 1957 geborene Kläger hat am 3.9.2020 vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg Klage „auf sofortige Zahlung der Erwerbunfähigkeitsrente (Antrag aus 02.2017)“ erhoben.

Die Beklagte hat dem Begehren des Klägers entgegengehalten, sie habe „in Ermangelung eines Rentenantrages kein Verwaltungsverfahren nebst Bescheiderteilung und Widerspruchsverfahren durchgeführt“.

Das SG hat daraufhin gegenüber den Beteiligten erklärt, dass jedenfalls die Klageschrift einen formlosen Rentenantrag enthalte. Im Anschluss hat die Beklagte dem Kläger die erforderlichen Vordrucke übersandt. Am 28.10.2020 sind diese vom Kläger ausgefüllt beim SG eingegangen, das sie an die Beklagte weitergeleitet hat.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2020, dem Kläger ausweislich Postzustellurkunde (letzte Seite des PKH-Beihefts) zugestellt am 19.12.2020, hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, diese sei bereits unzulässig, da kein streitiges Rechtsverhältnis erkennbar sei, gegen das sich der Kläger mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bzw. Untätigkeitsklage wenden könne. Es finde sich kein Rentenantrag aus Februar 2017.

Mit Schriftsatz vom 9.8.2021, beim SG eingegangen am 10.8.2021, hat der Kläger Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben. Mit Schriftsatz vom „23.02.2020“, beim Landessozialgericht (LSG) eingegangen am 2.3.2022, hat er den Dienststellenleiter aufgefordert, persönlich zu erscheinen und zu erklären, weshalb seine Widersprüche nicht bearbeitet würden. Er hat erklärt, den Rentenantrag per Einschreiben versandt und in Kopie vorliegen zu haben. Der letztgenannte Schriftsatz ist beim LSG als Berufung eingetragen worden. Auf wiederholte Nachfrage des Senats vom 30.3.2022 bzw. vom 24.5.2022 hat der Kläger am 14.6.2022 geantwortet, „selbstverständlich“ handele es sich um eine Berufung. Er benötige dringend ärztliche Hilfe, verfüge aber seit 2017 über keinen Krankenversicherungsschutz.

 

Der Kläger hat keinen Antrag formuliert.

 

Die Beklagte beantragt,

 

              die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise sie abzuweisen.

 

Mit Schreiben vom 30.3.2022, vom 16.6.2022 und vom 12.7.2022 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass mit seinem am 2.3.2022 eingegangenen Schriftsatz die Berufungsfrist von einem Monat nicht gewahrt sein dürfte.

 

Mit Bescheid vom 26.8.2022 hat die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte ab März 2022 bewilligt. Am 19.9.2022 hat der Kläger beim LSG einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat vorgetragen, ihm sei zwar die Rente bewilligt worden, er habe aber kein Geld erhalten. Diesen Antrag hat das LSG mit Beschluss vom 22.12.2022 abgelehnt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren und zu den Verfahren zu den Aktenzeichen L 12 R 95/22 ER, L 2 KN 48/10, L 12 R 145/12 B ER, S 8 R 250/12 und L 12 R 26/15 sowie der Auszüge aus der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung des Senats zugrunde gelegen haben.

Entscheidungsgründe

 

Der Senat hat über die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 SGG in der Besetzung mit seinem Berichterstatter und den ehrenamtlichen Richtern entscheiden können, nachdem er sie nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20.9.2022 entsprechend übertragen hatte.

 

Der Kläger hat weder schriftsätzlich noch im Termin zu mündlichen Verhandlung einen Antrag formuliert. Seinem Vorbringen insgesamt ist jedoch im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass er hat beantragen wollen, den Gerichtsbescheid des SG Oldenburg vom 17.12.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen „Antrag aus 02/2017“ eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

 

Die Berufung ist bereits unzulässig, weil sie nicht innerhalb der für sie geltenden Frist von einem Monat nach Zustellung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden ist. Denn der Gerichtsbescheid des SG vom 17.12.2020 ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde bereits am 19.12.2020 zugestellt worden. Die einmonatige Berufungsfrist hat demnach am 19.1.2021 geendet. Es kann dahinstehen, ob bereits die Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers vom 9.8.2021 (beim SG eingegangen am 10.8.2021) oder der Schriftsatz vom „23.02.2020“ (beim LSG eingegangen am 2.3.2022) oder aber erst der Schriftsatz vom 12.6.2022 (beim LSG eingegangen am 16.6.2022) eine Berufung enthalten hat. Denn alle genannten Schriftsätze sind erst nach dem 19.1.2021 bei Gericht eingegangen. Dass dem Kläger der Gerichtsbescheid erst später als auf der Postzustellungsurkunde ausgewiesen zugestellt worden sei oder aber, dass er bereits vor dem 20.1.2021 Berufung eingelegt habe, hat er trotz der wiederholten Hinweise des Senats auf die Fristenproblematik nicht geltend gemacht.

 

Die Berufung ist daher nach § 158 Abs. 1 Satz 1 SGG zu verwerfen gewesen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

 

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

 

 

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

I. Rechtsmittelbelehrung

Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

 

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse müssen die Beschwerde als elektronisches Dokument übermitteln (§ 65d Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

 

Anschriften des Bundessozialgerichts:

bei Brief und Postkarte          bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen

34114 Kassel                         Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

Telefax-Nummer:

0561-3107475

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

  • von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder
  • von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 SGG eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Informationen hierzu können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

 

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

  1. Rechtsanwälte,
  2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,
  3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
  4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
  5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
  6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,
  7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die Organisationen zu den Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

 

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

 

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse müssen die Begründung als elektronisches Dokument übermitteln (§ 65d Satz 1 SGG).

 

In der Begründung muss dargelegt werden, dass

  • die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
  • die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
  • ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

 

 

 

 

Dr. D.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

 

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären. Rechtsanwälte, Behörden oder juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse müssen den Antrag als elektronisches Dokument übermitteln (§ 65d Satz 1 SGG).

 

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.

 

Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein. Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

 

III. Ergänzende Hinweise

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

Rechtskraft
Aus
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