L 16 BA 134/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 2153/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 BA 134/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

 

1. Eine zahnmedizinische Fachangestellte mit Weiterbildung in den Bereichen Abrechnung und Verwaltung mit geringem Unternehmerrisiko, die unter kostenloser Nutzung der Praxisinfrastruktur einschließlich Praxissoftware mit -lizenz persönlich Heil- und Kostenpläne erstellt, erläutert und abrechnet und Erstattungsfragen beantwortet, ist abhängig beschäftigt. Die Korrespondenz mit Patienten und Kostenerstattern auf dem Briefkopf der Praxis, ein Arbeitsplatz hinter der Empfangstheke, die Teilnahme an Besprechungen und die Überwachung durch die Praxisinhaber führen zu einer funktionsgerecht dienenden Eingliederung der Fachangestellten in die betrieblichen Praxisabläufe.

2. Auch ohne ständige Einzelanweisungen der Praxisinhaber kann eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit, Art und Weise der Verrichtung einer Tätigkeit vorliegen, wenn die vorgegebene Aufgabe näherer Ausgestaltung bedarf.

3. Bei einer erfolgsunabhängigen festen Stundenvergütung ist die Vergütungshöhe nur ein zu berücksichtigendes Indiz in der Gesamtabwägung.

 

I.      Auf die Berufung wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11. Juli 2019 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 abgewiesen.

II.     Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.    Die Revision wird nicht zugelassen.

T a t b e s t a n d :

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) streitig, ob die Tätigkeit der Klägerin und Berufungsbeklagten (im folgenden Klägerin) im Bereich der zahnmedizinischen Abrechnung bei den Beigeladenen zu 1 vom 05.05.2013 bis ca. April 2015 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Die Beigeladenen zu 1 betreiben eine Zahnarztpraxis in S. Die Klägerin ist zahnmedizinische Fachangestellte mit Weiterbildungen in der Abrechnung und Verwaltung. Die Klägerin war seit dem 05.05.2013 und etwa bis April 2015 für die Beigeladenen zu 1 tätig. Nach dem Vertrag über eine freie Mitarbeit vom 26.06.2013 hatte die Klägerin folgende Aufgaben: Praxisempfang, Erstellen und Abrechnen von Heil- und Kostenplänen, Erläuterung der Heil- und Kostenpläne bei Patientenanfragen, Briefverkehr bei Erstattungsproblemen, Schriftverkehr mit den Patientinnen/Patienten und gegebenenfalls den Kostenerstattern. Nach § 1 dieses Vertrages unterlag die Klägerin bei der Durchführung der Tätigkeiten keinen Weisungen und war in der Gestaltung ihrer Tätigkeit selbstständig und frei. Auf die betrieblichen Belange war jedoch Rücksicht zu nehmen. Sie war verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Die Hinzuziehung eigener Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter oder die Vergabe von Unteraufträgen bedurften der vorherigen Zustimmung der Beigeladenen zu 1. Gegenüber Angestellten der Beigeladenen zu 1 hatte sie keine Weisungsbefugnis. Der Vertrag wurde mit Wirkung vom 05.05.2013 auf unbestimmte Zeit geschlossen und war mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündbar. Es wurde ausdrücklich geregelt, dass durch diesen Vertrag kein Arbeitsverhältnis begründet werde. Nach § 3 des Vertrages legte die Klägerin die Tage, die Zeiteinteilung an diesen Tagen und den Ort ihrer Tätigkeit selbst in der Weise fest, dass sie eine optimale Effizienz bei ihrer Tätigkeit und bei der Realisierung des Vertragszweckes erzielte. Sie konnte die technischen Einrichtungen am Sitz der Beigeladenen zu 1 kostenlos nutzen. Es war vorgesehen, dass sie etwa sechs Stunden pro Woche für die Beigeladenen zu 1 tätig war. Als Vergütung wurde ein Stundenhonorar von 50 € zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die Vergütung wurde nur für tatsächlich geleistete Stunden nach Vorlage eines Stundennachweises gezahlt. Eine Rechnung war jeweils bis zum 15. des Folgemonats zu stellen. Die Klägerin erhielt keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und sollte keine Urlaubsansprüche haben. Steuern und Abgaben waren von der Klägerin zu entrichten, ebenso musste sie für Krankenversicherung und Altersvorsorge selbst Sorge tragen. Nach § 5 des Vertrages war die Klägerin verpflichtet, die Beigeladenen zu 1 laufend über den Stand ihrer Tätigkeit unaufgefordert zu unterrichten. Der Vertrag enthielt zudem eine Verschwiegenheitsverpflichtung. Die Klägerin durfte auch für andere Auftraggeber tätig sein. Sie sollte für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben haften.

Die Klägerin war im maßgeblichen Zeitraum noch für zwei weitere Ärzte sowie als Schmuckdesignerin tätig.

Ihr Aufgabenbereich bei den Beigeladenen zu 1 war einmal - vor der Ausführung der ersten Tätigkeit - besprochen worden und sie hatte ihre Aufgaben zugeteilt erhalten. Seitdem entschied sie, was zu tun war und wann sie es tat. Sie kontrollierte die Karteikarten der Patientinnen und Patienten und beantwortete Erstattungsfragen. Die Erstellung und Abrechnung der Heil- und Kostenpläne bearbeitete sie ausschließlich in der Praxis, da sie die Software nicht auf ihrem PC zuhause installiert hatte. Zudem mussten die Heil- und Kostenpläne auf rosa Papier in der Praxis verbleiben.

In der Praxis verwendete die Klägerin den Computer, den Drucker, das Telefon und das vorhandene Büromaterial, sie nutzte das Abrechnungsprogramm der Praxis. Der Computer, an dem sie arbeitete, stand hinter der Empfangstheke.

Grundsätzlich ergaben sich ihre Aufgaben selbsterklärend aus der digitalen Karteikarte. Dort wurden Termine gespeichert und Behandlungen hinterlegt, sodass für die Klägerin jeden Tag erkennbar war, was sie zu tun hatte und wann. Anhand des Terminbuches konnte die Klägerin feststellen, welche Patientinnen/Patienten behandelt worden waren und auf welche Weise. Daraufhin suchte sie sich die Unterlagen heraus, die zur Abrechnung anstanden. Sie sammelte die Rechnungen im Online-Postfach und versandte sie am Stichtag an die Krankenkassen, bei Privatleistungen schickte sie diese direkt heraus. Wenn sie Abrechnungen verschickte, teilte sie dies den Beigeladenen zu 1 mit. Bei Nachfragen hielt sie mit den Beigeladenen zu 1 Rücksprache, da sie auf deren Sachinformationen angewiesen war.

Den Schriftwechsel mit Versicherern und Patientinnen/Patienten führte sie auf dem Briefpapier der Zahnarztpraxis und unterschrieb "im Auftrag". Für die Abrechnungen und den Schriftverkehr mit den Versicherten nutzte die Klägerin die E-Mail-Adresse der Zahnarztpraxis. Je nach Arbeitsaufwand war sie an zwei Tagen der Woche zwischen acht und zehn Stunden wöchentlich vor Ort in der Praxis.

Die Klägerin arbeitete zusätzlich je nach Aufwand bezüglich des von ihr nach mündlicher Vereinbarung auch übernommenen Qualitätsmanagements von zuhause aus. Dort verfügte sie über einen extra Büroraum, in dem sich ein Bildschirm, ein PC, ein Telefon und alle Materialien befanden, die sie benötigte. Hier verwendete sie ihren eigenen PC für das Qualitätsmanagement.
Im Rahmen des Aufbaus und der Durchführung des Qualitätsmanagements kümmerte sich die Klägerin um die Dokumentation von Arbeitsabläufen, Arbeitsanweisungen und Gebrauchsanweisungen aller Produkte, welche die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) den Praxen vorgibt.

Die Klägerin verlangte für die Arbeiten, die sie von zuhause aus verrichtete, einen niedrigeren Preis (unter 50 € einschließlich Mehrwertsteuer) als für Tätigkeiten, die sie in der Praxis verrichtete (über 50 € einschließlich Mehrwertsteuer).

Eine Direktabnahme ihrer Arbeit erfolgte nicht, mit Ausnahme der termingerechten Ausführung wurden keine Vorgaben gemacht. Es erfolgte insoweit eine indirekte Kontrolle, als die geleistete Arbeit in der Praxissoftware hinterlegt wurde; so war für die Beigeladenen zu 1 beim Öffnen einer Patientenkartei sofort ersichtlich, ob Einträge bearbeitet worden waren. Bei Abrechnungen im Bereich der Privatversicherung überprüften die Beigeladenen zu 1 stichprobenartig, ob diese korrekt waren. Bei gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten ergaben sich die Zeitvorgaben für die Abrechnungen aus den Stichtagen der KZVB, bei Privatpatientinnen/-patienten war zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 vereinbart, dass die Abrechnung etwa zwei Wochen nach Behandlungsabschluss erfolgen sollte.

Es hatte sich so eingebürgert, dass die Klägerin ihre Arbeit in der Praxis am Montag und Mittwoch verrichtete, um Patientinnen/Patienten mit ihren Erstattungsfragen einen Termin nennen zu können. Wenn sie an diesen Tagen verhindert war, gab sie Bescheid und schickte eine E-Mail oder SMS. Sie musste die Arbeit selbst erbringen, die Arbeiten blieben bei Verhinderung liegen oder die Beigeladenen zu 1 übernahmen diese in dringenden Fällen selbst.

An Tagen, an denen die Klägerin in der Praxis arbeitete und eine Besprechung stattfand, nahm sie an einer solchen teil, sonst nicht. Die "Praxis-Uniform" bestand aus weißen Hosen und roten T-Shirts ohne Logo oder Emblem. Wenn die Klägerin in der Praxis war, trug sie freiwillig weiße Hosen und farbige T-Shirts, da der von ihr genutzte PC im Empfangsbereich stand. Gestellt wurden ihr die T-Shirts, anders als den Mitarbeiterinnen am Empfang, nicht.

Die Klägerin hatte eine Betriebshaftpflichtversicherung. Nach dem Versicherungsschein über diese seit dem Jahr 2011 bestehende Versicherung zahlte sie jährlich einen Beitrag von 259,67 € (Stand 7/2015). Für den Fall eines Honorarausfalls durch einen Dienstleistungsfehler hätte sie in Haftung genommen werden können. Zu einer Haftung wegen Schlechtleistung kam es jedoch nicht. Sie machte wenig Werbung, die Praxen wurden vor allem aufgrund von Mundpropaganda auf sie aufmerksam.

Seit Januar 2015 hatte sie einen Remote-Zugang zum kombinierten Abrechnungs- und Patientenverwaltungsprogramm "Charly" der Beigeladenen zu 1. Ab diesem Zeitpunkt konnte sie sich von überall aus einloggen und auf Patientenakten zugreifen. Sie arbeitete seither mehr Stunden von zuhause aus. Um sich in das Programm "Charly" einwählen zu können, benötigte sie einen eigenen IT-Fachmann, der dieses auf ihrem PC zuhause einrichtete und den sie selbst bezahlte. Eine eigene Lizenz benötigte sie nicht.

Am 24.11.2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie beantragte, dass eine Beschäftigung nicht vorliege.

Die Beigeladenen zu 1 erklärten, dass - abgesehen von der Teilnahme an Besprechungen bei Anwesenheit der Klägerin und dem Tragen von Dienstkleidung - keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation vorhanden sei. Das von der Klägerin vorgegebene Stundenhonorar sei bezahlt worden.

Die Klägerin legte einen Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit vom 27.06.2011 über die Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit - Gründungszuschuss für die Zeit vom 01.06.2011 bis 29.02.2012 vor.

Auf Nachfrage der Beklagten und Berufungsklägerin (im folgenden Beklagte) teilten die Beigeladenen zu 1 mit, eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeiterinnen finde nicht statt, festangestellte Mitarbeiterinnen würden nicht die gleiche Tätigkeit ausüben. Die Klägerin bestätigte im Wesentlichen die Angaben der Beigeladenen zu 1.

Die Beklagte hörte die Klägerin und die Beigeladenen zu 1 mit Schreiben vom 19.03.2015 dazu an, dass beabsichtigt sei, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen und die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festzustellen. Im Rahmen der Anhörung erklärte die Klägerin, auf Nachfrage von Patientinnen/Patienten stelle sie stets ihren wirklichen Status dar.

Mit Bescheiden vom 08.05.2015 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und gegenüber den Beigeladenen zu 1 fest, dass die Klägerin für die Beigeladenen zu 1 seit 05.05.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe keine Versicherungspflicht. Das Versicherungsverhältnis in der sozialen Pflegeversicherung entspreche dem Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung. Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien:

-     Die Aufgaben würden zu Beginn von der Zahnarztpraxis zugeteilt,
-     die Bearbeitung der Patientenakten sowie die Erstellung und Abrechnung der Heil- und Kostenpläne würden ausschließlich in der Praxis mit deren Software ausgeführt,
-     bei personellem Engpass werde beim Praxisempfang ausgeholfen,
-     sie trage Dienstkleidung,
-     bei ihrer Anwesenheit in der Praxis nehme sie an Besprechungen teil,
-     die Tätigkeit werde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation ausgeübt,
-     sie sei verpflichtet, die Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen,
-     sie erhalte eine erfolgsunabhängige Stundenvergütung, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse,
-     sie erbringe die Leistungen im Namen und im Auftrag der Zahnarztpraxis und erscheine nach außen als deren Mitarbeiterin. Im allgemeinen Geschäftsverkehr werde sie daher im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit nicht als Selbständige wahrgenommen,
      unternehmerisches Auftreten sei nicht erkennbar,
-     es bestehe kein erhebliches unternehmerisches Risiko.

Merkmale für eine selbständige Tätigkeit seien:

-     Der geringe Anteil des Qualitätsmanagements werde von zu Hause ausgeübt und
-     sie sei für mehrere Auftraggeber tätig.

Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladenen zu 1 legten jeweils Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.05.2015 ein. Die Beigeladenen zu 1 erklärten, dass die Klägerin allein für die Erstellung der Heil- und Kostenpläne verantwortlich sei. Sie sei nicht in die Betriebsorganisation eingebunden. Empfangsaufgaben habe die Klägerin nur einmal für einen kurzen Zeitraum übernommen.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14.10.2015, gerichtet einerseits an die Klägerin und andererseits an die Beigeladenen zu 1, wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Klägerin trage kein Unternehmerrisiko. Sie erhalte eine nach der Dauer der Arbeitsleistung bemessene Vergütung. Sie setze hauptsächlich ihre eigene Arbeitskraft ein. Die Tätigkeit werde überwiegend am Betriebssitz der Zahnarztpraxis ausgeübt. Die Verlagerung der Tätigkeit in den häuslichen Bereich löse nicht die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Praxis auf. Obwohl sie ihre Arbeitszeit frei gestalten könne, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit faktisch durch die terminlichen Vorgaben der Auftraggeber begrenzt. Sie unterliege damit bezüglich der Arbeitszeit dem Weisungsrecht und Direktionsrecht des Auftraggebers. Insgesamt überwögen die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen.

Die Klägerin erhob am 28.10.2015 gegen den Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 Klage zum Sozialgericht München, die unter dem Aktenzeichen S 11 R 2153/15 geführt wurde. Die Beigeladenen zu 1 erhoben am 13.11.2015 ebenfalls Klage gegen den Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015, die unter dem Aktenzeichen S 11 R 2279/15 geführt wurde. Mit Beschluss vom 15.02.2016 wurde in diesem Verfahren das Ruhen angeordnet.

Am 21.02.2018 führte das Sozialgericht München einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durch. Hierbei erklärte die Klägerin, üblicherweise sei der Empfang vormittags und nachmittags besetzt gewesen, wenn die Dame mal zur Toilette gemusst habe, habe auch sie die ankommenden Patientinnen/Patienten begrüßt. Welche Unterlagen sie im Rahmen des Qualitätsmanagements in den Computer eingepflegt habe, daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie habe sich auch selbst um Fortbildungen gekümmert, zum Beispiel bei der KZVB. Die Schulungen seien zum Teil kostenlos gewesen, andere habe sie selbst bezahlt. Die Höhe der ihr insgesamt jährlich hierfür entstandenen Kosten sei nicht bekannt.

Die Beigeladenen zu 1 trugen vor, die Klägerin habe auch eigene Werbeflyer gedruckt und verteilt.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.07.2019 hob das Sozialgericht München den Bescheid vom 08.05.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 auf und verurteilte die Beklagte festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladenen im Zeitraum 05.05.2013 bis April 2015 nicht im Rahmen eines abhängigen, dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern selbstständig erfolgte. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit in der Praxis der Beigeladenen zu 1 selbstständig ausgeübt und sei nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen. Die Klägerin habe keinem Weisungsrecht unterlegen. Dieses habe sich weder aus dem Vertrag noch aus den Ausführungen der Beteiligten ergeben. Die Klägerin habe ausgeführt, dass sie zwar meist in der Praxis gearbeitet habe, sie jedoch das notwendige EDV-Programm auch zuhause durch einen eigenen IT-Fachmann habe einrichten lassen. Die Klägerin habe die Arbeit nicht in der Praxis der Beigeladenen zu 1 erbringen müssen. Auch die Tatsache, dass die Klägerin bei ihrer Arbeit in der Praxis hinter der offenen Empfangstheke gearbeitet habe, sei kein Indiz für die Eingebundenheit in die Arbeitsorganisation der Auftraggeber. Die Klägerin habe auch nicht mit Mitarbeiterinnen der Beigeladenen zu 1 zusammengearbeitet, sondern einen völlig abgetrennten Aufgabenbereich gehabt. Auch die Vergütung spreche für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die Vergütung habe 50 € pro Stunde betragen. Einen niedrigeren Stundensatz von 37,50 € habe sie für die Arbeit verlangt, die sie von zuhause aus im Qualitätsmanagement erbracht habe. Hierzu enthalte der Vertrag keine Ausführungen. Zudem habe die Klägerin für mehrere Auftraggeber tätig sein können und sie habe keinen fachlichen Weisungen der Beigeladenen zu 1 unterlegen. Sie habe die Heil- und Kostenpläne selbstständig erstellt und auch abgerechnet. Auch die Abrechnungstermine habe sie selbstständig überwacht. Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spreche auch, dass sie keinen bezahlten Urlaub gehabt habe und nur einen Anspruch auf Vergütung der tatsächlich geleisteten Stunden. Die Information der Beigeladenen zu 1 zum Quartalsende über die Abrechnungen sei kein Merkmal für eine abhängige Beschäftigung. Auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub spreche insgesamt gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

Die Beklagte hat am 15.08.2019 Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11.07.2019, ihr zugestellt am 29.07.2019, zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Der Gerichtsbescheid sei bereits aus formalrechtlichen Gründen aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden sei festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladenen zu 1 nicht im Rahmen eines abhängigen, dem Grunde nach sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis, sondern selbstständig erfolgt sei. Eine solche Feststellung sei eine unzulässige Elementenfeststellung. Aber auch materiell-rechtlich überzeuge die erstinstanzliche Entscheidung nicht. Die vereinbarte Tätigkeit entspreche dem Berufsbild einer Zahnarztsekretärin und werde regelmäßig im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Die Klägerin habe eine erfolgsunabhängige Vergütung in Höhe von 50 € pro Stunde erhalten. Sie habe kostenfrei die Betriebsstätte und die Betriebsmittel der Beigeladenen zu 1 nutzen können und hiervon auch für den Großteil ihrer Tätigkeit Gebrauch gemacht. Die Klägerin sei funktionsgerecht dienend in eine von fremder Seite vorgegebene betriebliche Organisation eingebunden gewesen. Unbeachtlich sei dabei, dass sie auch im Home-Office gearbeitet habe. Die Beklagte widersprach der Feststellung, dass die Klägerin keinem Weisungsrecht unterlegen habe. Die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass sie ihre Aufgaben zu Beginn der Tätigkeit zugeteilt bekommen habe und sie daher wisse, was sie jeden Tag zu tun habe. Das Sozialgericht habe unzutreffend auf weitere Auftraggeber der Klägerin abgestellt. Maßgebend sei nur das zu beurteilende Auftragsverhältnis. Die Klägerin sei in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1 eingegliedert gewesen und habe fremdbestimmt Arbeit geleistet, ohne dass sie ein unternehmerisches Risiko getragen hätte.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11.07.2019 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 abzuweisen.

Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass Ziffer 1 des Tenors des Gerichtsbescheides dahingehend gefasst wird, dass der Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 aufgehoben wird und festgestellt wird, dass die Klägerin in ihrer selbständigen Tätigkeit für die Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 05.05.2013 bis April 2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 schließen sich dem Antrag der Klägerin an.

Die Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 haben die mangelnde Schriftform der Berufungseinlegung gerügt und im Wesentlichen, wie die Bevollmächtigte der Klägerin, die vorgetragenen Argumente aus dem Verwaltungsverfahren und dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Klägerin sowie die Beigeladenen zu 1 angehört. Die Klägerin hat erklärt, dass sie sich nicht mehr erinnern könne, wann sie die Weiterbildung für die Verwaltung bzw. Abrechnung gemacht habe und wieviel diese gekostet habe, sie habe die Kosten jedenfalls selbst getragen. Zu einer Haftung wegen Schlechtleistung sei es nie gekommen, da sie ihre Arbeit stets gewissenhaft ausgeübt habe. Sie habe sich zum Thema Qualitätsmanagement weitergebildet, wann, wisse sie nicht mehr. Eine Zertifizierung sei indes nicht erforderlich gewesen. Weder die Klägerin noch die Beigeladenen zu 1 konnten sich erinnern, wann die Beigeladenen zu 1 die Klägerin mit dem Aufbau eines Qualitätsmanagements betraut haben.
Die Klägerin hat erklärt, sie habe Werbung gemacht, zunächst vor allem durch Mundpropaganda, später habe sie auch einen Werbeflyer mit Bild erstellt und verteilt.

Die Beigeladenen zu 1 sowie die Klägerin haben erklärt, dass sie nicht wüssten, weshalb der Praxisempfang im Vertrag geregelt sei. Tatsächlich sei es so nicht gelebt worden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache begründet.

Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht erhobene Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 11.07.2019 ist zulässig. Die am 15.08.2019 beim Landessozialgericht eingegangene Berufungsschrift enthält auch eine Unterschrift, so dass das Schriftformerfordernis des § 151 Abs. 1 SGG gewahrt ist. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Klage weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft.

In der Sache führt die Berufung zum Erfolg, da das Sozialgericht zu Unrecht der Klage gegen den Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 stattgegeben, diesen aufgehoben und die Beklagte verurteilt hat festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladenen zu 1 nicht im Rahmen eines abhängigen, dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern selbständig erfolgte.

Da der Gerichtsbescheid aufgehoben wird, kann vorliegend dahinstehen, ob dieser eine unzulässige Elementenfeststellung enthalten hat.

Der Bescheid vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015, der feststellt, dass die Klägerin für die Beigeladenen zu 1 seit dem 05.05.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist und dass Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da die Klägerin bei den Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigt war.

Rechtsgrundlage für das Statusfeststellungsverfahren ist § 7a SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren über die Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (§ 7a Abs. 1 SGB IV). Die Beklagte entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Die Beklagte war für die beantragte Statusfeststellung zuständig, weil ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch die Einzugsstelle oder einen anderen Versicherungsträger nicht eingeleitet worden war.

Im streitgegenständlichen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R, Rdnr. 21 juris; BSG, Urteil vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R, Rdnr. 15 juris; BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 23 juris; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, Leitsatz und Rdnr. 25 ff. juris).

Zur Feststellung des Gesamtbildes kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 25/10 R, Rdnr. 16 juris).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 17 juris).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Klägerin in der Zeit vom 05.05.2013 bis etwa April 2015 bei den Beigeladenen zu 1 eine abhängige Beschäftigung ausübte und dabei der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Insgesamt überwiegen deutlich die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.

Als entscheidend im Rahmen der Gesamtabwägung sieht der Senat die funktionsgerecht dienende Eingliederung der Klägerin in die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen zu 1, die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung und das kaum vorhandene Unternehmerrisiko der Klägerin an; sie rechnete nach Stunden ab und erhielt eine Gegenleistung für geleistete Arbeit. Sie nutzte die Praxissoftware einschließlich der Lizenz der Praxis und unterlag Unterrichtungspflichten sowie der Überwachung durch die Beigeladenen zu 1, sie war mithin in den Betriebsablauf eingegliedert und es ergeben sich Hinweise auf eine Weisungsgebundenheit.

Die Klägerin stellte den Beigeladenen zu 1 ihre Arbeitsleistung zur Verfügung und war dabei funktionsgerecht dienend in die fremde Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1 eingegliedert. Die Klägerin übte insbesondere eine Tätigkeit aus, die den Beigeladenen zu 1 unmittelbar zuzurechnen war. Sie handelte nach außen im Namen der Beigeladenen zu 1 (unterschrieb "im Auftrag" auf dem Briefpapier der Praxis, nutzte die E-Mail-Adresse der Praxis) und nutzte kostenfrei die ihr von den Beigeladenen zu 1 zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel (Büromöbel, PC, Telefon). Der von der Klägerin genutzte PC stand hinter der Empfangstheke und die Klägerin trug ebenfalls weiße Hosen und farbige T-Shirts wie die weiteren Mitarbeiterinnen der Praxis (obgleich freiwillig und nicht von den Beigeladenen zu 1 finanziert). Damit manifestierte sich die Eingliederung auch nach außen in einem einheitlichen Erscheinungsbild, wenngleich die Klägerin ihren Status auf Nachfrage von Patientinnen/Patienten klarstellte. Sie führte im Namen der Beigeladenen zu 1 die Abrechnung aus, erstellte Heil- und Kostenpläne, erläuterte diese den Patientinnen/Patienten und nutzte das praxiseigene Computerprogramm. Vertraglich vorgesehen war auch eine Tätigkeit am Praxisempfang, auch wenn diese später nur im Ausnahmefall in geringem Umfang tatsächlich geleistet wurde. Sie nahm an den Tagen, an denen sie in der Praxis anwesend war, auch an Besprechungen teil. All dies führt zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Unternehmen und zu einer Eingliederung in den Praxisbetrieb.

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit und hinsichtlich der Wahl des Arbeitsortes freier war als die festangestellten Mitarbeiterinnen der Beigeladenen zu 1. Trotzdem hatte sie im Sinne der Rechtsprechung des BSG funktionsgerecht dienend am Unternehmenszweck der Beigeladenen zu 1 teil. Auch der Vertrag über die freie Mitarbeit bestätigt dies, indem dort vorgegeben ist, dass die Klägerin effizient arbeiten soll. Zudem führte sie ihre Aufgaben für die Beigeladenen zu 1 in enger Abstimmung mit den Beigeladenen zu 1 aus, die nach Überzeugung des Senats auch die Schlussverantwortung für alle Tätigkeiten der Klägerin hatten.
Auch die Einführung und Durchführung eines Qualitätsmanagements wurde den Beigeladenen zu 1 von der KZVB vorgegeben, sie bedienten sich der Klägerin auch hier zur Erfüllung einer ihnen auferlegten Aufgabe.

Der Senat sieht auch Anhaltspunkte für eine weisungsabhängige Tätigkeit der Klägerin bei den Beigeladenen zu 1. Weisungsgebunden arbeitet, wer - im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) - seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit nicht im Wesentlichen frei gestalten und bestimmen kann (ständige Rechtsprechung: vgl. BAG, Urteil vom 21.07.2015 - 9 AZR 484/14, Rdnr. 20 juris; BAG, Urteil vom 25.09.2013 - 10 AZR 282/12, Rdnr. 17 juris; BAG, Urteil vom 15.02.2012 - 10 AZR 301/10, Rdnr. 13 juris, jeweils m.w.N.). Die Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit müssen dabei nicht auf einzelnen Anordnungen des Arbeitgebers beruhen. Vielmehr kann die Weisungsgebundenheit - namentlich bei einer Tätigkeit höherwertiger Art - auch zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein" (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2016 - B 12 R 5/14 R, Rdnr. 39 juris; BSG, Urteil vom 24.03.2016 - B 12 KR 20/14 R, Rdnr. 13 juris, jeweils m.w.N.). Dabei spricht es auch nicht gegen das Vorliegen eines - ggf. verfeinerten - Weisungsrechts, wenn sich beispielsweise Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus "der Natur der Tätigkeit" ergeben, also aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten. Ausschlaggebend ist insoweit vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (z.B. auch hinsichtlich Inhalt, Durchführung oder Dauer) der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 30 juris m.w.N.). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens einer derartigen dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 31 juris). Die Beurteilung hängt dabei auch von der Art der jeweiligen Tätigkeit ab. Größere Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können dabei nicht als maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, Rdnr. 30 juris).

Zwar erledigte die Klägerin ihre Aufgaben im Tagesgeschäft, die über die Jahre hinweg weitgehend gleichblieben, ohne ständigen Anweisungen der Beigeladenen zu 1 ausgesetzt gewesen zu sein. Diese waren jedoch auch deshalb nicht erforderlich, weil aus der digitalen Karteikarte für die Klägerin jeden Tag erkennbar war, was sie zu tun hatte und wann. Sie war in ihrer Tätigkeit im Hinblick auf die Art der Tätigkeit nicht nur hinsichtlich Arbeitsort und -zeit gebunden, sondern auch hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung. Die Beigeladenen zu 1 machten der Klägerin im Rahmen einer Vereinbarung zu Beginn der Tätigkeit Vorgaben dazu, innerhalb welcher Fristen Abrechnungen im Regelfall zu erfolgen hatten, und kontrollierten die Aufgabenerfüllung auch stichprobenartig. Eine indirekte Kontrolle war ihnen jederzeit durch Einsichtnahme in die Patientenakte möglich, da die Arbeit der Klägerin dort hinterlegt war. Die Klägerin musste zum Teil auch von den Beigeladenen zu 1 Sachinformationen erfragen, auf die sie angewiesen war. Insbesondere hinsichtlich der Heil- und Kostenpläne war eine Zusammenarbeit der Klägerin mit den Beigeladenen zu 1 sachlich notwendig. Die anfangs vorgegebene Aufgabe bedurfte also näherer Ausgestaltung. Die Klägerin war in der zeitlichen Gestaltung ihrer Tätigkeit bereits aufgrund der Fristen der KZVB, der von den Beigeladenen zu 1 terminierten und durchgeführten Behandlungen und der Fragen von Patientinnen und Patienten nicht selbstbestimmt und üblicherweise an zwei festen Arbeitstagen in der Praxis tätig. Bei Verhinderung erfolgte eine Absage gegenüber den Beigeladenen zu 1, die in dringenden Angelegenheiten die Aufgaben der Klägerin selbst ausführten. Auch war die Klägerin in einem Großteil des streitgegenständlichen Zeitraums nicht völlig frei hinsichtlich des Orts der Tätigkeit, sie musste vielmehr vor Ort arbeiten, um auf die Patientendaten zugreifen, das praxiseigene Computerprogramm, für das sie keine eigene Lizenz besaß, nutzen zu können und den Patientinnen/Patienten für Rückfragen zur Verfügung zu stehen. Zudem mussten die Heil- und Kostenpläne in der Praxis verbleiben. Auch die vertragliche Pflicht gegenüber den Beigeladenen zu 1, diese laufend über den Stand der Tätigkeit unaufgefordert zu unterrichten, und der Umstand, dass die Klägerin den Beigeladenen zu 1 jeden Abrechnungsversand mitteilte, sprechen deutlich für eine Eingliederung und weisen auf eine Weisungsabhängigkeit hin.

Hieran ändert auch die Einführung und Umsetzung des Qualitätsmanagements durch die Klägerin von zuhause aus nichts. Zum einen ließen sich Umfang und Zeitraum dieser Tätigkeit nicht aufklären. Zum anderen spricht in Zeiten der umfangreichen Ermöglichung von Home-Office auch in Arbeitsverhältnissen der Arbeitsort für sich genommen nicht klar für eine selbständige Tätigkeit.

Die Vergütung nach Stunden spricht eher für eine abhängige Beschäftigung. Dieses Indiz hat allerdings geringes Gewicht, da im reinen Dienstleistungsbereich die Stundenvergütung auch bei selbstständigen Tätigkeiten nicht unüblich ist (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R, Rdnr. 48 juris).

Vorliegend sind keine für eine Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte erkennbar, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Weisungsgebundenheit und insbesondere die Eingliederung der Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1 auf- oder überwiegen könnten.

Zwar spricht gegen eine abhängige Beschäftigung, dass wohl keine wesentliche Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeiterinnen (anders als mit den Beigeladenen zu 1) bestand, die Klägerin fast ausschließlich in einem abgetrennten Aufgabenbereich tätig war, und der Wille der Klägerin, selbstständig tätig zu sein.

Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt vorliegend jedoch keine Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des BSG hat er indizielle Bedeutung, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 38; BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, Rdnr. 16 juris). Nur unter diesen Voraussetzungen ist der in einem Vertrag dokumentierte Parteiwille überhaupt als ein auf Selbstständigkeit hindeutendes Indiz in die Gesamtabwägung einzustellen; hierdurch wird eine Selbstständigkeit jedoch nicht vorfestgelegt (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99-113, SozR 4-2400 § 7 Nr 25, Rdnr. 26).

Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist auch, dass nach der Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche bestehen sollten. Solchen Vertragsklauseln kommt bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Derartige Vertragsgestaltungen sind zwar als typisch anzusehen, wenn beide Seiten von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen. Allerdings rechtfertigt allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 27 juris; vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 2400 § 2 Nr 19; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 mwN; BSG Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R, SozVers 2001, 329, 332). Ebenso ist der Gedanke der Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76, Rdnr. 14 juris). Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw. Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit oder zumindest Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden, oder Obliegenheit, für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, lassen ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, eine Beschäftigung auszuschließen, zu (vgl. § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I).

Auch die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber im selben Zeitraum ist kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, da auch abhängig Beschäftigte mehrere Arbeitsverhältnisse parallel eingehen können.

Für Selbstständigkeit spricht auch nicht, dass formal der Klägerin Arbeitszeit und -ort nicht zwingend vorgegeben waren, da nach den tatsächlichen Umständen Zeit und Ort nicht frei wählbar waren. Zudem war die Klägerin an die vertragliche Vorgabe der "Berücksichtigung der Effizienz" gebunden und musste Rücksicht auf betriebliche Belange nehmen. Schließlich tritt dieses Kriterium bei Diensten höherer Art zurück und ist in der Gesamtabwägung nicht entscheidend.

Für die Selbstständigkeit der Klägerin spricht auch nicht, dass sie ihre Leistungen nicht in jedem Fall höchstpersönlich erbringen musste, sondern auch Dritte unter der Bedingung hätte einsetzen dürfen, dass die Beigeladenen zu 1 dem zustimmten. Die Möglichkeit, bei der Leistungserbringung Dritte einzuschalten, führt nicht automatisch zur Annahme von (unternehmerischer) Selbstständigkeit im Rechtssinne. Sie stellt vielmehr nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 KR 21/07 R, Rdnr. 17 juris). Entscheidend ist insoweit, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 33 juris m.w.N.).
Von einer derartigen Prägung kann vorliegend nicht die Rede sein: Weder zog die Klägerin tatsächlich jemals Dritte hinzu, sondern erbrachte die Leistungen stets höchstpersönlich, noch konnte sie hierüber überhaupt selbst entscheiden, sie wäre vielmehr auf die Zustimmung der Beigeladenen zu 1 angewiesen gewesen.

Auch die Höhe des Entgelts ist als Ausdruck des Parteiwillens zu werten und ist nur ein in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigendes Indiz, das vorliegend nicht ausschlaggebend ist (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R, juris Rdnr. 36; KassKomm/Zieglmeier, 111. EL September 2020 Rdnr. 87, SGB IV § 7 Rdnr. 87).
Die Höhe der Vergütung von vorliegend teilweise mehr als 50 € pro Stunde kann ein Indiz für Selbstständigkeit sein (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 R, Rdnr. 50 juris). Dem Parteiwillen kommt aber nur dann potentielle Bedeutung zu, wenn dieser den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. wenn die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlags zu einem üblichen Stundenlohn eines vergleichbar abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht "freikaufen" kann (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R, Rdnr. 36, 37 juris).

Der Senat verkennt nicht, dass ein gewisses Unternehmerrisiko der Klägerin vorhanden war. Dieses war vorliegend aber nur gering ausgeprägt. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und/oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Dabei ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2011 - B 12 R 17/09 R, Rdnr. 25 juris; BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 35 juris; so auch bereits BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG, Urteil vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R, Rdnr. 25 juris und Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, Rdnr. 27 juris).

Die Klägerin setzte im Wesentlichen ihre Arbeitskraft ein und war hierbei keinem nennenswerten Verlustrisiko ausgesetzt, da die Bezahlung erfolgsunabhängig erfolgte. Es bestand aufgrund der festen Stundenvergütung lediglich ein allgemeines Risiko einer Kündigung durch die Beigeladenen zu 1. Hieraus allein folgt noch kein Unternehmerrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016 - B 12 KR 20/14 R, Rdnr. 21 juris). Die Klägerin setzte lediglich eigene Betriebsmittel von untergeordnetem Wert (kein wesentliches eigenes Arbeitsmaterial und auch kein eigenes Kapital in nennenswertem Umfang) ein und hatte keine eigene Betriebsstätte, in der sie schwerpunktmäßig tätig gewesen wäre. Sie hatte für die Nutzung der Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1 und von deren Arbeitsmitteln kein Entgelt zu zahlen und war nicht der Gefahr ausgesetzt, mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen worden wären. Damit trug sie ein gering ausgeprägtes Risiko, da sie ihre Arbeitskraft nicht mit dem Risiko einsetzte, keine Vergütung zu erhalten. Die damit korrespondierende Möglichkeit, sich durch unternehmerische Freiheit weitere Verdienstchancen zu schaffen, bestand nicht.

Zwar trägt die Klägerin vor, dass sie sowohl die Kosten für die Weiterbildungen in der Abrechnung und Verwaltung als auch die Kosten für spätere, eigenständig organisierte Fortbildungen selbst bezahlt habe. Solche Kosten werden jedoch häufig auch von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern selbst getragen, so dass hieraus ein Unternehmerrisiko nicht abgeleitet werden kann.

Es fehlten auch charakteristische Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich des unternehmerischen Auftretens, da die Klägerin kaum werbend am Markt tätig war: Für ein aktiv werbendes Auftreten der Klägerin am Markt in Bezug auf ihre Tätigkeit sind über den Vortrag von Mundpropaganda und eines Werbeflyers hinaus keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin nach dem Willen der Parteien grundsätzlich für Schlechtleistung haften sollte. Zum einen kam es nie zu einer Haftung, die Klägerin schuldete auch nicht den Eintritt eines bestimmten Erfolges (vgl. BSG zum Ringtourenfahrer: BSG, Urteil vom 27.11.1980 - 8a RU 26/80, Rdnr. 94 juris). Zum anderen verfügte die Klägerin über eine Betriebshaftpflichtversicherung mit nicht hoher jährlicher Prämie (rund 260 €), welche sie für all ihre Tätigkeiten nutzen konnte und auch nicht spezifisch für die vorliegende Tätigkeit abschloss.

Auch aus dem Einsatz eigener Betriebsmittel (PC, Büro zuhause) für den Bereich des Qualitätsmanagements ergibt sich lediglich ein geringes Unternehmerrisiko; dies zum einen angesichts des Umstandes, dass unklar bleibt, in welchem Zeitraum und Umfang die Klägerin das Qualitätsmanagement betreute. Zum anderen ist der Investitionsaufwand ausschließlich für die streitige Tätigkeit als nicht sehr hoch einzuschätzen, wenn die angeschafften Gegenstände (eigener Raum mit Bildschirm, PC, Telefon) auch unabhängig von einer beruflichen Tätigkeit privat nutzbar sind und üblicherweise auch privat angeschafft werden.

Den Zugang zum Computerprogramm "Charly" für das Home-Office erhielt die Klägerin erst in im Januar 2015, also gegen Ende der Tätigkeit, damit prägten die - von der Klägerin im Übrigen nicht bezifferbaren - Investitionen für einen IT-Fachmann zur Installation die Tätigkeit nicht mehr.

Schließlich war auch der gewährte Gründungszuschuss kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit, da dieser für einen Zeitraum vor Beginn der streitgegenständlichen Tätigkeit geleistet wurde und daher auch nicht für diese konkrete Tätigkeit.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass der dem mehrfach zitierten Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.07.2016 - L 4 R 4979/15), in dem von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen wird, zugrundeliegende Sachverhalt deutlich anders gelagert war als der vorliegende: Die Klägerin war dort für sechs Zahnarztpraxen tätig, unterlag keiner persönlichen Leistungspflicht und verfügte zur Ausübung ihrer Tätigkeit über eine eigene, von ihr bezahlte Lizenz für das Abrechnungsprogramm, ein Firmenfahrzeug, ein Firmenmobiltelefon und eigenes Briefpapier. Auch in der Praxis arbeitete sie mit ihrem eigenen Laptop. Für die Anschaffung von Betriebsmitteln hatte sie ca. 6.000 €, für die Zusatzqualifikation ca. 15.000 € und jährlich für Fortbildungen ca. 2.000 € investiert. Sie nahm weder an Besprechungen teil noch trug sie Dienstkleidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und umfasst auch die Kosten der Beigeladenen zu 1.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG sind nicht gegeben.

 

Rechtskraft
Aus
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