L 11 KR 3741/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 2286/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3741/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 18.10.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung der Kosten anlässlich einer stationären Krankenhausbehandlung in der G1 Privatklinik in P1 ab dem 07.04.2020 i.H.v. 6.461,81 € streitig.

Der 1986 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Aufgrund von Koliken wurde der Kläger am 24.02.2020 von M1 im Städtischen Klinikum in K1 in der Notfallambulanz der Urologie behandelt. Das durchgeführte CT des Abdomens ergab u.a. ein 10 x 10 x 19 mm großes Konkrement im proximalen Harnleiter und ein zweites Konkrement im mittleren Harnleiter links 7 x 10 mm, einen assoziierten Harnaufstau links, Grad III, und Nephrolithiasis (Nierensteine) beidseits (Bl. 27 f. der Verwaltungsakten). Der Kläger wurde sodann mit einer Nephrostomie (Operation, bei der durch die Haut ein künstlicher Ausgang zur Ableitung des Urins aus der Niere angelegt wird) versorgt. Am 25.02.2020 erfolgte eine postinterventionelle Vorstellung des Klägers, bei welcher sich die Nephrostomie regelrecht in situ befand. Am 19.03.2020 wurde der Kläger über eine Verschiebung der zunächst für den 20.03.2020 vereinbarten Operation auf unbestimmte Zeit aufgrund der Pandemie-Situation wegen Covid 19 informiert.

Mit Schreiben vom 31.03.2020 (Bl. 25 der Verwaltungsakten) beantragte der Kläger die „Erstattung der Kosten für eine operative Maßnahme zur Gesundheitsförderung“ unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der G1 Privatklinik in P1 vom 23.03.2020 (Bl. 29 der Verwaltungsakten) mit voraussichtlichen Kosten i.H.v. insgesamt 5.475,53 € (nach der DRG L18B). Der geplante Eingriff im städtischen Klinikum K1 sei aufgrund der Corona-Infektionskrankheit auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Zudem habe er noch sechs weitere Kliniken angefragt, die jedoch keine Kapazitäten gehabt hätten. Dem Kostenvoranschlag der G1 Privatklinik ist folgender Passus zu entnehmen: „Das Krankenhausentgelt entspricht den in einem allgemeinen Krankenhaus anfallenden DRG-Entgelt. Insofern wird die Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes exakt nach dem DRG-Abrechnungssatz eines allgemeinen Krankenhauses durchgeführt. Wir stellen zudem die gleichwertige Versorgung wie bei einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V sicher. Zusätzliche Kosten entstehen nicht. Als Privatklinik unterliegen wir der Umsatzsteuerpflicht und sind verpflichtet, die Rechnungen entsprechend auszuweisen.“

Mit Schreiben vom 01.04.2020 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dessen Antrag dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zur Begutachtung vorgelegt zu haben. L1 vom MDK führte in seinem unter dem 07.04.2020 erstellten Gutachten (Bl. 21 f. der Verwaltungsakten) aus, unter Würdigung der vorgelegten Unterlagen seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht erfüllt. Der Versicherte habe einen Anspruch auf vollstationäre Behandlung nach § 39 SGB V in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei. Bei Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung könne der Leistungserbringer die Leistung nach § 13 Abs. 3 SGB V auch ohne vorherige Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse erbringen. Mit Bescheid vom 08.04.2020 (Bl. 19 der Verwaltungsakten) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme daher ab.

Bereits am 07.04.2020 ließ der Kläger in der G1 Privatklinik von L2 eine minimalinvasive perkutane Nierensteinentfernung durchführen.

Gegen den Bescheid vom 08.04.2020 erhob der Kläger am 27.04.2020 Widerspruch (Bl. 16 der Ver­waltungsakten) und fügte zur Begründung eine Bescheinigung seines behandelnden L2 vom 22.04.2020 (Bl. 17 f. der Verwaltungsakten) bei. Hierin führte dieser aus, es habe eine Indikation zur kurzfristigen Versorgung aufgrund eines partiellen Nierenbeckenkelchausgusssteins bestanden, welcher naturgemäß bei verzögerter Behandlung immer das Risiko einer komplizierten Harnwegsinfektion, im Einzelfall auch einer Urosepsis, berge. Die stationäre Behandlung sei auf der Grundlage der Gewährleistung einer gleichwertigen Versorgung wie in einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V erfolgt, die Abrechnung entsprechend der dazugehörigen DRG. Die operative Versorgung des partiellen Nierenbeckenausgusssteins sei zu einer Zeit erfolgt, zu der sämtliche zugelassenen Krankenhäuser nach § 108 SGB V die Durchführung von elektiven Operationen abgelehnt hätten.

Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren ein weiteres Gutachten des MDK ein. S1 führte in seinem Gutachten vom 14.05.2020 (Bl. 11 f. der Verwaltungsakten) aus, die medizinischen Voraussetzungen der Leistung seien nicht erfüllt. Nach den vorliegenden Informationen habe eine akute lebensbedrohliche Erkrankung nicht vorgelegen. Eine Komplikation des dokumentierten Nierenbeckenkelchausgusssteins sei ebenso allen vorliegenden Informationen nicht entnehmbar. Bei der Berücksichtigung der elektiven Indikation zur Entfernung des Nierensteins sei die Versorgung in einem Vertragskrankenhaus der GKV möglich, ausreichend und auch zweckmäßig. Dies gelte ebenso für alle möglichen Komplikationen dieser Erkrankung. Nachdem der Kläger an seinem Widerspruch festhielt, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2020 zurück (Bl. 1 ff. der Verwaltungsakten) und führte zur Begründung aus, es handele sich bei der Privatklinik um kein zugelassenes Krankenhaus. Die Privatklinik sei weder eine Hochschulklinik noch sei sie in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen worden, auch habe sie keinen einen öffentlich-rechtlichen Status begründenden Vertrag (Versorgungsvertrag) mit den Krankenkassen abgeschlossen. Allerdings seien unabhängig davon die Kosten für eine Krankenhausbehandlung in einem vertraglich nicht zugelassenen Krankenhaus bei einer sog. selbstbeschafften Leistung zu übernehmen, wenn die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Eine unaufschiebbare Leistung liege aber nicht vor, denn davon würden nur Leistungen erfasst, bei denen eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse - insbesondere aus Zeitgründen (Notfallbehandlung) - nicht verlangt werden könne. Ein solcher Sachverhalt sei nicht gegeben. Auch habe die Krankenkasse keine Leistung zu Unrecht abgelehnt. Die Beurteilungen des MDK vom 07.04.2020 und 14.05.2020 belegten, dass die sozialmedizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nicht erfüllt seien. Es habe keine akute lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen. Eine Komplikation des dokumentierten Nierenbeckenkelchausgusssteines sei allen vorliegenden Informationen nicht zu entnehmen. Unter Berücksichtigung der Art der Operation, einer elektiven Indikation zur Entfernung des Nierensteins, wäre die Versorgung in einem Vertragskrankenhaus der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend und zweckmäßig gewesen. Es habe auch kein Notfall vorgelegen, nur, weil sich der Kläger in seinem Gesundheitszustand unmittelbar bedroht gefühlt habe. Eine solche Eile sei nicht geboten gewesen. Diese sei nur bei der sog. „Ersten Hilfe" gegeben, etwa bei Verletzungen und starken Blutungen. Wenn tatsächlich ein Notfall vorliege, sei ein Versicherter auch in einem nicht zugelassenen Krankenhaus für die Dauer der Notfallbehandlung in das öffentlich geprägte Sachleistungssystem der Krankenversicherung einbezogen. Das Privatkrankenhaus erbringe dann seine Leistungen nach denselben Grundsätzen, die für zugelassene Krankenhäuser gelten würden. Auch sei vorliegend der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden. Der Kläger habe die Entscheidung der Beklagten vor der Operation nicht abgewartet.

Hiergegen hat der Kläger am 05.08.2020 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, eine Behandlung sei aufgrund starker Schmerzen unaufschiebbar gewesen. Er habe regelmäßig Blut im Urin sowie ein konstantes Brennen im Bereich des Harnwegs gehabt. Darüber hinaus habe er unter Koliken aufgrund des Nierensteins gelitten. Der gesetzte Katheter habe ihm keine Linderung verschafft, so dass es ihm nur noch möglich gewesen sei, auf der rechten Körperhälfte zu schlafen. Infolgedessen sei es bei ihm zu Schlafstörungen gekommen. Aufgrund der einseitigen Belastung beim Schlafen habe er zudem unter Rückenschmerzen gelitten. Aufgrund der stetig benötigten Wasserzufuhr habe er zudem eine Essstörung erlitten und sei hierdurch zusätzlich psychisch belastet gewesen. Er habe 13 kg an Gewicht verloren. Eine zugelassene Klinik, die den stationären Eingriff in einem zumutbaren Zeitraum hätte durchführen können, habe aufgrund der während der ersten Welle der Corona-Pandemie freizuhaltenden Krankenhauskapazitäten nicht zur Verfügung gestanden. Es liege auch eine unaufschiebbare Leistung vor, da er sich vor Aufnahme der privatärztlichen Behandlung vergeblich um eine stationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus bemüht habe und die Krankenkasse ihm auf Nachfrage keine Klinik habe benennen können, in welche er umgehend hätte aufgenommen werden können. Es müsse sich nicht zwingend um einen Notfall in einer lebensbedrohlichen Lage handeln. Die durch den Nierenstein verursachten anfallsartig auftretenden, sich stetig verstärkenden Schmerzen hätten ein für ihn - trotz entsprechender Medikation - unerträgliches Ausmaß erreicht. Hinzu komme, dass bei einem partiellen Nierenbeckenkelchausgussstein das Risiko einer komplizierten Harnwegsinfektion sowie im Einzelfall auch einer lebensbedrohlichen Urosepsis bestehe. Daher sei eine kurzfristige Versorgung aus medizinischer Sicht indiziert gewesen. Die Behandlung sei auch unaufschiebbar gewesen. So habe er unter immer stärker werdenden Schmerzen gelitten und sei bereits seit dem 24.02.2020 arbeitsunfähig gewesen. Eine Besserung sei nicht absehbar gewesen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sämtliche Krankenhäuser unter Verweis auf die Pandemie eine Operation abgelehnt hätten. Es habe ihm somit kein Vertragskrankenhaus bzw. keine Vertragsklinik zur Verfügung gestanden. Dass die Privatklinik unter Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) habe abrechnen können, sei ihm nicht bewusst gewesen, ansonsten hätte er die eGK vorgelegt. Das Sachleistungsprinzip habe er niemals umgehen wollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Kläger zudem mitgeteilt, einen Behandlungsvertrag nicht abgeschlossen, den Betrag jedoch am 04.05.2020 an die Privatklinik überwiesen zu haben. Im März 2020 habe er bei der Beklagten telefonisch angefragt und sich über die Rechtslage hinsichtlich seiner beabsichtigten Operation bei der Privatklinik informiert. In diesem Telefonat habe ihm die Beklagte mitgeteilt, sie werde die Kosten voraussichtlich nicht erstatten. Herr L2 habe ihm mitgeteilt, dass die Beklagte derartige Operationen „erfahrungsgemäß“ übernehme, jedoch nicht in jedem Fall. Das Städtische Klinikum habe ihm einen weiteren Operationstermin Mitte Mai 2020, aber ohne Gewähr, in Aussicht gestellt. Der Kläger hat Kontoauszüge zu seinen Überweisungen an die G1 Privatklinik GmbH am 04.05.2020 in Höhe von 5.475,53 €, an die R1 GmbH am 06.05.2020 in Höhe von 231,26 € und 147,68 € sowie „PAS H1“ vom 22.05.2020 in Höhe von 607,34 € (Bl. 102 SG-Akte) vorgelegt.  

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Klageerwiderung zunächst auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Die Voraussetzungen der Kostenerstattung lägen nicht vor und die beantragte Leistung sei auch nicht zu Unrecht abgelehnt worden. Denn die Behandlung in der nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Privatklinik gehöre nicht zum Leistungsumfang der GKV. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reiche außerdem nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Es gebe des Weiteren zahlreiche Vertragskliniken, in denen die stationäre Behandlung hätte durchgeführt werden können. Auch könne die Beklagte nicht berücksichtigen, dass keinerlei Unterschiede zur Abrechnung in einem zugelassenen Krankenhaus bestehen würden. Der Kläger könne diese Kosten als ersparte Aufwendungen gegenüber der Beklagten nicht beanspruchen, da dies ansonsten eine Umgehung des Sachleistungsprinzips darstellen würde. Es liege zudem keine unaufschiebbare Leistung vor, denn der Kläger habe die Behandlung nicht als Sachleistung mit der Beklagten durch die Vorlage der eGK in Anspruch genommen. Im Gegensatz dazu habe er einen privaten Behandlungsvertrag als „Selbstzahler“ mit der G1 Privatklinik geschlossen. Auch könne keine wirkliche Notfallsituation vorgelegen haben. Denn im Falle einer tatsächlich bestehenden Notfallsituation hätte auch eine Privatklinik die beantragte Leistung als Naturalleistung erbracht. Im Notfall hätte auch eine Vertragsklinik - unabhängig von der Corona Pandemie - einen Notfallpatienten direkt aufnehmen und behandeln müssen. Denn auch in der Corona Pandemie sei die stationäre Krankenhausbehandlung in Vertragskrankenhäusern sichergestellt gewesen. Dabei stelle auch die stationäre Notfallbehandlung eines Versicherten in einem nicht zugelassenen Krankenhaus eine Naturalleistung der GKV dar. Der Vergütungsanspruch richte sich aber in einem solchen Fall nicht gegen den Versicherten, sondern allein gegen die GKV. So habe aber hat die G1 Privatklinik nicht abgerechnet. Die Beklagte habe die begehrte Leistung zu Recht abgelehnt, da es sich bei dieser Klinik nicht um ein zugelassenes Krankenhaus gehandelt habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.10.2021, welches der Kläger-Bevollmächtigten am 04.11.2021 zugestellt wurde, abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der stationären Behandlung in der Privatklinik nach der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage in § 13 Abs. 3 SGB V. Zudem habe der Kläger den Beschaffungsweg nicht eingehalten. Die rein formale Antragstellung reiche nicht aus. Der Kläger habe den Erlass des Bescheids am 08.04.2020 nicht abgewartet, sondern sich bereits am 07.04.2020 operieren lassen. Die Einhaltung des Beschaffungsweges sei auch nicht wegen etwaiger Unaufschiebbarkeit der Leistung entbehrlich gewesen, da ein Notfall nicht vorgelegen habe. Vorliegend habe sich der Kläger erstmalig am 24.02.2020 in der Notfallambulanz Urologie im Städtischen Klinikum wegen seiner Beschwerden vorgestellt. Beim Nachkontrolltermin am 25.02.2020 sei ein Operationstermin für den 20.03.2020 und somit erst fast einen Monat später ausgemacht worden. Am 19.03.2020 sei dieser Termin dann noch einmal auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Dies spreche gegen das Vorliegen eines Notfalls. Im Fall des Vorliegens eines Notfalls wäre die U1 Klinik des Städtischen Klinikums als Vertragskrankenhaus gehalten gewesen, den Kläger sofort oder sehr zeitnah zum Vorstellungstermin zu operieren. Auch bei L2 habe keine unaufschiebbare Leistung vorgelegen. Denn der Kläger sei bei diesem am 21.03.2020 vorstellig gewesen. Auch bei diesem Untersuchungstermin sei keine sofortige Operation des Klägers durchgeführt worden. Vielmehr habe der Kläger am 23.03.2020 erst einmal einen Kostenvoranschlag für die Operation in der Privatklinik von L2 erhalten. Der Kläger habe diesem mitgeteilt, er werde erst einmal mit der Kasse abklären, ob die Kosten für die Operation von dieser übernommen werden, und sich dann operieren lassen. Hätte wirklich ein Notfall vorgelegen, hätte sich L2 schon aus medizinischen Gründen auf eine solche Verschiebung der Operation nicht einlassen dürfen und dem Kläger unmissverständlich klarmachen müssen, warum er sich stattdessen bei ihm sofort operieren lassen sollte. Dies sei indes gerade nicht erfolgt. Vielmehr habe der Kläger erst noch mit der Kasse telefoniert, einen Antrag gestellt und dann sich vor der Ablehnung des Antrags durch Bescheid am 07.04.2020 und somit 18 Tage später auf eigenen Wunsch zu einer Operation entschlossen. Wenn man davon ausgehe, dass der Kläger seit seiner Erstvorstellung im Städtischen Klinikum schon unter diesen extremen Schmerzen gelitten habe, habe er es zumindest noch insgesamt 44 Tage bis zur Operation ausgehalten, so dass von einer Unaufschiebbarkeit der Leistung keine Rede mehr sein könne. Auch ein Systemversagen liege nicht vor. Der Kläger habe gewusst, dass die ärztliche Leistung des L2 eine Fremdleistung darstelle, da ihm dieser nicht zugesichert habe, dass die Kosten auf jeden Fall von der Beklagten übernommen würden. Auch habe der Kläger angegeben, sich auf eigenen Wunsch operieren zu lassen. Auch habe er sich bei der Beklagten zunächst rückversichern wollen, ob diese die Kosten übernehme. Eine Versorgungslücke sei ebenfalls nicht gegeben. Auch weise die Erkrankung des Klägers keine so außergewöhnliche Problematik auf, als dass eine operative Behandlung und Versorgung in einem der Vertragskrankenhäuser nicht möglich gewesen wäre. Der Kläger könne auch nicht mit dem Einwand gehört werden, dass die Kosten für die Behandlung in der Privatklinik den Kosten der Vertragskrankenhäuser entsprächen. Dieses Argument der vermeintlich gesparten Aufwendungen anderer Art komme im System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zum Tragen. Ein solcher Vermögensausgleich dürfe auch deshalb nicht stattfinden, weil sonst die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf Kostenerstattung ohne weiteres durchbrochen werden könnte. Der Kläger könne auch nicht erfolgreich einwenden, es liege eine unaufschiebbare Leistung vor, wenn er sich vor Aufnahme der privatärztlichen Behandlung vergeblich um eine stationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus bemüht habe und die Krankenkasse ihm auf Nachfrage keine Klinik habe benennen können, in der der Kläger umgehend hätte aufgenommen werden können. Denn vorliegend habe der Kläger - trotz der Gelegenheit im persönlichen Telefonat mit der Beklagten - nicht nachweislich bei dieser nachgefragt, ob sie ihm eine weitere Klinik benennen könne, bei der er es noch versuchen könne, oder ob sie ihm eine Liste mit Kliniken in seinem weiteren Umkreis geben könnte, bei denen er noch einen Operationstermin erfragen könnte. Die Krankenkassen seien nicht verpflichtet ihren Versicherten ungefragt konkrete vorrangige Behandlungsmöglichkeiten zu benennen.

Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2021 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt sowie ergänzend vorgetragen, das SG verkenne das Vorliegen eines Systemversagens in Form einer Versorgungslücke aufgrund der Pandemie. Im Frühjahr 2020 seien sämtliche Eingriffe abgesagt und die Krankenhäuser abgeriegelt worden. Ein Zuwarten auf den schlimmstmöglichen Fall - hier einer Urosepsis - sei angeraten worden. Es könne nicht ernsthaft von einem funktionierenden System gesprochen werden, wenn Patienten darauf verwiesen würden, zuhause abzuwarten, bis der Ernstfall eintrete. Vorliegend habe er in sechs Vertragskrankenhäusern seine Lage geschildert und um einen Operationstermin gebeten. Allesamt hätten ihn abgewiesen. Um der drohenden Urosepsis zu entgehen, habe er keine andere Wahl gehabt, als den Eingriff in einer Privatklinik durchführen zu lassen. 

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes Karlsruhe vom 18.10.2021 und den Bescheid vom 08.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten für die stationäre Behandlung vom 07.04.2020 bis 08.04.2020 in der G1 Privatklinik P1 in Höhe von insgesamt 6.461,81 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hat die Telefonnotizen vom 23.03.2020 und 24.03.2020 (Bl. 67 der Senatsakten) vorgelegt.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. L2, der G1 Privatklinik, hat in seiner Stellungnahme vom 18.06.2020 (Bl. 88 ff. der Senatsakten) ausgeführt, er habe den Kläger erstmals am 23.03.2020 ambulant urologisch untersucht. Über mehrere Wochen sei bereits die Harnableitung über perkutane Nephrostomie erfolgt. Der Kläger habe über die bei einliegender perkutaner Nephrostomie üblichen irritativen Beschwerden im Bereich der Austrittsstelle der perkutanen Nephrostomie berichtet sowie über die bestehende Einschränkung durch die Urinableitung in einen Beutel, der permanent habe getragen werden müssen. Am 30.03.2020 habe die sogenannte vorstationäre Untersuchung zur Vorbereitung des operativen Eingriffs stattgefunden. Während der in der G1 Privatklinik durchgeführten Behandlung sei die perkutane Entfernung des großen Nierenbeckensteins erfolgt. Aufgrund einer Entzündungsgefahr durch die permanente Verbindung zwischen Hohlsystem der linken Niere und der Umwelt aufgrund der einliegenden Nierenfistel sowie der Gefahr einer sog. Urosepsis sei aus ärztlicher Sicht eine unverzügliche Versorgung des Klägers erforderlich gewesen. Er habe den Kläger daher am 23.03.2020 zu einer unverzüglichen perkutanen Harnstein-Behandlung geraten. Die G1 Privatklinik sei eine urologische Spezialklinik, die ausschließlich privat versicherte Patienten und Selbstzahler versorge. H2,  hat unter dem 17.07.2022 mitgeteilt (Bl. 97 der Senatsakten), im Juli 2019 die Diagnose einer Nephrolithiasis links gestellt zu haben. Seit Juli 2019 habe keine einzige Untersuchung mehr stattgefunden. T1 und K2, bzw. der U2 Klinik des Städtischen Klinikums K1, haben in ihrer Stellungnahme vom 27.06.2022 (Bl. 98 ff. der Senatsakten) ausgeführt, den Kläger am 24.02.2020 und 25.02.2020 untersucht und behandelt zu haben. Am 24.02.2020 habe sich der Kläger mit kolikartigen Flankenschmerzen auf der linken Seite vorgestellt. Er sei bekannter Steinbildner. In der Urosonographie habe sich eine Harnstauungsniere auf der linken Seite gezeigt. Dieser Verdacht habe sich dann im daraufhin durchgeführten CT-Abdomen nativ bestätigt, bei welchem sich zwei ca. 2,4 x 1,4 und 1,1 x 0,8 cm große Harnleiterkonkremente auf der linken Seite gezeigt hätten. Laborchemisch habe sich bis auf eine geringgradige Leukozytose von 11,7/n1 und einem grenzgradig niedrigen Hb-Wert mit 13,2 g/d1 ein unauffälliges Labor gezeigt. Am 25.02.2020 habe sich der Kläger bei deutlicher Beschwerdebesserung erneut vorgestellt. Die Nephrostomie habe sich regelrecht in situ befunden. Sonographisch habe kein Hinweis mehr auf einem Harnstau bestanden. Der ursprünglich als Elektiveingriff geplante Operationstermin am 20.03.2020 sei aufgrund der akut auftretenden Corona-Pandemie mit deutlicher Reduktion der operativen Kapazität verschoben worden. Eine notfallmäßige Vorstellung des Patienten mit akut auftretender Beschwerdesymptomatik (Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen) wäre jedoch in ihrer Klinik jederzeit möglich gewesen.

Dazu hat die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 11.08.2022 vorgelegt (Bl. 112 ff. der Senatsakten). In diesem hat H3 u.a. ausgeführt, eine unverzügliche/notfallmäßige definitive Nierensteinsanierung wäre bei am 23.03.2020 dokumentierter Beschwerdefreiheit nicht erforderlich gewesen. In den vorliegenden medizinischen Unterlagen seien keine Komplikationen, Beschwerden oder Befunde dokumentiert, die ein derartiges Vorgehen begründen würden. Eine elektive Operation zur Entfernung des Nierensteins in einem Vertragskrankenhaus der GKV zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich von der Urologischen Klinik K1 geplant, wäre unverändert möglich, ausreichend und zweckmäßig gewesen. Bis zur elektiven Operation hätte die perkutane Nephrostomie regelmäßig gepflegt, kontrolliert und ggf. gewechselt werden müssen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger mitgeteilt, der stationäre Aufenthalt in der G1 Privatklinik habe bis zum 10.04.2020 gedauert. Zudem habe er noch drei Laborrechnungen im Zusammenhang mit der stationären Behandlung in der G1 Privatklinik vom 13.04., 28.04. und 29.04.2020 (Überweisungsnachweise Bl. 102 der SG-Akte) erhalten, weshalb er nunmehr weitere 986,30 € und eine Erstattung von insgesamt 6.461,81 € begehre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Kläger begehrt die Zahlung von 6.461,81 €.

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2020 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Kostenerstattung einer geplanten Behandlung in der G1 Privatklinik GmbH in P1 abgelehnt hat.

3. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 08.04.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage hiergegen ist zunächst zulässig, wobei die Erweiterung der Klage während des laufenden Berufungsverfahrens auf Kostenerstattung weiterer Laborrechnungen bereits unzulässig war (hierzu unter a). Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten in Höhe von 5.475,53 € für die stationäre Behandlung in der G1 Privatklinik ab dem 07.04.2020 (hierzu unter b).

a) Die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25.04.2023 erfolgte Klageerweiterung des Klagebegehrens auf Erstattung von Laborkosten in Höhe von 986,30 € ist unzulässig. Es handelt sich mangels identischen Streitgegenstandes nicht um eine zulässige Erweiterung des ursprünglichen Klageantrages im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG, sondern um eine - hier unzulässige - Klageänderung.

Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Als eine Änderung der Klage ist es u.a. nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG). Gemeinsame Voraussetzung für alle in Abs. 3 aufgeführte Tatbestände ist, dass der Klagegrund, d.h. der historische Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen Anspruch ableitet, derselbe geblieben ist (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG 13. Aufl. 2020, SGG § 99 Rn. 3).

Vorliegend handelt es sich nicht lediglich um eine Änderung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes, da der Kläger die tatsächliche und rechtliche Grundlage seiner Rechtsverfolgung (Klagegrund) gegenüber der Vorinstanz erweitert (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1-14). Dies entnimmt der Senat dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sowie den eingereichten Überweisungsnachweisen. Danach betrifft die Klageerweiterung in Höhe von 986,30 € Rechnungen für gesonderte Laborleistungen, die nicht durch die G1 Privatklink GmbH erbracht bzw. veranlasst und als allgemeine Krankenhausleistung abgerechnet wurden (vgl. § 3 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 der vom Kläger eingereichten Allgemeinen Vertragsbedingungen des Krankenhauses), sondern durch Dritte erbracht und gesondert abgerechnet wurden. Damit hat der Kläger einen neuen, von der streitigen stationären Krankenhausbehandlung eigenständigen Klagegrund in den Rechtstreit eingeführt.

Die erfolgte Klageänderung ist unzulässig, da die Beklagte hierin weder eingewilligt hat noch diese als sachdienlich anzusehen ist, da hiermit ein neuer Streitstoff in den Prozess eingeführt wurde, über den bislang kein Vorverfahren durchgeführt wurde und die geänderte Klage damit unzulässig wäre (vgl. Guttenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 99 Rn. 28). Insbesondere hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid explizit nur über den eingereichten Kostenvoranschlag der G1 Privatklinik vom 23.03.2020 bzw. über den vom Kläger in dieser Höhe bezifferten Erstattungsanspruch entschieden. Weiterhin fehlt es bezogen auf den neu eingeführten Erstattungsanspruch betreffend die Laborleistungen an einer Entscheidung des SG und damit an der sachlichen Zuständigkeit des LSG (Guttenberger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 99 Rn. 47 m.w.N.).

b) Ein Anspruch auf Kostenerstattung ergibt sich zunächst nicht aus § 13 Abs. 2 SGB V, da der Kläger nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 SGB V können Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Dabei ist eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen möglich (§ 13 Abs. 2 Satz 4 SGB V). Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden (§ 13 Abs. 2 Satz 12 SGB V). Eine entsprechende Erklärung hat der Kläger vorliegend nicht abgegeben.

Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind ebenfalls nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Fall 2) und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Ein Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse, und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26).

Beiden Varianten des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ist zudem gemein, dass die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren konfrontiert, mithin der sog. Beschaffungsweg eingehalten worden sein muss. Ein Anspruch auf Kostenerstattung besteht nur, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang besteht. Daran fehlt es bereits, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre. Daran fehlt es aber auch, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte (st. Rspr., z.B. BSG 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R, juris, Rn. 9, m.w.N.; BSG 17.06.2008, B 1 KR 31/07 R, juris Rn. 14). Dies gilt auch in Fällen, in denen von vornherein feststeht, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde, und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. BSG 17.06.2008, B 1 KR 31/07 R, juris Rn. 16; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, juris Rn. 12; BSG 20.05.2003, B 1 KR 9/03 R, juris Rn. 19 m.w.N.). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre - Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden - Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen, um gegebenenfalls aufzuzeigen, welche Leistungen anstelle der begehrten in Betracht kommen. Es ist nicht ausreichend, wenn der Versicherte sich - vor der rechtlichen Bindung oder vor der Inanspruchnahme - lediglich in irgendeiner Weise, z.B. telefonisch, bei der gesetzlichen Krankenkasse gemeldet und ihr die beabsichtigte Beschaffung mitgeteilt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Versicherte vor der Beschaffung/rechtlichen Verpflichtung mit der Krankenkasse ins Benehmen setzt und deren Entscheidung abwartet (st. Rspr. des BSG 15.04.1997, 1 BK 31/96, juris; weitere Nachweise bei Helbig, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK 4. Aufl. 2022, § 13 SGB V Rn. 59 ff.). Denn die Krankenkasse muss die Möglichkeit der Ermittlung des Sachverhalts sowie der Prüfung der Sach- und Rechtslage erhalten und durch die für sie vorgesehene Entscheidungsform des Verwaltungsakts abschließen können.

Dies gilt insbesondere auch für die erste Tatbestandalternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V, da diese Regelung verlangt, dass die Krankenkasse die medizinisch unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Unvermögen in diesem Sinne liegt nur vor bei einer Störung oder einem Versagen des Naturalleistungssystems, also nur dann, wenn die Dienst- oder Sachleistungspflicht mit den im SGB V vorgesehenen persönlichen und sächlichen Mitteln in der gesetzlich vorgeschriebenen Qualität und Art und Weise nicht erfüllt werden kann und der Versicherte deswegen gezwungen ist, seinen Bedarf selbst zu decken. Davon kann regelmäßig nur ausgegangen werden, wenn die Krankenkasse mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Ihr muss also grundsätzlich die Prüfung ermöglicht werden, ob die Leistung im Rahmen des Sachleistungssystems bereitgestellt werden kann und wie gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen ist. Mit anderen Worten: Auch im Anwendungsbereich der ersten Tatbestandsalternative bleibt es bei dem allgemein für außervertragliche Behandlungen geltenden Grundsatz, dass der Krankenkasse eine Möglichkeit zur Überprüfung des Leistungsbegehrens einzuräumen ist, bevor dem Versicherten erlaubt wird, sich die benötigte Leistung außerhalb des Sachleistungssystems selbst zu beschaffen. Fingiert werden kann die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung, wenn eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden kann, z.B. aus Zeitgründen oder weil der Gesundheitszustand des Versicherten dies ausschließt. Behauptete Schwierigkeiten bei der Leistungsbeschaffung wegen mangelnder Vertrautheit großer Teile der Ärzteschaft mit einem bestimmten Krankheitsbild hat das BSG in diesem Zusammenhang für nicht ausreichend gehalten. Auch die mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zu einem bestimmten Arzt begründete Unzumutbarkeit einer Behandlung durch einen anderen Arzt vermag kein Unvermögen der Kasse zur rechtzeitigen Leistung zu begründen (Helbig, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2022, § 13 SGB V Rn. 63 m.w.N.).

Ungeachtet der übrigen Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V steht für den Senat fest, dass vorliegend bereits der Beschaffungsweg nicht eingehalten wurde. Die Kostenbelastung des Klägers ist nicht auf eine vorherige Leistungsablehnung durch die Beklagte zurückzuführen.

Der Kläger hat vorliegend eine Entscheidung über seinen am 31.03.2020 gestellten Antrag auf Kostenerstattung der von ihm geplanten Operation nicht abgewartet, sondern diese bereits am 07.04.2020 durchführen lassen. Die Beklagte hat den Antrag erst mit Bescheid vom 08.04.2020 abgelehnt. Der Auskunft des L2 vom 18.06.2022 ist zudem zu entnehmen, dass bereits am 30.03.2020, also noch vor Antragstellung, die vorstationäre Untersuchung zur Vorbereitung des operativen Eingriffs in der G1 Privatklinik erfolgt ist, der Kläger sich mithin spätestens zu diesem Zeitpunkt auf eine Behandlung in dieser Klinik (vor-)festgelegt hat.

Anhaltspunkte dafür, dass die vorherige Einschaltung der Krankenkasse vor Durchführung der minimalinvasiven perkutanen Nierensteinentfernung nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, sind vorliegend unter Berücksichtigung des zeitlichen Geschehensablaufes ebenfalls nicht ersichtlich. Dies ergibt sich vorliegend bereits aus dem Umstand, dass eine unaufschiebbare Leistung nicht gegeben war.

Die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will (zum Ganzen BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Nur wenn die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstbeschaffung durch den Versicherten erzwingt, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (vgl. BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, BSGE 111, 289); der Leistungserbringer muss jedoch die entsprechende Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzen (BSG 20.02.2004, B 1 KR 10/03 B, juris). Gleiches gilt für die Fälle einer unaufschiebbaren Leistung.

Eine unaufschiebbare Leistung lag hier nicht vor. Dabei ist zunächst eine unaufschiebbare Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V von einem Notfall abzugrenzen. Ein Notfall im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V begründet grundsätzlich keinen Kostenerstattungsanspruch, sondern führt dazu, dass die Leistung als Naturalleistung erbracht wird und der Leistungserbringer die Vergütung nicht vom Versicherten verlangen kann. Bei einer stationären Notfallbehandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus richtet sich der Vergütungsanspruch allein gegen die Krankenkasse (BSG 09.10.2001, B 1 KR 6/01 R, BSGE 89, 39). Ein Notfall liegt dann vor, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines zugelassenen Therapeuten und dessen Behandlung fehlt, also ein unmittelbar aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss (BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, BSGE 97, 6). Ein solcher Notfall war hier nicht gegeben.

Ein entsprechender Notfall hat bereits deshalb nicht vorgelegen, weil L2 bei einem Notfall unmittelbar mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung hätte abrechnen müssen und dem Versicherten selbst keine Rechnungen über die durchgeführte Notfallbehandlung hätte stellen dürfen (vgl. BSG 18.07.2006, B 1 KR 9/05 R, juris Rn. 18 m.w.N.; BSG 14.12.2006, B 1 KR 114/06 B, juris Rn. 5). Ein entsprechender Notfall ist auch weder dem Arztbrief des L2 vom 24.03.2020, der von Beschwerdefreiheit spricht, noch seiner „Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse“ vom 22.04.2020 zu entnehmen, in welcher lediglich festgehalten ist, dass die durchgeführte minimalinvasive perkutane Nierensteinentfernung aus ärztlicher Sicht dringend indiziert war aufgrund des Risikos einer komplizierten Harnwegsinfektion bei verzögerter Behandlung des partiellen Nierenbeckenkelchausgusssteins. Konkrete Befunde, insbesondere Laborwerte o.ä., die eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers belegen könnten, werden hingegen nicht angegeben.

Dass bei dem Kläger kein Notfall gegeben war, schließt jedoch das Vorliegen einer unaufschiebbaren Leistung nicht aus. Soll der 1. Variante des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V überhaupt ein Anwendungsbereich zukommen (zu diesem Gesichtspunkt auch BSG 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R, juris), muss es Fälle geben, in denen die Behandlung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (so die Definition des BSG zur Unaufschiebbarkeit, vgl. BSG 24.04.2018, B 1 KR 29/17 R, Rn. 22, juris; BSG 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R, juris; BSG 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170), ein Notfall im oben dargelegten Sinne jedoch (noch) nicht vorliegt (siehe hierzu ausführlich Urteil des Senats vom 19.04.2016, L 11 KR 3930/15, juris Rn. 25 - 26). Mithin darf dem Versicherten ein Zuwarten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird (BSG 24.04.2018, B 1 KR 29/17 R, juris Rn. 22 m.w.N.). Von einer derartigen Dringlichkeit konnte sich der Senat indes nicht überzeugen.

Vorliegend wurde der Kläger aufgrund kolikartiger Flankenschmerzen in der Urologischen Klinik des S1 Klinikums K1 nach einer körperlichen Untersuchung und einer Urosonographie am 24.02.2020 mit einer perkutanen Nephrostomie versorgt. Bei der postinterventionellen Vorstellung am 25.02.2020 wurden ein regelrechter Sitz der Nephrostomie sowie eine deutliche Beschwerdeverbesserung bei einer unauffälligen laborchemischen Kontrolle und keinem (sonographischen) Hinweis auf einen Harnstau festgestellt. Ein Operationstermin war zunächst für den 20.03.2020 vorgesehen, wurde jedoch am 19.03.2020 auf zunächst unbestimmte Zeit verschoben. Im Nachgang wurde dem Kläger ein Operationstermin Mitte Mai 2020 in Aussicht gestellt. Medizinische Gründe, warum dem Kläger ein Zuwarten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zumutbar gewesen sein soll, sind nicht ersichtlich.
So war der Kläger auch zum Zeitpunkt der Untersuchung am 23.03.2020 laut dem Arztbrief des L2 vom 24.03.2020 beschwerdefrei, das Nierenlager beidseits ohne Druck und Klopfschmerz, Blasenscheitel unauffällig, die äußeren Genitale inspektorisch und palpatorisch unauffällig. Auch der Zusammenfassung des Berichts ist keine besondere Dringlichkeit zu entnehmen. So rät L2 dem Kläger in dieser zwar zu einer Mini-PCNL, der Kläger wollte sich den Entschluss zur weiteren Behandlung jedoch noch überlegen. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden sind dem Bericht hingegen nicht zu entnehmen. So führt L2 in seiner Stellungnahme vom 18.06.2022 auch nur aus, der Kläger habe über die bei einliegender perkutaner Nephrostomie üblichen irritativen Beschwerden im Bereich der Austrittsstelle der perkutanen Nephrostomie sowie die Einschränkung durch Urinableitung in einen Beutel geklagt. Sich stetig verstärkende Schmerzen hat er nicht festgehalten. Ausweislich der Anamnese hatte der Kläger gegenüber L2 „Beschwerdefreiheit“ angegeben. Konkrete Befunde, die für zeitnahe Behandlung sprechen könnten, trägt L2 nicht vor. Solche sind auch der „Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse“ vom 22.04.2020 nicht zu entnehmen (siehe bereits oben). Der Kläger hat sich in den Wochen vor der Durchführung der Operation auch weder bei seinem behandelnden Urologen noch in einer anderen Klinik aufgrund etwaiger Beschwerden vorgestellt, auch eine Schmerzmedikation ist den vorliegenden Berichten nicht zu entnehmen. Eine Unaufschiebbarkeit aufgrund dringender medizinischer Gründe ist daher nicht belegt.

Auch die beim Kläger vorliegende perkutane Nephrostomie bedingt nicht per se eine Unaufschiebbarkeit im Sinne einer zeitnahen Behandlung. Auch wenn diese bei längerem Tragen regelmäßig gewechselt werden muss (spätestens nach zehn Wochen), sind solche Katheter jedoch grundsätzlich für ein längeres Tragen konzipiert. Harnwegsinfektionen können hierdurch begünstigt werden, sind jedoch mit Antibiotika gut behandelbar. Nur im Extremfall kann es zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung bei einer Verschleppung von Keimen in die Blutbahn kommen (https://ammerland-klinik.de/medeport/Boegen/URO_12_DE.pdf). Hierfür bestanden aber gerade keinerlei Anzeichen (insbesondere Fieber mit Schüttelfrost) beim Kläger.


Dem Kläger steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens zu (vgl. hierzu die Übersicht bei LSG Berlin-Brandenburg 29.08.2012, L 9 KR 244/11, juris Rn. 19; LSG Hamburg 23.08.2018, L 1 KR 95/17, juris Rn. 26). In der Rechtsprechung des BSG wurde ein Systemversagen angenommen bei Unvermögen des Leistungssystems (Urteil BSG 16.12.1993, 4 RK 5/92, juris), zögerlicher oder willkürlicher Bearbeitung eines Antrags durch die Krankenkasse (BSG 08.11.2011, B 1 KR 19/10 R, juris), wenn eine ausreichend erprobte bzw. bewährte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode trotz Erfüllung der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen aus Gründen, die in den Verantwortungsbereich der Ärzte und Krankenkassen fallen, noch nicht in die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) aufgenommen wurde (BSG 28.03.2000, B 1 KR 11/98 R; BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, juris), wenn die Auslegung des SGB V, die mit dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot unvereinbar war, bei der Versorgung der Leistungsberechtigten zu einer Bevorzugung der im Inland zugelassenen Leistungserbringer führte (BSG 13.07.2004, B 1 KR 11/04 R, juris), wenn Ärzte oder Zahnärzte in einer Region in der von § 95b Abs. 1 SGB V bezeichneten Form aus der Versorgung ausscheiden und die Krankenkassen in den vom Kollektivverzicht betroffenen Leistungsbereichen ihrer Sicherstellungsverpflichtung nicht umgehend nachkommen können (BSG 27.06.2007, B 6 KA 37/06 R, juris) oder wenn mangels einer hinreichenden Zahl von Therapeuten eine Versorgungslücke besteht (BSG 18.07.2006, B 1 KR 24/05 R, juris; vgl. auch BSG 17.12.2020, B 1 KR 4/20 R, juris Rn. 29). Diese Übersicht verdeutlicht, dass ein anspruchsbegründendes Systemversagen zumindest voraussetzt, dass der „Fehler“ im Verantwortungsbereich einer der Institutionen des GKV-Systems, also einer Krankenkasse, des GBA oder der Zulassungsgremien liegt (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.; LSG Hamburg a.a.O.). Ein Systemversagen würde hier daher voraussetzen, dass dem Kläger eine Behandlung seines großen Nierenbeckensteins aus von der Beklagten oder dem System der gesetzlichen Krankenversicherung zu verantwortenden Gründen nicht zeitnah in Anspruch nehmen konnte. Hiervon konnte sich der Senat nicht überzeugen.

So gaben T1 und K2 vom S1 Klinikum K1 in ihrer Stellungnahme vom 27.06.2022 an, dass eine notfallmäßige Vorstellung des Patienten mit akut auftretender Beschwerdesymptomatik (Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen) in ihrer Klinik jederzeit möglich gewesen wäre. Hierauf wurde der Kläger bereits bei seiner Vorstellung am 24.02.2020 und 25.02.2020 hingewiesen. Darüber hinaus wurde dem Kläger für den begehrten Elektiveingriff ein Operationstermin für Mitte Mai 2020 in Aussicht gestellt.  Ein Zuwarten wäre dem Kläger nach den obigen Ausführungen auch zumutbar gewesen.

Mangels lebensbedrohlicher oder regelmäßig tödlich verlaufender oder wertungsmäßig damit vergleichbarer Erkrankung ergibt sich auch kein Anspruch aus § 2 Abs. 1a SGB V.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. 



 

Rechtskraft
Aus
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