L 10 KR 657/22 SodEG

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 KR 2365/21
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 657/22 SodEG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 34/23 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.08.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Streitig ist die Berechnung der Ausgleichszahlungen aus dem sog. Corona-Rettungsschirm für Heilmittelerbringer nach der COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung (COVID-19-VSt-SchutzV˃).

Die Klägerin betreibt eine physiotherapeutische Praxis mit zwei Niederlassungen in Y. (Therapiezentrum F., Institutionskennzeichen ˂IK˃ N01, Erstzulassung 01.01.2003) und W. (Therapiezentrum S., IK N02, Erstzulassung 01.04.2015).

Am 27.05.2020 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für beide Niederlassungen Ausgleichszahlungen nach der COVID-19-VSt-SchutzV, welche diese am 09.06.2020 in Höhe von 29.089,52 € (Therapiezentrum F.) bzw. 30.990,61 € (Therapiezentrum S.) erbrachte. Hierbei legte sie die ihr durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) übermittelten Umsätze der Klägerin für das vierte Quartal 2019 in Höhe von 72.723,81 € (Therapiezentrum F.) bzw. 77.476,53 € (Therapiezentrum S.) zugrunde.

Hiergegen wandte sich die Klägerin zunächst mit E-Mails vom 15.06.2020 (Therapiezentrum F.) bzw. 16.06.2020 (Therapiezentrum S.), mit denen sie geltend machte, sie könne die ausgezahlten Beträge nicht nachvollziehen. Die kassenärztliche Abrechnung erfolge über das T. Rechenzentrum. Unter Zugrundelegung der von dort abgerechneten Beträge (Therapiezentrum S.: 10/19= 26.400,32 €, 11/19= 46.825,61 € und 12/19= 40.607,27 € und Therapiezentrum F.: 10/19= 23.888 € 34,11/19= 37.353,49 € und 12/19= 28.488,47 €) ergäben sich höhere Ausgleichszahlungen.

Mit Schreiben vom 12.01.2021 bzw. 20.01.2021 legte die Klägerin jeweils gegen die Höhe der Auszahlungsbeträge (ausdrücklich) Widerspruch ein. Gemäß § 2 Abs. 1 der COVID-19-VSt-SchutzV erhielten Leistungserbringer, die vor dem 30.09.2019 zugelassen worden sind, auf Antrag eine Ausgleichszahlung i.H.v. 40 % der Vergütung, die sie im vierten Quartal 2019 für Heilmittel im Sinne des § 32 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gegenüber den Krankenkassen abgerechnet haben. Sie habe im vierten Quartal 2019 tatsächlich Leistungen im Wert von 118.288,25 € (Therapiezentrum S.) bzw. 91.383,77 € (Therapiezentrum F.) erbracht, von denen ihr 40 %, also insgesamt weitere 23.795,67 € zustünden. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV im Lichte der Art. 3 Abs. 1 und 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Die Regelung über die Ausgleichszahlung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da eine Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem erfolge, soweit die Entschädigungszahlung sich für alle Heilmittelerbringer ungeachtet der jeweiligen konkreten Abrechnungspraxis nach den Abrechnungen aus dem letzten Quartal 2019 bemesse. Heilmittelerbringer nähmen die Abrechnungen in der Realität in zeitlich unregelmäßigen Abständen vor. So würden ca. 80 % aller Heilmittelerbringer monatlich abrechnen, 20 % dagegen in anderen zeitlichen Abständen. Insoweit lasse die Anknüpfung an Abrechnungsdaten keine Rückschlüsse auf einen Rückgang der vorgenommenen Heilmittelbehandlungen zu. Ungefähr 60-70 % aller Rezepte würden zudem über ein Rechenzentrum abgerechnet, wodurch sich das Abrechnungsdatum auf denjenigen Zeitpunkt nach hinten verschiebe, in dem das Rechenzentrum die Weiterleitung vornehme. Hinzukomme, dass die Abrechnungsvorgaben der einzelnen Krankenkassen an die Rechenzentren (tägliche/wöchentliche/monatliche Abrechnung, Abrechnung erst nach Ansammlung einer gewissen Anzahl von Rezepten) ebenfalls voneinander abwichen, sodass eine ständige Verwaltungspraxis nicht existiere. Leistungen, die im vierten Quartal 2019 erbracht, aber erst im Laufe des Jahres 2020 abgerechnet worden seien, würden bei der Berechnung der Ausgleichszahlung nicht berücksichtigt. Eine Vergleichbarkeit der Abrechnungen läge nur dann vor, wenn alle Heilmittelerbringer in gleichen zeitlichen Abständen abrechnen würden.

Faktisch führe die Berechnung der Ausgleichszahlungen anhand der nach § 2 Abs. 4 COVID-19-VSt-Schutz-V vorgegebenen Abrechnungsdaten dazu, dass es Heilmittelerbringer gebe, die entweder gar keine oder gegenüber ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Stellung verzerrte Zahlungen erhielten. Im Falle der Klägerin, die über das Rechenzentrum T. abrechne, seien sämtliche Leistungen von Ende November bis Ende Dezember 2019 erst im Januar 2020 an den GKV-Spitzenverband übermittelt worden. Dies führe zu einer verzerrten Zahlung. Für die dargelegte Gleichbehandlung fehle es an einem sachlichen Grund. Es sei auch kein Zweck verfolgt worden, der einer an Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Prüfung standhalte. Insbesondere rechtfertige eine Vereinfachung der Verwaltungsabläufe die Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte nicht. Zwar dürfe in Massesachverhalten unter bestimmten Umständen eine Typisierung vorgenommen werden. Hierbei müsse sich der Normgeber aber am Regelfall und nicht an atypischen Fällen orientieren. Der Verordnungsgeber habe jedoch einen atypischen Sachverhalt gewählt. Der Normgeber habe in bedenklicher Weise einen „häufigen Fall“ (80 % der Leistungserbringer) dem Regelfall gleichgesetzt und vernachlässige 20 % der Leistungserbringer. Zwar könne eine Typisierung auch zulässig sein, wenn dadurch in Grenzfällen bestimmte Härten im Einzelfall aufträten. Ein solcher Einzelfall liege bei einer Fehlerquote von rund 20 % jedoch nicht vor, die Grenze vertretbarer Typisierung sei überschritten. Gleichwohl sei eine Härtefallregelung nicht getroffen worden. Der Gesetzgeber habe so eine willkürliche Regelung getroffen, da es nur vom Zufall abhänge, welche Abrechnungsvariante der einzelne Anspruchsteller gewählt habe und ob er eine Ausgleichszahlung erhalte oder nicht.

Zu beanstanden sei auch, dass die der Berechnung der Ausgleichszahlung durch die Beklagte zugrundegelegten Abrechnungsdaten durch die Heilmittelerbringer nicht nachvollzogen werden könnten. Es werde insofern gegen das für Hoheitsträger bei der Datenverarbeitung geltende Transparenzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen. Zudem wären andere ressourcenschonende Lösungen möglich gewesen, da bei den Krankenkassen auch die Daten über die tatsächliche Leistungserbringung vorhanden seien und zeitnah hätten ausgelesen werden können. Der hierdurch bedingte Mehraufwand für die Krankenkassen wäre überschaubar. Auch die Bildung eines Jahresabrechnungsdurchschnittes wäre alternativ möglich gewesen Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz liege weiter darin, dass neu zugelassene Leistungserbringer Ausgleichszahlungen in pauschaler Höhe erhielten, während Leistungserbringer, die schon vor dem 30.09.2019 zugelassen worden seien, den abrechnungsunabhängigen Pauschalbetrag nicht erhielten.

Die unterschiedliche Berücksichtigung der Heilmittelerbringer bei der Auszahlung verletze zudem die Berufsfreiheit. Aus Art. 12 GG ergebe sich das Gebot der „hoheitlichen Respektierung der wettbewerblichen Ausgangslage“. Hiergegen verstoße eine Subventionierung, die auf einem kohärenten Wirtschaftsmarkt trotz gleicher wettbewerblicher Ausgangslage und ohne sachlichen Differenzierungsgrund nur einem Teil der konkurrierenden Teilnehmer zufließe. Bei den Ausgleichszahlungen handele es sich um eine Subvention, die aufgrund ihrer Ausgestaltung nicht allen Heilmittelerbringern zugeflossen sei und die deshalb zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht führe, in dessen Folge der ursprünglich ausgeglichene Heilmittelmarkt verzerrt werde. Eine Rechtfertigung finde sich hierfür nicht.

§ 2 Abs. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV müsse daher verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass es statt auf die Vornahme der Abrechnung auf die der Abrechnung zugrundeliegende Leistungserbringung ankomme. Dem stehe der Wortlaut „abgerechnet“ nicht entgegen. Bei außerhalb der Norm liegenden eindeutigen Hinweisen auf einen über den Wortlaut hinausgehenden Regelungsgehalt könne die Auslegung die Wortlautgrenze überschreiten. Da es dem Normgeber eindeutig auf die Bestandssicherung der Heilmittelerbringer durch Ausgleich der Verluste aus dem pandemiebedingten Behandlungsrückgang angekommen sei, lägen entsprechende überzeugende Indizien vor.

Hilfsweise ergebe sich ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf höhere Leistungen unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass das GG Leistungs- und Ausgleichsansprüche gewähren könne. In der sozialrechtlichen Rechtsprechung würden vergleichbare Leistungsansprüche unter dem „Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit“ und dem „Grundsatz auf angemessene Vergütung“ diskutiert. Das Bundessozialgericht (BSG) erkenne den verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruch hinsichtlich des Anspruches eines Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Leistungen ausdrücklich an. Das BSG gewähre einen Geldanspruch, wenn die Funktionsfähigkeit der (vertragsärztlichen) Versorgung gefährdet sei. Diese Rechtsprechung könne auf die Heilmittelversorgung übertragen werden. Dies folge schon aus der Zielrichtung des Schutzschirms, der ausdrücklich die Aufrechterhaltung der Versorgungsstrukturen im Heilmittelbereich habe gewährleisten wollen. Die bei der Ausgleichszahlung außerachtgelassenen Heilmittelerbringer sähen sich nicht nur den wirtschaftlichen Nachteilen aus dem Behandlungsrückgang während der Pandemie ausgesetzt, sondern seien gegenüber begünstigten Heilmittelerbringen benachteiligt, da sich diese die wirtschaftliche Sicherheit nicht „zurück erarbeiten“ müssten.

Schließlich bestehe ein derivativer Teilhabeanspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG an den bereitgestellten Geldern für die Entschädigungszahlungen. Bei einem ungerechtfertigten Gleichheitsverstoß hätten Betroffene nach allgemeiner Ansicht einen Anspruch auf Gleichbehandlung, solange die Gewährung der begehrten Leistung die einzige Möglichkeit sei, den Gleichheitsverstoß zu vermeiden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2021 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Abrechnungsdaten des vierten Quartals 2019 würden dem GKV-Spitzenverband von den Krankenkassen im vierteljährlichen Rhythmus im Rahmen des GKV-Heilmittel-Informations-Systems (GKV-HIS) zur Verfügung gestellt und hätten diesem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der COVID-19-VSt-SchutzV bereits vorgelegen. Der Rückgriff auf diese Daten habe der Beklagten eine schnellstmögliche Anweisung der Ausgleichszahlungen direkt nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung und Antragstellung ermöglicht. Zwar ließen die Abrechnungsdaten keine Rückschlüsse auf einzelne Verordnungen zu. Die Beklagte sei bei der Bewilligung der Ausgleichszahlungen aber an die dem GKV-Spitzenverband vorliegenden und übermittelten Daten gebunden. Diese könnten durch die Beklagte auch nicht überprüft werden, da weder die Vorschriften des Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) noch der COVID-19-VSt-SchutzV eine unmittelbare Mitteilung der Abrechnungsdaten der Leistungserbringer durch die Krankenkassen gegenüber der Beklagten zuließen. Eine Auszahlung durch die Beklagte aufgrund eigener Nachberechnungen und unabhängig von den Daten, die der GKV-Spitzenverband gemeldet habe, sei ausgeschlossen. Leistungen, die im vierten Quartal erbracht, aber erst im Laufe des Jahres 2020 abgerechnet wurden, dürften danach nicht berücksichtigt werden. Entscheidend seien daher nicht die im vierten Quartal erzielten Vergütungen, sondern allein die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V bei Inkrafttreten der Verordnung vorliegenden Daten. Sinn und Zweck dieser Regelung sei es, dass die Ausgleichszahlung gerade nicht an konkret nachzuweisende und im Einzelfall zu berechnende Umsätze anknüpfe, um eine schnelle, bürokratiefreie Zahlung zu ermöglichen. Bei einer Festlegung pauschaler Ausgleichsleistungen ohne Bezug zur Praxisgröße wären Praxen mit großen Ausfällen benachteiligt worden. Mit der Anknüpfung der Ausgleichszahlungen an vorhandene, umsatzbezogene Zahlen sei eine Bezugsgröße gewählt worden, die eine detaillierte Einzelfallprüfung entbehrlich gemacht und gleichwohl eine nicht von jeder Beziehung zur konkreten Praxis freie Ausgleichszahlung ermöglicht habe. Die durch den Verordnungsgeber gewählte Typisierung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber sei von dem Regelfall ausgegangen, dass die Leistungserbringer regelmäßig abrechnen und somit im vierten Quartal 2019 einen relativ repräsentativen Umsatz erzielt haben. Dies sei auch für mindestens 80 % aller Leistungserbringer zutreffend gewesen und stelle unzweifelhaft die große Mehrheit und daher den typischen Regelfall dar. Selbst wenn 20 % der Leistungserbringer nicht monatlich abrechneten, bedeute dies nicht automatisch, dass diese Gruppe im vierten Quartal 2019 überhaupt nicht abgerechnet habe. Dies sei auch nicht der Fall gewesen. Tatsächlich sei die Anzahl der Leistungserbringer, die im vierten Quartal aus unterschiedlichsten Gründen gar nicht abgerechnet hätten, extrem gering gewesen. Insofern hätten mehr als 80 % aller betroffenen Leistungserbringer von dem Schutzschirm profitiert. Hierfür spreche auch, dass lediglich ein Prozent der betroffenen Heilmittelerbringer von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht habe. Der Umstand, dass 50 % aller Rezepte über Abrechnungsdienstleister abgerechnet würden, spiele im Ergebnis ebenfalls keine Rolle. Es sei nicht ersichtlich, dass die Berechnungsgrundlage der Ausgleichszahlungen dadurch geschmälert werde, da durch die zeitverzögerte Abrechnung stattdessen in der Regel auch Abrechnungen aus dem dritten oder einem früheren Quartal 2019 Berücksichtigung gefunden hätten. Eine Schlechterstellung der Heilmittelerbringer, die Abrechnungsdienstleister genutzt hätten, habe daher im Regelfall nicht vorgelegen. Sofern vorgetragen werde, dass mit überschaubaren Mehraufwand und einer moderaten Anpassung der Verwaltungsabläufe auch auf die tatsächlichen Daten der einzelnen Leistungserbringer bei den Krankenkassen hätte zurückgegriffen werden können, verkenne die Klägerin, dass es aktuell noch 103 gesetzliche Krankenkassen gebe und die Leistungserbringer Patienten verschiedenster Krankenkassen behandelten. Insofern hätten 103 Krankenkassen zu allen 70.000 IK der Heilmittelerbringer die Daten einzeln auslesen, die nach der COVID-19-VSt-SchutzV von der Berechnung ausgeschlossenen Heilmittelverordnungen (z.B. zahnärztliche Verordnungen) herausfiltern und die Daten dann zu einer übergeordneten Koordinierungsstelle weiterleiten müssen. Dort hätten die Daten zu den jeweiligen IK von allen Krankenkassen zusammengeführt werden müssen. Erst danach wäre eine Datenlage vorhanden gewesen, auf deren Basis die Ausgleichszahlung hätte berechnet werden können. Insofern könne nicht von einem moderaten und überschaubaren Aufwand gesprochen werden. Der Verordnungsgeber habe bewusst darauf verzichtet, auf im Einzelfall zu prüfende tatsächliche pandemiebedingte Umsatzausfälle oder einen konkreten Unterstützungsbedarf abzustellen. Auch eine Rückzahlverpflichtung habe er nicht vorgesehen. Die Beklagte habe auch keine Normverwerfungskompetenz, sondern sei nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebunden. Sie habe damit keine Möglichkeiten gehabt, die Regeln der COVID-19-VSt-SchutzV eigenmächtig für unanwendbar zu erklären oder zumindest verfassungskonform auszulegen. Die vorliegend an die Klägerin erfolgte Auszahlung habe den geltenden Regelungen entsprochen.

Am 23.12.2021 hat die Klägerin beim Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sich die Beklagte zu Unrecht auf den vermeintlich eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV berufe. Die Beklagte verkenne, dass der Wortlaut der Norm mehrere Auslegungen zulasse. Es sei bereits nicht klar, ob es sich bei den „abgerechneten“ Leistungen um die „gegenüber den Krankenkassen abgerechneten“ Vergütungen für Heilmitteldienstleistungen oder „die dem Spitzenverband und der Krankenkassen nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Abrechnungsdaten“ handele. Die Beklagte sei auch befugt gewesen, die verfassungswidrigen Regelungen zu verwerfen. Fehlerhafte Rechtsverordnungen seien grundsätzlich nichtig. Die Ansicht der Beklagten führe zu dem paradoxen Ergebnis, dass die Behörde sehenden Auges rechtswidrige untergesetzliche Regelungen durchsetzen müsse.

Die Beklagte hat im Wesentlichen ihrer Ausführungen aus dem angefochtenen Bescheid wiederholt.

Mit Urteil vom 18.08.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf höhere Ausgleichszahlungen. Die Beklagte habe die Höhe der Ausgleichszahlung korrekt berechnet und festgelegt. Für die Berechnung seien allein die der Beklagten vom GKV-Spitzenverband übermittelten Daten für das vierte Quartal 2019 gemäß § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V maßgeblich. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 2 Abs. 4 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV, nach dem die Daten zugrunde zu legen „sind“. Der Wortlaut räume der Beklagten insoweit kein Ermessen ein. In § 2 COVID-19-VSt-SchutzV sei keine andere Berechnungsweise für Zahlungen vorgesehen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm sei nur die Summe der leistungserbringerbezogenen zusammengefassten Daten an die Beklagte zu übermitteln. Der Gesetzgeber habe mit § 2 Abs. 4 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV vorgegeben, was unter der „abgerechneten Vergütung“ im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 der Verordnung gemeint ist, nämlich die Daten nach § 87 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V. Diese Auslegung finde ihre Stütze in Sinn und Zweck der COVID-19-VSt-SchutzV, die – unter Zugrundelegung eines pauschalen Betrages i.H.v. 40 % der abgerechneten Vergütung aus dem vierten Quartal 2019 – vor allem die Gewährleistung einer schnellen und bürokratiearmen Auszahlung der Hilfen habe gewährleisten sollen. Die Ausgleichszahlungen hätten den Zweck gehabt, hohe Einkommensausfälle aufgrund rückläufiger Behandlungsfälle infolge der COVID-19-Pandemie aufzufangen, um so die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Praxen zu sichern und die Versorgung sicherzustellen. Dass dem Verordnungsgeber an der Gewährung eines zügigen Verfahrens gelegen gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass gemäß § 2 Abs. 3 S. 4 COVID-19-VSt-SchutzV das Nähere zum Antragsverfahren und zur Anweisung der Ausgleichszahlungen vom GKV-Spitzenverband bis zum 15.05.2020 und damit innerhalb von zwei Wochen nach Inkrafttreten der Verordnung am 05.05.2020 zu regeln gewesen ist. Der GKV-Spitzenverband habe die Daten bis zum 19.05.2020 an die jeweils zuständige Arbeitsgemeinschaft zu übermitteln gehabt. Ein Abgleich der Daten mit den vom Leistungserbringer genannten, konkret nachzuweisenden und im Einzelfall zu berechnenden Leistungen wäre mit dem Ziel eines unbürokratisch und zügig umzusetzenden Verfahrens nicht vereinbar gewesen. Die Kammer habe auch keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der COVID-19-VSt-SchutzV. Insbesondere sei diese nicht dahingehend auszulegen, dass auf die tatsächliche Leistungserbringung im vierten Quartal 2019 und nicht die in diesem Zeitraum abgerechneten Leistungsfälle abzustellen sei. Sofern ein Eingriff in Art. 3 Abs. 1 GG vorliege, sei dieser verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die Klägerin sei auch nicht dadurch nicht in zu beanstandender Weise benachteiligt, dass sie sich eines Abrechnungsdienstleisters bedient habe, der ggf. Behandlungsfälle aus dem vierten Quartal 2019 erst im Jahr 2020 abgerechnet habe. Denn stattdessen dürften in diesem Zeitraum Abrechnungen aus dem vorhergehenden Quartal teilweise in die Berechnung eingeflossen sein. Weiter sei zu berücksichtigen, dass Ausgleichszahlungen auch in Fällen ohne oder mit nur geringen Einkommensausfällen erbracht worden seien. Bei der Ausgleichszahlung handele es sich insofern um eine freiwillige Unterstützungszahlung und gerade nicht um eine Entschädigungszahlung. Eine Anknüpfung an tatsächlich erlittene Einbußen, Ausfälle und Schäden erfolge nicht. Die gewählte Anknüpfung an das vierte Quartal 2019 sei auch interessengerecht, da 80 % der Leistungserbringer monatlich abrechnen würden. Der Verordnungsgeber habe den Regelfall zugrunde gelegt. Bei Berücksichtigung jeden Einzelfalles wäre das Verfahren wesentlich zeitintensiver verlaufen. Zudem hätte als Konsequenz aus einem solchen Vorgehen auf der Kehrseite auch geprüft werden müssen, ob den Leistungserbringern tatsächlich Einbußen entstanden seien. Ein Verfassungsverstoß sei auch insoweit nicht ersichtlich. Die COVID-19-VSt-SchutzV greife nicht in Art. 12 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liege bei jeder Maßnahme vor, die die Wahl oder Ausübung des Berufes einschränke oder unmöglich mache. Erforderlich sei eine objektiv oder subjektiv berufsregelnde Tendenz. Diese Maßnahme müsse danach gerade auf Berufsregelungen abzielen oder sich unmittelbar auf die berufliche Tätigkeit auswirken oder in ihren mittelbaren Auswirkungen von einigem Gewicht sein. Danach liege bereits kein Eingriff vor. Denn Eingriffe in die Berufsfreiheit seien zwar durch Regeln und Verbote in den Coronaschutzverordnungen erfolgt, nicht jedoch durch die COVID-19-VSt-SchutzV, die die Ausübung des Berufes nicht einschränke, sondern vielmehr die weitere Ausübung des Berufes habe fördern, erhalten und unterstützen sollen. Auch seien die Ausgleichszahlungen nur auf Antrag der Berechtigten erfolgt. Es habe daher in deren Hand gelegen, ob sie sich den Regelungen der COVID-19-VSt-SchutzV unterwerfen wollten oder nicht. Es liege auch keine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG vor. Inwieweit durch die COVID-19-VSt-SchutzV eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG erfolgen solle erschließe sich der Kammer nicht. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, dass das Transparenzverbot verletzt werde. Denn die Klägerin habe Kenntnis hinsichtlich der sie betreffenden Maßnahmen und Datenverarbeitungen gehabt und gewusst, dass der Berechnung der Ausgleichszahlungen die vom GKV Spitzenverband nach § 87 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Daten als Berechnungsgrundlage herangezogen würden. Auch sei der Klägerin die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung erhalten geblieben. Unabhängig davon, ob aus den genannten Grundrechten überhaupt ein Leistungsanspruch der Klägerin abgeleitet werden könne, scheide ein solcher aus, da die COVID-19-VSt-SchutzV verfassungskonform sei. Auch der Hilfsantrag sei nicht begründet, da bei Berechnung der Ausgleichszahlung allein die dem GKV-Spitzenverband gemäß § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden und an die Beklagte übermittelten Daten für das vierte Quartal 2019 maßgeblich seien.

Gegen das am 25.08.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21.09.2022 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.08.2020 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 09.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2021 zu verurteilen, der Klägerin zum Institutskennzeichen N02 weitere Leistungen i.H.v. 16.324,69 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen und zum Institutskennzeichen N01 weitere Leistungen i.H.v. 7.463,99 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, es bestehe kein Auslegungsspielraum hinsichtlich der Frage, was unter „im vierten Quartal 2019 gegenüber den Krankenkassen abgerechneten Vergütungen“ zu verstehen sei. Der Verordnungsgeber habe diese Formulierung durch § 2 Abs. 4 COVID-19-VSt-SchutzV konkretisiert, indem auf die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Daten für das vierte Quartal 2019 verwiesen werde. Der Begriff der „abgerechneten Vergütungen“ sei somit derartig eindeutig bestimmt, dass für eine Auslegung kein Raum verbleibe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Frage, ob der Sozialrechtsweg eröffnet ist, hat der Senat als Rechtsmittelgericht nicht mehr nachzugehen (§ 202 S. 1 Hs. 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz ˂GVG˃). Das SG hat den Sozialrechtsweg aufgrund eingehender Prüfung ausdrücklich bejaht (dazu i.Ü. auch Bockholdt in Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit und Soziales, 2. Aufl. 2022, § 13 Rn. 29). Ein Verfahrensverstoß, aufgrund dessen eine Ausnahme von der Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG in Betracht kommen könnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere hat keiner der Beteiligten eine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 S. 2 GVG beantragt (vgl. BSG, Beschluss vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B, juris Rn. 26 m.w.N.).

2. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist statthaft (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, 56 SGG), weil es sich bei der der Auszahlung zugrundeliegenden Entscheidung der Beklagten um einen Verwaltungsakt handelt, der mit der Auszahlung – hier den Überweisungen am 09.06.2020 – bekanntgegeben wird (dazu auch Bockholdt, a.a.O. Rn. 28; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.03.1979 - 3 RK 91/78, juris Rn. 15). Weiter richtet sich die Klage auf Gewährung einer höheren Ausgleichszahlung auch gegen die richtige Beklagte, denn die beklagte ARGE war zuständig für die verbindliche Entscheidung über den Antrag der Klägerin (vgl. Bockholdt, a.a.O.).

3. Die Klage ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsakte vom 09.06.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2021 (§ 95 SGG) sind rechtmäßig und die Klägerin ist nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Die Klägerin hat für ihre Niederlassungen (IK N02 und IK N01) keinen Anspruch auf höhere Ausgleichszahlungen als von der Beklagten gewährt.

Gemäß § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV erhielten nach § 124 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB V zugelassene Leistungserbringer für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 auf Antrag eine Ausgleichszahlung für die Ausfälle der Einnahmen, die ihnen aufgrund eines Behandlungsrückgangs infolge der COVID-19-Epidemie (vgl. zur Begrifflichkeit § 1 Abs. 1 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV) entstehen. Die Ausgleichszahlung wurde als Einmalzahlung gewährt (§ 2 Abs. 2 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV). Sie betrug für einen Leistungserbringer, der bis zum 30.09.2019 zugelassen worden war, 40 % der Vergütung, die er im vierten Quartal 2019 für Heilmittel i.S.d. § 32 Abs. 1 SGB V gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat, einschließlich der von den Versicherten geleisteten Zuzahlung (§ 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV).

Dass die Klägerin für ihre Niederlassungen die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Anhaltspunkte, die auf etwas anderes schließen lassen könnten, sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Klägerin mit den Niederlassungen, auf die sich die vorliegend streitbefangenen Ausgleichszahlungen beziehen, seit dem 01.01.2003 (Therapiezentrum F.) bzw. 01.04.2015 (Therapiezentrum S.) und damit vor dem Stichtag gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV (30.09.2019) zugelassen.

Die Beklagte hat die Ausgleichszahlung in zutreffender Höhe gewährt. Maßgeblich für die Bestimmung der im vierten Quartal 2019 gegenüber den Krankenkassen abgerechneten Vergütung, auf die § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV abstellt, sind allein die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V hierzu vorliegenden Daten. Eine weitere Prüfung der entsprechenden Beträge findet im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren nicht statt. Dies folgt aus Wortlaut und Systematik der COVID-19-VSt-SchutzV (dazu a) und Systematik (dazu b) wie auch aus deren Sinn und Zweck (dazu c). Die konkrete Berechnung der Ausgleichszahlung begegnen keine Bedenken (dazu d). Das Regelungskonzept der Verordnung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu e).

a) Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV für sich genommen bloß auf die Vergütung abstellt, „die der Leistungserbringer im vierten Quartal 2019 für Heilmittel […] gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat“. Für sich betrachtet käme es mithin lediglich darauf an, was die Leistungserbringer im vierten Quartal 2019 tatsächlich gegenüber den Krankenkassen abgerechnet haben und nicht, welches Datenmaterial dem GKV-Spitzenverband hierzu vorlag. Daneben ist jedoch § 2 Abs. 4 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV zu berücksichtigen. Dieser schreibt ausdrücklich vor, dass für die Berechnung der Ausgleichszahlungen nach u.a. § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV die dem GKV-Spitzenverband nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Daten für das vierte Quartal 2019 zugrundezulegen sind. Der Anspruch aus § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV beschränkt sich damit letztlich auf 40 % der abgerechneten Vergütung, wie sie sich aus den dem GKV-Spitzenverband für das vierte Quartal 2019 vorliegenden Daten ergibt. Dass die Z. daneben auch andere Daten heranziehen dürften als die dem GKV-Spitzenverband vorliegenden, sieht die Verordnung nicht vor. Das Regelungskonzept der Verordnung schließt es insbesondere aus, darauf abzustellen, welche Vergütungen die Anspruchsberechtigten im vierten Quartal 2019 für Heilmittel tatsächlich gegenüber den Krankenkassen abgerechnet oder welche Leistungen sie tatsächlich erbracht haben. Eigene Ermittlungen der Z. zur Höhe der im vierten Quartal 2019 tatsächlich abgerechneten Vergütungen sieht die COVID-19-VSt-SchutzV nicht vor. Sie scheiden aus den nachfolgenden systematischen und teleologischen Erwägungen vielmehr aus.

b) So fasst gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 COVID-19-VSt-SchutzV der GKV-Spitzenverband die für die Berechnung der Ausgleichszahlung erforderlichen Daten leistungserbringerbezogen zusammen und übermittelt diese Daten bis zum 19.05.2020 an die jeweils zuständige Arbeitsgemeinschaft. Die Übermittlung von arzt- oder versichertenbezogenen Daten durch den GKV-Spitzenverband untersagt § 2 Abs. 4 S. 6 COVID-19-VSt-SchutzV hingegen ausdrücklich. Eine Überprüfung, welche Leistungen die Heilmittelerbringer gegenüber den Krankenkassen tatsächlich abgerechnet haben, ist den Z. damit schon aufgrund dieser eingeschränkten Datenlage nicht möglich. Diese Systematik spiegelt sich i.Ü. in den Daten selbst wider, die dem GKV-Spitzenverband übermittelt und von diesem an die Z. weitergeleitet werden. Denn hierbei handelt es sich um die Daten nach § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V, die zu einem anderen Zweck als der Berechnung der Ausgleichszahlung erhoben werden. Diese Daten dienen vielmehr der Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens (§ 84 Abs. 7  i.V.m. Abs. 5 S. 1 SGB V) und dabei letztlich dem Controlling der Heilmittelvereinbarungen (vgl. Freudenberg in jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 84 R. 64; dazu auch Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl. 2022, § 84 Rn. 15), nicht aber einer exakten Überprüfung, welche Leistungen die Heilmittelerbringer tatsächlich gegenüber den Krankenkassen abgerechnet haben.

c) All dies deckt sich auch mit Sinn und Zweck der Verordnung (dazu auch SG Köln, Urteil vom 15.06.2022 – S 14 KR 1222/21, juris Rn. 24). Der Referentenwurf des BMG (RefE ˂Stand: 16.04.2020˃, S. 13 f., dort zu § 2 Abs. 4, online unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/covid-19-versorgungsstrukturen-schutzverordnung.html, zuletzt abgerufen am 25.05.2023) führt hierzu aus:

„Um die Ausgleichzahlung auf Basis der jeweiligen Vergütung aus dem vierten Quartal 2019 berechnen zu können, haben die Krankenkassen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen die erforderlichen Abrechnungsdaten heilmittelerbringerbezogen zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen stellt den Arbeitsgemeinschaften diese Daten wiederum zusammengefasst zur Verfügung. Bei den für die Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften nach Absatz 3 [i.d.F. des RefE] erforderlichen Daten handelt es sich um Angaben über die Gesamtsumme der Vergütungen, die ein Heilmittelerbringer für alle in einem bestimmten Zeitraum zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbrachten Heilmittelleistungen im Sinne des § 32 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch abgerechnet hat.“

Hintergrund war das Kernanliegen des Verordnungsgebers, angesichts von Berichten über Fallrückgänge u.a. in Heilmittelerbringerpraxen infolge der Corona-Pandemie den Betroffenen eine Ausgleichszahlung zukommen zu lassen, um hohe Einkommensausfälle aufzufangen und hierdurch den Weiterbetrieb der Praxen und damit die Versorgungsstrukturen zu schützen (RefE S. 8, 12 f.; vgl. auch den Arbeitstitel des RefE: Verordnung des [BMG] zum Schutz der Versorgungsstrukturen im Bereich der […] Heilmittelversorgung […] vor Gefährdungen infolge wirtschaftlicher Auswirkungen der SARS-CoV-2-Epidemie). Um die Wirksamkeit dieser Ausgleichszahlungen sicherzustellen, war dem Verordnungsgeber daran gelegen, diese den Heilmittelerbringern möglichst kurzfristig und aufgrund eines entsprechend zügigen, unbürokratischen Verfahrens zukommen zu lassen (vgl. die Einlassung des BMG vor dem SG Schwerin, Urteil vom 18.05.2022 – S 8 KR 122/21, juris Rn. 19). Deshalb sollte die Berechnung der Ausgleichszahlungen für Heilmittelerbringer auf der Grundlage von Daten erfolgen, die dem GKV-Spitzenverband bereits vorlagen und von diesem zügig an die Z. übermittelt werden könnten (so auch die Antwort der BReg auf die schriftliche Frage des Abg. Kamann, BT-Drs. 19/20359, 131, dort Ziff. 155).

Dementsprechend konnten Anträge auf eine Ausgleichszahlung nur im Zeitraum vom 20.05.2020 bis einschließlich 30.06.2020 gestellt werden (§ 2 Abs. 3 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV). Das Antragsverfahren sollte dabei ausweislich der Verordnungsbegründung „so unbürokratisch wie möglich“ gestaltet werden (RefE S. 13 ˂zu § 2 Abs. 3˃). Der Referentenentwurf sah darüber hinaus ausdrücklich vor, dass die zuständige ARGE die Ausgleichszahlung innerhalb von zehn Werktagen ab Antragseingang anweisen sollte (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 COVID-19-VSt-SchutzV i.d.F. des RefE). Dies diente ausdrücklich dem Zweck, dass die Leistungserbringer die Ausgleichzahlung zeitnah erhalten sollten (RefE S. 13 ˂zu § 2 Abs. 3˃). Zwar wurde diese Vorschrift letztlich aus dem Entwurf gestrichen. Es ist indes nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber damit von seinem Ziel einer zeitnahen Auszahlung abgerückt wäre. Dass er von äußerst schlanken Verwaltungsverfahren ausging, spiegelt sich vielmehr darin wider, dass er beim Erfüllungsaufwand der Z. eine Bearbeitungszeit von nur rd. zehn Minuten für jeden Antrag annahm (RefE S. 11) und dass er dem GKV-Spitzenverband lediglich bis zum 15.05.2020 einräumte, um das Nähere zum Antragsverfahren und zur Anweisung der Ausgleichszahlung zu bestimmen (§ 2 Abs. 3 S. 4 COVID-19-VSt-SchutzV), obwohl die Verordnung selbst noch nicht einmal zwei Wochen vorher verkündet wurde (BAnz AT 04.05.2020 V1).

Insgesamt zeigt sich das Anliegen des Verordnungsgebers, das Verwaltungsverfahren möglichst einfach zu gestalten, auch darin, dass die COVID-19-VSt-SchutzV kaum Anspruchsvoraussetzungen aufstellt, die die Z. zu prüfen hätten. Ausdrücklich nennt § 2 Abs. 1, 2 S. 2 COVID-19-VSt-Schutz als Tatbestandsvoraussetzungen nur die Zulassung (nach § 124 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB V) sowie den Zeitpunkt der Zulassung (im Fall des § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-SchutzV bis 30.09.2019). Dahinstehen kann, ob § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV auf Tatbestandsebene zudem voraussetzt, dass den Heilmittelerbringern überhaupt Einnahmeausfälle infolge der Corona-Pandemie entstanden sind; der entsprechende Wortlaut („für die Ausfälle der Einnahmen“) lässt sich auch als bloßer Verweis auf den Verordnungszweck verstehen (vgl. RefE S. 13 ˂zu§ 2 Abs. 1˃: „Aus diesem Grund erhalten die Leistungserbringer, die zum Zeitpunkt der Antragstellung zur gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen sind, für die Monate April bis Juni 2020 eine Ausgleichszahlung“; zweifelnd Bockholdt, a.a.O. Rn. 22). Jedenfalls aber verlangt die Vorschrift keine Einnahmeausfälle in bestimmter Höhe (so auch Bockholdt, a.a.O.). Dementsprechend wird die Ausgleichszahlung als „pauschale[r] Betrag“ gewährt (RefE S. 13 ˂zu § 2 Abs. 2˃). Es handelt sich mithin nicht um eine Vergütung oder Entschädigung, sondern um eine Subvention.

Der Regelungsansatz, im Interesse einer zügigen Leistungsgewährung die materiell- wie auch verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Antragsverfahren zurückzuschrauben, war während der Corona-Pandemie auch nicht außergewöhnlich (vgl. dazu auch Schlegel/Meßling/Bockholdt in dies., a.a.O. § 1 Rn. 26).

d) Nach diesen Maßstäben bestehen hinsichtlich der der Richtigkeit der vorliegend erfolgten Berechnung der Ausgleichszahlung keine Bedenken. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Ausgleichszahlung als von der Beklagten gewährt. Der GKV-Spitzenverband hat der Beklagten gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 COVID-19-VSt-SchutzV für das vierte Quartal 2019 die ihm gemäß § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Daten übermittelt. Danach war von Beträgen in Höhe von 72.723,81 € (Therapiezentrum F., IK N01) bzw. 77.476,53 € (Therapiezentrum S., IK446533951) für die Berechnung der Ausgleichszahlungen auszugehen. 40 % hiervon sind 29.089,52 € (Therapiezentrum F.) bzw. 30.990,61 € (Therapiezentrum S.). Hinsichtlich der Höhe der streitigen Ausgleichszahlung sieht der Senat keinen weiteren Ermittlungsbedarf. Anhaltspunkte dafür, dass die durch den GKV-Spitzenverband übermittelten Daten nicht vollständig oder fehlerhaft gewesen sind, liegen nicht vor. Es sind auch keine konkreten Umstände für eine fehlerhafte Berechnung ersichtlich. Vielmehr sind die übermittelten Daten und die hieraus erfolgte Berechnung auch zwischen den Beteiligten unstreitig (vgl. BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 – amtl. Rn.9).

e) Die Regelungen der COVID-19-VSt-SchutzV verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Parlamentsgesetz, aus dem sich ein Anspruch auf eine höhere Ausgleichszahlung ergäbe, ist nicht erkennbar. Auch die Klägerin beruft sich nicht auf ein solches. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausgestaltung der COVID-19-VSt-SchutzV und insbesondere die Vorschriften zur Berechnung der Ausgleichszahlung bestehen nicht.

aa) Eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG liegt nicht vor. Zwar steht jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG der Rechtsweg offen und muss der hierdurch gewährleistete Rechtsweg die vollständige Nachprüfung des Verwaltungsakts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht durch ein Gericht ermöglichen (BVerfG, Beschluss vom 05.02.1963 – 2 BvR 21/60, juris Rn. 18). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes schließt es jedoch nicht aus, dass durch den Gesetzgeber eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume sowie Tatbestandswirkung von Exekutivakten die Durchführung der Rechtskontrolle durch die Gerichte einschränken (BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 – 1 BvR 857/07, Rn. 73). Die Garantie effektiven Rechtsschutzes steht dabei der Aufspaltung behördlicher Entscheidungsfindung in mehrere Verfahrensstufen mit einer Abschichtung des Entscheidungsstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und einer entsprechenden Bindung der nachfolgenden Entscheidungsebene an die Ergebnisse der vorangegangenen nicht grundsätzlich entgegen, lässt diese aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zu (BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011 – 1 BvR 857/07, amtl. Rn. 101 f.). Das Maß dessen, was wirkungsvoller Rechtsschutz ist, bestimmt sich indes nach dem sachlichen Gehalt des als verletzt behaupteten Rechts - hier also des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung aus § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV; denn es ist dieses Recht, dessen Schutz durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG wirkungsvoll gewährleistet werden soll und mithin i.R.d. Art. 19 Abs. 4 GG Beachtung erfordert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.04.1982 – 2 BvL 26/81, juris Rn. 144). Die materiell geschützte Rechtsposition ergibt sich folglich nicht aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG selbst, sondern wird darin vorausgesetzt (BVerfG, Beschluss vom 31.05.2011, a.a.O. Rn. 69). Danach scheidet eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG hier schon deshalb aus, weil § 2 Abs. 1 COVID-19-VSt-SchutzV eben nur einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung auf Grundlage der dem GKV-Spitzenverband vorliegenden Daten gewährt. Diesen Anspruch hat die Beklagte nach dem oben Gesagten erfüllt.

Die getroffenen Regelungen verstoßen damit auch nicht gegen das Transparenzgebot. Insofern nimmt der Senat ergänzend gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug.

bb) Dass der Verordnungsgeber zur Berechnung der Ausgleichszahlung ausschließlich an die dem GKV-Spitzenverband vorliegenden Daten anknüpfte, unterliegt auch im Licht des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken. Dieser gebietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005 – 2 BvF 2/01, juris Rn. 126 m.w.N.).

Sofern Klägerin geltend macht, der Verordnungsgeber habe Ungleiches (Heilmittelerbringer mit unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten) gleich behandelt, hat sie schon nicht konkret dargetan, inwiefern sie selbst von einer etwaigen Ungleichbehandlung betroffen war. Der allgemeine Hinweis darauf, dass im Rahmen einer Typisierung in bedenklicher Weise auf einen „häufigen Fall“ (80 % der Leistungserbringer) abgestellt worden sei, während 20 % der Leistungserbringer vernachlässigt worden seien, lässt keine Rückschlüsse auf die konkrete Situation der Klägerin zu. Vielmehr sprechen die Umstände des vorliegenden Falles dafür, dass die Abrechnung in ihrem Fall regelmäßig (d.h. monatlich oder quartalsmäßig) erfolgt ist und sie gerade nicht zu den 20 % der „vernachlässigten“ Leistungserbringer zählt.

Diese Frage kann aber dahinstehen, da für eine etwaige Ungleichbehandlung hinreichende Rechtfertigungsgründe vorliegen.

Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2004 – 1 BvL 3/98 u.a., juris Rn. 63). Für den Bereich insbesondere des Krankenversicherungsrechts betont die st.Rspr. einerseits die hohe Bedeutung der Funktionsfähigkeit und der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung für das gemeine Wohl, andererseits die diesbezüglich gegebene weitgehende sozialpolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005, a.a.O. Rn. 127). Danach ist es vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Gebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Auch bei der Prognose und Einschätzung gewisser der Allgemeinheit drohender Gefahren, zu deren Verhütung der Gesetzgeber meint tätig werden zu müssen, billigt ihm die Verfassung einen Beurteilungsspielraum zu. Diesen überschreitet er nur, wenn seine Erwägungen offensichtlich so fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können (BVerfG, a.a.O. Rn. 224).

Nach diesen Maßstäben hat der Verordnungsgeber § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV nicht gleichheitswidrig ausgestaltet. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.

Zunächst unterliegt das Regelungsziel des Verordnungsgebers, Heilmittelerbringern angesichts der Pandemie eine Ausgleichszahlung zukommen zu lassen, um hierdurch die entsprechenden Versorgungsstrukturen zu schützen, keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln. Die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung ist ein überragend wichtiger Gemeinwohlbelang und daher ein verfassungsrechtlich legitimer Gesetzeszweck (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.11.2021 – 1 BvR 798/21 u.a., amtl. Rn. 176 m.w.N. ˂Bundesnotbremse I˃).

Weiter war es nicht offensichtlich fehlsam, als Anknüpfungspunkt für die Höhe der abgerechneten Vergütung allein auf die dem GKV-Spitzenverband vorliegenden Zahlen abzustellen, obschon hierdurch Leistungserbringer – wie von der Klägerin vorgetragen – i.Erg. benachteiligt werden können. Angesichts der bei Erlass der Verordnung Anfang Mai 2020 noch ungewissen Pandemielage bestehen keine Bedenken, dass der Verordnungsgeber bemüht war, eine möglichst kurzfristige Gewährung der Ausgleichszahlungen zu ermöglichen, und hierzu auf Daten zurückgriff, die – wenn auch zu einem anderen Zweck – ohnehin bereits erhoben wurden, anstatt gesonderte Datenerhebungen bzw. sogar Ermittlungen in jedem Einzelfall vorzusehen. Der Sozialstaat musste schnell und unkompliziert dafür sorgen, dass das Gesundheitssystem nicht zusammenbricht und Krankenhäuser und sonstige Gesundheitseinrichtungen, soziale Einrichtungen sowie Pflegeeinrichtungen ihren Betrieb personell wie wirtschaftlich aufrechterhalten können (so Schlegel/Meßling/Bockholdt, a.a.O. Rn. 2). Der Verordnungsgeber durfte mithin bei Erlass der COVID-19-VSt-SchutzV (zur Maßgeblichkeit der Ex-ante-Perspektive vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.11.2021 – 1 BvR 971/21 u.a., amtl. Rn. 193 ˂Bundesnotbremse II˃) davon ausgehen, dass längere Verfahrensdauern den Zweck der Verordnung und damit letztlich die Aufrechterhaltung der Versorgungsstrukturen gefährden könnten. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der Ausgleichszahlung – wie ausgeführt – um eine Subvention handelte, nicht um Vergütung im eigentlichen Sinne, und die Heilmittelerbringerpraxen auch während der sog. Corona-Lockdowns nicht geschlossen waren (vgl. RefE S. 12 ˂zu § 2 Abs. 1˃), diese also zu etwaigen tatsächlich erzielten Vergütungen hinzutrat. Zudem wurde sie unabhängig von etwaigen Nachholeffekten (von solchen auch im Rahmen der Heilmittelversorgung berichtend etwa Geschäftsbericht der Viactiv Krankenkasse für das Jahr 2021) und ohne Rückzahlverpflichtungen geleistet (vgl. dazu RefE ˂Stand 16.04.2020˃, S. 2 f.)

In diesem Zusammenhang war auch der Rückgriff des Verordnungsgebers auf die dem GKV-Spitzenverband gemäß § 84 Abs. 7 i.V.m. Abs. 5 SGB V vorliegenden Daten für das vierte Quartal 2019 sachgerecht, da diese zum einen den Zeitraum unmittelbar vor den ersten Auswirkungen der Pandemie abbilden und zum anderen auch die für die Leistungserbringer aufgrund der Anl. 2 zur Vergütungsvereinbarung vom 27.03.2018 erhöhten Vergütungen bereits erfasst. Letzteres wäre bei einer Durchschnittsberechnung aus den Umsätzen des Vorjahres nicht gegeben gewesen und hätte sich insofern zu Ungunsten der Leistungserbringer ausgewirkt. Hinsichtlich der durch die Klägerin vorgeschlagenen alternativen Vorgehensweise nimmt der Senat ebenfalls ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Die vorgeschlagene Vorgehensweise wäre wesentlich aufwendiger und zeitintensiver gewesen und dem o.g. Zweck der COVID-19-VSt-SchutzV damit zuwidergelaufen.

Sofern es durch die unterschiedlichen Abrechnungsmodalitäten zu Verschiebungen zwischen Zeitpunkt der Leistungserbringung und der jeweiligen Abrechnung kommt, ist – worauf das SG ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – zu berücksichtigen, dass dann zwar möglicherweise Leistungen aus dem vierten Quartal 2019 keinen Niederschlag in den Ausgleichszahlungen finden. Dafür würden jedoch ggf. vorherige Monate in die Abrechnung für das vierte Quartal 2019 einfließen, sodass – unabhängig von dem dem Verordnungsgebereingeräumten Gestaltungsermessen im Rahmen generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen (s.o.) – grundsätzlich in jedem Fall die in einem etwa dreimonatigen Zeitraum erbrachten Leistungen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für etwaige Abrechnungsverschiebungen durch die Einschaltung von Abrechnungsdienstleistern.

Hinsichtlich der geltend gemachten Ungleichbehandlung gegenüber neu zugelassenen Praxen liegt schon keine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte bzw. Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte vor. Vielmehr handelt es sich bei Praxen, die erst nach dem 30.09.2019 zugelassen wurden, insofern um separat zu regelnde Fälle, als bei diesen – anders als bei bis zum 30.09.2019 zugelassenen Praxen – im Regelfall noch nicht auf ein vollständig abgerechnetes Quartal zurückgegriffen werden konnte.

cc) Dem Kläger kommt auch kein Anspruch auf eine höhere Ausgleichszahlung aufgrund der Berufsfreiheit oder der Eigentumsgarantie des Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG zu. Art. 12 GG gibt kein Recht auf Erhaltung eines bestimmten Geschäftsumfangs und auf Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten beispielsweise durch die weitere Gewährung staatlicher Subventionen (BVerfG, Beschluss vom 03.07.2001 – 1 BvR 2337/00 u.a., juris Rn. 38 m.w.N.). Ebenso wenig ist das Angebot von Subventionen Eigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Ein Grundrechtseingriff in die genannten Grundrechte als Abwehrrechte lag schon deshalb nicht vor, weil Heilmittelerbringerpraxen, wie erwähnt, nicht geschlossen waren.

dd) Da Grundrechtsverstöße nicht festgestellt werden können, kommt eine verfassungskonforme Auslegung der Regelung der COVID-19-VSt-SchutzV nicht in Betracht. Eine solche verbietet sich ohnehin aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 2 Abs. 4 S. 1 COVID-19-VSt-SchutzV, wonach der Gesetzgeber vorgegeben hat, was mit der „abgerechneten Vergütung“ im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 COVID-19-VSt-Schutz V gemeint ist. Eine abweichende Auslegung würde damit dem erklärten Willen des Normgebers widersprechen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG ist hingegen nicht anwendbar, weil der Kläger zwar Leistungserbringer ist, im Hinblick auf die hier streitbefangene Ausgleichszahlung jedoch Leistungsempfänger i.S.d. § 183 S. 1 SGG (Bockholdt, a.a.O. Rn. 29 m.w.N.). Die Streitwertfestsetzung des SG unterliegt daher der Aufhebung (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 Gerichtskostengesetz ˂GKG˃; LSG NRW, Urteil vom 28.04.2021 - L 12 SO 61/21, juris Rn. 50).

4. Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht, auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Vielmehr stand ausgelaufenes Recht zu Beurteilung (außer Kraft getreten m.W.v. 25.11.2021 gem. § 5 Hs. 2 COVID-19-VSt-SchutzV i.d.F. des Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 ˂BGBl. I 370˃ i.V.m. § 5 Abs. 4 S. 1, Abs. 1 S. 3 Hs. 1 IfSG). Dass die Sache Rechtsfragen von fortwirkender Bedeutung ausgeworfen hätte, ist schon angesichts der besonderen Umstände während der Corona-Pandemie, auf die die COVID-19-VSt-SchutzV reagierte, nicht ersichtlich. Ebenso ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass abgesehen von einzelnen Verfahren noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden wären (vgl. zum Ganzen Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 160 Rn. 7, 8d m.w.N.).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundessozialgericht, Postfach 41 02 20, 34114 KasseloderBundessozialgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel

einzulegen.

Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung -ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Weitergehende Informationen zum elektronischen Rechtsverkehr können über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

-          jeder Rechtsanwalt,

-          Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

-          selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

-          berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

-          Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

-          Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

-          juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften und juristischen Personen müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Handelt es sich dabei um eine der vorgenannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen, muss diese durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz nicht und eine Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch die oben genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Beschwerde begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches _  Dokument nach

zureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

Merheim                                                         Daweke                                           Lange

Beglaubigt

Essen, 28.11.2023

Haschke

Regierungsbeschäftigte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Dieses Schriftstück wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig. § 169 Abs. 3 ZPO.

Rechtskraft
Aus
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