L 3 KA 2/18

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Hannover (NSB)
Aktenzeichen
S 72 KA 345/08
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 3 KA 2/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die vertragsärztliche Verordnung von Kohlensäurebädern ist nur bei Vorliegen der im Heilmittel-Katalog angeführten Indikationen, die von Maßnahmen der Phototherapie überhaupt nicht zulässig.
2. Gegen hierauf gestützte Regresse kann sich der verordnende Vertragsarzt grundsätzlich nicht unter Hinweis auf Verträge wehren, die zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen abgeschlossen worden sind.

Die Klage gegen die Bescheide des Beklagten vom 14. November 2017 wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das zweitinstanzliche Verfahren wird auf 100.942,87 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen drei von dem beklagten Beschwerdeausschuss festgesetzte Heilmittelkostenregresse.

Er ist Facharzt <FA> für Haut- und Geschlechtskrankheiten und war bei der zu 3. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung <KÄV> Niedersachsen in den vorliegend betroffenen Quartalen (I/2004 bis I/2005) zur vertragsärztlichen Versorgung zu- und mit Praxissitz in S. niedergelassen.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2005 beantragte die zu 1. beigeladene Krankenkasse <KK> die Prüfung der Verordnungsweise und Feststellung eines Schadens für die Quartale I/2004 bis I/2005 (Bl 1 des von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgangs <VV-III>). Dabei ging es um die Verordnung von Phototherapie und Kohlensäurebädern durch den Kläger für bei ihr versicherte Patienten bei – im Wesentlichen – den Diagnosen Psoriasis vulgaris, Psoriasis inversea und Atopisches Ekzem. Der Kläger verordnete für die Versicherten am selben Tag jeweils Phototherapie und Kohlensäurebäder. Zur Begründung führte die Beigeladene zu 1. aus, es liege ein Verstoß gegen die Heilmittel-Richtlinien vor. Die Balneo-Phototherapie sei seit dem 16. November 2000 laut Festlegung durch den (damaligen) Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen vom 10. Dezember 1999 nicht mehr für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen und aus den Heilmittel-Richtlinien entfernt worden. Die Behandlungsart sei auch nicht als Kombination von Heilmitteln, die in der Summe der Balneo-Phototherapie entsprächen, verordnungsfähig. Das Verordnungsverhalten des Arztes deute aber darauf hin, dass Balneo-Phototherapie verordnet und durchgeführt worden sei.

Mit zwei Schreiben vom 11. und 14. November 2005 beantragte die zu 2. beigeladene Kranken­kasse eine Prüfung der Verordnungsweise des Klägers für das 2. und das 3. Quartal 2004 (jeweils Bl 1 VV-I und VV-II). Dabei ging es um die Verordnung von Kohlensäurebädern bei – im Wesentlichen – den Diagnosen Psoriasis vulgaris, Psoriasis inversea und Atopisches Ekzem für bei ihr versicherte Patienten.

Mit zwei Schreiben vom 27. Juni 2006 nahm der Kläger gegenüber dem Prüfungsausschuss Stellung (Bl 12 VV-I und Bl 54 VV-II). Der geltende Heilmittelkatalog verhalte sich zu Heilmitteln im Bereich der Dermatologie nicht, sodass ihm insoweit auch keine Ausschlusswirkung zukommen könne. Demgemäß fehle es an einem Ausschlusstatbestand nach § 92 Abs 1 S 1 Halbs 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch <SGB V>. Die Annahme, Heilmittel im Bereich der Dermatologie dürften wegen Nichterwähnung in den Heilmittel-Richtlinien nicht verschrieben werden, sei unzutreffend. Das geltende Recht sehe keine Zulassung bestimmter Therapieformen durch den Bundesausschuss vor. Wäre man insoweit anderer Ansicht, käme es auf die Heilmittel-Richtlinien schon deshalb nicht an, weil die Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V lediglich empfehlenden Charakter hätten. Die streitigen Leistungen seien in einer Fachklinik erbracht und gegenüber den KKen abgerechnet worden. Dem hätten vertragliche Vereinbarungen mit den KKen zugrunde gelegen. Diese Vereinbarungen seien unabhängig vom Inhalt der Heilmittel-Richtlinien verbindlich (Hinweis auf ein Urteil des SG Hannover vom 8. Januar 2005 – S 2 KR 1470/01). Ein vertragsgemäßes Verhalten des Leistungserbringers sei nicht geeignet, einen wie auch immer gearteten Schadensersatz­anspruch gegen den Vertragsarzt hervorzubringen. Selbst für den Fall, dass die in Rede stehenden Leistungen nicht verordnungsfähig gewesen wären, fehlte es an einem Schaden der KK. Anstelle der hier in Rede stehenden Therapiemaßnahmen wären andere Therapieformen unter Einschluss medikamentöser Behandlungen erforderlich geworden. Die Verschreibung eines Heilmittels löse noch keinen Vergütungsanspruch der das Heilmittel abgebenden Stelle aus. Insoweit bestehe vielmehr ein Vorbehalt einer Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung <MDK>. Werde die nicht verordnungsfähige Leistung vergütet, liege eine freiwillige Leistung der Kasse vor, die nicht Grundlage eines Schadensersatzanspruchs sein könne.

Dahin ging auch die klägerische Stellungnahme vom 27. Juni 2006 zum Antrag der Beigeladenen zu 1. (Bl 23 VV-III). Darüber hinaus stellte der Kläger in Abrede, Balneo-Phototherapie verordnet zu haben. Unabhängig davon wären entsprechende Verordnungen oder vergleichbare Behandlungsmethoden nicht unzulässig gewesen. Der von der KK angeführte Beschluss des Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 habe in die Anlage B der sog NUB-Richtlinie unter Nr 6 die Balneo-Phototherapie aufgenommen. Das betreffe aber nicht die in Rede stehenden Leistungen, da diese im Wesentlichen in einer spezialisierten Fachklinik erbracht worden seien und der Ausschluss allein die Abgabe der Balneo-Phototherapie in vertragsärztlichen Praxen betreffe. Soweit die Leistung in Fach- und Kurkliniken erbracht würden, sei sie nicht als Teil der vertragsärztlichen Versorgung zu qualifizieren, sondern dem Bereich der Heilmittel zuzuordnen. Von vertragsärztlicher Versorgung könne nur gesprochen werden, wenn die Versicherten durch einen Vertragsarzt in dessen Praxis behandelt würden und die Leistung in die Abrechnung mit der KÄV eingehe (wird ausgeführt).

Mit zwei Bescheiden vom 26. Juni 2008 setzte die Prüfungsstelle (vormalige Beklagte) auf die Anträge der Beigeladenen zu 2. gegen den Kläger wegen der Verordnung von Kohlensäurebädern für das 2. Quartal 2004 – jeweils unter Abzug der von den Versicherten geleisteten Zuzahlungen – einen Regress iHv 3.937,89 Euro und für das 3. Quartal 2004 einen Regress iHv 560,40 Euro fest (Bl 64 VV-II und Bl 23 VV-I). Zur Begründung verwies sie auf das Fehlen einer der von den Heilmittel-Richtlinien vorausgesetzten medizinischen Indikationen für die Verordnungen. Kohlensäurebäder seien als Maßnahme der physikalischen Therapie bei Sklerodermie sowie arteriellen und venösen Gefäßkrankheiten als Heilmittel verordnungsfähig. Entsprechende Diagnosen lägen den klägerischen Verordnungen nicht zugrunde.

Mit einem weiteren Bescheid vom 26. Juni 2008 setzte die vormalige Beklagte auf den Antrag der Beigeladenen zu 1. gegen den Kläger wegen der Verordnung von Phototherapie und Kohlensäurebädern für die Quartale I/2004 bis I/2005 – unter Abzug der von den Versicherten geleisteten Zuzahlungen – einen Regress iHv 96.444,58 Euro (Bl 700 VV-III) fest. Zur Begründung verwies sie auch hier auf das Fehlen der erforderlichen Indikation für die verordneten Kohlensäurebäder (ab III/2004 außerdem noch periphere trophische Störungen). Mit Blick auf die Phototherapie verwies sie darauf, dass es sich zwar um ein Heilmittel handele, dieses aber nicht in den Heilmittel-Richtlinien aufgeführt und damit nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung <gKV> im ambulanten Bereich verordnungsfähig sei. Vertragliche Regelungen stünden dem nicht entgegen. Ein solcher Vertrag sei Grundlage für die Versorgung bis zum 16. Juni 2003 gewesen. Eine Anschlussvereinbarung sei von den Verbänden der KKen jedoch mit Schreiben von diesem Tage abgelehnt worden, sodass fortan keine Rechtsgrundlage mehr für die Verordnung der Phototherapie existiert habe. Die vorliegend streitigen Verordnungen seien alle nach diesem Tag ausgestellt worden.

Alle drei Bescheide enthielten eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der auf die Möglichkeit der Klageerhebung hingewiesen worden ist.

Der Kläger hat am 25. Juli 2008 bei dem SG Hannover Klage gegen die Prüfungsstelle Niedersachsen erhoben und die Aufhebung der drei Bescheide vom 26. Juni 2008 begehrt (Schriftsatz vom 22. Juli 2008). Zur Begründung hat er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft sowie ergänzend vorgetragen (Schriftsatz vom 8. Oktober 2008 = Bl 38 dA): Die Beschlüsse des Bundesausschusses hätten allein empfehlenden Charakter und seien deshalb hinsichtlich des Leistungskatalogs der gKV nicht abschließend. Für den Bereich der Dermatologie sei außerdem zu beachten, dass Leistungen in diesem Bereich bislang überhaupt nicht von den Heilmittel-Richtlinien umfasst seien. Der Heilmittelkatalog befasse sich nur allgemein mit der physikalischen Therapie; spezifische Vorgaben für die Behandlung dermatologischer Erkrankungen seien demgegenüber nicht vorhanden (abgesehen von der seit 1. Juli 2008 wieder in den Leistungskatalog der gKV aufgenommenen Balneo-Phototherapie). Seien dermatologische Heilmittel bereits nicht Gegenstand des Heilmittelkatalogs, könne diesem insoweit auch keine Ausschlusswirkung zukommen. Eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss <GBA> sei jedenfalls dann unverbindlich, wenn bezüglich einer bestimmten Maßnahme die besondere Fallgestaltung nicht bedacht, die Rechtsbegriffe der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unzutreffend ausgelegt worden seien oder die Bewertung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Behandlungsmaßnahme evident fehlerhaft vorgenommen worden sei. So verhalte es sich hier, weil die Notwendigkeit von Regelungen für das Fachgebiet Dermatologie insgesamt verkannt worden sei. Mit den Heilmittel-Richtlinien könnten die in Rede stehenden Therapien auch gar nicht von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen werden. Dies folge (im Umkehrschluss) aus § 138 SGB V, der für neue Heilmittel eine Anerkennung ihres therapeutischen Nutzens durch den GBA und deren Aufnahme in die Richtlinie nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V vorschreibe. Daraus ergebe sich für Heilmittel, die nicht als neu einzuschätzen seien, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung des GBA deren Verordnungsfähigkeit nicht ausschließe. Neu iS von § 138 SGB V sei ein Heilmittel nach der Rspr des Bundessozialgerichts <BSG>, wenn es am 1. Januar 1989 (Anm.: Inkrafttreten des SGB V) nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung gewesen sei (Hinweis auf das Urteil vom 19. März 2002 – B 1 KR 36/00 R). Danach seien die betroffenen Therapien keine neuen Heilmittel, weil sie bereits in den sechziger und siebziger Jahren erbracht und abgerechnet worden seien. Das BSG habe eine Befugnis des GBA zum Ausschluss bereits anerkannter Heilmittel aus der vertragsärztlichen Versorgung nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V verneint. Der GBA führe die nicht als verordnungsfähig angesehenen Heilmittel in einer eigenen Liste; einer solchen Negativliste bedürfte es nicht, wenn die in der Positivliste nicht aufgeführten Leistungen automatisch ausgeschlossen wären. Unabhängig davon sei es unzutreffend, dass die betroffenen Leistungen nicht Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen seien. In der Vergütungsliste für krankengymnastische bzw physiotherapeutische Leistungen, Massagen und medizinische Bäder sei unter der Abrechnungsnummer X 1714 ausdrücklich das Kohlensäurebad aufgeführt. Sollte es an einer vertraglichen Vereinbarung für die Zeit ab Juni 2003 fehlen, ändere das nichts daran, dass die von dem Kläger verordneten Leistungen weiter zulässig gewesen seien. Er sei von den KKen von diesem Sachverhalt zu keiner Zeit unterrichtet worden und diese hätten weiterhin die Leistungen der Klinik vergütet. Insbesondere die Beigeladene zu 1. habe insoweit einen beinahe sechsstelligen Betrag unbeanstandet ausbezahlt. Wenn eine KK in dieser Größenordnung rechtsgrundlos Leistungen erbringe, könne sie sich nicht anschließend bei dem verschreibenden Arzt schadlos halten. Sie hätte die Leistungen vielmehr verweigern oder jedenfalls für die Zukunft auf die Unzulässigkeit von deren Abrechnung hinweisen müssen. Es sei treuwidrig, einen Vertragsarzt Verordnungen vornehmen zu lassen und die daraufhin (von einem Dritten) erbrachten Leistungen zu vergüten, ohne den Arzt auf die angebliche Unzulässigkeit seiner Verordnungen hinzuweisen und anschließend von dem Arzt, der weder die zurückverlangte Vergütung erhalten noch den Schaden verschuldet habe, Ersatz zu verlangen. Das gelte umso mehr, als es an einem Schaden bei den KKen fehle. Soweit in diesem Zusammenhang auf den normativen Schadensbegriff abgestellt werde, sei dem entgegenzutreten (wird ausgeführt). Vertiefend hat der Kläger ausgeführt, die Entscheidungen des BSG beträfen Spezialfälle, die auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen werden könnten (Schriftsatz vom 7. Dezember 2010 = Bl 81 dA). Es sei nicht erkennbar, warum der Zweck, die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems zu sichern, einen verschuldensunabhängigen Anspruch gegen einen Vertragsarzt für Leistungen begründen soll, die von der KK nicht hätten vergütet werden müssen, ohne dass es des Nachweises eines Schadens bedürfe. Da die Verordnungen im Einzelfall oder pauschal durch die KKen genehmigt worden seien, habe er seinerseits einen Schadensersatzanspruch gegen die KK für den Fall, dass diese die von ihr bezahlten Leistungen bei ihm als Regress geltend mache, weil die KK ihn durch Vortäuschen der Abrechnungs- und Verordnungsfähigkeit zu den streitgegenständlichen Verordnungen veranlasst habe. Soweit von der Beigeladenen zu 3. die Auffassung vertreten werde, er könne sich nicht auf Vereinbarungen zwischen der Fachklinik S. und den KKen berufen, sei daran festzuhalten, dass eine solche Vereinbarung über die Zulässigkeit der Leistungserbringung dazu führe, dass es nicht unzulässig sei, derartige Leistungen zu verschreiben, wenn und soweit sie medizinisch indiziert seien (Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 = Bl 70 dA).

Die vormalige Beklagte ist dem Begehren entgegengetreten (Schriftsatz vom 20. Januar 2009 = Bl 45 dA). Entgegen der Annahme des Klägers seien die Richtlinien des GBA mit höherrangigem Recht vereinbar und verbindlich (wird unter Hinweis auf Rspr des BSG ausgeführt). Die Kompetenzen des GBA seien zum 1. Januar 2004 erweitert worden. Er sei seitdem befugt, durch die Heilmittel-Richtlinien einzelne Leistungen einzuschränken oder auszuschließen (Hinweis auf § 92 Abs 1 S 1 letzter Halbs SGB V). Ob die Balneo-Phototherapie seit dem 1. Juli 2008 zum Leistungskatalog gehöre, sei unerheblich. Die streitigen Verordnungen seien vor diesem Zeitpunkt erfolgt; überdies stünden Verordnungen dieser Therapie nicht im Streit. Es werde nicht bestritten, dass es sich bei Kohlensäurebädern nicht um ein neues Heilmittel handele. Vielmehr lägen die Indikationen für eine Verordnung nicht vor. Deshalb spiele die Auflistung der Kohlensäurebäder in der Vergütungsliste gemäß § 125 SGB V keine Rolle. Die Phototherapie sei in den für den Verordnungszeitpunkt gültigen Heilmittel-Richtlinien (Hinweis auf Stand 6. Februar 2001 bzw 9. Juni 2004) nicht positiv aufgeführt und damit im ambulanten Bereich zulasten der gKV nicht verordnungsfähig gewesen. Dem Kläger müsse die Existenz einer Vereinbarung zwischen den Verbänden und der Fachklinik S. und deren Kündigung bekannt gewesen sein (Hinweis auf ein Schreiben des VdAK/AEV an die Fachklinik S. vom 28. Januar 2004 = Bl 49 dA). Entgegen dem Klägervorbringen sei vorliegend mit der Rspr des BSG auf den normativen Schadensbegriff abzustellen (wird ausgeführt). Eine Vergütung der verordneten Leistung durch die KK schließe die Festsetzung eines Regresses gegen den Vertragsarzt nicht aus (Schriftsatz vom 19. November 2010 = Bl 77 dA mit Hinweis auf BSG, Beschluss vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 53/05 B). Es treffe nicht zu, dass die klägerischen Verordnungen keinen Leistungsanspruch des Versicherten ausgelöst hätten. Die Kassen hätten gegenüber ihren Versicherten kein Leistungsverweigerungsrecht. Die vertragsärztliche Verordnung eines Heilmittels sei Voraussetzung sowohl für den Vergütungsanspruch des Leistungserbringers als auch für den Leistungsanspruch des Versicherten. Wenn der Kläger vortrage, die Fachklinik S. habe ihm gegenüber erklärt, die Behandlung erst nach Genehmigung der Verordnung durch die KK zu beginnen, übersehe er, dass sämtliche streitigen Heilmittelverordnungen keinen Genehmigungsvermerk enthielten (Schriftsatz vom 28. Januar 2011 = Bl 128 dA). Auf ein Verschulden des Klägers komme es nicht an.

Die Beigeladene zu 1. hat auf die Verbindlichkeit der Heilmittel-Richtlinien für Verordnungen zulasten der gKV hingewiesen (Schriftsatz vom 17. Dezember 2009 = Bl 64 dA). Nach der Rspr des BSG hätten die Richtlinien des GBA (respektive dessen Vorgängers) normativen Charakter; sie regelten im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung Umfang und Modalitäten der Krankenbehandlung mit bindender Wirkung sowohl für die Versicherten als auch für die Vertragsärzte. Die Verordnungen über Kohlensäurebäder seien unzulässig, weil die in den Heilmittel-Richtlinien festgelegten Indikationen nicht vorgelegen hätten. Bei der Phototherapie handele es sich um ein neues Heilmittel iS von § 138 SGB V, weil deren Verordnung vor dem 1. Januar 1989 nicht möglich gewesen sei. Sie habe nicht zum Umfang der vertragsärztlichen Versorgung gehört. Vertragliche Vereinbarungen könnten die beanstandeten Verordnungen nicht rechtfertigen. Sofern solche bestanden hätten, beträfen diese die rechtlichen Beziehungen zwischen der Fachklinik S. und dem Spitzenverband der Beigeladenen zu 1., dem damaligen Verband der Angestellten-Krankenkassen in Gestalt des Ortsausschusses T.. Außerdem hätten sich die vertraglichen Vereinbarungen, wie auch das von der Prüfungsstelle vorgelegte Schreiben vom 28. Januar 2004 belege, auf Heilmittel im Rahmen von ambulanten Reha- und Vorsorgemaßnahmen nach § 23 Abs 2 SGB V bezogen. Um solche Leistungen gehe es vorliegend jedoch nicht, sondern um Heilmittel iS von § 32 SGB V. Somit könne sich der Kläger nicht auf diese Vereinbarungen berufen, zumal er auch überhaupt nicht Vertragspartner gewesen sei. Die vorliegend betroffenen Verordnungen seien, anders als von dem Kläger suggeriert, von ihr gegenüber der Fachklinik S. nicht genehmigt worden (Schriftsatz vom 4. Januar 2011 = Bl 125 dA).

Das SG Hannover hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. April 2014 = Bl 148 dA). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Feststellung eines sonstigen Schadens lägen vor. Die regressierten Heilmittelverordnungen ständen nicht im Einklang mit den Heilmittel-Richtlinien. Der indikationsbezogene Katalog verordnungsfähiger Heilmittel enthalte in der maßgeblichen Fassung die Phototherapie nicht. Damit sei diese nicht als Heilmittel gemäß § 32 SGB V verordnungsfähig gewesen. Bei dem Heilmittelkatalog handele es sich um eine sog Positivliste mit der Folge, dass in der Liste nicht enthaltene Heilmittel auch nicht verordnungsfähig seien. Dass es sich nicht um ein neues Heilmittel iS von § 138 SGB V handele, sei daher irrelevant. Kohlensäurebäder stellten zwar grundsätzlich ein verordnungsfähiges Heilmittel dar, aber nicht für die Indikationen, für die sie vom Kläger verordnet worden seien. Eine vertragliche Vereinbarung, die eine Verpflichtung der Beigeladenen zur Versorgung ihrer Versicherten mit den verordneten Heilmitteln begründen könnte, sei nicht vorgelegt worden und auch anderweitig nicht bekannt. Abgesehen davon habe eine derartige Vereinbarung sich nur in dem durch die Heilmittel-Richtlinien festgelegten Rahmen bewegen dürfen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R). Bei den eingereichten Unterlagen handele es sich außerdem größtenteils nur um Preisvereinbarungen, die nichts an den für die Kohlensäurebäder erforderlichen Indikationen änderten und im Übrigen die Phototherapie unerwähnt ließen. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutzaspekte berufen. Mit dem Inkrafttreten der Heilmittel-Richtlinien sei klar gewesen, dass eine Verordnungsfähigkeit der Leistungen gar nicht bzw nicht bei den vorliegenden Indikationen gegeben gewesen sei. Eine vertragliche Vereinbarung, die nach Inkrafttreten Vertrauensschutz hätte begründen können, sei nicht bekannt (wird ausgeführt). Auch der Umstand, dass die Beigeladenen die verordneten Leistungen bezahlt hätten, sei nicht geeignet, Vertrauensschutz dahingehend zu begründen, dass ein Regress ausbleiben werde. Wollte man dies annehmen, würde die Bezahlung von Leistungen durch die KK faktisch deren Verordnungsfähigkeit begründen. Das könne nicht im Sinne des Regelwerks sein, welches der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde liege (wird ausgeführt). Eine Ausfertigung des Urteils ist dem Kläger am 12. Mai 2014 zugestellt worden (Empfangsbekenntnis unter Bl 157a dA).

Der Kläger hat gegen das Urteil am 11. Juni 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht <LSG> Niedersachsen-Bremen eingelegt (Bl 161 dA; Aktenzeichen des LSG: L 3 KA 61/14).

Der Senat hat den (nunmehr beklagten) Beschwerdeausschuss mit Beschluss vom 8. Mai 2017 (notwendig) zum Verfahren beigeladen (Bl 236 dA). Nach Aussetzung des Verfahrens zum Zwecke der Nachholung des Vorverfahrens (Beschluss vom 3. Juli 2017 = Bl 259 dA) bestätigte der Beklagte die auf den Antrag der Beigeladenen zu 2. erlassenen Regresse für das Quartal II/2004 (iHv 3.937,89 Euro; Bescheid vom 14. November 2017 = Bl 291 dA) und das Quartal III/2004 (iHv 560,40 Euro; Bescheid vom 14. November 2017 = Bl 295 dA), den auf Antrag der Beigeladenen zu 1 festgesetzten Regress für die Quartale I/2004 bis I/2005 reduzierte er – vor dem Hintergrund eines offensichtlichen Schreibfehlers bei der Wiedergabe der Verordnungssumme (2.000,10 Euro statt richtigerweise 200,10 Euro) – um 1.800 Euro auf einen Betrag iHv 94.644,58 Euro (Bescheid vom 14. November 2017 = Bl 279 dA). Er begründete seine Entscheidungen wie folgt: Versicherte hätten Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit diese nicht ausgeschlossen seien (Hinweis auf § 34 SGB V und auf die Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V). Der GBA habe nach der Rspr des BSG den Auftrag, in den Heilmittel-Richtlinien einen Katalog der zulasten der gKV verordnungsfähigen Heilmittel (Positivliste) zu erstellen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 69/04 R). Die vom Kläger verordnete Phototherapie sei im Heilmittelkatalog nicht aufgezählt und damit kein verordnungsfähiges Heilmittel gewesen. Kohlensäurebäder seien zwar im indikationsbezogenen Katalog der zulässigen Heilmittel aufgeführt gewesen, allerdings fielen die in den streitigen Verordnungen angeführten Diagnosen nicht hierunter. Eine Verordnungsfähigkeit außerhalb der aufgezählten Indikationen bestehe nicht. Etwaige vertragliche Vereinbarungen, die eine Verpflichtung zur Versorgung mit den vom Kläger verordneten Heilmitteln enthielten, seien unwirksam, weil sie sich nicht in dem durch die Heilmittel-Richtlinien vorgegebenen Rahmen bewegten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R). Soweit die antragstellenden KKen die verordneten Heilmittel bezahlt hätten, begründe dies nicht deren Verordnungsfähigkeit, weil die Zahlungen die Regelungen der Heilmittel-Richtlinien nicht außer Kraft zu setzen vermöchten. Hinsichtlich des Schadens gelte der normative Schadensbegriff, auf Verschulden komme es nicht an, Vertrauensschutz bestehe nicht (wird jeweils ausgeführt).

Nach Erlass der Bescheide ist das Verfahren unter dem (aktuellen) Aktenzeichen L 3 KA 2/18 fortgesetzt worden. Der Kläger hat die Klage nunmehr gegen den Beschwerdeausschuss gerichtet (Schriftsatz vom 27. Februar 2018 = Bl 305 dA). Die (zunächst) beklagte Prüfungsstelle hat den Rechtsstreit für erledigt erklärt (Schriftsatz vom 21. März 2018 = Bl 320 dA). Der Kläger hat hinsichtlich der Klage gegen deren Bescheide den Rechtsstreit ebenfalls für erledigt erklärt (Schriftsatz vom 18. Mai 2018 = Bl 327 dA)

Zur Begründung seines auf Aufhebung der Bescheide des Beklagten gerichteten Begehrens nimmt der Kläger Bezug auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend und vertiefend vor. Phototherapie und Kohlensäurebäder seien von den Kassen seit dem Jahre 2001 gekürzt worden. Entsprechende Leistungen seien dann nur noch abgegeben worden, wenn entweder eine generelle Genehmigung einer Kasse oder eine Genehmigung im Einzelfall vorgelegen habe. Es sei dann auf Wunsch der seinerzeit im VdAK/AEV zusammengeschlossenen KKen eine entsprechende Leistungserbringung und Abrechnung vereinbart worden. Insbesondere die Ersatzkassen hätten generell darauf verzichtet, eine Genehmigung von Verordnungen im Einzelfall vorzunehmen. Der (damalige) Verwaltungsdirektor der Fachklinik S. (Herr U. V.) habe in einem vergleichbaren Verfahren vor dem SG Hannover (S 61 KA 519/11) die Situation geschildert (Hinweis auf eine Sitzungsniederschrift vom 7. Dezember 2016 = Bl 309 dA). Danach seien die klägerischen Verordnungen gerade von den Ersatzkassen veranlasst und überhaupt nur auf deren Druck erfolgt. Der Verwaltungsdirektor habe in einem Vermerk vom 21. Februar 2006 (Bl 209 dA) die damalige Praxis der KKen in einem Vermerk niedergelegt. Entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen zu 2. hätten die Vertreter der örtlichen KKen im Ortsausschuss dem „Verfahren betreffend die Wannenbäder“ seinerzeit zugestimmt. Der Kläger stellt weiter infrage, dass die verordneten Leistungen von den Beigeladenen zu 1. und zu 2. bezahlt worden sind. Soweit dies nicht der Fall sei, sei weder ein realer noch ein normativer Schaden entstanden, der regressiert werden könne. Der Kläger erklärt vorsorglich und hilfsweise die Aufrechnung mit eigenen Schadensersatzansprüchen gegen die Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2.

 

Der Kläger stellt den Antrag,                                                                                                      

          die drei Bescheide des Beklagten vom 14. November 2017 aufzuheben.

 

Der Beklagte beantragt,                                                                                                             

          die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene zu 1. wiederholt und vertieft ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen (Schriftsatz vom 26. November 2014 = Bl 219 dA). Sie betont insbesondere nochmals, dass das Schreiben des damaligen VdAK/AEV vom 28. Januar 2004 nicht an den Kläger, sondern an die Fachklinik S. gerichtet sei und allein ambulante Reha- und Vorsorgemaßnahmen nach § 23 Abs 2 SGB V betroffen habe und das klägerische Vorbringen nicht stützen könne. Die Fachklinik S. habe dem Kläger gegenüber, offensichtlich in Kenntnis von der fehlenden Verordnungsfähigkeit von Phototherapie, versichert, sich die Erbringung der Leistung vorher durch die Kassen genehmigen zu lassen (Schriftsatz vom 17. Juli 2018 = Bl 335 dA). Die im Streit stehenden Verordnungen seien indes nicht genehmigt worden. Der Vermerk vom Februar 2006 sei von den Kassen nicht gegengezeichnet worden und beziehe sich ohnehin lediglich auf Kohlensäurebäder, die grundsätzlich ohnehin verordnungsfähig gewesen seien.

Die Beigeladene zu 3. hält die Festsetzung eines Regresses in der geltend gemachten Höhe wegen eines möglichen Vertrauenstatbestandes für ausgeschlossen (Schriftsatz vom 15. März 2018 = Bl 317 dA). Aufgrund der glaubhaften Aussage des (damaligen) Verwaltungsdirektors der Fachklinik S. vor dem SG Hannover am 7. Dezember 2016 (S 61 KA 519/11) liege der Schluss nahe, dass von Seiten der Kassen zum damaligen Zeitpunkt ein besonderer Vertrauenstatbestand gesetzt und die praktizierte Verordnungsweise gebilligt worden sei.

Die Beigeladene zu 2. sieht keinen Anhaltspunkt oder Anschein für einen von ihr gegenüber dem Kläger gesetzten Vertrauenstatbestand (Schriftsatz vom 17. Juli 2018 = Bl 331 dA). Die von der Klägerseite und der zu 3. beigeladenen KÄV angeführte Zeugenaussage des Verwaltungs­direktors hält sie für nebulös und unpräzise. Insbesondere sei fraglich, inwieweit das von dort behauptete „Beknien“ der Fachklinik S. von Vertretern der örtlichen KKen zur weiteren Erbringung der Phototherapie in einem Zusammenhang mit dem Verordnungsverhalten des Klägers stehen könne. Die Beigeladene zu 2. habe weder die streitgegenständlichen Verordnungen noch die daraufhin erbrachten Heilmittelleistungen genehmigt. Soweit sich der Kläger hier auf einen Vermerk der Fachklinik S. vom 21. Februar 2006 berufe, stamme dieser einerseits aus dem Februar 2006 und betreffe damit die vorliegend interessierenden Quartale nicht. Andererseits beziehe er sich ausweislich seiner Überschrift lediglich auf Kohlensäurebäder (und nicht auf die Phototherapie). Insoweit bedurfte es, innerhalb des Regelfalls, überhaupt keiner Genehmigung. Anders, als von dem Kläger vorgetragen, seien von ihr insoweit keine Zusagen hinsichtlich der Leistungserbringung und Abrechnung von Phototherapie oder Kohlensäurebädern gemacht worden. Der Kläger könne auch keine unklare Verordnungsfähigkeit der Phototherapie unter Vorlage eines Schreibens der beigeladenen KÄV an die AOK Westfalen-Lippe aus dem Jahre 2003 darlegen. Das Schreiben habe eine Verordnung von Kohlensäurebädern betroffen. Die ihr gegenüber abgerechneten Heilmittelverordnungen seien, unter Abzug der Zuzahlung, von ihr vergütet worden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den weiteren Inhalt der Verfahrensakte sowie die von dem Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen haben dem Senat vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Klage gegen die Bescheide des beklagten Berufungsausschusses ist zulässig, aber unbegründet.

A.I.  Gegenstand des Verfahrens (§ 95 des Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) ist in einem Verfahren der Wirtschaftlichkeits­prüfung wie dem vorliegenden (allein) der das Verfahren abschließende Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996 – 6 RKa 40/95, BSGE 78, 278 <279 f> = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 194 f = juris Rn 12; zur Anwendbarkeit von § 95 SGG trotz dieser vertragsarztrechtlichen Besonderheiten s bspw BSG, Urteil vom 11. Mai 2011 – B 6 KA 13/10 R, BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32 = juris, jeweils Rn 37).

Zwar hatte der Kläger zunächst, in Übereinstimmung mit der von der vormaligen Beklagten in ihren Bescheiden erteilten Rechtsbehelfsbelehrung, die Bescheide vom 26. Juni 2008 angefochten und Klage gegen die Prüfungsstelle vor dem SG erhoben; das erforderliche Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss ist indes (nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens) nachgeholt worden. Damit sind die Bescheide des Beschwerdeausschusses vom 14. November 2017 Gegenstand des Klageverfahrens geworden (s oben und vgl B. Schmidt in: Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 96 Rn 7). Der Senat hat daher über deren Rechtmäßigkeit zu entscheiden. Nicht zur Überprüfung steht das mit der Berufung angefochtene Urteil des SG Hannover vom 9. April 2014. Es ist gegenstandslos geworden, weil die nach seiner Verkündung ergangenen Bescheide des Beklagten an die Stelle der Bescheide der vormaligen Beklagten getreten sind (vgl B. Schmidt, aaO). Der Senat entscheidet damit über eine Klage und nicht über eine Berufung des Klägers. Mit Blick auf Letztere ist allein noch eine Kostenentscheidung zu treffen.

II.    Das durch die Klage gegen die Bescheide vom 26. Juni 2008 mit der Prüfungsstelle als Beklagter anhängig gewordene Verfahren haben der Kläger und die Prüfungsstelle jeweils in der Hauptsache für erledigt erklärt (Schriftsätze vom 21. März 2018 und vom 18. Mai 2018). Mit dieser übereinstimmenden Erledigungserklärung endete die Rechtshängigkeit dieser Klage; einer Erklärung der Beigeladenen bedurfte es nicht (Keller in: Meyer-Ladewig ua, SGG, 13. Aufl 2020, § 125 Rn 8).

B.    Die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide gerichtete Klage ist als (isolierte) Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

C.   Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide vom 14. November 2017 des beklagten Beschwerdeausschusses sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

I.     Gesetzliche Grundlage für die Festsetzung eines Heilmittelkostenregresses im Einzelfall ist § 106 Abs 2 S 4, Abs 3 S 3 SGB V (idF von Art 1 Nr 82 Buchst c DBuchst dd des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Modernisierungsgesetz – GMG> vom 14. November 2003 [BGBl I 2190]). Danach können die Landesverbände der KKen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den KÄVen über die in § 106 Abs 2 S 1 SGB V vorgesehenen Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Dabei ist festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Einzelfallprüfungen durchgeführt werden und dass die Prüfungsstelle auf Antrag der KÄV, der KK oder ihres Verbandes Einzelfallprüfungen durchführt (§ 106 Abs 3 S 3 SGB V). Nach § 29 Abs 1 S 1 der vorliegend maßgeblichen Vereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeitsüberwachung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 106 SGB V ab dem Jahr 2004 <PrüfV 2004> haben die Prüfungseinrichtungen auf Antrag einer KK auch einen „Sonstigen Schaden“ im Einzelfall nach § 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte <BMV-Ä> bzw § 44 Abs 1 Arzt-Ersatzkassen-Vertrag <EKV-Ä> festzustellen. Zu diesem „Sonstigen Schaden“ gehört nach § 29 Abs 1 S 2 PrüfV auch der Verstoß gegen die Richtlinien des GBA gemäß § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V. Unter die genannte Vorschrift fallen auch die damaligen Richtlinien über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung <Heilmittel-Richtlinien> (hier anzuwenden in der am 21. Juni 2002 geänderten und am 1. Oktober 2002 in Kraft getretenen Fassung [Quartale I und II/2004] und der am 16. März 2004 geänderten und am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung [Quartale II/2004 bis I/2005]). Diese Heilmittel-Richtlinien bestimmten näher, in welchen Fällen und in welchem Umfang die gesetzlich Krankenversicherten einen Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln gemäß § 32 SGB V hatten. Damit umfasst § 29 Abs 1 S 2 PrüfV 2004 die in § 106 Abs 3 S 3 SGB V angesprochenen Einzelfallprüfungen im Heilmittelbereich. Dass die Parteien der PrüfV die Prüfung im Einzelfall rechtsdogmatisch (fehlerhaft) dem „Sonstigen Schaden“ zugeordnet haben (zur Abgrenzung zwischen beiden Instituten vgl BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 6 KA 5/09 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 28 = juris, jeweils Rn 21 ff; Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 30 = juris, jeweils Rn 11; Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 15/18 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 59 = juris, jeweils Rn 28), ist rechtlich ohne Bedeutung (Senatsurteil vom 29. September 2021 – L 3 KA 4/17, S 8 Urteilsumdruck; Senatsurteil vom 23. Juli 2014 – L 3 KA 82/11, S 5 Urteilsumdruck; vgl bereits Senatsurteil vom 17. Oktober 2012 – L 3 KA 106/09, S 8 Urteilsumdruck).

II.    Die aufgrund der genannten Rechtsgrundlage <I.> durchgeführten Einzelfallprüfungen sind rechtmäßig. Der Beklagte hat gegenüber dem Kläger rechtmäßig Regresse iHv insgesamt 99.142,87 Euro festgesetzt. Weder die Annahme der Unwirtschaftlichkeit der im Streit stehenden Verordnungen über Kohlensäurebäder und Phototherapie noch die Höhe der drei festgesetzten Regresse sind zu beanstanden. Der Kläger durfte den betroffenen Versicherten diese Heilmittel nicht zulasten der gKV verordnen, weil jene von ihren zu 1. bzw 2. beigeladenen KKen die Behandlung mit diesen Heilmitteln als Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 3 iVm § 32 Abs 1 S 1 SGB V) nicht beanspruchen konnten.

Welche Heilmittel in den betroffenen Quartalen I/2004 bis I/2005 verordnungsfähig waren, ergibt sich aus den damals geltenden Heilmittel-Richtlinien (hierzu <1.>; zu den einschlägigen Fassungen s oben <I.>). Für die Verordnung von Kohlensäurebädern fehlte es an der erforderlichen medizinischen Indikation (hierzu <2.>). Phototherapie war im maßgeblichen Zeitraum unabhängig von der den Verordnungen zugrunde liegenden Indikation überhaupt nicht vom Leistungskatalog der gKV umfasst (hierzu <3.>). Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen (hierzu <4.>). Durch die abgerechneten Heilmittelverordnungen ist auch ein durch den Kläger zu ersetzender Schaden entstanden (hierzu <5.>).

1.a) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheits­beschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 S 1 SGB V). Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Heilmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V). Welche Heilmittel verordnungsfähig sind, ergibt sich aus dem Gesetz (kein Ausschluss gemäß § 32 Abs 1 S 1 Halbs 2 iVm § 34 SGB V) und aus den Richtlinien des GBA bzw bis 31. Dezember 2003 des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6, Abs 6 SGB V (vgl BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 18/19 R, BSGE 129, 290 = SozR 4-2500 § 138 Nr 3 = juris, jeweils Rn 10).

In § 92 Abs 6 S 1 Nr 1 SGB V (idF von Art 1 Nr 33 Buchst d des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung – 2. GKV-Neuordnungsgesetz <2. GKV-NOG> vom 21. Juni 1997 [BGBl I 1520]) ist ausdrücklich vorgeschrieben, dass in den Heilmittel-Richtlinien ein Katalog verordnungsfähiger Heilmittel geregelt wird. Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Bundesausschuss/GBA im Bereich der Heilmittelversorgung tatsächlich eine sog Positivliste erstellt (BSG, Urteil vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 69/04 R, SozR 4-2500 § 132a Nr 3 = juris, jeweils Rn 26; Urteil vom 29. November 2006 – B 6 KA 7/06 R, SozR 4-2500 § 125 Nr 3 = juris, jeweils Rn 18; Senatsurteil vom 23. Juli 2014 – L 3 KA 82/11, S 6 Urteilsumdruck; zum Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als Ausgangspunkt für die Ermächtigung zum Erlass der Heilmittel-Richtlinien s BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 18/19 R, BSGE 129, 290 = SozR 4-2500 § 138 Nr 3 = juris, jeweils Rn 16).

Die Heilmittel-Richtlinien bringen ihren hinsichtlich der verordnungsfähigen Heilmittel abschließenden Charakter auch selbst deutlich zum Ausdruck. So heißt es in Erster Teil Kap II Nr 8 S 1: Heilmittel sind nur nach Maßgabe dieser Richtlinien nach pflichtgemäßem Ermesse verordnungsfähig.

b)    Diese grundsätzlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Heilmittelgewährung und spiegelbildlich der Verordnungsfähigkeit von Heilmitteln durch Vertragsärzte lässt der Kläger außer Acht, wenn er gegen die angefochtenen Bescheide einwendet, die Heilmittel-Richtlinien verhielten sich nicht zu Heilmitteln im Fachgebiet der Dermatologie und deshalb könne ihnen insoweit auch keine Ausschlusswirkung zukommen. Verordnungsfähig ist, was als solches in den Heilmittel-Richtlinien aufgeführt ist. Ausschlusstatbeständen, wie sie der Kläger erwähnt, bedarf es daneben grundsätzlich nicht. Dem steht nicht entgegen, dass die Heilmittel-Richtlinien mit ihrer Anlage 2 auch eine sog Negativliste enthalten. In dieser sind Maßnahmen enthalten, deren therapeutischer Nutzen nach Maßgabe der Anlage 1 nicht nachgewiesen ist, Indikationen, bei denen der Einsatz von Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nachgewiesen ist, nicht anerkannt ist und Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind (vgl Erster Teil Kap II Nr 15 und Kap IX Heilmittel-Richtlinien). Ihr kommt eine Klarstellungsfunktion in Zweifelsfällen zu. Sie ist damit nicht, wie der Kläger meint, überflüssig.

c)    An der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch den Bundesausschuss/GBA können zwischenzeitlich – entgegen dem umfangreichen, die zwischenzeitlich ergangene Rspr allerdings nicht berücksichtigenden Vorbringen des Klägers – bezogen auf die Heilmittel-Richtlinien nach § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V keine Zweifel mehr bestehen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 18/19 R, BSGE 129, 290 = SozR 4-2500 § 138 Nr 3 = juris, jeweils Rn 16; zur hinreichenden demokratischen Legitimation des GBA vgl auch BSG, Urteil vom 24. April 2018 – B 1 KR 13/16 R, BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1 = juris, jeweils Rn 49 <Erprobungsrichtlinie>; BSG, Urteil vom 29. November 2017 – B 6 KA 34/16 R, BSGE 124, 294 = SozR 4-2500 § 34 Nr 20 = juris, jeweils Rn 41 <Medizinprodukte in Arzneimittelrichtlinie>; Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 6/16 R, SozR 4-2500 § 33 Nr 51 = juris, jeweils Rn 46 <zur Richtlinie nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – B 1 KR 30/15 R, BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18 = juris, jeweils Rn 43 <zur Arzneimittelrichtlinie nach § 92 Abs 1 Nr 6 SGB V>).

d)    Die Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 SGB V haben, anders als von dem Kläger vorgetragen, auch nicht lediglich empfehlenden Charakter. Als Beschlüsse des GBA sind sie – unter anderem – für die KKen, die Versicherten und die Leistungserbringer, also auch die Vertragsärzte, verbindlich (§ 91 Abs 6 SGB V idF von Art 2 Nr 14 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz <GKV-WSG>] vom 26. März 2007 [BGBl I 378]; zuvor bereits grundlegend zur Verbindlichkeit BSG, Urteil vom 20. März 1996 – 6 RKa 62/94, BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6). In den vorliegend maßgeblichen Quartalen galt § 91 Abs 9 SGB V idF von Art 1 Nr 70 des GMG, der insbesondere für Vertragsärzte eine inhaltlich gleiche Regelung enthielt (siehe auch Erster Teil Kap I Nr 1 Heilmittel-Richtlinien). Die Richtlinien sind zudem Bestandteil der Bundesmantelverträge (§ 92 Abs 8 SGB V) und damit auch insoweit für den Kläger verbindliches Recht. Schließlich folgt ihre Verbindlichkeit aus § 3 Abs 4 der Satzung der zu 3. beigeladenen KÄV (hierzu siehe auch die Vorgaben in § 81 Abs 2 Nr 3 SGB V).

f)     Ob die in § 91 Abs 6 SGB V bzw 91 Abs 9 SGB V genannten Beteiligten von den Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V abweichende vertragliche Regelungen schließen könnten, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Solche Vereinbarungen bestanden in den betroffenen Quartalen (I/2004 bis I/2005) zwischen dem Kläger und den KKen nicht. Das behauptet auch der Kläger nicht.

Abreden zwischen der Fachklinik S. und den KKen über die Erbringung der in Streit stehenden Heilmittel sind ebenfalls nicht festzustellen. Sie hätten auch keinen Einfluss auf die Zulässigkeit von vertragsärztlichen Verordnungen für die ambulante Versorgung von Versicherten haben können. Soweit der Kläger sich fortgesetzt auf Vereinbarungen beruft, sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass der VdAK/AEV in seinem Schreiben vom 28. Januar 2004 an die Fachklinik S. eine Vereinbarung (vom 8. August 2001) über die Abgabe von Heilmitteln im Rahmen ambulanter Reha- und Vorsorgemaßnahmen (gemäß § 23 Abs 2 SGB V) erwähnt. Die genannte Vereinbarung betraf demnach medizinische Vorsorgeleistungen und nicht die durch die Vertragsärzte zu leistende ambulante Krankenbehandlung.

Die von dem Kläger vorgelegten „Vergütungsvereinbarungen“ bzw „Vergütungslisten“ zwischen dem VdAK/AEV einerseits und verschiedenen Verbänden und Vereinigungen der Heilmittelerbringer andererseits finden ihre Grundlage in § 125 Abs 2 SGB V. Sie betreffen ersichtlich nicht die Zulässigkeit der Heilmittelerbringung, sondern die Höhe der zu leistenden Vergütung. Rückschlüsse auf die Verordnungsfähigkeit von Leistungen können daraus nicht gezogen werden. Das gilt auch für die sonstigen Vereinbarungen, die in diesem Zusammenhang von dem Kläger vorgelegt worden sind (vgl zu einer derartigen Konstellation bereits Senatsurteil vom 23. Juli 2014 - L 3 KA 82/11, S 6 des Urteilsumdrucks).

2.a) Bei diesen rechtlichen Grundlagen können die von dem Kläger zulasten der Beigeladenen zu 2. verordneten Kohlensäurebäder nicht auf die Heilmittel-Richtlinien gestützt werden. Kohlensäurebäder sind als Maßnahmen der Physikalischen Therapie (Erster Teil Kap II Nr 6.1 A, Kap III.A Heilmittel-Richtlinien) grundsätzlich verordnungsfähig. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Verordnung zulässig ist, zählt – unter anderem – das Vorliegen einer der im Zweiten Teil der Heilmittel-Richtlinien (Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen, Heilmittel-Katalog) aufgeführten Indikationen (Erster Teil Kap II Nr 8 S 2 Spiegelstrich 1 Heilmittel-Richtlinien). Der Heilmittel-Katalog nennt zwar unter Ziff I (Maßnahmen der Physikalischen Therapie; vgl nochmals Erster Teil Kap III.A Heilmittel-Richtlinien) an verschiedenen Stellen Kohlensäurebäder, bspw bei Sklerodermie oder bei bestimmten Erkrankungen des Rückenmarks, nicht jedoch bei den von dem Kläger in den Verordnungen angegebenen Diagnosen. Dass seine Verordnungen außerhalb der in den Heilmittel-Richtlinien (Heilmittel-Katalog) geregelten Indikationen erfolgt sind, stellt der Kläger auch gar nicht infrage. Damit zählen sie nicht zu den verordnungsfähigen Heilmitteln. „Teil- und Wannenbäder“ werden überdies auch noch einmal ausdrücklich den nicht verordnungsfähigen Heilmitteln zugeordnet, soweit sie nicht nach den Vorgaben des Heilmittel-Katalogs verordnungsfähig sind (Anl 2 Buchst c Nr 18 Heilmittel-Richtlinien).

b)    Das gilt auch für Verordnungen, die für Versicherte der Beigeladenen zu 1. ausgestellt worden sind. In diesen Fällen kommt als weiterer Grund für deren Unzulässigkeit hinzu, dass der Kläger den Versicherten neben Kohlensäurebädern jeweils auch die überhaupt nicht als Heilmittel verordnungsfähige Phototherapie (hierzu sogleich eingehend <3.>) verordnet hat. Eine gleichzeitige Verordnung mehrerer Heilmittel ist aber nur unter den besonderen Voraussetzungen von Erster Teil Kap VI Heilmittel-Richtlinien zulässig. Sie ist allgemein nur zulässig, wenn durch sie ein therapeutisch erforderlicher Synergismus erreicht wird (Erster Teil Kap II Nr 16 Heilmittel-Richtlinien). Nur dann liegt eine wirtschaftliche Versorgung vor. Das kann bei einer Kombinationstherapie mit einem nicht verordnungsfähigen Heilmittel von vornherein nicht der Fall sein.

Deshalb konnte der Beklagte auch hinsichtlich der zu Gunsten der Versicherten W. mit Datum 7. Juni 2004 ausgestellten Verordnungen insgesamt einen Regress festsetzen, obwohl dort die Diagnose Sklerodermie vermerkt und damit an und für sich eine zulässige Indikation für die Verordnung von Kohlensäurebädern angegeben ist. Die Beigeladene zu 1. hatte auf die Unzulässigkeit einer solchen Kombination der Heilmittel bereits in ihrem Antrag hingewiesen.

3.    Ebenfalls unstreitig ist, dass die von dem Kläger verordnete Phototherapie nicht in dem vorliegend einschlägigen Heilmittel-Katalog enthalten ist. Daraus folgt vor dem Hintergrund der systematischen Grundlagen <1.>, dass sie nicht zu den gemäß Erster Teil Kap II Nr 8 Heilmittel-Richtlinien zulasten der gKV verordnungsfähigen Heilmitteln zählen. Für den Ausschluss kommt es nicht darauf an, dass es sich vorliegend – wie der Kläger betont hat – nicht um Balneo-Phototherapie handelt und die Phototherapie in einer Fachklinik (und nicht in einer Vertragsarztpraxis) erbracht worden ist. Vorliegend geht es nicht um eine Vergütung vertragsärztlicher Leistungen, sondern um einen Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln. Der Beschluss des (damaligen) Bundesausschusses vom 10. Dezember 1999 über die Einstufung der Balneo-Phototherapie als Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode spielt vorliegend damit ohnehin keine Rolle.

4.    Den festgesetzten Regressen kann der Kläger auch nicht mit seiner Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes begegnen.

a)    Nach der Rspr des BSG kommt die Anerkennung von Vertrauensschutz in Betracht, wenn ein anderer Beteiligter einen besonderen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Vertragsarzt gesetzt hat. Bei streitigen Verordnungen kommen dafür nur die Prüfgremien oder ein Kostenträger in Betracht (hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 – B 6 KA 2/08 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 24 = juris, jeweils Rn 19f; Urteil vom 20. März 2013 – B 6 KA 27/12 R, BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40 = juris, jeweils Rn 18). Darüber hinaus muss der einen Vertrauenstatbestand setzende Beteiligte ausdrücklich die von dem betroffenen Vertragsarzt praktizierte Verordnungsweise gebilligt und der Arzt muss in Kenntnis dessen seine Verordnungsweise fortgesetzt haben. Erforderlich ist demnach eine auf eine verbindliche Festlegung zielende behördliche Äußerung der Entscheidungs- oder Kostenträger, die ggf auch fernmündlich erfolgen kann (BSG, Urteil vom 20. März 2013, aaO). Für all dies ist nichts ersichtlich.

b)    Auch jenseits des vom BSG speziell für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärzt­lichen Versorgung entwickelten Tatbestands kommt eine Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten des Klägers nicht in Betracht.

aa)  Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene zu 1. und/oder die Beigeladene zu 2. gegenüber der Fachklinik S. generell auf eine Genehmigung der (grundsätzlich unzulässigen) Heilmittelerbringung von Kohlensäurebädern und Phototherapie verzichtet haben könnten, liegen nicht vor. Das klägerische Vorbringen ist in diesem Zusammenhang bereits unsubstantiiert. So erwähnt der Kläger die Vereinbarung einer entsprechenden Leistungserbringung und Abrechnung, benennt diese aber weder datumsmäßig noch inhaltlich konkret. Die dahingehenden Behauptungen des Klägers sind auch nicht plausibel, weil er gegen die Festsetzung des Regresses ausdrücklich eingewendet hat, die beiden KKen hätten die von ihm verordneten Kohlensäurebäder und Phototherapien gegenüber den Leistungserbringern nicht bezahlt. Das passt nicht zu der behaupteten generellen Genehmigung entsprechender Heilmittel.

bb)  Soweit der Kläger sich auf ein Schreiben der IKK Niedersachsen vom 14. Januar 2005 (Bl 210 dA) bezieht, folgt daraus ebenfalls nichts Belastbares im Zusammenhang mit der Frage nach Vertrauensschutz. Die IKK Niedersachsen hat vorliegend keinen Antrag auf Festsetzung eines Regresses gestellt. Unabhängig davon bleibt darauf hinzuweisen, dass sie in dem genannten Schreiben zutreffend darauf abstellt, dass Phototherapie nicht zulasten der gKV verordnet werden kann. Soweit sie erklärt, die Kohlensäurebäder zu „übernehmen“, erfolgt dies unter Hinweis auf die Heilmittel-Richtlinien, die – wie ausgeführt (<2.>) – für bestimmte Indikationen eine entsprechende Leistung vorsehen. Vorliegend lagen diese Indikationen nicht vor und deshalb waren die Verordnungen des Klägers rechtswidrig. Welche Indikation dem Schreiben vom 14. Januar 2005 zugrunde lag, hat der Kläger nicht aufgedeckt.

Aus einem ähnlichen Grund führt das vorgelegte Schreiben der Beigeladenen zu 3. an die AOK Westfalen-Lippe vom 26. August 2003 nicht weiter. Die KÄV reichte mit dem genannten Schreiben deren Antrag auf Überprüfung und Festsetzung eines Regresses gegen den Kläger wegen unzulässiger Heilmittelverordnungen zurück. Auch dort ging es um Kohlensäurebäder. Dass diese, wie in dem Schreiben ausgeführt, nach den Heilmittel-Richtlinien grundsätzlich verordnungsfähig sind, ist generell richtig, ohne Kenntnis der zugrunde gelegten Indikation aber vorliegend nicht aussagekräftig. Welche Indikation betroffen war, hat der Kläger wiederum nicht aufgedeckt.

cc)  Vertrauensschutz kann der Kläger nicht aus dem im Berufungsverfahren vorgelegten Vermerk des damaligen Verwaltungsdirektors der Fachklinik S. vom 21. Februar 2006 herleiten. Dieser Vermerk stammt nicht von einer der antragstellenden KKen und ist von diesen auch nicht bestätigt worden. Außerdem ist er deutlich nach den vorliegend interessierenden Quartalen gefertigt worden und beträfe zudem allenfalls die Kohlensäurebäder (und nicht die Phototherapie).

dd)  Anders, als von dem Kläger eingewandt, ist das Verhalten der antragstellenden KKen auch nicht deshalb treuwidrig, weil sie die von ihm verordneten Heilmittel gegenüber den Heilmittelerbringern – seiner Auffassung nach – nicht hätten vergüten müssen.

Ein Leistungsverweigerungsrecht wäre nach der Rspr des BSG nur dann infrage gekommen, wenn die klägerischen Verordnungen den das Wirtschaftlichkeitsgebot sichernden Vorgaben der Heilmittel-Richtlinien „offenkundig“ widersprochen hätten (BSG, Urteil vom 13. September 2011 – B 1 KR 23/10 R, BSGE 109, 116 = SozR 4-2500 § 125 Nr 7 = juris, jeweils Rn 12; Urteil vom 27. September 2009 – B 1 KR 4/09 R, BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5 = juris, jeweils Rn 30). Verlangt wird vom Leistungserbringer eine Überprüfung der vertragsärztlichen Verordnung auf zumutbar erkennbare Fehler, also auf Vollständigkeit und Plausibilität (BSG, Urteil vom 13. September 2011, aaO Rn 15 aE).

Ob die im Streit stehenden Verordnungen für einen Heilmittelerbringer wegen eines Verstoßes gegen die Heilmittel-Richtlinien offenkundig rechtswidrig gewesen sind, kann hier dahinstehen. Der normative Charakter der maßgeblichen Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 SGB V und deren Verbindlichkeit waren allerdings zu jenem Zeitpunkt noch nicht im gleichen Maße anerkannt wie heute. Der Gesetzgeber hat mit dem GMG zum 1. Januar 2004 mehrere Änderungen vorgenommen, die – unter anderem insoweit – Klarheit und Sicherheit bringen sollten. Zu nennen ist § 92 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB V aF, mit dem der GBA befugt wurde, die Verordnung von Leistungen einzuschränken oder auszuschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind. Zu nennen ist ferner § 91 Abs 9 SGB V aF, der bestimmte, dass die Beschlüsse des GBA – mit angeführten Ausnahmen – für die Versicherten, die KKen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Diese Regelungen waren eine Reaktion auf die Rechtsnormqualität der Richtlinien und die sich daraus ergebenden Folgen für den Leistungskatalog der gKV (hierzu und zum Meinungsstand Filges in Engelmann/Schlegel, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 91 Rn 112). Das BSG hat – soweit ersichtlich – erstmals im Mai 2006 im Zusammenhang mit der Heilmittelversorgung von einer (abschließenden) Positivliste gesprochen (Urteil vom 31. Mai 2006 – B 6 KA 69/04 R, SozR 4-2500 § 132a Nr 3 = juris, jeweils Rn 26). Anzuführen ist außerdem die damit im Zusammenhang stehende, aber dennoch für sich zu betrachtende Diskussion um die demokratische Legitimation des GBA (eingehend Roters in KassKomm, SGB V, § 91 – Stand EL 112 Dezember 2020 – Rn 23 ff).

Vor dem Hintergrund dieser seinerzeit noch unsicheren Rechtslage war es jedenfalls nicht treuwidrig, wenn sich eine KK an den die unzulässigen Verordnungen ausstellenden Vertragsarzt, der damit Auslöser und Verursacher der Streitigkeiten ist, wendet, nicht aber an die Leistungserbringer. Dies gilt umso mehr, als die KKen nach den mit den Leistungserbringerverbänden bestehenden Verträgen grundsätzlich verpflichtet sind, die vorgelegten Rechnungen kurzfristig und ohne eingehendere Einzelfallprüfung zu begleichen.

5.    Durch die Ausstellung der Verordnungen durch den Kläger in den Quartalen I/2004 bis I/2005 ist den Beigeladenen zu 1. und zu 2. auch ein Schaden entstanden, und zwar in Höhe der von ihnen zu tragenden (Netto-)Verordnungskosten.

Es besteht kein objektiver Anhalt dafür, dass die Heilmittelerbringung von den beiden KKen nicht bezahlt worden sein könnte. Zwar meldet der Kläger insoweit wiederholt Bedenken an, mit diesem pauschalen Einwand vermag er aber keine Zweifel an dem üblichen Ablauf von Verordnungsausstellung, Leistungserbringung, Abrechnung und Bezahlung zu begründen. Auch hier wirkt es sich wieder aus, dass sein Vorbringen widersprüchlich ist, weil er sich – worauf bereits eingegangen wurde (<4.b)aa)>) – in einem anderen Zusammenhang auf den Standpunkt stellt, die antragstellenden Kassen hätten die Leistungen im Einzelfall oder allgemein genehmigt gehabt. In einem solchen Fall gäbe es erst recht keinen Grund für die von ihm an dieser Stelle behauptete fehlende Vergütung der aufgrund seiner Verordnungen erbrachten Heilmittel.

Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, den antragstellenden Kassen sei kein Schaden entstanden, weil die aufgrund der streitauslösenden Verordnungen erbrachten Heilmittel ihnen anderweitige Therapiekosten erspart hätten. Im Vertragsarztrecht ist kein Raum, einen Verstoß gegen Ge- oder Verbote, die nicht bloße Ordnungsvorschriften betreffen, durch Berücksichtigung eines hypothetischen alternativen Geschehensablaufs oder einer Vorteilsausgleichung als unbeachtlich anzusehen. Denn damit würde das vertragsarztrechtliche Ordnungssystem insofern relativiert, als es auf die Beachtung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme. In den Verfahren der Wirtschaftlich­keitsprüfung gemäß § 106 ff SGB V gilt deshalb der normative Schadensbegriff (stRspr des BSG, s bspw Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 38/13 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 47 = juris, jeweils Rn 36 mwN). Der durch eine unrechtmäßige ärztliche Verordnung (s oben) eingetretene Schaden wird nicht dadurch infrage gestellt, dass der KK bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären.

6.    Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass es in diesem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf ein Verschulden des Klägers nicht ankommt (stRspr des BSG, s bspw Urteil vom 5. Mai 2010 – B 6 KA 5/09 R, SozR 4-2500 § 106 Nr 28 = juris, jeweils Rn 26).

III.   Die von dem Kläger erklärte Aufrechnung gegen die festgesetzten Regressansprüche kann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide haben und ist bereits deshalb ohne Einfluss auf das vorliegende Verfahren. Sollte sie Bedeutung erlangen können, dann allenfalls im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Ansprüche.

D.   Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und Abs 2, Abs 3 und § 162 Abs 3 der Verwaltungsgerichtsordnung <VwGO>. Sie umfasst auch die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Verfahrens gegen die Bescheide der Prüfungsstelle (vormalige Beklagte und Berufungsbeklagte). Über diese Kosten hat der Senat des Erfordernisses einer einheitlichen Kostenentscheidung wegen zusammen mit der abschließenden Entscheidung über den Streitrest nach (vollständiger) Beendigung des Verfahrens von Amts wegen zu entscheiden (Senatsurteil vom 31. Mai 2017 – L 3 KA 30/16, S 13 des Urteilsumdrucks; Clausing in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 161 VwGO – Stand Februar 2022 EL 42 – Rn 4).

Der Kläger hat die Kosten der von ihm ohne Erfolg gegen die Bescheide des Beklagten vor dem Senat erhobenen Klage zu tragen (§ 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO) sowie die Kosten der erfolglosen Klage gegen die Bescheide der Prüfungsstelle vor dem SG Hannover (§ 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO) und die Kosten der von ihm insoweit gegen das Urteil des SG Hannover vom 9. April 2014 eingelegten Berufung (§ 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 161 Abs 2 VwGO). Die Berufung wäre nicht nur unzulässig gewesen, sondern - wie die spätere Klage - auch in der Sache (ganz überwiegend) ohne Erfolg geblieben; ein etwaiges Obsiegen mit Blick auf die vom Beschwerdeausschuss vorgenommene Korrektur (iHv 1.800 Euro) wäre so gering gewesen, dass es im Rahmen einer Kostenquote nicht abzubilden gewesen wäre. Dass die Rechtsbehelfsbelehrungen der angefochtenen Bescheide mit ihrem Hinweis auf die Klagemöglichkeit unzutreffend gewesen sind, war damit nicht ursächlich für die angefallenen Kosten. Sie wären bei einer zutreffenden Belehrung vielmehr ebenso angefallen (vgl hierzu bereits Senatsurteil vom 31. Mai 2017 –  L 3 KA 30/16, S 13 f des Urteilsumdrucks).

E.    Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor.

F.    Die Festsetzung des Streitwerts für das zweitinstanzliche Verfahren beruht auf der Anwendung von § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 3 S 1 des Gerichtskostengesetzes <GKG>. Maßgeblich ist die mit den angefochtenen Bescheiden für den Kläger verbundene Beschwer (insgesamt 100.942,87 Euro), wobei es auf die ursprüngliche Fassung der Bescheide ankommt, wie sie bei Einleitung des zweiten Rechtszugs bestanden (vgl § 40 GKG).

Rechtskraft
Aus
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