L 13 AS 1337/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 3225/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1337/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06.04.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt die Überprüfung aller Bescheide des Beklagten seit dem 30.11.2016.

Der Kläger hat laufende Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) vom Beklagten bezogen. Im Rahmen des vor dem Sozialgericht Freiburg geführten Verfahrens mit dem Aktenzeichen S 7 AS 4652/19 beantragte er mit Schreiben vom 18.11.2019 die Überprüfung „aller nicht bezahlten Leistungen wegen Sanktionen oder Sonstiges ab dem 30.11.2016 bis heute“. Hierzu führte das Sozialgericht im Gerichtsbescheid vom 12.05.2020 aus, dass dieses Schreiben als Antrag gegenüber dem Beklagten nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zu werten sei und wies zugleich darauf hin, dass maximal eine Prüfung ab dem Jahr 2018 in Betracht käme und sich der Antrag zudem auf konkrete Bescheide beziehen müsse, während ein pauschales Überprüfungsbegehren hinsichtlich „aller Entscheidungen“ – auch innerhalb eines bestimmten Zeitraums – nicht bestimmt genug sei.

Mit Bescheid vom 17.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2020 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab, weil dieser zu unbestimmt sei.

Am 07.09.2020 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Hierbei hat er weiterhin nicht dargelegt, weshalb seiner Ansicht nach die ergangenen Bescheide rechtswidrig seien, sondern vorgetragen, es werde nicht auf „Details und Fakten“ eingegangen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Beklagte habe eine inhaltliche Prüfung nach § 44 SGB 10. Buch (SGB X) der Bescheide ab 30.11.2016 zu Recht abgelehnt. Es mangele bereits an einem hinreichend objektiv konkreten Antrag. Es werde keine Prüfung „im Einzelfall „begehrt. Trotz des Vorliegens eines „Antrags“ löse ein solches Begehren bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift keine inhaltliche Prüfpflicht des Sozialleistungsträgers aus (BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R, juris, Rn. 14 m.w.N.).

Hiergegen richtet sich die am 04.05.2022 eingelegte Berufung des Klägers. Er habe alle Argumente vorgebracht. Obwohl bekannt gewesen sei, dass ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt worden sei, seien Sanktionen gegen ihn erhoben worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 06.04.2022 und den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.08.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, alle Bescheide ab dem 30.11.2016 nach § 44 SGB X zu überprüfen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu der Begründung, weshalb der Antrag abzulehnen sei, werde auf die erstinstanzlichen Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid verwiesen.

Die Beteiligten haben zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) ihr Einverständnis erteilt.

Weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden konnte, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Nach § 40 Abs.1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i.V.m. § 44 Abs. S. 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus, bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der Verwaltung muss sich aufgrund oder aus Anlass des Antrags im Einzelfall objektiv erschließen können, aus welchem Grund ‑ Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein. Entweder aus dem Antrag selbst (ggf. nach Auslegung) oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen (vgl. BSG Urteil vom 13.2.2014 ‑ B 4 AS 22/13 R – a.a.O.).


Diesen Anforderungen genügt der Antrag des Klägers nicht. Der Kläger hat die aus seiner Sicht zu überprüfenden Bescheide nicht konkret benannt, sodass auch durch Auslegung seines Antrags für den Beklagten nicht hinreichend feststellbar ist, woraus sich im Einzelfall eine Rechtswidrigkeit der in dem genannten Zeitraum ergangenen Bescheide ergeben soll. Hierzu genügt es jedenfalls nicht, pauschal auf den Antrag einer Rente wegen Erwerbsminderung hinzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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