L 8 BA 9/22

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 22 BA 86/20
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 9/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Auf laufende Beschäftigungen, die vor dem 31. März 2022 begonnen haben, findet im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens § 7a SGB IV in der bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung Anwendung.
Eine nebenberufliche Dozentin an einer Schule, die auf die Erlangung eines staatlich anerkannten Bildungsabschlusses (Altenpflege) gerichtet ist, ist abhängig beschäftigt, wenn sie als Vertretungskraft für andere Lehrer tätig wird, im Rahmen des Unterrichts Vorgaben des Lehrplans zu beachten und den Leistungsstand der Schüler zu kontrollieren hat.
Zur Frage der Geringfügigkeit einer Beschäftigung, welche bei der Zusammenrechnung mit einer anderen geringfügigen Beschäftigung die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet.  
 


Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Dezember 2021 wird zurückgewiesen. 

Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin in der Berufungsinstanz. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. 

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,-- € festgesetzt.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der Statusfeststellung über die Frage der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als nebenberufliche Lehrkraft für Pflegeberufe. 

Die Klägerin ist Trägerin des Aus- und Fortbildungsinstituts A-Stadt, an dem überregional staatlich examinierte Altenpflegerinnen und Altenpfleger sowie Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer ausgebildet werden. Die Beigeladene zu 1) ist hauptberuflich versicherungspflichtig als Altenpflegerin in einem Hospiz beschäftigt. Am 16. Januar 2017 schloss sie mit der Klägerin einen Dozentenvertrag, mit dem sich die Beigeladene zu 1) zur Durchführung von Unterricht in den pflegerelevanten Lernfeldern der Lernbereiche I bis IV des theoretischen und fachpraktischen Unterrichtes entsprechend den geltenden Verordnungen über Ausbildung und Prüfung in der Altenpflege und Altenpflegehilfe im Umfang von ca. 80 Stunden im Jahr verpflichtete; die Unterrichtstermine würden mit dem Auftragnehmer verbindlich vereinbart (§ 2). Der zeitliche Umfang (Unterrichtszeiten) und die Inhalte des Unterrichts seien zwischen den Vertragsparteien vor Vertragsschluss einvernehmlich zu vereinbaren und Bestandteil des Vertrags. Etwaige Änderungen und Verlegungen der Unterrichtsstunden würden ausschließlich einvernehmlich vorgenommen (§ 3). Vereinbart wurde eine Vergütung von 30 Euro pro Unterrichtsstunde à 45 Minuten. Der fachpraktische Unterricht werde mit einem Stundenhonorar von 26 Euro pro Zeitstunde honoriert. Die anfallenden Fahrtkosten für die Praktikumsbesuche würden mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer vergütet (§ 5). Der Auftraggeber erteile dem Auftragnehmer keine methodischen oder didaktischen Weisungen, dieser sei nicht weisungsgebunden (§ 9). Ein festes Arbeitsverhältnis wollten beide Parteien nicht begründen (§ 11). Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 14 ff der Verwaltungsakte Bezug genommen. 

Am 14. August 2019 beantragte die Beigeladene zu 1) die Statusfeststellung für ihre Tätigkeit als Lehrkraft mit dem Ziel der Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Zu ihrer Tätigkeit erklärte sie u.a., die Verteilung der Arbeitszeit erfolge mittels Vorschlag und Anfrage des Instituts. Die Unterrichtszeiten seien im Stundenplan festgelegt. Klausuren würden benotet, an Notenkonferenzen müsse sie nicht teilnehmen. Zu beachten sei der Rahmenlehrplan Altenpflege und Altenpflegehilfe. Die Beigeladene zu 1) legte Rechnungen über Prüfungsabnahmen, Praxisbesuche und Examensprüfungen beginnend ab 12. Juli 2017 vor, aus denen sich ergab, dass sie jeweils an einzelnen Tagen an der Schule der Klägerin halb- oder ganztags theoretischen Unterricht in verschiedenen Fächern der Altenpflege erteilt hatte („Tagesgestaltung und Aktivitäten“; „Theoret. Grundlagen einbeziehen“, „Lebenswelten/soz. Netzwerke alter Menschen“). Ferner nahm sie Praxisbesuche vor und war an der Abnahme von Prüfungen beteiligt. Die darüber von der Beigeladenen zu 1) gestellten Rechnungen weisen monatlich unterschiedliche Beträge aus, die in aller Regel unter 450,00 € monatlich liegen. 

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 20. Januar 2020 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass in dem Auftragsverhältnis als Dozentin seit 12. Juli 2017 Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung in der Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Schüler einen staatlich anerkannten Bildungsabschluss erlangten, die Arbeitszeiten in Stundenplänen vorgegeben seien, die Tätigkeit durch Befragungen kontrolliert werde und die Beigeladene zu 1) Erfolgskontrollen durchführe und Noten vergebe. Sie habe sich an einen Rahmenlehrplan zu halten und Stundennachweise zu fertigen. Die Widersprüche der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 19. August 2020 zurück. 

Die Klägerin hat am 17. September 2020 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie hat vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei als freiberufliche Dozentin tätig und nicht in die Schulorganisation eingebunden. 

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 7. Dezember 2021 den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2022 aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) nicht aufgrund abhängiger Beschäftigung bei der Klägerin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der Sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sei. Überwiegende Aspekte sprächen für eine selbständige Tätigkeit. Die Beigeladene zu 1) sei bei der Durchführung der Lehreinheiten und als Zweitprüferin bei praktischen Prüfungen nicht weisungsgebunden. Sie könne die Durchführung von Unterrichts- oder Prüfeinheiten frei ablehnen. Ein Honorar erhalte sie lediglich für tatsächlich geleistete Unterrichts- bzw. Prüfstunden. Die Bindungen eines Dozenten an Zeit, Ort und äußerem Rahmen der Tätigkeit lägen in der Natur der Sache. Es obliege ihrer freien Entscheidung, wie sie den Unterricht gestalte und welche Bücher/Lernmittel sie verwende. Anders als die festangestellten Kollegen sei sie nicht in sonstige Aufgaben der Schulorganisation eingebunden. 

Gegen das am 5. Januar 2022 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 2. Februar 2022.  

Die Beklagte trägt vor, die Schule der Klägerin vermittle einen staatlich anerkannten Abschluss und sei daher mit einer allgemeinbildenden Schule vergleichbar. Die Beigeladene zu 1) unterrichte Fächer aus den Lernbereichen I bis IV des Hessischen Rahmenlehrplans zur Altenpflege und Altenpflegehilfe an einer Schule, die auf die Erlangung eines staatlich anerkannten Bildungsabschlusses (Staatlich anerkannte Altenpfleger/in) gerichtet sei. Der Lehrplan enthalte die Lernziele, gebe die Lerninhalte vor und erteile didaktisch-methodische Hinweise, die Lerninhalte bauten aufeinander auf. Nach der Rechtsprechung seien dies maßgebliche Kriterien für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. 

Die Beklagte beantragt (sinngemäß), 
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Dezember 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen. 

Die Klägerin beantragt, 
die Berufung zurückweisen. 

Sie verteidigt die Entscheidung des Sozialgerichts. 

Die Beigeladenen stellen keine Anträge. Die Beigeladene zu 1) unterstützt die Klägerin in ihrer Auffassung, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handele. 

Die Klägerin hat die Abrechnungsunterlagen betreffend die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass diese von 2017 bis Ende 2019 bei der Klägerin in unterschiedlichen Zeiträumen tätig war. In den Jahren 2020, 2022 und 2023 war die Beigeladene für die Klägerin nicht tätig, im Jahr 2021 nur in den Monaten Februar, März, Juni, Juli und August. Ferner hat der Senat die „Aufgabenbeschreibung Honorarkräfte“ sowie weitere, die Einarbeitung und Unterrichtstätigkeit von Honorarkräften betreffende Unterlagen der Klägerin beigezogen und am 20. April 2023 einen Erörterungstermin durchgeführt, bei dem die Beigeladene zu 1) zu ihrer Tätigkeit nochmals befragt worden ist. 

Die Beigeladene zu 1) hat einen Arbeitsvertrag mit der Firma Ambulante Krankenpflege E. GmbH über eine geringfügige Beschäftigung als Nachtwache ab dem 23. November 2018 vorgelegt und dazu mitgeteilt, sie habe diese Tätigkeit auf 450,00 € Basis vom 23. November 2018 bis 25. Mai 2019, vom 1. November 2019 bis 31. März 2020 sowie vom 1. August 2020 bis heute ausgeübt.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei sein könnte. Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Zu Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) am 12. Juli 2017 habe von einer geringfügig entlohnten Tätigkeit nicht ausgegangen werden können, weil kein regelmäßiges monatliches Entgelt vereinbart gewesen sei. Eine zeitgeringfügige Beschäftigung liege nicht vor, da die Beschäftigung auf Dauer angelegt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Beratung des Senats war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 


Entscheidungsgründe

Im erklärten Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat über die Berufung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Berufung ist zwar zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Das folgt allerdings – entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts – nicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) als nebenberufliche Lehrkraft für Pflegeberufe an der Schule der Klägerin einer selbständigen Tätigkeit nachgeht; vielmehr ist die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als eine dem Grunde nach abhängige, sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu beurteilen. Die Beigeladene zu 1) unterliegt in dieser Tätigkeit gleichwohl nicht der Sozialversicherungspflicht, weil es sich um eine geringfügige Tätigkeit handelt. Die Entscheidung des Sozialgerichts erweist sich daher im Ergebnis als richtig. 

Streitgegenstand des Verfahrens ist dabei allein die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Dozentin im Rahmen des an der Schule der Klägerin geleisteten theoretischen und fachpraktischen Unterrichts, nicht hingegen die von der Beigeladenen zu 1) ebenfalls noch ausgeübte Tätigkeit als Prüferin. Bescheid und Widerspruchsbescheid beziehen sich nicht auf die Prüfungstätigkeit. Dies hat die Beklagte im Erörterungstermin vom 20. April 2023 auch nochmals bestätigt. 

Rechtsgrundlage der Feststellung, ob die Beigeladene zu 1) auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin im Sinne des § 7 SGB IV versicherungspflichtig ist, ist § 7a Abs. 1 SGB IV in der vom 1. September 2009 bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG ist Gegenstand der Entscheidung nach § 7a SGB IV nicht die abstrakte Feststellung des Erwerbsstatus, sondern das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Versicherungspflicht. Das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist, neben der Entgeltlichkeit, lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Versicherungspflicht im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sowie § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB XI und damit nur ein Element der mit unmittelbaren Rechtsfolgen verbundenen Feststellung von Versicherungspflicht. Demzufolge waren auf der Grundlage von § 7a SGB IV a.F. weder die Deutsche Rentenversicherung Bund als "Clearingstelle" noch die Gerichte befugt, im Rahmen von § 7a SGB IV isoliert das Vorliegen von Beschäftigung festzustellen (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, Rn. 12, juris mwN). 

Die Neufassung von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV durch Art. 2c Nr. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlamentes und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und anderer Gesetze vom 16. Juli 2021 (BGBl. I, S. 2970) findet auf das vorliegende Verfahren keine Anwendung. Danach können die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Das Gesetz sieht damit seit dem 1. April 2022 eine abstrakte Feststellung des Erwerbsstatus vor. Dies führt indes nicht dazu, dass die angefochtenen Bescheide für die Zeit ab dem 1. April 2022 rechtswidrig geworden sind, auch wenn die Beigeladene zu 1) aufgrund des ungekündigten Dozentenvertrags bis heute in einer Vertragsbeziehung mit der Klägerin steht. Denn die Neuregelung betrifft nach ihrem Sinn und Zweck nur Bescheide der Beklagten, die ab dem 1. April 2022 ergehen. Die Regel, dass eine Änderung des Verfahrensrechts bei fehlender Übergangsvorschrift grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfasst, unterliegt verfassungsrechtlichen Grenzen, wenn rechtsstaatliche Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes dies gebieten (vgl. BVerfG vom 7. Juli 1992 - 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 - BVerfGE 87, 48, 63; BSG, Urteil vom 14. Mai 2020 – B 14 AS 10/19 R –, SozR 4-4200 § 40 Nr 15, Rn. 14). Eine Anwendung von § 7a SGB IV nF auf „Altbescheide“ würde dazu führen, dass diese hinsichtlich der Feststellung der Sozialversicherungspflicht ab 1. April 2022 rechtswidrig würden, also ohne inhaltliche Entscheidung aufgehoben werden müssten. Denn die „Elementenfeststellung“ einer abhängigen Beschäftigung wird seitens der Beklagten in den „Altbescheiden“ aufgrund der Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausdrücklich nicht vorgenommen. Dieses Ergebnis wollte der Gesetzgeber offensichtlich nicht erreichen (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Dezember 2022, L 3 BA 53/18, juris). Vielmehr soll nach dem Willen des Gesetzgebers „künftig“ nur noch über den Erwerbsstatus als Elementenfeststellung entschieden werden (vgl. BT-Drucks. 19/29893 S. 28), also keine Korrektur bereits ergangener Entscheidungen erfolgen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Januar 2023 – L 1 BA 67/19 –, juris Rn. 55). Im Übrigen deutet auch § 7a Absatz 1 Satz 1 SGB IV n.F. („es sei denn, ...“), darauf hin, dass einem bereits anhängigen Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht (wie nach bisherigem Recht) Sperrwirkung zukommt (vgl. BT-Drucks 19/29893 S. 28; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Februar 2023 – L 16 BA 76/19 –, Rn. 74, juris). 

Bei der Beigeladenen zu 1) liegt seit Beginn ihrer Tätigkeit als Lehrkraft für die Klägerin eine entgeltliche Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV vor. 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG, Urteil vom 29. August 2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29).

Diese Bewertungskriterien gelten grundsätzlich auch bei der Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Lehrkraft. Die Tätigkeit als Lehrkraft kann sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Entscheidend ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist, in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise der Unterrichtserteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestaltet und inwieweit sie zu Nebenarbeiten herangezogen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R –, juris Rn. 29 f; Urteil vom 28. Juni 2022 – B 12 R 3/20 R –, juris Rn. 18 f). Hierbei ist im Wege einer typisierenden Betrachtung auch darauf abzustellen, ob die Lehrkraft an einer allgemeinbildenden Schule oder einer mit dieser vergleichbaren Lehreinrichtung tätig wird. Lehrkräfte, die an allgemeinbildenden Schulen unterrichten, sind in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn sie ihren Unterricht nebenberuflich erteilen. Die stärkere Einbindung von Schülern in ein Schul- oder Ausbildungssystem bedeutet eine stärkere persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger. Für den Unterricht an allgemeinbildenden Schulen gibt es ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Einzelweisungen. Diese betreffen nicht nur die Unterrichtsziele, die genau beschrieben werden, sondern auch Inhalt, Art und Weise des Unterrichts. Der Unterricht der verschiedenen Fächer und Stufen muss nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmt werden. Außerdem unterliegen diese Lehrkräfte einer verstärkten Kontrolle durch die staatliche Schulaufsicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die häufigen Leistungskontrollen der Schüler mittelbar auch eine Kontrolle der Unterrichtenden bedeuten. Schließlich fallen bei Unterricht an allgemeinbildenden Schulen regelmäßig mehr Nebenarbeiten an als bei der Abhaltung außerschulischer Kurse. Dazu gehören die Unterrichtsvorbereitung, die Korrektur schriftlicher Arbeiten, die Beteiligung an der Abnahme von Prüfungen, die Teilnahme an Konferenzen, unter Umständen auch die Abhaltung von Schulsprechstunden, Pausenaufsichten und die Durchführung von Wandertagen und Schulreisen. Die Erteilung von Unterricht an allgemeinbildenden Schulen bedingt die Eingliederung der Lehrkräfte in die vom Schulträger bestimmte Arbeitsorganisation. Daher ist es folgerichtig, wenn Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, soweit sie auf Grund von privatrechtlichen Verträgen tätig sind, als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt werden (BAG, Urteil vom 11. Oktober 2000 – 5 AZR 289/99 –, Rn. 19, juris). Gleiches hat für Lehrkräfte zu gelten, die an Weiterbildungsinstituten Fachunterricht erteilen, wenn ihre Unterrichtstätigkeit schulischen Charakter besitzt, sich von der eines Lehrers an allgemeinbildenden Schulen nicht wesentlich unterscheidet und die Unterrichtstätigkeit, etwa durch die Vermittlung eines staatlich anerkannten oder institutseigenen Abschlusses, für das berufliche Fortkommen der Teilnehmer von Bedeutung ist (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Dezember 2020 – L 9 BA 54/18 –, juris Rn. 7). Dagegen können Lehrkräfte, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, als freie Mitarbeiter tätig werden, auch wenn es sich bei ihrem Unterricht um aufeinander abgestimmte Kurse mit vorher festgelegtem Programm handelt. Namentlich bei Volkshochschulen und Musikschulen ist die Verbindung der Schüler oder Kursteilnehmer zum Unterrichtsträger erheblich lockerer. Es gibt regelmäßig - anders als bei den allgemeinbildenden Schulen - keine förmlichen Abschlüsse. Die Kurse dienen nicht der Berufsvorbereitung. Der Unterricht ist meist weniger reglementiert; das Ausmaß der Kontrolle geringer. Schließlich fallen weniger Nebenaufgaben an. Die auch hier notwendige Organisation und Koordination sowie die inhaltlichen Vorgaben lassen den Lehrkräften mehr Spielraum als in allgemeinbildenden Schulen (BAG, a.a.O.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Juli 2016 – L 8 R 761/14 –, juris Rn. 78 mwN).

Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. Außerhalb der Einzeleinsätze liegt schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende "entgeltliche" Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine latente Verpflichtung der Beigeladenen besteht, Tätigkeiten für die Kläger auszuüben; umgekehrt hat diese auch kein Entgelt zu leisten (BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 11/18 R – juris Rn. 21 mwN; Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R –, juris Rn. 23).

Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze ist die Beigeladene zu 1) für die Klägerin im Rahmen der jeweils einzeln vereinbarten Tätigkeiten als Dozentin abhängig beschäftigt. 

Zwar zeigt der zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossene Dozentenvertrag Aspekte auf, die für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sprechen. Dieser dokumentiert den Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen. Diesem Parteiwillen kommt jedoch nur dann indizielle Bedeutung für eine selbständige Tätigkeit zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Andere Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, wie der Ausschluss von Urlaubs- oder Entgeltfortzahlungsansprüchen, sind demgegenüber bei der Gesamtabwägung ohne eigenständige Bedeutung, weil sie das Fehlen des Status des abhängig Beschäftigten voraussetzen und letztlich nichts weiter beinhalten als eine - bei Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung – unzulässigen Abwälzung von Risiken (Senat, Urteil vom 15. Dezember 2016 – L 8 KR 37/16 ZVW –, juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –). 

Für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) spricht demgegenüber, dass sich sowohl aus dem Dozentenvertrag, den von der Klägerin als Handlungsanleitung für Dozenten verfassten Merkblättern und der von der Beigeladenen zu 1) geschilderten tatsächlichen Durchführung der Dozententätigkeit deutliche Anzeichen für eine Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in einen von der Klägerin organisierten und bestimmten schulischen Organisationsprozess ergeben. Die Beigeladene zu 1) unterrichtet auf der Grundlage des mit der Klägerin abgeschlossenen Dozentenvertrags Fächer aus den Lernbereichen I - IV des Hessischen Rahmenlehrplans zur Altenpflege und Altenpflegehilfe an einer Schule, die auf die Erlangung eines staatlich anerkannten Bildungsabschlusses (Staatlich anerkannte Altenpfleger/in) nach staatlichen Vorgaben gerichtet ist; neben dem theoretischen Unterricht führt sie zudem Praxisbesuche im Rahmen der Altenpflegeausbildung durch, die der Lernkontrolle der jeweiligen Schüler dienen. Bei diesen Tätigkeiten übernimmt die Beigeladene zu 1), wie aus ihrer Aussage im Erörterungstermin des Senats vom 20. April 2023 deutlich geworden ist, für einzelne Tage die Vertretung anderer fest angestellter Lehrer der Klägerin. Die Unterrichtszeiten werden zwischen der Schule und der Beigeladenen zu 1) in der Weise festgelegt, dass seitens der Schule bzw. durch einzelne Lehrer nach der Verfügbarkeit der Beigeladenen zu 1) für einen bestimmten Zeitraum und einen bestimmten Unterricht angefragt wird, wobei ihr hierfür ein Zeitfenster genannt wird; die Beigeladene prüft dann ihre zeitliche Verfügbarkeit und vereinbart danach den konkreten Unterrichtseinsatz. Bei der Unterrichtsplanung ist die Beigeladene zu 1) sodann – anders als das Sozialgericht in seiner Entscheidung angenommen hat – inhaltlich an Vorgaben der Schule gebunden. Sie übernimmt aus einem der Lernfelder der Lernbereiche I – IV für einen Unterrichtstag oder Teile davon den Unterricht, den sie auf der Grundlage der in der Schule gebräuchlichen Lehrbücher erteilt; außerdem ist der Rahmenlehrplan zu beachten. Insoweit ist ihr Unterricht inhaltlich und methodisch auf die Unterrichtsinhalte anderer Dozentinnen/Dozenten abgestimmt. Dabei ist sie verpflichtet, zur Leistungsbeurteilung der Schülerinnen und Schüler beizutragen. Das von der Klägerin der „Aufgabenbeschreibung Honorarkräfte“ als Anlage beigefügte Merkblatt zur Leistungsbeurteilung verweist auf die Vorgaben des Altenpflegegesetzes und der Altenpflegeprüfungsverordnung sowie Festlegungen des Regierungspräsidiums hinsichtlich der zu ermittelnden Noten und enthält sodann „Festlegungen der Leistungsbeurteilung“, die auch von Seiten der Honorarkräfte zu beachten sind. Dies umfasst die Form, wie eine Leistung erbracht werden kann (Klausur, Test, Hausarbeit, Präsentation, Referat, Unterrichtsmitarbeit…), die Ermittlung der Noten, die Koordination der Leistungsbeurteilungen der Fachdozenten durch die Kursleitung, Terminfestlegungen usw. Zwar war die Beigeladene zu 1) an diesem System der Notenfindung, wie sie nachvollziehbar dargelegt hat, in der Vergangenheit nur in geringen Umfang beteiligt. So hat sie Klausuren eigentlich nur während der Coronazeit geschrieben, weil dies damals notwendig war, um in irgendeiner Form überhaupt einen Leistungsnachweis führen zu können. Auch in der Zeit davor war die Beigeladene zu 1) aber in das System der Lernkontrolle der Schülerinnen und Schüler eingebunden, z.B. durch die Bewertung einer Präsentation oder eines anderen Beitrags. Über das Ergebnis solcher Kontrollen setzt sie die jeweilige Klassenleitung in Kenntnis. Die Beigeladene zu 1) unterliegt darüber hinaus der Pflicht, im Klassenbuch die Anwesenheit der Schülerinnen und Schüler festzustellen; hier zeichnet sie auch die von ihr erbrachte Leistung ab. Diese Tätigkeitsbeschreibung der Beigeladenen zu 1) stimmt mit der von der Klägerin herausgegebenen „Aufgabenbeschreibung Honorarkräfte“ überein, die darüber hinaus „bei Bedarf“ auch die Teilnahme des Dozenten an Dozentenkonferenzen verlangt. Dies hat bei der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Einzelfall auch stattgefunden; ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Abrechnungsunterlagen hat sie am 13. Juni 2018 an einer 3stündigen Dozentenkonferenz teilgenommen. Insgesamt zeichnet sich damit das Bild einer Vertretungskraft für zeitliche Vakanzen anderer Lehrer im Rahmen eines auf die Erlangung eines staatlich anerkannten Bildungsabschlusses ausgerichteten und entsprechend durchstrukturierten Schulbetriebs unter Einbindung in das System der Lern- und Leistungskontrolle der Schülerinnen und Schüler. 

Eine Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in die betriebliche Organisation ist in gleicher Weise in Bezug auf die Praxisbesuche im Rahmen der Altenpflegeausbildung festzustellen. Denn diese dienen, wie die Beigeladene zu 1) bei ihrer persönlichen Befragung durch den Senat erläutert hat, in gleicher Weise wie der theoretische Unterricht der Erreichung des Ausbildungszwecks im Sinne der Erlangung der Prüfungsreife, indem eine Lernkontrolle der jeweiligen Schüler stattfindet. Für diese Tätigkeit existiert eine Handlungsanleitung der Klägerin in Form eines Leitfadens, welcher den Praxisbesuch strukturiert und der Lehrkraft konkrete Vorgaben über die Durchführung macht. Verpflichtend ist die Anfertigung eines Verlaufsprotokolls. 

Angesichts dessen kommt den für eine Selbständigkeit sprechenden Aspekten geringeres Gewicht zu. Soweit die Beigeladene zu 1) darauf hinweist, dass sie nicht regelmäßig wöchentlich mit festgelegter Stundenzahl für die Klägerin tätig wird, zeigt sich darin nur, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) von Vornherein als Aushilfs- und Nebentätigkeit neben ihrem Hauptberuf geplant war. Nach der Übernahme eines konkreten Auftrags, also z.B. Erteilung von Unterricht an einem festgelegten Tag, unterscheidet sich ihre Tätigkeit aber nicht mehr wesentlich von der eines festangestellten Lehrers. Werden die Konditionen der entgeltlichen Erbringung verschiedener konkreter Tätigkeiten für einen anderen durch einen Rahmenvertrag zwischen den Beteiligten eines Rechtsverhältnisses in der Weise geregelt, dass die Hauptleistungspflichten erst jeweils mit Übernahme der Einzeltätigkeit entstehen, kommt es für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit regelmäßig entscheidend auf die Verhältnisse während der Durchführung der jeweiligen Einzeltätigkeit an (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, BSGE 120, 99-113, SozR 4-2400 § 7 Nr 25). 

Gleichwohl unterlag die Beigeladene zu 1) in ihrer bisherigen Tätigkeit für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung, weil es sich in der Vergangenheit um eine geringfügige und damit versicherungsfreie Tätigkeit gehandelt hat. 

In der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2021, die vorliegend allein streitgegenständlich ist, weil die Beigeladene zu 1) in den Jahren 2022/2023 für die Klägerin nicht tätig war, galt § 8 Abs. 1 SGB IV in der folgenden Fassung: 
Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn
1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt,
2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt.

Die beiden Fallgruppen der Nr. 1 oder 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV unterscheiden sich dadurch, dass entgeltgeringfügige Beschäftigungen (Nr. 1) regelmäßig und zeitgeringfügige Beschäftigungen (Nr. 2) nur gelegentlich ausgeübt werden (BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3-2400 § 8 Nr. 3 S 11 f mwN) und nach ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus auf eine bestimmte Anzahl von Monaten oder Arbeitstagen im Kalenderjahr begrenzt sind (BSG, Urteil vom 24. November 2020 - B 12 KR 34/19 R - BSGE 131, 99 = SozR 4-2400 § 8 Nr. 9, Rn. 12). Als regelmäßig ist dabei eine Beschäftigung anzusehen, die bei vorausschauender Betrachtung (vgl. BT-Drucks 7/4122 S 43) von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Für das Vorliegen von Regelmäßigkeit kommt es dabei nicht darauf an, ob die jeweiligen Arbeitseinsätze im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses von vornherein feststehen oder von Mal zu Mal vereinbart werden (BSG, Urteil vom 7. Mai 2014 - B 12 R 5/12 R - juris Rn. 21 mwN; vom 23. Mai 1995 - 12 RK 60/93 - SozR 3-2400 § 8 Nr. 4 S. 20; vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 10/20 R –juris Rn. 40 - 42).

Bei der Beigeladenen zu 1) lag in der Zeit vom 12. Juli 2017 – 22. November 2018 und vom 26. Mai 2019 – 31. Oktober 2019 eine entgeltgeringfügige und damit versicherungsfreie Beschäftigung vor. Regelmäßig ist eine Beschäftigung, die von Vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre ausgeübt werden soll (BSG, Urteil vom 11. Mai 1993, 12 RK 23/91, juris Rn. 13; vom 7. Mai 2014, B 12 R 5/12 R, juris Rn. 21 mwN; vom 5. Dezember 2017, B 12 KR 16/15 R, juris Rn. 12 f; stRsprg). Dies war hier der Fall, denn die Klägerin und die Beigeladene zu 1) schlossen einen unbefristeten Dozentenvertrag, der die Durchführung von Unterricht in den pflegerelevanten Lernfeldern der Lernbereiche I bis IV des theoretischen und praktischen Unterrichts im Bereich der Altenpflege mit einem Stundenumfang von ca. 80 Stunden im Jahr vorsah. Diese 80 Stunden im Jahr verteilten sich, wie aus den von der Beigeladenen zu 1) vorgelegten Rechnungen und den von der Klägerin im Berufungsverfahren noch vorgelegten Kontenblättern ergibt, ab Beginn der Beschäftigung auf das gesamte Jahr. Die Entgeltgeringfügigkeitsgrenze von 450,00 € wurde nur in einzelnen Monaten überschritten. Ein nur gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Entgeltgrenze berührt den Fortbestand einer geringfügigen Beschäftigung nicht (Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 8 SGB IV 1. Überarbeitung Stand: 2. Dezember 2022, Rn. 47). 

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt eine entgeltgeringfügige Tätigkeit nicht voraus, dass bei Beschäftigungsbeginn ein regelmäßiges monatliches Entgelt innerhalb der Geringfügigkeitsgrenze vereinbart sein muss. Anderenfalls wären Beschäftigungen, bei denen der genaue Zeitpunkt und die Häufigkeit und die Dauer des Einsatzes nicht exakt vorhersehbar sind, niemals geringfügig. Die gebotene vorausschauende Betrachtungsweise hinsichtlich des zu erwartenden Verdienstes verlangt nicht eine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Entgelt nach der bisherigen Übung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 – 12 RK 23/91 –, SozR 3-2400 § 8 Nr. 3, Rn. 15). 

Eine Versicherungsfreiheit aufgrund entgeltgeringfügiger Beschäftigung lag bei der Beigeladenen zu 1) allerdings nur in der Zeit vom 12. Juli 2017 - 22. November 2018 und vom 26. Mai 2019 – 31. Oktober 2019 vor. Denn nach § 8 Abs. 2 S. 1 SGB IV sind bei der Anwendung des Absatzes 1 mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 oder Nummer 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen (S. 2). Vorliegend übte die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 23. November 2018 – 25. Mai 2019, vom 1. November 2019 bis 31. März 2020 sowie vom 1. August 2020 bis heute neben ihrem Hauptberuf und neben der sporadischen Tätigkeit für die Klägerin noch eine weitere Tätigkeit auf 450,00 € Basis als Nachtwache bei der Firma Ambulante Krankenpflege E. GmbH aus. Bei Zusammenrechnung der beiden Nebentätigkeiten überschritt die Beigeladene zu 1) in den Zeiträumen 23. November 2018 bis 25. Mai 2019 sowie 1. November 2019 bis 31. Dezember 2019 die Geringfügigkeitsgrenze.  

Hierdurch ändert sich gleichwohl nichts an der Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) in ihrer Beschäftigung für die Klägerin. Dies folgt aus § 8 Abs. 2 S. 3 SGB IV: Wird beim Zusammenrechnen nach Satz 1 festgestellt, dass die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag ein, an dem die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 37 SGB X durch die Einzugsstelle nach § 28i Satz 5 SGB IV oder einen anderen Träger der Rentenversicherung bekannt gegeben wird. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären (S.4). Eine solche konstitutive Entscheidung (Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 8 SGB IV Rn. 79) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen einer (weiterhin) geringfügigen Beschäftigung beim Zusammentreffen mehrerer geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse durch die dafür zuständige Einzugsstelle Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (§ 28i Satz 5 SGB IV) bzw. im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV durch einen anderen Träger der Rentenversicherung hat bisher nicht stattgefunden. Die vorliegend streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten erging im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV und entschied allein über die Frage der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als Dozentin. Dafür, dass die Klägerin es vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt haben könnte, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung im Hinblick auf die Frage der Geringfügigkeit und deren Wegfall im Hinblick auf etwaige andere Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1) aufzuklären, gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte. Denn die Klägerin und die Beigeladene zu 1) gingen übereinstimmend von einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) aus und konnten sich in dieser Auffassung durch das Urteil des Sozialgerichts bestätigt sehen. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keinen Antrag gestellt hat (§ 197a SGG iVm § 162 Abs. 3 VwGO). 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben. 

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG; nach stRsprg des Senats ist in Statusfeststellungsverfahren der Auffangstreitwert maßgeblich.
 

Rechtskraft
Aus
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