S 7 KR 214/24 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 214/24 ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss


I. Der Antrag vom 28.02.2024 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.


G r ü n d e:

I.
Streitgegenstand ist die vorläufige Feststellung mittels einstweiliger Anordnung, dass die Antragstellerin seit dem 01.01.2024 Mitglied der Antragsgegnerin ist.

Seit ihrer Geburt am 1968 bis zum Jahr 1987 war die Antragstellerin über ihre Familie krankenversichert. Von 1987 bis 1990 war die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert. Von 1990 bis 1995 war die Antragstellerin über ihre Familie versichert. Von 1995 bis 1998 war die Antragstellerin beim National Health Service in Großbritannien krankenversichert. Von 1998 bis 2023 war die Antragstellerin bei der DKV Luxembourg krankenversichert. Die DKV Luxembourg ist eine private Krankenversicherung mit Sitz im EU-Mitgliedstaat Luxemburg.

Die Antragstellerin beantragte am 28.11.2023 persönlich die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin ab dem 01.01.2024. Mit dem Schreiben vom 28.11.2023 bestätigte die Antragsgegnerin die Krankenkassenwahl. Seit dem 08.01.2024 bezieht die Antragstellerin Arbeitslosengeld. Mit dem Fragebogen vom 25.01.2024 teilte die Antragstellerin mit, dass sie von April 1998 bis Dezember 2023 bei der der DKV Luxembourg versichert gewesen ist. Laut dem Schreiben der DKV Luxembourg vom 25.01.2024 erfolgte eine Erstattung der Behandlungskosten bis zu 100 Prozent ohne eine Selbstbeteiligung.

Mit dem Bescheid vom 29.01.2024 stellte die Antragsgegnerin fest, dass keine Kranken- und Pflegeversicherungspflicht besteht. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass die Antragstellerin das 55. Lebensjahr vollendet habe, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert gewesen sei und mindestens die Hälfte der Zeit versicherungsfrei gewesen sei.

Mit dem Schreiben vom 02.02.2024 erhob die Antragstellerin Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass die Antragsgegnerin sie mit dem Schreiben vom 28.11.2023 in die Versicherung aufgenommen habe. Ferner bestehe gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungsschutz. Die Geschäftsstelle in S-Stadt habe bestätigt, dass sie nunmehr Versicherungsschutz habe. Eine Mitarbeiterin habe die Antragstellerin aufgefordert, die bestehende private Krankenversicherung in Luxemburg zu kündigen. Dieser Aufforderung sei die Antragstellerin nachgekommen. Eine Rückkehr in die private Krankenversicherung in Luxemburg sei unmöglich, dort habe die Antragstellerin schon nachgefragt. Der Status ohne eine Krankenversicherung sei unzumutbar und verkürze das Leben der Antragstellerin. Im Dezember seien Metastasen festgestellt worden, so dass die onkologische Therapie nunmehr beginnen müsse. Sie müsse zu jedem Zeitpunkt zum Arzt gehen können.

Mit dem Schriftsatz vom 28.02.2024 hat die Antragstellerin einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie verlangt mittels einstweilige Anordnung vorläufig festzustellen, dass sie Mitglied der Antragsgegnerin ist.

Mit dem Schreiben vom 27.03.2024 hat die DKV Luxembourg auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass eine Fortführung des Versicherungsvertrags in der Krankheitskostenvollversicherung über den 01.01.2024 hinaus nicht gewährleistet sei.

Die Antragstellerin trägt vor, dass ihr Auffangversicherungsschutz zu gewähren sei - wie insbesondere vom LSG Rheinland-Pfalz (03.11.2016 - L 5 KR 213/16, BeckRS 2016, 74481) entschieden worden sei. Die Antragstellerin sei zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V gewesen. Bei der Prüfung sei die private luxemburgische Krankenversicherung nicht einzubeziehen.
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gehe vom Territorialitätsprinzip aus (LSG Hessen 19.7.2011 - L 1 KR 180/11 B ER, Rn. 29; LSG Saarland 16.7.2014 - L 2 KR 50/11, Rn. 29). Vorliegend gebe es keine Norm, welche die Gleichstellung der ausländischen Versicherung mit der deutschen Versicherung erlaube. Art 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 sei hier nicht anwendbar, da dieser erst im Jahr 2010 in Kraft getreten sei. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei bereits ab dem 01.04.2007 eingetreten. Vor der VO (EG) 883/2004 sei die VO (EWG) 1408/71 in Kraft gewesen. Diese Verordnung enthalte keine Gleichstellungsnorm. Zwar sei nach der EuGH- Rechtsprechung im Zeitraum der Geltung der VO (EWG) 1408/71 die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Sachverhalten als Ausfluss der primärrechtlichen Gleichstellungspflicht möglich gewesen. Dies habe in einer Vielzahl von Entscheidungen des EuGH zu einer Berücksichtigung im Ausland eingetretener Tatsachen für die Anwendung nationalen Rechts geführt. Dabei habe es sich jedoch stets um Sachverhalte gehandelt, bei denen die Einbeziehung der im EU-Ausland entstandenen Tatsache für die Versicherten günstig gewesen sei und damit einer Diskriminierung aufgrund des Aufenthalts im anderen EU-Land vorgebeugt worden sei.
Der Verfügungsgrund sei wegen der dringenden Behandlungsbedürftigkeit indiziert. Die Rechtsordnung könne den Schwebezustand keinen Augenblick länger dulden. Die Antragstellerin befinde sich in regelmäßiger ärztlicher Behandlung wegen massiver Leiden, deren Behandlung kostenintensiv und unaufschiebbar sei.

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass ihr Schreiben vom 28.11.2023 keine Zusicherung der Aufnahme in die Krankenversicherung enthalte. Die Antragsgegnerin habe lediglich die Ausübung des Wahlrechtes bestätigt. Hierzu werde verwiesen auf das Urteil des BSG vom 27.06.2012 (B 12 KR 11/10 R). Demnach stelle die Ausstellung einer Mitgliedschaftsbescheinigung keinen Verwaltungsakt mit einer Regelung zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung dar.
Die Krankenversicherung bei einem luxemburgischen privaten Krankenversicherungsunternehmen erfülle die Voraussetzungen "zuletzt privat krankenversichert" im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b SGB V. Die begehrte Auffangpflichtversicherung sei bei einem privaten Versicherungsunternehmen zu beantragen. Die Antragstellerin habe sich vor Jahrzehnten der Solidargemeinschaft entzogen und sei seit 1998 privat krankenversichert gewesen. Die Urteile des LSG Hessen und des LSG Saarland seien durch die aktuelle Rechtsprechung überholt. Mit dem Antrag vom 28.02.2024 werde die Durchführung der Versicherung ab dem 01.01.2024 begehrt. Maßgeblich seien somit die zum Zeitpunkt der Prüfung maßgeblichen Rechtsvorschriften. Gemäß Art. 5 Buchst. b der VO (EG) 883/2004 habe nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedsstaates der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkung. Der jeweilige Mitgliedstaat habe die in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Luxemburg) eingetretenen Sachverhalte oder Ereignisse so zu berücksichtigen, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären. Hierzu werde auf das Urteil des EuGH vom 16.07.2009 (C 208/07) verwiesen, wonach ein Umzug innerhalb der Europäischen Union Vor- aber auch Nachteile haben könne. Jede andere Auslegung würde dazu führen, dass der Antragstellerin Vorteile erwachsen würden, die nach innerstaatlichem Recht als unangemessen anzusehen seien. Hätte sich der gleiche Lebenssachverhalt in Deutschland abgespielt, so bestünde kein Zweifel, dass die Antragstellerin keinen Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte. Es bestehe kein Anordnungsgrund, da kein zu schützendes Recht vorhanden sei.

Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin spätestens seit dem 01.01.2024 Auffangversicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.


II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

Streitgegenstand ist die vorläufige Feststellung mittels einstweiliger Anordnung, dass die Antragstellerin seit dem 01.01.2024 Mitglied der Antragsgegnerin ist.

Der Antrag ist zulässig.

Der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Bezüglich der erforderlichen drohenden wesentlichen Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) macht sie geltend, dass ihr Anspruch auf Versicherungsschutz gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verletzt sei. Das Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, da die gerichtliche Eilentscheidung der Antragstellerin einen tatsächlichen Vorteil bringen kann und sie das Begehren nicht auf einfachere, schnellere und billigere Art durchsetzen kann (vgl. MKLS/ Keller, 12. Aufl. 2017, SGG § 86b Rn. 26b). Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist vor Klageerhebung in der Hauptsache zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG), wenn gegen eine ablehnende Entscheidung der Krankenkasse Widerspruch eingelegt worden ist.

Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind demnach zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass sowohl der Anordnungsgrund als auch der Anordnungsanspruch glaubhaft sind (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, §§ 290 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Die Glaubhaftmachung begnügt sich bei der gemäß § 103 SGG von Amts wegen gebotenen Ermittlung des Sachverhaltes mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit - während im Hauptsacheverfahren die volle Überzeugung von den beweiserheblichen Tatsachen notwendig ist (vgl. MKLS/B. Schmidt, 12. Aufl. 2017, SGG § 103 Rn. 6a). Auch ein Feststellungsantrag ist möglich; der Umstand, dass Rechtsschutz in der Hauptsache mit Feststellungsklage (§ 55 SGG) zu erreichen ist, steht einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen (BSG 15.3.2017 - B 6 KA 35/16 R, BSGE 126, 1 Rn. 35; 21.3.2018 - B 6 KA 44/16 R Rn. 36; Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, SGG § 86b Rn. 26).

Ein Anordnungsanspruch besteht nicht.

Der Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn der zu sichernde Anspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht, wenn also eine Vorausbeurteilung des Hauptsacheverfahrens ergibt, dass das Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist. Aus dem Gesetzesbindungspostulat und der Sicherungsfunktion des Eilverfahrens folgt, dass die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens immer zu prüfen sind. Diese gesetzlichen Anforderungen müssen grundsätzlich erfüllt sein, insbesondere muss grundsätzlich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache sprechen (vgl. BeckOK SozR/Cantzler, 71. Ed. 01.12. 2023, SGG § 86b Rn. 68).

1. Es besteht keine Auffang-Pflichtversicherung der Antragstellerin ab dem 01.01.2024 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V.

Versicherungspflichtig sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren.

Seit dem 01.01.2024 hat die Antragstellerin keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist grundsätzlich subsidiär; jede andere Absicherung im Krankheitsfall geht der Versicherungspflicht vor. Erforderlich ist ein durchsetzbarer Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall (Krauskopf/ Vossen, 120. EL November 2023, SGB V § 5 Rn. 96). Hier kündigte die Antragstellerin die private Krankenversicherung bei der DKV Luxembourg zum 31.12.2024, so dass seit dem 01.01.2024 kein Krankenversicherungsschutz besteht.

Die Antragstellerin war nicht zuletzt gesetzlich krankenversichert, so dass keine Pflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V ab dem 01.01.2024 besteht.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V muss die letzte Krankenversicherung vor der Zeit ohne Absicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestanden haben. Die Regelung dient der Systemabgrenzung zwischen GKV und PKV bei Personen, die zuvor gesetzlich oder privat krankenversichert waren. War die letzte Krankenversicherung vor der Zeit ohne Absicherung in der GKV, besteht Versicherungspflicht; die Absicherung in der GKV muss der Auffangpflichtversicherung nicht unmittelbar vorausgegangen sein (BSG 12.01. 2011 - B 12 KR 11/09 R, NZS 2011, 856). Diese Voraussetzung wird durch eine Pflicht- oder freiwillige Mitgliedschaft, aber auch durch eine Familienversicherung nach § 10 SGB V erfüllt. Es ist ohne Bedeutung, wie lange diese gesetzliche Krankenversicherung zurückliegt, wie lange sie bestand und aus welchem Grund sie beendet wurde. Wer nach der letzten Versicherung in der GKV in der PKV versichert war, ist nicht versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weil er nicht zuletzt gesetzlich, sondern privat krankenversichert war (Krauskopf/Vossen, 120. EL November 2023, SGB V § 5 Rn. 99).

Nach der Rechtsauffassung der Kammer war die Antragstellerin nicht zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V, weil die private Krankenversicherung bei der DKV Luxembourg seit 1998 bis zum Ende des Jahres 2023 bestanden hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind nicht allein Versicherungszeiten in Deutschland gemäß dem Territorialitätsprinzip maßgebend. Dies ergibt sich aus Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004. Diese Vorschrift lautet: Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.

Der persönliche Anwendungsbereich der EU-Verordnung ist nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Buchst. l VO (EG) 883/2004 eröffnet. Die Antragstellerin ist als Empfänger von Leistungen der Krankenversicherung den Rechtsvorschriften eines Systems der sozialen Sicherheit unterworfen. Die begehrte Auffang-Pflichtversicherung betrifft einen Zweig der sozialen Sicherheit in Gestalt der Leistungen bei Krankheit, mithin den sachlichen Anwendungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a VO (EG) 883/2004. Die Frage der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eines vorherigen Versicherungsverhältnisses in einem anderen EU-Mitgliedstaat stellt einen grenzüberschreitenden Sachverhalt dar. Deutschland ist seit 01.01.2024 zuständiger Mitgliedstaat im Sinne dieser Vorschrift, da auf die Antragstellerin als Empfängerin von Leistungen bei Arbeitslosigkeit das Wohnstaatsprinzip Anwendung findet (Art. 11 Abs. 3 Buchst. c VO (EG) 883/2004).
Auch der zeitliche Anwendungsbereich des Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 ist eröffnet. Gemäß Art. 97 der Durchführungsverordnung ist die VO (EG) 883/2004 am 01.05. 2010 in Kraft getreten. Vom 01.05.2010 bis zum 31.12.2023 hatte die Antragstellerin ihren Wohnsitz in Luxemburg und war dort privat krankenversichert. Soweit die Antragstellerin sich darauf stützt, dass Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 hier nicht anwendbar sei, da diese Vorschrift erst im Jahr 2010 in Kraft getreten sei, folgt die Kammer dieser Auffassung nicht. Da die VO (EG) 883/2004 seit dem 01.05.2010 unmittelbar gilt, muss jedoch vorliegend Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 bei der Prüfung, ob zum 01.01.2024 eine Pflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V besteht, zur Anwendung kommen.

Die Tatbestandsgleichstellung gemäß Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 ist eine Neuregelung des Gemeinschaftsrechts, die sich hier zu Lasten der Antragstellerin auswirkt. Rechtliche Bedenken bestehen im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht nicht. Zu Recht hat die Antragsgegnerin insofern darauf hingewiesen, dass im Falle einer Beschäftigung in Deutschland der vorangegangene Wechsel in eine private Krankenversicherung die Auffang-Pflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V ebenfalls ausgeschlossen hätte. Hierbei handelt es sich nicht um eine echte Rückwirkung. Vielmehr hat sich die Rechtslage ab dem 01.05.2010 geändert, maßgeblich ist jedoch vorliegend die Rechtslage am 01.01.2024. Die Antragstellerin hatte somit ausreichend Gelegenheit, einen Rechtsbeistand beizuziehen und sich auf die veränderte Rechtslage einzustellen.

Aus der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (03.11.2016 - L 5 KR 213/16 R) ergibt sich nichts anderes. In dieser Entscheidung wurde darauf abgestellt, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bereits vor Inkrafttreten der VO (EG) 883/2004 eingetreten war. Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin jedoch bei Inkrafttreten der VO (EG) 883/2004 am 01.05.2010 ihren Wohnsitz in Luxemburg.

Die Kammer ist der Ansicht, dass in Anwendung der Tatbestandsgleichstellung gemäß Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 vorangegangene Versicherungszeiten in einer privaten Krankenversicherung in anderen EU-Mitgliedsstaaten bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V zu berücksichtigen sind. Die gemeinschaftsrechtliche Tatbestandsgleichstellung ist dabei nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten des Versicherten zu berücksichtigen. Diese Ansicht stützt das Gericht auf die im Folgenden zitierten Grundsätze.

Mit Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 wird das bisher auf einzelne Sachverhalte beschränkte Gleichstellungsgebot auf jeden Sachverhalt und jedes Ereignis erstreckt, das anspruchsbegründend sein kann. Damit werden direkte oder indirekte Formen der Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat vermieden. Allerdings muss dieses Gleichstellungsgebot auch umgekehrt gelten, d. h. wenn es für die Betreffenden mit negativen Rechtswirkungen verbunden ist. Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 garantiert, dass dies in rein nationalen wie grenzüberschreitenden Fällen gleichermaßen gilt (Weber in: Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, 13. EL, Art. 5 VO (EG) 883/2004, Rn 15).

Mit Art. 5 VO (EG) 883/2004 hat der Verordnungsgeber eine allgemeine Regelung zur Gleichstellung von Sachverhalten geschaffen, die im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsanwendung durch den zuständigen Staat zu beachten sind. Damit sich löst sich die Koordinierung des Sozialrechts von der bisher durch die VO (EWG) 1408/71 geprägte Äquivalenzbetrachtung, die sich jeweils nur auf die einzelnen Leistungsbereiche bezogen hat. Art. 5 greift damit die Rechtsprechung des EuGH auf, der zur Sicherung der Grundfreiheiten einen allgemeinen Äquivalenzgrundsatz anerkannt hat, wonach ein Sachverhalt, der seinen Ursprung in der Ausübung einer Gemeinschaftsfreiheit hat, und ein rein innerstaatlicher Sachverhalt nicht unterschiedlich eingestuft oder behandelt werden dürfen, wenn sie ähnlich und vergleichbar sind (BeckOK SozR/Utz, 71. Ed. 1.12.2023, VO (EG) 883/2004 Art. 5 Rn. 1; vgl. EuGH 19.6.2003 - C-34/02, Slg. 2003, I-6515 - Pasquini).

Das Gebot der Tatbestandsgleichstellung bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat (bzw. deren zuständiger Träger) bei der Anwendung und Auslegung des eigenen Rechts der sozialen Sicherheit die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates verwirklichten Rechtstatbestände oder die in einem anderen Mitgliedstaat verwirklichten Sachverhalte berücksichtigt, als hätten sich diese nach den eigenen Rechtsvorschriften oder auf dem eigenen Staatsgebiet ereignet, sofern es sich um gleichartige Verhältnisse oder entsprechende Sachverhalte handelt (Fuchs/Janda EuSozR/Schuler, 8. Aufl. 2022, VO (EG) 883/2004 Art. 5 Rn. 1). Das Gleichstellungsgebot wird durch lit. b generell auf alle Sachverhalte und Ereignisse erstreckt, deren Erfüllung von Normen des inländischen sozialrechtlichen Sachrechts vorausgesetzt werden. Es sind im Rahmen der Prüfung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, ob eine Person "zuletzt" gesetzlich krankenversichert oder "bisher" privat krankenversichert war, entsprechende Sachverhalte, die in anderen Mitgliedstaaten verwirklicht worden sind, so zu berücksichtigen, als ob sie in Deutschland eingetreten wären (Fuchs/Janda EuSozR/Schuler, 8. Aufl. 2022, VO (EG) 883/2004 Art. 5 Rn. 11). Die Differenzierung gilt auch, wenn grenzüberschreitende Sachverhalte in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu beurteilen sind. Entscheidend ist danach, ob die in dem EU- Mitgliedstaat vorhandene Absicherung gegen das Risiko der Krankheit wertungsmäßig dem System der GKV oder dem der PKV zuzuordnen ist (Spickhoff/ Nebendahl, 4. Aufl. 2022, SGB V § 5 Rn. 68).

Die Anwendung des Art. 5 Buchst. b VO (EG) 883/2004 ist nicht auf das Leistungsrecht beschränkt; auch der Zugang zur Versicherung im Sinne der Begründung des Statusverhältnisses unterliegt im Regelfall dem Grundsatz der Tatbestandsgleichstellung. Das koordinierende Sozialrecht setzt die Tatbestandsgleichstellung auch beim Versicherungsverhältnis voraus. Die Anwendung des Art. 5 VO (EG) 883/2004 auf Tatbestände, die den Zugang zum Versichertenstatus regeln, greift nicht in die alleinige Kompetenz der Mitgliedstaaten ein, den Zugang zu ihren Systemen der sozialen Sicherheit eigenverantwortlich zu regeln. Eine "zuletzt" bzw. "bisher" bestehende private oder gesetzliche Versicherung ist ein Sachverhalt im Sinne des Art. 5 lit. b VO (EG) 883/2004. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V knüpft insoweit allein an die Tatsache einer in der Vergangenheit bestehenden Versicherung an. Als Rechtsfolge von Art. 5 VO (EG) 883/2004 sind die in der Vergangenheit in anderen EU-Mitgliedsstaaten praktizierten Versicherungsverhältnisse in die Prüfung von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V einzubeziehen. (LSG Hessen 19.07.2011 - L 1 KR 180/11 B ER, BeckRS 2011, 75582).

Die Berücksichtigung der privaten Krankenversicherung in Luxemburg ist zulässig, da der Antragstellerin dort eine gesetzliche Krankenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V möglich gewesen wäre, In der Entscheidung des LSG Saarland (16.07. 2014 - L 2 KR 50/11) geht es darum, ob im EU-Ausland eine gesetzliche Krankenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V überhaupt zur Verfügung gestanden hätte. Die sachliche Anwendung der europarechtlichen Gleichstellung wäre freizügigkeitshemmend (vgl. Art. 48 AEUV), falls sie zur Folge hätte, dass Personen, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, ihren Wohnsitz im Ausland nehmen, und sich den dortigen nationalen Krankenversicherungsregelungen unterwerfen, indem sie sich weil dort aufgrund innerstaatlicher Verpflichtung privat versichern, von der Rückkehr zur gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland alleine wegen des Auslandsaufenthalts ausgeschlossen sind (LSG Saarland 16.7.2014 - L 2 KR 50/11, BeckRS 2015, 72297). Nach Ansicht der Kammer hätte die Antragstellerin allerdings die Möglichkeit gehabt, sich in Luxemburg entsprechend gesetzlich zu versichern - nämlich bei der "Caisse Nationale de Santé". Somit ist § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V anwendbar. Die Antragstellerin war somit nicht im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V zuletzt gesetzlich krankenversichert, weil die private Krankenversicherung bei der DKV Luxembourg bis zum Ende des Jahres 2023 zu berücksichtigen ist.

2. Die Antragstellerin ist nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld versicherungspflichtig.

Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind gemäß § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist gemäß § 6 Abs. 3a Satz 2 SGB V, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig waren. § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V folgt dem Grundsatz, dass versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der PKV entschieden haben, diesem System auch im Alter angehören sollen (Begründung BT-Drs 14/1245 S. 59). Die Regelung soll verhindern, dass ältere Personen, deren Leistungsbedarf in der Regel ihre Beiträge erheblich übersteigt, durch Wechsel von Voll- in Teilzeitbeschäftigung oder von selbständiger Tätigkeit in abhängige Beschäftigung in die GKV wechseln können ohne vorher eigene Beiträge zur Solidargemeinschaft geleistet zu haben (Krauskopf/Vossen, 120. EL November 2023, SGB V § 6 Rn. 55).

Die Antragstellerin war von der Versicherungspflicht befreit. Die Antragsstellerin wurde am 05.09.2023 55 Jahre alt, somit ist sie erst nach Vollendung des 55. Lebensjahres wegen Bezugs von Arbeitslosengeld gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungspflichtig geworden. In den letzten fünf Jahren war die Antragstellerin nicht gesetzlich krankenversichert, sondern bei der DKV Luxembourg privat krankenversichert. Somit besteht keine Pflichtversicherung wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld.

3. Mit dem Schreiben vom 28.11.2023 hat die Antragsgegnerin keinen verbindlichen Bescheid erlassen, mit dem ein Versicherungsverhältnis festgestellt worden ist.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft mit dem Schreiben vom 28.11.2023 nicht rechtsverbindlich bestätigt. Vielmehr beinhaltet das Schreiben der Antragsgegnerin vom 28.11.2023 lediglich die Bestätigung der Wahl der Krankenkasse. Diese wird gleich zur Eingang des Schreibens mit den Worten "Wir bestätigen ihre Wahl zur AOK Bayern." ausdrücklich festgehalten. Ein verständiger Erklärungsempfänger kann daher nicht davon ausgehen, dass die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin rechtsverbindlich bestätigt wird.

Die gewählte Krankenkasse muss unverzüglich, das heißt, ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) eine Mitgliedsbescheinigung ausstellen. Ihr Regelungsgehalt erschöpft sich in der Bestätigung einer wirksamen Wahlrechtserklärung. Sie stellt jedenfalls keinen Verwaltungsakt über das Bestehen einer Versicherung dar (BeckOK SozR/ Heberlein, 71. Ed. 1.12.2023, SGB V § 175 Rn. 4). Selbst wenn dies die Durchführung von Ermittlungen der Krankenkasse zu den Voraussetzungen des Wahlrechts nicht auszuschließen vermag, so ergibt doch bereits der durch § 175 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB V gesetzte enge Zeitrahmen, dass eine abschließende Klärung auch der Versicherungspflicht regelmäßig nicht erfolgen kann. Dieser Zeitrahmen stellt sicher, dass selbst bei Eintritt der Versicherungspflicht die kraft Wahl zuständige Krankenkasse innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Versicherungspflicht feststeht. Sähe man in der Mitgliedsbescheinigung nach § 175 SGB V als solcher einen Verwaltungsakt über das Vorliegen von Versicherungspflicht, wären die Krankenkassen erst nach verwaltungsaufwändigen, länger dauernden Verfahren zur Bestätigung einer ausgeübten Krankenkassenwahl in der Lage. Dem angestrebten Zweck, kurzfristig die zuständige Krankenkasse festzulegen, liefe dies zuwider (BSG 27.6.2012 - B 12 KR 11/10 R, BeckRS 2012, 73157 Rn. 24.)

4. Es besteht keine Mitgliedschaft aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein durch die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch entwickeltes und auf die Zielsetzungen des Sozialleistungsrechts ausgerichtetes Rechtsinstitut. Er setzt rechtswidriges Verwaltungshandeln insbesondere durch Verletzung von Betreuungspflichten voraus, das den Berechtigten zu nachteiligen Dispositionen veranlasst hat, die durch eine grundsätzlich zulässige Amtshandlung ausgeglichen werden können; dem Berechtigten ist die Rechtsposition einzuräumen, die mutmaßlich bestehen würde, wenn von vornherein pflichtgemäß betreut worden wäre (BeckRS 2011, 77261; Krauskopf/Volkmann, 120. EL November 2023, SGB I § 14 Rn. 20).

Eine Falschberatung der Antragsgegnerin wurde nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, dass die Antragsgegnerin ihr mündlich bestätigt habe, dass sie Versicherungsschutz habe, und dass sie aufgefordert worden sei, die bestehende private Krankenversicherung in Luxemburg zu kündigen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin mit dem Schreiben vom 28.11.2023 lediglich die Wahl der Krankenkasse bestätigt hatte. Ferner sind die von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfe nicht glaubhaft, weil die Antragstellerin mit dem Schreiben vom 19.01.2024 über die Notwendigkeit einer Prüfung der Voraussetzungen der Mitgliedschaft informiert worden ist und weitere Auskünfte angefordert wurden. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs liegen somit nicht vor. Ein Anordnungsanspruch besteht folglich unter keinem Gesichtspunkt.

Folglich besteht auch kein Anordnungsgrund.

Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die in § 86b Abs. 2 SGG für den jeweiligen Anordnungstyp hinsichtlich der Eilbedürftigkeit normierten Voraussetzungen gegeben sind, das heißt, für die Sicherungsanordnung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Gefahr für die Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren, für die Regelungsanordnung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Nötig-Erscheinens einer Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Die Anforderungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass sowohl für die Sicherungsanordnung als auch für die Regelungsanordnung ein Anordnungsgrund vorliegt, wenn im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung droht (LSG Niedersachsen BeckRS 2002, 13063; BeckOK SozR/Cantzler, 71. Ed. 1.12.2023, SGG § 86b Rn. 72).

Da nach der Rechtsauffassung der Kammer keine Rechtsverletzung der Antragstellerin droht, ist ihr zuzumuten, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Dies ergibt sich aus dem Fehlen eines glaubhaften Anordnungsanspruchs. Demnach ist der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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