L 15 U 97/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 279/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 97/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.01.2021 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Die 0000 geborene Klägerin ist die Pflegeperson ihres 0000 geborenen Sohnes. Dieser leidet unter frühkindlichem Autismus und verfügt über einen Grad der Behinderung von 50. Aufgrund einer erheblichen Orientierungsstörung sind darüber hinaus die Merkzeichen G und B anerkannt. Es besteht Pflegegrad 4 mit einem wöchentlichen Pflegeaufwand von 31 Stunden, von denen die Klägerin 14 Stunden verrichtet.

Die Klägerin zeigte am 25.09.2017 einen Unfall an, den sie nach eigenen Angaben am Nachmittag des 21.01.2017 beim Rodeln mit ihrem Sohn in G. erlitten hatte. Beide hatten zusammen auf einem Schlitten gesessen. Bei einem Bremsvorgang war der linke Fuß der Klägerin in einem Loch hängen geblieben, wobei sich ihr linkes Knie verdreht hatte. Die Klägerin erlitt bei dem Unfall eine Kreuzbandruptur mit Innenmeniskusriss links. Am 24.02.2017 erfolgte eine Behandlung mit Refixation des Innenmeniskushinterhorns und Kreuzbandersatzplastik. Bei einer Verlaufsuntersuchung am 29.06.2017 wurden ein flüssiges unauffälliges Gangbild und eine noch bestehende Beugeeinschränkung festgestellt.

Die Beklagte forderte eine Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie S. an, der unter dem 02.01.2018 eine traumatische Innenmeniskusläsion im linken Kniegelenk und eine traumatische vordere Kreuzbandruptur links diagnostizierte und die vorübergehende Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. bewertete.

Aus dem beigezogenen Pflegegutachten bezüglich des Kindes ergab sich, dass dieses bei der Gestaltung des Tagesablaufs und der Anpassung an Veränderungen sowie in der Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes (Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) überwiegend unselbständig war. Für den Bereich der außerhäuslichen Aktivitäten war im Zusammenhang mit der Teilnahme an sonstigen Aktivitäten mit anderen Menschen (Besuche, organisierte Freizeitaktivitäten, Selbsthilfegruppen, Vereine etc.) vermerkt, dass diese nicht selbständig möglich seien und zur Teilnahme eine unterstützende Begleitung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 16.01.2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.01.2017 als Arbeitsunfall ab. Nicht ausreichend sei der Status der Klägerin als versicherte Person im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI), denn die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte sei nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI eine versicherte Tätigkeit, beschränke sich aber auf den häuslichen Bereich. Eine ärztliche Verordnung, dass es sich um medizinisches/therapeutisches Rodeln handele, oder ein entsprechender Hinweis im Pflegegutachten lägen nicht vor. Das Rodeln stelle eine außerhäusliche Aktivität im Sinne des § 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 1 SGB XI a.F. dar. Außerhäusliche Tätigkeiten seien zwar Kriterien für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit, sie stünden aber für die Pflegeperson nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass Handlungen versichert seien, die im inneren Zusammenhang mit Tätigkeiten stünden, die den Verletzten zur versicherten Person gemacht hätten. Versichert seien die Tätigkeiten, die sich aus dem Pflegegutachten ergäben. Es komme nicht darauf an, ob die konkrete Pflegetätigkeit in häuslicher Umgebung stattfinde. Maßstab der Pflegebedürftigkeit sei der Grad der Selbständigkeit der zu pflegenden Person bei der Durchführung von Aktivitäten und der Gestaltung von Lebensbereichen. Ihr Sohn weise Beeinträchtigungen in den Bereichen Orientierung, Wahrnehmung, Denken und Verhalten auf. Er könne Gefahren nicht richtig einschätzen und es bestünden eine Weglauftendenz und eine Distanzlosigkeit gerade im Umgang mit anderen Kindern. Er sei zuvor noch nie gerodelt und habe dabei die Unterstützung seiner Pflegeperson benötigt. Es sei kein reiner Freizeitspaß gewesen, denn er habe ein der Situation angemessenes Verhalten erlernen müssen. Die Klägerin bezog sich ergänzend auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.08.2000, B 2 U 15/99 R.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2018 zurück. Als versicherte Tätigkeit komme nur eine Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) in Betracht. Die konkrete Verrichtung müsse nicht in häuslicher Umgebung erfolgen, aber ihrem Charakter nach häusliche Pflege sein. Dies sei hier nicht der Fall. Unfallversicherungsschutz bestehe in allen Bereichen, die in § 14 Abs. 2 SGB XI als maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit berücksichtigt würden. Hier komme der Bereich Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte in Betracht. Die relevanten Aspekte Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Sichbeschäftigen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt seien nicht betroffen, denn diesen sei gemein, dass sie planerisch ausgestaltet seien bzw. innerhäusliche Verrichtungen darstellten. Das Rodeln mit einem pflegebedürftigen Kind falle nicht darunter. Diese Auslegung entspreche § 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 1 SGB XI a.F. Im Gegensatz zu § 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 2 SGB XI sei dieser von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII nicht erfasst. Außerhäusliche Aktivitäten seien damit nur versichert, wenn sie der Pflegetätigkeit immanent seien.

Am 19.07.2018 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.

Die Klägerin hat ihre Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 07.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2018 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfall vom 21.01.2017 um einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Pflegetätigkeiten in §§ 14, 18 Abs. 5a Satz 3 SGB XI a.F. abschließend genannt seien. Sofern die fragliche Tätigkeit von § 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 1 SGB XI a.F. erfasst sei, bestehe angesichts des Wortlauts von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII kein Versicherungsschutz. Diese Systematik liege auch den Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (Begutachtungs-Richtlinien) vom 15.04.2016 zugrunde. Das SGB VII sei eng an die Wertungen und Systematiken des SGB XI gebunden. Die angeführte Entscheidung des BSG lasse nicht den Schluss zu, dass alle Pflegetätigkeiten auch außerhalb der Wohnung versichert seien.

Mit Urteil vom 28.01.2021 hat das Sozialgericht nach Befragung der Klägerin zu den Hintergründen des Rodelausflugs der Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls seien erfüllt. Das Verdrehen des Knies stelle einen Unfall dar. Ein dadurch bedingter Gesundheitsschaden bestehe wenigstens im Sinne einer Distorsion. Auch der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sei erfüllt. Im Moment des Unfalls habe eine Pflegetätigkeit vorgelegen. Es habe sich um eine Tätigkeit innerhalb des Moduls Gestaltung des Arbeitslebens und sozialer Kontakte nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI gehandelt. Das Rodeln sei den Bereichen Anpassung an Veränderungen und Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds zuzurechnen. Das Pflegegutachten weise einen entsprechenden Hilfebedarf aus. Im Übrigen sei es wesentliches Merkmal einer Autismusstörung, dass dem Betroffenen jede Art von Veränderungen erhebliche Schwierigkeiten bereite. Hier habe die Klägerin ihr Kind an eine ihm unbekannte Tätigkeit heranführen wollen. Entsprechend der Aussage der Klägerin sei nicht vorhersehbar gewesen, wie ihr Kind auf diese Situation reagieren werde. Es habe sich auch nicht um eine beliebig austauschbare Freizeitaktivität gehandelt. Angesichts der Empfehlungen des Autismus-Therapie-Zentrums und der anstehenden Einschulung sei es erforderlich gewesen, das Kind gezielt an neue Situationen heranzuführen und ihn gleichzeitig in Kontakt mit anderen Kindern zu bringen. Hinsichtlich der Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes liege es in der Natur der Sache, dass der Versicherungsschutz nicht auf den häuslichen Bereich begrenzt sein könne. Für die Argumentation der Beklagten, es habe sich nicht um ärztlich verordnetes bzw. therapeutisches Rodeln gehandelt, gebe es keine Grundlage. Schließlich stünden die Begutachtungs-Richtlinien nicht entgegen. Sie hätten keinen Rechtssatzcharakter und müssten im Lichte des SGB XI ausgelegt werden. Dessen Neufassung lasse eine enge, auf innerhäusliche Aktivitäten beschränkte Auslegung der Pflegetätigkeiten im Modul 6 nicht mehr zu. Das Urteil ist der Beklagten am 10.02.2021 zugestellt worden.

Am 04.03.2021 hat die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach den Begutachtungs-Richtlinien betreffe § 14 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI im Zusammenhang mit dem Kriterium Anpassung an Veränderungen nicht die tatsächliche Durchführung von geplanten Aktivitäten, sondern die psychisch-kognitiven Fähigkeiten des Planens und Gestaltens und Veränderungen des Tagesablaufs. Die Begutachtungs-Richtlinien seien nach der Rechtsprechung des BSG jedenfalls bei der Auslegung der Norm zu berücksichtigen. Das familiäre Rodeln im Winter sei damit nicht erfasst. Auch das Kriterium Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds sei nicht einschlägig. Es gehe nicht um den tatsächlichen persönlichen Kontakt, sondern um planerische Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Kontakthalten. Das Sozialgericht lasse schließlich die von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII nicht erfasste Regelung § 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 1 SGB XI a.F. unberücksichtigt, die tatsächliche soziale Kontakte in Form von außerhäuslichen Aktivitäten erfasse. Die Beklagte verweist ergänzend auf ein rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.03.2021, S 37 U 110/19.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.01.2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist auf Stellungnahmen des Kindergartens ihres Sohnes und des Autismus-Therapie-Zentrums zum Ausmaß seiner Einschränkungen zum Unfallzeitpunkt. Vor diesem Hintergrund sei dem Rodeln am Unfalltag eine besondere Bedeutung beigekommen und habe es sich nicht um eine reine Freizeitveranstaltung gehandelt.

Der Senat hat die Akte des Verfahrens S 16 SB 693/17 des Sozialgerichts Köln beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 16.01.2018 – der offenbar unrichtig im Sinne des § 138 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Bescheid vom 07.02.2018 bezeichnet ist –, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2018 aufgehoben und festgestellt, dass der Unfall der Klägerin vom 21.01.2017 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 3, 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwar zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 16.01.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2018 nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 21.01.2017 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.  

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII handelt es sich bei einem Arbeitsunfall um einen Unfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Ein Arbeitsunfall setzt damit voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr., zuletzt BSG, Urteil vom 22.06.2023, B 2 U 19/21 R, juris Rn. 8; dass., Urteil vom 30.03.2023, B 2 U 1/21R, juris Rn. 15; dass., Urteil vom 31.03.2022, B 2 U 5/20 R, juris Rn. 13).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

1. Die Klägerin erlitt am 21.01.2017 einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Darin, dass sie beim Rodeln mit ihrem Sohn während eines Bremsvorgangs mit dem linken Fuß in einem Loch hängen blieb und sich in der Folge ihr linkes Knie verdrehte, liegt ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Dieses führte im Sinne der haftungsbegründenden Kausalität zu einem Gesundheitsschaden, denn die Klägerin erlitt dabei eine traumatische Innenmeniskusläsion im linken Kniegelenk und eine traumatische vordere Kreuzbandruptur links. Dies steht fest aufgrund der Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie S. vom 02.01.2018.

2. Die Klägerin unterstand bei dem Unfall aber nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

a) Die Klägerin zählt als Pflegeperson ihres Sohnes gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII zu den gesetzlich unfallversicherten Personen. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind kraft Gesetzes versichert Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Abs. 3 SGB XI. Dabei umfasst die versicherte Tätigkeit pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB XI. Pflegepersonen im Sinne des SGB XI sind gemäß § 19 Satz 1 SGB XI Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Leistungen zur sozialen Sicherung erhält eine Pflegeperson nur dann, wenn sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, pflegt (§ 19 Satz 2 SGB XI). Bei dem Sohn der Klägerin besteht Pflegegrad 4. Darüber hinaus übt die Klägerin die Pflegetätigkeit in einem Umfang von 14 Stunden wöchentlich aus.

b) Allerdings ist die Verrichtung der Klägerin zur Zeit des Unfalls nicht ihrer versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Es bestand kein innerer, sachlicher Zusammenhang zu ihrer versicherten Tätigkeit.

aa) Der erforderliche innere (sachliche) Zusammenhang zwischen der Verrichtung, der der Versicherte im Moment des Unfallereignisses nachging, und der grundsätzlich versicherten Tätigkeit ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (st. Rspr., zuletzt BSG, Urteile vom 22.06.2023, B 2 U 19/21 R, juris Rn. 14, vom 30.03.2023, B 2 U 3/21 R, juris Rn. 22, vom 28.06.2022, B 2 U 8/20 R, juris Rn. 13, und vom 31.03.2022, B 2 U 5/20 R, juris Rn. 13). Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R, juris Rn.15). Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird als „Handlungstendenz" bezeichnet (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R, juris Rn.15). Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R, juris Rn.15). Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 5/15 R, juris Rn.15).

(1) Die nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB XI.

Bei den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten Bereichen, die für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen sind, handelt es sich um folgende:

  1. Mobilität (Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen),
  2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch),
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen),

 

  1. Selbstversorgung (Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen),
  2. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (a) in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel, b) in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung, c) in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie d) in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften),
  3. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds).

 

§ 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB XI benennt als Hilfen bei der Haushaltsführung das Einkaufen für den täglichen Bedarf, die Zubereitung einfacher Mahlzeiten, einfache Aufräum- und Reinigungsarbeiten, aufwändige Aufräum- und Reinigungsarbeiten einschließlich Wäschepflege, die Nutzung von Dienstleistungen, den Umgang mit finanziellen Angelegenheiten und den Umgang mit Behördenangelegenheiten.

Ausdrücklich nicht erfasst von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII ist der Bereich des § 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB XI, der außerhäusliche Aktivitäten im Sinne des Verlassens des Bereiches der Wohnung oder der Einrichtung, des Fortbewegens außerhalb der Wohnung oder der Einrichtung, der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Nahverkehr, des Mitfahrens in einem Kraftfahrzeug, der Teilnahme an kulturellen, religiösen oder sportlichen Veranstaltungen, des Besuchs von Schule, Kindergarten, Arbeitsplatz, einer Werkstatt für behinderte Menschen oder des Besuchs einer Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege oder eines Tagesbetreuungsangebots sowie der Teilnahme an sonstigen Aktivitäten mit anderen Menschen betrifft.

(2) Daraus ergibt sich, dass allein pflegerische Maßnahmen im häuslichen Umfeld gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII versichert sind.

Die versicherten Tätigkeiten decken sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers mit der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (BT-Drs. 18/5926, S. 151). Häusliche Pflegehilfe umfasst nach § 36 Abs. 1 Satz 2 SGB XI pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten Bereichen der Mobilität, der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten, der Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen, der Selbstversorgung, der Bewältigung von und der selbständige Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. § 36 Abs. 2 SGB XI normiert sodann die Zielrichtung häuslicher Pflegehilfe. Sie wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern (Satz 1). Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld (Satz 3 1. HS).

Hieraus ergibt sich zwar entgegen der Auffassung der Beklagten keine Beschränkung der versicherten Tätigkeiten auf den rein innerhäuslichen Bereich. Der Begriff des häuslichen Umfelds ist vielmehr weiter gefasst. Begleitende und unterstützende Maßnahmen außerhalb des häuslichen Bereichs müssen sich aber von ihrer Zielrichtung her als Maßnahmen der häuslichen Pflegehilfe darstellen. Dies ist der Fall, wenn sie dazu ansetzen und darauf gerichtet sind, diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, die nach Maßgabe von § 14 Abs. 2 SGB XI die Pflegebedürftigkeit begründen, zu beseitigen oder zu mindern oder eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Zur häuslichen Pflegehilfe gehören aber nicht solche Leistungen, die in den Verantwortungsbereich eines anderen Sozialleistungsträgers fallen (vgl. BT-Drucks 18/6688, S. 141).

Da insbesondere im Pflegebereich 6 Kriterien aufgegriffen werden, die stark teilhabeorientierte Elemente enthalten, ergeben sich insbesondere Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX; Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 14 SGB XI [Stand: 04.01.2023] Rn. 64). Die Abgrenzung danach, welche Leistung vorliegt, ist anhand des Ziels der Maßnahme vorzunehmen; Aufgabe der Eingliederungshilfe ist die Förderung der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, Aufgabe der Pflege dagegen die Kompensation von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeiten und Fähigkeiten (Meßling a.a.O. Rn. 66).

 Von einer Pflegemaßnahme innerhalb des häuslichen Umfelds im Sinne des § 36 SGB XI wird anknüpfend hieran in jedem Fall auszugehen sein, soweit ein enger räumlicher Bezug zur Wohnung der Pflegebedürftigen bzw. dem Haushalt, in dem die Pflegebedürftigen in der Regel gepflegt werden, besteht (Gesetzbegründung zur Neuregelung des § 91 Abs. 3 SGB IX, BT-Drs. 18/9522, S. 270 ff.). Von einem Bezug zum häuslichen Umfeld ist auch in den Fällen auszugehen, in denen die Unterstützung in engem sachlichen Bezug zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im Haushalt und dessen räumlichen Umfeld steht und darauf ausgerichtet ist, die körperlichen, geistigen oder seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 270 ff.). Entsprechend umfasst die häusliche Pflegehilfe auch Spaziergänge in der näheren Umgebung, die Ermöglichung des Besuchs von Verwandten und Bekannten oder die Begleitung zum Friedhof oder zum Gottesdienst (BT-Drs. 18/6688, S. 141 [Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften <Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II> BT-Drs. 18/5926]; Leube, Zweifelsfragen beim Unfallschutz häuslicher Pflegepersonen, SGb 2020, 87 [90]). Kein solcher Bezug zum häuslichen Umfeld besteht hingegen bei Maßnahmen, die zur Unterstützung beim Besuch von Kindergarten oder Schule, bei der Ausbildung, Berufstätigkeit oder sonstigen Teilhabe am Arbeitsleben, bei der Wahrnehmung von Ämtern oder der Mitarbeit in Institutionen oder in vergleichbaren Bereichen dienen (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 270 ff.). Insoweit ist der Verantwortungsbereich der Träger der Eingliederungshilfe betroffen.

bb) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Verrichtung der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls nicht um eine von § 2 Abs.1 Nr. 17 SGB VII umfasste pflegerische Maßnahme im häuslichen Umfeld.

Der Ort der Verrichtung der Klägerin zum Unfallzeitpunkt ist ohne Bezug zum häuslichen Umfeld. Das gemeinsame Rodeln mit ihrem Sohn bzw. die Steuerung des gemeinsam genutzten Schlittens fand als gezielte außerhäusliche Aktivität auf einem Rodelhang statt, der von der Wohnung der Klägerin ca. 55 km entfernt lag. Der Bereich der näheren Umgebung ist damit weit überschritten und ein Bezug zum häuslichen Umfeld nicht erkennbar.

Sofern die Klägerin als Zweck ihres Handelns angegeben hat, sie habe ihren Sohn an eine für ihn neue Situation heranführen wollen, um ihn auf den im selben Jahr beginnenden Schulbesuch vorzubereiten, stellt sie den Vorgang selber in einen Zusammenhang mit der in § 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB XI genannten Unterstützung beim Schulbesuch. Insoweit geht es um den Ausglich behinderungsbedingter Teilhabebeeinträchtigungen, die in den Schutzbereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen fällt, aber nicht um eine häusliche Pflegehilfe.

Sofern die Klägerin geltend macht, sie habe ihren Sohn unterstützen wollen, falls er die Gefahren nicht richtig eingeschätzt hätte und er auf die auf dem Rodelhang befindlichen Menschen nicht adäquat reagiert hätte, betrifft dies ebenfalls den Bereich der in § 18a Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB XI genannten Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen und an sonstigen Aktivitäten mit anderen Menschen und damit die Gewährleistung von Teilhabe, die in die Verantwortung der Träger der Eingliederungshilfe fällt und nicht zur häuslichen Pflegehilfe gehört. 

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war die Verrichtung der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls auch nicht darauf gerichtet, diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten, die nach Maßgabe von § 14 Abs. 2 SGB XI die Pflegebedürftigkeit ihres Sohnes begründet haben, zu beseitigen oder zu mindern oder eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Die relevanten Pflegebereiche des § 14 Abs. 2 SGB XI waren vielmehr bei der Verrichtung im Zeitpunkt des Unfalls nicht betroffen.

Der unter dem Aspekt des Erkennens von Risiken und Gefahren in Betracht kommende Pflegebereich des § 14 Abs. 2 Nr. 2 SGB XI (Kognitive und kommunikative Fähigkeiten) ist tatbestandlich nicht erfüllt. Die Klägerin wollte nicht etwaige kognitive Defizite ihres Sohnes ausgleichen. Darüber hinaus umfasst das Kriterium „Erkennen von Risiken und Gefahren“ zwar auch Gefahrenzonen in der außerhäuslichen Umgebung (z.B. verkehrsreiche Straßen, Baustellen) und betrifft die richtige Einschätzung von Gefahren (Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 14 SGB XI [Stand: 04.01.2023] Rn. 154). Die Norm bezieht sich aber auf Gefahrensituationen im Alltag. Denn die Auswahl der Pflegebereiche in § 14 Abs. 2 SGB XI orientiert sich an dem Ziel des Gesetzgebers, ein möglichst umfassendes Bild von den einem Menschen (noch) verbliebenen Ressourcen bzw. bestehenden Einschränkungen zur Bewältigung seines Alltags erstellen zu können (Meßling a.a.O. Rn. 112). Die Klägerin hat sich hier jedoch bewusst in eine nicht alltägliche Situation begeben. Im Übrigen strebte sie keine Interaktion bzw. Kommunikation mit anderen Personen an.

Der unter den Aspekten Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Sichbeschäftigen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds in Betracht kommende Pflegebereich des § 14 Abs. 2 Nr. 6 SGB XI (Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) war ebenfalls nicht betroffen. Sofern die Klägerin vorträgt, sie habe ihren Sohn an eine neue Situation heranführen wollen, da ihr vom Autismus-Therapie-Zentrum geraten worden sei, alles Mögliche mit ihm auszuprobieren, handelt es sich nicht um eine Anpassung an Veränderungen im Sinne des Kriteriums „Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen“. Bereits aus dem Kontext wird deutlich, dass es sich um eine Veränderung des Tagesablaufs handeln muss. Mit dem Kriterium steht bei der Feststellung von Pflegebedürftigkeit zur Überprüfung, inwieweit der Tagesablauf nach individuellen Gewohnheiten und Vorlieben eingeteilt und bewusst gestaltet und ggf. an äußere Veränderungen angepasst werden kann. Dies erfordert planerische Fähigkeiten zur Umsetzung von Alltagsroutinen. Bei der Feststellung von Pflegebedürftigkeit ist zu beurteilen, ob die Person von sich aus festlegen kann, ob und welche Aktivitäten sie im Laufe des Tages durchführen möchte, z.B. wann sie baden, essen oder zu Bett gehen oder ob und wann sie fernsehen oder spazieren gehen möchte (Meßling a.a.O. Rn. 239 unter Bezugnahme auf die Begutachtungsrichtlinien). Die Schlittenfahrt zielte nicht auf die Kompensation von solchen planerischen Beeinträchtigungen des Sohnes.

Der Anwendungsbereich des Kriteriums „Interaktion mit Personen im direkten Kontakt“ ist ebenfalls nicht eröffnet. Zwar trägt die Klägerin vor, dass Schwierigkeiten aufträten, wenn ihr Sohn in Kontakt mit anderen Kindern oder Menschen komme. Das Pflegegutachten sieht in diesem Zusammenhang aber keinen Hilfebedarf. Zudem erfasst das Kriterium das Umgehen mit Angehörigen, Pflegepersonen, Mitbewohnern oder Besuchern im direkten Kontakt, also die Fähigkeit, Kontakt aufzunehmen, Personen anzusprechen und auf Ansprache zu reagieren (Meßling a.a.O. Rn. 243 unter Bezugnahme auf die Begutachtungs-Richtlinien). Die Klägerin hat sich jedoch nicht in eine Situation begeben, in der sie den Kontakt zu den genannten Personengruppen trainieren wollte.

Auch der Anwendungsbereich des Kriteriums „Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds“ ist nicht eröffnet. Dieses betrifft die Fähigkeit, bestehende Kontakte zu Freunden, Bekannten oder Nachbarn aufrechterhalten, beenden oder zeitweise ablehnen zu können; dazu gehört auch die Fähigkeit, mit technischen Kommunikationsmitteln wie Telefon umgehen, also z.B. Besuche verabreden oder Telefon- oder Brief- oder Mail-Kontakte aufrechterhalten zu können (Meßling a.a.O. Rn. 244). Die Klägerin hat jedoch die Nähe zu Menschen, insbesondere Kindern, gesucht, die ihrem Sohn unbekannt waren. Zudem beabsichtigte sie, wie bereits ausgeführt, keine direkte Kontaktaufnahme.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts stützt auch das Urteil des BSG vom 22.08.2000, B 2 U 15/99 R, nicht die Auffassung, dass die Begleitung des pflegebedürftigen Kindes beim Rodeln eine pflegerische Maßnahme i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII darstellt. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf eine Pflegetätigkeit im außerhäuslichen Bereich, aber die dort streitgegenständliche Unterstützung bei der Verrichtung der Notdurft entspricht nicht der Tätigkeit der Klägerin. Die Hilfe bei der Verrichtung der Notdurft bezieht sich auf einen Bereich, der gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI die Pflegebedürftigkeit begründet und stellt sich nach seiner Zielrichtung als Maßnahme der häuslichen Pflegehilfe dar. Dies trifft auf die Tätigkeit der Klägerin, wie vorstehend ausgeführt, nicht zu.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Es ergibt sich ohne weiteres unzweifelhaft aus dem Gesetz und den zitierten Gesetzgebungsmaterialien, dass die Verrichtung der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB XI versichert war. Klärungsbedürftige Fragen wirft der konkrete Fall nicht auf.

 

 

 

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