Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.11.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1961 geborene Klägerin absolvierte nach eigener Angabe von Mitte des Jahres 1977 bis Mitte des Jahres 1979 eine Ausbildung zur Verkäuferin. Bis 1984 war sie in diesem Beruf in Vollzeit beschäftigt und arbeitete im Anschluss - nach Unterbrechungen durch Zeiten der Kindererziehung und Arbeitslosigkeit - nur noch in Teilzeit in diesem Beruf, von Anfang April 1999 bis Ende September 2007 im Rahmen einer geringfügigen, nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung. Seit Oktober 2007 ist sie im Rahmen eines Mini-Jobs versicherungspflichtig beschäftigt und arbeitet zuletzt seit Ende des Jahres 2016 - mit Unterbrechung - in einem zeitlichen Umfang von „ein- bis zweimal pro Woche für jeweils vier bis fünf Stunden“ (s. S. 82 Senats-Akte, bzw. „von 09.00 bis 14.00 oder von 15.00 bis 20.00 Uhr“, S. 84 SG-Akte). Wegen der weiteren Einzelheiten der rentenversicherungsrechtlich zurückgelegten Zeiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 16.01.2023 (S. 61 ff. Senats-Akte) Bezug genommen. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt.
Am 17.09.2019 wurde bei der Klägerin eine Hüftgelenkstotalendoprothese (Hüft-TEP) rechts implantiert. Sie befand sich sodann auf Kosten der Beklagten vom 26.09. bis 17.10.2019 zur stationären Anschlussheilbehandlung im S1 Gesundheitszentrum W1. Ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts wurde sie bei postoperativ noch bestehender Arbeitsunfähigkeit mit einem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in wechselnder Körperhaltung von mehr als sechs Stunden täglich (ohne kniende Arbeiten, ohne andauernde Zwangshaltungen, ohne Ersteigen von Leitern und Gerüsten) entlassen (Diagnosen: belastungsabhängige Schmerzen der rechten Hüfte mit Gangstörung bei Coxarthrose und bei Zustand nach [Z.n.] Hüft-TEP rechts, Z.n. drei Operationen - zuletzt im Jahr 2007 - an der Lendenwirbelsäule [LWS] bei Bandscheibenvorfall, Z.n. Cholezystektomie, Z.n. Appendektomie, Z.n. Meniskus-Operation rechts, Z.n. Tennisellenbogen-Operation links, Mund- und Zungenschleimhautentzündung).
Den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 27.01.2020 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.01.2020 auf der Grundlage des Reha-Entlassungsberichts ab. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein „Attest“ des W2 („Zur Vorlage bei Arbeitgeber“) vom 13.02.2020 (Bl. M18 VerwA) vor, in dem der Arzt die Auffassung vertrat, die Klägerin sei nur noch in der Lage, vier Stunden am Stück zu arbeiten. Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen bei (u.a. auch von W2) und ließ diese durch die Beratungsärztin B1, die die Leistungsbeurteilung der Ärzte in W1 bestätigte, auswerten (sozialmedizinische Stellungnahme vom 14.04.2020). Darauf gestützt wies sie den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2020 zurück. Eine Erwerbsminderung bestehe nicht, weil die Klägerin unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.06.2020, einem Montag, Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 01.01.2020 begehrt hat. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf ihr schweres Schmerzsyndrom mit Gangstörung bei Z.n. Coxarthrose rechts mit Hüft-TEP und auf ihre wiederholten Bandscheibenvorfälle mit operativen Eingriffen im Bereich der LWS verwiesen. Außerdem hat sie erneut das „Attest“ des W2 (s.o., dieses Mal mit Datum 10.06.2020, S. 16 SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Die F1 hat u.a. bekundet (Auskunft vom 16.10.2020, S. 22 ff. SG-Akte), die Klägerin ein- bis zweimal im Quartal zu behandeln. Die Klägerin leide „seit Jahren“ an chronischen Schmerzen bei degenerativen Wirbelsäulenschäden und Coxarthrose und könne schon seit 2018 leichte Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Maßgeblich sei das orthopädisch-schmerztherapeutische Fachgebiet. Die Ärztin hat namentlich den Arztbrief der M1, G1 u.a. vom 04.05.2020 vorgelegt (S. 25 f. SG-Akte, Diagnosen u.a. geringgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits, Verdacht auf ein leichtgradiges beginnendes Schlafapnoesyndrom). W2 hat in seiner Auskunft vom 02.11.2020 (S. 45 f. SG-Akte) im Wesentlichen auf seinen Karteikartenauszug (S. 47 f. SG-Akte: Diagnosen u.a. Lumboischialgie, Spinalkanalstenose im Lumbalbereich mit Kompression von Nervenwurzeln und -plexus, Coxarthrose bei Z.n. Hüftgelenks-prothese) und auf den MRT-Bericht der LWS von Ende Mai 2020 (S. 49 SG-Akte: u.a. keine Befundänderung gegenüber Februar 2011, kein Bandscheibenvorfall, keine spinale oder foramiale Enge) verwiesen. Die Klägerin könne seiner Meinung nach allenfalls noch vier Stunden mit Pausen arbeiten.
Das SG hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des M2 vom 10.03.2021 eingeholt (S. 79 ff. SG-Akte), der aufgrund Untersuchung am 09.03.2021 bei der Klägerin eine Sehnenansatzreizung im Bereich beider Hüftknochen - rechtsbetont - bei Z.n. endoprothetischem Ersatz des rechten Hüftgelenks und bei Verdacht auf eine beginnende Hüftgelenksarthrose links, eine Funktionsstörung (eingeschränkte Beugefähigkeit mit Hypomobilitäten) der LWS bei Bandscheibenvorfall L5 rechts mit älterer Nervenwurzelläsion nach Bandscheibenoperation 2007 ohne aktuellem Wurzelreiz (s. dazu auch den vom Sachverständigen ausgewerteten Radiologiebericht vom 22.01.2021 über eine MRT der LWS am 21.01.2021, S. 96 SG-Akte), eine Funktionsstörung (segmentäre Blockierungen) der Halswirbelsäule (HWS) ohne Wurzelreiz, einen Verdacht auf ein körperfernes Carpaltunnelsyndrom links ohne Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit sowie ein Ulnaimpaktionssyndrom des linken Handgelenks bei verlängerter Elle ohne Funktionsstörung diagnostiziert. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung, vorwiegend im Sitzen, könne die Klägerin noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten, wobei das Heben/Tragen von Lasten über 10 kg und Wirbelsäulenzwangshaltungen zu vermeiden seien. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit liege nicht vor. Die Leistungseinschätzung des W2 sei weder nachvollziehbar, noch plausibel. Nämliches gelte hinsichtlich der Einschätzung der F1, die zudem maßgeblich auf die berufliche Tätigkeit der Klägerin abgestellt habe.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das Sachverständigengutachten des H1 vom 24.06.2021 (S. 106 ff. SG-Akte) eingeholt, der die Klägerin am selben Tag untersucht hat. Der Wahlsachverständige hat folgende Diagnosen genannt: Bandscheibenvorfall L5/S1 rechts mit leichtem Nervenwurzelreiz, Postnukleotomiesyndrom mit leichter Fußheber- und Fußaußenrandheberschwäche rechts (freilich: „freie Beweglichkeit der Gelenke im Fußbereich“, „berichtet das gesamte rechte Bein als diffus minder berührungsempfindlich“, Lasègue- und Pseudo- Lasègue-Zeichen beidseits negativ), Arthrose im linken Hüftgelenk 2. bis 3. Grades mit leichter Bewegungseinschränkung, Z.n. nach Implantation einer regelrecht sitzenden Hüftendoprothese rechts und leichter Bewegungseinschränkung, Carpaltunnelsyndrom links ohne wesentliche Funktionsminderung. Eine wesentliche Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit liege nicht vor. Auch bestünden keinerlei Zeichen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Es bestehe ein positives Leistungsbild. Körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechselrhythmus seien der Klägerin ohne zeitliche Einschränkung möglich (S. 138 SG-Akte); ein häufiges Treppensteigen, ein Besteigen von Leitern und Gerüsten sowie ein regelmäßiges Heben, Tragen und Bewegen von mittelschweren oder schweren Lasten komme nicht mehr in Betracht. Auch seien längere Wegstrecken, insbesondere auf unebenem Untergrund, nicht mehr zumutbar, wobei aber das Zurücklegen einer Wegstrecke von 500 m zu Fuß mindestens viermal täglich in weniger als 20 Minuten möglich sei; Einschränkungen hinsichtlich der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder eines Pkw bestünden nicht. Im Unterschied zu M2 bestehe heute eine leichte Nervenwurzelreizung des rechten Beins, woraus sich indes eine wesentliche Änderung der Leistungsfähigkeit nicht ergebe. Die von W2 genannte Diagnose einer Spinalkanalstenose im Lumbalbereich mit Kompression von Nervenwurzeln liege nicht vor (Hinweis auf die MRT-Berichte). Der zeitlichen Leistungseinschätzung der Hausärztin sei (ebenfalls) nicht zu folgen, namentlich liege bei der Klägerin auch kein autonomes Schmerzsyndrom als Zeichen einer tonischen Schmerzverarbeitungsstörung vor. Insgesamt bestehe eine „Erwerbsunfähigkeit“ nicht (S. 144 SG-Akte).
Die Klägerseite hat sich auf die Einschätzung des W2 berufen und dessen Stellungnahme vom 31.08.2021 (S. 164 ff. SG-Akte) vorgelegt, in der der Facharzt geltend gemacht hat, dass für ihn die MRT-Bilder vom 21.01.2021 für eine Spinalkanalstenose sprächen. Zwar sei im entsprechenden Befundbericht „keine spinale oder foraminale Enge“ beschrieben, wohl aber eine Teileinengung des Recessus angesprochen, was klar für eine Spinalkanalstenose spreche (Hinweis auf „Wikipedia“, Stichwort: „Stenose“, und auf Schulitz/Wehling/Assheuer, Die lumbale Wirbelkanalstenose, DÄBl. 1996, A-3340 ff.), auch wenn der Radiologe dies nicht so beschreibe. Außerdem habe H1 die Beweisfrage zum zeitlichen Leistungsvermögen widersprüchlich beantwortet, nämlich einerseits „weniger als 3 Stunden täglich“, andererseits „6 Stunden pro Arbeitstag“ (Hinweis auf S. 138 f. SG-Akte).
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2021 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, weil sie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Dabei hat sich das SG maßgeblich auf den Entlassungsbericht der Ärzte in W1 sowie auf das Sachverständigengutachten des M2 gestützt, dessen zeitliche Leistungsbeurteilung der Wahlsachverständige H1 bestätigt habe. Der von der Klägerseite insoweit geltend gemachte „Widerspruch“ liege nicht vor, nachdem sich aus dem Gutachten des H1 mehrfach und ausdrücklich ergebe, dass (auch) er eine zeitliche Leistungslimitierung der beruflichen Einsetzbarkeit der Klägerin für leichte Tätigkeiten nicht habe feststellen können. Bei der anderslautenden Angabe „weniger als 3 Stunden täglich“ (S. 138 a.E. SG-Akte) handele es sich ersichtlich um ein (Text-)Versehen, zumal alles andere auch in Ansehung der übrigen Ausführungen des Sachverständigen nicht schlüssig wäre. Die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte sei damit widerlegt und es komme auch nicht auf die Diskussion des W2 hinsichtlich des Begriffs einer Stenose an, da funktionelle Auswirkungen entscheidend seien und solche sich aus den Äußerungen des Arztes nicht ergäben.
Gegen den ihren (seinerzeitigen) Prozessbevollmächtigten am 10.11.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24.11.2021 Berufung eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie sich unter Wiederholung ihres Klagevorbringens im Wesentlichen auf W2 berufen und geltend gemacht, H1 habe erhebliche Beeinträchtigungen beschrieben, „Atemschwierigkeiten“, „gelegentliche“ Schwindelanfälle und eine Belastungsdyspnoe angeführt sowie auf den „Befundbericht“ der F1 (Schreiben an die Klägerin vom 14.07.2022, S. 48 f. Senats-Akte: u.a. Angabe von chronischen Schmerzen, einer reaktiven Depression mit ausgeprägten Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen und Erschöpfungszuständen sowie einer zunehmenden Belastungsdyspnoe, eine Rentenbewilligung würde den Gesundheitszustand der Klägerin verbessern) und die „Individuelle Information zur Psychotherapeutischen Sprechstunde“ der B2 vom 30.09.2022 (S. 53 Senats-Akte: Diagnose: mittelgradige depressive Episode und Verdacht auf anhaltende Schmerzstörung; „psychotherapeutische Behandlung kann nicht in dieser Praxis durchgeführt werden“), verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.11.2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2020 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine befristete Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2020 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Der Senat hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des S2 vom 19.07.2023 (S. 74 ff. Senats-Akte) eingeholt. Der Sachverständige hat nach Untersuchung der Klägerin am 17.07.2023 und unter Würdigung des Akteninhalts sowie der von der Klägerin zur Begutachtung mitgebrachten ärztlichen Unterlagen (s. S. 108 ff. Senats-Akte, u.a. MRT-Bericht linkes Handgelenk vom 28.06.2023, S. 110 Senats-Akte) ausgeführt, dass von psychiatrischer Seite bei der Klägerin eine Persönlichkeitsakzentuierung ohne Anhalt für eine manifeste seelische Erkrankung bestehe. In internistischer Hinsicht lägen im Wesentlichen ein medikamentös behandeltes Bluthochdruckleiden und ein medikamentös behandeltes Asthma bronchiale vor. Neurologische bzw. sensomotorische Ausfälle von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparats hätten sich nicht gezeigt, ebenso wenig ein manifester neurophysiologisch-pathologischer Befund. Imponiert habe aber eine - freilich subjektiv nur leicht beeinträchtigte - beidseitige, rechtsbetonte Hörminderung. Der Schwerpunkt des Beschwerdebilds liege auf orthopädischem Fachgebiet. Aus nervenärztlicher bzw. internistischer Sicht könne die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in wechselnder Körperhaltung noch mehr als sechs Stunden täglich verrichten. In qualitativer Hinsicht seien aus nervenärztlicher respektive internistischer Sicht Nachtarbeiten, Arbeiten mit vermehrt seelischen bzw. emotionalen Belastungen (z.B. mit erhöhtem Konfliktpotential), Tätigkeiten mit Anforderungen an ein uneingeschränktes Gehör sowie unter inhalativen Belastungen (z.B. Exposition von Staub, Rauch oder Dämpfen) nicht mehr leidensgerecht. Beschränkungen des Arbeitswegs lägen nicht vor, zumal die Klägerin mit dem Pkw auch zu ihrer Arbeit fahre. Die Leistungsbeurteilung der orthopädischen Vorgutachter sei plausibel und nachvollziehbar. Die Auffassung der F1 könne mit den klinischen Befunden und den von der Klägerin geschilderten Alltagsaktivitäten (s. S. 82 f., 84 f. Senats-Akte, namentlich: regelmäßiges Auto und E-Bike fahren, Gymnastik zu Hause, Haushalt erledigen, Einkaufen, basteln mit der älteren Enkeltochter, mit der jüngeren Enkeltochter im Kinderwagen spazieren gehen, fernsehen, Wahrnehmung familiärer und nachbarschaftlicher Kontakte sowie mit Freundinnen, Besuch der Fußballspiele des jüngeren Sohnes, im April 2023 Kanaren-Kreuzfahrt ab Teneriffa) nicht in Übereinstimmung gebracht werden.
Die Klägerseite hat gemeint (S. 116 f. Senats-Akte), S2 habe erhebliche Einschränkungen beschrieben. Zu einer abschließenden und endgültigen Beurteilung aus internistischer oder orthopädischer Sicht sei er als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie nicht berufen. In Zusammenschau mit den orthopädischen Leiden überzeuge es nicht, der Klägerin noch eine leichte Tätigkeit von sechs Stunden täglich zuzumuten. Eine Besserung im Gesundheitszustand der Klägerin sei nicht mehr zu erwarten und unter Berücksichtigung der multiplen Erkrankungen dürfte „sehr wohl ein Summationseffekt der Beschwerden“ vorliegen.
Zuletzt hat die Klägerseite (s. S. 119 SG-Akte) erneut den Radiologiebericht vom 28.06.2023 vorgelegt und mitgeteilt, dass die Klägerin Mitte November 2023 am (linken) Handgelenk operiert werde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, jedoch unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2020 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2020, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin auf deren Antrag vom 27.01.2020 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 30.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn sie ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weswegen ihr eine (befristete, § 102 Abs. 2 SGB VI) Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht zusteht.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI dargelegt und ebenso zutreffend auf der Grundlage insbesondere des Entlassungsberichts der Ärzte in W1 und der beratungsärztlichen Stellungnahme der B1 (beide urkundsbeweislich verwertbar) sowie des Sachverständigengutachtens des M2 begründet, dass und warum die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen von orthopädischer Seite lediglich die von den genannten Ärzten angeführten qualitativen Einschränkungen bedingen, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung jedenfalls für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen führen. Dabei hat es ebenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass sich aus dem Gutachten des Wahlsachverständigen H1 gerade nichts Abweichendes ergibt, sondern dieser vielmehr die Leistungsbeurteilung des M2, der B1 und der Ärzte in W1 bestätigt hat. Zu Recht ist das SG auch davon ausgegangen, dass bei der Klägerin von psychiatrischer Seite höhergradige funktionelle Defizite mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen nicht bestehen - insbesondere auch keine (eigenständige) chronische Schmerzerkrankung vorliegt - und dass und warum der Leistungseinschätzung der behandelnden Therapeuten nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Das Berufungsvorbringen und die weitere medizinische Sachaufklärung im Rechtsmittelverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung.
In orthopädischer Hinsicht leidet die Klägerin an einer rechtsbetonten Sehnenansatzreizung im Bereich beider Hüftknochen bei Z.n. endoprothetischem Ersatz des rechten Hüftgelenks und bei Verdacht auf eine beginnende Hüftgelenksarthrose links, an einer (nur leicht) eingeschränkten Beugefähigkeit mit Hypomobilitäten der LWS bei Bandscheibenvorfall L5 rechts mit älterer Nervenwurzelläsion nach Bandscheibenoperation 2007, an segmentären Blockierungen der HWS ohne Wurzelreiz und an einem Ulnaimpaktionssyndrom des linken Handgelenks bei verlängerter Elle ohne Funktionsstörung. Dies stützt der Senat maßgeblich auf das in jeder Hinsicht überzeugende und befundgestützte Sachverständigengutachten des M2.
Soweit M2 darüber hinaus den Verdacht auf ein körperfernes Carpaltunnelsyndrom links geäußert hat, hat der Sachverständige S2 im Rahmen seiner (neurographischen) Untersuchung der Klägerin im Berufungsverfahren keine eindeutigen Anhaltspunkte für ein derartiges Syndrom links finden können (vgl. S. 90 Senats-Akte), rechts hat er es ausdrücklich klinisch ausgeschlossen (S. 98 Senats-Akte, unter Hinweis darauf, dass die Klägerin auch rechts schreibt). Eine weitere Erörterung ist vorliegend mangels Entscheidungsrelevanz nicht veranlasst, nachdem auch M2 - ebenso wie H1 (S. 128 SG-Akte) - Auswirkungen eines solchen Syndroms auf die berufliche Leistungsfähigkeit verneint hat, ebenso wie hinsichtlich des Ulnaimpaktionssyndroms des linken Handgelenks bei verlängerter Elle, sodass auch dem Radiologiebericht vom 28.06.2023 (S. 110 Senats-Akte), in dem die Veränderungen im Bereich des linken Handgelenks der Klägerin bildgebend bestätigt worden sind, keine weitere Bedeutung zukommt; Funktionsstörungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen lassen sich ihm ohnehin nicht entnehmen. Im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht entscheidend auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (Bundessozialgericht - BSG - 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris, Rn. 15), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, sodass auch die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht maßgeblich sind (BSG a.a.O.). Derartige Funktionsstörungen anhand objektiv-klinischer Befunde, die geeignet wären, eine rentenrechtlich relevante zeitliche Leistungseinschränkung zu begründen, haben indes weder die Ärzte in W1, noch M2 und H1 zu erheben vermocht.
Nämliches gilt im Übrigen auch, soweit H1 - entgegen M2 und später auch S2 nach neurologisch-neurographischer Untersuchung - einen leichten Nervenwurzelreiz im Segment L5/S1 rechts sowie, allein auf Grund der (freilich „diffusen“) Beschwerdeangaben der Klägerin bei klinisch im Wesentlichen unauffälligem Befund, ein Postnukleotomiesyndrom mit leichter Fußheber- und Fußaußenrandheberschwäche rechts angenommen hat. Denn auch H1 hat insoweit lediglich leichte Defizite abgeleitet, wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen gerade verneint und der Klägerin insgesamt sogar noch mittelschwere Arbeiten zugemutet.
Die von orthopädischer Seite bei der Klägerin bestehenden objektivierbaren Gesundheitsstörungen bedingen mithin lediglich die von M2 und den Ärzten in W1 angeführten qualitativen Einschränkungen (wechselnde Körperhaltung, vorwiegend Arbeiten im Sitzen, keine Zwangshaltungen, insbesondere keine knienden Tätigkeiten, kein Ersteigen von Leitern und Gerüsten, kein Heben/Tragen von Lasten über 10 kg), jedoch keine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, was die genannten Ärzte - und auch B1 - schlüssig und nachvollziehbar aus den klinischen Befunden hergeleitet haben.
Der Wahlsachverständige H1 hat dies auf der Grundlage des von ihm erhobenen Befunds vollumfänglich bestätigt, wobei er - wie schon dargelegt - aus orthopädischer Sicht sogar noch mittelschwere Tätigkeiten für leidensgerecht erachtet hat, was vorliegend aber keine weitere Rolle spielt, da Maßstab für die Frage einer Erwerbsminderung leichte Arbeiten sind.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerseite ist die Leistungsbeurteilung des H1 auch eindeutig und mitnichten widerspruchsbehaftet, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat. Ohnehin wäre die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung in Ansehung des vom Wahlsachverständigen dokumentierten Befunds nicht begründbar und würde auch nichts an der überzeugenden Leistungsbeurteilung des M2 und der Ärzte in W1 ändern.
Die Leistungseinschätzung des W2, die er schon nicht weiter begründet hat, ist damit widerlegt. Seine Ausführungen, dass die Beschwerden der Klägerin im LWS-Bereich - entgegen der Darstellung im Radiologiebericht vom 21.01.2021 - als (Spinalkanal-)Stenose zu bezeichnen seien, hat keine weitergehende Relevanz und geht am eigentlichen Thema vorbei; insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
Soweit F1 in ihrer Auskunft gegenüber dem SG gemeint hat, die Klägerin könne bereits seit 2018 nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten, ist dies bereits durch den Entlassungsbericht der Ärzte in W1 und im Übrigen durch die Sachverständigengutachten widerlegt. Ohnehin ist bei ihr eine besondere Fachkompetenz auf orthopädischem Gebiet, dass sie (in ihrer Auskunft gegenüber dem SG) als maßgeblich erachtet hat, nicht erkennbar.
In psychiatrischer Hinsicht ist bei der Klägerin lediglich eine Persönlichkeitsakzentuierung ohne Anhalt für eine weitergehende manifeste seelische Erkrankung zu objektivieren. Dies hat der Sachverständige S2 in seinem Gutachten für den Senat auf der Grundlage des von ihm erhobenen, nicht wesentlich pathologischen Befunds (s. im Einzelnen S. 89 ff. Senats-Akte) sowie der ihm von der Klägerin geschilderten Alltagsaktivitäten (s. S. 82 f., 84 f. Senats-Akte) und in Ermangelung einer psychiatrisch-psychotherapeutischen (Facharzt-)Behandlung überzeugend dargelegt und begründet. In Ansehung dessen bedarf es keiner weitergehenden Begründung, dass auch insoweit lediglich die vom Sachverständigen angeführten qualitativen Einschränkungen bestehen (keine Nachtarbeiten, keine Tätigkeiten mit vermehrt seelischen Belastungen, z.B. vermehrt emotionale Belastungen wie erhöhtes Konfliktpotential), nicht jedoch eine zeitliche Leistungslimitierung.
Die von der Klägerseite mit dem Rechtsmittel (nur pauschal) angegebenen Beschwerden (u.a. chronische Schmerzen, reaktive Depression mit ausgeprägten Konzentrationsstörungen und Erschöpfungszuständen; zu den geklagten Schlafstörungen s. noch sogleich) sind durch das Sachverständigengutachten widerlegt, nachdem - wie schon dargelegt - S2 gerade keinen wesentlich pathologischen Befund zu objektivieren vermocht hat; namentlich irgendwelche Konzentrationsstörungen der Klägerin haben sich während der Begutachtung nicht gezeigt, ebenso wenig Anhaltspunkte für eine depressive Störung oder ein auffälliges Schmerzverhalten. Entgegen dem Berufungsvorbringen hat S2 gerade keine „erheblichen“ Einschränkungen beschrieben, sondern nur qualitative Beeinträchtigungen ohne Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen.
F1 hat mit ihren entgegenstehenden Äußerungen schon keine entsprechenden klinischen Befunde mitgeteilt, sondern vielmehr allein - unkritisch und befundfrei - die Beschwerdeangaben der Klägerin wiedergegeben, die indes mit den von S2 erhobenen klinischen Befunden und den vorhandenen Alltagsaktivitäten der Klägerin nicht in Einklang zu bringen sind, ebenso wenig wie die (Verdachts-)Diagnosen der B2 in ihrer „Individuellen Information zur Psychotherapeutischen Sprechstunde“ vom 30.09.2022, die im Übrigen schon keine Fachärztin für Psychiatrie ist und bei der eine Psychotherapie auch überhaupt nicht durchgeführt oder auch nur begonnen worden ist, worauf S2 zutreffend hingewiesen hat. Ohnehin hat auch F1 zuletzt lediglich gemeint (s. S. 49 Senats-Akte), die Klägerin solle „Stressfaktoren“ vermeiden - dem wird mit den o.a. qualitativen Einschränkungen gerade Rechnung getragen -, aber ersichtlich nicht einmal eine entsprechende psychiatrische Facharztbehandlung für erforderlich erachtet, nachdem eine solche, so S2 auf Grundlage der Angaben der Klägerin, auch nicht stattfindet.
In neurologischer Hinsicht wird auf die obigen Ausführungen (Wurzelreiz, Karpaltunnelsyndrom) verwiesen. S2 hat keine wesentlichen Auffälligkeiten seitens des neurologischen Fachgebiets objektivieren können. Soweit die Klägerin (ebenfalls nur pauschal) auf „gelegentliche“ Schwindelanfälle hingewiesen hat - was F1 in ihrer Auskunft gegenüber dem SG wiederum befundfrei lediglich wiedergegeben und der Klägerin „Lagerungsübungen“ empfohlen hat -, sind irgendwelche Schwindelerscheinungen von keinem der Sachverständigen objektiviert worden und keiner der Gutachter hat auch nur entsprechende klinische Anhaltspunkte festzustellen vermocht; im Gegenteil, H1 hat ausdrücklich ein negatives Zeichen nach DeKline (als klinisches Zeichen für einen lagerungsabhängigen Drehschwindel) befundet (S. 128 SG-Akte) und bei S2 hat die Klägerin einen Schwindel nicht einmal auch nur erwähnt.
In internistischer Hinsicht besteht bei der Klägerin eine bereits von den M1, G1 u.a. im Mai 2020 (s. Arztbrief S. 25 f. SG-Akte) beschriebene geringgradige Schwerhörigkeit beidseits, die auch S2 - der, was die Klägerseite verkannt hat, auch Facharzt für Innere Medizin ist - im Rahmen seiner Leistungsbeurteilung dergestalt in qualitativer Hinsicht berücksichtigt hat, dass er Arbeiten mit Anforderungen an ein uneingeschränktes Hörvermögen nicht mehr für leidensgerecht erachtet. Eine zeitliche Leistungseinschränkung folgt daraus nicht.
Nämliches gilt hinsichtlich der von der Klägerin geklagten Schlafstörungen, die die HNO-Ärzte (a.a.O.) auf ein beginnendes, leichtgradiges Schlafapnoesyndrom zurückgeführt haben. Eine weitergehende Therapie hat indes nicht stattgefunden, nicht einmal eine Untersuchung im Schlaflabor, worauf S2 hingewiesen hat (s. S. 85 Senats-Akte). Unabhängig davon, dass der Sachverständige weder eine Tagesmüdigkeit der Klägerin, noch eine vorzeitige Erschöpfbarkeit im Rahmen seiner (auch neurographischen) Untersuchung hat objektivieren können, hat S2 auch insoweit den Klagen mit den qualitativen Einschränkungen hinreichend Rechnung getragen.
Ebenfalls berücksichtigt hat er das bei der Klägerin bestehende (medikamentös behandelte) Asthma bronchiale mit Kurzatmigkeit - was in qualitativer Hinsicht, so S2 gut nachvollziehbar, Arbeiten unter widrigen klimatischen Bedingungen respektive unter Exposition von Staub, Rauch und Dämpfen ausschließt und was im Übrigen bereits in dem Verweis auf (nur noch) leichte körperliche Tätigkeiten umfasst ist - und zwar auch unter Würdigung des zuletzt von der Klägerin vorgelegten Arztbriefs der S3 (S. 111 ff. Senats-Akte). Aus diesem lassen sich entsprechend der Beurteilung des Sachverständigen, der bei seiner Untersuchung einen unauffälligen kardio-vaskulären Befund erhoben hat (s. S. 88 Senats-Akte), keine weitergehenden Einschränkungen ableiten, insbesondere keine zeitliche Leistungslimitierung (Befund S3: „vesikuläres Atemgeräusch - VAG - beidseits, keine Rasselgeräusche, kein Giemen, keine Sklerosiphonie, Herztöne rein, regelmäßig, keine peripheren Ödeme, keine Uhrglasnägel; röntgenologisch: unauffälliger Herz-Lungen-Befund, in der Thoraxübersicht kein akut entzündlicher Fokus abgrenzbar, kein Hinweis auf eine maligne Umwandlung, kardial kompensiert, weder akute noch chronische Stauungszeichen nachweisbar“). Abweichende Befunde dazu hat auch F1 nicht mitgeteilt, sondern lediglich - wiederum maßgeblich auf Grundlage der klägerischen Beschwerdeangaben - pauschal auf eine „Belastungsdyspnoe“ verwiesen.
Sonstige internistische Gesundheitsstörungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen liegen nicht vor. Auch dies stützt der Senat auf das Gutachten des S2. Insbesondere ist der Bluthochdruck der Klägerin danach medikamentös behandelt. Aus dem Arztbrief des G2 vom 20.12.2022 (S. 109 Senats-Akte) ergibt sich lediglich der Verdacht auf eine Gastritis aufgrund eines Erythems im Magenantrum bei ansonsten unauffälliger Ösophagogastroduodenoskopie. Dass der Sachverständige aus dieser bloßen Verdachtsdiagnose keine weitergehenden Einschränkungen für die berufliche Leistungsfähigkeit abgeleitet hat, ist für den Senat ohne Weiteres plausibel. Wie bereits oben dargelegt, kommt es nicht entscheidend auf Diagnosen an, erst recht nicht auf bloße Verdachtsdiagnosen oder gar „Z.n.“- Diagnosen (s. dazu nur Freudenberg in jurisPK-SGB VI, § 43 Rn. 70, Stand 17.05.2023, m.w.N. zur Rspr. des BSG).
Unter Zugrundelegung all dessen hat der Senat - wie auch schon das SG - keine ernsthaften Zweifel, dass die Klägerin noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben festgestellten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass sie weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ihr ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Ebenso ist unerheblich, ob und in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin noch ihrer beruflichen Tätigkeit als Verkäuferin/Kassiererin nachgehen kann. Insoweit merkt der Senat lediglich an, dass diese konkrete Tätigkeit auf der Grundlage der Angaben der Klägerin zur Arbeitsplatzsituation (überwiegendes Stehen, körperlich schwer) ersichtlich nicht leidensgerecht ist. Aus der tatsächlichen Ausübung einer konkreten Beschäftigung, die dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen gerade nicht entspricht, folgt indes keine Erwerbsminderung im oben dargelegten Sinne für leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts; auch dies hat im Übrigen F1 verkannt, worauf schon H1 zutreffend hingewiesen hat.
Dass eine Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin nicht zu erwarten sein mag, wie die Klägerseite zuletzt (nur pauschal) gemeint hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung, weil dies nichts daran ändert, dass eine zeitliche Leistungsminderung für leichte Tätigkeiten bei ihr nicht vorliegt. Nur am Rande merkt der Senat an, dass die Klägerin ersichtlich selbst auch gar nicht davon ausgeht, dass eine Besserung ausgeschlossen wäre, andernfalls erschließt sich nicht, dass sie sich gleichwohl zu einer Handoperation entschlossen hat, wie sie zuletzt ebenfalls bekundet hat.
Schließlich ist auch unerheblich, dass bei der Klägerin ein GdB festgestellt ist, denn dem kommt hinsichtlich einer zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit eines Versicherten keinerlei Aussagekraft zu (BSG 19.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris, Rn. 5).
Nachdem S2 aus nervenärztlicher und internistischer Sicht eine zeitliche Leistungseinschränkung ebenso verneint hat, wie zuvor bereits die Ärzte in W1, die Beratungsärztin B1 und die Sachverständigen M2 und H1 übereinstimmend aus orthopädischer Sicht, erschließt sich dem Senat schon nicht ansatzweise, welcher „Summationseffekt“ hier bestehen soll; auch darauf hat der Sachverständige ausdrücklich und zutreffend hingewiesen (s. S. 102 Senats-Akte). Zu den von den genannten Ärzten angeführten (rein) qualitativen Einschränkungen sind vielmehr lediglich die zusätzlich von S2 genannten qualitativen zu berücksichtigen, was indes keine zeitliche Leistungslimitierung begründet. Eine „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ i.S. der höchstrichterlichen Rechtsprechung (s. dazu nur BSG 11.12.2019, B 13 R 7/18 R, in juris, Rn. 37, 49) liegt nicht allein deshalb vor, weil (ggf. auch eine Vielzahl) qualitativer Leistungseinschränkungen gegeben sind. Diese müssten vielmehr über das Erfordernis einer leichten Arbeit hinausgehen und sich gerade aus ihrer Kombination „ungewöhnlich“ auswirken und dabei in ihrer Wirkung einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (z.B. Einarmigkeit) gleichkommen (BSG a.a.O.). Im Falle der Klägerin kann davon auf der Grundlage der eingeholten Gutachten keinerlei Rede sein. Ohnehin würde auch eine derartige „Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen“ nicht per se zur Annahme einer Erwerbsminderung führen, sondern lediglich zur Benennungspflicht einer konkreten Verweisungstätigkeit (statt vieler nur BSG 14.12.1998, B 5 RJ 184/98 B, in juris, Rn. 6 ff. m.w.N., st. Rspr.).
Vorliegend bedarf es einer solchen Benennung hingegen gerade nicht (vgl. BSG 14.09.1995, 5 RJ 50/94, in juris, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für eine auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Versicherte wie der Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, s.o., vgl. dazu auch BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; BSG 27.04.1982, 1 RJ 132/80, in juris). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Diese zur früheren Rechtslage entwickelten Grundsätze sind auch für Ansprüche auf Renten wegen Erwerbsminderung nach dem ab dem 01.01.2001 geltenden Recht weiter anzuwenden (vgl. zuletzt BSG 11.12.2019, B 13 R 7/18 R, in juris). Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen (s.o.) im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Bei der Klägerin liegt namentlich auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung in Gestalt einer Einschränkung ihrer Wegefähigkeit (vgl. dazu nur BSG 12.12.2011, B 13 R 79/11 R, in juris, Rn. 20 m.w.N.) vor. Derartiges haben alle drei Sachverständigen verneint und die Klägerin fährt ohnehin Pkw, gerade auch, um ihre innehabende Arbeitsstelle zu erreichen.
Der medizinische Sachverhalt ist namentlich durch die vorhandenen Sachverständigengutachten hinreichend aufgeklärt. Dass die Klägerin demnächst an der (linken) Hand operiert wird, führt nicht dazu, dass der Behandlungs- und Heilungsverlauf zunächst abzuwarten wäre. Unabhängig davon, dass der Senat nicht zuwarten muss, bis ein Kläger möglicherweise in eine Erwerbsminderung „hineinwächst“, spielt es im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung keine entscheidende Rolle, ob wegen Krankheit oder Behinderung weiter Behandlungsbedürftigkeit oder - auch häufige - Arbeitsunfähigkeit besteht (BSG 31.10.2012, B 13 R 107/12 B, in juris, Rn. 15 m.w.N.) und eine Erwerbsminderung ist ohnehin nur dann anzunehmen, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung im oben dargelegten Sinne „auf nicht absehbare Zeit“ (§ 43 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 SGB VI) vorliegt, wenn sie sich also voraussichtlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erstreckt (vgl. dazu nur BSG 23.03.1977, 4 RJ 49/76, in juris, Rn. 14 ff.). Eine solche quantitative Leistungslimitierung besteht bei der Klägerin indes (bis) zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gerade nicht, was oben im Einzelnen ausgeführt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 1826/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3609/21
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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