B 6 KA 1/22 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 96/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 69/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 1/22 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Der Bewertungsausschuss Ärzte war nicht verpflichtet, die rückwirkend angehobene Bewertung von zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Richtlinien-Psychotherapie auf die zwar zeitgebundenen, aber nicht antrags- und genehmigungspflichtigen

 

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts NordrheinWestfalen vom 30. Juni 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.


G r ü n d e :

I

1
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen der Gebührenordnungspositionen (GOP) 30931 (Probatorische Sitzung) und 30932 (Neuropsychologische Therapie <Einzelbehandlung>) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBMÄ) im Quartal 2/2013.

2
Die Klägerin ist eine aus zwei psychologischen Psychotherapeutinnen bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Beide Psychotherapeutinnen verfügten im Quartal 2/2013 über die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Verhaltenstherapie nach der Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarung) und außerdem über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen der neuropsychologischen Therapie (EBMZiffern 30930 bis 30935) gemäß Nr 19 der Anlage I "Anerkannte Untersuchungs und Behandlungsmethoden" der Richtlinie zu Untersuchungs und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, im Folgenden: MVV).

3
Den gegen den Honorarbescheid für das Quartal 2/2013 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin eine höhere Vergütung für die erbrachten neuropsychologischen Leistungen geltend machte, wies die Beklagte zurück. Klage (Urteil des SG vom 20.6.2018) und Berufung der Klägerin sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des LSG vom 30.6.2021). Das LSG hat zur Begründung im Wesentlichen aufgeführt: Entgegen der Ansicht der Klägerin verstoße der EBMÄ bezogen auf die Bewertung der GOP 30931 und 30932 EBMÄ nicht gegen höherrangiges Recht. Der (erweiterte) Bewertungsausschuss (<e>BewA) habe bei der Ausgestaltung des EBMÄ einen weiten Gestaltungsspielraum, der von der Rechtsprechung zu respektieren sei. Zusätzlich sei zu beachten, dass das BSG dem BewA im Falle einer Neuregelung komplexer Materien wie der Leistungsbewertung seit jeher erweiterte Ermittlungs, Erprobungs und Umsetzungsspielräume zubillige. Nur wenn von vornherein feststehe, dass ein vom Normgeber für die Regelung der konkreten Materie gewähltes Differenzierungskriterium systemfremd sei und ihm keine sachliche Rechtfertigung innewohne, könne auch der Gesichtspunkt der Erprobungsregelung nicht zur Rechtmäßigkeit der Normgebung führen. Eine Verletzung der Anpassungs und Reaktionspflicht des BewA sei jedenfalls in dem hier maßgeblichen zweiten Quartal nach Einführung der neuropsychologischen Leistungen in den EBMÄ ausgeschlossen. Die dargestellten Vergütungsregelungen des EBMÄ stünden auch mit § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V (in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKVWSG> vom 26.3.2007, BGBl I 378, im Folgenden: aF, heute inhaltlich unverändert als Satz 8) in Einklang. Nach dieser Vorschrift habe die Bewertung für psychotherapeutische Leistungen eine "angemessene" Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Der Gesetzgeber habe den Begriff der psychotherapeutischen Leistungen im Sinne von § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF nicht ausdrücklich definiert. Es sei dem BewA jedoch nicht verwehrt, Sonderregelungen nach § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF auf die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen der sogenannten großen Psychotherapie nach Abschnitt 35.2 EBMÄ zu beschränken. Auch in der fehlenden Erstreckung der rückwirkenden Höherbewertung psychotherapeutischer Leistungen auf die neurologischen GOP liege kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG iVm Art 12 Abs 1 GG. Zwischen den betroffenen psychotherapeutischen und den neuropsychologischen Leistungen bestünden Unterschiede von erheblichem Gewicht, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten. Ein maßgebliches Unterscheidungskriterium sei die Antrags und Genehmigungsbedürftigkeit der Leistungen nach den Richtlinienverfahren im Gegensatz zu dem Therapieverfahren der Neuropsychologie.

4
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 87b Abs 1 Satz 1 iVm § 87 Abs 2, § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF. Die neuropsychologischen Leistungen dürften nicht niedriger als die Leistungen der Richtlinienpsychotherapie vergütet werden. Wegen des deutlich höheren technischen Leistungsanteils mit der Verwendung ua von computergestützten Testverfahren und der daraus folgenden teureren Praxisausstattung müssten die neuropsychologischen Leistungen sogar höher bewertet werden. Die Bewertung der ärztlichen Leistungen habe im EBMÄ auf betriebswirtschaftlicher Basis zu erfolgen. Dabei seien  neben dem angemessenen Arztlohn  die eingesetzten medizinisch-technischen Geräte und die damit verbundenen Kosten zu berücksichtigen. Der (e)BewA habe der Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen einen niedrigeren Produktivitätsfaktor zugrunde gelegt als der Bewertung anderer ärztlicher Leistungen. Daraus folge ein höherer Minutenkostensatz und eine höhere Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen. Diese Höherbewertung sei nicht als Reaktion auf die Genehmigungspflicht der psychotherapeutischen Leistungen erfolgt, sondern wegen der geringeren Produktivität. Neuropsychologische Leistungen benötigten sogar eine noch längere Vor und Nachbereitung mit der Folge einer noch geringeren Produktivität. Daher liege jedenfalls in der geringeren Bewertung eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte. Obgleich sich die Leistungen der neuropsychologischen Therapie und die Therapieverfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie in Bezug auf die behandelten Erkrankungen unterschieden, seien sie in ihrer Grundstruktur identisch. Auch neuropsychologische Leistungen seien psychotherapeutische Leistungen. Sowohl die probatorischen Sitzungen als auch die Einzeltherapien seien mit einer Dauer von mindestens 50 Minuten durchzuführen. Die Qualifikationsanforderungen für die Erbringer neuropsychologischer Leistungen seien sogar höher als für die Erbringung von Richtlinien-Psychotherapie, weil diese zusätzlich über eine neuropsychologische Zusatzqualifikation verfügen müssten. Auch der BewA sei bei der Einführung der neuropsychologischen Leistungen in den EBMÄ von einer inhaltlichen Parallelität ausgegangen, habe dann aber die rückwirkende Erhöhung der Bewertung der Richtlinienpsychotherapie nicht auf die neuropsychologischen Leistungen übertragen. § 87 Abs 2c SGB V verlange die angemessene Vergütung von psychotherapeutischen Leistungen. Entscheidend sei danach die Zeitgebundenheit; die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit neuropsychologischer Leistungen rechtfertige keine geringere Vergütung.

5
Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG NordrheinWestfalen vom 30.06.2021 und des SG Düsseldorf vom 20.06.2018 sowie den Honorarbescheid der Beklagten vom 22.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über das Honorar für die von ihr im Quartal 2/2013 erbrachten neuropsychologischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen 30931 und 30932 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7
Das LSG habe ausführlich und zutreffend begründet, dass die für die genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapie geltende Privilegierung nicht auf die nicht genehmigungspflichtigen neuropsychologischen Leistungen zu übertragen sei. Bei der neuropsychologischen Einzelbehandlung und der neuropsychologischen Probatorik handele es sich nicht um ein weiteres Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie und nicht um psychotherapeutische Leistungen gemäß § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF. Der BewA habe die Privilegierung nach dieser Vorschrift auf genehmigungspflichtige und zeitgebundene Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ beschränken dürfen.

8
Die Beigeladene zu 1. trägt  ohne einen Antrag zu stellen  vor: Die Gerichte hätten den Gestaltungsspielraum des BewA als Normgeber zu respektieren. Dem BewA sei es nicht verwehrt, die Sonderregelung des § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF auf antragspflichtige und zeitgebundene Leistungen der sogenannten großen Psychotherapie nach Abschnitt 35.2 EBMÄ zu beschränken. Die gesetzlich geforderte Privilegierung beziehe sich allein auf die Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen der Richtlinienverfahren. Bei der neuropsychologischen Therapie handele es sich um eine Randleistung, die bundesweit nur von sehr wenigen Leistungserbringern erbracht und abgerechnet würde und die in der BedarfsplanungsRL des GBA keine Berücksichtigung fände. Die neuropsychologische Therapie unterscheide sich von der Psychotherapie im Sinne der Psychotherapie-Richtlinie bereits durch die fehlende Genehmigungsbedürftigkeit. Die rückwirkende Erhöhung der Bewertung für die Richtlinienverfahren habe ihre Grundlage in der Rechtsprechung des BSG zur Privilegierung gerade dieser Leistungen. Auf die Bewertung neuropsychologischer Leistungen sei dies nicht übertragbar.

9
Die Beigeladene zu 2. macht  ebenfalls ohne einen Antrag zu stellen  geltend, dass zwischen psychotherapeutischen und neuropsychologischen Leistungen  trotz der bestehenden inhaltlichen Parallelen  Unterschiede bestünden, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigten: Neurologische Leistungen seien nicht Teil der sogenannten Richtlinien-Psychotherapie und es handele sich auch nicht um antrags und genehmigungsbedürftige Leistungen, sodass die aus § 87 Abs 2c SGB V folgende Stützungsverpflichtung keine Anwendung finde. Die besondere Stützungsbedürftigkeit der antrags und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts 35.2 EBMÄ beruhe darauf, dass es sich um den Kernbereich der psychotherapeutischen Tätigkeit und die wesentliche „Erwerbsgrundlage“ von Psychotherapeuten sowie von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten handele. Eine vergleichbare Funktion komme den neuropsychologischen Leistungen nicht zu und diese fänden auch keine Berücksichtigung in der BedarfsplanungsRL des GBA.


II

10
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat die von der Klägerin im Quartal 2/2013 erbrachten neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ in zutreffender Höhe vergütet.

11
A. Rechtsgrundlagen für die angefochtenen Honorarbescheide sind § 87b SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz  GKVVStG vom 22.12.2011 <BGBl I 2983>, im Folgenden: aF), der EBMÄ in der Fassung des Beschlusses des BewA aus seiner 291. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) zur Aufnahme eines neuen Abschnitts 30.11 in das Kapitel 30 (Neuropsychologische Therapie gemäß der Nr 19 der Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs oder Behandlungsmethoden" der MVV) mit Wirkung zum 1.1.2013 (DÄ 2012, A 2542) sowie der im Quartal 2/2013 geltende HVM der Beklagten.

12
B. Die Klägerin macht im vorliegenden Verfahren weder eine unrichtige Anwendung des HVM der Beklagten noch des EBMÄ geltend, sondern rügt allein eine zu niedrige Bewertung der neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ und den daraus aus ihrer Sicht folgenden zu geringen Honoraranspruch. Wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat, ist eine solche Beschränkung auf ein Teilelement eines Honorarbescheides zulässig (vgl BSG Urteil vom 23.2.2005  B 6 KA 77/03 R  SozR 41500 § 92 Nr 2 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.11.1985  6 RKa 15/84  BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 38). Der geltend gemachte höhere Honoraranspruch hängt hier deshalb allein davon ab, ob die punktzahlmäßige Bewertung der beiden genannten GOP im EBMÄ rechtmäßig ist und ob die Beklagte den beiden genannten GOP zu Recht keine sogenannten Strukturzuschläge zugesetzt hat.

13
C. Die Bewertung der GOP 30931 EBMÄ (Probatorische Sitzung) mit 1755 Punkten und die Bewertung der GOP 30932 EBMÄ (Neuropsychologische Therapie <Einzelbehandlung>) mit 2315 Punkten im Quartal 2/2013 ist nicht zu beanstanden. Die Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 87 Abs 2, § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF, Art 3 Abs 1 GG iVm Art 12 Abs 1 GG.

14
Bei der Bewertung der ärztlichen Leistungen im EBMÄ kommt dem BewA grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum zu (nachfolgend 1.), der allerdings bezogen auf die Bewertung zeitgebundener psychotherapeutischer Leistungen besonderen Einschränkungen unterliegt (nachfolgend 2.). Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Bewertung der zum 1.1.2013 in den EBMÄ eingeführten neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ bezogen auf das hier maßgebende Quartal 2/2013 nicht zu beanstanden (nachfolgend 3.).

15
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats haben die Gerichte die Gestaltungsfreiheit des (e)BewA, wie sie für jede Normsetzung kennzeichnend ist, zu respektieren (vgl BSG Urteil vom 28.5.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42 RdNr 17 f; BSG Urteil vom 28.6.2017  B 6 KA 29/17 R  SozR 42500 § 85 Nr 88 RdNr 12; grundlegend BSG Urteil vom 9.12.2004  B 6 KA 44/03 R  BSGE 94, 50SozR 42500 § 72 Nr 2, RdNr 86 = juris RdNr 99; zuletzt BSG Urteil vom 23.3.2023  B 6 KA 4/22 R  vorgesehen für SozR 4  RdNr 37; jeweils mwN). Die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen beschränkt sich darauf, ob sich diese Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfG Urteil vom 19.03.2003  2 BvL 9/98, ua - BVerfGE 108, 1, 19 = juris RdNr 62), dh in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwG Urteil vom 26.4.2006  6 C 19/05  BVerwGE 125, 384 RdNr 16; zur Honorarverteilungsregelungen der KÄVen vgl auch BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 2/07 R  SozR 42500 § 85 Nr 34 RdNr 15). Der (e)BewA überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind  etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird  oder dass es im Lichte von Art 3 Abs 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BSG Urteil vom 28.6.2017  B 6 KA 29/17 R  SozR 42500 § 85 Nr 88 RdNr 12; BSG Urteil vom 25.11.2020  B 6 KA 31/19 R  SozR 42500 § 87b Nr 28 RdNr 41; jeweils mwN).

16
Sofern eine Norm tatsächliche Umstände zur Grundlage ihrer Regelung macht, erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung insbesondere darauf, ob der (e)BewA  soweit mehrere Arztgruppen betroffen sind  nach einheitlichen Maßstäben verfahren ist und inhaltlich darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, dh ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen orientiert hat und ob sich seine Festsetzung innerhalb des Spektrums der verschiedenen Erhebungsergebnisse hält (BSG Urteil vom 15.5.2002  B 6 KA 33/01 R  BSGE 89, 259, 265 = SozR 32500 § 87 Nr 34 S 193 = juris RdNr 23; BSG Urteil vom 11.10.2017  B 6 KA 37/17 R  BSGE 124, 218 = SozR 42500 § 87 Nr 35, RdNr 35).

17
Dabei darf die gerichtliche Kontrolldichte speziell der Entscheidungen des (e)BewA nicht über-spannt werden. Der an den BewA gerichtete gesetzliche Gestaltungsauftrag zur Konkretisierung der Grundlagen der vertragsärztlichen Honorarverteilung umfasst auch den Auftrag zu einer sinnvollen Steuerung des Leistungsgeschehens in der vertragsärztlichen Versorgung (BSG Urteil vom 16.05.2001  B 6 KA 20/00 R  BSGE 88, 126, 129 = SozR 32500 § 87 Nr 29 S 147 f = juris RdNr 24; BSG Urteil vom 28.5.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSG Urteile vom 28.6.2017  B 6 KA 29/17 R  SozR 42500 § 85 Nr 88 RdNr 14). Hierzu bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, und nur durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verlässlich und effizient vollzogen werden können (vgl BVerfG Urteil vom 19.3.2003  2 BvL 9/98  BVerfGE 108, 1, 19 = juris RdNr 62; BSG Urteil vom 28.05.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42, RdNr 19; BSG Urteil vom 9.4.2008  B 6 KA 40/07 R  BSGE 100, 154SozR 42500 § 87 Nr 16, RdNr 28 mwN). Die gerichtliche Überprüfung eines komplexen und auch der Steuerung dienenden Regelungsgefüges darf sich deshalb nicht isoliert auf die Bewertung eines seiner Elemente beschränken, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung mit in den Blick nehmen (vgl BVerfG Urteil vom 6.3.2007  2 BvR 556/04  BVerfGE 117, 330, 353). Die Richtigkeit jedes einzelnen Elements in einem mathematischen, statistischen oder betriebswirtschaftlichen Sinne ist deshalb nicht Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der gesamten Regelung (vgl BSG Urteil vom 16.5.2001  B 6 KA 20/00 R  BSGE 88, 126, 136 = SozR 32500 § 87 Nr 29 S 155 f; BSG Urteil vom 9.4.2008  B 6 KA 40/07 R  BSGE 100, 154SozR 42500 § 87 Nr 16, RdNr 19).

18
2. Für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gelten nach § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF besondere Vorgaben. Danach hat die Bewertung für psychotherapeutische Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten. Nach § 87b Abs 2 Satz 3 SGB V (in der hier noch maßgebenden Fassung des GKVVStG, seit der Änderung durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung  GKVVSG  vom 16.7.2015, BGBl I, 1211, 1221, inhaltlich unverändert Satz 4) sind zudem in den Verteilungsmaßstäben der KÄVen Regelungen zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Vorgaben ua zu dieser Regelung hat die KBV im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Teil C der ab 1.4.2013 geltenden "Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gemäß § 87b Abs 4 SGB V zur Honorarverteilung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen" auf der Grundlage des § 87b Abs 4 Satz 2 SGB V idF des GKVVStG getroffen.

19
3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Bewertung der zum 1.1.2013 in den EBMÄ eingeführten neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ bezogen auf das hier maßgebende Quartal 2/2013 nicht zu beanstanden. Der BewA hat sich bei der Einführung der neuropsychologischen GOP (Abschnitt 30.11 EBMÄ) in den EBMÄ an der damals geltenden Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ orientiert (nachfolgend a) und bei den neuropsychologischen Leistungen handelt es sich auch um psychotherapeutische Leistungen für die nach § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten ist (nachfolgend b). Daraus folgt indes nicht, dass es dem (e)BewA verwehrt gewesen wäre, im Quartal 2/2013 bei der Höhe der Vergütung zwischen antrags und genehmigungsbedürftigen zeitgebundenen Leistungen und solchen zeitgebundenen Leistungen, die nicht antrags und genehmigungsbedürftig sind, zu differenzieren (nachfolgend c). Insbesondere bestand keine Verpflichtung, die mit Beschluss des (e)BewA in seiner 43. Sitzung mit Beschluss vom 22.9.2015 (DÄ 2015, A1739) und die mit Beschluss des BewA in seiner 436. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung, DÄ 2019, A 971) erfolgte rückwirkende Erhöhung der Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ und deren Ergänzung um einen Strukturzuschlag auch auf die neuropsychologischen Leistungen nach Abschnitt 30.11 EBMÄ zu übertragen (nachfolgend d).

20
a) Abschnitt 30.11 EBMÄ mit den darin enthaltenen GOP 30931 und 30932 EBMÄ ist mit Wirkung zum 1.1.2013 in den EBMÄ eingeführt worden (Beschluss des BewA nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGB V in seiner 291. Sitzung <schriftliche Beschlussfassung>, DÄ 2012, A 2542). Damit hat der BewA der Aufnahme der neuropsychologischen Therapie in die Anlage I MVV Rechnung getragen (Anfügung einer Anlage I Nr 19 MVV mit Beschluss des GBA vom 24.11.2011, BAnz Nr 31 S 747). Hintergrund der Aufnahme der neuropsychologischen Therapie in Anlage I MVV war wiederum ein Gutachten des Beirats Psychotherapie nach § 11 PsychThG (DÄ 2008, A 702) in dem diese Therapie auf der Grundlage neuerer Studien "für den Anwendungsbereich, Hirnorganische Störungen bei Erwachsenen als ein theoretisch und empirisch hinreichend fundiertes und damit wissenschaftlich anerkanntes Therapieverfahren anzusehen ist." Der Beirat hielt damit nicht mehr an der Bewertung aus seinem Gutachten vom 8.6.2000 (DÄ 2000, A 2189) fest, in dem die Wirksamkeit allein für das Funktionstraining bezogen auf basale kognitive Funktionen als belegt angesehen worden war (vgl dazu BSG Urteil vom 26.9.2006  B 1 KR 3/06 R  SozR 42500 § 27 Nr 10 RdNr 30). Demnach lagen ausreichende Wirksamkeitsbelege für die neuropsychologische Therapie bei der Diagnosegruppe F0 nach ICD10 (organische, einschließlich symptomatische psychische Störungen) vor. Der Wissenschaftliche Beirat bestätigte damit, dass die neuropsychologische Therapie für den Anwendungsbereich 12 (hirnorganische Störungen) insgesamt eine wissenschaftlich anerkannte Psychotherapiemethode sei. Da jedoch nur für einen Anwendungsbereich eine Indikation bestehe, könne sie nicht als Psychotherapieverfahren für die Ausbildung empfohlen werden. Aufgrund des Ergebnisses der Prüfung des therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit durch den GBA erfolgte schließlich die Aufnahme der neuropsychologischen Behandlung als Nr 19 in die Anlage I MVV (Anerkannte Untersuchungs oder Behandlungsmethoden“) mit Beschluss vom 24.11.2011 (BAnz 2012 Nr 31 S 747).

21
Bei der Bewertung der mit Wirkung vom 1.1.2013 neu eingeführten GOP 30931 (Probatorische Sitzung), 30932 (Neuropsychologische Therapie <Einzelbehandlung>) und 30933 EBMÄ (Neuropsychologische Therapie <Gruppenbehandlung>) für die neuropsychologische Therapie hat sich der BewA "an bereits bestehenden Gebührenordnungspositionen des Kapitels 35 EBMÄ" orientiert (vgl die im Internet auf der Seite des BewA veröffentlichten Entscheidungserheblichen Gründe zum Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 291. Sitzung <schriftliche Beschlussfassung>) und ordnete den im vorliegenden Verfahren streitigen GOP 30931 und 30932 EBMÄ zunächst die gleichen Punktzahlen zu wie den in Abschnitt 35.2 EBMÄ geregelten entsprechenden Leistungen in den Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie (1755 Punkte für die Probatorische Sitzung, 2315 Punkte für die Einzelbehandlung, bei einer Dauer von jeweils mindestens 50 Minuten). Während die Punktzahlen für die Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ später rückwirkend angehoben und um einen Strukturzuschlag ergänzt wurden (vgl dazu unten 3. d), RdNr 38), wurden diese Erhöhungen bis zum Ende des Jahres 2018 nicht auf die neuropsychologischen GOP übertragen.

22
b) Im Grundsatz zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass die aus § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF folgenden Vorgaben, nach der die Bewertung für psychotherapeutische Leistungen eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten hat, auch auf die neuropsychologischen Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ zu beziehen sind.

23
Bei den Leistungen nach GOP 30931 und 30932 EBMÄ handelt es sich um psychotherapeutische Leistungen iSd § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF. Nach dem ergänzenden Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie nach § 11 PsychThG vom 31.1.2008, auf das die Einführung des Abschnitts 30.11 EBMÄ zurückgeht (vgl oben a, RdNr 20) handelt es sich bei der neuropsychologischen Therapie um eine wissenschaftlich anerkannte Psychotherapiemethode. Das wird durch die aktuelle Musterweiterbildungsordnung Psychotherapeut*innen (Fassung der Beschlüsse des 38. Deutschen Psychotherapeutentages in Berlin <digital> am 24. April 2021 zuletzt geändert auf dem 41. Deutschen Psychotherapeutentag in Berlin am 18. und 19. November 2022) bestätigt, in der die neurologische Psychotherapie als eigenes Gebiet geführt wird mit der Maßgabe, dass sowohl die systemische Therapie als auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie sowie die Verhaltenstherapie (nicht jedoch die analytische Psychotherapie) jeweils "im Rahmen der Neuropsychologischen Psychotherapie" durchgeführt werden können.


24
Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF die in der Psychotherapie-Richtlinie geregelten Psychotherapien und nicht die in Anlage I Nr 19 MVV geregelte Neuropsychologische Therapie im Blick gehabt habe. In den Gesetzgebungsmaterialien (vgl den Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 1.2.2007, BTDrucks 16/4247, S 39 zu § 87 Abs 2c) werden die Vorgaben aus dem neuen § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF allgemein auf "psychotherapeutische Leistungen" bezogen. Zwar konnten damit nur die bereits in der Zeit des damaligen Gesetzgebungsverfahrens im EBMÄ enthaltenen Therapieverfahren gemeint sein, zu denen die erst zum 1.1.2013 in den EBMÄ aufgenommene neuropsychologische Therapie noch nicht gehörte. § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF nimmt jedoch nicht statisch auf die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens zum 1.4.2007 in der vertragsärztlichen Versorgung abrechenbaren psychotherapeutischen Leistungen Bezug, sondern ist offen auch für die später neu in den EBMÄ aufgenommene Therapieverfahren und bezieht diese seitdem ein. Insofern kann für die mit Beschluss des GBA vom 24.11.2011 (BAnz Nr 31 S 747) mit Wirkung zum 24.2.2012 in die Anlage I der MVV und zum 1.1.2013 in den EBMÄ aufgenommene neuropsychologische Therapie ersichtlich nichts anderes gelten als für die Systemische Therapie, die mit Beschluss des GBA vom 22.11.2019 (BAnz AT 23.1.2020 B4) mit Wirkung zum 24.1.2020 in die Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen worden und mit Wirkung zum 1.7.2020 (Beschluss des eBewA in seiner 66. Sitzung am 10.6.2020, DÄ 2020, A 1402) im EBMÄ abgebildet worden ist.

25
Auch der Umstand, dass die Leistungen nach den GOP 30931 und 30932 EBMÄ  im Gegensatz zur Einzeltherapie in einem Therapieverfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie  nicht antrags und genehmigungsbedürftig sind, hat nicht zur Folge, dass die Vorgaben aus § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF von vornherein unbeachtlich wären. Der mit dem GKVWSG eingeführte (und mit dem GKVVStG um Regelungen zur Honorarverteilung in § 87b Abs 2 Satz 3 SGB V ergänzte) § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF hat die Funktion des bis zum 31.12.2011 geltenden § 85 Abs 4 Satz 4, Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V übernommen (vgl BSG Urteil vom 28.5.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42 RdNr 53; Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines GKVWSG, BTDrucks 16/4247, S 39: "Eine entsprechende Spezialvorschrift für psychotherapeutische Leistungen existiert auch im geltenden Recht <§ 85 Abs 4>"). Danach hatte der BewA für die KÄVen, die in ihren Verteilungsmaßstäben eine angemessene Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit gewährleisten mussten (§ 85 Abs 4 Satz 4 SGB V aF), den Inhalt der von ihnen zu treffenden Regelungen zu normieren (§ 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V aF). Mit der Einführung von § 85 Abs 4 Satz 4, Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V aF hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BSG reagiert, nach der die KÄVen zur Stützung der genehmigungsbedürftigen und zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten verpflichtet waren. Zur Begründung hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Psychotherapeuten diese den Kernbereich ihrer Tätigkeit betreffenden Leistungen kaum vermehren können, sodass jeder Punktwertrückgang bei voll ausgelasteten Psychotherapeuten zu einem nicht kompensierbaren Umsatzrückgang führt (BSG Urteil vom 20.1.1999  B 6 KA 46/97 R  BSGE 83, 205, 213 = SozR 32500 § 85 Nr 29 S 211, 220 = juris RdNr 40; BSG Urteil vom 25.8.1999  B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235, 244 = SozR 32500 § 85 Nr 33 S 250, 259 f). In der Gesetzesbegründung (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 <GKVGesundheitsreform 2000>, BTDrucks 14/1977, S 165) zur Einführung des § 85 Abs 4 Satz 4, Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V aF sind diese Gesichtspunkte aufgegriffen worden. Obwohl das BSG in den genannten Entscheidungen eine Punktwertstützung nur für diejenigen zeitgebundenen Leistungen gefordert hatte, die auch genehmigungsbedürftig sind, hat eine entsprechende Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift allein auf diese Leistungen in der Gesetz gewordenen Fassung keinen Ausdruck gefunden (BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38 RdNr 13). Diese stellt mit der Vorgabe, dass eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten ist, vielmehr nur auf die Zeitgebundenheit der psychotherapeutischen Leistungen ab, ohne das weitere vom BSG genannte Merkmal der "Genehmigungsbedürftigkeit" aufzugreifen. Für die hier maßgebende Regelung in § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF, die die Funktion des zuvor geltenden § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V übernehmen sollte und die nach ihrem insoweit unveränderten Wortlaut allein die Zeitgebundenheit, nicht jedoch die Genehmigungsbedürftigkeit der psychotherapeutischen Leistung voraussetzt, kann ersichtlich nichts anderes gelten (so auch Hamdorf in Hauck/Noftz, SGB V, § 87 RdNr 193, Stand Februar 2021; vgl auch Altmiks in Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 87 SGB V RdNr 15, § 87b SGB V RdNr 31; ebenso, jedoch erst für die Zeit seit der Änderung der Psychotherapie-Richtlinie des GBA zum 16.2.2017: Weinrich in Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, 2. Aufl 2018, § 87 SGB V RdNr 40; ähnlich auch SG Berlin Urteil vom 29.7.2020  S 83 KA 158/19  juris RdNr 40). Der Regelungsbereich des § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF ist also nicht von vornherein auf solche zeitgebundenen psychotherapeutischen Leistungen beschränkt, die auch antrags und genehmigungsbedürftig sind.

26
c) Aus dem Umstand, dass es sich bei den neuropsychologischen Leistungen um psychotherapeutische Leistungen handelt, für die nach § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit zu gewährleisten ist, folgt indes nicht, dass der (e)BewA verpflichtet gewesen wäre die Vergütung der zeitgebundenen neuropsychologischen Leistungen nach der GOP 30931 EBMÄ (Probatorische Sitzung) und GOP 30932 EBMÄ (Neuropsychologische Therapie <Einzelbehandlung>) im hier maßgebenden Quartal 2/2013 genau in derselben Höhe wie die entsprechenden Leistungen der sog Richtlinienpsychotherapie zu bewerten. Die Frage, wann die Höhe der Vergütung als nicht mehr angemessen iS des § 87 Abs 2c Satz 6 SGB V aF anzusehen ist, kann nur auf der Grundlage der dazu in der Rechtsprechung des BSG entwickelten und durch den Gesetzgeber mit der Einführung dieser Regelung bestätigten Kriterien beantwortet werden (so auch Hamdorf in Hauck/Noftz, SGB V, § 87 RdNr 194, Stand Februar 2021; ähnlich Freudenberg in Schlegel/Voelzke, jurisPKSGB V, 4. Aufl 2020, § 87 RdNr 237; ebenso zum Tatbestandsmerkmal der "angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V aF: BSG Urteil vom 28.1.2004  B 6 KA 52/03 R  BSGE 92, 87SozR 42500 § 85 Nr 8 RdNr 23, 32; bezogen auf die neuropsychologische Therapie vgl SG Berlin Urteil vom 29.7.2020  S 83 KA 158/19  juris RdNr 28 ff).

27
Zwar gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten zwischen den neuropsychologischen Leistungen und den Leistungen nach den Psychotherapieverfahren, die Gegenstand der Psychotherapie-Richtlinie sind (nachfolgend aa). Ein im vorliegenden Zusammenhang wesentlicher Unterschied bestand jedoch im Quartal 2/2013 darin, dass die Erbringung und Abrechnung der psychotherapeutischen Einzelbehandlung in einem Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie eine Genehmigung durch die Krankenkasse voraussetzte, während eine solche Antrags- und Genehmigungspflicht für die neuropsychologischen Leistungen nicht besteht (nachfolgend bb).

28
aa) Wie oben dargelegt (3 b>, RdNr 23) handelt es sich bei der neuropsychologischen Therapie um eine psychotherapeutische Leistung. Zudem dürfen sowohl ärztliche als auch psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten neuropsychologische Therapien nur erbringen, wenn sie über die fachliche Befähigung in einem der og Verfahren bzw Behandlungsformen nach der Psychotherapie-Richtlinie verfügen (Anlage I Nr 19 § 6 Abs 2 Nr 2 bis 4 MVV). Ferner wird für die Erbringung von Leistungen der neuropsychologischen Therapie nach Anlage I Nr 19 § 6 Abs 2 MVV eine neuropsychologische Zusatzqualifikation vorausgesetzt, sodass die Qualifikationsanforderungen die für die Richtlinienverfahren geltenden Anforderungen noch überschreiten. Ähnlich wie bei der Therapie in einem Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie wird die neuropsychologische Therapie als Einzel oder Gruppenbehandlung durchgeführt (für die neupsychologische Behandlung: Anlage I Nr 19 § 7 Abs 6 Nr. 2 und 3 MVV; für die Psychotherapie: §§ 18, 19 Psychotherapie-Richtlinie aF, heute: §§ 21, 22). Vor Beginn der Therapie sind nach Anlage I Nr 19 § 7 Abs 6 Nr 1 MVV für die Diagnostik und zur spezifischen Indikationsstellung bis zu fünf probatorische Sitzungen möglich. Die gleiche Zahl von probatorischen Sitzungen können nach § 23a Abs 1 Nr 1 Psychotherapie-Richtlinie vor der Beantragung der Verhaltenstherapie durchgeführt werden (bei der analytischen Psychotherapie: bis zu 8 probatorische Sitzungen). Auch bezogen auf Zahl und Dauer der Therapieeinheiten orientiert sich die neuropsychologische Therapie (Anlage I Nr 19 § 7 Abs 6 Nr 2: bis zu 60 Behandlungseinheiten à 50 Minuten) erkennbar an den Vorgaben aus der Psychotherapie-Richtlinie für die Verhaltenstherapie (§ 23b Abs 1 Nr 3, 5 und 7, Abs 2 Psychotherapie-Richtlinie aF: bis zu 45, in besonderen Fällen bis zu 60 "Therapiestunden" à 50 Minuten). Die inhaltliche Nähe zwischen der Psychotherapie nach der Psychotherapie-Richtlinie und der Neuropsychologie kommt auch in Nr 3 der Präambel zu Abschnitt 30.11 EBMÄ (Neuropsychologische Therapie gemäß der Nr 19 der Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" der Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung" des GBA) zum Ausdruck. Danach sind die neuropsychologischen GOP neben denen der Richtlinien-Psychotherapie nach Abschnitt 35.2 EBMÄ nur berechnungsfähig, wenn durch den behandelnden Arzt dargelegt wird, dass der Einsatz von Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie aufgrund eines über die Indikationsstellung für die Neuropsychologie hinausgehenden Krankheitsbildes indiziert ist und durch den Einsatz einer parallelen Behandlung mit Leistungen nach den Psychotherapie-Richtlinien ein Heilungserfolg zu erzielen ist, der mit der neuropsychologischen Behandlung alleine nicht erreicht werden könnte. Eine "Parallelbehandlung" ist also nur unter besonderen Voraussetzungen möglich.

29
Daraus folgt auch, dass die neuropsychologische Einzeltherapie nach GOP 30932 EBMÄ zu den Leistungen gehört, die den Kernbereich (vgl dazu BSG Urteil vom 28.1.2004  B 6 KA 52/03 R  BSGE 92, 87SozR 42500 § 85 Nr 8, RdNr 25; BSG Urteil vom 28.6.2017  B 6 KA 29/17 R  SozR 42500 § 85 Nr 88 RdNr 17) der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit bilden. Dem steht auch nicht entgegen, dass die erst im Quartal 1/2013 in den EBMÄ eingeführten, auf eine eng begrenzten Indikation (hirnorganische Störung) ausgerichteten und eine besondere Qualifikation voraussetzenden Leistungen im hier maßgebenden Quartal 2/2013 nur von einer geringen Zahl von Therapeuten angeboten worden sind. Die Vergütung dieser Leistung prägt die Ertragssituation der Psychotherapeuten, die über die erforderliche neuropsychologische Zusatzweiterbildung verfügen und diese Leistungen allein oder neben den Leistungen nach der Psychotherapie-Richtlinie erbringen. Bei der Klägerin betrug der Anteil der neuropsychologischen Leistungen am gesamten Honorar im Quartal 2/2013 immerhin fast ein Viertel.

30
bb) Aus den aufgezeigten Parallelen einschließlich der Zugehörigkeit der neuropsychologischen Therapie zu den Kernbereichsleistungen der Psychotherapeuten folgt jedoch kein Anspruch auf identische Vergütung. Das ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung des Senats zur Vergütung probatorischer Sitzungen. Auch diese zeitgebundenen Leistungen hat der Senat dem Kernbereich psychotherapeutischer Leistungen zugeordnet (BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.3.2015  B 6 KA 13/14 R  BSGE 118, 201 = SozR 42500 § 85 Nr 83, RdNr 25), ohne daraus jedoch zu folgern, dass sie deshalb den auch genehmigungspflichtigen Leistungen bezogen auf die Höhe der Vergütung vollständig gleichgestellt werden müssten (st Rspr; BSG Urteil vom 25.8.1999  B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235SozR 32500 § 85 Nr 33, RdNr 33; BSG Urteil vom 12.9.2001  B 6 KA 58/00 R  BSGE 89, 1SozR 32500 § 85 Nr 41, RdNr 30; BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38, RdNr 15 f; BSG Urteil vom 28.5.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42, RdNr 54 ff).

31
Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Zahl der neuropsychologischen Behandlungseinheiten gemäß Anlage 1 Nr 19 § 7 Abs 6 Nr 2 bis 5 MVV begrenzt werde und dass Psychotherapeuten deshalb auch diese Leistungen zahlenmäßig nicht ausweiten könnten. Die Klägerin übersieht, dass eine Begrenzung der Zahl der Therapieeinheiten auch nach der Psychotherapie-Richtlinie für die dort geregelten Therapieverfahren gilt. Die Erbringung und Abrechnung von Psychotherapien ist nach der Psychotherapie-Richtlinie jedoch zusätzlich von der Genehmigung durch die Krankenkasse abhängig. Der Senat hat in stRspr darauf hingewiesen, dass sich die Psychotherapie in einem Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie von allen anderen ärztlichen Leistungen gerade durch die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungspflicht unterscheidet (BSG Urteil vom 25.8.1999  B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235SozR 32500 § 85 Nr 33, RdNr 33; BSG Urteil vom 26.1.2000  B 6 KA 4/99 R  SozR 32500 § 85 Nr 35 S 276 = juris RdNr 19; BSG Urteil vom 28.1.2004  B 6 KA 52/03 R  BSGE 92, 87SozR 42500 § 85 Nr 8, RdNr 24; BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f; BSG Urteil vom 28.6.2017  B 6 KA 29/17 R  SozR 42500 § 85 Nr 88 RdNr 17 ff). Da der Therapeut die Leistungen nicht ohne Genehmigung der Krankenkasse erbringen kann, kann er solche Leistungen auch nur in eng begrenztem Maße vermehren und weder seinen Leistungsumfang noch die abrechenbare Punktmenge allein nach eigener Entscheidung nachhaltig beeinflussen (BSG Urteil vom 25.8.1999  B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235SozR 32500 § 85 Nr 33, RdNr 33; BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38 RdNr 16; BSG Urteil vom 12.9.2001  B 6 KA 58/00 R  BSGE 89, 1SozR 32500 § 85 Nr 41 RdNr 30). Zwar ist nicht zu verkennen, dass auch die Erbringung neuropsychologischer Behandlungen Beschränkungen unterliegt, in dem die Feststellung der Indikation nach § 5 Abs 1 Anlage 1 Nr 19 MVV von dem Ergebnis einer zweistufigen Diagnostik abhängig gemacht wird und in dem vorgegeben wird, dass diese Stufendiagnostik im Rahmen einer Behandlung nicht von demselben Leistungserbringer erbracht werden darf. Diese Vorgabe wirkt  wie das LSG bereits zutreffend dargelegt hat  ähnlich wie ein Überweisungsvorbehalt. Daraus folgt jedoch keine mit einer Genehmigungspflicht vergleichbare Beschränkung, die die Leistungen von fast allen anderen vertragsärztlichen Leistungen unterscheiden würde.

32
Zwar verliert die Antrags- und Genehmigungspflicht als Unterscheidungsmerkmal für die Bewertung der prägenden psychotherapeutischen Leistungen seit einigen Jahren an Gewicht. So hat der eBewA mit Beschluss vom 29.3.2017 (50. Sitzung, DÄ 2017, A 1273) mWv 1.4.2017 die nicht antrags und genehmigungsbedürftige psychotherapeutische Sprechstunde (GOP 35151 EBMÄ) und die psychotherapeutische Akutbehandlung (GOP 35152 EBMÄ)  nicht jedoch die probatorischen Sitzungen  je Zeiteinheit mit gleicher Punktzahl (mindestens 25 Minuten, 421 Punkte) wie die antrags und genehmigungspflichtigen Einzeltherapien (50 Minuten, 841 Punkte) bewertet und dazu in den im Internet auf der Seite des Instituts des BewA veröffentlichten Gründen ausgeführt: "Obwohl es sich nicht um genehmigungspflichtige Leistungen handelt, erfolgt die Bewertung dieser Leistungen auf Basis der Leistungsbewertungen der antrags und genehmigungspflichtigen Einzeltherapieleistungen gemäß Abschnitt 35.2 EBM". Zudem bestimmt der mit dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vom 15.11.2019 (BGBl I, 1604) eingeführte § 92 Abs 6a Satz 5 SGB V, dass für Gruppenbehandlung ab dem 23.11.2019 kein Gutachterverfahren mehr stattfindet. Damit ist die Genehmigungspflicht bezogen auf die Gruppenbehandlung, die auch im Rahmen der neuropsychologischen Therapie erbracht und abgerechnet werden kann (GOP 30933 EBMÄ) inzwischen kein geeignetes Differenzierungskriterium mehr. Nach § 92 Abs 6a Satz 6 SGB V hat der GBA darüber hinausgehend sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Abs 2a SGB V eingeführt hat.

33
cc) Die dargestellte Entwicklung betrifft indes nicht das hier maßgebende Quartal 2/2013. Jedenfalls bezogen auf den Zeitraum bis zur Abschaffung der Antrags und Genehmigungspflicht für die Gruppenbehandlung hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, nach der die besonderen Vorgaben zur Angemessenheit der Vergütung uneingeschränkt allein auf die sowohl antragspflichtigen als auch genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen zu beziehen sind und dass eine abweichende Vergütung psychotherapeutischer Leistungen, die zwar zeitgebunden aber nicht genehmigungsbedürftig sind, dem entsprechend nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art 3 Abs 1 GG verstößt (vgl BSG Urteil vom 29.8.2007  B 6 KA 35/06 R  SozR 42500 § 85 Nr 38 RdNr 15 f; BSG Urteil vom 28.5.2008  B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42, RdNr 55; vgl auch BSG Urteil vom 11.10.2017  B 6 KA 37/17 R  BSGE 124, 218 = SozR 42500 § 87 Nr 35, RdNr 61 mwN, teilweise aufgehoben, jedoch nur im Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen genehmigungsbedürftigen Leistungen und anderen Leistungen der Psychotherapeuten beim Auslastungsgrad als Faktor für die Höhe des sogenannten Strukturzuschlags, soweit dieser rückwirkend eingeführt wurde: BVerfG Kammerbeschluss vom 20.3.2023  1 BvR 669/18, 1 BvR 732/18  juris RdNr 17 ff, Revisionen beim BSG anhängig unter Az B 6 KA 6/23 R und B 6 KA 7/23 R). Damit kann die Unterscheidung zwischen der neuropsychologischen Einzeltherapie und der Einzeltherapie in einem Verfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht willkürlich sein. Wegen der Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit unterschieden sich die psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ im hier maßgebenden Zeitraum von allen anderen vertragsärztlichen Leistungen (BSG Urteil vom 28.11.2007  B 6 KA 23/07 R  SozR 42500 § 85 Nr 36 RdNr 10); wo diese beiden Kriterien nicht kumulativ erfüllt waren, unterschieden sich die Bedingungen der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht so grundlegend von anderen ärztlichen Tätigkeiten, dass die in der Rechtsprechung des Senats entwickelten besonderen Vorgaben zur Vergütungshöhe erforderlich wären (mit Bezug auf den ehemals maßgeblichen Mindestpunktwert von 10 Pfennig: BSG Urteil vom 26.1.2000  B 6 KA 4/99 R  SozR 32500 § 85 Nr 35 RdNr 19; BSG Urteil vom 25.8.1999  B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235SozR 32500 § 85 Nr 33, RdNr 33).

34
dd) Im Übrigen waren die Möglichkeiten des BewA die GOP 30931 und 30932 EBMÄ auf betriebswirtschaftlicher Basis zu bewerten, bezogen auf das hier streitgegenständliche Quartal 2/2013 eingeschränkt, weil diese neuropsychologischen Leistungen erst kurz zuvor  zum 1.1.2013  in den EBMÄ eingeführt worden waren und zunächst auch nur von einer ganz geringen Zahl von Vertragsärzten und psychotherapeuten erbracht wurden. Bei derartigen Neuregelungen komplexer Materien kommt dem Normgeber unter dem Gesichtspunkt der Anfangs und Erprobungsregelung ein erweiterter Gestaltungsspielraum zu, weil sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen und deshalb auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen zunächst hingenommen werden müssen (stRspr; BSG Urteil vom 16.5.2001  B 6 KA 20/00 R  BSGE 88, 126, 137 = SozR 32500 § 87 Nr 29, S 143, 157 = juris RdNr 39; BSG Urteil vom 29.1.1997  6 RKa 3/96  SozR 32500 § 87 Nr 15, S 58, 60 = juris RdNr 14; BSG Urteil vom 8.3.2000  B 6 KA 8/99 R  juris RdNr 23; BSG Urteil vom 11.10.2006  B 6 KA 46/05 R  BSGE 97, 170SozR 42500 § 87 Nr 13, RdNr 24 f, 42; Hamdorf in Hauck/Noftz, SGB V, § 87 RdNr 465, Stand Februar 2021).

35
Dass die Bewertung der neu eingeführten neuropsychologischen Leistungen als Anfangsregelung der weiteren Prüfung und Beobachtung durch den BewA bedurfte, kommt auch in den im Internet auf der Seite des Instituts des BewA veröffentlichten Entscheidungserheblichen Gründen zum Beschluss des BewA in seiner 291. Sitzung zum Ausdruck. Dort wird ausgeführt, dass sich der BewA verpflichtet habe, bis zum 31.12.2015 zu prüfen, ob eine Empfehlung zur Überführung der Leistungen in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung erfolgen könne. Flankierend erfolge eine "Überprüfung der Leistungsentwicklung durch das Institut des Bewertungsausschusses". Auch insofern unterscheiden sich die zum 1.1.2013 eingeführten neuropsychologischen Leistungen von den bereits seit langem im EBMÄ bewerteten Therapien nach der Psychotherapie-Richtlinie.

36
Entgegen der Ansicht der Klägerin war der BewA unter diesen Umständen nicht verpflichtet, die Betriebskosten zu ermitteln, die bei der Erbringung neuropsychologischer Leistungen durch den Einsatz computergestützter Testverfahren und die dadurch erforderliche Ausstattung der Praxis ua mit einem PC-Arbeitsplatz entstehen. Durch die Übernahme der Punktzahlen aus den Therapieverfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie ist die Klägerin insofern begünstigt, als dieser Bewertung das in der Rspr speziell für die sowohl zeitgebundenen als auch genehmigungspflichtigen Leistungen entwickelte Berechnungsmodell zugrunde liegt. Ausgangspunkt dieser Berechnung ist die Vorgabe, dass Vertragspsychotherapeuten, die gesetzlich Versicherte im Rahmen einer voll ausgelasteten Praxis behandeln, in der Lage sein müssen, einen Honorarüberschuss in gleicher Höhe wie andere fachärztliche Arztgruppen im unteren Einkommensbereich zu erzielen (BSG Urteil vom 28.1.2004  B 6 KA 52/03 R  BSGE 92, 87SozR 42500 § 85 Nr 8, RdNr 34). Nach dem mit Urteil vom 25.8.1999 (B 6 KA 14/98 R  BSGE 84, 235, 239 ff = SozR 32500 § 85 Nr 33 S 255 ff) vom Senat entwickelten Berechnungsmodell war dabei von einer Belastungsgrenze für einen vollzeittätigen Psychotherapeuten von wöchentlich 36 zeitabhängig zu erbringenden  antrags und genehmigungspflichtigen  psychotherapeutischen Sitzungen von mindestens 50minütiger Dauer auszugehen, die in 43 Kalenderwochen im Jahr erbracht werden können. Daraus folgte eine von der Berechnung aller anderen ärztlichen Leistungen abweichende Ermittlung des Werts der antrags und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen im EBMÄ (vgl BSG Urteil vom 24.10.2018  B 6 KA 42/17 R  BSGE 127, 43 = SozR 42500 § 106a Nr 19, RdNr 17; BSG Urteil vom 25.1.2017  B 6 KA 6/16 R  SozR 42500 § 87b Nr 9 RdNr 31; vgl auch Steinhilper, VSSR 2000, 349, 360 f). Die von der Klägerin in der Revisionsbegründung vertretene Auffassung, dass kein Zusammenhang zwischen dieser besonderen Berechnungsweise und der Genehmigungspflicht der psychotherapeutischen Leistungen bestünde, trifft also nicht zu. Der Frage, ob die Punktzahl im Bereich der neuropsychologischen Leistungen im Hinblick auf den größeren Anteil technischer Leistungen und einer daraus folgenden höheren Stundenzahl bis zu Erreichung der Vollauslastung oder durch einen größeren Anteil der (im EBMÄ niedriger bewerteten) übenden Verfahren niedriger anzusetzen ist als bei den Therapien nach der Psychotherapie-Richtlinie oder ob die neuropsychologische Therapie  wie es die Klägerin fordert  umgekehrt wegen der Kosten, die durch den erforderlichen Einsatz von technischen Geräten entstehen, sogar höher zu bewerten ist, brauchte der BewA jedenfalls in der Anfangszeit unmittelbar nach Einführung der neuropsychologischen Leistungen in den EBMÄ nicht nachzugehen. Im Übrigen umfasst der Gestaltungsauftrag des BewA auch die Aufgabe, das Leistungsgeschehen sinnvoll zu steuern. Wie bereits ausgeführt (oben 1., RdNr 17) bedarf es komplexer Kalkulationen, Bewertungen, Einschätzungen und Prognosen, die nicht jeden Einzelfall abbilden können, sondern notwendigerweise auf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen angewiesen sind. Die gerichtliche Prüfung darf deshalb nicht isoliert ein einzelnes Element wie hier die technische Ausstattung der (im Quartal 2/2013 ganz geringen Zahl) neuropsychologischen Praxis bewerten, sondern muss stets auch das Gesamtergebnis der Regelung in den Blick nehmen. Angesichts weitgehend fehlender Erfahrungen bezogen auf die Erbringung neuropsychologischer Therapien im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sprach deshalb viel für die vom BewA für richtig gehaltene Orientierung an der Bewertung der Therapieverfahren nach der Psychotherapie-Richtlinie. Im Übrigen hat der Senat auch nicht zu prüfen, ob der Normgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (vgl BVerfG Beschluss vom 4.4.2001  2 BvL 7/98  BVerfGE 103, 310 <320> = juris RdNr 43; BVerfG Urteil vom 6.3.2007  2 BvR 556/04  BVerfGE 117, 330 = juris RdNr 69). Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, dass der BewA bei der Bewertung der GOP 30931 und 30932 EBMÄ zunächst die zum Zeitpunkt der Einführung der neuropsychologischen GOP geltende Bewertung der entsprechenden Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ übernommen (vgl dazu die im Internet veröffentlichten entscheidungserheblichen Gründe zum Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 291. Sitzung <schriftliche Beschlussfassung>, vgl oben RdNr 35) und identische Punktzahlen festgelegt hat.

37
d) Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus der Orientierung des BewA an der zum Zeitpunkt der Einführung der neuropsychologischen GOP in den EBMÄ geltenden Bewertung der Leistungen nach Abschnitt 35.2 EBMÄ keine Verpflichtung des BewA, die rückwirkende Erhöhung der Bewertung von Leistungen der Richtlinien-Therapien unmittelbar auf die neuropsychologische Therapie nach Abschnitt 30.11 EBMÄ zu übertragen.

38
Auf der Basis des speziell für die antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen entwickelten besonderen Berechnungsmodells hat der Senat mit Urteil vom 28.5.2008 (B 6 KA 9/07 R  BSGE 100, 254SozR 42500 § 85 Nr 42, RdNr 24 ff, 39) "im Rahmen seines Auftrags zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit" darauf hingewiesen, dass es deutliche Hinweise auf eine Steigerung der Betriebskosten psychotherapeutischer Praxen gebe, die eine höhere Bewertung der antrags und genehmigungspflichtigen Leistungen erforderlich machen könnten. Ua auf diesen Hinweis des Senats (vgl S 2 der im Internet auf der Seite des BewA veröffentlichten Entscheidungserheblichen Gründe zum Beschluss des eBewA in seiner 43. Sitzung am 22.9.2015) hat der eBewA mit der Erhöhung der Bewertung von GOP im Abschnitt 35.2 EBMÄ um 2,6909 % und der Einführung der sogenannten Strukturzuschläge (GOP 35251, 35252, 35253 EBMÄ) mit Wirkung zum 1.1.2012 reagiert (Beschluss des eBewA in seiner 43. Sitzung am 22.9.2015, DÄ 2015, A 1739). Eine weitere Erhöhung der Bewertung der GOP im Abschnitt 35.2 EBMÄ erfolgte ua für das hier maßgebende Quartal 2/2013 in Umsetzung von Urteilen des Senats vom 11.10.2017 (B 6 KA 37/17 R  BSGE 124, 218 = SozR 42500 § 87 Nr 35 sowie B 6 KA 35/17 R  juris, teilweise aufgehoben durch BVerfG Kammerbeschluss vom 20.3.2023  1 BvR 669/18, 1 BvR 732/18) mit Beschluss des BewA in seiner 436. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung, DÄ 2019, A 971). Gleichzeitig wurde die Vergütung der neuropsychologischen Leistungen  allerdings erst mit Wirkung zum 1.1.2019  an die der Psychotherapie nach der Psychotherapie-Richtlinie (Abschnitt 35.2 EBMÄ) angeglichen. Die Vorgaben aus den genannten Entscheidungen des Senats, die vom (e)BewA umgesetzt wurden, bezogen sich ausdrücklich auf Leistungen, die nicht nur zeitgebunden, sondern auch antrags- und genehmigungsbedürftig waren (vgl oben c> dd> RdNr 36). Eine Verpflichtung zur Erhöhung der Bewertung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen neuropsychologischen Leistungen nach Abschnitt 30.11 bereits für das Quartal 2/2013 kann daraus nicht abgeleitet werden.

39
Einer Verpflichtung zur rückwirkenden Erhöhung der Punktzahlen für die streitgegenständlichen GOP steht auch entgegen, dass sich der BewA unter dem Gesichtspunkt der Anfangs und Erprobungsregelung an der zum Zeitpunkt der Einführung der neuropsychologischen Leistungen geltenden Bewertung für die psychotherapeutischen Leistungen orientieren durfte (vgl oben (c> dd> RdNr 36). Mit dem besonders weiten Gestaltungsspielraum des BewA bei der Bewertung der neu eingeführten neuropsychologischen Leistungen korrespondiert zwar eine erhöhte Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht mit der Folge, dass dieser bei Bekanntwerden neuer Daten tätig zu werden hat (zur Honorarverteilung durch die KÄV vgl BSG Urteil vom 9.9.1998  B 6 KA 55/97 R  BSGE 83, 1, 6 = SozR 32500 § 85 Nr 26 S 182, 188; Hamdorf in Hauck/Noftz, SGB V, § 87 RdNr 468, Stand Februar 2021; vgl auch BSG Urteil vom 20.1.1999  B 6 KA 46/97 R  BSGE 83, 205, 210 f = SozR 32500 § 85 Nr 29 S 211, 217 = juris RdNr 35). Eine Nachbesserung kann unter diesen Umständen jedoch nur "für die Zukunft" gefordert werden (BSG Urteil vom 11.10.2006  B 6 KA 46/05 R  BSGE 97, 170SozR 42500 § 87 Nr 13, RdNr 25, 42; vgl auch BSG Urteil vom 6.5.1975  6 RKa 24/74  SozR 5530 Allg Nr 1 S 5 = juris RdNr 20; BSG Urteil vom 7.2.1996  6 RKa 6/95  SozR 35533 Nr 763 Nr 1 S 5 = juris RdNr 16; Hamdorf in Hauck/Noftz, SGB V, § 87 RdNr 469, Stand Februar 2021).

40
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine eigenen Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006  B 6 KA 62/04 R  BSGE 96, 257SozR 41300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

 

Rechtskraft
Aus
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