L 5 KR 517/22 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 KR 1352/21 KH
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 517/22 KH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 33/24 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.07.2022 abgeändert und die Klage abgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.540,53 Euro festgesetzt.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten um die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

 

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhauses. Dieses behandelte die bei der Beklagten versicherte X. S. (im Folgenden: Versicherte) in der Zeit vom 28.11.2019 bis zum 14.01.2020 und berechnete hierfür unter Zugrundelegung der DRG (Diagnosis Related Group) Q61B (Andere Erkrankungen der Erythrozyten, ohne äußerst schwere CC) zunächst 16.837,75 Euro (Rechnungs-Nr. N01 vom 29.01.2020). Hierbei brachte sie auch das Zusatzentgelt ZE 130.02 in Höhe von 2.534,22 Euro wegen einer hochaufwendigen Pflege von Erwachsenen nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel OPS 9-200.7 in Ansatz. Die Beklagte bezahlte diese Rechnung am 28.02.2020 vollständig, leitete aber am 02.03.2020 eine Überprüfung der Rechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung C. (im Folgenden: MDK; inzwischen Medizinischer Dienst C. <MD>) ein. Bezweifelt wurde unter anderem das Vorliegen der Indikation für die Prozedur 9-200.7 (Hochaufwendige Pflege von Erwachsenen - 159 bis 187 Aufwandspunkte). Insbesondere wurde bezweifelt, ob die Aufwandspunkte für das Zusatzentgelt ZE 130.02 erfüllt seien.

 

Der MDK informierte die Beklagte am 03.03.2020 über den vorliegenden Prüfauftrag und teilte mit, dass mit dem Krankenhaus ein Begehungsverfahren vereinbart worden sei. Über den Termin werde gesondert informiert. Mit Schreiben vom 28.05.2020 forderte der MDK die ärztliche Dokumentation (inkl. Verlauf, Anordnungen, Med.-Verordnungsblatt), den/die endgültigen Krankenhausentlassungsbericht(e), OP-Berichte, Eingriffsprotokolle, OPS-Nachweise (inkl. Komplexbehandlung), Laborberichte (u.a. Kumulativbefunde), Fieberkurven (u.a. Vitalparameter) sowie die Pflegedokumentation mit einer Frist bis zum 13.12.2020 an. Das Krankenhaus übersandte am 25.06.2020 ein Unterlagenkonvulut. Enthalten waren ein vorläufiger Arztbrief über den stationären Aufenthalt, ein Protokoll der Notaufnahme und Krankengeschichte, Befunde, Entlassbriefe und Fieberkurven von Voraufenthalten in anderen Kliniken, Befunde der Labordiagnostik und Mikrobiologie, Transfusionsbegleitscheine und Aufklärung, drei EEG-Befunde, ein Befund Sonographie Abdomen, ein Befund Gastroskopie und EKGs, ärztliche Anordnungen, ein Überwachungsprotokoll nach der Gastroskopie und nach der ERCP, eine Checkliste Endoskopie und eine Aufklärung, ein Konsilschein Urologie, ein pflegerischer Aufnahmebogen, Verordnungsbögen und Tageskurven der IMC-Station, Fieberkurven und Visitendokumentationen der Normalstation, ein Journalausdruck (pflegerische und ärztliche Dokumentation) sowie Bewegungspläne für die Zeiträume 14.12. - 20.12.2019, 21.12. – 27.12.2019, 28.12.2019 – 03.01.2020, 04.01. – 07.01.2020 und 08.01. – 14.01.2020. Der MDK erstattete daraufhin am 30.10.2020 seine gutachtliche Stellungnahme. Darin kam er u.a. zu dem Ergebnis, dass lediglich insgesamt 60 Aufwandspunkte im Bereich D zur Kodierung des OPS 9-200.02 und des ZE 130.01 hätten nachgewiesen werden können.

 

Die Beklagte bat daraufhin am 10.11.2020 um eine Stornogutschrift und Neuberechnung des Falls und rechnete zunächst am 17.11.2020 einen Betrag von 1.571,80 Euro gegen eine andere unstreitige Forderung auf. Die Klägerin prüfte am 26.11.2020 ihre Rechnung. Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass lediglich 6 der insgesamt 177 zunächst veranschlagten Aufwandspunkte nach dem Pflegekomplexmaßnahmenscore (PKMS) nicht korrekt berechnet worden seien. Die korrekte Gesamtpunktzahl von 171 Aufwandspunkten führte jedoch nach ihrer Auffassung zu keinem anderen Ergebnis. Die Klägerin stornierte daraufhin die ursprüngliche Rechnung, erstattete der Beklagen den um den Aufrechnungsbetrag bereinigten Rechnungsbetrag und erstellte unter dem 08.01.2021 eine neue Rechnung (Rechnungs-Nr. N02). Dabei verblieb es bei dem Rechnungsbetrag von 16.837,75 Euro.

 

Am 30.03.2021 zahlte die Beklagte im Rahmen einer Sammelüberweisung auf die neue Rechnung schließlich einen (um 1.540,53 Euro gekürzten) Betrag von 15.297,22 Euro an die Klägerin.

 

Am 26.07.2021 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Der Beklagten komme nach Zahlung des Rechnungsbetrages kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu; die Aufrechnung im Rahmen der Sammelüberweisung sei unzulässig gewesen. Gemäß §§ 330, 417 SGB V seien Rechnungen innerhalb von fünf Tagen zu begleichen, insofern bestehe ein konkludentes Aufrechnungsverbot. Zudem sei die Abrechnung des Zusatzentgeltes ZE 130.02 nicht zu beanstanden.

 

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.540,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.04.2021 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Die abrechnungsrelevante Kodierung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Nach Prüfung des MD an Hand der vorgelegten Unterlagen im Bereich D (Lagerung) hätten sich lediglich 60 Aufwandspunkte ergeben. Aus der Änderung der Kodierung in den OPS 9-200.02 (Hochaufwendige Pflege von Erwachsenen: 37 bis 71 Aufwandspunkte) resultiere die Streichung des ZE 130.02 und die Abrechnung des ZE 130.01.

 

Die Beklagte hat in der Folge die im Klageverfahren am 01.09.2021 vorgelegte Patientenakte an den MD übersandt, die dort am 12.10.2021 eingegangen ist. Diese enthielt nunmehr u.a. auch den Pflegeüberleitungsbogen, eine Übersicht Gründe und Maßnahmen PKMS, eine Übersicht der erfassten Aufwandspunkte sowie eine Übersicht der durchgeführten Pflegemaßnahmen mit Namen der durchführenden Personen. Nach Prüfung ist der MD in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 15.11.2021 zu dem Ergebnis gelangt, dass der kodierte OPS und das kodierte Zusatzentgelt hätten bestätigt werden können, wenn bereits zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung die nunmehr übersandten Unterlagen vorgelegen hätten. Mit den vorprozessual zur Verfügung gestellten Unterlagen hätten hingegen lediglich 75 Aufwandspunkte bestätigt werden können. Auf Grund der nicht vorgelegten Unterlagen habe eine Änderung des OPS in 9-200.1 erfolgen müssen, dies löse das Zusatzentgelt ZE 130.01 aus.

 

Die Beklagte sieht sich durch dieses Gutachten in ihrer Auffassung bestätigt. Die Klägerin sei bereits vorprozessual durch den MD aufgefordert worden, die Dokumentation zum Nachweis des geprüften OPS 9-200.7 zu übersenden. Die Klägerin habe diese Unterlagen jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Mit der Vorlage der nunmehr nachgereichten Unterlagen sei die Klägerin auch im Klageverfahren präkludiert, sie könne daher ihre Forderung auf diese Unterlagen nicht stützen.

 

Die Klägerin hat dem entgegengehalten, eine Präklusion sei nicht eingetreten. Der MDK habe zunächst mit Schreiben vom 03.03.2020 mitgeteilt, die Prüfung im Rahmen eines Begehungsverfahrens durchführen zu wollen. Für einen solchen Fall enthalte die PrüfvV aber keine Präklusionsregelung. Die Umstellung vom Begehungsverfahren in das schriftliche Verfahren sei erst mit Schreiben des MDK vom 28.05.2020 und damit außerhalb der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V erfolgt. Es liege daher kein ordnungsgemäßes Prüfverfahren vor. Zudem habe der MDK im Schreiben vom 28.05.2020 der Klägerin eine Frist zur Vorlage der Unterlagen bis zum 13.12.2020 gesetzt. Er habe jedoch nach Vorlage der Unterlagen durch die Klägerin bereits vor Fristablauf die Prüfung am 30.10.2020 durchgeführt, obwohl die Klägerin nicht erklärt habe, dass die Vorlage von Unterlagen abschließend erfolgt sei. Der MDK sei aber verpflichtet gewesen, die Klägerin auf das Fehlen singulärer Unterlagen hinzuweisen. Es entspreche einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass eine Korrektur/Ergänzung von Schrift-sätzen/Erklärungen etc. innerhalb von Fristen bis zu deren Ablauf möglich und zulässig sei.

 

Die Beklagte ist gleichwohl bei ihrer Auffassung verblieben. Weder die gesetzlichen Regelungen noch die PrüfvV sähen eine Frist für den Wechsel der Begutachtungsart vor. Vor dem Hintergrund der sich im Jahr 2020 zuspitzenden pandemischen Lage sei eine Umstellung in nahezu allen Fällen erfolgt, zumal viele Krankenhäuser vorsorglich den Zutritt der Besucher und des MD deutlich eingeschränkt hätten.

 

Mit Urteil vom 14.07.2022, das im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.540,53 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2021 zu zahlen. Die Klägerin sei mit einer Vorlage weiterer Unterlagen nicht präkludiert gewesen, weil der MDK das Verfahren nicht wirksam von einer Prüfung vor Ort auf eine Prüfung nach Aktenlage umgestellt habe. Er sei bei einem Wechsel der Prüfart an die Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c SGB V gebunden gewesen.

 

Gegen das der Beklagten am 20.07.2022 zugestellte Urteil hat diese am 02.08.2022 Berufung eingelegt. Das SG habe die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung zur PrüfvV vom 02.04.2020 nicht beachtet. Danach könne bei Abrechnungsprüfungen, die bis zum 31.03.2020 gegenüber dem Krankenhaus eingeleitet und noch nicht abgeschlossen worden seien, bei Bedarf eine unkomplizierte Wandlung von Vor-Ort-Begehungen in Prüfungen nach Aktenlage erfolgen. Die darin vereinbarte verlängerte Frist zur Unterlagenübersendung von 28 Wochen sei ebenfalls berücksichtigt worden. Dass der MDK das Gutachten vor Ablauf der Frist zur Unterlagenübersendung erstellt habe, sei ohne Belang. Die Klägerin habe diverse Unterlagen bereits am 25.06.2020 übermittelt, so dass zwischen der Übermittlung der Unterlagen und der Erstellung des Gutachtens vier Monate gelegen hätten. Die Klägerin habe auch nicht den Eindruck erweckt, noch weitere Unterlagen übersenden zu wollen. Zudem habe die Klägerin auch in Kenntnis des Gutachtens vorprozessual keine weiteren Unterlagen übermittelt.

 

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.07.2022 abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Zwar möge ein Wechsel von einer Prüfung nach Begehung zu einer Prüfung nach Aktenlage zulässig gewesen sein. Dadurch seien die Präklusionsregelungen jedoch nicht erweitert worden; eine Präklusion sei entsprechend nicht eingetreten. Art. 2 der Ergänzungsvereinbarung beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Präklusionsregelung des § 7 Abs. 2 S. 6 PrüfvV. Zudem sei die durch den MDK gesetzte Frist bis zum 13.12.2020 durch dessen vorfristige Prüfung unterlaufen worden. Damit sei eine Vorlage von Unterlagen bis zur angezeigten Frist rechtswidrig und treuwidrig unterlaufen worden. Zudem sei die Aufrechnung rechtswidrig gewesen, weil § 8 PrüfvV eine abschließende Leistungsentscheidung der Krankenkasse voraussetze. Eine solche könne aber vor Fristablauf nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht ergangen sein.

 

 

Entscheidungsgründe

 

A. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der allgemeinen Leistungsklage i.S.d. § 54 Abs. 5 SGG stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten 1.540,53 Euro.

 

I. Die im Gleichordnungsverhältnis erhobene echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG ist zulässig. Insbesondere ist der Streitgegenstand hinreichend bestimmt. Es genügt, dass die Klägerin die bezifferte Restzahlung auf eine im Rahmen einer näher bezeichneten Sammelrechnung mit Einzelpositionen behauptete Aufrechnung geltend macht (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 30.07.2019 – B 1 KR 31/18 R). Dass es hier im Ergebnis nicht im eine Aufrechnung geht (dazu II. 1.), ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich.

 

II. Die Leistungsklage ist jedoch nicht begründet.

 

1.) Es existiert schon keine Forderung, die durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ganz oder teilweise erloschen sein könnte. Die Beklagte hatte zwar zunächst auf die Rechnung vom 29.01.2020 den Rechnungsbetrag i.H.v. 16.837,75 Euro vollständig bezahlt und nach Eingang des MDK-Gutachtens einen Erstattungsanspruch i.H.v. 1.571,80 Euro geltend gemacht. Eine Aufrechnung in entsprechender Höhe hatte die Beklagte am 04.11.2020 auch tatsächlich vorgenommen. Die Klägerin stornierte jedoch auf Bitten der Beklagten nach eigener Prüfung die Rechnung vom 29.01.2020 und zahlte einen Betrag von 15.265,95 (= 16.837,75 Euro – 1.571,80 Euro) an die Beklagte zurück. Damit wurde der durch Aufrechnung nicht gezahlte Betrag vollständig ausgeglichen. Auf die neu ausgestellte Rechnung vom 08.01.2021, die ebenfalls einen Betrag von 16.837,75 Euro auswies, zahlte die Beklagte aber nur einen Betrag von 15.297,22 Euro aus, so dass ein Betrag von 1.540,53 Euro offenblieb. Sie machte damit weder einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend noch nahm sie eine Aufrechnung vor, sondern kürzte die Forderung aus der (neuen) Rechnung von vornherein um den streitigen Betrag.

 

Sofern die Klägerin dennoch eine unstreitige Forderung, welche nicht durch Aufrechnung erloschen sei, geltend macht und sich zur Begründung auf einen Hinweis des 11. Senats des LSG NRW beruft, wonach ein Anspruch aus einem Behandlungsfall durch Zahlung erfüllt werde und diese Erfüllungswirkung auch durch nachträgliche weitere (Storno-)Rechnungen nicht wieder entfalle, so ist dem zwar grundsätzlich im Ergebnis zuzustimmen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch ein bereits erloschenes Schuldverhältnis vertraglich neu begründet werden kann (vgl. Kerwer in jurisPK-BGB, 10. Auflage 2023, § 362 Rn. 11 <Stand 17.04.2024> unter Verweis auf BAG, Urteil vom 10.02.1972 – 5 AZR 393/71 Rn. 29). Eine solche vertragliche Neubegründung ist insbesondere auch konkludent durch Rückgabe des gezahlten Schuldbetrags möglich. So liegt der Fall hier: Die Klägerin stornierte die Rechnung, erstattete den gezahlten Betrag abzüglich des Aufrechnungsbetrages und erteilte eine neue Rechnung, die erneut von der Beklagten zu begleichen war. Die zunächst nach Auffassung der Klägerin auf Grund der Aufrechnung noch nicht vollständig beglichene, unstreitige Forderung aus einem anderen Behandlungsfall wurde durch die Rückzahlung des ursprünglich gezahlten Betrages aus dem Behandlungsfall der Versicherten, der jedoch um den Aufrechnungsbetrag gekürzt wurde, vollständig beglichen. Dieses Verhalten der Beteiligten lässt damit nur den Schluss zu, zur Abrechnung des Behandlungsfalles noch einmal „bei Null“ beginnen zu wollen. Wäre dies nicht gewollt gewesen, so hätte der gezahlte Betrag nicht erstattet und auch keine neue Rechnung erteilt werden müssen, zumal die neue Rechnung mit einem identischen Betrag abschloss.

 

Wenn die Klägerin daher zunächst eine nicht näher bezeichnete Forderung geltend machte, gegen die die Beklagte nach ihrer Auffassung aufgerechnet haben soll, so geht dieser von der Klägerin geltend gemachte Anspruch mangels Vorliegen einer solchen Forderung ins Leere. Eine Zahlung aus einer Forderung betreffend den Behandlungsfall der Versicherten hat sie demgegenüber nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klageschrift nicht geltend gemacht. Noch im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der Bevollmächtigte der Klägerin vielmehr umfangreiche Ausführungen zur Unzulässigkeit der angeblich vorgenommenen Aufrechnung gemacht (Schriftsatz vom 12.07.2023). Und auch auf den Hinweis des Senats ist die Klägerin bei ihrer Auffassung verblieben und hat ihre Klage nur insoweit „geändert“, als sie „eine unstreitige Forderung aus dem Sammelavis vom 17.11.2020 geltend gemacht“ hat. Eine Umstellung auf die noch offene Forderung aus dem Behandlungsfall der Klägerin erfolgte ausdrücklich nicht.

 

2.) Lediglich ergänzend und ohne dass es vorliegend darauf ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass auch eine Klage gerichtet auf Zahlung des noch offenen Betrages aus dem Behandlungsfall der Versicherten unbegründet wäre. Die Klägerin hat ihren Anspruch auf Zahlung weiterer 1.540,53 Euro aus dem Behandlungsfall der Versicherten nicht hinreichend begründet. Insoweit konnte der Senat eine Anspruchsprüfung nur auf der Grundlage der dem MDK am 25.06.2020 übermittelten Unterlagen vornehmen. Diese reichten jedoch zur Feststellung eines weitergehenden Anspruchs nicht aus. Mit der Berufung auf die weiteren, im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen war die Klägerin hingegen präkludiert, sie dürfen zur Anspruchsbegründung nicht mehr herangezogen werden.

 

§ 7 Abs. 2 S. 2 bis 9 PrüfvV der für Behandlungsfälle ab dem 01.01.2019 geltenden PrüfvV 2016 (vgl. § 13 Abs. 1 PrüfvV 2016 i.V.m. Art. 1 S. 1 der Übergangsvereinbarung zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V gemäß § 17c Abs. 2 KHG vom 10.12.2019) bestimmt:

 

„Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung von Kopien der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Dabei kann sowohl der MDK die angeforderten Unterlagen konkret benennen als auch das Krankenhaus die aus seiner Sicht zur Erfüllung des konkreten Prüfauftrages erforderlichen Unterlagen ergänzen. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 8 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Die vom MDK angeforderten und gegebenenfalls vom Krankenhaus ergänzten Unterlagen müssen dem MDK innerhalb der Frist des Satzes 4 zugegangen sein. Sind die Unterlagen dem MDK nicht fristgerecht zugegangen, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. Liefert das Krankenhaus die erforderlichen Unterlagen innerhalb von weiteren 6 Wochen nach, wird das Prüfverfahren fortgesetzt, sofern das Krankenhaus vor der Nachlieferung die Krankenkasse informiert und für die Fortsetzung des Prüfverfahrens eine Pauschale in Höhe von 300 Euro an die Krankenkasse entrichtet hat. Nach Ablauf der Frist von Satz 7 ist eine Übersendung von Unterlagen durch das Krankenhaus ausgeschlossen. Ein Anspruch auf den dann noch strittigen Rechnungsbetrag besteht nicht."

 

a) Die Vorschriften der PrüfvV 2016 sind auf den vorliegenden Behandlungsfall anwendbar, weil die Versicherte am 28.11.2019 in das Krankenhaus der Klägerin aufgenommen worden war und eine Prüfung im schriftlichen Verfahren vorgenommen wurde. Der Einwand der Klägerin, die genannten Regelungen seien deshalb nicht anwendbar, weil der MDK zunächst mit Schreiben vom 03.03.2020 eine Prüfung vor Ort angekündigt habe und erst später (mit Schreiben vom 28.05.2020) zu einer Prüfung im schriftlichen Verfahren übergegangen sei, verfängt nicht. Art. 2 Nr. 1 der Ergänzungsvereinbarung zur Übergangsvereinbarung vom 10.11.2019 zur Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V gemäß § 17c Abs. 2 KHG vom 03.02.2016 zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V. vom 02.04.2020 (im Folgenden: Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016) bestimmte für ein solches Vorgehen, dass für Abrechnungsprüfungen, die bis zum 31.03.2020 gegenüber dem Krankenhaus eingeleitet und noch nicht abgeschlossen wurden, – unabhängig davon, ob es sich um eine Überprüfung bei Patienten handelt, die bis einschließlich 31.12.2019 oder ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen wurden – für bereits eingeleitete MDK-Prüfungen bei Bedarf eine unkomplizierte Wandlung von Vor-Ort-Begehungen in Prüfungen nach Aktenlage erfolgen könne. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Das Prüfverfahren wurde am 03.03.2020 eingeleitet und war zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016 am 01.04.2020 (vgl. Art. 5 Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016) noch nicht abgeschlossen. Dass ein Bedarf für einen solchen Übergang in das schriftliche Verfahren an Stelle einer Vor-Ort-Prüfung bestand, bedarf angesichts der damals vorliegenden, gerade begonnenen epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit umfangreichen Kontaktbeschränkungen und strikten Zugangsregelungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen keiner näheren Darlegung.

 

Da im vorliegenden Fall mithin die Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016 Anwendung findet, verfängt auch der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des 10. Senats des LSG NRW (Urteil vom 18.10.2023 – L 10 KR 226/22 KH), nicht. In dem dort zu entscheidenden Fall hatte das Gericht den Wechsel vom Begehungsverfahren zum schriftlichen Verfahren zwar als nicht fristgerecht angesehen. Zu entscheiden war jedoch ein Behandlungsfall aus dem Jahr 2018, auf den die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016 keine Anwendung fanden.

 

Der somit rechtmäßig erfolgte Übergang zur Prüfung nach Aktenlage führt jedoch – anders als es der Bevollmächtigte der Klägerin meint – nicht dazu, dass die Präklusionsregelungen der PrüfvV 2016 keine Anwendung fänden. Zwar trifft es zu, dass das Verfahren der Prüfung vor Ort ausschließlich nach den Regeln des SGB V, insbesondere § 276 Abs. 4 SGB V, folgt und eine Anwendung der Präklusionsregelungen daher in einem solchen Verfahren ausgeschlossen ist (vgl. dazu schon LSG NRW, Urteil vom 17.12.2020 – L 16 KR 238/19 Rn. 40). Wird jedoch der Übergang in das schriftliche Verfahren vollzogen, so unterfällt die dann vorzunehmende Prüfung vollumfänglich den Regelungen des § 7 Abs. 2 bis 5 PrüfvV 2016. Denn anders als bei einer Prüfung vor Ort, bei der der MD typischerweise sämtlich als erforderlich angesehene Unterlagen im Rahmen der Begehung einsehen kann, muss bei einer Prüfung nach Aktenlage zwischen Krankenhaus und MD im Vorfeld der Prüfung eine Kommunikation erfolgen, welche Unterlagen benötigt werden und daher vorgelegt werden müssen. Die Regelungen des § 7 PrüfvV 2016 dienen daher der Beschleunigung des schriftlichen Verfahrens, weil anders als bei einer Prüfung vor Ort Ungereimtheiten nicht durch unmittelbare Nachfrage beseitigt werden können. Dies gilt gleichermaßen, wenn zunächst eine Prüfung vor Ort vorgesehen war und später ein Wechsel zur Prüfung nach Aktenlage erfolgte. Das Argument, Art. 2 Übergangsvereinbarung beziehe sich nicht auf § 7 Abs. 2 S. 6 PrüfvV 2016, greift insofern nicht. Denn ausreichend für eine umfassende Geltung der Vorschriften der PrüfvV 2016 ist schon Art. 2 Nr. 1 Übergangsvereinbarung, der eine „unkomplizierte Wandlung von Vor-Ort-Begehung in Prüfungen nach Aktenlage“ vorsieht. Nur, soweit Anpassungen der Regelungen der PrüfvV 2016 erforderlich waren, sind diese in den folgenden Nummern 2 – 6 der Vorschrift geregelt; im Übrigen verbleibt es bei den bisher geltenden Regelungen.

 

b) Die Berücksichtigung der von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen war daher ausgeschlossen, weil diese präkludiert waren. § 7 Abs. 2 PrüfvV 2016 begrenzt den Anspruch des Krankenhauses bei nicht rechtzeitiger Übermittlung der Unterlagen auf den unstrittigen Rechnungsbetrag (Satz 6) insoweit, als der MDK diese zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt (Satz 2) bzw. diese aus Sicht des Krankenhauses zur Erfüllung des konkreten Prüfauftrages erforderlich sind (Satz 3). Ausgeschlossen sind zunächst die Unterlagen, die der MDK in seiner Anforderung zumindest ihrer Art nach konkret bezeichnet hat. Darüber hinaus trifft das Krankenhaus aber gemäß § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV 2016 auch eine Obliegenheit, akzessorisch zu der Unterlagenanforderung des MDK die aus seiner Sicht zur Erfüllung des konkreten Prüfauftrags erforderlichen, weiteren Unterlagen zu übersenden. Auch auf diese Obliegenheit kann sich die materielle Präklusion erstrecken (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10.11.2021 – B 1 KR 16/21 R Rn. 17 ff. und 20 ff.). Das Krankenhaus trifft dabei zwar nicht die Verpflichtung, in jedem Einzelfall die gesamte Dokumentation daraufhin durchzusehen, welche Unterlagen möglicherweise noch prüfungsrelevant sein könnten. Mehr als eine kursorische Durchsicht der nicht angeforderten Behandlungsunterlagen daraufhin, ob diese für die Erfüllung des Prüfauftrages ersichtlich relevant sein können, kann dabei vom Krankenhaus regelmäßig nicht erwartet werden. Bei Prüfaufträgen, die punktuell auf einzelne konkrete Fragestellungen beschränkt sind, kann jedoch vom Krankenhaus ggf. auch eine genauere Durchsicht der hierfür in Betracht kommenden Unterlagen verlangt werden (vgl. BSG a.a.O., Rn. 28, 30).

 

So liegt der Fall hier. Bereits mit Schreiben des MDK vom 03.03.2020 war der Klägerin mitgeteilt worden, dass Gegenstand der Begutachtung unter anderem die Richtigkeit der Prozeduren sei. Insbesondere wurden die Fragen formuliert, ob die Indikation für die Prozedur 9-200.7 gegeben und ob die Aufwandspunkte für das ZE 130.02 erfüllt seien. Ergänzend forderte der MDK mit seinem an das Krankenhaus gerichtete Schreiben vom 28.05.2020 die ärztliche Dokumentation (inkl. Verlauf, Anordnungen, Med.-Verordnungsblatt), den/die endgültigen Krankenhausentlassungsbericht(e), OP-Berichte, Eingriffsprotokolle, OPS-Nachweise (inkl. Komplexbehandlung), Laborberichte (u.a. Kumulativbefunde), Fieberkurven (u.a. Vitalparameter) sowie die Pflegedokumentation mit einer Frist bis zum 13.12.2020 an. Dabei bat er auch darum, ggf. weitere Unterlagen zu übersenden, die aus Sicht des Krankenhauses für die Begutachtung relevant sein könnten. Für die hier streitige Frage, ob die Aufwandspunkte für das abgerechnete Zusatzentgelt erfüllt waren, war das Vorliegen der Voraussetzungen des OPS 9-200.7 entscheidend, der (in der anzuwendenden Fassung des Jahres 2019) eine hochaufwendige Pflege mit mindestens 159 Aufwandspunkten nach dem PKMS voraussetzte. Diese sind der – vom MDK auch angeforderten – Pflegedokumentation zu entnehmen. Die Klägerin hatte dem MDK auf dessen Anforderungsschreiben vom 28.05.2020 aber nach den unwidersprochenen Feststellungen des MDK zunächst lediglich einen vorläufigen Arztbrief über den stationären Aufenthalt, ein Protokoll der Notaufnahme und Krankengeschichte, Befunde, Entlassbriefe und Fieberkurven von Voraufenthalten in anderen Kliniken, Befunde der Labordiagnostik und Mikrobiologie, Transfusionsbegleitscheine und Aufklärung, drei EEG-Befunde, einen Befund Sonographie Abdomen, einen Befund Gastroskopie und EKGs, ärztliche Anordnungen, ein Überwachungsprotokoll nach der Gastroskopie und nach der ERCP, eine Checkliste Endoskopie und eine Aufklärung, einen Konsilschein Urologie, einen pflegerischen Aufnahmebogen, Verordnungsbögen und Tageskurven der IMC-Station, Fieberkurven und Visitendokumentationen der Normalstation, einen Journalausdruck (pflegerische und ärztliche Dokumentation) sowie Bewegungspläne für die Zeiträume 14.12. - 20.12.2019, 21.12. – 27.12.2019, 28.12.2019 – 03.01.2020, 04.01. – 07.01.2020 und 08.01. – 14.01.2020 übersandt. Auf dieser Grundlage ließen sich nach den Feststellungen des MD – die insofern von der Klägerin auch nicht angegriffen wurden – jedoch lediglich 75 Aufwandspunkte belegen. Der Klägerin musste jedoch auf Grund des eindeutig benannten Prüfauftrages klar sein, dass insbesondere die Zahl der Aufwandspunkte zu belegen war. Entsprechend hat sie ohne weitere, konkretisierende Anforderung im Klageverfahren auch weitere Nachweise – insbesondere eine Übersicht der Gründe und Maßnahmen nach dem PKMS, eine Übersicht der erfassten Aufwandspunkte sowie eine Übersicht der durchgeführten Pflegemaßnahmen mit Namen der durchführenden Personen – vorgelegt, auf deren Grundlage sich die Voraussetzungen des abgerechneten Zusatzentgeltes nunmehr verifizieren ließen. Angesichts des klar benannten Prüfauftrags und der Anforderung der Pflegedokumentation durch den MDK hätte es der Klägerin aber oblegen, diese Nachweise bereits im Rahmen des Prüfverfahrens vorzulegen. Ohne diese Nachweise war es dem MDK nicht möglich, das Vorliegen der Voraussetzungen des OPS 9-200.7 und mithin des Zusatzentgeltes ZE 130.02 zu bestätigen. Die Klägerin hatte somit nur einen Anspruch auf eine Vergütung nach dem ZE 130.01 i.H.v. 993,69 €, nicht aber i.H. der geltend gemachten 2.534,22 € (entsprechend dem ZE 130.02).

 

c) Soweit die Klägerin meint, durch die vor Fristablauf durchgeführte Prüfung des MDK und die sich daran anschließende Entscheidung der Beklagten sei eine Vorlage von Unterlagen bis zur angezeigten Frist rechtswidrig und treuwidrig unterlaufen worden, so dass eine Vorlage auch noch im Klageverfahren (am 01.09.2021) möglich gewesen sei, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Insbesondere verfängt der Hinweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verletzung rechtlichen Gehörs bei einer Entscheidung vor Fristablauf (BSG, Urteil vom 07.07.1998 – B 5 RJ 16/98 R) nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht sich ausschließlich auf das gerichtliche Verfahren bezieht (vgl. dazu Siefert in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 24 Rn. 3) und daher im vorliegend zu beurteilenden Prüfverfahren schon nicht in gleicher Weise gilt.

 

Aber auch ein dem rechtlichen Gehör vergleichbarer Anspruch als Ausfluss des in Art. 20 Abs. 3 GG normierten Rechtsstaatsprinzips ist vorliegend nicht verletzt. Anders, als im gerichtlichen Verfahren, in dem eine Entscheidung vor Fristablauf eine Instanz abschließt und damit weiterer Vortrag in diesem Rechtszug nicht ohne Einlegung eines Rechtsmittels oder der Erhebung einer Anhörungsrüge möglich ist, sieht § 7 Abs. 2 S. 7 PrüfvV 2016 selbst nach Ablauf der Frist zur Vorlage von Unterlagen noch die Möglichkeit vor, weitere Unterlagen innerhalb von sechs Wochen nachzuliefern und das Prüfverfahren fortzusetzen. Dies soll offensichtlich unabhängig davon gelten, ob die Begutachtung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist, denn eine § 7 Abs. 5 S. 3 PrüfvV 2016 entsprechende Regelung zur Nachreichung von Unterlagen nur bis zum Abschluss der Begutachtung sieht § 7 Abs. 2 PrüfvV 2016 ausdrücklich nicht vor. Danach muss ein Nachreichen von Unterlagen vor Ablauf der Vorlagefrist – wie im hier zu entscheidenden Fall – erst recht noch möglich gewesen sein. Insbesondere in Kenntnis des Umstandes, dass der MDK und dem folgend auch die Beklagte die Voraussetzungen des streitigen Zusatzentgeltes ZE 130.02 als nicht ausreichend nachgewiesen angesehen haben, hätte es sich der Klägerin im Rahmen des effizient und konsensorientiert durchzuführenden Prüfverfahrens, das zu konstruktiver Zusammenarbeit verpflichtet, (§ 1 PrüfvV 2016) geradezu aufdrängen müssen, zeitnah ergänzende Unterlagen vorzulegen, zumal noch innerhalb der Frist, die bis zum 13.12.2020 lief, durch die Klägerin am 26.11.2020 eine erneute, eigene Prüfung vorgenommen worden war. Hierzu hätte noch ausreichend Gelegenheit bestanden.

 

Zudem ist darauf zu verweisen, dass auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung vor Ablauf einer Anhörungsfrist ausnahmsweise dann eingeräumt wird, wenn ein Beteiligter sich vor Fristablauf abschließend in der Sache geäußert hat und weitere Stellungnahmen nach Lage der Dinge nicht zu erwarten sind (vgl. BSG, Beschluss vom 16.02.2022 – B 8 SO 96/20 B Rn. 7 sowie Beschluss vom 31.03.2017 – B 12 KR 28/16 B Rn. 8, jeweils m.w.N.). So lag der Fall jedoch vorliegend. Die Klägerin übersandte dem MDK am 25.06.2020 ein umfangreiches Unterlagenkonvulut, das den Anschein der Vollständigkeit entsprechend der Anforderung vom 28.05.2020 erweckte. Die Klägerin machte überdies auch nicht geltend, dass die Übermittlung nicht abschließend sein sollte und sie sich die Übersendung weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Frist vorbehalten werde. Eines solchen Hinweises hätte es aber angesichts der umfangreichen Unterlagenübersendung bedurft. Der MDK durfte in dieser Situation davon ausgehen, dass weitere Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden würden, zumal er seine Prüfung erst mehr als vier Monate nach Akteneingang am 30.10.2020 abschloss.

 

Insgesamt ist daher nicht erkennbar, dass das Vorgehen des MDK und/oder der Beklagten rechtswidrig gewesen wäre bzw. eine weitere, fristgerechte Unterlagenübersendung vereitelt hätte. Die Vorlage weiterer Unterlagen im Klageverfahren bei Gericht am 01.09.2021 war demgegenüber nicht mehr als fristgerecht anzusehen. Denn auch die weitere Sechs-Wochen-Frist des § 7 Abs. 2 S. 7 PrüfvV 2016 zur Vorlage ergänzender Unterlagen (wenngleich gegen „Bezahlung“), die im Anschluss an die vom MDK zutreffend berechnete 28-Wochen-Frist gemäß Art. 2 Nr. 2 Ergänzungsvereinbarung PrüfvV 2016 zu laufen begann, war zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichen.

 

c) Schließlich geht der Vortrag der Klägerin, die Voraussetzungen des § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 für eine Aufrechnung hätten nicht vorgelegen, weil eine abschließende Leistungsentscheidung nach § 8 Satz 1 PrüfvV 2016 nicht erfolgt sei, schon deshalb ins Leere, weil eine Aufrechnung durch die Beklagte tatsächlich nicht erfolgt ist (s.o. unter II. 1.).

 

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

 

C. Gründe für die Zulassung der Revision i.S.d. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.

 

D. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG.

 

Rechtskraft
Aus
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