L 2 SO 709/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 1294/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 709/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.11.2021, mit dem für Dezember 2021 eine Direktzahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an den Vermieter veranlasst wurde.

Die Klägerin bezieht seit Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Beklagten. Die Klägerin wurde zudem erstmals mit Einweisungsverfügung vom 25.01.2012 zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ab dem 26.01.2012 in die Wohnung S1-straße in T1 eingewiesen. Diese Einweisung besteht fort (vgl. letzte Einweisungsverfügung vom 25.02.2022). Die hierfür fälligen Nutzungsgebühren betrugen zuletzt monatlich insgesamt 566,38 Euro. Die Klägerin bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Altersrente. Diese betrug ab 01.07.2020 monatlich 502,89 Euro.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 04.02.2021 (Bl. 40 LSG-Akte) Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII für die Zeit vom 01.01.2021 bis 31.12.2021. Bei der Bewilligung der Leistungen berücksichtigte die Beklagte die Nutzungsgebühren der Stadt T1 in Höhe von 566,38 Euro als Kosten für Unterkunft und Heizung. Daneben erkannte sie den Regelsatz in Höhe von 446,00 Euro abzüglich eines Stromanteils (33,31 Euro bzw. 35,30 Euro ab Februar 2021), welcher in der Pauschale der Benutzungsgebühren für die Unterkunft enthalten ist, an. Die von der Klägerin bezogene Altersrente i.Hv. 502,89 Euro wurde als Einkommen angerechnet, so dass sich ein monatlicher Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Höhe von 476,18 Euro (bzw. 474,19 Euro ab Februar 2021) errechnete. Die gewährten Leistungen wurde zunächst an die Klägerin selbst ausbezahlt.

Mit Änderungsbescheid vom 08.11.2021 hob die Beklagte den Bescheid vom 04.02.2021 mit Wirkung zum 01.12.2021 auf. Die Leistungen wurden in selber Höhe weiterbewilligt. Allerdings wurden die nach Abzug des Einkommens (hier Rente, siehe oben) verbliebenen Grundsicherungsleistungen in Höhe von 474,19 Euro ab 01.12.2021 direkt an den Vermieter der Klägerin überwiesen. Die Direktzahlung der anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung sei geboten, da die zweckentsprechende Verwendung angesichts von Mietrückständen in Höhe von 4.578,98 Euro nicht sichergestellt sei. Die Klägerin sei verpflichtet, den Restbetrag von 91,49  Euro monatlich direkt an ihren Vermieter zu überweisen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 23.11.2021 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2022 zurückwies. Man habe bei den Grundsicherungsberechnungen immer die Nutzungsgebühren in tatsächlich anfallender Höhe berücksichtigt. Dennoch habe die Klägerin nach wie vor nur 246,00 Euro überwiesen. Damit sei die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen durch die Klägerin nicht sichergestellt und eine Direktüberweisung der Nutzungsgebühren nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB XII geboten. Die Klägerin habe daher nur noch den Differenzbetrag von 91,49 Euro an die Stadt T1 zu überweisen. Soweit sie nach wie vor 246,00 Euro überweise, habe sie die Unterdeckung selbst verursacht.

Dieser Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin gegen Postzustellungsurkunde am 05.05.2022 zugestellt.

Bereits am 25.01.2022 hatte die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Reutlingen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und sich gegen die „Behauptung“, sie habe Mietschulden, gewandt sowie die Auszahlung der Grundsicherungsleistungen an sie begehrt (S 5 SO 139/22 ER). Das SG hatte diesen Antrag mit Beschluss vom 11.02.2022 abgelehnt, die hiergegen erhobene Beschwerde ist erfolglos geblieben (vgl. Beschluss des Senats vom 21.04.2022, L 2 SO 749/22 ER-B). In diesem Verfahren hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin weiterhin darauf beharre die Teilzahlung an die GWG (= Gesellschaft für Wohnungs- und Gewerbebau T1 mbH) zu leisten, obwohl dort kein Mietvertrag mehr bestehe. Der Mietvertrag bestehe, nach Übernahme der Wohnung durch das Ordnungsamt T1 wegen einer Räumungsklage und der polizeilichen Einweisung der Klägerin in ihre Wohnung, zwischen der Stadt T1 und der GWG T1, die über die Stadtkasse die Miete überweise. Entsprechend leite die GWG die eingehenden Zahlungen, auf die kein Anspruch bestehe, an die Stadtkasse weiter.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 30.06.2022, eingegangen beim SG Reutlingen am 05.07.2022, Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.04.2022 erhoben. Sie führt u.a. aus, dass Vermieter nicht die Stadt T1, sondern die hier ansässige GWG sei. Sie zahle seit 2019 246,00 Euro Miete und den Rest an die Stadtkasse. Sie verweise hierzu auf die Gebührenordnung für Flüchtlinge und Obdachlose.

Mit Bescheid vom 15.03.2022 sind der Klägerin Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 31.12.2022 gewährt worden. Auch hier wurden bei der Berechnung der Leistungen die Nutzungsgebühren der Stadt T1 in Höhe von 566,38 Euro als Kosten für Unterkunft und Heizung anerkannt. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen Regelsatzes, eines Stromanteils und der von der Klägerin bezogenen Altersrente hat sich ein monatlicher Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Höhe von 478,46 Euro ergeben. Die Beklagte hat diesen weiterhin als anteilige Direktzahlung an den Vermieter weitergeleitet. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch erhoben.

Das SG hat die Klage nach vorheriger Anhörung mit Gerichtsbescheid vom 30.01.2023 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klage nicht binnen eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheids erhoben worden sei. Dieser sei der Klägerin am 05.05.2022 zugestellt worden, die Klage sei allerdings erst am 05.07.2022 beim SG Reutlingen eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich. Unabhängig davon ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Beklagten rechtlich fehlerhaft wäre. Nachdem die zweckentsprechende Verwendung der gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung durch die Klägerin nicht sichergestellt werde, lägen die Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 Satz 3 SGB XII für eine Direktzahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung durch die Beklagte vor.

Am 01.03.2023, eingegangen beim SG, hat die Klägerin gegen den ihr am 02.02.2023 gegen Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 06.03.2023 an das SG eine Kopie der Satzung über die Benutzung und über die Erhebung von Gebühren der Unterkünfte der Universitätsstadt T1 für Wohnungslose und Geflüchtete in der Fassung vom 22.10.2020 übersandt.

Ergänzend hat die Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2023 (Bl. 31 LSG-Akte) ausgeführt, dass sie nach der Räumung in die Wohnung in der S1-Straße gezogen sei. Die Miete für diese Wohnung habe ursprünglich 246,00 Euro betragen. Seit 2021 verlange die Stadt T1 hierfür 566,38 Euro. Sie beziehe aufstockend Leistungen von der Beklagten. Die bewilligten 474,00 Euro setzten sich zusammen aus dem Betrag für die Stadtkasse, nämlich 278,00 Euro, und ihrem Regelbedarf von ca. 190,00 Euro.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Januar 2023 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2022 aufzuheben und die gewährten Grundsicherungsleistungen wieder direkt an die Klägerin auszubezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren L 2 SO 749/22 ER-B. Darin sei festgestellt worden, dass die rechtlichen Grundlagen für die von der Beklagten vorgenommene Direktzahlung (eines Teils) der Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 35 Abs.1 Satz 3 SGB XII) zutreffend ausgeführt würden und dass dies zu Recht erfolge, weil die zweckentsprechende Verwendung der gewährten Leistungen der Unterkunft und Heizung durch die Klägerin nicht sichergestellt sei. An diesem Sachverhalt habe sich nach wie vor nichts verändert. Die Klägerin beharre darauf, der GWG lediglich einen Mietzins von 246,00 Euro zu schulden und sie zahle diese Summe unregelmäßig. Eine Zahlung der Nutzungsentschädigung, gemäß der damaligen, wie auch der letzten Einweisungsverfügung vom 26.08.2022 in Höhe von gegenwärtig 566,38 Euro an das Ordnungsamt, verweigere die Klägerin. Im bestandskräftigen Bescheid vom 16.01.2023 über eine Leistungsgewährung nach dem SGB XII für den Zeitraum Februar 2023 bis Mai 2023 in Höhe von 504,13 Euro, werde die Klägerin nach wie vor darauf verwiesen lediglich ihren Eigenanteil (Nutzungsentschädigung 566,38 Euro abzüglich Direktzahlung Kosten der Unterkunft 504,13 Euro= 62,25 Euro) zu überweisen. Die Klägerin überweise allerdings nur unregelmäßig an die Stadt T1. Der aktuelle Schuldenstand am 13.03.23 betrage 4.603,53 Euro.

Zu einem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 21.06.2023 ist die Klägerin (unentschuldigt) nicht erschienen.

Mit Schreiben des Senates vom 22.06.2023 ist die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig sein dürfte. Hierauf hat die Klägerin mit Schreiben vom 14.07.2023 mitgeteilt, dass sie die Berufung nicht zurücknehmen könne. Mit Schreiben vom 20.09.2023 hat die Klägerin erneut eine Mehrfertigung der Satzung über die Benutzung und über die Erhebung von Gebühren der Unterkünfte der Universitätsstadt T1 für Wohnungslose und Geflüchtete (in der Fassung vom 22. Oktober 2020) übersandt.

Mit Schreiben vom 17.10.2023, eingegangen beim LSG per Fax am selben Tag, hat die Klägerin „wegen erneutem Anwaltswechsel“ um einen „neuen Termin“ gebeten. Zur mündlichen Verhandlung am 18.10.2023 ist die Klägerin dann nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.  



Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2023 auch in Abwesenheit der Klägerin über den Rechtsstreit entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 16.08.2023 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle ihres Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der Klägerin vom 17.10.2023, womit sie um einen „neuen Termin“ gebeten hat, da ein Anwaltswechsel bevorstehe.

Der Senat war durch diesen Terminverlegungsantrag der Klägerin nicht daran gehindert, über die Berufung am 18.10.2023 zu verhandeln und zu entscheiden. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann - und ggf. muss - bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet worden ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 21.7.2005 - B 11a/11 AL 261/04 B - juris, Rn. 10; BSG, Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 277/08 B - juris, Rn. 15; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 108 Rn. 4b). Ein i.S. des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (BSG, Urteil vom 10.8.1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1 - juris, Rn. 17 ff; BSG, Beschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 59/13 B – juris, Rn. 16 m.w.N.).
Ein solcher hinreichend begründeter Verlegungsantrag hat hier jedoch nicht vorgelegen. Dem Antrag musste nicht stattgegeben werden, weil die Klägerin den Verhinderungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat. Wird eine Terminsaufhebung bzw. -verlegung - wie hier - erst am Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt, muss von dem Betroffenen der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob dieser besteht (BSG, Beschluss vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris, Rn. 9; BFH Beschluss vom 8.5.2018 - XI B 5/18 - BFH/NV 2018, 958 - juris, Rn. 13 m.w.N.).

Die bloße Mitteilung der Klägerin, ein Anwaltswechsel habe stattgefunden, reicht hierzu nicht aus. Zwar muss das Gericht gemäß § 62 SGG im Fall einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung den Beteiligten unabhängig davon, ob diese die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit geben, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern. Zu diesem Zweck können sich die Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens durch einen der in § 73 Abs. 2 SGG genannten Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs hat insbesondere zum Inhalt, dass die Beteiligten ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen haben und ihnen dazu eine angemessene Zeit eingeräumt werden muss. Den Beteiligten muss die Möglichkeit eröffnet sein, durch einen sachlich fundierten Vortrag die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (zu alledem ausführlich mit Verweis auf Rechtsprechung des BSG und Bundesverfassungsgericht [BVerfG]: BSG, Beschluss vom 06.01.2022 - B 5 LW 1/21 B -, juris, Rn. 24 - 25). Für den Fall der Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten erst kurz vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung bedeutet dies, dass ein vom Prozessbevollmächtigten im Einzelnen dargelegter Zeitbedarf, sich hinreichend mit dem Sachverhalt vertraut zu machen, grundsätzlich einen erheblichen Grund i.S. des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellt, der eine Aufhebung des Termins gebietet (vgl. BSG, Beschluss vom 08.03.2017 - B 8 SO 62/16 B - juris, Rn. 6). Das ist nur ausnahmsweise dann nicht der Fall, wenn dem Beteiligten eine rechtzeitige Bestellung des Prozessbevollmächtigten zugemutet werden konnte, sich die späte Bestellung mithin als verschuldet erweist (vgl. BSG, Beschluss vom 04.11.2014 - B 2 U 144/14 B - juris, Rn. 11; BSG Beschluss vom 08.03.2017 - B 8 SO 62/16 B - juris, Rn. 7).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 17.10.2023 nämlich lediglich mitgeteilt, dass der Termin „wegen erneutem Anwaltswechsel“ verschoben werden müsse. Dem Schreiben ist aber weder zu entnehmen, wann dieser stattgefunden haben soll noch welcher Rechtsanwalt beauftragt worden ist, so dass nicht überprüft werden kann, ob weiterer Zeitbedarf zur Vorbereitung besteht. Nicht zuletzt ist die Ladung zum Termin bereits zwei Monate vor dem Termin zugegangen und bereits im Juni 2023 auf die fehlende Erfolgsaussicht der Berufung hingewiesen worden. Die Klägerin hatte daher ausreichend Zeit, sich um einen Prozessvertreter zu bemühen. Nicht zuletzt war die Klägerin bislang im Verfahren gar nicht vertreten, so dass der Vortrag ein „Anwaltswechsel“ finde statt, nicht nachvollzogen werden kann.

Die Berufung ist bereits unzulässig.

Gemäß § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt ist. Die Voraussetzungen des § 158 SGG sind vorliegend erfüllt, die Berufung ist nicht statthaft.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Vorliegend übersteigt der Wert der Beschwer nicht den maßgeblichen Betrag in Höhe von 750 Euro.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 08.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2022. Der streitgegenständliche Bescheid ändert den Bescheid vom 04.02.2021, mit dem der Klägerin von der Beklagten Leistungen für die Zeit vom 01.01.2021 bis 31.12.2021 gewährt worden waren, dahingehend ab, dass die gewährten Leistungen in Höhe von 474,89 Euro ab Dezember 2021 nicht mehr an die Klägerin, sondern von der Beklagten direkt an die Stadtkasse T1 als Kosten der Unterkunft und Heizung, nachdem die Klägerin ordnungsrechtlich eingewiesen worden war, überwiesen werden. Die Leistungen ab 01.01.2022 sind dann mit Bescheid vom 15.03.2022 weiterbewilligt worden. Dieser Zeitraum ist nicht Gegenstand des hier anhängigen Berufungsverfahrens geworden. Hierdurch ist eine zeitliche Zäsur eingetreten. Die Stellung eines neuen Antrags bzw. eine neue Bewilligung bewirken nämlich die Erledigung des angefochtenen Bescheides für den Zeitraum, der von dem neuen Bescheid erfasst ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 14.06.2018 - L 15 AS 258/16 -, juris, Rn. 27 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R -, juris, Rn. 17). Damit ist streitgegenständlich nur der Monat Dezember 2021 und somit stehen nur Leistungen in Höhe von 474,89 Euro im Streit. Der Beschwerdewert von 750,00 Euro ist damit nicht erreicht und es handelt sich auch nicht um Leistungen für mehr als ein Jahr.

Unerheblich ist, dass das SG dem angefochtenen Urteil eine andere Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat. Die Berufung kann auch nicht als Nichtzulassungsbeschwerde ausgelegt bzw. in eine solche umgedeutet werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 144 Rn. 45 m.w.N.; BSG, Beschluss vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/11 B -, juris). Dem Schreiben der Klägerin vom 01.03.2023 sind auch keine Hinweise, dass die Klägerin damit (auch) eine Nichtzulassungsbeschwerde erheben wollte, zu entnehmen.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin bereits als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

Darüber hinaus wäre sie auch unbegründet, denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil diese verfristet erhoben worden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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