Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die höhere Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mehr als 40.
Er ist 1965 im Irak geboren und lebt seit 1996 in der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Seit 1997 arbeitet er als angelernter Koch in Vollzeit in einem Hotel in Früh- und Spätschicht. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, die noch in seinem Haushalt leben. Bewohnt wird eine Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses (vgl. Entlassungsbericht Zentrum für ambulante Rehabilitation).
Am 3. Mai 2013 beantragte er bei dem Landratsamt B1 (LRA) erstmals die Feststellung des GdB und legte unter anderem folgende medizinische Unterlagen vor:
Der Befundbericht des L1 über die Kernspintomographie (MRT) der Lendenwirbelsäule (LWS) beschrieb einen links mediolateral gelegenen Bandscheibenvorfall bei L4/5 mit geringer Kompression der linken Nervenwurzeln. Spinale Enge zeige sich keine.
Im Entlassungsbericht des M2 S1 über die stationäre Behandlung vom 23. bis 28. Oktober 2012 wurde eine chronisch-polypöse Pansinusitis beidseits beschrieben. Es sei eine endonasale mikroskopische Pansinus-Operation beidseits durchgeführt worden. Nach Entfernung der Nasentamponaden am ersten postoperativen Tag sei eine intensive lokale Nasenschleimhautpflege begonnen worden.
B2 bewertete versorgungsärztlich den Bandscheibenschaden mit einem Teil-GdB von 10. Den Antrag lehnte das LRA mit Bescheid vom 17. Juni 2013 ab. Der Bandscheibenschaden bedinge keinen GdB von wenigstens 20.
Im Widerspruchsverfahren wurde unter anderem der Befundschein des P1 eingeholt. Dieser beschrieb einen beidseitigen Hörverlust um 5 %, entsprechend einem normalen Hörvermögen. Ein Sprachaudiogramm sei dementsprechend nicht gefertigt worden, über Schwindel werde nicht berichtet. Die Untersuchung der Nasennebenhöhlen habe Verkrustungen der Nasenschleimhaut gezeigt. Es sei eine chronische Pansinusitis bei Zustand nach Pansinus-Operation diagnostiziert und eine Nachoperation vorgeschlagen worden.
Zur Akte gelangte der Befundbericht des M2 S1 über die ambulante Untersuchung vom 13. Januar 2011. Seit Oktober 2010 bestehe eine akute Lumbago, die jetzt vom linken Bein bis in die Wade ausstrahle. Sensibilitätsstörungen bestünden keine, die MRT der LWS vom 29. Dezember 2010 zeige hauptbefundlich einen links-medio-lateralen Bandscheibenvorfall bei L4/5 sowie degenerative Veränderungen. Bei der Untersuchung sei das Zeichen nach Lasèque beidseits negativ gewesen. Linksseitig bestehe eine Großzehen- und Zehenheberschwäche (Kraftgrad 3/5 bis 4/5) und eine erhebliche Blockierung im unteren Bewegungssegment. Das Zeichen nach Schober liege bei 10:13 cm.
Im auszugsweise vorgelegte Entlassungsbericht über die stationäre Rehabilitation vom 5. bis 25. Oktober 2011 wurde eine Lumboischialgie links bei flachem Bandscheibenvorfall L4/5 links mit Großzehenheberschwäche und eine Omalgie rechts beschrieben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen.
L2 führte versorgungsärztlich aus, dass der Bandscheibenschaden mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten sei. Bezüglich des Bewegungssystems bestünden keine erhebliche Störung, keine neurologischen Defizite und keine erhebliche Gangstörung. Das Nasenleiden bedinge keine Behinderung, auch die weiteren Leiden seien minimal. Psychische Störungen lägen anhand der ärztlichen Unterlagen keine vor.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S1 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2013 zurück. Die Auswertung der beigezogenen Unterlagen habe ergeben, dass keine Gesundheitsstörungen vorlägen, die zu einem GdB von wenigstens 20 führten.
Am 11. Oktober 2013 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG – S 17 SB 5712/13) und legte den Entlassungsbericht des M2 S1 über die stationäre Behandlung vom 7. bis 10. April 2014 vor. Darin wurde eine chronisch-polypöse Pansinusitis beidseits beschrieben. Histologisch zeige sich keine Malignität. Es sei eine endonasale mikroskopische Pansinusitis-Operation beidseits am 7. April 2014 erfolgt.
Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte legte G1 versorgungsärztlich dar, dass nach erneuter Pansinusoperation bisher keine aussagekräftigen HNO-ärztlichen Verlaufsbefunde vorlägen, die eine GdB-relevante Nasennebenhöhlenentzündung auch nach der jüngsten operativen Behandlung vom April 2014 dokumentierten. Aus den Angaben des Orthopäden könne von etwa mittelgradigen Funktionseinschränkungen im HWS-Bereich ausgegangen und ein GdB von 20 angenommen werden. Für den Rumpfwirbelsäulenbereich lägen keine aktuellen Funktionsbefunde vor, anhaltende motorische Ausfälle würden nicht genannt.
Nach Ablehnung eines entsprechenden Vergleichsangebotes erhob das SG das orthopädische Sachverständigengutachten des K1 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 5. Dezember 2014. Dieser befundete eine Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS) für die Rotation von 45-0-50°, die Seitneigung rechts/links von 30-0-30° und einen Kinn-Jugulum-Abstand von 4 cm. Der Finger-Boden-Abstand habe 48 cm betragen, das Zeichen nach Schober 10:13 cm, das Zeichen nach Ott 30:31 cm. Die Seitneigung der LWS sei mit 20-0-20° möglich, die Rotation mit 25-0-25°.
Die Sensibilität sei im Bereich des Ober-/Unterschenkels außenseitig nach hinten ziehend linksseitig als gemindert angegeben worden, wobei die Fußsohlensensibilität ebenfalls links vermindert sei. Der Achillessehnenreflex sei beidseitig auslösbar. An den Kniegelenken zeige sich keine Rötung, keine Überwärmung, keine Ergussbildung und keine Einklemmungen. Zum Untersuchungszeitpunkt bestehe keine Großzehen-, Vorfußheber-, oder –senkerschwäche. Berichtet werde über eine Schwäche im Bein beim Laufen. Die Fußsohlen zeigten eine seitengleiche Sensibilität.
Es bestünden wiederholt auftretende Belastungsschmerzen im Bereich der LWS bei Verschleißveränderungen mit wiederholt auftretender Reizung der Wurzel L4/5 bei anamnestisch angegebener Schwäche im Bereich des linken Beines, heute nicht vorliegend. Eine funktionell mäßiggradige Bewegungseinschränkung mit wiederholt auftretender Reizung der Wurzel C6 rechts (Daumen/Zeigefinger betreffend), heute diskrete Kraftminderung, eher schmerzbedingt, im Bereich der rechten Hand, funktionelle Schmerzen im Rahmen einer muskulären Überlastung der Muskelkette zwischen BWS und Schulterblatt sowie zwischen Schulterblattrand und Hinterhaupt sowie eine einlagenversorgte Spreizfußbildung. Es lägen mittelgradige Funktionseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, die mit einem GdB von 30 zu bewerten seien. Weitere bewertungsrelevante Funktionseinschränkungen bestünden auf seinem Fachgebiet nicht. Eine nachweisbare Schädigung als Folge eines Bandscheibenvorfalls liege nicht vor, jedoch ein Wurzelreiz sowohl im Bereich der LWS als auch an der HWS. Schwergradige Einschränkungen seien nicht gegeben.
K2 legte versorgungsärztlich dar, dass dem Teil-GdB von 30 für die Wirbelsäulenbeschwerden zugestimmt werden könne, dieser sei allerdings nicht vollständig ausgefüllt. Anhand der vorliegenden Informationen über die chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen sei ein GdB von 10 vertretbar. Die geltend gemachten Kopfschmerzen seien im Rahmen der HWS-Symptomatik mitberücksichtigt. Eine chronifizierte Nasennebenhöhlenentzündung mit ständiger erheblicher Eiterabsonderung sowie mit einer intensiven Behandlung sei nicht erkennbar. Der Gesamt-GdB betrage 30 ab 3. Mai 2013.
Nach Ablehnung des Vergleichsangebotes auf Feststellung eines GdB von 30 und erneuter Vorlage von Unterlagen führte R1 versorgungsärztlich aus, dass die beschriebene Nasennebenhöhlenentzündung bereits berücksichtigt sei. Die MRT des rechten Kniegelenks beschreibe degenerative Veränderungen des Innen- und Außenmeniskus, keine Reizerscheinungen und einen intakten Bandapparat. Hieraus sei kein GdB abzuleiten. Neurologisch würden uncharakteristische Kopfschmerzen beschrieben, die HNO-ärztlich nicht auf die Nebenhöhlenentzündung zurückgeführt würden. Möglicherweise lägen Spannungskopfschmerzen oder eine seelische Störung vor.
Weiter wurde die sachverständige Zeugenauskunft des H1 eingeholt. Dieser beschrieb die HWS in allen Richtungen als nur eingeschränkt beweglich. Trigeminus, Facialis, Gaumen und Zunge seien regelrecht. An Rumpf und Extremitäten bestünden keine Paresen oder Sensibilitätsstörungen. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich schwach, die Zeichen nach Lasèque beidseits negativ. Die Koordinations- und Gleichgewichtstests seien regelrecht. Die MRT des Schädels vom 13. Mai 2015 ( A1) ergab einen unauffälligen Befund des Neurokraniums. Aktuell bestehe eine ausgeprägte Sinusitis maxillaris beidseits.
K2 nahm versorgungsärztlich dahingehend Stellung, dass die Kopfschmerzen am ehesten im Rahmen der mittels Bildgebung nachgewiesenen ausgeprägten Entzündung der Kieferhöhlen beidseitig bei der bekannten Operation wegen der Pansinusitis zu sehen seien. Bei der Art und Ausprägung der Veränderungen der Nasennebenhöhlen und bei den Kopfschmerzen sei eine zwischenzeitliche wesentliche Verschlimmerung gegenüber der Situation 2014 festzustellen. Eine Erhöhung des GdB für die chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen auf 20 seit November 2014 sei vertretbar. Eine wesentliche Erhöhung des Gesamt-GdB folge hieraus nicht, da sich die Beschwerden infolge der HWS-Veränderungen, die im Rahmen der Einstufung der gesamten Wirbelsäulensituation berücksichtigt seien, mit den Kopfschmerzen infolge der Nasennebenhöhlenentzündung überschnitten.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 7. Juli 2016 schlossen die Beteiligten einen Vergleich auf Feststellung eines GdB von 40 seit dem 3. Mai 2016, den das LRA mit Bescheid vom 28. Juli 2016 ausführte und einen GdB von 40 seit dem 3. Mai 2013 feststellte.
Am 22. März 2018 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB. Vorgelegt wurde der Bericht des Klinikums S1 über seinen stationären Aufenthalt seit 13. Juli 2016. Die Aufnahme sei zur Tubendilatation beidseits in Intubationsnarkose erfolgt. Bei geklagten Hörstörungen habe sich eine Normakusis links und eine Schalleitungsschwerhörigkeit rechts mit einer Schwelle von 20 dB gezeigt. Der intra- und postoperative Verlauf des Eingriffs sei regelrecht gewesen, die Entlassung in die ambulante Weiterbehandlung erfolgt.
Weiter gelangte der Entlassungsbericht des Fachklinikums B3 über die stationäre Rehabilitation vom 17. Oktober bis 7. November 2017 zu den Akten. Danach bestehe seit circa 17 Jahren eine Behinderung der Nasenatmung. Es träten krutöser Nasenbeläge auf, die mit Blutbeimengungen abgelöst werden könnten. Gelegentlich komme es zu spontanem Nasenbluten, ebenso würden wiederholt auftretende Kopf- und Ohrenschmerzen beschrieben.
Bei Aufnahme seien die Herztöne rein, die Herzaktion regelmäßig und normfrequent gewesen. Pulmo sei seitengleich belüftet und es imponierten keine Rasselgeräusche. Das An- und Auskleiden sei problemlos gewesen, das Gangbild unauffällig. Eine besondere Bewegungseinschränkung habe nicht bestanden. Psychisch sei der Kläger allseits orientiert, freundlich und zugewandt.
Die Bodyplethysmographie habe eine Vitalkapazität von 97 % der Norm gezeigt, der FEV-1 Wert habe bei 92 % gelegen. Es habe sich kein Anhalt für eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung gezeigt. Die Blutdruckwerte hätten im Zielbereich gelegen. Trotz intensiver inhalativer Therapie und den besonderen therapeutischen Bedingungen des Hochseereizklimas habe hinsichtlich der behinderten Nasenatmung ein Rehabilitationseffekt noch nicht abschließend beurteilt werden können. Der allgemeine Gesamtzustand sowie das psychische Befinden hätten sich verbessert.
Es solle eine konsequente symptomatische Behandlung der saisonalen Rhinokonjunktivitis mit lokalen und/oder oralen Antihistaminaka und der Kontakt mit felltragenden Tieren vermieden werden. Bei Fortbestehen der Erschöpfungssymptomatik solle ggf. eine psychologische Beratung am Wohnort erfolgen. Wenn die Beschwerden anhielten, seien eine erweiterte fachärztlich-psychiatrische Diagnostik und die leitliniengerechte Einleitung einer entsprechenden Therapie anzuraten.
Im Entlassungsbericht des M2 S1 vom 16. März 2018 wurde ausgeführt, dass ein akuter Myokardinfarkt habe ausgeschlossen werden können und sich kein Anhalt für eine Lungenarterienembolie ergeben habe. In der EKG-Monitorüberwachung hätten sich keine relevanten Auffälligkeiten gezeigt, eine Ergometrie sei indiziert. Im weiteren Befundbericht aufgrund ambulanter Untersuchung vom 28. März 2018 wurde eine Belastbarkeit im Belastungs-EKG bis 140 Watt beschrieben. Es sei eine submaximale Auslastung erreicht worden, der Abbruch wäre wegen muskulärer Erschöpfung erfolgt. Eine Ischämiereaktion sei nicht nachweisbar gewesen, eine weiterführende invasive Abklärung daher nicht erforderlich.
U1 sah versorgungsärztlich weiter einen Teil-GdB von 30 für den Bandscheibenschaden mit Nervenwurzelreizerscheinungen und einen Teil-GdB von 20 für die chronische Nasennebenhöhlenentzündung. Eine koronare Herzkrankheit sei nicht nachgewiesen, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten.
Nachdem B2 versorgungsärztlich ebenfalls eine wesentliche Änderung verneinte, lehnte das LRA den Neufeststellungsantrag mit Bescheid vom 27. Juni 2018 ab, da eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei.
Im Widerspruchsverfahren holte das LRA Befundscheine der behandelnden Ärzte ein.
Die B4 teilte mit, dass sich in den Reintonaudiogrammen eine Schalleitungsschwerhörigkeit mit einer Schalleitungskomponente von 10 bis 20 dB finde. Der Stimmgabelversuch nach Rinne sei beidseits negativ. Aufgrund der Allergien bestünden ausgeprägte rhinokonjunktivitische Beschwerden von Januar bis Juli/August, dann auch mit ausgeprägter Abgeschlagenheit. Aktuell lägen eine chronische Nasenatmungsbehinderung und chronische Kopfschmerzen vor. Im Februar und im Mai habe der Kläger unter sehr prolongierten Infekten mit Sinusitis gelitten, die eine Antibiotikabehandlung erforderlich gemacht hätten. Die dauerhafte Verwendung eines kortisonhaltigen Nasensprays sei notwendig.
Ergänzend legte sie den Befundbericht des K3 über die ambulante Untersuchung vom 12. April 2017 vor. Dieser beschrieb eine fahrradergometrische Belastbarkeit bis max. 175 Watt. Der Abbruch sei bei Erreichen der Zielbelastung erfolgt, pectangiöse Beschwerden seien keine aufgetreten. Die Echokardiographie zeige eine systolisch normale linksventrikuläre Funktion und keine regionalen Wandbewegungsstörungen. Es sei anzunehmen, dass die vom Kläger angegebenen Beschwerden am ehesten vom Rücken ausgingen.
Der S2 beschrieb rezidivierende Wirbelsäulensyndrome, über Tage und Wochen anhaltend. Diese seien mittel- bis schwergradig mit Nervenwurzelreizerscheinungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten. Weiter bestünden behandlungsbedürftige Schulter- und Kniebeschwerden.
L2 sah versorgungsärztlich kardiologisch minimale Leiden ohne Funktionseinschränkungen. Die Belastbarkeit sei normal. HNO-ärztlich zeige sich keine Verschlimmerung. Orthopädisch bestünden geringgradige Befunde, das Bewegungssystem sei nicht erheblich eingeschränkt, es lägen kein neurologisches Defizit und keine Gangstörung vor. Die Schmerzen seien am ehesten somatoformer Genese, es erfolge aber weder eine psychiatrische noch eine schmerztherapeutische Behandlung. Die üblichen Schmerzen seien bei der Bewertung bereits berücksichtigt.
Den Widerspruch wies das Regierungspräsidium S1 – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2019 zurück. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen liege nicht vor. Wie die Auswertung der vorliegenden Befundunterlagen gezeigt habe, lasse sich eine Verschlimmerung, die eine Erhöhung des GdB rechtfertige, nicht feststellen. Eine leichte Form des Bluthochdrucks, der mit keiner oder nur geringer Leistungsbeeinträchtigung einhergehe, begründe keinen GdB von wenigstens 10. Ein Organschaden werde nicht beschrieben. Eine Herzleistungsminderung, die einen GdB von 20 oder mehr rechtfertige, liege nachweislich nicht vor. Bei einer Einschränkung der Herzleistung, die mit keiner wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung einhergehe, könne kein GdB von wenigstens 20 vergeben werden. Der Kläger habe das Ergometertraining mit 175 Watt absolvieren können, sodass keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung vorliege.
Am 18. September 2018 hat der Kläger erneut Klage beim SG erhoben und eine Bescheinigung vorgelegt, wonach er in ein DMP-Programm für Asthma aufgenommen worden ist.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die versorgungsärztliche Stellungnahme des B5 vorgelegt. Danach ließen sich aus den vorgelegten Laborwerten vom 7. Februar 2020 keine GdB-relevanten Informationen ableiten. Pulmologische Befundberichte lägen keine vor, eine GdB-Bewertung ohne Lungenfunktionseinschätzung sei nicht möglich.
Zur weiteren Sachaufklärung hat das SG sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt.
Die B6 hat bekundet, den Kläger zweimal pro Quartal zu behandeln. Die beschriebenen Gesundheitsstörungen bestünden unverändert seit 2014, der versorgungsärztlichen Bewertung sei zu folgen. Weiter hat sie den bereits aktenkundigen Rehabilitationsentlassungsbericht vorgelegt.
Im Befundbericht des K3 über die ambulante Untersuchung vom 21. September 2018 ist eine arterielle Hypertonie, eine leichte Mitralklappeninsuffizienz, eine leichte Atherosklerose und eine leichte Ektasie der Aorta ascendens beschrieben. Bei den gemessenen Blutdruckwerten unter Medikation von 130/75 mmHg zeige sich eine gute Einstellung. Echokardiographisch bestehe eine normale Linksherzfunktion ohne Wandbewegungsstörungen und ohne relevantes Vitium mit einer beginnenden hypertensiven Herzkrankheit. Die aktuelle Therapie sei fortzuführen.
Der S2 hat aufgrund ambulanter Untersuchung vom 7. Mai 2019 eine Lumboischialgie links beschrieben. Es bestünden Beschwerden im LWS-Bereich mit Ausstrahlung in das linke Bein. Der Finger-Boden-Abstand (FBA) liege bei 30 cm, die Reklination sei schmerzhaft eingeschränkt. Das Zeichen nach Lasèque sei links ab 70° positiv, ein radikuläres Defizit zeige sich nicht.
Die B4 hat angegeben, dass es seit September 2017 zu keiner wesentlichen Änderung des körperlichen Gesundheitszustands des Klägers gekommen sei. Die chronischen Beschwerden zermürbten diesen zusehends, die psychische Belastbarkeit nehme ab. Den GdB im HNO-Bereich schätze sie auf 30. Es bestehe eine trockene Nasenschleimhaut mit rezidivierender Epistaxis, rezidivierendem Nasenbluten, Infektneigung, Kopfschmerzen, therapieresistenter ganzjähriger allergischer Rhinitis und rezidivierenden Ohrenschmerzen.
Der S2 hat mittel- bis schwergradige Wirbelsäulensyndrome, zum Teil mit Nervenwurzelreizerscheinungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten beschrieben. Der GdB betrage nicht unter 40, daneben sei ein GdB von 10 für eine Funktionsbehinderung/Arthrose des rechten Kniegelenks zu berücksichtigen.
Die Kernspintomographie (MRT) des Beckens vom 13. Januar 2020 K4 hat regelrechte Artikulationen in den Hüftgelenken beidseits mit symmetrisch verschmälerten Gelenkspalten ohne pathologisches Knochenbinnensignal gezeigt. Der Befund über die MRT der Brustwirbelsäule (BWS) vom 3. Februar 2017 A1 hat eine mehrsegmentale Osteochondrose der BWS mit Bandscheibenvorfall an mehreren Lokalisationen beschrieben. Eine neuroforaminale oder spinale Enge zeige sich nicht.
B5 hat in einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme dargelegt, dass sich kardiologisch eine normale linksventrikuläre Pumpfunktion, kein relevantes Vitium und eine normale rechtsventrikuläre Pumpfunktion zeige. Ergometrisch habe bis 175 Watt belastet werden können, ein Hinweis auf einen Progress einer koronaren Herzkrankheit bestünde somit nicht. Eine Herzleistungsminderung liege nicht vor.
Im orthopädischen Befundbericht werde über mittelgradige Bewegungseinschränkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) berichtet, ein radikuläres Defizit bestünde keines. Neue funktionelle Werte der Wirbelsäule fänden sich nicht. Der GdB betrage weiterhin 40.
Das SG hat weitere sachverständige Zeugenauskünfte erhoben.
Der W1 hat bekundet, den Kläger zweimal behandelt zu haben. Das allergische Asthma sei als leichtgradig anzusehen und mit einem GdB von 10 zu bewerten. Über den Langzeitverlauf könne er keine Angaben machen, da er den Kläger erstmals am 3. Juli 2020 behandelt habe und ihm keine früheren Lungenfunktionen vorlägen. Die Lungenfunktion habe sich unter Medikation normalisiert, die Sauerstoffsättigung liege ebenfalls im Normbereich. In der Bodyplethysmographie habe der FEV-1 Wert bei 93 % gelegen.
Die B7 hat über zwei ambulante Behandlungen des Klägers am 21. Oktober und 28. Dezember 2020 berichtet. Neurologisch habe sie einen Normalbefund erhoben, die MRT des Schädels habe ebenfalls einen solchen gezeigt. Bei wiederholt rechtsseitigen Kopfschmerz-Attacken habe sich die Verdachtsdiagnose einer Migräne ohne Aura gestellt. Eine zusätzliche somatoforme Schmerzstörung sei nicht auszuschließen. Bei Angabe einer Kopfschmerz-Attackenfrequenz von zwei- bis dreimal die Woche und einer Dauer von mehreren Stunden seien die Gesundheitsstörungen als mittelgradig einzustufen. Eine Überlappung der Migräne mit Kopfschmerzen, welche durch eine chronische Sinusitis bedingt seien, sei mit dem GdB von 20 ausreichend berücksichtigt. Es handele sich am ehesten um eine Migräne ohne Aura. Übelkeit, Erbrechen oder vegetative Symptome seien von dem Kläger verneint worden. Es sei eine mittelgradige Verlaufsform anzunehmen.
Eine psychiatrische Diagnose habe sie nicht gestellt. Es bestehe jedoch der Verdacht auf eine zusätzliche somatoforme Störung. Ergänzend hat sie ihre Befundberichte vorgelegt. Danach ist der Kläger bei der Vorstellung am 22. Oktober 2020 wach, bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten orientiert gewesen. Auffassung und Aufmerksamkeit sind nur leicht reduziert, die Stimmung leicht gedrückt und die affektive Schwingungsfähigkeit reduziert gewesen. Der Antrieb sei unauffällig, Hinweise auf formale oder inhaltliche Denkstörungen haben keine bestanden. Die HWS-Beweglichkeit sei frei gewesen, das Gehen beidseits sicher und der Seiltänzergang ausreichend sicher möglich gewesen.
Der G2 hat dargelegt, dass bei dem Kläger ein Nierensteinleiden bestanden habe, welches immer wieder auftreten könne. Koliken im Abstand von mehreren Monaten oder häufigere Koliken seien keine aufgetreten, der GdB sei mit 0 bis 10 zu bewerten.
S3 hat versorgungsärztlich ausgeführt, dass auf kardiologischen Gebiet ein GdB von 10 anzunehmen sei. Die Funktionsstörungen des Achsenskeletts dokumentierten eine mittelgradige Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit ohne neurologisches Defizit. Der Teil-GdB von 30 sei bereits als weitreichend zu erachten, eine Höherbewertung komme nicht in Betracht. Dies werde durch den Bericht des S2 gestützt. Dieser unterscheide sich lediglich durch eine Spezifizierung der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen. Ebenso könne die chronische Nebenhöhlenentzündung, die zusammen mit der allergischen Rhinokonjunktivitis zu betrachten sei, nicht höher bewertet werden. Auch hier sei der Teil-GdB von 20 bereits weitreichend.
Vom 27. Mai bis 30. Juni 2021 ist eine ambulante Rehabilitation im Zentrum für ambulante Rehabilitation C1 durchgeführt worden. Der Kläger sei in gutem Allgemein- und normalen Ernährungszustand gewesen. In Ruhe bestehe keine Luftnot, die Lunge sei seitengleich belüftet, die Herzaktion rhythmisch. Psychisch sei der Kläger bewusstseinsklar, allseits orientiert und im Kontakt offen. Es zeigten sich keine Hinweise auf Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Im Gespräch bestehe eine Einengung auf das Schmerzerleben, die Mimik sei vermindert, die Stimmungslage im Affekt gedrückt bei verminderter Schwingungsfähigkeit.
Es zeige sich ein unauffälliges Gangbild ohne Hinken. Zehenspitzen- und Fersengang seien beidseits möglich. Das An- und Auskleiden sowie der Transfer auf die Untersuchungsliege gelinge ohne Schmerzäußerung, Schonhaltung oder Ausweichbewegungen.
Die Beweglichkeit der HWS liege für die Rotation beidseits bei 70°, für die Lateralflexion bei 30°. Klopf- und Druckschmerzen zeigten sich an den Dornfortsätzen der unteren LWS, auch hier bestehe ein Druckschmerz paravertebral. Der FBA liege bei 30 cm, die Lateralflexion sei beidseits mit 30° möglich.
An den unteren Extremitäten bestünden gerade Beinachsen. Im Seitenvergleich sei keine muskuläre Dysbalance erkennbar, in allen Gelenken sei die Beweglichkeit frei. Insbesondere zeige sich kein Gelenkerguss im linken Kniegelenk, die Seitenbänder seien intakt. Es bestünden keine Paresen, das Zeichen nach Lasèque sei negativ.
Psychisch sei der Kläger im Gespräch freundlich, offen, bewusstseinsklar und schwingungsfähig. Er wirke psychisch und körperlich belastet. Es zeige sich ein gutes Krankheitsverständnis mit Defiziten in der Krankheitsverarbeitung. Nach der Erhebung der psychischen Symptome seien die Gespräche lösungsorientiert und ressourcenaktivierend gestaltet worden. Aus psychologischer Sicht bestehe aktuell kein Unterstützungsbedarf.
W2 hat versorgungsärztlich an der bisherigen Bewertung festgehalten. Von Seiten der HWS bestehe nur eine geringgradige Rotationseinschränkung von 70°, die Rumpfwirbelsäule, die als Funktionseinheit von BWS und LWS zu sehen sei, weise eine Lateralflexion von 30° beidseits auf, was grenzwertig als Normwert zu sehen sei. Das Zeichen nach Lasèque werde als negativ beschrieben, wodurch akute Nervenwurzelreizerscheinungen ausgeschlossen seien. Motorische Ausfälle im Bereich der Arme und Beine bestünden nicht. Entsprechend ausgeprägte Beschwerden auf psychischem Gebiet, die einen höheren Teil-GdB als 10 begründen könnten, seien nicht gegeben.
Anschließend hat das SG das orthopädische Sachverständigengutachten des D1 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 16. Februar 2022 erhoben. Dieser hat ausgeführt, dass sich in der Wirbelaufsicht von hinten eine flachbogige rechtskonvexe Seitausbiegung der BWS und eine kompensatorische Gegenschwingung der LWS gezeigt habe. Die Beweglichkeit der HWS sei mit einer Vor- und Rückneigung von 50-0-40° frei, die Rotation auf 40-0-40° limitiert, die Seitneigung liege mit 30-0-30° im unteren Normbereich. Die Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule liege bei 30-0-30°, das Zeichen nach Ott betrage 30:31,5 cm, das Zeichen nach Schober 10:14,5 cm. Der FBA messe 49 cm. Ein Ischias-Dehnungsschmerz könne rechts nicht, links ab 80° ausgelöst werden. Die Fußheberkraft sei links geringfügig vermindert, rechts regelrecht. Die Oberschenkelmuskulatur könne beidseits seitengleich kräftig angespannt werden. Insgesamt zeige die neurologische Untersuchung ein endgradiges sensibles Nervenwurzelreiz-Syndrom links.
An den oberen Gliedmaßen bestehe eine seitengleich ausgeprägte Schultergürtelmuskulatur, die Durchblutung sei regelrecht. Die Muskeleigenreflexe seien seitengleich schwach auslösbar. Ebenso sei die Beinmuskulatur seitengleich ausgeprägt, in der Standphase würden beide Kniegelenke durchgestreckt. Es bestehe keine augenfällige Beinachsenfehlstellung. Die Bein- und Fußpulse seien in den typischen Etagen seitengleich kräftig nachweisbar. Die Beugung in beiden Hüftgelenken sei endgradig eingeschränkt. Die Beweglichkeit in den Knie-, unteren Sprung- und Zehengelenken sei seitengleich vollständig. Das Einbeinhüpfen sei beidseits erschwert, beim Versuch des vollständigen (tiefen) Hocksitzes würden die Kniegelenke bis 110° gebeugt. Als Ursache für das endgradige Beugedefizit seien Schmerzen in der LWS angegeben worden. Beim Barfußgang auf ebenem Boden bestehe ein sicheres, flüssiges Gangbild.
Es zeige sich eine regelrechte Kniegelenkssilhouette ohne Anhalt für eine Ergussbildung beidseits mit stabilem Bandapparat. Die klinische Untersuchung des rechten Kniegelenkes ergebe den Verdacht auf eine Innenmeniskusschädigung bzw. differentialdiagnostisch auf arthrotische Veränderungen im innengelegenen Kniegelenkskompartiment. Die klinische Untersuchung des linken Kniegelenks zeige regelrechte Untersuchungsergebnisse.
Die Beweglichkeitseinschränkung der HWS und BWS entspreche mittelgradigen funktionellen Auswirkungen eines Wirbelsäulenabschnitts, die zu einem GdB von 20 führten. Ein höherer GdB als 20 könne nicht anerkannt werden, weil die Einschränkungen keinen mittelgradigen funktionellen Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten entsprächen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des endgradigen Nervendehnungsschmerzes links und der geringfügigen Fußheberschwäche links sei der GdB auf höchstens 30 zu erhöhen. Weitere GdB-relevante Funktionseinschränkungen bestünden auf seinem Fachgebiet nicht. Der Gesamt-GdB sei auf 40 einzuschätzen. Eine Funktionsstörung des rechten Kniegelenks und eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform könne nicht festgestellt werden.
Vorgelegt worden ist dann noch der Befundbericht der B7 vom 6. Februar 2022. Danach sei von einer Chronifizierung der Migräne ohne Aura auszugehen, differentialdiagnostisch könne auch ein medikamenteninduzierter Kopfschmerz bestehen. Sie habe dringend von einem regelmäßigen Analgetikakonsum abgeraten und über die Risiken aufgeklärt. Bei zusätzlich bestehender Depression habe sie Amitriptylin 25 mg 0-0-1/2 rezeptiert.
Anschließend hat das SG das HNO-ärztliche Sachverständigengutachten des Z1 aufgrund ambulanter Untersuchung vom 3. August 2022 erhoben. Dieser hat ausgeführt, dass sich in der Endoskopie der Nase auf beiden Seiten ein Zustand nach endonasaler Nasennebenhöhlenoperation gezeigt habe. Auf der linken Seite seien die Kieferhöhle und der vordere Bereich des Siebbeins einzusehen, dahinter sei das Siebbein verschwollen. Ebenso sei das Infundbukum der Stirnhöhle verschwollen. Es bestehe eine Nasenmuschelhyperplasie der unteren Muscheln beidseits sowie eine geringe Septumdeviation, jedoch mit unterem Muschelkontakt beidseits.
Die Lungenfunktionsprüfung zeige eine Vitalkapazität von 1400/1500 ml. In der Tonschwellenaudiometrie bestehe ein geringgradiger Hörverlust auf beiden Seiten im Sinne einer kombinierten Schwerhörigkeit rechts und einer Schallempfindungsschwerhörigkeit links. Der Hörverlust rechts betrage 5 % und links 0 %. Die Sprachaudiometrie ergebe bei 65 dB auf der rechten Seite ein Einsilbenverständnis von 85 %, links von 90 %.
Der Kläger leide an einer trockenen Nase mit behinderter Nasenatmung. Diese sei messtechnisch objektivierbar und auf eine Nasenmuschelhyperplasie mit Verengung der Nasengänge zurückzuführen. Diese stehe wiederum in Beziehung zu einer mittels Pricktest objektivierten Nasenallergie gegen zahlreiche Allergene. Zudem leide er an einer objektivierbaren Tubenventilationsstörung mit zeitweiligen Ohrenschmerzen und mit geringfügigem Hörverlust. Darüber hinaus bestehe eine geringgradige Trigeminusneuralgie mit zeitweiligen Kopfschmerzen und Berührungsschmerz im Nasenbereich. Letztlich zeige sich endoskopisch ein Zustand nach operativer Ausräumung von Nasennebenhöhlen beidseits, vermutlich aufgrund einer zum Zeitpunkt der Operation bestehen chronischen Nasennebenhöhlenentzündung.
Der Hörverlust führe zu einem GdB von 0, die Verengung der Nasengänge liege beidseitig vor und sei mit einem leichten bis mittelgradigen GdB verbunden. Dies ergebe einen GdB von 10. Der Zustand nach Operation der Nasennebenhöhlenentzündung sei als schwergradig einzustufen, da er mit Krustenbildungen und Trigeminusreizungen, die zu Kopf- und Nasenschmerzen führten, einhergehe. Da weiterhin ein Verschluss des Zugangs zur linken Stirnhöhle und dem hinteren Siebbein vorliege, sei ein GdB von 30 bis 40 anzusetzen.
Beim GdB durch die Typ-I-Allergie seien auch Folgeerscheinungen wie die Vermeidbarkeit der Allergene zu berücksichtigen. Während für Tierhaarallergene eine Ausweichmöglichkeit bestehe, sei eine Vermeidung der saisonalen Pollenallergene nur dann möglich, wenn der Betroffene sich über mehrere Monate oberhalb von 2500 Meter oder beispielsweise auf dem Meer aufhalte.
Die allergische Situation führe zur einer vergleichbaren Symptomatik wie die chronische Nasennebenhöhlenentzündung, sodass die Unvermeidbarkeit der Exposition zweckmäßiger Weise dadurch berücksichtigt werden müsse, dass der GdB mit 30 bis 40 eingeschätzt werde. Die behindernden Beschwerden überlappten sich dahingehend, dass eine Integration (nicht Addition) einen GdB von 40 ergebe. Die Behinderung der Nasenatmung mit dem GdB von 10 sei ebenfalls zu integrieren, der Gesamt-GdB betrage 40.
Im Rahmen der versorgungsärztlichen Stellungnahmen sei der Zustand nach Operation einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung nicht endoskopisch, palpatorisch oder maschinell untersucht worden, sodass Krustenbildung und Trigeminusreizerscheinungen, die zu Kopf- und Nasenschmerzen führten, ein Verschluss des Zugangs zur linken Stirnhöhle und hinteren Siebbein als auch die behinderte Nasenatmung übersehen worden seien. Ebenso seien die Pollenallergie und die Tubenventilationsstörung nicht berücksichtigt worden.
Der Beklagte ist dem Sachverständigengutachten durch Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des H2 entgegengetreten. Ein GdB von 40 entspräche dem höchsten für eine chronische Nebenhöhlenentzündung möglichen Wert. Dieser sei vorgesehen bei ständiger erheblicher Eiterabsonderung mit Polypenbildung, wobei Trigeminusreizerscheinungen bereits mit eingerechnet seien. Endoskopisch würden jedoch nur geringe Schleimhautschwellungen angegeben. Es werde zwar eine trockene Nase beschrieben, jedoch keine ständige erhebliche Eiterabsonderung. Eine saisonale Allergie sei deutlich niedriger zu bewerten. Der Sachverständige übersehe, dass bei saisonalen Erkrankungen ein Durchschnitts-GdB gebildet werden müsse. Unter Würdigung der geschilderten Befunde sei ein GdB von 30 auf HNO-ärztlichem Fachgebiet noch vertretbar. Dies führe nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB. Für einen GdB von 50 fehle es an einer hinreichenden Grundlage.
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Juli 2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein höherer Gesamt-GdB als 40 könne nicht festgestellt werden, sodass eine wesentliche Änderung nicht vorliege. Im Funktionssystem „Rumpf“ betrage der GdB höchstens 30. Die Bewegungseinschränkungen der HWS und BWS seien mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt gleichzusetzen und mit einem GdB von 20 zu bewerten. Zudem bestehe eine geringgradige Fußheberschwäche mit daraus resultierender um 5° verminderter Überstreckbarkeit im linken oberen Sprunggelenk bei einem positiven Nervendehnungszeichen ab 80° entsprechend dem Dermatom L5. Somit könne der Teil-GdB auf höchstens 30 erhöht werden. Der Einschätzung des S2 sei nicht zu folgen, da dieser schon keine entsprechenden Untersuchungsbefunde mitgeteilt habe.
Das Funktionssystem „Atmung“ sei mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten. Der Zustand nach Nasennebenhöhlenoperation könne unter Einbeziehung der doppelseitig vorliegenden Verengung der Nasengänge mit leichter bis mittelgradiger Atembehinderung, für die ein GdB von 10 vorgesehen sei, und unter Berücksichtigung des Verschlusses des Zugangs zur linken Stirnhöhle und zum hinteren Siebbein sowie der Belüftungsstörung zwischen Mittelohr und Nasenrachenraum mit zeitweiligem Ohrenschmerz und unter Einbeziehung der geringgradigen Trigeminusreizerscheinungen einschließlich zeitweiligen Kopfschmerzen und Berührungsschmerzen im Nasenbereich mit einem GdB von 20 bis 30 bewertet werden. Für die Pollenallergie sei ebenfalls ein GdB von 20 bis maximal 30 angemessen. Unter Berücksichtigung der weitgehenden Überschneidung der insoweit behindernden Beschwerden könne der GdB in Übereinstimmung mit der B4 auf 30 festgesetzt werden. Eine Ausschöpfung des Bewertungsrahmens mit einem Durchschnitts-GdB von 40 komme nicht in Betracht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass endoskopisch nur geringe Schleimhautschwellungen festgestellt worden und die Pollenallergene saisonal bedingt seien. Ständige erhebliche Beschwerden bestünden nicht. Für das ferner vorliegende leichtgradige Bronchialasthma könne mit dem W1 von einem Einzel-GdB von 10 ausgegangen werden, wodurch sich keine Änderung ergebe. Im Funktionssystem „Herz und Kreislauf“ könne für den vorliegenden Herzklappenfehler, den Bluthochdruck und die leichte Arteriossklerose mit Erweiterung der aufsteigenden Brustschlagader ohne Herzleistungsminderung ein Teil-Gdb von 10 angenommen werden.
Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ sei ein Teil-GdB von 10 anzunehmen. Nach der Auskunft der B7 habe diese die Verdachtsdiagnose einer Migräne ohne Aura gestellt. Übelkeit, Erbrechen oder vegetative Symptome bestünden keine. Das verordnete Amitryptylin habe der Kläger nach seinen Angaben selbstständig wieder abgesetzt.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der im Funktionssystem „Rumpf“ angenommene Teil-GdB von 30 nicht voll ausgeschöpft erscheine und auch eine wesentliche Verschlimmerung der HNO-ärztlichen Gesundheitsstörungen des Klägers nicht feststellbar sei, komme ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht in Betracht. Eine wesentliche Verschlimmerung, die eine Neufeststellung des GdB rechtfertige, liege nicht vor.
Am 18. August 2023 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Das SG sei auf orthopädischem Gebiet der Einschätzung des Sachverständigen D1 gefolgt, soweit es die Einschätzung des Z1 für nicht zutreffend erachte, könne dem nicht gefolgt werden. Dessen Ausführungen seien schlüssig und nachvollziehbar und er gehe aufgrund der Allergie von einem Teil-GdB von 30 bis 40 aus. Der Zustand nach Operation der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung sei als schwergradig einzustufen, da er mit Krustenbildungen und Trigeminus-Reizerscheinungen, welche zu Kopf- und Nasenschmerzen führten, einhergehe. Wenn das SG nur von geringen Schleimhautschwellungen ausgehe, übersehe es, dass er ständig Nasensalbe, Nasenöl und sogar Kortisonspray in die Nase einführen müsse. Die Praxis von Frau B7 habe er wegen Erkrankungen längere Zeit nicht aufsuchen können und es sei schwer, Termine zu bekommen. Das verordnete Medikament habe wegen einer Unverträglichkeit abgesetzt werden müssen. Wegen seines langjährigen Krankheitszustandes habe er erhebliche funktionelle Beeinträchtigungen. Um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden, müsse er Fehlzeiten vermeiden, weshalb ihm Arztbesuche nur eingeschränkt möglich seien. Er habe den Eindruck, dass ihm und seinen Ärzten wegen seiner Beschwerden kein Glauben geschenkt werde.
Vorgelegt ist das HNO-ärztliche Attest der B4 vom 25. September 2023 worden. Danach bestehe seit 2016 eine Dauertherapie mit einem topischen Corticosteroid sowie einem systemischen Antihistaminikum. Dennoch sei es seit 2014 zu keiner Besserung des Gesamtzustandes gekommen. Eine begonnene spezifische Immuntherapie gegen die Hausstaubmilbe habe aufgrund ausgeprägter Nebenwirkungen abgebrochen werden müssen, eine weitere operative Sanierung der Nasennebenhöhlen sei als nicht erfolgversprechend angesehen worden. Die chronische Sinusitis mit ausgeprägter Infektneigung, die ganzjährige allergische Rhinitis und die daraus resultierende Tubenbelüftungsstörung mit Hörminderung führten zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Alltags.
Der M1 hat in seinem Attest vom 24. Oktober 2023 als Beschwerden Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Sinusitis, Hörminderung und Nierenschmerzen angegeben. Als Diagnosen hat er den Verdacht auf eine chronische Migräne, differentialdiagnostisch Medikamentenübergebrauchskopfschmerzen, Depressionen, arterielle Hypertonie, Asthma, Nierenstein, Leistenhernie, leichte Mitralklappeninsuffizienz, leichte Atherosklerose der Carotiden und leichte Ektasie der Aorta ascendens beschrieben.
Weiter ist ein Überweisungsschein vom 23. Oktober 2023 zur Schmerztherapie vorgelegt worden. Als Diagnosen/Verdachtsdiagnosen sind eine chronische Migräne, eine somatisierte Depression, ein chronisches Schmerzsyndrom und ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz angegeben worden. Amitryptilin sei nicht vertragen worden, regelmäßig werde Naproxen und Paracetamol eingenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2023 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2019 sowie unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 28. Juli 2016 einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 22. März 2018 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er verweist auf die angefochtene Entscheidung. Das SG habe bereits ausführlich dargestellt, weshalb der Teil-GdB von 30 für das Wirbelsäulenleiden maximal bemessen sei. Für das Funktionssystem „Atmung“ könne kein höherer Teil-GdB als 30 angesetzt werden. Ein Teil-GdB von 40 stelle bereits den höchsten für eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung möglichen Wert dar, der nach den Bewertungsvorgaben vorgesehen sei bei erheblicher Eiterabsonderung und Polypenbildung. Trigeminusreizerscheinungen seien dabei bereits mit eingerechnet. Endoskopisch würden jedoch nur geringe Schleimhautschwellungen beschrieben. Zwar werde eine trockene Nase angegeben, aber keine ständige erhebliche Eiterabsonderung. Z1 übersehe, dass bei saisonalen Erkrankungen ein Durchschnitts-GdB gebildet werden müsse. Im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ sei kein höherer Teil-GdB als 10 gegeben. B7 habe mitgeteilt, dass die Kopfschmerzen durch die chronische Sinusitis bedingt seien. Eine fachpsychiatrische Behandlung sei nicht dokumentiert, das psychovegetative Erschöpfungssyndrom bedinge keinen höheren GdB.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG, mit dem die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) auf Neufeststellung des GdB unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides (§ 95 SGG) vom 9. September 2019 sowie unter teilweiser Rücknahme des Bescheides vom 28. Juli 2016 abgewiesen worden ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei dieser Klageart grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 –, juris, Rz. 26; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 54 Rz. 34), ohne eine solche derjenige der Entscheidung.
Die Unbegründetheit der Berufung folgt aus der Unbegründetheit der Klage. Der Bescheid vom 27. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs.1 Satz 2 SGG). Auch zur Überzeugung des Senats, wie des SG, kann der Kläger die höhere Neufeststellung des GdB nicht beanspruchen. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe nach eigener Prüfung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Ver0hältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand ist auszugehen, wenn diese einen um wenigstens 10 veränderten Gesamt-GdB rechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 – B 9 SB 1/03 R –, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt – teilweise – aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 – 9a RVs 55/85 –, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des – teilweise – aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 – B 9 V 2/10 R –, SozR 4-3100 § 35 Nr. 5, Rz. 38 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, nachdem zur Überzeugung des Senats eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgebenden Vergleichsbescheid vom 28. Juli 2016, mit dem der Vergleich vom 7. Juli 2016 im Verfahren S 17 SB 5712/13 ausgeführt wurde, nicht eingetreten ist. Eine solche ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass B4 in ihrem im Berufungsverfahren vorgelegten Attest auf einen chronischen Zustand verwiesen hat, der sich seit 2014 nicht gebessert habe. Eine Verschlimmerung wird hierdurch gerade nicht belegt. Eine solche ist auch auf orthopädischem Fachgebiet nicht eingetreten, vielmehr sind tendenziell bessere Befunde gegenüber den maßgeblichen Vergleichsbefunden erhoben worden.
Der Anspruch richtet sich nach § 152 Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in der aktuellen, seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 und 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 152 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen mit Behinderungen sind nach § 2 Abs. 1 Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können (Satz 1). Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht (Satz 2). Menschen sind im Sinne des Teils 3 des SGB IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 152 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Nachdem noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen, somit die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412), entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht“ (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 – B 9 V 25/98 R –, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als „Alterskrankheiten“ (etwa „Altersdiabetes“ oder „Altersstar“) bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 152 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 – B 9 SB 1/03 R –, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – B 9 SB 35/10 B –, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSGE 82, 176 [177 f.]). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der GdB weiterhin mit 40 zutreffend festgestellt ist.
Die vorwiegenden Funktionseinschränkungen liegen beim Kläger im Funktionssystem „Atmung“, werden durch die chronische Nasennebenhöhlenentzündung begründet, die mit einem Teil-GdB von 30, statt zuvor 20, bewertet werden können, wenngleich keine Verschlimmerung in den Befunden festzustellen ist.
Nach den VG, Teil B, Nr. 6.2 ist eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung leichten Grades ohne wesentliche Neben- und Folgeerscheinungen mit einem GdB von 0 bis 10 zu bewerten, eine solche schweren Grades mit ständiger erheblicher Eiterabsonderung, Trigeminusreizerscheinungen und Polypenbildung mit einem GdB von 20 bis 40.
Ausgehend von diesen Maßstäben hat der H2 schlüssig herausgearbeitet, dass sich den Untersuchungsbefunden des Z1 hinsichtlich der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung keine Polypenbildung entnehmen lässt und endoskopisch nur geringe Schleimhautschwellungen beschrieben werden. Weiter sieht er schlüssig ständige erhebliche Eiterabsonderungen als nicht belegt an, solche ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass B4 auf eine Infektneigung hingewiesen hat, da hierdurch keine dauerhaften Funktionseinschränkungen beschrieben worden sind.
Eine Ausschöpfung des Bewertungsrahmens hat H2 unter Berücksichtigung der Trigeminusreizerscheinungen schlüssig verneint. Letztere sind von der B7 im Übrigen schon gar nicht bestätigt worden, die neurologisch einen Normalbefund erhoben hat (vgl. auch die sachverständige Zeugenauskunft des H1 im Vorverfahren). Soweit Z1 sich auf die durchgeführten Eingriffe stützt, überzeugt dies ebenso wenig, wie der Umstand, dass er aus den beschriebenen Krustenbildungen auf schwergradige Einschränkungen schließt. Ebenso wirkt sich die Tatsache, dass ein Nasenspray verwendet wird, nicht erhöhend aus.
Der Teil-GdB von 30, und damit in der Mitte des Bewertungsrahmens, rechtfertigt sich vor dem Hintergrund, dass weiter Kopfschmerzen beschrieben sind, die sich mit der Migräne ohne Aura überlappen, wie der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft der B7 entnimmt, und deshalb einheitlich zu bewerten sind (vgl. zu der Berücksichtigung der Kopfschmerzen auch die versorgungsärztliche Stellungnahme des K2).
Im Funktionssystem weiter zu berücksichtigen ist ein leichtgradiges bronchiales Asthma (vgl. VG, Teil B, Nr. 8.5), welches mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten ist, wie ihn auch der W1 gesehen hat. Auf eine Vermeidbarkeit der Allergene kommt es nach den Vorgaben der VG, anders als Z1 meint, nicht an. Dass die allergischen Beschwerden keine höhere Bewertung rechtfertigen, ist durch S3 versorgungsärztlich ebenfalls überzeugend dargelegt worden. Eine relevante Einschränkung der Lungenfunktion ergibt sich nämlich aus den Befundberichten nicht. Eine solche ist weder durch W1, der den FEV1-Wert mit 93 % angegeben hat, noch von dem Klinikum B3, dass den FEV1-Wert mit 92 % beschrieben hat, befundet worden.
Die daneben im Funktionssystem „Rumpf“ bestehenden Funktionseinschränkungen führen zu keinem höheren Teil-GdB als 20, der die beschriebene Schmerzsymptomatik bereits mit berücksichtigt. Die anderweitige Bewertung des D1 ist mit den Bewertungsvorgaben der VG nicht vereinbar und überzeugt deshalb nicht.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten „Postdiskotomiesyndrom“) primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte „Wirbelsäulensyndrome“ (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein.
Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz-dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Hiervon ausgehend liegen mittelgradige Funktionseinschränkungen in wenigstens einem Wirbelsäulenabschnitt bei dem Kläger nicht vor, insbesondere ist es zu keiner Verschlechterung gegenüber dem maßgebenden Vergleichsbefund gekommen. Das Sachverständigengutachten des K1 aus dem Vorverfahren, auf dem der Vergleich im Wesentliche beruhte, weist eine Beweglichkeit der HWS für die Rotation von 45-0-50°, für die Seitneigung rechts/links von 30-0-30° und einen Kinn-Jugulum-Abstand von 4 cm aus. Das Zeichen nach Schober hat der Sachverständige mit 10:13 cm bestimmt, das Zeichen nach Ott mit 30:31 cm. Die Seitneigung der LWS war nur bis 20-0-20° möglich. Die angegebene Schwäche des linken Beines, die das Marienhospital zuvor noch beschrieben hatte, konnte der Sachverständige nicht objektivieren, hat aber mittelgradige Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten gesehen und deshalb einen GdB von 30 angenommen.
Demgegenüber hat D1 deutlich bessere Werte erhoben. Dieser hat die HWS lediglich für die Rotation mehr als endgradig eingeschränkt befundet und damit nur in einer Bewegungsrichtung. Die Zeichen nach Ott mit 30:31,5 cm und Schober mit 10:14,5 cm entsprachen annähernd Normalbefunden (Ott 30:32 cm; Schober 10:15 cm). Ebenso war die Beweglichkeit der LWS mit 30-0-30° im Normbereich. Hinsichtlich der Fußheberkraft hat D1 diese links als lediglich geringgradig vermindert gesehen, seine neurologische Untersuchung ergab indessen nur ein sensibles Nervenwurzelreiz-Syndrom links und keine motorischen Ausfälle. Korrespondierend hierzu konnte die Oberschenkelmuskulatur beidseits kräftig angespannt werden. Seine Befunde werden durch den Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation C1 gestützt, welches ebenfalls eine nur endgradig eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit und das Gangbild als unauffällig befundet hat. Neurologische Ausfallerscheinungen sind letztlich von der B7 nicht objektiviert worden. Diese hat vielmehr ebenfalls ein sicheres Gangbild gesehen und die HWS, ebenso wie D1, als frei beweglich angegeben.
Anders als D1 meint, sind mit einem GdB von 20 nur mittelgradige Funktionseinschränkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt zu bewerten. Nicht wenigstens mittelgradige Funktionseinschränkungen, also solche, die einen GdB von 20 nicht erreichen, die in zwei Wirbelsäulenabschnitten bestehen, können gerade nicht zu mittelgradigen Einschränkungen in einem Abschnitt zusammengefasst werden. Dementsprechend kommt erst recht keine weitere Erhöhung auf 30 wegen einer nur geringfügigen Fußheberschwäche in Betracht. Dass ein Teil-GdB von 30 nicht (mehr) erreicht wird, ergibt sich letztlich auch aus der versorgungsärztlichen Stellungnahme des S3, der einen solchen als „weitreichend“ bezeichnet hat.
Ein Teil-GdB von 20 rechtfertigt sich vielmehr nur, wenn zusätzlich in Rechnung gestellt wird, dass ein Schmerzsyndrom beschrieben und diesbezüglich, zumindest zeitweise, eine medikamentöse Behandlung durchgeführt wird.
Aus Vorstehendem folgt gleichzeitig, dass kein – zusätzlicher – Teil-GdB im Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ (vgl. VG, Teil B, Nr. 3.7) festzustellen ist. Dem Entlassungsbericht des Zentrums für ambulante Rehabilitation entnimmt der Senat, dass der Kläger psychisch bewusstseinsklar, allseits orientiert und im Kontakt offen gewesen ist. Es bestanden keine Hinweise auf Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Bei gutem Krankheitsverständnis und Defiziten in der Krankheitsverarbeitung wurden die Gespräche lösungsorientiert und ressourcenaktivierend gestaltet, ein weiterer Unterstützungsbedarf nicht gesehen. Daraus wird zum einen deutlich, dass die Beschwerden im Zusammenhang mit den körperlichen Einschränkungen stehen und zum anderen einer therapeutischen Behandlung zugänglich gewesen sind.
Im Funktionssystem „Herz und Kreislauf“ besteht kein Teil-GdB. Weder ist eine relevante Minderung der Herzleistung (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.1.1) noch ein Bluthochdruck mit Organbeteiligung (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.3) objektiviert. Dem Entlassungsbericht des M2 S1 entnimmt der Senat vielmehr, dass kein akuter Myokardinfarkt bestanden hat und im Belastungs-EKG 140 Watt erreicht wurden, wobei der Abbruch aufgrund muskulärer Erschöpfung und nicht wegen pathologischer Messdaten erfolgte. Bei der Untersuchung durch den K3 hat im Belastungs-EKG sogar eine Belastbarkeit bis 175 Watt bestanden. Schlüssig hat L2 versorgungsärztlich darauf hingewiesen, dass nur von einem minimalen Leiden ausgegangen werden kann, das nicht bewertungsrelevant ist. Den Blutdruck hat das Klinikum B3 als im Normbereich liegend befundet, somit ebenfalls nicht bewertungsrelevant.
Im Übrigen bestätigen die Ergebnisse im Belastungs-EKG deutlich die bei dem Kläger bestehende körperliche Leistungsfähigkeit trotz der behinderten Nasenatmung und dem Asthma, was ebenfalls gegen eine Höherbewertung spricht.
Weitere Funktionseinschränkungen in anderen Funktionssystemen, die bewertungsrelevant sind, bestehen nicht. Der beschriebene Hörverlust von 5 % rechts bei Normalhörigkeit links (vgl. zuletzt das Sachverständigengutachten des Z1) begründet keinen Teil-GdB im Funktionssystem „Ohren“ (vgl. VG, Teil B, Nr. 5.2.4). Eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit (Funktionssystem „Arme“, vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13) konnte von D1 ebenso wenig objektiviert werden wie eine Einschränkung der Kniebeweglichkeit (Funktionssystem „Beine“, vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14). Die gegenteiligen Angaben des S2 haben sich damit nicht bestätigt, entsprechende Einschränkungen sind bei der ambulanten Rehabilitation ebenfalls nicht gesehen worden.
Aus den Teil-GdB von 30 im Funktionssystem „Atmung“ und 20 im Funktionssystem „Rumpf“ lässt sich ein höherer Gesamt-GdB als 40, wie ihn der Beklagte bereits festgestellt hat, nicht bilden. Dies gilt schon deshalb nicht, da sich eine wesentliche Verschlechterung in den Befunden nicht hat objektivieren lassen, sondern vielmehr im Funktionssystem „Rumpf“ bessere Werte vorliegen (siehe oben).
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 26 SB 4066/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2400/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved