L 10 SF 1238/24 AB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
10.
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 SF 1238/24 AB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Die bloße Weiterleitung von Schriftsätzen bzw. eines Richterablehnungsgesuchs an den Gegner des Hauptsacheverfahrens z.K. und Gelegenheit zur Stellungnahme auch durch den abgelehnten Richter selbst verstößt nicht gegen das sog. Tätigkeitverbot aus § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO und ist ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Das erneute Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 17.04.2024 gegen die Senatsvorsitzende und gegen den Berichterstatter des Senats wird als unzulässig verworfen.


Gründe

I.

Der Senat hat das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen die Senatsvorsitzende, Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht V1, und gegen den Berichterstatter des Senats, Richter am Landessozialgericht M1, vom 18.03.2024 mit Beschluss vom 02.04.2024 (L 10 SF 909/24 AB) als unzulässig - und auch offensichtlich unbegründet - abgelehnt; ihr weiteres Ablehnungsgesuch vom 08.04.2024 gegen die genannten Richter ist mit Senatsbeschluss vom 15.04.2024 (L 10 SF 1098/24 AB) hinsichtlich der erneuten Ablehnung der Senatsvorsitzenden als (offensichtlich) unzulässig verworfen, hinsichtlich der erneuten Ablehnung des Berichterstatters als (offensichtlich) unbegründet abgelehnt worden. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Beschlussgründe Bezug genommen.

Auf den Senatsbeschluss vom 15.04.2024 - und unter Bezugnahme darauf - hat die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten zu 2) vom 17.04.2024 - per Telefax am Nachmittag desselben Tags bei Gericht eingegangen und dem Senat am Morgen des (nachfolgenden) Sitzungstags vorgelegt - erneut eine „Verfahrensrüge“ erhoben, ihr Vorbringen aus den vorangegangenen Ablehnungsverfahren wiederholt und geltend gemacht, dass die Senatsvorsitzende den „gerügten Sachverhalt“ nicht „so zur Kenntnis genommen“ habe, „wie er offensichtlich und für jedermann erkennbar“ sei; die Verfügung vom 04.04.2024 (im Hauptsacheverfahren, gerichtet an den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin, s. dazu Senatsbeschluss vom 15.04.2024, L 10 SF 1098/24 AB) beruhe auf bloßen Spekulationen. Daher stelle die Begründung des Senatsbeschlusses vom 15.04.2024 „einen schwerwiegenden Verfahrensmangel“ dar und rechtfertige die „Besorgnis der Befangenheit“ bzw. stelle „einen weiteren Befangenheitstatbestand“ dar. Außerdem hat die Klägerin (wiederholend aus dem Hauptsacheverfahren) geltend gemacht, dass der „Rentenbescheid der Beklagten vom 21.02.2024“ - ein solcher Bescheid existiert nicht, gemeint ist ersichtlich der in der Hauptsache angefochtene (Ausgangs-)Bescheid der Beklagten vom 21.02.2020 - von ihr (der Beklagten) „manipuliert“ sei und deshalb einem „Verwertungsverbot“ unterliege, was vom Senat „ignoriert“ werde, indem er darauf „beharre“, „den manipulierten Bescheid und die Verwaltungsakte zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen“; auch dies begründe die Besorgnis der Befangenheit der genannten Richter, ebenso wie der Umstand, dass „der/die Verfasser des Schreibens“ vom 19.03.2024 (im Verfahren L 10 SF 909/24 AB, Weiterleitung des vom Prozessbevollmächtigten zu 2) angebrachten Ablehnungsgesuchs vom 18.03.2024 an den Prozessbevollmächtigten zu 1) und an die Beklagte zur Kenntnisnahme und mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche) nach wie vor nicht benannt sei(en).

Mit weiteren Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 17.04.2024 (S. 193 ff. Senats-Akte L 10 U 3556/21) hat sich die Klägerin u.a. gegen die Durchführung der mit Verfügung vom 06.02.2024 bestimmten mündlichen Verhandlung am 18.04.2024 gewandt.

II.

Über das erneute Ablehnungsgesuch (§ 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] i.V.m. §§ 42, 44 der Zivilprozessordnung [ZPO]) der Klägerin vom 17.04.2024 gegen die Senatsvorsitzende und den Berichterstatter des Senats hat der Senat unter Mitwirkung dieser Richter in seiner normalen Besetzung zu Beginn der Sitzung am 18.04.2024 - noch vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung - entschieden, den Beschluss (§ 60 Abs. 1 SGG, § 46 Abs. 1 ZPO) in Anwesenheit der Beteiligten bzw. ihrer Bevollmächtigten verkündet und ihnen den wesentlichen Inhalt der Gründe mitgeteilt; insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.04.2024 im Hauptsacheverfahren verwiesen.

Das Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 17.04.2024 ist offensichtlich unzulässig und daher entsprechend zu verwerfen (vgl. dazu nur Vollkommer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 46 Rn. 7; Stackmann in MüKoZPO, 6. Aufl. 2020, § 46 Rn. 4, beide m.w.N.) gewesen, ohne dass dem die Mitwirkung der abgelehnten Richter entgegengestanden (statt vieler nur Bundessozialgericht [BSG] 25.01.2022, B 4 AS 176/21 B, in juris, Rn. 8 m.w.N., st. Rspr., m.w.N. auch zur Rspr. des Bundesverfassungsgerichts [BVerfG]) und ohne dass es dienstlicher Stellungnahmen (§ 60 Abs. 1 SGG, § 44 Abs. 3 ZPO) bedurft hat (BSG 23.02.2022, B 9 SB 74/21 B, in juris, Rn. 13, st. Rspr., m.w.N.).

Soweit die Klägerin mit ihrem neuerlichen Ablehnungsgesuch bloß wiederholt hat, was bereits Gegenstand der vorangegangenen Ablehnungsgesuche gewesen ist, ist das Gesuch rechtsmissbräuchlich, denn über diese Sachverhalte (namentlich hinsichtlich der Verfügungen vom 19.03.2024 und vom 04.04.2024) hat der Senat bereits rechtskräftig mit Beschluss vom 02.04.2024 (L 10 SF 909/24 AB) und vom 15.04.2024 (L 10 SF 1098/24 AB) entschieden und dem hält die Klägerin weiterhin lediglich ihre eigene Auffassung bzw. Bewertung entgegen. Stützt ein Beteiligter - wie hier die Klägerin - ein wiederholtes Ablehnungsgesuch auf seiner Ansicht nach jeweils unzutreffende rechtliche Bewertungen und verfahrensrechtliche Vorgehensweisen, obgleich auf den zugrundeliegenden Sachverhalt und das Vorbringen bereits entschieden worden ist, dass eine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters nicht besteht, ist dies rechtsmissbräuchlich (BSG a.a.O.).

Zugleich kann allein aus einer entsprechenden Vorbefassung des (erneut) abgelehnten Richters, der an dieser vorangegangenen (Kollegial-)Entscheidung mitgewirkt hat (vorliegend die Senatsvorsitzende am Beschluss vom 15.04.2024, L 10 SF 1098/24 AB, mit dem das gegen sie gerichtete zweite Ablehnungsgesuch der Klägerin bereits als offensichtlich unzulässig verworfen worden ist), keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden (vgl. nur Bundesfinanzhof [BFH] 03.07.2014, V S 13/14, in juris, Rn. 7; BSG 25.02.2010, B 11 AL 22/09 C, in juris, Rn. 5 m.w.N.).

Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass der Verfasser der Verfügung vom 19.03.2024 im Ablehnungsverfahren L 10 SF 909/24 AB nicht bekannt sei, ist dies - unabhängig davon, dass die Klägerin schon kein Akteneinsichtsgesuch gestellt hat - von vornherein und gänzlich ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit der (erneut) abgelehnten b.b. Richter zu begründen (zur offensichtlichen Unzulässigkeit in einem solchen Fall s. nur BSG 25.01.2022, B 4 AS 176/21 B, a.a.O. m.w.N.); dass diese die Verfügung nicht erlassen haben und daher ein entsprechendes Ablehnungsgesuch darauf nicht gestützt werden kann, steht bereits fest aufgrund des Beschlusses vom 15.04.2024 (L 10 SF 1098/24 AB). Nur am Rande merkt der Senat daher hier lediglich noch an, dass ohnehin die bloße Weiterleitung eines Richterablehnungsgesuchs an die übrigen Beteiligten bzw. Bevollmächtigte zur Kenntnisnahme und Gelegenheit zur Stellungnahme - mithin zur Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) - auch durch einen abgelehnten Richter schon nicht gegen § 47 Abs. 1 ZPO (i.V.m. § 60 Abs. 1 SGG) verstößt (Göertz in Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, § 47 Rn. 8; Stackmann in MüKoZPO, a.a.O., § 47 Rn. 5) und daher ebenfalls völlig ungeeignet ist, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Soweit die Klägerin schließlich wiederholend - wie auch schon im Laufe des Berufungsverfahrens mehrmals und vehement - geltend gemacht hat, der Senat müsse den „Vortrag der Beklagten zurückweisen“ und dürfe den (in der Hauptsache) angefochtenen Bescheid und die Verwaltungsakte der Beklagten „nicht verwerten“, entbehrt dies zum einen schon jeglicher Grundlage (zumal sich die Klägerin mit Klage und Berufung gerade gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2020 wendet) und ist zum anderen ebenfalls gänzlich ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter zu begründen; auch insoweit ist das (erneute) Ablehnungsgesuch der Klägerin offensichtlich unzulässig und rechtsmissbräuchlich.

Der Senat kann offenlassen, ob das dritte Ablehnungsgesuch der Klägerin nicht ohnehin nach Lage der Dinge (Anbringung am Nachmittag des Vortags der mündlichen Verhandlung mit wiederholendem Vorbringen, zugleich Antrag auf „Vertagung“ der mündlichen Verhandlung - s. dazu den weiteren Senatsbeschluss vom 18.04.2024 (L 10 U 3556/21) -, Vortrag, dass und warum eine mündliche Verhandlung nicht stattfinden können soll) auch deshalb rechtsmissbräuchlich gestellt worden ist, um die mündliche Verhandlung am nächsten Tag zu verhindern.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).



 

Rechtskraft
Aus
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