Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28.06.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende streitig.
Der 1963 geborene Kläger steht beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Ausweislich des mit der Stadt L1 unter dem 13.11.2013 geschlossenen Mietvertrages bewohnt der Kläger eine Zwei-Zimmer-Wohnung gegen eine Grundmiete in Höhe von monatlich 290,00 € sowie eine Vorauszahlung für Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von monatlich 50,00 € und für sonstige Betriebskosten in Höhe von monatlich 90,00 €.
Der Kläger hatte gegen den Bescheid vom 02.04.2020 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.11.2020 und des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2021, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.05.2020 bis zum 30.04.2021 bewilligt worden waren, gegen den Bescheid vom 21.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2021 und des Änderungsbescheides vom 27.11.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2022, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.05.2021 bis zum 30.04.2022 bewilligt worden waren, sowie gegen den Bescheid vom 19.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2021, mit dem eine Übernahme der in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2019 vom 04.11.2020 erhobenen Forderung der Vermieterin abgelehnt worden war, am 13.12.2021 die beim Sozialgericht (SG) Mannheim unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2972/21 geführte Klage erhoben.
Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 14.04.2022, in dem dieser auch die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung beantragte und Angaben zu seinem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit machte, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20.04.2022 für die Zeit vom 01.05.2022 bis zum 30.04.2023 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 879,00 € (Regelbedarf in Höhe von 449,00 € und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 € [Grundmiete in Höhe von 290,00 €, Heizkosten in Höhe von 50,00 € und Nebenkosten in Höhe von 90,00 €]) und lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2022 die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für die Zeit vom 01.05.2022 bis zum 30.04.2023 ab.
Gegen den Bescheid vom 20.04.2022 legte der Kläger am 23.05.2022 Widerspruch ein. Der Regelsatz decke nicht ansatzweise die drastisch gestiegenen Kosten für Lebensmittel und Benzin. Nudeln kosteten mehr als das Doppelte als vor einem Jahr. Fleisch koste circa 70 bis 80 % mehr als vor einem Jahr. Die Kosten der Unterkunft berücksichtigten nicht die drastisch gestiegenen Kosten für Heizöl und Strom, obwohl die Warmwasseraufbereitung hier ausschließlich mit Strom erfolge und die kleinen Nordzimmer ebenfalls mit Strom beheizt würden. Der Betrag der streitgegenständlichen Betriebskosten sei mit dem Faktor der Preissteigerung zu multiplizieren.
Gegen den Bescheid vom 19.05.2022 legte der Kläger am 24.06.2022 Widerspruch ein. Der Regelsatz sei wegen den drastisch gestiegen Lebensmittelkosten nicht mehr verfassungskonform. Wegen den drastisch gestiegen Benzinkosten und Diskotheken-Eintrittspreisen sei auch eine Teilnahme am kulturellen Leben viel zu selten möglich.
Der Beklagte wies den gegen den Bescheid vom 20.04.2022 gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2022 zurück. Da der Kläger alleinstehend sei, sei sein Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 zuzuordnen. Insoweit sei in dem angegriffenen Bewilligungsbescheid auch entsprechend ein Betrag in Höhe von 449,00 € berücksichtigt worden. Ein Anspruch auf einen höheren Regelbedarf bestehe daher nicht. Ferner seien dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum die mietvertraglich geschuldete Grundmiete sowie die monatlichen Vorauszahlungen für Heizung in Höhe von 50,00 € sowie für kalte Betriebskosten in Höhe von 90,00 € in voller Höhe als Bedarf zuerkannt worden. Die Berücksichtigung fiktiver Kosten scheide aus. Sollten im Laufe des Bewilligungsabschnitts Änderungen aufgrund einer Betriebskostenabrechnung oder einer Mieterhöhung eintreten, so würden diese im Rahmen des § 48 SGB X berücksichtigt und der Bewilligungsbescheid entsprechend geändert, soweit die Voraussetzungen für die Übernahme vorlägen. Etwaige Heiz- und Betriebskostennachforderungen seien erst als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung bestehe daher nicht.
Der Beklagte wies den gegen den Bescheid vom 19.05.2022 gerichteten Widerspruch mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 11.08.2022 zurück. Voraussetzung für die Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sei, dass der Leistungsberechtigte an einer Krankheit im Sinne der üblichen krankenversicherungsrechtlichen Begriffsdefinition leide (wobei bereits eine drohende Erkrankung ausreiche), dass sich der Leistungsberechtigte „besonders“ (im Sinne einer Krankenkost) ernähren müsse, diese besondere Ernährung auf Grund der Krankheit medizinisch notwendig sei (ursächlicher Zusammenhang) und dass die im Einzelfall erforderliche Kost gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelbedarf zum Ausdruck kommenden Ernährung, kostenaufwändiger sei. Jedoch sei nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand grundsätzlich bei einer Fettstoffwechselstörung eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeute, nicht erforderlich.
Der Kläger erweiterte die am 13.12.2021 erhobene und beim SG Mannheim unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2972/21 geführte Klage am 16.09.2022 insoweit, als er sich nun auch gegen den Bescheid vom 20.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2022 sowie den Bescheid vom 19.05.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2022 wandte.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 23.07.2022 aus Anlass der COVID-19-Pandemie sowie aktueller Preissteigerungen für den Monat Juli 2022 eine Einmalzahlung in Höhe von 200,00 €.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 17.12.2022 für die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 unter Zugrundelegung des ab dem 01.01.2023 erhöhten Regelbedarfs Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 932,00 € (Regelbedarf in Höhe von 502,00 € und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 € [Grundmiete in Höhe von 290,00 €, Heizkosten in Höhe von 50,00 € und Nebenkosten in Höhe von 90,00 €]).
Gegen den Änderungsbescheid vom 17.12.2022 erhob der Kläger am 06.02.2023 Widerspruch. Die Kosten der Unterkunft seien nicht ansatzweise an die enormen Preissteigerungen für Energieträger angepasst worden. Die stark angestiegenen Energieträgerkosten, insbesondere für die Warmwasseraufbereitung mit Strom und Beheizung der kleinen Nordzimmer mit Strom, aber auch für Heizöl, seien nicht berücksichtigt worden. Der Regelsatz sei nicht hinreichend an die Preissteigerungen für Nahrungsmittel angepasst worden. Der Regelsatz-Anhebung um 11,0 % stünden Nahrungsmittel-Preissteigerungen von 60 bis 110 % gegenüber. Die Behauptung in den Nachrichtensendungen, die Nahrungsmittel-Preissteigerungen betrügen angeblich nur 20,5 %, sei gelogen. Beim Lidl-Markt und beim Aldi-Markt seien die Preissteigerungen höher (beispielsweise bei Nudeln von 0,39 € auf 1,09 € und bei Milch von 0,59 € auf 1,15 €). Und Lidl und Aldi seien die billigsten Märkte. Der Kläger beantragte am 06.02.2023 die Übernahme der Betriebskostenabrechnungen seiner Vermieterin vom 24.11.2022 und die Anpassung der monatlichen Betriebskosten-Vorauszahlung entsprechend dem Schreiben seiner Vermieterin vom 09.12.2022. Diesen Antrag erläuterte der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2023.
Der Beklagte wies den gegen den Änderungsbescheid vom 17.12.2022 gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023 als unzulässig zurück. Änderungsbescheide könnten stets nur insoweit angefochten werden, als die Änderung reiche, so dass sie nur in Bezug auf ihren eigenständigen Regelungsgehalt angegriffen werden könnten. Soweit sie gegenüber dem Ausgangsbescheid keine weitere Beschwer beinhalteten, fehle es an einer angreifbaren Regelung. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 17.12.2022 enthalte keine zusätzliche Beschwer gegenüber dem Bewilligungsbescheid vom 20.04.2022, da er lediglich aufgrund der Erhöhung der Regelsätze zum 01.01.2023 ergangen sei.
Am 13.03.2023 hat der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 17.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2023 Klage zum SG Mannheim erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die Argumentation im angefochtenen Widerspruchsbescheid sei unzutreffend, weil sich mit dem Änderungsbescheid seit dem 01.01.2023 auch die Gesetzesgrundlage geändert habe und nunmehr Bürgergeld (nicht Arbeitslosengeld II) Streitgegenstand sei. Dieses habe andere Voraussetzungen, was man auch daran sehe, dass dem Hauptantragsformular ein anderes Anlagen-Formular als beim Arbeitslosengeld II beiliege. Selbst wenn man dem keine Folge geben würde, hätte sein Widerspruch als Antrag auf Anpassung an die tatsachlichen Lebensmittelpreissteigerungen interpretiert werden müssen.
Das SG Mannheim hat mit Beschluss vom 13.04.2023 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers hat der 9. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in dem unter dem Aktenzeichen L 9 AS 1461/23 B geführten Verfahren mit Beschluss vom 22.05.2023 mit der Begründung, für die Klage bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten, zurückgewiesen.
Das SG Mannheim hat mit Gerichtsbescheid vom 28.06.2023 die Klage abgewiesen. Die Klage sei hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung unzulässig und im Übrigen unbegründet. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung sei die Klage bereits unzulässig, weil diese nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides seien. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 17.12.2022 und der Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023. Mit diesem Bescheid habe der Beklagte einzig den ab dem 01.01.2023 erhöhten Regelbedarf berücksichtigt. Wie vom Beklagten zutreffend angenommen worden sei, komme ihm Regelungscharakter nur hinsichtlich der Erhöhung des Regelbedarfs zu. Eine Regelung zu den Kosten der Unterkunft und Heizung fehle. Den Regelbedarf habe der Beklagte gesetzeskonform bestimmt. Der Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfs begründe keine weitergehenden Ansprüche des Klägers. Aufgrund der gesetzlich klar bestimmten Regelbedarfshöhe bestehe kein Raum, über eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften zu einem höheren Regelbedarf zu gelangen. Den Gerichten sei es nicht gestattet, den zuständigen Träger allein auf der Grundlage von Verfassungsrecht, hier des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, zur Leistungsgewährung zu verpflichten. Der Regelbedarf sei zudem nicht evident unzureichend festgesetzt, so dass das Verfahren auch nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht einzuholen sei.
Der Gerichtsbescheid des SG Mannheim ist dem Kläger ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 03.07.2023 zugestellt worden.
Der Kläger hat am 03.08.2023 beim LSG Baden-Württemberg den ersten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 28.06.2023 gestellt und dabei ausgeführt, die Begründung werde binnen zwei Monaten mit gesondertem Schriftsatz erfolgen. Der 9. Senat des LSG Baden-Württemberg hat in dem unter dem Aktenzeichen L 9 AS 2233/23 PKH geführten Verfahren mit Beschluss vom 01.09.2023 diesen ersten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, für die Berufung bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten, abgelehnt. Ferner hat der 9. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem unter dem Aktenzeichen L 9 SF 2749/23 AB geführten Verfahren mit Beschluss vom 17.10.2023 diverse Befangenheitsgesuche des Klägers als unzulässig verworfen beziehungsweise als unbegründet zurückgewiesen und in dem unter dem Aktenzeichen L 9 AS 2748/23 RG geführten Verfahren mit Beschluss vom 23.10.2023 die Anhörungsrüge des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Beschluss des 9. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 01.09.2023 ist dem Kläger ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde am 07.09.2023 zugestellt worden.
Der Kläger hat am Montag, den 09.10.2023, gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 28.06.2023 Berufung zum LSG Baden-Württemberg erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Der Kläger hat ferner mit Schreiben vom 20.11.2023 den zweiten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung gestellt. Es bestehe ein „prozessualer Wiederherstellungsanspruch“ des Rechts auf Beantragung von Prozesskostenhilfe.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.11.2023 ferner zur Begründung seiner Berufung ausgeführt, die Regelsatzanpassung berücksichtige zum Jahresende nur Preissteigerungen bis zum 2. Quartal, aber nicht weitere Preissteigerungen im 3. Quartal und im 4. Quartal, was ein grundsätzlicher offensichtlicher Fehler in der Berechnung sei. Da es sich um ein einfaches datenabhängiges Computerprogramm handele, sei nicht ersichtlich, warum dieses nicht Anfang Dezember ausgeführt werden könne und damit wenigstens 11 Monate der Preissteigerungen im Jahresverlauf berücksichtige. Der Hinweis auf den Preisindex vom 2. Quartal 2022 sei vorliegend nicht zureichend, weil die danach erfolgten weiteren immensen Lebensmittel-Preissteigerungen nicht berücksichtigt worden seien. Das Bürgergeld basiere auf einer anderen Rechtsgrundlage als das Arbeitslosengeld II. Der Beklagte habe mehrmals Nebenkostenabrechnungen seiner Vermieterin erhalten und wisse daher, dass die Kosten der Vorleistungen auf die Unterkunft und Heizung bei weitem nicht ausreichten. Wegen den zudem stark gestiegenen Energiekosten sei die jährliche Diskrepanz extrem hoch geworden, weshalb die pauschalierten Vorleistungen an den Mittelwert der mehrfach belegten tatsächlichen Betriebskosten anzupassen gewesen seien. Daher hätte sein Widerspruch als Antrag nach § 44 SGB X ausgelegt werden müssen. Dadurch, dass dies nicht erfolgt sei, sondern der Beklagte ohne vorherigen Hinweis einen Widerspruchsbescheid erlassen habe, bestehe ein Herstellungsanspruch. Die angefochtene Entscheidung stehe in Divergenz zu der unter dem Aktenzeichen L 9 AS 43/06 ER ergangenen Entscheidung des Hessischen LSG vom 11.04.2006, wonach die tatsachlichen Lebensmittel-Preise schon vor einer Entscheidung des BVerfG „im verfassungskonformer fachgerichtlicher Auslegung“ berücksichtigt werden könnten. Mithin bestehe – wegen der Divergenz zwischen den Rechtssätzen des Hessischen LSG und des LSG Baden-Württemberg – offensichtlich grundsätzliche Bedeutung, weshalb die Revision zuzulassen sei.
Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 25.01.2024 erneut darauf hingewiesen, dass ihm Widereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.
Der Senat hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 SF 407/24 AB ergangenen Beschluss vom 14.02.2024 das in dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2882/23 gegen den Richter am LSG B1 gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen, mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 738/24 RG ergangenen Beschluss vom 08.03.2024 die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge des Klägers als unzulässig verworfen und mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 SF 870/24 AB ergangenen Beschluss vom 19.03.2024 die unter den Aktenzeichen L 3 SF 407/24 AB und L 3 AS 738/24 RG geführten und gegen den Vorsitzenden Richter am LSG T1 und gegen die Richterin am LSG B2 gerichteten Ablehnungsgesuche als unzulässig verworfen.
Der Senat hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2882/23 ergangenen Beschluss vom 28.02.2024 den zweiten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, für die Berufung bestünden keine hinreichenden Erfolgsaussichten, abgelehnt. Die Klage dürfte wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig sein, da der mit ihr angegriffene Änderungsbescheid vom 17.12.2022 und der Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023 Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden sein dürfte, in dem über die mit Schreiben des Klägers vom 16.09.2022 erhobene oder die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2972/21 geführte Klage hinaus erweiterte Klage zu befinden sein werde. Der Senat hat sodann mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 900/24 RG ergangenen Beschluss vom 27.03.2024 die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Senat hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 SF 871/24 AB ergangenen Beschluss vom 21.03.2024 die unter den Aktenzeichen L 3 AS 2882/23 und L 3 AS 900/24 RG geführten und gegen den Vorsitzenden Richter am LSG T1 gerichteten Ablehnungsgesuche zurückgewiesen.
Der 4. Senat des LSG Baden-Württemberg hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 SF 1451/24 AB ergangenen Beschluss vom 14.05.2024 die unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2882/23 geführten und gegen den Vorsitzenden Richter am LSG T1, den Richter am LSG B1, die Richterin am LSG B2 und die Richterin am SG S1 gerichteten Ablehnungsgesuche des Klägers vom 10.05.2024 zurückgewiesen.
Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 14.05.2024 zur Begründetheit seiner Berufung sinngemäß ausgeführt, wenn das Sozialgericht auf eine Klageerweiterung erst einmal untätig bleibe, damit er nicht wisse, ob seine Klageerweiterung für zulässig und sachdienlich erachtet werde oder nicht, und wenn er deshalb sicherheitshalber den Streitgegenstand noch in einem anderen Verfahren einbrächte, stünde die unverbeschiedene vorherige Klageerweiterung der anderweitigen Zulässigkeit auch dann entgegen, wenn das Sozialgericht die vorherige Klageerweiterung weit nachträglich für unzulässig oder nicht sachdienlich erachte. Hierdurch wäre insbesondere die Garantie effektiven Rechtsschutzes verletzt, weil dann der Streitgegenstand weder im ersten Verfahren, noch im zweiten Verfahren einer Sachentscheidung zugeführt werden könne.
Der Senat hat mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2882/23 ergangenen Beschluss vom 06.06.2024 den dritten Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für eine erneute Sachentscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch, abgelehnt. Der Senat hat sodann mit dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1987/24 RG ergangenen Beschluss vom 27.06.2024 die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28.06.2023 aufzuheben, den Änderungsbescheid des Beklagten vom 17.12.2022 abzuändern sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 09.02.2023 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende für die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 unter Zugrundelegung eines höheren Regelbedarfs sowie höherer Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, die Berufung sei nicht fristgerecht erhoben worden.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat konnte in Abwesenheit der Beteiligten verhandeln und entscheiden, nachdem die Beteiligten durch die ihnen zugestellte Terminsmitteilung vom 22.05.2024, in der ihnen das Erscheinen freigestellt worden ist, ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden sind und sie darüber unterrichtet worden sind, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten (beziehungsweise Bevollmächtigten) Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann und die Entscheidung auch nach Lage der Akten ergehen kann.
2. Gegenstand des Verfahrens sind der Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 28.06.2023 sowie der Änderungsbescheid vom 17.12.2022, mit dem der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 unter Zugrundelegung des ab dem 01.01.2023 erhöhten Regelbedarfs Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende in Höhe von monatlich 932,00 € (Regelbedarf in Höhe von 502,00 € und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 € [Grundmiete in Höhe von 290,00 €, Heizkosten in Höhe von 50,00 € und Nebenkosten in Höhe von 90,00 €]) bewilligt hat, und der Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023, mit dem der Beklagte den hiergegen eingelegten Widerspruch als unzulässig verworfen hat. Da der Kläger im Berufungsverfahren keinen konkreten Antrag gestellt hat, ist sein Begehren gemäß § 153 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 123 SGG sachdienlich auszulegen. Dem Vortrag im Widerspruchs- und Klageverfahren zufolge begehrt der Kläger wegen Preissteigerungen für Nahrungsmittel einen höheren Regelbedarf und wegen Preissteigerungen für Energieträger die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung. Seinem Begehren ist daher keine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zugrundelegung eines höheren Regelbedarfs zu entnehmen (vergleiche zur Abtrennbarkeit des Streitgegenstandes Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R, juris Rn. 18-23). Der Klagezeitraum ist auf den Zeitraum des vom Änderungsbescheid vom 17.12.2022 umfassten Bewilligungszeitraums, mithin auf die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 begrenzt. Statthafte Klageart ist in Bezug auf den vom Kläger geltend gemachten höheren Regelbedarf die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG, da das Begehren des Klägers auf die Auszahlung von weiteren Leistungen gerichtet ist.
3. Die nach § 151 SGG formgerechte Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
3.1 Die Berufung ist statthaft.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,00 € nicht übersteigt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG gilt das nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird. Dies ist durch Vergleich des vor dem Sozialgericht beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehren zu bestimmen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 144 Rn. 14; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 144 SGG [Stand: 21.11.2023] Rn. 23).
Die Beteiligten sind gehalten, sachdienliche Anträge zu stellen und substantiiert vorzutragen. Nur wenn nach dem Vorbringen im Klage- und Berufungsverfahren ein Vergleich mit dem im Berufungsverfahren verfolgten Begehren möglich ist, kann der Beschwerdewert frei von unter Umständen nicht sachgerechtem Vorbringen der Beteiligten bestimmt werden. Da die zulassungsfreie Berufung unter dem Vorbehalt des Überschreitens einer Wertgrenze steht, findet sie nur in den Fällen statt, in denen die Sozialgerichte das Überschreiten feststellen können. Lässt sich eine solche Überschreitung nicht ermitteln, findet eine Berufung nicht statt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.06.2017 – L 18 AS 392/17, juris Rn. 17; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.01.2017 – L 7 AS 902/16 NZB, juris Rn. 4; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 08.01.2013 – L 11 AS 526/12, juris Rn. 50; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.11.2012 – L 11 AS 529/12 NZB, juris Rn. 14-17; zu willkürlich überhöhten Anträgen im Rechtsmittelverfahren: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25.09.2008 – L 8 SO 155/06, juris Rn. 19; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.07.2008 – L 9 AS 397/08 ER, juris Rn. 8; vergleiche auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 144 Rn. 15b; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 144 SGG [Stand: 21.11.2023] Rn. 26).
Bei einem unbezifferten Antrag muss das Gericht den Wert ermitteln beziehungsweise nach § 202 SGG in Verbindung mit § 3 ZPO anhand des wirtschaftlichen Interesses des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits schätzen. Dabei ist auf die Angaben des Klägers zumindest dann abzustellen, solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bezifferung mutmaßlich falsch ist (vergleiche zum Ganzen: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 144 Rn. 15b; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 144 SGG [Stand: 21.11.2023] Rn. 26).
Der Kläger hat zwar seinen Antrag nicht beziffert. Indem der Kläger aber seinen Widerspruch damit begründet hat, der erfolgten Anhebung des Regelsatzes um 11,0 % stünden Nahrungsmittel-Preissteigerungen um 60 bis 110 % gegenüber, und seine Berufung damit begründet hat, die Regelsatzanpassung berücksichtige zum Jahresende nur Preissteigerungen bis zum 2. Quartal, aber nicht weitere Preissteigerungen im 3. Quartal und im 4. Quartal und wegen der stark gestiegenen Energiekosten wären die pauschalierten Vorleistungen an den Mittelwert der mehrfach belegten tatsächlichen Betriebskosten anzupassen gewesen, macht er eine Erhöhung des Regelsatzes für das Jahr 2022 in Höhe von 449,00 € um bis zu 110 % und damit auf 942,90 € sowie eine Erhöhung der zu berücksichtigenden Nebenkosten im Rahmen der Kosten der Unterkunft und Heizung von 140,00 € (Heizkosten in Höhe von 50,00 € und Nebenkosten in Höhe von 90,00 €) in unbenannter Höhe geltend. Mithin macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 jedenfalls 4 Monate x (942,90 € - 449,00 €) = 1.975,60 € zuzüglich höherer Nebenkosten geltend, so dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € übersteigt.
3.2 Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.
3.2.1 Die Berufung ist zwar nicht fristgerecht erhoben worden.
Nach § 151 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 105 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht oder bei dem Sozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Der Kläger hat diese Frist nicht eingehalten. Der Lauf einer Frist beginnt nach § 64 Abs. 1 SGG, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung. Da die Zustellung ausweislich der zur Prozessakte gelangten Postzustellungsurkunde und auch nach den Angaben des Klägers in seiner Berufungsschrift am 03.07.2023 erfolgt ist, hat der Lauf der Frist am 04.07.2023 begonnen. Eine nach Monaten bestimmte Frist endet nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Da das fristlauslösende Ereignis die am 03.07.2023 erfolgte Zustellung des Gerichtsbescheides ist, hat die Frist am Donnerstag, den 03.08.2023 geendet. Da dieser Tag nicht auf einen Sonntag, Sonnabend oder einen gesetzlichen Feiertag fällt, hat sich die Frist nicht gemäß § 64 Abs. 3 SGG verlängert. Es ist auch nicht zu einer Verlängerung der Berufungsfrist nach § 66 Abs. 2 SGG gekommen, denn die dem Gerichtsbescheid beigefügte Rechtsmittelbehrung ist zutreffend und vollständig. Die Berufung des Klägers ist erst am 09.10.2023 beim SG Mannheim und damit nicht innerhalb der Berufungsfrist eingegangen. Die Berufung ist daher verfristet.
3.2.2 Dem Kläger ist aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Rechtsgrundlage für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist § 67 SGG. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm nach § 67 Abs. 1 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG sollen die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft gemacht werden. Nach § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG ist die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann nach § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
Der Kläger ist bis zu der am 07.09.2023 erfolgten Zustellung des seinen ersten Prozesskostenhilfeantrag ablehnenden Beschlusses des 9. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 01.09.2023 ohne sein Verschulden gehindert gewesen, das Rechtsmittel der Berufung einzulegen. Denn ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe formgerecht beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über den Antrag solange als ohne sein Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert anzusehen, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags aus dem Grunde der fehlenden Bedürftigkeit rechnen muss (BSG, Urteil vom 23.01.1997 – 7 Rar 102/95, juris Rn. 14; BSG, Urteil vom 13.10.1992 – 4 RA 36/92, juris Rn. 16; vergleiche zum Ganzen: Jung in beck-online.Großkommentar, Roos/Wahrendorf/Müller, Stand: 01.11.2023, § 67 Rn. 43; Littmann in Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 67 Rn. 11; Mink in BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, 71. Edition, Stand: 01.12.2023, § 67 Rn. 7; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 73a Rn. 5d-5g; Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 67 [Stand: 21.12.2023] Rn. 23-25, 72; Wolff-Dellen in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage, § 67 Rn. 38-42).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da der Kläger am 03.08.2023 und damit noch innerhalb der am 03.08.2023 abgelaufenen Berufungsfrist unter Vorlage einer ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 28.06.2023 gestellt und sich berechtigterweise für bedürftig im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat halten dürfen.
Auch hat der Kläger im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt. Denn das Hindernis ist mit der Zustellung des Beschlusses des 9. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 01.09.2023 weggefallen. Da die Zustellung ausweislich der zur Prozessakte gelangten Postzustellungsurkunde am 07.09.2023 erfolgt ist, hat der Lauf der Frist am 08.09.2023 begonnen. Da das fristlauslösende Ereignis die am 07.09.2023 erfolgte Zustellung des Beschlusses ist, hat die Frist am Montag, den 09.10.2023, geendet. Die Berufung des Klägers ist am Montag, den 09.10.2023, beim SG Mannheim und damit binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses eingegangen. Dem Kläger ist daher Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu gewähren.
4. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Denn die Klage ist unzulässig.
4.1 Die Klage ist zwar nicht deswegen unzulässig, weil der Beklagte den Widerspruch als unzulässig verworfen hat. Denn auch in einem solchen Fall ist das nach § 78 SGG erforderliche Widerspruchsverfahren durchgeführt worden (BSG, Urteil vom 09.06.2017 – B 11 AL 6/16 R, juris Rn. 21; BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 151/10 R, juris Rn. 9; Sächsisches LSG, Urteil vom 03.11.2016 – L 3 AL 111/14, juris Rn. 26; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 54 SGG [Stand: 15.06.2022] Rn. 67; anderer Ansicht Burkiczak in SGb 2016, S. 189-194).
4.2 Die Klage ist aber wegen entgegenstehender Rechtshängigkeit unzulässig.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
Vorliegend hat der Kläger die am 13.12.2021 beim SG Mannheim erhobene und unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2972/21 geführte Klage am 16.09.2022 insoweit erweitert, als er unter anderem auch gegen den Bescheid vom 20.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2022, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.05.2022 bis zum 30.04.2023 in Höhe des Regelbedarfs von 449,00 € im Jahr 2022 sowie von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 € bewilligt worden sind, Klage erhoben hat. Der Änderungsbescheid vom 17.12.2022, mit dem die Leistungen für die Zeit vom 01.01.2023 bis zum 30.04.2023 wegen der Erhöhung des Regelsatzes erhöht und in Höhe des Regelbedarfs von 502,00 € im Jahr 2023 sowie von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,00 € bewilligt worden sind, sowie der den hiergegen erhobenen Widerspruch als unzulässig verwerfende Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023 sind mithin gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden, in dem über die mit Schreiben des Klägers vom 16.09.2022 erhobene oder die unter dem Aktenzeichen S 5 AS 2972/21 geführte Klage hinaus geänderte oder erweiterte Klage (vergleiche zur objektiven Klagehäufung § 56 SGG und zur Klageänderung § 99 SGG) zu befinden sein wird. Die dortige Rechtshängigkeit steht der am 13.03.2023 gegen den Änderungsbescheid vom 17.12.2022 und den Widerspruchsbescheid vom 09.02.2023 erhobenen und hier streitgegenständlichen Klage entgegen. Dies stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz effektiven Rechtsschutzes dar. Denn der Kläger kann die ihm verfahrensmäßig zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen die vom SG Mannheim noch zu treffende Entscheidung über die mit seinem Schreiben vom 16.09.2022 geänderte, erweiterte oder erhobene Klage verfolgen.
Abgesehen davon ist die Klage insoweit, als der Kläger die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt, auch deshalb unzulässig, mithin die Berufung unbegründet, da der vom Kläger angegriffene Änderungsbescheid vom 17.12.2022 in Bezug auf die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung keine Regelung trifft.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
6. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 483/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2882/23
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
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Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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