L 12 AS 1990/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1321/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 1990/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Landessozialgericht Baden-Württemberg

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.06.2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand


Die Kläger wenden sich gegen eine endgültige Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis 28.02.2018 und einer damit einhergehenden Erstattungsforderung.

Der im Jahr 1962 geborene, erwerbsfähige Kläger zu 1, seine im Jahr 1956 geborene, erwerbsfähige Ehefrau (Klägerin zu 2) sowie die 1993 geborene gemeinsame Tochter (Klägerin zu 3) bezogen seit 2007 ergänzende Leistungen von der Beklagten. Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 3 besaßen im streitgegenständlichen Zeitraum eine unbefristete Niederlassungserlaubnis und die Klägerin zu 2 eine befristete Aufenthaltserlaubnis, bei der eine Erwerbstätigkeit gestattet war.

Der Kläger zu 1 erzielte Einkommen aus einer Tätigkeit als Pianist im S1 Hotel in S2. Die Klägerin zu 2 und die Klägerin zu 3 erzielten Einkommen aus einer Honorartätigkeit bei der Akademie für M1. Die Klägerin zu 3 erhielt zur Finanzierung ihres Studiums Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Höhe von 451,00 €; ferner wurde auf das Konto des Klägers zu 1 Kindergeld für die Klägerin zu 3 in Höhe von 192,00 € (2017) bzw. 194,00 € (2018) überwiesen. Die Kosten der Unterkunft (KdU) betrugen 2017 monatlich 613,46 € (Miete: 588,92 €, Betriebskosten: 88,00 €, Heizkosten: 99,00 €, abzüglich eines Vorschusses von der Stadt S2: 162,46 €). (VA 3, 192) Überwiesen wurden gemäß den Kontoauszügen in 2017 jedoch nur 604,46 €. Hinzukamen 52,00 € für eine separat angemietete Garage. Im Jahr 2018 betrugen die überwiesenen KdU monatlich 599,46 €, da die Nebenkosten gesenkt worden waren.

Mit Bescheid vom 13.03.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 vorläufig Leistungen in Höhe von insgesamt 247,64 €; der Klägerin zu 3 wurden keine Leistungen bewilligt, da diese über bedarfsdeckendes Einkommen verfüge. Die Beklagte berücksichtigte dabei KdU in Höhe von 604,46 €. Einkommen berücksichtigte die Beklagte wie folgt:

 

Kläger zu 1

Klägerin zu 2

Klägerin zu 3

Einnahme

120,00

1.000,00

350,00

Einkommensfreibetrag

104,00

270,83

150,00

Betriebsausgaben

 

45,83

 

BAföG, Kindergeld

 

 

643,00

Anrechenbares Einkommen

16,00

683,34

843,00

Für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 errechnete die Beklagte einen ungedeckten Bedarf von jeweils 123,82 € monatlich.

Ab 01.01.2018 berücksichtigte die Beklagte, ohne einen Bescheid zu erlassen, die neuen höheren Regelsätze und die gesunkenen KdU und gewährte jeweils 128,82 €.

Am 10.02.2018 beantragten die Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen für die Zeit ab 01.03.2018 und legten dabei Einkommensnachweise für den vergangenen Zeitraum vor. Hieraus ergaben sich folgende tatsächlichen Einnahmen (aufgeführt nach dem Zufluss):

 

Klägerin zu 2

Kläger zu 1

Klägerin zu 3

März 2017

1.078,50 €

360,00 €

470,00 €

April 2017

1.433,50 €

360,00 €

352,50 €

Mai 2017

950,00 €

 

294,75 €

Juni 2027

1.634,00 €

 

397,50 €

Juli 2017

1.036,50 €

360,00 €

201,00 €

August 2017

1.573,00 €

 

402,00 €

September 2017

1.050,50 €

 

 

Oktober 2017

1.021,00 €

 

352,50 €

November 2017

1.410,00 €

 

243,00 €

Dezember 2017

1.565,50 €

720,00 €

318,00 €

Januar 2018

1.370,00 €

480,00 €

318,00 €

Februar 2018

1.323,00 €

 

369,00 €

insgesamt

15.445,50 €

2.280,00 €

3.718,25 €

÷12

1.287,13 €

190,00 €

309,86 €

Die Beklagte berechnete das Einkommen des Klägers zu 1 abweichend, nach den Rechnungsstellungen, berücksichtigte dabei jedoch nicht, dass dem Kläger zu 1 im Februar das Einkommen aus Rechnung 7/2017 von 240 € ausweislich der Kontoauszüge nicht zugeflossen war.

Mit Bescheiden vom 11.04.2018 setzte die Beklagte die Leistungen für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 endgültig auf Null fest und verlangte von der Klägerin zu 2 und dem Kläger zu 1 jeweils monatlich 123,82 € für die Monate in 2017 und 128,82 € für die Monate in 2018 zurück (insgesamt jeweils 1.495,84 €); bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte folgendes monatliches Durchschnittseinkommen:

 

 

Kläger zu 1

Klägerin zu 2

Klägerin zu 3

Einnahme

210,00 €

1.287,13 €

309,86 €

Einkommensfreibetrag

122,00 €

300,00 €

141,97 €

Betriebsausgaben

 

45,83 €

 

BAföG, Kindergeld

 

 

643,00 €

Anrechenbares Einkommen

88,00 €

941,30 €

810,89 €

Dem stehe ein monatlicher Bedarf des Klägers zu 1 und der Klägerin zu 2 von jeweils 569,49 € (KdU 604,46 €/3, Regelsatz 368,00 €) in 2017 gegenüber und von 573,84 € (KdU 599,46 €/3, Regelsatz 374,00 €) in 2018 gegenüber. Da der Bedarf der Klägerin zu 3 gedeckt sei, sei das Kindergeld dem Einkommen der Eltern zuzurechnen.

Gegen die Bescheide erhoben die Klägerin zu 2 und der Kläger zu 1 am 19.04.2018 Widerspruch. Das zugrunde gelegte Einkommen sei nicht richtig. Ihre Tochter lebe weiterhin bei ihnen und werde von ihnen unterstützt.

Am 28.05.2018 reichten die Kläger eine endgültige Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis 28.02.2018 ein. Hierin gab die Klägerin zu 2 ein Einkommen in Höhe von 16.010,50 € an und machte Betriebsausgaben von monatlich 33,40 € für öffentliche Verkehrsmittel, 60,
00 € für Büromaterial und Porto sowie 80,00 € für Telefonkosten geltend. Der Kläger zu 1 gab Einkommen in Höhe von 2.400,00 € an und machte ebenfalls Betriebsausgaben in Höhe von monatlich 33,40 € für öffentliche Verkehrsmittel, 60,00 € für Büromaterial und 80,00 € für Telefonkosten geltend. Am 18.07.2018 reichten die Kläger eine weitere endgültige EKS ein, in der das jeweils angegeben Einkommen dem am 28.05.2018 angegebenen entsprach. Die Klägerin zu 2 machte Büromaterial einschließlich Porto in Höhe von monatlich 30,00 € und Telefonkosten von monatlich 15,00 € geltend, daneben wurden Raumkosten von 70,00 € und Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 33,40 € angegeben. Der Kläger zu 1 machte ebenfalls Büromaterial einschließlich Porto in Höhe von monatlich 30,00 €, Telefonkosten von monatlich 15,00 €, Raumkosten von 70,00 € und Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 33,40 € geltend.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 22.02.2019 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die endgültige Festsetzung und Erstattung zurück. Bei der Klägerin zu 2 sei folgendes Einkommen berücksichtigt worden:

 

Klägerin zu 2

März 2017

1.078,50 €

April 2017

1.433,50 €

Mai 2017

950,00 €

Juni 2027

1.634,00 €

Juli 2017

1.036,50 €

August 2017

1.573,00 €

September 2017

1.050,50 €

Oktober 2017

1.021,00 €

November 2017

1.410,00 €

Dezember 2017

1.565,50 €

Januar 2018

1.370,00 €

Februar 2018

1.323,00 €

insgesamt

15.445,50 €

÷12

1.287,13 €

Aus der nachgereichten EKS ergebe sich sogar ein Einkommen in Höhe von 16.010,50 €. Angenommen worden seien Betriebsausgaben von 45,83 €. Wenn die in der EKS angegeben Kosten für öffentliche Verkehrsmittel und Telefon zu ½ berücksichtigt würden, ergäbe sich ein Betrag von 24,70 €, so dass die Klägerin zu 2 besser gestellt sei. Beim Kläger zu 1 sei folgendes Einkommen berücksichtigt worden:

 

Kläger zu 1

Zufluss 3/17

240,00 €

Schlg. 2/17

360,00 €

Schlg 3/17

360,00 €

Schlg 4/17

360,00 €

Schlg 5/17

360,00 €

Schlg 6/17

360,00 €

Schlg 7/17

480,00 €

insgesamt

2.520,00 €

÷12

210,00 €

Aus den Kontoauszügen sei eine weitere Zahlung von 360,00 € ersichtlich, so dass eigentlich 240,00 € monatlich hätten berücksichtigt werden müssen. Die Fahrtkosten seien bereits in den Absetzbeträgen nach § 11b SGB II berücksichtigt. Bei der Klägerin zu 3 sei folgendes Erwerbseinkommen berücksichtigt worden:

 

Klägerin zu 3

März 2017

470,00 €

April 2017

252,50 €

Mai 2017

294,75 €

Juni 2027

397,50 €

Juli 2017

201,00 €

August 2017

402,00 €

September 2017

 

Oktober 2017

352,50 €

November 2017

243,00 €

Dezember 2017

318,00 €

Januar 2018

318,00 €

Februar 2018

369,00 €

insgesamt

3.718,25 €

÷12

309,86 €

Daneben habe sie BAföG bezogen. Das Kindergeld sei zutreffend berücksichtigt worden; da die Klägerin zu 3 bedarfsdeckendes Einkommen bezogen habe, sei das Kindergeld bei den Eltern als Einkommen zu berücksichtigen.

Am 20.03.2019 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Die Berechnung der Erstattungsforderung berücksichtige bei der Klägerin zu 3 den Semesterbeitrag nicht. Außerdem bestünden Bedenken gegen die Durchschnittsberechnung bzgl. des Einkommens. Die Beiträge zur Rentenversicherung seien bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Im Klageverfahren haben die Kläger einen Nachweis über die Semesterbeiträge in Höhe von jeweils 178,10 €, gezahlt am 26.07.2017 und 14.02.2018, vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19.02.2021 hat die Deutsche Rentenversicherung B1 (DRV) von der Klägerin zu 2, die eine Aufnahme in die freiwillige Versicherung beantragt hatte, für die Zeit vom 01.02.2017 bis 31.12.2017 monatliche Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 134,23 € und ab 01.01.2018 von 136,29 € gefordert, da die Klägerin zu 2 als selbständige Lehrerin der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliege. Die bereits angeforderten sowie die künftig fälligen Pflichtbeiträge seien unverzüglich zu zahlen. Gegen den Bescheid ist derzeit ein Verfahren vor dem SG anhängig (S 25 R 219/23).

Mit Urteil vom 10.06.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Selbst bei Berücksichtigung des Semestertickets ergebe sich bei der Klägerin zu 3 bedarfsdeckendes Einkommen, so dass das Kindergeld zutreffend bei den Eltern berücksichtig worden sei. Die Rentenbeiträge seien im streitgegenständlichen Zeitraum nicht fällig gewesen, so dass diese nicht zu berücksichtigen seien.

Gegen das am 21.06.2022 zugestellte Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer am 11.07.2022 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Es sei eine Bereinigung um die Semesterbeiträge in Bezug auf das Einkommen der Klägerin zu 3 vorzunehmen. Fehlerhaft sei auch die Bereinigung des Einkommens der Klägerin zu 2. So seien bei der Bereinigung die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung vom Einkommen abzuziehen. Soweit das SG darauf hinweise, dass die Beiträge erst am 29.03.2021 fällig gewesen seien, könne dem nicht gefolgt werden. Gemäß den entsprechenden beitragsrechtlichen Vorschriften entstehe die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge kraft Gesetzes zum Zeitpunkt des rechtlichen Entstehens.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.06.2022 und unter Abänderung des Festsetzungsbescheides der Beklagten vom 11.04.2018, den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 11.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2019 gemäß der Klagebegründung abzuändern,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 12.03.2024 (Kläger) und 26.03.2024 (Beklagte) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe


Die Berufung der Kläger, über welche der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 11.04.2018 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 22.02.2019, mit denen für die Kläger abschließend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes festgesetzt und vom Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 Erstattung verlangt wurde. Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass auch die Klägerin zu 3 klagebefugt ist, insoweit wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Beklagte hat im Ergebnis die Leistungen zutreffend auf Null festgesetzt. Rechtsgrundlage sowohl für die endgültige Festsetzung als auch für die Erstattung ist § 41a Abs. 3 bis 6 SGB II in der bis zum 31.03.2021 geltenden Fassung (a.F.). Gemäß § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht. Gemäß § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II a.F. sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Nach Satz 3 sind Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, zu erstatten.

Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig und lebten im Bundesgebiet, so dass die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II erfüllt waren. Als Inhaber einer Niederlassungserlaubnis bzw. einer Aufenthaltserlaubnis waren sie auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen ausgenommen. Jedoch waren die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Der Bedarf des Klägers zu 1 sowie der Klägerin zu 2 belief sich im Jahr 2017 auf 569,49 € (Regelsatz 368,00 €, KdU 201,49 €) und im Jahr 2018 auf 573,82 € (Regelsatz 374,00 €, KdU 199,82 €). Der Bedarf der Klägerin zu 3 lag 2017 bei 528,48 € (Regelsatz 327,00 €, KdU 201,48 €) und 2018 bei 531,82 € (Regelsatz 332,00 €, KdU 199,82 €). Der Senat berücksichtigt hierbei die tatsächlich gezahlten KdU, da die Kläger im streitgegenständlich Zeitraum nur insoweit belastet waren. Die Kosten für die Garage sind nicht zu berücksichtigen, da sie nicht zu Wohnzwecken dient und es sich vielmehr um ein Ausstattungsmerkmal handelt, das nicht mehr der Erhaltung eines einfachen Wohnstandards und damit grundsicherungsrechtlichen Wohnzwecken dient (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19.05.2021, B 14 AS 39/20 R, juris). Eine Ausnahme vor dem Hintergrund, dass die unterkunftskosten inklusive Garage angemessen sind und die Wohnung ohne die Garage nicht angemietet werden kann (BSG, a.a.O.), liegt nicht vor, da die Garage separat angemietet wurde.

Dieser Bedarf konnte vollständig durch Einkommen gedeckt werden. Die Beklagte hat sowohl das Kindergeld der Klägerin zu 3 zu Recht den Eltern als Einkommen zugeordnet (1.) als auch das Einkommen der Klägerin zu 2 zutreffend berechnet (2.). Zwar bestanden Fehler bei der Berechnung des Einkommens des Klägers zu 1 (3.), jedoch lag insgesamt bedarfsdeckendes Einkommen vor (4.).

1.

Die Beklagte hat zutreffend das Kindergeld der Klägerin zu 3 bei den Eltern als Einkommen berücksichtigt. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II ist Kindergeld als Einkommen des Kindes zu berücksichtigen, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28 SGB II, benötigt wird. Das Kindergeld in Höhe von 192,00 €, das dem Konto des Klägers zu 1 zufloss, wird zur Sicherung des Lebensunterhaltes der Klägerin zu 3 nicht benötigt.

Der Bedarf der Klägerin zu 3 lag 2017 bei 528,48 € und 2018 bei 531,82 € (s.o.). Dem gegenüber stand zum einen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von
3.718,25 € im streitgegenständlichen Zeitraum, wie sich aus den Verwaltungsakten der Beklagten ergibt und von den Klägern auch nicht bestritten wird. Zutreffend hat die Beklagte auch nach § 41a Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB II a.F. aus den monatlich schwankenden Einnahmen, die der Grund für die vorläufige Bewilligung waren, ein Durchschnittseinkommen gebildet, so dass ein monatliches Einkommen von Höhe von 309,86 € zu berücksichtigen war. Von diesem Einkommen hat die Beklagte die Freibeträge nach § 11b SGB II abgesetzt, zum einen den Pauschalbetrag von 100,00 € nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II, zum anderen 20 % des Einkommens zwischen 100,00 € und 309,86 €, mithin 41,97 €. Somit verbleibt ein anrechenbares Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 167,89 €.

Hinzu kommt das von der Klägerin zu 3 bezogene BAföG in Höhe von 451,00 €, das nach § 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. SGB II a.F. als Einkommen zu berücksichtigen ist. Zugunsten der Klägerin zu 3 geht der Senat davon aus, dass
die Beklagte auch den Semesterbeitrag in Höhe von 178,10 € hätte berücksichtigen müssen. Vor diesem Hintergrund wären nach § 11b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II a.F. als mit der Erzielung des BAföG verbundene notwendige Ausgaben 178,10 € für das Semesterticket im Juli 2017 und im Februar 2018 zu berücksichtigen. Jedoch bestimmt § 11b Abs. 2 Satz 5 SGB II a.F., dass von den in § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 bis 5 genannten Leistungen, mindestens 100 € nur abzusetzen sind, wenn die Absetzung nicht bereits – wie im vorliegenden Fall – nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt. Mit dieser Vorschrift soll eine doppelte Berücksichtigung der Pauschale nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II verhindert werden. Der Wortlaut der Vorschrift („mindestens 100 €“) lässt dabei die Absetzung höherer Beträge zu (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/8041, S. 36; LSG Hamburg, Beschluss vom 18.06.2019, L 4 AS 155/19 B ER, juris Rn 5). Folglich können, da bei der Klägerin die Pauschale in Höhe von 100,00 € bereits berücksichtigt wurde, lediglich 78,10 € zusätzlich in Abzug gebracht werden. Folglich sind die BAföG-Leistungen im Juli 2017 und Februar 2018 in Höhe von 372,90 € zu berücksichtigen, im Übrigen in Höhe von 451,00 €.

Insgesamt stand der Klägerin zu 3 somit im streitgegenständlichen Zeitraum ein anrechenbares monatliches Einkommen von 540,79 € im Juli 2017 und Februar 2018 in den übrigen Monaten von 618,85 € zur Verfügung; demgegenüber stand ein Bedarf von
528,48 € in 2017 und 531,82 € in 2018.

Folglich war
das Kindergeld nicht zur Deckung des Bedarfs der Klägerin zu 3 erforderlich, so dass es bei dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zu berücksichtigen war. Darüber hinaus führt das bedarfsdeckende Einkommen dazu, dass die Klägerin zu 3 nicht zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern gehört (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II).

2.

Die Beklagte hat auch das Einkommen der Klägerin zu 2 zutreffend ohne Berücksichtigung der nachgeforderten Beiträge zur Rentenversicherung berechnet.

Die Klägerin zu 2 hat ausweislich der im Juli 2018 eingereichten abschließenden EKS im streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 16.010,50 € erzielt (vgl. hierzu Band 4, Quadrangel 311 und 312 der Verwaltungsakte der Beklagten). Hieraus ist nach § 41a Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB II a.F. ein Durchschnittseinkommen zu bilden, das sich auf 1.334,21 € belief.
Von diesem Einkommen sind sodann nach § 3 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (ALG-II-VO) die Betriebsausgaben in Abzug zu bringen, soweit sie nicht nach § 11b Abs. 1 SGB II berücksichtigt werden. Solche Betriebsausgaben haben die Kläger weder im Klage- noch im Berufungsverfahren geltend gemacht, geschweige denn belegt. So wären insb. hinsichtlich der Raumkosten Belege erforderlich gewesen, da die Beklagte die KdU in tatsächlich anfallender Höhe übernommen hat. Vielmehr haben die Kläger angegeben, dass es „inhaltlich ... vor allen Dingen um die Frage der Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge hinsichtlich der Klägerin zu 2 und des Semesterbeitrages hinsichtlich der Klägerin zu 3“ gehe. Fahrt- und Telefonkosten können an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden, da diese nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II berücksichtigt werden (Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 13 SGB 2, Rn. 381). Zugunsten der Kläger berücksichtigt der Senat jedoch ebenfalls die seitens der Beklagten in Abzug gebrachten Betriebskosten in Höhe von monatlich 45,83 €. Aus diesem Grund stellen auch die Beiträge zur Rentenversicherung keine abzugsfähigen Betriebsausgaben dar. § 11b Abs. 1 Nr. 2 SGB II nennt Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und somit die gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen
Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, soweit sie von den Leistungsberechtigten zu tragen und tatsächlich entrichtet worden sind (Schmidt/Lange in Luik/Harich, 6. Aufl. 2024, SGB II § 11b Rn. 13). Somit verbleibt ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 1.288,38 €.

Von diesem Einkommen sind die Freibeträge nach § 11b SGB II abzusetzen, zum einen der Pauschalbetrag von 100,00 € nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II, zum anderen 20 % des Einkommens zwischen 100,00 € und 1.000,00 €, mithin 180,00 € sowie 10 % des Einkommens zwischen 1.000,00 € und 1.200,00 €, mithin 20 € (§ 11b Abs. 3 Satz 2 SGB II); ein weiterer Freibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 3 SGB II war nicht zu berücksichtigen, da die Klägerin zu 3 im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr minderjährig war. Weitere Ausgaben haben die Kläger weder im Klage- noch im Berufungsverfahren geltend gemacht (s.o.). Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass für Ausgaben nach § 11b Abs. 1 Nr. 3-5 SGB II nach § 11b Abs. 2 Satz 1 bereits pauschal 100,00 € berücksichtigt wurden, so dass sich weitere Ausgaben erst auswirken, wenn sie insgesamt den Betrag von 100,00 € übersteigen. Somit verbleibt ein anrechenbares Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 988,38 € monatlich.

Soweit die Kläger vortragen, vom Einkommen der Klägerin zu 2 seien auch noch die Rentenversicherungsbeiträge nach § 11b. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II in Abzug zu bringen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Zum einen hat der Senat bereits erhebliche Zweifel, ob die Beiträge, die 2021 gegenüber der Klägerin zu 2 geltend gemacht wurden, 2017 und 2018 bereits fällig waren, da
der Beitrag zur Rentenversicherung erst mit der unanfechtbaren Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung fällig wird (Pietrek in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 2 SGB VI, Stand: 21.11.2023, Rn. 90), derzeit jedoch noch ein Klageverfahren gegen den Bescheid der DRV beim SG anhängig ist. Selbst wenn jedoch von einer Fälligkeit rückwirkend auf 2017 ausgegangen würde, wogegen auch der Bescheid der DRV streitet, der von geforderten und künftig fälligen Beiträgen spricht, kann keine Absetzung erfolgen, da auch die Absetzungen i.S.d. § 11b SGB II grds. dem sog. Monatsprinzip unterliegen (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, 2. Ergänzungslieferung 2024, § 11b SGB 2, Rn. 47). Nach diesem Prinzip, sind die Bedarfe eines Monats den Bedarfsdeckungsmöglichkeiten dieses Monats gegenüberzustellen, und eine Unterdeckung begründet den Leistungsanspruch für diesen Monat (so z.B. für die Berücksichtigung rückständiger titulierter Unterhaltspflichten BSG, Urteile vom 09.11.2010, B 4 AS 78/10 R und vom 12.10.2016, B 4 AS 38/15 R, beide juris). Im Rahmen des § 11b SGB II gilt dies in invertierter Form, d.h. Ausgaben sind in dem Monat abzusetzen, in dem sie abfließen (Hengelhaupt, a.a.O., BSG a.a.O.). Eine Absetzung kann somit nur erfolgen, wenn die Beiträge tatsächlich geleistet werden (Striebinger, BeckOGK, Stand 01.08.2021, SGB II, § 11b Rn. 6). Der Abzug fiktiver oder tatsächlich nicht geleisteter Beträge ist nicht möglich (Schmidt/Lange in Luik/Harich, 6. Aufl. 2024, SGB II § 11b Rn. 9).

3.

Das Einkommen des Klägers zu 1 wurde nicht zutreffend berechnet.
Der Kläger zu 1 hat ausweislich der im Juli 2018 eingereichten abschließenden EKS vom Mai und Juli 2018 im streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Höhe von 2.400 € erzielt (vgl. hierzu Band 4, Quadrangel 309 und 310 der Verwaltungsakte der Beklagten), was sich mit den vorgelegten Kontoauszügen deckt; soweit die Beklagte auf den Kontoauszügen weitere Einnahmen entdeckt haben will, ist dies darauf zurückzuführen, dass dem Kläger zu 1 das Einkommen teilweise erst Monate später zugeflossen ist. So handelt es sich bei den 360,00 €, die dem Kläger zu 1 im Februar zugeflossen sind, um Einnahmen aus der Rechnung 6/2017 aus November 2017. Betriebsausgaben nach § 3 Abs. 2 ALG-II-VO können nicht berücksichtigt werden, da solche von den Klägern weder im Klage- noch im Berufungsverfahren geltend gemacht worden sind (s.o.). Zutreffend hat die Beklagte beim Kläger zu 1 nach § 41a Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB II a.F. aus den monatlich schwankenden Einnahmen ein Durchschnittseinkommen gebildet; dieses beläuft sich jedoch auf monatlich 200,00 €.

Von diesem Einkommen sind sodann die Freibeträge nach § 11b SGB II abzusetzen, zum einen der Pauschalbetrag von 100,00 € nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II, zum anderen 20 % des Einkommens zwischen 100,00 € und 200,00 €, mithin 20,00 €, so dass anrechenbares Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von 80 € vorliegt. Weitere Ausgaben haben die Kläger weder im Klage- noch im Berufungsverfahren geltend gemacht (s.o.). Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass für Ausgaben nach § 11b Abs. 1 Nr. 3-5 SGB II nach § 11b Abs. 2 Satz 1 bereits pauschal 100,00 € berücksichtigt wurden, so dass sich weitere Ausgaben erst auswirken, wenn sie insgesamt den Betrag von 100,00 € übersteigen.

Hinzu kommt das Einkommen aus Kindergeld in Höhe von 190,00 €
monatlich in 2017 und 192,00 € monatlich in 2018.

Somit lag beim Kläger zu 1 Einkommen von
monatlich insgesamt 270,00 € in 2017 und monatlich 272,00 € in 2018 vor.

4.

Die Bedarfsgemeinschaft aus dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 – die Klägerin zu 3 war aufgrund übersteigenden Einkommens nach § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 SGB II kein Mitglied mehr (s.o.) – verfügte somit über ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1.288,38 € in 2017 und 1.260,38 € in 2018. Dem stand in 2017 monatlich ein Gesamtbedarf von 1.138,98 € und in 2018 von monatlich 1.147,64 € gegenüber.

Da den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum kein Leistungsanspruch zustand, hat die Beklagte in den Bescheiden vom 11.04.2018 die Leistungen zu Recht endgültig auf Null festgesetzt und nach § 41a Abs. 6 SGB II a.F. Erstattung der überzahlten Leistungen in Höhe von jeweils
insgesamt 1.495,84 € verlangt.

Die Berufung ist somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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