L 4 KR 2893/23 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1540/23 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2893/23 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 4. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.



Gründe

1. Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Antragsteller begehrt, ihn mit den „bestmöglichen Hörgeräten zu versorgen“; der Beschwerdegegenstand übersteigt damit 750,00 €

2. Die Beschwerde ist nicht begründet.


a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit – wie hier – nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschlüsse vom 10. März 2022 – 1 BvR 484/22 – juris, Rn. 4 ff., vom 14. März 2019 – 1 BvR 169/19 – juris, Rn. 15 ff., vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 – juris, Rn. 11 und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 23 ff.). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher gegebenenfalls in Ansehung des sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) ergebenden Gebotes, sich schützend und fördernd vor die dortigen Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 2020 – 1 BvR 2846/16 – juris, Rn. 7 m.w.N.), sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern bilden ein bewegliches System: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringer sind die Anforderungen an die Dringlichkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes und umgekehrt. Vollständig fehlen darf aber keine der beiden Anordnungsvoraussetzungen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. August 2011 – L 7 AS 1953/11 ER-B – juris, Rn. 4). Für die Beurteilung sind dabei die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend (Senatsbeschluss vom 9. November 2020 – L 4 P 3250/20 ER-B – juris, Rn. 4).

b) Das Sozialgericht Konstanz (SG) hat im angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt, welche rechtlichen Voraussetzungen für die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung auf Hörgeräteversorgung bestehen, sowie dass und aus welchen Gründen sie im Falle des Antragstellers mangels Anordnungsanspruch nicht vorliegen. Der Senat nimmt insoweit nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

c) Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es unter Berücksichtigung der dargelegten Maßstäbe auch an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit fehlt. Dem Antragsteller ist ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache zumutbar. Der durch den Antragsteller zuletzt im Beschwerdeverfahren gestellte Antrag, „ihn mit den bestmöglichen Hörgeräten zu versorgen“, ist bereits nicht hinreichend konkret. Die Antragsgegnerin hat zu keinem Zeitpunkt die grundsätzliche Versorgung des Antragstellers mit Hörgeräten abgelehnt. Sie hat zwar dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. Juni 2023 mitgeteilt, dass das Genehmigungsschreiben vom 19. April 2023 seine Gültigkeit verliere, der G1 aber telefonisch bestätigt, dass der Antragsteller „ganz normal“ mit der Ausprobe/Versorgung beginnen könne und am Ende wie gewohnt ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt werden könne. Dass die ursprüngliche Verordnung weiterhin akzeptiert werde und der Antragsteller mit einem Hörgeräteakustiker seiner Wahl erneut das Anpassungs- und Ausprobungsverfahren durchführen könne, hat die Vertreterin der Antragsgegnerin im Erörterungstermin vom 27. Februar 2024 nochmals bestätigt. Voraussetzung ist, wie auch das SG dargelegt hat, dass die Versorgung durch einen zugelassenen Leistungserbringer erfolgt. Die Notwendigkeit der Hörgeräteversorgung wurde durch die Antragsgegnerin damit zu keinem Zeitpunkt bestritten.

Nachdem nicht die Versorgung mit einem konkreten Hörgerät streitig ist und die dem Antragsteller ggf. entstehenden Kosten damit nicht beziffert werden können, ist für den Senat auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass der Antragsteller nicht in der Lage wäre, ggf. erforderliche Zuzahlungen zur Hörgeräteversorgung zumindest bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens vorläufig selbst zu zahlen.


3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG). 




 

Rechtskraft
Aus
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