L 2 AS 593/22

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AS 770/21
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 2 AS 593/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Für die Frage, ob ein Kind einem elterlichen Haushalt zumindest zeitweilig angehört, kommt es auf die tatsächlichen (faktischen) Verhältnisse an. Entscheidend ist, ob es sich dort dauerhaft und mit nur kurzfristigen Unterbrechungen tatsächlich aufhält. Bestehen ernstliche Zweifel an der Zugehörigkeit zum elterlichen Hauhalt, kann die Haushaltszugehörigkeit nicht allein mit Hinweisen auf das elterliche Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht und auf den gegenüber der Meldebehörde verlautbarten Wohnsitz belegt werden.
2. Machen die Eltern als gesetzliche Vertreter Ansprüche des Kindes mit der Begründung geltend, es gehöre ihrem Haushalt an, sind sie für diese anspruchsbegründende Tatsache darlegungs- und beweispflichtig. Mangelnde Mitwirkung bei der Aufklärung eines zweifelhaften Aufenthalts des Kindes geht danach zu Lasten der Leistungsbegehrenden.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger und Berufungsführer (im Folgenden: Kläger) begehren höhere bzw. weitere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende, jetzt Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit von Juni 2021 bis November 2022.

Der 1980 geborene Kläger zu 1. lebte zunächst zusammen mit seiner Ehefrau, Frau H. Z. (geb. 1984), und den gemeinsamen vier Kindern, dem 2012 geborenen Kläger zu 2., dem 2014 geborenen Kläger zu 3. und zwei Töchtern unter der Anschrift B. 35 in M. Die Miete für die 64 qm große Wohnung mit drei Zimmern betrug ab dem 1. Oktober 2019 monatlich 320 Euro zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 85 Euro, Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 120 Euro sowie wegen einer nicht näher im Vertrag erläuterten „zusätzlichen Mietquelle“ 2,56 Euro (insgesamt 527,56 Euro). Der Kläger zu 1. bezog ursprünglich das Kindergeld für seine vier Kinder. Des Weiteren war ihm zunächst bis 9. April 2022 Elterngeld in Höhe von 150 Euro monatlich bewilligt. Dieses bezog er hingegen nur bis für den 9. Juni 2021, weil die Bewilligung nachträglich zum 10. Mai 2021 aufgehoben und die Leistung für den 10. Mai bis 9. Juni 2021 zurückgefordert wurde (Bescheid des Beigeladenen vom 2. Juni 2021). Sonstige Einnahmen bestanden in der Bedarfsgemeinschaft nicht. Im Januar 2021 hatte der Kläger zu 1. für seine Kfz-Haftpflichtversicherung einen Jahresbeitrag in Höhe von 233,21 Euro zu entrichten (im Januar 2022: 225,41 Euro).

Der Beklagte hatte den Klägern mit Bescheid vom 2. November 2020 und - auf abgeholfenen Widerspruch - in Gestalt eines Änderungsbescheides vom 9. Dezember 2020 unter Berücksichtigung der vollen Wohnkosten und des Kindergeldes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab Dezember 2020 bis November 2021 bewilligt. Dies umfasste neben den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auch zusätzliche Leistungen für die Schule nach § 28 Abs. 3 SGB II für die Kläger zu 2. und 3. Des Weiteren gewährte der Beklagte für die Kläger zu 2. und 3. mit gesonderten Bescheiden vom 2. November 2020 Leistungen für die Mittagsverpflegung.

Am 30. April 2021 teilte eine Mitarbeiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses M. dem Beklagten mit, dass die Ehefrau und die beiden Töchter des Klägers dort am Vortag Zuflucht gesucht hätten. Sie würden sich nunmehr als eigenständige Bedarfsgemeinschaft melden.

Daraufhin erließ der Beklagte unter dem 17. Mai 2021 einen „Vorläufigen Änderungsbescheid". Nach dem Verfügungssatz dieses Bescheids hob er den Bescheid vom 2. November 2020 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. Dezember 2020 gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) mit Wirkung vom 1. Dezember 2020 bis zum 30. November 2021 auf. Für die Monate Dezember 2020 bis Mai 2021 erging keine abweichende Bewilligung. Ab dem 1. Juni 2021 bewilligte er der Ehefrau und den Töchtern des Klägers keine Leistungen als Teil der bisherigen Bedarfsgemeinschaft. Dem Kläger zu 1. und dessen Söhnen gewährte er Leistungen nach dem SGB II unter Anrechnung von Elterngeld und Kindergeld für den verbleibenden Zeitraum vom 1. Juni 2021 bis zum 30. November 2021 in Höhe von 738,55 Euro. Einen Vorläufigkeitsvorbehalt enthielt der Bescheid - abgesehen von der Bezeichnung in der Überschrift - nicht.

Am 19. Mai 2021 teilte eine Mitarbeiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses dem Beklagten telefonisch mit, dass der Kläger zu 1. bislang kein Kindergeld an seine Ehefrau weitergeleitet habe. Vielmehr habe er ihre auf ihr eigenes Konto gezahlten SGB II-Leistungen mit Hilfe ihrer Kontokarte auf sein Konto überwiesen. Die Ehefrau sei einverstanden, dass wegen der bereits erfolgen Zahlungen für Mai 2021 erst ab Juni 2021 Zahlungen an sie wieder aufgenommen würden. Die Kläger zu 2. und 3. seien derzeit nicht beim Kläger zu 1. untergebracht, sondern bei dessen Eltern.

Danach hob der Beklagte mit „Vorläufigem Änderungsbescheid“ vom 20. Mai 2021 „den Bescheid […] vom 02.11.2020 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.05.2021 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X mit Wirkung vom 01.12.2020 bis 30.11.2021“ auf. Für die Monate Dezember 2020 bis März 2021 sowie für Mai 2021 bewilligte er den Mitgliedern der ursprünglichen Bedarfsgemeinschaft Leistungen in unveränderter Höhe und für April 2021 um 75 Euro höhere Leistungen (wohingegen der Berechnungstabelle unveränderte Ansprüche zu entnehmen waren). Ab Juni 2021 bewilligte er dem Kläger zu 1. keine Leistungen mehr; weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wurden in dem Bescheid ab dann nicht mehr aufgeführt. Dadurch entfielen ab dann auch die den Klägern zu 2. und 3. zuvor gewährten Leistungen für Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass ihm bekannt geworden sei, dass die Kläger zu 2. und 3. sich aktuell nicht im Haushalt des Klägers zu 1. aufhielten, so dass ihre Bedarfe nicht zu berücksichtigen seien. Das Eltern- und das Kindergeld werde vollständig als Einkommen des Klägers zu 1. berücksichtigt, da keine Unterlagen bezüglich einer Abtretung vorlägen und das Eltern- und Kindergeld für die Töchter weiterhin auf seinem Konto eingehe. Anbei werde eine Anhörung zu dem genannten Sachverhalt übersandt; auf deren Grundlage würde dann die Berücksichtigung der tatsächlichen Auszüge und die Geltendmachung der damit verbundenen Rückforderung erfolgen. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift „Hinweis zum Leistungsanspruch ab 29. April 2021“ folgenden Hinweis: Die Leistungen würden „im Gewährungszeitraum 01.12.2020 bis 30.11.2021 gem. § 41a Abs. 1 SGB II vorläufig bewilligt“. Zur Begründung wurde auf den Auszug der Ehefrau und der Töchter und damit zusammenhängende offene Fragen verwiesen. Deshalb sei „die Bedarfsberechnung für die oben genannten Personen vorläufig zum 31.05.2021 begrenzt“ worden. Aufgrund der vorläufigen Bewilligung werde der Gewährungszeitraum auf sechs Monate festgelegt; es werde darauf hingewiesen, dass sich die Vorläufigkeit auf den gesamten Verwaltungsakt erstrecke. Wegen der Leistungsgewährung ab dem 1. Juni 2021 werde darauf hingewiesen, dass der Kläger zu 1. wegen seines Einkommens nicht hilfebedürftig sei. Die Ablehnung gelte vom 1. Juni bis 30. November 2021.

Mit einem gesonderten Schreiben vom gleichen Tag hörte der Beklagte den Kläger zu 1. „in Vorbereitung eines Rücknahmebescheides nach § 45 SGB X" an. Ihm sei bekannt geworden, dass sich die Kläger zu 2. und 3. nicht mehr in seinem Haushalt aufhielten.

Daraufhin wandte sich der Kläger zu 1. mit mehreren Schreiben an den Beklagten. Unter dem 22. Mai 2021 erhob er Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Mai 2021, weil die Bedarfsberechnung falsch sei. Ihm werde Einkommen angerechnet, das er nicht habe. Mit Schreiben vom 25. Mai 2021 erhob er Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Mai 2021. Dieses „Angebot in Form eines Änderungsbescheids“ lehne er ab und widerspreche diesem. Der Inhalt sei aus sich heraus nichtig und gesetzwidrig. Der Änderungsbescheid gehe von nicht konkret benanntem fiktivem Einkommen aus. Er verstehe nicht, was mit Abtretung des Kindergeldes gemeint sei. Er selbst lebe nicht von diesem Geld und bestreite davon auch nicht seinen Lebensunterhalt. Weiter rügte der Kläger zu 1., dass beide Bescheide nicht unterschrieben seien, und berief sich auf zahlreiche gesetzliche Vorschriften.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2021 forderte der Beklagte den Kläger zu 1. auf, u.a. folgende Unterlagen beizubringen bzw. folgende Angaben zu machen: „Kontoauszüge über die Weiterleitung des Kindergeldes [seiner] Söhne, Abtretungserklärungen gegenüber der Familienkasse"; „Einstellungsbescheid des Kindergeldes für [seine] Söhne"; Angaben, seit wann sich seine Söhne nicht mehr im gemeinsamen Haushalt aufhielten; Angaben, wo sich die Söhne aktuell aufhielten und über welchen Zeitraum sie dies täten. Hierzu führte der Kläger zu 1. mit Schreiben vom 18. Juni 2021 unter anderem aus, dass das Vorgehen des Beklagten rechtswidrig sei. Einkommen der Kinder dürfe nicht den Eltern zugerechnet werden. Insoweit fragte er, an wen er das Kindergeld weiterleiten solle und warum. Bezüglich der Frage nach dem Aufenthalt seiner Söhne sprach der Kläger zu 1. von einer „fixen Idee" des Beklagten.

Am 10. Juni 2021 führte eine Mitarbeiterin des Beklagten beim Kläger zu 1. einen unangekündigten Hausbesuch durch. In einem Vermerk hielt sie dazu u.a. fest, der Kläger zu 1. habe ihr keinen Zutritt zur Wohnung gewährt. Er habe angegeben, seine beiden Söhne wohnten bei ihm. Sie habe ihm erläutert, dass er Gelegenheit habe zu zeigen, dass dies tatsächlich der Fall sei. Dazu habe er angegeben, die Kinder seien in der Schule bzw. im Hort. Die Wohnsituation habe er nicht zeigen wollen. Zum Abschied habe er einen großen Beutel mit Lego-Bausteinen aus dem Fenster gehalten und gefragt, ob dies Beweis genug sei.

Am 17. Juni 2021 telefonierte eine Mitarbeiterin des Beklagten mit dem dortigen Jugendamt. Ausweislich eines Gesprächsvermerks wurde ihr u.a. mitgeteilt, der Kläger zu 1. wolle Unterhaltsvorschussleistungen für die Kläger zu 2. und 3. beantragen. Gleichzeitig habe er aber diverse Lebensumstände angegeben, die einen tatsächlichen Aufenthalt der Jungen bei ihm unglaubhaft erschienen ließen. Nach einer Rücksprache mit der Mitarbeiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses teilte die Mitarbeiterin des Jugendamtes in einem weiteren Telefonat mit, sie habe die Auskunft erhalten, die Kläger zu 2. und 3. seien zwar polizeilich beim Kläger zu 1. gemeldet, hielten sich aber tatsächlich bei ihren Großeltern auf. Nach Auskunft der Mitarbeiterin des Frauen- und Kinderschutzhauses bestehe dazu eine Vereinbarung zwischen den Großeltern und dem Jugendamt.

In der Folgezeit erhielt der Beklagte zwei Bescheide der Familienkasse Sachsen-Anhalt-Thüringen an den Kläger zu 1. zur Kenntnis. Mit Bescheid vom 26. Mai 2021 war die Bewilligung von Kindergeld für die Töchter zu Juni 2021 aufgehoben worden, weil diese nunmehr im Haushalt der Mutter lebten; für die Söhne blieb es bei der Bewilligung an den Kläger zu 1. mit je 219,00 Euro monatlich.

Unter dem 13. Juli 2021 erließ der Beklagte einen „Vorläufigen Änderungsbescheid im Widerspruchsverfahren", den er auf § 40 SGB II in Verbindung mit § 44 SGB X stützte. Der Bescheid vom 20. Mai 2021 werde durch den vorliegenden ersetzt. Die Berücksichtigung des Kindergeldes für die Töchter werde ab Juni 2021 nicht mehr vorgenommen. Für die Monate Dezember 2020 bis Mai 2021 blieb die Bewilligung inhaltlich unverändert. Für Juni bis November 2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1. Leistungen in Höhe von 584,99 Euro pro Monat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2021 verwarf der Beklagte den Widerspruch des Klägers zu 1. zum Teil (betreffend den Änderungsbescheid vom 17. Mai 2021) wegen Ersetzung als unzulässig und wies ihn zum Teil (betreffend den Änderungsbescheid vom 20. Mai 2021) unter Hinweis auf den Änderungsbescheid vom 13. Juli 2021 als unbegründet zurück.

Mit Aufhebungsbescheiden vom 4. August 2021 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kläger zu 2. und 3. jeweils ab Juni 2021 auf. Hiergegen erhob der Kläger zu 1. Widersprüche, welche vom Beklagten mit Widerspruchsbescheiden vom 21. September 2021 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Dies wurde damit begründet, dass der Kläger zu 1. trotz mehrfacher Aufforderung keine Angaben zum Aufenthaltsort der beiden Söhne habe machen können. Auch bei der Außendienstprüfung sei nicht nachgewiesen worden, dass die beiden Söhne sich im Haushalt des Klägers zu 1. aufhielten. Nach einer Bestätigung des Jungendamtes sei dies nicht der Fall.

Wegen der Aufhebungsbescheide vom 4. August 2021 in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 21. September 2021 hat der Kläger zu 1. am 29. September 2021 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben (S 7 AS 1066/21), wofür er später eine Vollmacht der Kindesmutter vom 5. Januar 2022 vorgelegt hat. Schriftliche Fragen zum Aufenthalt der Kläger zu 2. und 3. hat die Kindesmutter unter Verweis auf ein vermeintliches Zeugnisverweigerungsrecht abgelehnt. Trotz Anforderung des SG hat der Kläger zu 1. keine weiteren Belege zum tatsächlichen Aufenthaltsort der weiteren Kläger erbracht.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2021 wies der Kläger zu 1. nach, dass er zum 24. Oktober 2021 eine Betriebskostennachforderung in Höhe von 184,32 Euro schuldete und dass sich die Gesamtmiete ab dem 1. Dezember 2021 auf 550,56 Euro erhöhte (Grundmiete unverändert, Betriebskostenvorauszahlung nun 146,00 Euro monatlich, Heizkostenvorauszahlung nun 82 Euro monatlich). Danach hat der Beklagte dem Kläger zu 1. mit einem „Vorläufigen Änderungsbescheid im Klageverfahren" vom 12. Oktober 2021 weitere 184,63 Euro für Oktober 2021 wegen der Betriebskostennachforderung bewilligt (insgesamt dann 769,62 Euro). Der Beklagte führte aus, dass der Bescheid vom 2. November 2020 „mit Wirkung vom 01.12.2020 bis 30.11.2021“ aufzuheben gewesen sei, und führte die Bewilligung für alle, d.h. auch für die Leistungsmonate erneut auf, in denen gegenüber der Bewilligung vom 13. Juli 2021 keine geänderte Bewilligung erfolgte. Erneut begründete der Beklagte die Vorläufigkeit mit der ausstehenden Klärung, ab wann sich die Söhne des Klägers zu 1. nicht mehr in seinem Haushalt aufhielten und mit der vorläufig bis 31. Mai 2021 begrenzten Gewährung der Leistungen für die Ehefrau und die Töchter und dem nach Erhalt der angeforderten Unterlagen noch zu berücksichtigenden tatsächlichen Auszug, was ebenfalls für die Söhne gelte.

Bereits am 9. Juli 2021 hat der Kläger zu 1. beim SG gegen den Bescheid des Beklagten vom 20. Mai 2021 Klage (S 7 AS 770/21) erhoben, die er mit einem „Eilantrag gemäß § 86b SGG/ SGB XV" verbunden hat. Dieses Eilrechtsverfahren hat das erstinstanzliche Gericht unter dem Aktenzeichen S 7 AS 769/21 ER geführt (hiesiges Az. dann L 2 AS 583/21 B ER). Der Kläger zu 1. hat im Wesentlichen ausgeführt, dass das Kindergeld nicht sein Einkommen sei, sondern das seiner Kinder und deren Lebensunterhaltssicherung diene. Ihm werde ein fiktives Einkommen angerechnet, was er nicht besitze. Diese Anrechnung habe zum Wohle seiner Kinder zu unterbleiben. Im Verfahren machte der Kläger zu 1. insbesondere Verletzungen des Sozialgeheimnisses und von Persönlichkeitsrechten geltend. Nach dem SGB II gehörten seine Kinder zu seiner Bedarfsgemeinschaft. Durch Meldebescheinigungen sei bewiesen, dass seine Söhne bei ihm wohnten. Ein weiterer Beweis seien Bücherlisten seiner Söhne und Rechnungen eines Menü-Services. Anhand von Kontoauszügen sei z.B. ersichtlich, dass er für einen Sohn Geld für die Klassenkasse bzw. Schule überwiesen habe. Er versichere an Eides statt, dass seine Söhne sich in seinem Haushalt aufhielten und ihren Wohnsitz bei ihm hätten.

Das SG hat den Kläger zu 1. im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes befragt, ob es zutreffe, dass seine Söhne sich bei ihren Großeltern aufhielten, und ob er ggf. das Kindergeld an diese weiterleite. Der Kläger zu 1. erklärte dazu, seine Söhne wohnten bei ihm.

Weiter hat das SG Frau H. Z. um Auskunft darüber gebeten, wo sich ihre Söhne aktuell aufhielten; außerdem möge sie die Anschrift ihrer Schwiegereltern mitteilen. Auf gerichtliche Aufforderung bevollmächtigte Frau H. Z. ihren Ehemann, im Sinne der gemeinsamen Söhne zu handeln. Ein weiteres Schreiben, das den Absender „Z./ Frauenhaus/ 0XXXX M." aufwies, enthielt die Erklärung von Frau H. Z.: „meine Söhne leben und haben schon immer im Haushalt meines Mannes gewohnt". Die Adresse der Großeltern sei ihr nicht bekannt. Im Übrigen verweise sie auf Vertrauensschutz, das Sozialgeheimnis, Datenerhebung und den Datenschutz. Weiteres möge man an ihren Ehemann richten.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte mit Schreiben vom 13. Juli 2021 das dortige Jugendamt um Auskunft über den Aufenthaltsort der Kläger zu 2. und 3 gebeten. Dieses Ersuchen lehnte das Jugendamt mit Schreiben vom 9. August 2021 unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen ab. Auf erneute Anfrage des Beklagten verwies das Jugendamt mit Schreiben vom 10. September 2021 auf § 64 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII). Das Jugendamt leiste der betroffenen Familie persönliche und erzieherische Hilfe. Nach seiner Einschätzung würde die Erteilung der begehrten Auskunft den Erfolg der Leistungsgewährung nach dem SGB VIII gefährden, da der erforderliche Vertrauensschutz erheblich beeinträchtigt würde. Es liege auch keine Einwilligung der betroffenen Personen vor.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2021 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt, wogegen der Kläger zu 1. Beschwerde unter Berufung auf zahlreiche gesetzliche Vorschriften erhoben hat. Der Berichterstatter in diesem Beschwerdeverfahren hat sich am 10. November 2021 telefonisch beim Jugendamt nach den dort vorliegenden Erkenntnissen zum Aufenthaltsort der Kläger zu 2. und 3 erkundigt. Die für die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen zuständige Stelle teilte mit, die dortige Kenntnis, dass die Söhne sich bei ihren Großeltern aufhielten, resultiere aus den Angaben der Kindesmutter. Der Soziale Dienst gab an, man wäre zwar in der Lage, Auskunft über den Aufenthaltsort der Söhne und ein gerichtliches Verfahren zu geben; dies setze aber die Vorlage von Einverständniserklärungen beider Elternteile voraus.

Auf gerichtliche Anfrage zum Bestehen etwaiger Vereinbarungen oder behördlicher oder gerichtlicher Regelungen zu dem Aufenthalt der beiden Söhne und zur Anhängigkeit familiengerichtlicher Verfahren und nach der ladungsfähigen Anschrift seiner Eltern befragt, hat der Kläger zu 1. mitgeteilt, seine Söhne hielten sich bei ihm auf. Sehr wohl komme es im Rahmen der Besuche bei den Großeltern nach Absprache zu Übernachtungen. Auch würden die Großeltern sie „mal" von der Schule bzw. dem Hort abholen. Verfahren betreffend Sorgerecht, Umgang oder Aufenthalt gebe es nicht. Abgesehen von einer Eingliederungshilfe für einen der beiden Söhne, der unter Autismus leide, und von Hilfe bei der Vermittlung seiner Ehefrau ins Frauenhaus hätten weder er noch seine Ehefrau etwas mit dem Jugendamt zu tun. Bezüglich der Richtigkeit dieser Angaben habe er bereits erstinstanzlich eine Versicherung an Eides statt bzw. Glaubhaftmachung abgegeben; dies tue er nun noch einmal. Dass seine Söhne ihren Wohnsitz bei ihm hätten, ergebe sich aus - im Einzelnen dargelegten - gesetzlichen Bestimmungen. Weiter verwies er darauf, dass sich sein Aufenthaltsbestimmungsrecht aus den §§ 1687, 1627 Abs. 1 und 1631 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergebe. Die erbetene Einverständniserklärung gab der Kläger zu 1. nicht ab.

Die ebenfalls befragte Ehefrau des Klägers zu 1. verwies unter dem 23. November 2021 auf dieselben gesetzlichen Vorschriften und teilte erneut mit, ihre Söhne befänden sich beim Kläger zu 1., der das alleinige Recht zur Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens habe. Die Großeltern hätten ein Recht auf Umgang, aber kein Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrecht. Auch sie gab die erbetene Einverständniserklärung nicht ab.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2021 hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung lägen nicht vor. Der angegriffene Bescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Der Verwaltungsakt sei mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben gewesen, weil sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger zu 2. und 3. spätestens ab dem 1. Juni 2021 nicht mehr zum Haushalt des Klägers zu 1. gehörten. Der Kläger zu 1. habe den tatsächlichen Aufenthalt nicht glaubhaft gemacht. Statt die tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse nachvollziehbar und vor allem überprüfbar darzustellen, habe der Kläger zu 1. seine Rechtsauffassung referiert, Fragen habe er nur in hohem Maße unvollständig und ausweichend beantwortet und eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht verhindert. Der Beklagte habe auch zu Recht das Kindergeld, welches der Kläger zu 1. für die Kläger zu 2. und 3. erhalte, als sein Einkommen berücksichtigt. Eine Weiterleitung des Kindergeldes habe der Kläger zu 1. nicht behauptet und sei auch nicht ersichtlich.

Bereits am 8. Oktober 2021 hatte der Kläger zu 1. beim Beklagten einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sich und seine beiden Söhne ab dem 1. Dezember 2021 gestellt. Für diese stellte er zugleich einen Antrag auf Leistungen zur Bildung und Teilhabe für Aufwendungen für die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung. Die Söhne würden die 2. und 4. Klasse der J.-Schule besuchen und nähmen an der Mittagsverpflegung teil. Bei den Einkommensverhältnissen hätten sich keine Änderung ergeben. Für die beiden Söhne beziehe er Kindergeld in Höhe von insgesamt 438,00 Euro.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 2. November 2021 allein dem Kläger zu 1. Leistungen für den Monat Dezember 2021 in Höhe von 607,99 Euro und für die Monate Januar bis Mai 2022 in Höhe von jeweils 610,34 Euro. Hierbei berücksichtigte er die tatsächlichen monatlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vollständig in Höhe von 550,56 Euro. Als Einkommen berücksichtigte der Beklagte das Kindergeld in Höhe von 438,00 Euro, wovon 30,00 Euro als Versicherungspauschale und 18,78 Euro für die Kfz-Haftpflichtversicherung in Abzug gebracht wurden. In gesonderten Bescheiden, ebenfalls vom 2. November 2021, lehnte der Beklagte Leistungen für die Kläger zu 2. und 3. für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung für den Zeitraum Dezember 2021 bis Mai 2022 ab.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger zu 1. Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er nicht angegeben habe, dass seine Söhne nicht bei ihm lebten. Ihm stünden auch Leistungen wegen Alleinerziehung zu. Weiter rügte er, dass die Bescheide nicht unterschrieben seien, und berief sich auf zahlreiche gesetzliche Vorschriften.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2022 wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Begründet wurde dies damit, dass der Auszug der Kinder aus dem Haushalt des Klägers zu 1. durch das Jugendamt bestätigt worden sei. Die Söhne hielten sich nicht bei dem Kläger zu 1. auf. Dieser könne den behaupteten Aufenthalt der Kinder in seinem Haushalt auch nicht nachweisen. Infolgedessen würden die Kinder nicht mehr zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehören und erhielten somit auch keine Leistungen nach dem SGB II über diese Bedarfsgemeinschaft.

Hiergegen hat der Kläger zu 1. am 12. April 2022 beim SG Klage erhoben (Az. S 7 AS 495/22).

Unter dem 8. November 2021 (Az. S 7 AS 1204/21 ER) hatte der Kläger zu 1. bereits einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG in Bezug auf die drei Bescheide vom 2. November 2021 gestellt. Er habe auch Leistungen für seine Kinder beantragt, aber nicht bekommen. Auch „sonstige Einnahmen" habe er nicht erzielt. Nicht er habe angegeben, dass seine Söhne nicht bei ihm lebten, sondern der Beklagte behaupte dies einfach. Wenn er das Gegenteil beantragt und nachgewiesen habe, wie komme man darauf, dass es anders sei? Seine Ehefrau und er hätten das gemeinsame uneingeschränkte Sorgerecht und damit das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Im Konsens mit ihr lebten die Jungen bei ihm und die Mädchen bei der Mutter. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum der Beklagte mit dem aktuellen Bescheid seine Leistungen um das Kindergeld bereinigt habe. Wenn das Kindergeld gleichzeitig den Kindern und ihm entzogen werde, wer könne und solle davon leben? Er berief sich auf zahlreiche gesetzliche Vorschriften. Insbesondere rüge er Verletzungen des Datenschutzes.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2022 hat Frau H. Z. dem Kläger zu 1. die Vollmacht erteilt, für die Söhne Rechtsstreite zu führen.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2022 hat das SG Frau H. Z. aufgefordert, mitzuteilen, welchen Kontakt sie zu ihren Söhnen habe, wo diese sich seit Mai 2021 aufhielten, wo sie übernachteten, ob es eine Vereinbarung zwischen ihr und dem Kläger zu 1. über den Aufenthalt gebe bzw. Entscheidungen des Jugendamtes oder des Familiengerichts. Weiter bat das Gericht um Mitteilung hinsichtlich der Namen und der Anschrift der Großeltern der Söhne väterlicherseits. Im Antwortschreiben vom 8. Februar 2022 berief sich Frau H. Z. auf ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen.

Mit weiterem Schreiben vom 16. Februar 2022 hat das SG den Kläger zu 1. aufgefordert, mitzuteilen, wo sich die beiden Söhne seit dem 1. Mai 2021 aufgehalten und wo sie in dieser Zeit übernachtet haben, ob es eine Vereinbarung zwischen ihm und der Kindesmutter zum Aufenthalt der Jungen und zum Umgang gebe. Weiter hat es um Vorlage der Vereinbarung gebeten. Zudem hat das SG den Kläger zu 1. aufgefordert, die Namen und die ladungsfähige Anschrift seiner Eltern mitzuteilen. Dem Schreiben war ein Formular für die Befreiung vom Sozialgeheimnis in Bezug auf das Jugendamt beigefügt.

Der Kläger zu 1. hat in seinem Antwortschreiben ausgeführt, dass die angeblichen Beweise nicht hätten erhoben werden dürfen und unbeachtet bleiben müssten. Der Beklagte habe die Umstände zu beweisen, nicht er. Das Jugendamt sei überhaupt nicht in der Lage, Auskünfte über den Aufenthalt seiner Söhne zu geben, ohne sich strafbar zu machen. Die Nachweise des Einwohnermeldeamtes lägen vor und könnten gerne erneut beigezogen werden. Die Aufforderung, Name und Anschrift seiner Eltern zu nennen, entspreche einer Straftat. Da es sich um eine Leistung für die Kinder handele, könne das Kindergeld nicht als sein Einkommen angerechnet werden.

Mit Beschluss vom 4. April 2022 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Es sei nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sich die Kläger zu 2. und 3. im streitgegenständlichen Zeitraum im Haushalt des Klägers zu 1. aufgehalten hätten.

Am 14. April 2022 hat der Kläger zu 1. Beschwerde gegen den Beschluss des SG erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das Wohl der Kinder sei nach der UN-Kinderrechtskonvention bei jeder Entscheidung vorrangig zu berücksichtigen. Seine Söhne wohnten bei ihm und gehörten dem Haushalt an. Wenn die Kinder ihre Großeltern besuchten, dann lebten sie noch lange nicht in deren Haushalt. Es gebe keine Vereinbarung zum Aufenthalt der Söhne. Der Beklagte könne nicht schlüssig nachweisen, dass sich die Kinder bei den Großeltern in deren Haushalt aufhielten, weil es nicht den Tatsachen entspreche. Wenn der Beklagte dies auch in der Hauptsache nicht beweisen könne, würde letztlich dort nichts Anderes herauskommen, außer eine Entscheidung zu ihren Gunsten. Was durch Dritte bekannt werde, sei irrelevant, rechtswidrig, strafbewehrt und nicht maßgeblich.

Der Senat hat die Beschwerde der Kläger mit Beschluss vom 5. Mai 2022 zurückgewiesen (Az. L 2 AS 195/22 B ER). Die Kläger hätten nicht glaubhaft machen können, dass sich die Kläger zu 2. und 3. im streitgegenständlichen Zeitraum beginnend ab Dezember 2021 tatsächlich im Haushalt des Klägers zu 1. aufgehalten haben. Für die tatbestandlichen Voraussetzungen seien die Kläger - anders als sie selbst meinten - beweisbelastet. Statt die tatsächliche Lebens- und Wohnsituation nachvollziehbar und überprüfbar darzustellen, habe der Kläger zu 1. seine Rechtsauffassung referiert und ausgeführt, warum er konkretere Angaben als Verstöße gegen das Sozialgeheimnis, das Persönlichkeitsrecht etc. erachte. Fragen habe er nur ausweichend und unvollständig beantwortet. Ebenfalls habe er eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht verhindert.

Mit Bescheid vom 26. April 2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1. auf dessen Fortzahlungsantrag, in dem keine Änderungen angegeben wurden, Leistungen in Höhe von 610,34 Euro monatlich für den Zeitraum Juni bis November 2022. Dabei berücksichtigte der Beklagte die vollen Wohnkosten und das Elterngeld unter Absetzungen der Versicherungspauschale und der monatlich umgerechneten Höhe der Kfz-Haftpflichtversicherung.

Hiergegen hat der Kläger zu 1. mit Schriftsatz vom 29. April 2022 einen „Eilantrag und Klage“ beim SG am 2. Mai 2022 eingereicht (Az. der Klage: S 7 AS 417/22, Az. des Eilverfahrens: S 7 AS 416/22 ER). Der Vortrag des Klägers zu 1. hat, weil er von ihm zu allen damals anhängigen Verfahren bzw. Aktenzeichen zugeordnet wurde, im Wesentlichen dem zum Verfahren S 7 AS 770/21 entsprochen. Auf die Klage hat der Beklagte eingewandt, dass ein Widerspruch nicht eingelegt worden sei und dass es an einem abgeschlossenen Vorverfahren fehle. In dem wegen der Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzes geführten Beschwerdeverfahren (Az. L 2 AS 328/22 B ER) hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen, nachdem der Kläger zu 1. auf Nachfrage erneut keine weiteren tatsächlichen Belege zum Aufenthalt seiner Söhne erbracht hatte bzw. sich wieder darauf berufen hatte, dass die Weitergabe der Wohnanschrift der Großeltern eine Straftat sei, dass der Senat nicht wissen könne, ob diese als Zeugen in Betracht kämen, dass die Meldebescheinigung den Aufenthalt der Kinder beweisen würden, dass ihm die Anschrift der Großeltern nicht bekannt sei und er die Mitarbeiter des Jugendamts auch nicht vom Sozialgeheimnis befreie (Beschluss des Senats vom 7. Juli 2022). Aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2021 vom 24. Juni 2022 erhielt der Kläger zu 1. eine Gutschrift in Höhe von 461,80 Euro, woraufhin der Beklagte die Bewilligung vom 26. April 2022 mit Bescheid vom 1. August 2022 und mit Wirkung ab dem 1. Juni 2022 aufhob sowie die Leistungen für alle Bewilligungsmonate neu auswies. Für den Monat September 2022, in dem er das Guthaben bedarfsmindernd berücksichtigte, gewährte er noch 148,54 Euro. Im Übrigen blieb die Leistungsbewilligung unverändert.

Im Klageverfahren haben die Kläger vorgetragen, dass sie nicht wüssten, wovon sie leben sollen. Sie lebten seit einem knappen Jahr zu dritt einzig vom Kindergeld. Der Kläger zu 1. wisse nicht, wie er Schulsachen, Bücher, Kleidung oder eine Busfahrt zur Schule bezahlen solle. Inzwischen habe er beide Söhne vom Schulessen abmelden müssen. Seine eidesstattliche Versicherung sei nicht für ausreichend erachtet worden. Es sei unverständlich, dass die Entscheidung auf Zweifeln beruhe und nicht auf Wissen. Die Kinder müssten vorgehen. Seine Frau sei genötigt worden, Aussagen im Interesse des Beklagten zu tätigen. Der Kläger zu 1. selbst sei genötigt, bedroht und beleidigt worden. Er berufe sich auf zahlreiche Vorschriften der UN-Kinderrechtskonvention, des Grundgesetzes (GG), des Sozialgesetzbuches (Erstes, Zweites, Achtes und Zehntes Buch), des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG), der Datenschutz-Grundverordnung, des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG), des BGB, des Bundesmeldegesetzes (BMG) und des Strafgesetzbuches (StGB). Der Beklagte behaupte nur, seine Söhne würden nicht mehr bei ihm wohnen; beweisen könne er es nicht. Nicht er, der Kläger zu 1., müsse beweisen, dass seine Söhne sich nicht mehr bei ihm aufhielten, sondern der Beklagte müsse beweisen, dass die Söhne sich an einem anderen Ort aufhielten.

Mit Beschluss vom 17. Oktober 2022 hat das SG die Verfahren S 7 AS 770/21, S 7 AS 1066/21, S 7 AS 417/22 und S 7 AS 495/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Kläger haben nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung beim SG am 17. Oktober 2022 ausdrücklich keinen Klageantrag stellen wollen und stattdessen auf die bereits bei der Verwaltung gestellten Anträge auf Leistungen verwiesen. Das SG hat Frau H. Z. sowie Frau E. und Herrn H.-J. K. als Zeugen geladen. Die Zeugen Z. und H.-J. K. haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die Zeugin E. K. hat nach entsprechender Belehrung vor dem SG angegeben, die Mutter des Klägers zu 1. und die Großmutter der Kläger zu 2. und 3. zu sein. Weiterhin hat sie ausgeführt, dass den Klägern zu 2. und 3. ein Verfahrensbeistand bestellt worden sei. Diesem gegenüber hätten sie den Wunsch geäußert, bei den Großeltern zu leben. Es gebe hierzu aber noch keine Entscheidung des Familiengerichts. Die Kläger zu 2. und 3. lebten ihn ihrem Haushalt, schliefen dort, gingen zur Schule und würden abends wieder zurückkommen. Es gebe auch Kontakte zum Kindsvater, aber diese fänden auf neutralem Boden statt. Dieser Zustand sei seit dem letzten Jahr unverändert. Es gebe Zahlungen, die der Kindesvater leiste und es gebe auch Zahlungen, die sie leisteten. Kindergeld erhielten sie nicht weitergeleitet. Der Kläger zu 3. sei durch das Jugendamt im März 2021 in Obhut genommen worden. Der Kläger zu 2. befände sich schon seit längerer Zeit, d.h. seit Dezember 2017, in ihrem Haushalt.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Oktober 2022, dem Kläger zu 1. am 20. Oktober 2022 zugestellt). Der Kläger zu 1. habe keinen Anspruch auf Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II. Leistungen für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung für die Kläger zu 2. und 3. seien nicht zu gewähren. Die hinzuverbundene Klage unter dem ehemaligen Aktenzeichen S 7 AS 417/22 sei mangels abgeschlossenen Vorverfahrens bereits unzulässig. Im Übrigen sei das Klagebegehren so zu verstehen, dass der Kläger zu 1. höhere Leistungen für sich und Leistungen für Bildung und Teilhabe für die Kläger zu 2. und 3. begehre. Die Kläger zu 2. und 3. schieden als Leistungsberechtigte als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II für Leistungen nach dem SGB II aus. Die Leistungsberechtigung bestehe nur für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Die Kammer gehe nach der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere nach der Befragung der Zeugin K. davon aus, dass die beiden Söhne sich seit spätestens Mai 2021 nicht beim Kläger zu 1., sondern bei ihren Großeltern tatsächlich aufhielten.

Am 3. November 2022 hat der Kläger zu 1. Berufung gegen das Urteil eingelegt. Es gehe in seinen Anträgen um „ALG II Leistungen“ für seine Kinder „inklusive Leistungen für Bildung und Teilhabe sowie Alleinerziehendenmehrbedarf“ und seine „Alg II Leistungen“. Würde man das Kindergeld als sein Einkommen anrechnen, entziehe man seinen Kindern ihre Existenzsicherung. Er verwende das gesamte Kindergeld für seine Kinder.

Mit Schreiben vom 26. Januar 2023 hat der Kläger zu 1. eine von der Kindesmutter unterschriebene undatierte Erklärung vorgelegt, wonach sie erkläre, „das meine Söhne C.-K. und F. K. ihren Aufenthalt, Wohnsitz, Wohnung usw. - unanfechtbar - beim Kindesvater haben“. Der Kläger zu 1. hat zudem mehrfach (einmal datierend auf den 13. Februar 2023) eine von der Kindesmutter und seinen Söhnen unterschriebene Erklärung vorgelegt, worin sie und er bestätigen, „vor und ab sowie seit Mai 2021 bis zum heutigen Tage“ und auch zukünftig im Haushalt des Kindesvaters zu leben und dass er ihnen jeden Monat „das Kindergeld bar auf die Hand zahle“ bzw. es direkt an sie weiterleite.

Ein Nachweis für den Wohnsitz seiner Söhne sei die Meldebescheinigung. Des Weiteren hat er sich zum Beweis auf ein Aktenvorblatt des Beigeladenen zu einem Verfahren beim Verwaltungsgericht H. bezogen, in dem als Adresse des Klägers zu 3. dieselbe wie seine eingetragen ist. Das Protokoll des SG „unterliegt dem Recht nach der Beweisfälschung“. Was die Großmutter ausgesagt habe, sei rechtlich gar nicht möglich. Sie sei rechtlich nur umgangsberechtigt, was von den Eltern bestimmt werde. Dass die Kinder „mal bei den Großeltern übernachten, ein paar Stunden zu Weihnachten ohne die Kindeseltern etc. oder vom Hort oder einer Schulveranstaltung abgeholt oder ausnahmsweise mal mit ausdrücklicher Erlaubnis und Vollmacht der Eltern zum Doktor gehen können“, sei bekannt.

Es habe im Juni 2021 lediglich eine Vollmacht für die Großmutter in Bezug auf den Kläger zu 3. gegeben, wobei es um einen möglichen Arztbesuch gegangen sei. Es gebe familiäre Spannungen mit der Großmutter der Söhne. Regelungen zum Umgang (für sie) seien längst vom Familiengericht geklärt; ebenso Vollmachten usw. Das Familiengericht habe festgestellt, dass die Großmutter und das Jugendamt rechtswidrig agiert hätten und dass zukünftige Verstöße zum Umgangsentzug bei der Großmutter führen würden. Den Umgang und Aufenthalt der Kinder bestimmten die Eltern.

Des Weiteren hat der Kläger zu 1. eine Bescheinigung vom 26. Januar 2023 über die Zahlung von Schulgeld für den Schulbesuch des Klägers zu 2. vorgelegt, wonach er einen Kostenbeitrag i.H.v. 750 Euro für den Zeitraum August bis Dezember 2022 entrichtet habe. Seine Mutter könne sich nicht um die Enkel kümmern, weil sie mit der Pflege ihres Ehemanns beschäftigt gewesen sei. Er selbst sei alleinerziehend und dies begründe einen Mehrbedarf. Sein Vater sei mittlerweile verstorben. Der Beklagte müsse nachweisen, dass seine Kinder nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörten und müsse hierfür Urkunden vorlegen.

Betreffend die Leistungen nach dem SGB XII oder SGB VIII bestehe gegenüber den Vorgerichten und dem Beklagten ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Der Beklagte hätte von sich aus Leistungen gemäß den Sozialgesetzbüchern beantragen müssen. Das Jugendamt habe aus Kinderschutzinteressen von sich selbst Leistungen beantragen müssen. Seine Söhne hätten ihren Lebensunterhalt mit dem Kindergeld bestreiten müssen. Betreffend die Sozialhilfe sei der Beklagte, bedingt durch einen sozialhilferechtlichen Herstellungsanspruch, zuständig. Der Beklagte müsse stellvertretend einen Antrag stellen. Personen mit einem gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Sesshaften sei Bürgergeld zu gewähren. Personen mit nur einem tatsächlichen Aufenthalt sei Sozialhilfe zu gewähren. Seine Kinder hätten einen gewöhnlichen Aufenthalt; das schließe Sozialhilfe aus.

Der Kläger zu 1. hat in der Berufungsinstanz erneut Akteneinsicht begehrt und Mittellosigkeit in Bezug auf Fahrtkosten bzw. Vervielfältigungskosten geltend gemacht. Ihm ist mit Schreiben vom 23. Dezember 2022 in einem parallel geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. L 2 AS 667/22 B ER) die Einsichtnahme in der Geschäftsstelle gestattet worden und er ist um Glaubhaftmachung seiner Mittellosigkeit gebeten worden (Schreiben vom 8. Dezember 2022). Eine Glaubhaftmachung ist nicht erfolgt. Der Kläger zu 1. hat lediglich auf die Bedürftigkeit nach dem SGB II verwiesen. Der Kläger zu 1. hat bestätigt, dass der Beklagte ihm die Verwaltungsvorgänge zugesandt hat.

Die Kläger meinen, wegen durch die Kontakte zum Jugendamt gewonnenen Informationen bestehe ein absolutes Beweisverwertungsverbot. Die übersandte Entscheidung des SG sei mangels Unterschrift und Nennung der übrigen Aktenzeichen nichtig. Des Weiteren sei keine Übersetzung beigefügt gewesen. Was die Großmutter bezeugt habe, sei rechtlich ohne den Willen der Eltern nicht möglich. Eine Akteneinsicht sei zu Unrecht nicht gewährt worden. Das Gericht habe seine Beweisanträge ignoriert.

Die Auskünfte des Beigeladenen dürften nicht verwendet werden, weil er mit diesem in Rechtsstreitigkeiten stehe und diese sich auf Angaben nach dem SGB VIII bezögen, welche ohne Zustimmung der Eltern nicht erlaubt seien.

Der Kläger zu 1. hat sich auf Anfrage des Senats vom 29. März 2023 in einem das vorliegende Berufungsverfahren betreffenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (L 2 AS 51/23 ER) nicht bereit erklärt, die Mitarbeiter des Jugendamts zu Auskünften zum gewöhnlichen Aufenthalt seiner Söhne sei dem Jahr 2021 zu ermächtigen. Ebenso hat er trotz Nachfrage keine Belege zur Weiterleitung des Kindergeldes eingereicht. Weiter hat er es auf das gerichtliche Schreiben vom 17. April 2023 hin abgelehnt, den Schulbegleiter des Klägers zu 2. zu benennen oder vom Sozialgeheimnis zu befreien.

In der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2023 hat der Kläger zu 1. nochmals erklärt, dass sich seine Söhne tatsächlich, d.h. auch physisch, überwiegend beim ihm aufhielten. Bei der Großmutter seien sie nur besuchsweise. Auch Frau Z. hat angegeben, dass sich ihre Söhne beim Kläger zu 1. aufhielten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben des Klägers zu 1. und der Frau Z. wird auf das Protokoll verwiesen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 17. Oktober 2022 aufzuheben und

den Bescheid vom 20. Mai 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2021 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit von Juni bis November 2021 den Klägern zu 2. und 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie dem Kläger zu 1. höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren,

die Bescheide vom 4. August 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2021 aufzuheben,

die Bescheide vom 2. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2022 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit von Dezember 2021 bis Mai 2022 den Klägern zu 2. und 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie zur Bildung und Teilhabe für die Mittagsverpflegung und dem Kläger zu 1. höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren,

den Bescheid vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. August 2022 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit von Juni bis November 2022 den Klägern zu 2. und 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und dem Kläger zu 1. höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren,

den Beklagten wegen datenschutzrechtlicher Verstöße gegen das SGB X und weitere datenschutzrechtliche Vorschriften zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bezugnehmend auf die vorangehenden Beschlüsse des Senates sowie auf das Sitzungsprotokoll zur mündlichen Verhandlung beim SG vom 17. Oktober 2022 vertritt er die Auffassung, es sei bereits festgehalten worden, dass der Kläger zu 1. nicht glaubhaft gemacht habe, dass sich seine beiden Söhne tatsächlich in seinem Haushalt aufgehalten haben.

Mit Beschluss vom 11. April 2023 hat der Senat den Landkreis Saalekreis zu dem Verfahren sowie den weiteren Verfahren L 2 AS 677/22 und L 2 AS 51/23 ER beim Senat beigeladen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hat im Verfahren L 2 AS 51/23 ER mitgeteilt, dass die Kläger zu 2. und 3. seit Mai 2021 weder Leistungen nach dem SGB XII noch solche nach dem SGB VIII bezogen hätten. Der Kläger zu 2. habe Hilfe zur Erziehung nach § 35a SGB VIII erhalten: zunächst eine ambulante Einzelförderung bei einem Träger und ab Februar 2021 eine ambulante Eingliederungshilfe in Form eines Schulbegleiters. Für den Kläger zu 3. würden die monatlichen Hortbetreuungskosten erstattet.

Die Sitzungsvertreterin des Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2023 erklärt, dass der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamtes - sofern die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen gegeben seien – möglicherweise Angaben zum Aufenthalt der Kläger zu 2. und 3. machen könnte, sie dies aber aufgrund ihrer aus Gründen des Datenschutzes eingeschränkten Kenntnis nicht sicher sagen könne.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 30. Mai 2023 Beweis erhoben durch die Befragung der Zeugin E. K., welche unter Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht zur Sache nicht ausgesagt hat. Das Protokoll des SG zu ihrer Aussage in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2022 ist verlesen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

A. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG vom 17. Oktober 2022, mit dem die Klage in dem Verfahren S 7 AS 770/21 und aufgrund des vorgehenden Verbindungsbeschlusses vom 17. Oktober 2022 auch die in den vormals unter den Aktenzeichen S 7 AS 1066/21, S 7 AS 417/22 und S 7 AS 495/22 geführten Verfahren abgewiesen worden ist. Dementsprechend hat der Senat

1. über die Abweisung der Klage auf Abänderung des Bescheids vom 20. Mai 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. Juli 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2021 sowie das Begehren auf Verurteilung des Beklagten für die Zeit von Juni bis November 2021 auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an die Kläger zu 2. und 3. sowie entsprechend höhere Leistungen an den Kläger zu 1.,

2. über die Abweisung der Klage auf Aufhebung der Bescheide vom 4. August 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2021 (ehemals S 7 AS 1066/21),

3. über die Abweisung der Klage gegen die bzw. auf Abänderung der Bescheide vom 2. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2022 und das Begehren auf Verurteilung des Beklagten, für die Zeit von Dezember 2021 bis Mai 2022 den Klägern zu 2. und 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie zur Bildung und Teilhabe für die Mittagsverpflegung und dem Kläger zu 1. höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren (ehemals S 7 AS 495/22),

4. über die Abweisung der Klage gegen den bzw. auf Abänderung des Bescheids vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. August 2022 und das Begehren, den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit von Juni bis November 2022 den Klägern zu 2. und 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und dem Kläger zu 1. höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren (ehemals S 7 AS 417/22),

5. des Weiteren über das Begehren zu entscheiden, den Beklagten wegen datenschutzrechtlicher Verstöße gegen das SGB X und gegen weitere datenschutzrechtliche Vorschriften zu verurteilen.

B. Die Berufung der Kläger ist gemäß §§ 143 und 144 SGG statthaft und sie ist auch in zulässiger Weise erhoben worden.

C. Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Bewilligungen sind rechtmäßig. Nach den für den Senat verfügbaren Erkenntnismitteln hat der Kläger zu 1. keine höheren Leistungsansprüche gegen den Beklagten und die übrigen Kläger haben keinen Leistungsanspruch gegen den Beklagten bzw. den Beigeladenen. Es war auch nicht auf eine Verurteilung des Beklagten wegen Datenschutzverstößen zu erkennen.

1. (zu A. 5.)

Das SG hat zu Recht nicht über einen Anspruch des Klägers zu 1. bzw. der Kläger auf Verurteilung des Beklagten wegen Datenschutzverstößen entschieden. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Da der Kläger zu 1. es in der mündlichen Verhandlung vor dem SG abgelehnt hat, einen konkreten Antrag zu formulieren, musste das Gericht sein Begehren gemäß § 123 SGG auslegen. Dabei gilt, dass eine Auslegung vorzunehmen ist, nach der das Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - juris Rn. 11). Hiernach ging es den Klägern mit ihren Klagen ersichtlich um die Leistungen nach dem SGB II. Die vermeintlichen Datenschutzverstöße waren Teil der Begründung dieser Klagen. Auf die angenommenen Gegenstände der Verfahren war der Kläger zu 1. zudem vom SG hingewiesen worden (vgl. dessen Schreiben vom 12. Mai 2022). Danach konnte ein objektiver und verständiger Betrachter nicht davon ausgehen, dass der Kläger zu 1. in den Verfahren zugleich auch eine Sanktionierung des Beklagten wegen möglicher Datenschutzverstöße begehrt hat.

Selbst wenn man den im Berufungsverfahren formulierten Antrag als Klageerweiterung im Berufungsverfahren verstehen würde, hätte er keinen Erfolg. Die Klageerweiterung wäre unzulässig. Eine Klageänderung in Form einer Klageerweiterung ist in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen der § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 99 SGG möglich (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 - B 8 SO 15/10 R - juris Rn. 12), die nicht erfüllt sind. Eine Erweiterung des Klageantrags in Bezug auf eine Nebenforderung (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) ist nicht gegeben, weil mögliche Ansprüche wegen Datenschutzverstößen nicht von den Leistungen der Grundsicherung abhängig sind. Die Klageerweiterung ist auch nicht sachdienlich, weil die Ansprüche nicht in einem direkten Zusammenhang stehen und die Klageerweiterung daher dazu führen würde, dass der Rechtsstreit auf völlig neue Grundlagen gestellt wird (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 10a). Außerdem haben sich die anderen Beteiligten auch nicht widerspruchslos auf die erweiterte Klage eingelassen (§ 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 99 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 SGG). Sie haben sich insoweit nicht zur Sache geäußert. Eine rügelose Einlassung ist vorliegend auch nicht in dem schlichten Antrag des Beklagten zu erkennen, die Berufung zurückzuweisen. Die Einlassung auf die geänderte Klage kann zwar regelmäßig im Gegenantrag gesehen werden (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 99 Rn. 9). Ein solcher Gegenantrag müsste hier aber zum einen nicht nur auf Zurückweisung der Berufung lauten, sondern auch auf die Abweisung der geänderten Klage. Zudem hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung mit der Formulierung seines Antrags keine sachliche Befassung mit der geänderten Klage zu erkennen gegeben.

2. (zu A. 1.)

Die am 9. Juli 2021 (Az. S 7 AS 770/21) erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Über den Umfang der Bewilligung mit Bescheid vom 20. Mai 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 13. Juli 2021 und in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2021 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2021 hinaus lassen sich keine Ansprüche feststellen.

a) Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheides ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

b) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist das Fehlen der gemäß § 24 SGB X notwendigen Anhörung durch die Nachholung mit Schreiben vom 20. Mai 2021 bzw. durch das Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X geheilt worden. Dass im Anhörungsschreiben fälschlich auf § 45 SGB X abgestellt wurde, ist unschädlich und ändert nichts daran, dass die Kläger sich zu allen entscheidungserheblichen Gesichtspunkten äußern konnten.

c) Der Bescheid vom 20. Mai 2021 und die dazu ergangenen Änderungsbescheide (vgl. §§ 86, 96 SGG) sind den Klägern wirksam bekanntgegeben worden (§ 37 SGB X). Die Bekanntgabe gegenüber dem Kläger zu 1. als einem von zwei Elternteilen genügt auch für eine Bekanntgabe an seine beiden Söhne, die Kläger zu 2. und 3. (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 2/13 R – juris Rn. 23).

d) Die Bewilligung in der hier maßgeblichen Fassung des Änderungsbescheids vom 12. Oktober 2021 ist auch hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X), denn es ist eindeutig zu erkennen, welchem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft für welchen Monat welcher Leistungsanspruch verbleiben soll. Nachvollziehbar ist insbesondere, dass (und weshalb) die vorgehende Bewilligung erst ab Juni 2021 geändert wurde. Das Fehlen einer Unterschrift ist unschädlich (§ 33 Abs. 5 SGB X).

e) Unabhängig von der Bezeichnung der Bewilligung als „vorläufig“ liegen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für eine Abänderung ab Juni 2021 vor. Nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 2. November 2020 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. Dezember 2020 und 17. Mai 2021 sind wesentliche Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Der Beklagte hatte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit von Dezember 2020 bis November 2021 bewilligt. Er ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich jedenfalls zum 1. Juni 2021 Änderungen dadurch ergeben haben, dass nicht nur die Ehefrau und die gemeinsamen Töchter sich nicht mehr im Haushalt des Klägers zu 1. aufgehalten haben (was unstreitig ist), sondern auch die Kläger zu 2. und 3. Diese Änderungen in den Lebensumständen der Bedarfsgemeinschaften stellen im Sinne des § 48 SGB X wesentliche Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen dar, weil sie rechtlich die Verringerung der Zahl der leistungsberechtigten Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft und eine andere Anspruchsberechnung zur Folge haben, so dass insbesondere das Kindergeld, das der Kläger zu 1. erhält, als sein Einkommen zu berücksichtigen ist.

Zur Bedarfsgemeinschaft eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zählen u.a. seine dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Für die Frage, ob ein Kind dem Haushalt angehört, kommt es auf die tatsächlichen (faktischen) Verhältnisse an (vgl. Peters in: Estelmann, SGB II, § 7 [Stand: Juni 2019] Rn. 73; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage 2020, § 7 Rn. 256). Entscheidend ist deshalb nicht, ob die Kinder dort nach dem BMG gemeldet sind oder ob die Eltern über das Sorgerecht oder Aufenthaltsbestimmungsrecht verfügen. Entscheidend ist vielmehr, ob sie sich dort unbeschadet kürzerer Unterbrechungen tatsächlich aufhalten (vgl. Peters, a.a.O., Leopold, a.a.O.). Gehören Kinder einem Haushalt nur zeitweise an, kann eine sog. temporäre Bedarfsgemeinschaft vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014 – B 14 AS 65/13 R – juris Rn. 14).

Der Senat kann wegen der mangelnden Mitwirkung der Kläger nicht feststellen, dass sich die Kläger zu 2. und 3. im streitgegenständlichen Zeitraum von Juni bis November 2021 tatsächlich überwiegend im Haushalt des Klägers zu 1. aufgehalten haben. Aufgrund zahlreicher Anhaltspunkte, die gegen einen solchen Aufenthalt sprechen, und der strikten Weigerung der Kläger, eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts durch das Gericht zu ermöglichen, geht der Senat vielmehr davon aus, dass die Kläger zu 2. und 3. nicht im Haushalt ihres Vaters leben. Für die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Aufhebungsentscheidung ist zwar grundsätzlich die Behörde beweisbelastet. Das gilt aber nicht aber für Umstände, die – wie hier – ausschließlich in die Sphäre des Betroffenen fallen. Auch soweit in den sozialgerichtlichen Verfahren der Sachverhalt durch das Gericht und von Amts wegen zu erforschen ist, sind hierfür die Beteiligten heranzuziehen (§ 103 Satz 1 SGG). Diese gesetzliche Mitwirkungslast hat u.a. zur Folge, dass es zu Lasten des Beteiligten geht, wenn er die gerichtliche Aufklärung des Sachverhalts durch fehlende Mitwirkung erschwert (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 103 Rn. 16).

Anlass zu Zweifeln am Aufenthalt der Kläger zu 2. und 3. im väterlichen Haushalt und damit zu weiteren Ermittlungen waren aufgrund der konkreten Umstände gegeben. Nach den insoweit nicht vom Akteneinsichtsrecht des Klägers zu 1. durch den Beklagten ausgenommenen und dementsprechend verwertbaren Aktenteilen hat der Beklagte von einer Mitarbeiterin des Frauenhauses von dem unstreitigen Auszug der Ehefrau und der beiden Töchter des Klägers zu 1. erfahren und weiter die Information erhalten, auch die Kläger zu 2. und 3. hielten sich nicht mehr im Haushalt des Klägers zu 1. auf. Diese Informationen erscheinen relevant, weil naheliegt, dass sie jeweils auf die Kindesmutter zurückgingen. Diese Auskünfte gaben und geben immer noch Anlass zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts in Bezug auf den überwiegenden (dauerhaften) Aufenthaltsort der Kläger zu 2. und 3.

Der vom Antragsgegner durchgeführte Besuch der Wohnung des Klägers zu 1. hat nicht zur Klärung bzw. zur Zerstreuung der aus den Auskünften des Frauenhauses resultierenden Zweifel am tatsächlichen Aufenthalt der Söhne des Klägers zu 1. in dessen Haushalt geführt. Die Wohnung durfte nicht besichtigt werden. Die Söhne wurden nicht angetroffen. Das vorgezeigte Spielzeug kann einen dauerhaften Aufenthalt in der Wohnung nicht belegen.

Die vorgelegten Kontoauszüge, Schulbuchlisten und Rechnungen bezeugen im konkreten Fall nicht den tatsächlichen Aufenthaltsort der Kläger zu 2. und 3. Ebenso sind die Meldebestätigung bzw. Eintragungen über den Wohnsitz in den Verwaltungsvorgängen nicht geeignet, einen tatsächlichen Nachweis für eine andauernde Haushaltsgemeinschaft des Klägers zu 1. mit seinen Söhnen und ihren tatsächlichen Aufenthalt zu erbringen. Die Meldebescheinigung beweist als öffentliche Urkunde im Sinne der §§ 415 ff. Zivilprozessordnung lediglich, dass die in ihr enthaltenen Angaben über den Einwohner im Melderegister gespeichert sind. Ob diese Angaben zum Zeitpunkt der Ausstellung richtig und vollständig waren und noch sind, kann mit ihr nicht belegt werden. Ob also der Meldepflichtige die in der Bescheinigung bezeichnete Wohnung tatsächlich bewohnt, wird damit nicht dokumentiert (vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 14. Dezember 2020 – W 8 K 20.862 – juris Rn. 41). Es ist zudem weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Meldebescheinigung in Bezug auf die Kläger zu 2. und 3. nicht lediglich die Erklärung der Eltern über deren Wohnsitz wiedergibt, sondern auf einer Überprüfung (vgl. § 6 Abs. 3 BMG) des Sachverhalts durch die Meldebehörde beruht. Sofern für den Verwaltungsvollzug und auch für die gerichtlichen Verfahren die vom Kläger zu 1. angegebene Meldeadresse seiner Söhne z.B. im Rubrum von Entscheidungen zur Identifikation der Kläger zu 2. und 3. als Beteiligte sowie für die Zwecke der Zustellung übernommen wird, kann dies den tatsächlichen und gewöhnlichen Aufenthaltsort gleichfalls nicht belegen.

Damit verbleibt es, was die Mitwirkung der Klägerseite an der Aufklärung des Sachverhalts angeht, bei deren bloßen Behauptung, die Söhne wohnten beim Kläger zu 1. Soweit er, seine Söhne und die Kindesmutter mehrere entsprechende schriftliche Bestätigungen vorgelegt haben, sind dies ebenfalls nur unbelegte Behauptungen. Tatsächliche und nachprüfbare Anhaltspunkte haben die Kläger trotz mehrfacher Aufforderungen des Senats nicht vorgetragen. Stattdessen haben sie sich im Wesentlichen wiederholt auf ihre Rechtsauffassung berufen, dass die elterliche Sorge die Grundlage für das Bestimmungsrecht über den Aufenthalt der Söhne darstelle und dass es ohne Zustimmung der Eltern gar keinen anderen gewöhnlichen Aufenthaltsort geben könne. Die aus Sicht des Senates als notwendig dargestellte weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht haben die Kläger insbesondere dadurch verhindert, dass sie weder den Mitarbeitern des Jugendamts noch dem Schulbegleiter eine Aussage über die Wohnverhältnisse bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt der Kläger zu 2. und 3. gestattet haben. Sie haben damit aktiv die Aufklärung des Sachverhalts behindert. Auch die Beiziehung der Akten des Jugendamts und des Familiengerichts, in denen sich Angaben zumindest zum zeitweisen Aufenthalt der Söhne finden müssen, haben sie verhindert. Jedenfalls im Zusammenhang mit der im März 2021 erfolgten Inobhutnahme des Klägers zu 2. durch das Jugendamt müssen solche Akten existieren. Zudem hat der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst erklärt, er habe beim Familiengericht eine Umgangsregelung für den Umgang seiner Mutter mit seinen Söhnen beantragt. Diese Akten haben die Kläger dem Gericht nicht zugänglich gemacht, ihre Existenz sogar geleugnet.

Soweit sich die Kläger für ihre nicht hinreichende Mitwirkung beispielsweise in Form der Befreiung über die Verschwiegensheitspflichten auf den Datenschutz bzw. den Persönlichkeitsrechtsschutz stützen, steht ihnen dies zwar frei. Sie sind nicht im Sinne einer durchsetzbaren Handlungspflicht verpflichtet, dem Beklagten oder dem Gericht nähere Auskünfte zu erteilen oder Schweigepflichtsentbindungserklärungen abzugeben. Sie müssen dann allerdings – im Sinne einer Obliegenheit – die daraus resultierenden Konsequenzen – nämlich die Folgen der Nichterweislichkeit ihrer Behauptungen bzw. der Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs – tragen.

Auch die Erklärungen der Kindsmutter in der Verhandlung zum Aufenthaltsort der Söhne können den Senat nicht überzeugen. Dagegen, dass die Ehefrau des Klägers zu 1. zum tatsächlichen Aufenthaltsort der Söhne verlässliche Angaben machen kann, spricht die von ihr zugestandene fehlende tatsächliche Wahrnehmung. Denn sie hat angegeben, seit der Trennung nicht mehr in der Wohnung des Klägers zu 1. gewesen zu sein, sondern lediglich mit den Söhnen mittels dessen Telefon gesprochen zu haben.

Jedenfalls werden die nach dem Vorstehenden bereits durch die Informationen aus dem Frauenhaus und die aktive Behinderung der Sachverhaltsaufklärung geweckten Zweifel an den Angaben der Klägerseite zum tatsächlichen Aufenthalt der Kläger zu 2. und 3. im Haushalt ihres Vaters aufgrund der Aussage der Frau E. K. beim SG in einem Maße verstärkt, dass der Senat seiner Entscheidung zugrundelegt, dass die Kinder sich dort im streitgegenständlichen Zeitraum nicht aufhielten. Die Aussage der Zeugin konnte der Senat trotz deren Zeugnisverweigerung in der Berufungsinstanz als Beweismittel verwerten. Denn wenn Zeugen in anderen Gerichtsverfahren ausgesagt haben und hierüber Niederschriften vorliegen, kann das Gericht sie auch ohne Zustimmung der Beteiligten im Wege des Urkundsbeweises würdigen (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 103 Rn. 11d). Die Zeugin zeichnet von der Lebenssituation der Jungen ein völlig anderes Bild als die Kläger. Die Söhne des Klägers zu 1. würden sich seit März 2021 nach einer Inobhutnahme des Klägers zu 3. beide bzw. der Kläger zu 2. schon seit längerer Zeit in ihrem Haushalt aufhalten und dort versorgt werden, von dort aus die Schule besuchen und übernachten. Die Kontakte mit dem Kläger zu 1. fänden auf neutralem Boden statt. Diese vom SG als glaubhaft angesehene Zeugenaussage erschüttert das klägerische Vorbringen nachhaltig.

Der Senat geht daher davon aus, dass die Kläger zu 2. und 3. nicht durchgängig oder zumindest in einem für die Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft genügenden zeitlichen Umfang zum Haushalt des Klägers zu 1. gehörten. Danach sind sie, sowohl was die Leistungen für den Lebensunterhalt anbelangt, als auch in Bezug auf die Leistungen für Bildung und Teilhabe, nicht anspruchsberechtigt.

Ohne Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern können die Kläger zu 2. und 3. mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II auch keine Leistungen als eigene Bedarfsgemeinschaft beanspruchen. Sie sind erst in den Jahren 2012 bzw. 2014 geboren und daher im Anspruchszeitraum nicht schon 15 Jahre alt. Sofern sie mit den Großeltern zusammengelebt haben, stellt diese Familienkonstellation gemäß § 7 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II dar.

Gleichzeitig kann der Senat nicht klären, ob die Kläger zu 2. und 3. nach dem SGB XII leistungsberechtigt sind. Insoweit würde eine für sie günstige Entscheidung voraussetzen, dass der Senat gemäß § 128 SGG die volle Überzeugung vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen gewinnt. Dies ist mangels Mitwirkung der Kläger und anderer geeigneter Erkenntnisquellen nicht der Fall. So kann der Senat nicht sicher erkennen, ob die Kläger zu 2. und 3., sofern sie sich nicht dauerhaft im Haushalt eines Elternteils aufgehalten haben, gemäß § 27 Abs. 1 und 2 SGB XII hilfebedürftig gewesen sind. Zwar sind eigene Mittel der Kläger zu 2. und 3. in Form von Geldeinkommen oder Vermögen nicht ersichtlich. Gleichwohl könnten aber auch geldwerte Sachzuwendungen wie Verpflegung usw. (§ 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII: Einkommen sind alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert) zu berücksichtigen sein. Einzelheiten dazu, wie der Lebensunterhalt der Kläger zu 2. und 3. im Streitzeitraum sichergestellt war, haben die Kläger aber trotz Nachfrage weder vorgetragen noch entsprechende Belege vorgelegt. Außerdem könnte einem Anspruch noch eine ggf. zu vermutende Bedarfsdeckung durch die Unterstützung anderer Personen entgegenstehen. Denn lebt eine nachfragende Person gemeinsam mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft, so wird gemäß § 39 SGB XII vermutet, dass sie gemeinsam wirtschaften (Haushaltsgemeinschaft) und dass die nachfragende Person von den anderen Personen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Abgesehen davon, dass schon der gewöhnliche Aufenthaltsort der Kläger zu 2. und 3. strittig geblieben ist, hat der Senat zu den weiteren Voraussetzungen der Vermutungsregelung mangels konkreter Angaben der Klägerseite, wegen der aufgrund des Verhaltens der Klägerseite fehlenden Möglichkeit, Informationen vom Jugendamt zu erhalten und wegen der Zeugnisverweigerung der Großmutter keinerlei Informationen. Ein Indiz gegen das Vorliegen zumindest einer akuten Notlage ist, dass das Jugendamt des Beigeladenen, das offenbar mit dem Sachverhalt vertraut ist, bislang wohl nicht weiter eingeschritten ist. Demnach kann dahinstehen, ob die Klägerseite überhaupt ernsthaft Ansprüche nach dem SGB XII geltend macht, wenn sie auf die konkrete Nachfrage des Senats hierzu ausführen, sie sähen den Beklagten in der Pflicht, solche Ansprüche zu verfolgen und zudem meinen, solche Ansprüche stünden gar nicht zu, weil diese nur nicht Sesshaften zu gewähren seien.

Wenn keine Bedarfsgemeinschaft des Klägers zu 1. mit den Klägern zu 2. und 3. nachgewiesen ist, bestehen auch keine höheren Ansprüche des Klägers zu 1. Insofern hat der Beklagte dann zu Recht das erhaltene Kindergeld als sein Einkommen berücksichtigt. Kindergeld stellt wie jede andere Einnahme in Geld gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einkommen dar. Es ist auch nicht gemäß § 11a SGB II von der Berücksichtigung ausgenommen. Das Kindergeld ist Einkommen des Klägers zu 1., weil er es erhält. Die Ausnahmeregelung zur Berücksichtigung des Kindergeldes bei den Kindern ist nicht einschlägig. Denn eine abweichende („normative“) Zurechnung des Kindergeldes als Einkommen der Kinder sieht das Gesetz gemäß § 11 Abs. 1 Satz 5 SGB II nur dann vor, wenn sie zur Bedarfsgemeinschaft des Kindergeldberechtigten gehören. Eben dies konnte der Senat nicht feststellen, so dass es bei den Grundregeln des § 11 Abs. 1 SGB II verbleibt.

Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) eingreifen würde, nach welcher das Kindergeld als Einkommen nicht dem Kläger zu 1., sondern den Klägern zu 2. und 3. zuzurechnen wäre. Nach dieser Vorschrift ist Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an die nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebenden Kinder weitergeleitet wird, nicht als dessen Einkommen zu berücksichtigen. Eine solche Weiterleitung (an die nach seiner Darstellung in seinem Haushalt lebenden Kinder) hat der Kläger zu 1. zwar behauptet, aber gleichzeitig in der mündlichen Verhandlung angegeben, das Geld nicht in bar auszuzahlen, sondern für den Lebensunterhalt der Söhne zu verwenden. Belege für die Weiterleitung des Kindergeldes hatte er schon zuvor trotz Anfrage des Senates nicht erbracht, so dass auch diese Behauptung den Senat nicht überzeugen kann.

Auch im Übrigen kann der Senat keine Unrichtigkeiten der Bewilligung für den Kläger zu 1. erkennen. Die Wohnkosten hat der Beklagte einschließlich der Betriebskostennachforderung vollständig als Bedarf für die Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 SGB II berücksichtigt. Das bedarfsmindernde Einkommen des Klägers zu 1. in Form des Kindergeldes hat er um die zutreffenden Absetzungen für Versicherungen bereinigt.

3. (zu A. 2.)

Die Abweisung der Klage in Bezug auf die Bescheide vom 4. August 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2021 (ehemals S 7 AS 1066/21) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Den Kläger zu 2. und 3. standen im Bewilligungszeitraum vom 1. Dezember 2020 bis 30. November 2021 keine Leistungen für Bildung und Teilhabe zu. Auch insoweit bilden § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Rechtsgrundlage für die gesonderte Aufhebung und sind Anhörungsmängel jedenfalls durch das durchgeführte Widerspruchsverfahren geheilt. Materiell waren die Voraussetzungen für die Erbringung von Teilhabeleistungen nach dem SGB II ab dem Juni 2021 nicht mehr nachgewiesen. Denn gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SGB II erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld sowie haben - unter den Voraussetzungen des § 28 SGB II - Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe. Von einer Bedarfsgemeinschaft der Kläger zu 1. bis 3. konnte aber ab Juni 2021 nicht mehr ausgegangen werden.

4. (zu A. 3.)

Das SG hat auch die Klage gegen die Abänderung der Bescheide vom 2. November 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. April 2022 und auf höhere Leistungen für die Zeit von Dezember 2021 bis Mai 2022 für den Kläger zu 1. sowie auf Leistungen an die Kläger zu 2. und 3. (ehemals S 7 AS 495/22) zu Recht abgewiesen.

Auch für diesen Anspruchszeitraum lässt sich nicht feststellen, dass die Kläger zu 2. und 3. Teil der Bedarfsgemeinschaft des Klägers zu 1. waren, so dass ihnen keine Leistungen nach dem SGB II zuzuerkennen waren. Bezüglich anderer Ansprüche wird auf die Ausführungen unter 2. verwiesen.

Im Übrigen können auch in diesem Anspruchszeitraum keine weiteren Ansprüche des Klägers zu 1. erkannt werden, weil der Beklagte der Bewilligung sämtliche zu berücksichtigenden Bedarfe unter rechtmäßiger Anrechnung des bereinigten Einkommens (siehe hierzu ebenfalls unter 2.) zugrunde gelegt hat.

5. Nicht begründet ist auch die Berufung gegen das Urteil des SG in Bezug auf den Bescheid vom 26. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 1. August 2022 wegen der Leistungen für die Zeit von Juni bis November 2022 (ehemals S 7 AS 417/22).

Allerdings war die Klage nicht schon als unzulässig abzuweisen. Für die Zulässigkeit der Klage bedurfte es ausnahmsweise keines Vorverfahrens. Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt gemäß § 96 SGG dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, wird der neue Verwaltungsakt kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens. Die Klage gegen den Bescheid vom 26. April 2022 war bereits am 2. Mai 2022 erhoben worden. Der folgende Bescheid vom 1. August 2022 erging demnach nach Erhebung der Klage. Er ersetzte auch vollständig den bereits mit der Klage angefochtenen Verwaltungsakt, weil der Bescheid vom 26. April 2022 ausdrücklich und mit Wirkung vom 1. Juni 2022 aufgehoben werden sollte sowie zu allen Monaten des Bewilligungszeitraums eine Bewilligung genannt wurde sowie Berechnungsblätter hierzu beigefügt wurden. Weil er also eine neue, nicht nur wiederholende Regelung bezogen auf den Streitgegenstand traf, war über ihn im Klageverfahren zu entscheiden, ohne dass es seiner erneuten Überprüfung in einem Vorverfahren bedarf. Dies gilt auch, wenn die ursprüngliche Klage unzulässig wäre (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 8 SO 23/16 R – juris Rn. 21).

Die Klage ist aber unbegründet. Wiederum besteht ohne Nachweis der Zugehörigkeit der Kläger zu 2. und 3. zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers zu 1. für sie kein Anspruch nach dem SGB II und sind auch sonst keine Ansprüche auf Hilfe zum Lebensunterhalt zu erkennen.

Die Bewilligung für den Kläger zu 1. ist rechtmäßig. Sie berücksichtigt sämtliche relevanten Bedarfe, wobei gemäß §§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 22 Abs. 3 SGB II die Bedarfe der Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat September 2022 um die Betriebskostengutschrift zu mindern waren, und sie ist unter rechtmäßiger Anrechnung des bereinigten Einkommens ergangen.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

E. Die Rechtssache bietet keine Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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