L 8 BA 109/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 23 BA 58/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 109/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 BA 20/24 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.04.2019 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (im Folgenden: B) als Dozentin im Fachseminar für Altenpflege der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

 

Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte Ausbildungseinrichtung, die im streitigen Zeitraum nach dem damals geltenden Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz i.d.F. v. 16.07.2015, BGBl I, 1211 – AltPflG) zum Beruf der Altenpflegerin bzw. des Altenpflegers ausbildete. Sie erteilte als Pflegeschule („Fachseminar für Altenpflege“, vgl. § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung des Altenpflegegesetzes und zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe – Landesaltenpflegegesetz Nordrhein-Westfalen – AltPflG-NRW v. 27.06.2006) sowohl durch festangestellte LehrerInnen als auch durch Honorarkräfte den von den SchülerInnen neben einer praktischen Ausbildung in stationären oder ambulanten Pflegeeinrichtungen zu absolvierenden Unterricht (§ 4 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AltPflG) und führte die vorgesehenen staatlichen Prüfungen durch.

 

Die 00.00.0000 geborene B ist gelernte Diplomgerontologin und war im streitigen Zeitraum für die Klägerin in deren Fachseminar auf der Grundlage eines „Vertrags über freie Mitarbeit (Honorarvertrag)“ vom 29.03.2017 (im Folgenden: Honorarvertrag) im Zeitraum vom 01.04.2017 bis 28.02.2019 als Dozentin tätig. Der Honorarvertrag lautet (im Wesentlichen) wie folgt:

 

„§ 1 Tätigkeit

Das R. beauftragt den Auftragnehmer im Rahmen der freien Mitarbeit als Dozent im

(…)

O. in J..

 

§ 2 Vertragsdauer

Dieser Vertrag beginnt am 01.04.2017.

Das Vertragsverhältnis kann von jeder der beiden Seiten mit Frist von 4 Wochen zum Ende jeden Monats beendet werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen.

 

§ 3 Honorar

1.         Der Auftragnehmer enthält für seine Leistungen ein zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbartes Honorar in Höhe von 24 Euro. Die Nebenkosten können mit einer Pauschale abgerechnet werden.

2.         Der Auftragnehmer stellt dem R. das Honorar monatlich bzw. nach Abschluss der Tätigkeit in Rechnung.

 

§ 4 Leistungsumfang

1.         Der Auftragnehmer unterrichtet in den folgenden Lernfeldern/Modulen/Themenbereichen:

2.1.1:    „Gesellschaftliche Entwicklungen…“

2.1.2:    „Spezifische Phänomene alter Menschen…“

mit einem Stundenumfang von ca. 35 Ustd./Kurs, 80 Ustd./Jahr

2.         Die Termine der monatlichen/kursbezogenen Leistungserbringung werden zwischen dem Auftragnehmer und dem zuständigen Mitarbeiter des Auftraggebers frei vereinbart.

3.         Das K. Bildungszentrum erteilt dem Auftragnehmer während des Vertragsverhältnisses keine methodisch-didaktischen Anweisungen. Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinem Weisungs- und Direktionsrecht und ist nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden.

4.         Sofern der Auftraggeber zur Qualitätssicherung der Ausbildung/Fortbildung Kundenbefragungen durchzuführen beabsichtigt, holt er sich zuvor die Zustimmung des Auftragnehmers ein.

 

§ 5 Haftung

Der Auftragnehmer führt die Leistung in eigener Verantwortung durch. Für Schäden, die durch sein schuldhaftes Handeln entstehen, haftet er nach den gesetzlichen Vorschriften.

 

§ 6 Vertragsänderung

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

 

§ 7 Teilnichtigkeit

Sind einzelne Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam, so berührt dies nicht die Wirksamkeit der übrigen Regelungen des Vertrages.“

 

 

 

B berechnete das vereinbarte Honorar, Nebenkosten für die Fahrten und einen gesonderten Betrag von jeweils 250 Euro für Prüfungsklausuren auf von der Klägerin bereitgestellten Formularvordrucken.

 

Am 07.04.2017 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich der Tätigkeit der B als Dozentin an ihrem Fachseminar für Altenpflege auf der Grundlage des (von ihr beigefügten) Honorarvertrags. Die Inhalte/Themenbereiche seien mit B abgestimmt. Es gehe um Fragen der demographischen Entwicklung, die Rolle des alten Menschen, Fragen der interkulturellen Pflege sowie spezifische Phänomene alter Menschen, namentlich Sexualität im Alter, Alltag und Wohnen im Alter, soziale Netzwerke, Veränderungen im Lernprozess sowie die Einbindung von Bezugspersonen in die Pflege. Methodische Vorgaben würden nicht gemacht; die Kontrolle erfolge über das Klassenbuch und die eingereichte monatliche Rechnung. Regelmäßige Arbeitszeiten seien nicht einzuhalten. B entscheide selbst, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit sie eingesetzt werden wolle. Diese Zeiten würden dann bei der Stundenplanung berücksichtigt. Tätigkeitsort seien das K. Bildungszentrum J. bzw. stationäre Einrichtungen in der Altenpflege. Eine Eingliederung in ihre Arbeitsorganisation bestehe nicht. Es fänden keine regelmäßigen Dienstbesprechungen mit B statt und diese unterliege auch nicht der Weisungsbefugnis des Fachseminarleiters hinsichtlich der Arbeitszeiten, ihres Urlaubs oder der Unterrichtsinhalte. Es gebe keine Stellenbeschreibung, keine Kursleitungsaufgaben, keine Praxisbesuche, keinen Büroarbeitsplatz und keine Teilnahme an innerbetrieblichen Weiterbildungen des Teams. B übe die Dozententätigkeit nebenberuflich aus. Die Honorarhöhe sei verhandelt worden und die Kompetenzen der B ihr Kapital. Wenn sie erkranke oder aus sonstigen Gründen nicht komme, erhalte sie kein Geld.

 

Am 06.06.2017 stellte B ebenfalls einen Statusfeststellungsantrag. Ergänzend zum Vorbringen der Klägerin führte sie aus, dass die Inhalte und der Umfang des Unterrichts im Klassenbuch zu dokumentieren seien. Der Unterricht werde in der Regel in den Räumlichkeiten der Altenpflegeschule durchgeführt, wobei Unterrichtseinheiten themenbezogen in andere Institutionen (z. B. Pflegeeinrichtung) verlegt werden könnten. Es bestehe das (freigestellte) Angebot, an halbjährlichen Dozentenkonferenzen teilzunehmen. Die Honorartätigkeit übe sie neben ihrer abhängigen Beschäftigung im Rahmen des Übungsleiterfreibetrags aus. Zur Durchführung der Dozententätigkeit erfolgten Investitionen in eigene Fort- und Weiterbildung sowie die Anschaffung von Medien zur Seminargestaltung.

 

In Beantwortung eines Fragenkatalogs der Beklagten gab die Klägerin u.a. weiter an, dass B Pausenaufsicht oder sonstige Aufsichtspflichten nicht habe übernehmen müssen. Die von ihr unterrichteten Lernfelder könnten prüfungsrelevant sein. Sollte das Lernfeld/der Inhalt, der von B unterrichtet werde, Bestandteil der Abschlussprüfung werden, so erstelle sie die Prüfungsaufgaben und korrigiere diese. Da nur ein Teil des gesamten Unterrichtsstoffes der dreijährigen Ausbildung abgeprüft werde, sei nicht jeder Honorardozent und auch nicht jeder angestellte Mitarbeiter jedes Mal am Prüfungsverfahren beteiligt. Die Entscheidung über die Prüfungsschwerpunkte treffe die Schulleitung im Rahmen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung. B könne Aufträge jederzeit ablehnen. Die Honorardozenten meldeten grundsätzlich die von ihnen gewünschten Unterrichtszeiten an. Diese Wünsche würden im Stundenplan berücksichtigt und in die „freien“ Stunden dann die angestellten Mitarbeiter eingetragen, die Präsenzpflicht hätten. B werde nicht einseitig zur Übernahme von Vertretungsstunden herangezogen. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler würden von ihr benotet. Es stehe ihr frei, ob sie zur Notenfindung schriftliche Tests/Arbeiten schreiben lasse oder die mündliche Leistung oder sonstige Unterrichtsbeiträge bewerte. An den zwei Mal jährlich stattfindenden sogenannten Dozentenkonferenzen habe B nicht teilgenommen; anders als bei den HonorardozentInnen seien diese für die fest angestellten MitarbeiterInnen verpflichtend.  Letztere träfen sich zudem ca. einmal pro Monat zur sog. Mitarbeiterbesprechung, bei der es sich ebenfalls um eine Pflichtveranstaltung handele. Spezielle Notenkonferenzen gebe es nicht. Eine Evaluation des Unterrichts der B durch sie, die Klägerin, habe bisher nicht stattgefunden. Im Rahmen des Qualitätsmanagements würden die Teilnehmenden in allen Ausbildungen/Lehrgängen/Qualifizierungsmaßnahmen zur Zufriedenheit mit der Ausbildung befragt. In diesem Rahmen könne auch die Leistung der B bewertet werden. Eine spezielle Befragung zu ihrem Unterricht könne jedoch nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung durchgeführt werden. Unterrichtsmaterialien würden nicht vorgegeben. B könne die eingesetzten Materialien selbst bestimmen und bringe ihre eigenen Lehrmittel mit. Auch gebe es von externer Stelle hinsichtlich der zu verwendenden Unterrichtsmaterialien bzw. der Literatur keine Vorgaben. Im Falle der Verhinderung unterrichte B das Sekretariat. Sollten Stunden, d.h. Unterrichtsinhalte von B ausfallen, werde im Rahmen der dreijährigen Ausbildung versucht, diese Inhalte zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, damit die vom Gesetz und der Ausbildungsordnung vorgesehenen Lernfelder bzw. Inhalte vermittelt worden seien. Eine Verpflichtung der B, sich mit den in verwandten Lernfeldern tätigen Dozenten und Mitarbeitern auszutauschen, bestehe nicht. Angestellte MitarbeiterInnen, die zudem noch weitere Aufgaben wie Kursleitungen sowie die Begleitung und Beratung der Auszubildenden und Praxisbesuche zu erfüllen hätten, unterrichteten nicht in den gleichen Lernfeldern wie die HonorardozentInnen. Mit ihnen gebe es ein jährliches Mitarbeitergespräch. Sie hätten eine Stellenbeschreibung und könnten Urlaub nicht eigenständig festlegen, sondern müssten diesen bei der Schulleitung beantragen. Zudem unterlägen sie dem Direktionsrecht der Schulleitung hinsichtlich der Arbeits- und Unterrichtszeiten, müssten an bestimmten Pflichtveranstaltungen des Schulträgers teilnehmen (z.B. pädagogische Fortbildungsmaßnahmen, Arbeitskreise etc.) und wirkten bei der Akquise und Auswahl der Auszubildenden mit. B könne Overheadprojektor, Wandtafel, Beamer und Moderationswände der Klägerin nutzen. Sie habe Zugang zur Schüler- und Dozentenbibliothek. Die überwiegende Mehrheit der Kursteilnehmer seien bei einer stationären oder ambulanten Pflegeinrichtung angestellte Erstauszubildende. Die Auswahl dieser Teilnehmenden finde durch den Anstellungsträger statt. Ein kleinerer Teil seien UmschülerInnen, die über Arbeitsagenturen oder Jobcenter vermittelt würden.

 

Den Antworten der B zu den Fragen der Beklagten ist über die Angaben der Klägerin hinaus zu entnehmen, dass eine Übernahme von Prüfungsaufgaben und deren Korrektur stattfinde, wenn die Bezirksregierung den Vorschlag der klägerischen Schule zum Lernfeld der B annehme. Vorschläge reiche sie über das Fachseminar ein. Sie werde für die Übernahme von Abschlussprüfungen von der Klägerin bei Bedarf angefragt.

 

Mit Schreiben vom 20.09.2017 hörte die Beklagte die Klägerin und B dazu an, dass beabsichtigt sei, hinsichtlich der von B ausgeübten Tätigkeit ein der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegendes abhängiges Beschäftigungsverhältnis festzustellen.

 

B entgegnete, dass eine Honorartätigkeit bewusst von ihr ausgewählt worden sei, weil sie neben ihrem Angestelltenverhältnis als Gerontologin nicht eine zweite Angestelltenstelle habe eingehen wollen. Die Freiheiten eines Honorarverhältnisses ermöglichten es ihr, die Anforderungen aus ihrer Stelle mit ihren persönlichen und familiären Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Sie habe kein Interesse, sonstige Tätigkeiten für die Altenpflegeschule der Klägerin zu übernehmen (z.B. Kursleitungsaufgaben, die Besuche der Schülerinnen in den Praxisstellen, Förder- und Krisengespräche mit den Schülern, Vertretungsunterricht, regelmäßige Teilnahme an Besprechungen der angestellten Mitarbeiterinnen und ähnliches). Die angestellten Mitarbeiter würden zu solchen Aufgaben herangezogen. Die minimalen Verpflichtungen, die sie übernehmen müsse, wie die Orientierung am Lehrplan oder die Notengebung, seien für sie kein Zeichen eines Angestelltenverhältnisses. Im Unterricht habe sie alle Freiheiten, solange sie sich am Ausbildungsziel der Altenpflegeausbildung orientiere. Dass sie wenig Kapital einsetze, liege daran, dass es sich um eine Dozententätigkeit handele. Sie habe gleichwohl in Fortbildungen, Fachbücher und -zeitschriften sowie ein Notebook investiert.

 

Die Klägerin vertrat ebenfalls die Auffassung, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliege. Wenngleich die Lehrtätigkeit der B Teil einer Ausbildung mit dem Ziel eines staatlich anerkannten Berufsabschlusses sei, habe jedoch die Möglichkeit einer selbstständigen Unterrichtsgestaltung bestanden. Die Beachtung des allgemeinen Lehrplans begründe keine Weisungsabhängigkeit und führe auch nicht zwangsläufig zu einer Eingliederung in die Abläufe der Bildungseinrichtung. B erledige ihren Teil völlig unabhängig von den übrigen DozentInnen. Wolle man das Vorhandensein eines staatlichen Lehrplans zum Kriterium nehmen, käme man zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass DozentInnen, die für eine Einrichtung staatlich organisierter Berufs- oder Weiterbildung tätig seien, Angestellte seien, während bei einer Dozententätigkeit ohne eine solche Ausbildungsstruktur Selbstständigkeit angenommen werden könne. Es müsse berücksichtigt werden, dass B alles um den Unterricht herum frei bestimmen könne. Auch die Honorierung nach Unterrichtstunden und der fehlende Kapitaleinsatz sprächen nicht für eine abhängige Beschäftigung.

 

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 06.11.2017 fest, dass es sich bei der Tätigkeit der B bei der Klägerin als Dozentin seit dem 01.04.2017 um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele, welches der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. In der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe wegen Geringfügigkeit Versicherungsfreiheit. Vorliegend überwögen nach Gesamtwürdigung die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände. B sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert. Diese erteile ihr im Wege des Direktionsrechts Weisungen betreffend Zeit, Dauer und Ort der zu beurteilenden Tätigkeit sowie hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung. Es bestehe daher eine persönliche Abhängigkeit. Allein der Wille der vertragschließenden Parteien bestimme nicht, ob eine Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit angesehen werden könne. B sei zudem in einem Ausbildungslehrgang tätig, dessen Unterricht aufeinander abgestimmt werde und der in einem förmlichen Abschluss ende. Bereits das Gesamtgefüge der von der Klägerin betriebenen Bildungseinrichtung spreche für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, da B darin für die jeweilige Berufsausbildungsmaßnahme nach einem genau festgelegten Unterrichtsplan aufeinander aufbauende berufsbezogene Unterrichtseinheiten erteile, die zum Teil eine Abstimmung mit anderen berufsbezogenen Lernfeldern im Rahmen der Gesamtausbildung erforderten. Für den Unterricht existiere ein dichtes Regelwerk von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, die Inhalt und Ziele des Unterrichts genau beschrieben. Dass die Tätigkeit in hohem Maße durch eigene Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit gekennzeichnet sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. B trage auch kein Unternehmerrisiko. Da ihr Arbeitsentgelt regemäßig 450 Euro nicht übersteige, handele es sich um eine geringfügige Beschäftigung. In der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe gleichwohl Versicherungspflicht nach § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Versicherungspflicht beginne ab dem 01.04.2017.

 

Ihren gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen mit den zuvor vorgebrachten Argumenten. Ihrer Auffassung nach spreche der Umstand, dass der Lehrauftrag auf Dauer angelegt sei, nicht für Beschäftigung, da er für das Vertragsverhältnis nicht essentiell sei. Zudem könnten auch Honorarverträge aneinandergereiht werden. Auch der Aspekt der Lehrtätigkeit als Teil einer staatlichen Ausbildung stelle kein taugliches Abgrenzungskriterium dar, da es ansonsten keine selbstständigen LehrerInnen in Bereichen gäbe, in denen bestimmte Lernziele durch fremdbestimmte Regeln definiert würden. Anders als bei angestellten MitarbeiterInnen sei es den HonorardozentInnen überlassen geblieben, mit welchem Stoff sie die für ein Lernfeld/Themenbereich vorgegebenen Inhalte füllten. Vor Examensprüfungen würden HonorardozentInnen (anders als angestellte Lehrkräfte) befragt, ob sie sich an der anstehenden Prüfung beteiligen wollten. Ein Anordnungsrecht seitens der Seminarleitung bestehe nicht. Es würden je zwei alternative Aufgaben eingereicht, die im Falle einer Auswahl durch die Bezirksregierung selbstverständlich und sinnvollerweise von der jeweiligen Dozentin/dem Dozenten zu korrigieren bzw. zu benoten seien. Eine wie hier nach Stunden erfolgte Vergütung spreche – auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) – nicht zwingend für abhängige Beschäftigung. Das Kriterium des fehlenden Kapitaleinsatzes könne ebenfalls nicht herangezogen werden, da das Kapital selbstständiger Dienstleister sich im Kopf befinde oder in Form von körperlichen Fähigkeiten (z.B. Sportlehrer) bestehe.

 

B trug ergänzend vor, von der Klägerin nicht wirtschaftlich abhängig zu sein. Die Argumentation, dass bei Dozententätigkeiten im Rahmen einer staatlich geregelten Ausbildung an einem Altenpflegeseminar zwangsläufig Beschäftigung vorliege, hätte zur Folge, dass an Altenpflegeschulen keine Honorarkräfte mehr tätig werden könnten. Damit ginge ein wichtiger Praxisbezug im theoretischen Ausbildungsteil verloren.

 

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2018 zurück. Dozenten/Lehrbeauftragte an Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen, Fachschulen, Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen – auch privaten – Bildungseinrichtungen stünden regelmäßig nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesen Schuleinrichtungen, wenn sie mit einer von vornherein zeitlich und sachlich beschränkten Lehrverpflichtung betraut seien, weitere Pflichten nicht zu übernehmen hätten und sich dadurch von den fest angestellten Lehrkräften erheblich unterschieden. Hier habe jedoch bereits die genannte Beschränkung nicht bestanden. Demgegenüber stünden Lehrer, die insbesondere durch die Übernahme weiterer Nebenpflichten wie zum Beispiel der Vorbereitung des Unterrichts, der Kontrolle schriftlicher Arbeiten, der Notenvergabe sowie der Teilnahme an Konferenzen in den Schulbetrieb eingegliedert seien und nicht nur stundenweise Unterricht erteilten, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichte, sei in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seinen Beruf nebenberuflich ausübe. Dagegen könnten etwa Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichteten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilten, als freie Mitarbeiter beschäftigt werden. Das BSG habe sich insoweit die vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu eigen gemacht. Diese aus Gründen der Praktikabilität und Rechtssicherheit vorgenommene typisierende Unterscheidung stütze sich u.a. darauf, dass der stärkeren Einbindung von Schülerinnen und Schülern in ein Schul- und Ausbildungssystem auch eine stärkere Abhängigkeit der Lehrkräfte vom Unterrichtsträger entspreche. B werde in einem Ausbildungslehrgang tätig, dessen Unterricht aufeinander abgestimmt sei und der in einem förmlichen Abschluss ende. Die Kontrolle des Auftragnehmers und seine Eingliederung in den Lehrbetrieb des Auftraggebers komme über die aus der Beachtung des Stundenplanes resultierende Bindung des Unterrichts in zeitlicher und örtlicher Hinsicht hinaus u.a. durch die Pflicht zur Führung von Klassenbüchern, welche neben der Anwesenheit auch dem Nachweis der Unterrichtsinhalte und des ordnungsgemäßen Unterrichtsverlaufs dienten, zum Ausdruck. Die dem Auftragnehmer verbleibende inhaltliche Ausgestaltungsfreiheit zähle zu den Kernkompetenzen eines Dozenten bzw. Lehrers. Der Auftraggeber bediene sich des Auftragnehmers gerade, weil dieser über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zur eigenständigen Gestaltung und Durchführung des Unterrichts in den vergebenen Fächern verfüge. Hierin liege kein wesentlicher Unterschied zu angestellten oder verbeamteten Lehrern und Dozenten.

 

Die Klägerin hat am 19.06.2018 gegen den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage beim Sozialgericht Münster (SG) erhoben und auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen. Ihr Fall sei ähnlich gelagert wie derjenige des Musikschullehrers, in dem das BSG in 2018 ausgeführt habe, dass ein Lehrplanwerk die Unterrichtsfreiheit des Dozenten nicht im Sinne eines Weisungsrechts einschränke und es für die Abgrenzung zwischen freier Dozententätigkeit und abhängiger Beschäftigung nicht darauf ankomme, ob Lehrer über eine eigene Betriebsstätte verfügten.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin u.a. hervorgehoben, dass die angestellten Kräfte der Klägerin im Unterschied zu B feste Büroarbeitsplätze mit PC oder Notebook und feste Arbeitszeiten sowie Präsenzpflichten gehabt hätten. Sie könnten bei Ausfällen als Vertretung herangezogen werden. B hat u.a. angegeben, dass sie benoten müsse, wenn sie mehr als 10 Stunden im jeweiligen Unterrichtsblock gebe. Die Art und Weise der Benotung sei ihr jedoch freigestellt. Regelmäßig vergebe sie eine mündliche Note und lasse einen Test schreiben, der dann auch von ihr selbst korrigiert werde.

 

Die Klägerin hat beantragt,

 

den Bescheid der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit ab dem 01.04.2017 in ihrer Tätigkeit bei ihr als Dozentin nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Das SG hat die streitgegenständlichen Bescheide mit Urteil vom 17.04.2019 aufgehoben und dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben. Der zwischen der Klägerin und B geschlossene Vertrag enthalte arbeitnehmeruntypische Regelungen, soweit er vorsehe, dass Termine – wie auch tatsächlich erfolgt – frei vereinbart würden, methodisch-didaktische Anweisungen ausgeschlossen seien, B bei der Durchführung der Tätigkeit keinem Weisungs- und Direktionsrecht unterliege und sie auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden sei. Für die Beurteilung der Tätigkeit als Lehrkraft, die grundsätzlich sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch selbstständig erfolgen könne, seien die Intensität der Einbindung in den Unterrichtsbetrieb, der Umfang der Mitgestaltung des Unterrichtsinhalts und die Art und Weise der Unterrichtserteilung, die Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung sowie die Heranziehung zu Nebenarbeiten entscheidend. B sei im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie habe den Unterricht bei lediglich definierten Lernzielen und umrissenen Inhalten frei gestalten können. Die Geltung eines Lehrplanwerks führe nicht per se zur Annahme von Weisungsunterworfenheit. Auch in der Art der Notenfindung habe B selbst entscheiden können. Eine Einteilung in Stundenpläne, die ein starkes Indiz für eine Arbeitnehmereigenschaft darstelle, fehle. Vielmehr seien die Arbeitszeiten von ihr mit der Klägerin vereinbart worden. Im Unterschied zu festangestellten Lehrkräften habe B nicht an den Dozentenkonferenzen teilnehmen müssen. Ebenso wenig sei sie zur Durchführung von Prüfungen verpflichtet gewesen. Eine Eingliederung in den Betriebsablauf folge nicht daraus, dass der Unterricht in ihren klägerischen Räumen stattgefunden habe, da dies im Sinne eines sinnvollen Lehrbetriebs in der Natur der Sache liege. Letztlich spreche auch der Umstand, dass B im Gegensatz zu festangestellten Kräften kein Schreibtisch zur Verfügung gestellt worden sei, gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche wiederum die lediglich für geleistete Unterrichtsstunden erhaltene Vergütung.

 

Gegen das ihr am 06.05.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.05.2019 Berufung eingelegt und diese im Wesentlichen mit ihren bisherigen Argumenten begründet. Das erstinstanzliche Urteil sei im Hinblick auf die Wertungen des BSG in der zweiten Musikschullehrer-Entscheidung vom 28.06.2022 (B 12 R 3/20 R) unzutreffend.

 

Sie beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.04.2019 zu ändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin, die klargestellt hat, dass sich der Statusfeststellungsantrag lediglich auf die Tätigkeit der B als Dozentin im Fachseminar für Altenpflege und nicht auf eine gleichfalls für sie ausgeübte andere Tätigkeit bezogen habe, beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Das erstinstanzliche Urteil sei zutreffend. Die Parteien hätten ein freies Dienstverhältnis vereinbart und ein solches in der konkreten Vertragsdurchführung auch gelebt. In einem vergleichbaren Parallelverfahren mit dem Az. L 10 KR 86/19 habe der 10. Senat des Landessozialgerichts (LSG) NRW eine nicht der Versicherungspflicht unterliegende selbstständige Tätigkeit der Dozentin bejaht und die beklagte Krankenkasse die Berufung zurückgenommen. Sie halte auch unter Berücksichtigung der zweiten Musikschullehrer-Entscheidung des BSG an ihrer Auffassung fest. Sofern diese Entscheidung den Senat dazu bewegen sollte, die Tätigkeit der B nunmehr als abhängige Beschäftigung zu qualifizieren, scheide – wie das LSG Niedersachsen-Bremen (Urt. v. 20.12.2022 – L 2 BA 47/20) aus ihrer Sicht zutreffend entschieden habe – eine Feststellung von Versicherungspflicht bei vergleichbaren Dozententätigkeiten für Zeiten vor dem 28.06.2022 jedenfalls aus Gründen schutzwürdigen Vertrauens in die bisherige langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung aus.

 

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten in einem Erörterungstermin am 02.02.2022 zum Sachverhalt angehört. Die Beklagte hat die Feststellungen im Bescheid vom 06.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2018 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2024 im Einvernehmen mit der Klägerin auf den Zeitraum bis zum 28.02.2019 begrenzt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Münster vom 17.04.2019 ist zulässig und begründet.

 

I. Die Berufung der Beklagten, die keiner Zulassung bedurfte (§ 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG), ist gem. § 143 SGG statthaft. Sie ist form- und fristgemäß erhoben (§ 151 SGG).

 

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 06.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2018 (§ 95 SGG) sowie der zeitlichen Präzisierung vom 24.04.2024 (§ 96 SGG) und die hierin festgestellte Versicherungspflicht der B in der gesetzlichen Rentenversicherung in ihrer Tätigkeit als Dozentin beim klägerischen Fachseminar für Altenpflege im Zeitraum vom 01.04.2017 bis 28.02.2019.

 

II. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der von der Klägerin erhobenen, auf die Feststellung der Versicherungsfreiheit der B in ihrer hier streitigen Tätigkeit gerichteten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Alt. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) zu Unrecht stattgegeben.

 

Ungeachtet der Neuregelung des § 7a SGB IV zum 01.04.2022 ist die auf Feststellung des Bestehens bzw. Nichtbestehens von Versicherungspflicht gerichtete Klage zwar (jedenfalls) in Verfahren wie hier, in denen die Antragstellung gem. § 7a SGB IV vor dem 01.04.2022 erfolgt ist und der Rentenversicherungsträger eine Entscheidung auch vor diesem Datum getroffen hat, weiterhin zulässig (vgl. Senatsbeschl. v. 16.03.2023 – L 8 R 997/17 – juris Rn. 31 m.w.N.).

 

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid beschwert die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Das Urteil des SG war entsprechend aufzuheben.

 

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV in der bis zum 31.03.2022 gültigen Fassung (a.F.). Danach entscheidet auf Antrag eines Beteiligten gemäß § 7a Abs. 1 S. 2 SGB IV abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Deutsche Rentenversicherung Bund, ob eine Beschäftigung vorliegt. Einen entsprechenden Antrag haben die Klägerin am 07.04.2017 und B am 06.06.2017 gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung ermächtigte § 7a SGB IV a.F. dabei nicht zur bloßen (unzulässigen) Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtete – wie von der Beklagten hier vorgenommen – zur Feststellung der Versicherungspflicht (vgl. BSG Urt. v. 04.09.2018 – B 12 KR 11/17 R – juris Rn. 12 m.w.N., insb. Urt. v. 11.03.2009 – B 12 R 11/07 R – juris Rn. 17 ff.). Soweit im streitgegenständlichen Bescheid (auch) ausgeführt wird, die Tätigkeit sei nach Prüfung im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt, sieht der Senat dies in Auslegung des Bescheides als Begründungselement der (nachfolgenden) Feststellung zur Versicherungspflicht an. Die Änderung des § 7a SGB IV zum 01.04.2022 (n.F.), wonach eine Entscheidung (seither) nicht mehr zur Versicherungspflicht, sondern zum Erwerbsstatus, d.h. zur Frage, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, beantragt werden kann, entfaltet keine prozessuale Wirkung auf den hier verwaltungsrechtlich noch nach § 7a SGB IV a.F. abgeschlossenen Vorgang (vgl. ausführlich Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 57 ff. m.w.N.; Senatsurt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 61 ff. m.w.N.; vgl. für Tätigkeiten, die – wie die vorliegende – jedenfalls vor dem 01.04.2022 beendet worden sind BSG Beschl. v. 15.06.2023 – B 12 BA 6/23 B – juris Rn. 9).

 

1) Der Bescheid vom 06.11.2017 ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat die Klägerin insbesondere vor Erlass dieses sie belastenden Verwaltungsakts mit Schreiben vom 20.09.2017 ordnungsgemäß angehört (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens war auch nicht nach § 7a Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 SGB IV ausgeschlossen, da weder die Einzugsstelle noch ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hatten.

 

2) Die angefochtenen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. B unterlag im streitigen Zeitraum vom 01.04.2017 bis 28.02.2019 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

 

a) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI).

 

B erhielt für ihre Tätigkeit als Dozentin ein (i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV geringfügiges) Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV). Sie war auch bei der Klägerin beschäftigt und nicht selbstständig tätig.

 

Das Vorliegen einer Beschäftigung beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn – wie im vorliegenden Fall – in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status fehlen. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (st. Rspr., vgl. etwa BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14; BSG v. 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R – juris Rn. 12; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.05.1996 –1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).

 

Die sich an diesen Maßstäben orientierende Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit ist nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Abstrakte, einzelfallüberschreitende Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder sind daher grundsätzlich nicht – auch nicht im Sinne einer "Regel-Ausnahme-Aussage" – möglich (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 13; s. auch Bergner, Festschrift für Schlegel, 2024, S. 367, 368). Eine Lehrtätigkeit kann bereits nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs sowohl in Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in Form selbstständiger Tätigkeit ausgeübt werden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 40 m.w.N.). So ordnet § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI für selbstständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung an. Ob eine Lehrkraft bzw. Dozentin wie B in einer bestimmten Tätigkeit Selbstständige oder Beschäftigte ist, richtet sich daher entsprechend den o.g. allgemeinen Abgrenzungskriterien nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

 

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 15.12.2021 – L 8 R 13/15 – juris Rn. 154; Senatsurt. v. 23.11.2020 – L 8 BA 155/19 – juris Rn. 58).

 

Ausgehend vom – gelebten – Rechtsverhältnis der Vertragsparteien ist B bei ihrer Lehrtätigkeit am Fachseminar der Klägerin im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess gegenüber dem klägerischen Fachseminar für Altenpflege weisungsgebunden (hierzu unter aa) und in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert (hierzu unter bb) tätig geworden. Wesentliche Indizien, die für eine Selbstständigkeit sprechen, liegen hingegen nicht vor (hierzu unter cc). In der Gesamtschau überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte deutlich (hierzu unter dd). Eine abweichende Bewertung der statusrechtlichen Zuordnung kann die Klägerin auch nicht aus sonstigen Gründen, insbesondere nicht aus Vertrauensschutz in die höchstrichterliche Rechtsprechung (hierzu unter ee) oder unter Bezugnahme auf das vor dem LSG in einem anderen Senat früher geführte Verfahren L 10 KR 86/19 herleiten (hierzu unter ff).

 

aa) B unterlag – entgegen der Auffassung der Klägerin – (deren) Weisungen, dies in zeitlicher und örtlicher Hinsicht (hierzu unter (1)) sowie bezogen auf die Art ihrer Tätigkeit (hierzu unter (2)).

 

(1) Das beschäftigungstypische Gepräge der Lehrtätigkeit der B wird zunächst durch die Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung sowie die Festlegung auf bestimmte Unterrichtszeiten und Räume der Klägerin deutlich (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 19).

 

Soweit B der Klägerin nach ihren Angaben mitteilen konnte, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit sie eingesetzt werden wolle, kommt dem unter Berücksichtigung der weiteren Umstände keine maßgebende Bedeutung zu. Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist für die Frage der Versicherungspflicht jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des Angebots während der Durchführung der zu beurteilenden Tätigkeit bestehen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rn. 17 m.w.N.). Eine zeitliche Weisungsgebundenheit besteht daher auch dann, wenn der Auftragnehmer von den organisatorischen Vorgaben des Betriebes abhängig ist und die Arbeit nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt abgebrochen werden kann, sondern die zugewiesenen Aufgaben erledigt werden müssen (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 31). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. B konnte den Unterricht, der für die Schülerinnen und Schüler einen Pflichtteil der Ausbildung darstellte, im Kern nicht „jederzeit“ eigenmächtig abbrechen. Die Unterrichtstunden hatten eine Dauer von 45 Minuten, die für B verbindlich war. Auch ein Verschieben von Terminen war grundsätzlich nur in einem (von der klägerischen Planung) vorgegebenen Rahmen möglich. So konnte eine „beliebige“ Verlegung von Unterrichtsstunden durch B schon deshalb nicht erfolgen, weil ihr Unterricht von der Klägerin gemeinsam mit allen anderen Unterrichtsfächern in einen (Gesamt-)Stundenplan eingefasst wurde. Im Grundsatz bestand zudem eine Bindung an die Unterrichtszeiten/Öffnungszeiten der Bildungseinrichtung, die ausweislich der überreichten Seminarordnung montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 14.15 Uhr lagen. Auch wenn die Behauptung zuträfe, dass eine Verlegung des Unterrichts in den Nachmittag in Ausnahmefällen möglich gewesen wäre, führt dies lediglich zu einer Verringerung, nicht aber zu einer Aufhebung der zeitlichen Weisungsgebundenheit der B. Hinzu kommt, dass sie von dieser behaupteten Option keinen Gebrauch gemacht hat, eine derartige Freiheit also die Tätigkeit nicht prägte. Eine im Belieben der B stehende Möglichkeit, einmal benannte und im Gesamtstundenplan niedergelegte Termine zu verschieben, bestand auch schon deshalb nicht, weil die klägerische Konzeption des Gesamtunterrichts den gesetzlichen Vorgaben einer inhaltlichen und organisatorischen Abstimmung der von den SchülerInnen im Fachseminar zu absolvierenden Theorieblöcke mit deren Blöcken praktischen Unterrichts bei ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen folgen musste (vgl. § 4 Abs. 4 S. 2 AltPflG). Entsprechend war auch B faktisch an die zeitliche Lage der Theorieblöcke gebunden.

 

Letztlich stellt sich die Möglichkeit der B, im Vorfeld der Planung Zeiten ihrer Verfügbarkeit anzugeben, nicht anders als bei teilzeitbeschäftigten Arbeitskräften dar. So ist es auch bei diesen häufig sinnvoll, die möglichen Einsatzzeiten abzufragen, da ein Arbeitgeber nicht damit rechnen kann, dass Teilzeitkräfte im selben Ausmaß wie eine Vollzeitkraft zur Verfügung stehen. Die Rücksichtnahme des Auftraggebers auf zeitliche Einschränkungen des Auftragnehmers ist vor dem Hintergrund flexibler Arbeitsbeginn- und Teilzeitmodelle (entsprechend) kein maßgeblicher Grund, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen (vgl. LSG NRW Beschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 19; Urt. v. 20.04.2016 – L 8 R 1136/13 – juris Rn. 86 m.w.N.)

 

Anhaltspunkte dafür, dass B den Ort ihrer Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen konnte, sind nicht ersichtlich. Ihr Unterricht fand vielmehr regelmäßig in den vorgegebenen Räumlichkeiten der klägerischen Altenpflegeschule statt.

 

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Freiheiten hinsichtlich der Zeit und des Ortes der Tätigkeit im Übrigen auch in Beschäftigungsverhältnissen zunehmend Raum greifen und daher in der modernen Arbeitswelt nicht zwingend für Selbstständigkeit sprechen (vgl. BSG Urt. v. 27.04.2021 – B 12 KR 27/19 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 75).

 

(2) B unterlag auch bei der Durchführung ihrer Lehrtätigkeit, d.h. hinsichtlich deren Art und Weise dem Weisungsrecht des klägerischen Fachseminars.

 

Dies gilt zunächst maßgeblich vor dem Hintergrund, dass vorliegend erhebliche zwingende Vorschriften der Ausbildung und Prüfung zum staatlich anerkannten Beruf der Altenpflegerin bzw. des Altenpflegers bestanden, die (auch) B bei den von ihr durchgeführten Unterrichtsfächern beachten musste.

 

So enthält § 3 Abs. 1 AltPflG detaillierte Regelungen zu den Zielen der Ausbildung der Altenpflege. Diese soll gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 AltPflG die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Pflege einschließlich der Beratung, Begleitung und Betreuung alter Menschen erforderlich sind. Diese Generalklausel wird durch die nicht abschließende Aufzählung des § 3 Abs. 1 S. 2 AltPflG („insbesondere“) konkretisiert. Vorgaben zur Struktur der Ausbildung in der Altenpflege sind in § 4 AltPflG normiert. Es handelt sich bei der Ausbildung zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger um eine dreijährige Ausbildung, die mit einer staatlichen Prüfung endet (§ 4 Abs. 1 AltPflG). Der zur Erreichung dieser Ziele erforderliche theoretische Unterricht wird (wie bereits dargelegt) in Altenpflegeschulen – zu denen auch das klägerische Fachseminar gehört – erteilt (§ 4 Abs. 2 AltPflG). Diese tragen die Gesamtverantwortung für die Ausbildung (§ 4 Abs. 4 S. 1 AltPflG) und haben dafür Sorge zu tragen, dass die Abschnitte des Unterrichts und der praktischen Ausbildung inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt sind (§ 4 Abs. 4 S. 2 AltPflG). Die besondere Verantwortung der Altenpflegeschule für den Erfolg der Ausbildung wird auch daran deutlich, dass diese die praktische Ausbildung durch Praxisbegleitung unterstützt und fördert (§ 4 Abs. 4 S. 3 AltPflG). Der Bedeutung der theoretischen Ausbildung an den Altenpflegeschulen entspricht es, dass Schulen, bei denen es sich nicht ohnehin um Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder handelt, der staatlichen Anerkennung durch die zuständige Behörde bedürfen (§ 5 AltPflG).

 

Nähere Bestimmungen zu den Anforderungen an die Ausbildung und die Prüfung sind in der gem. § 9 AltPflG erlassenen, im Streitzeitraum geltenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers (Altenpflege-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung i.d.F. v. 26.11.2002 – AltPflAPrV) niedergelegt. Diese enthält Vorgaben zum Umfang des Unterrichts (2.100 Stunden), zum Wechsel von Unterricht und praktischer Ausbildung (§ 1 Abs. 1, Abs. 3 AltPflAPrV), zur Leistungsbewertung (§§ 3, 4 AltPflAPrV) und zur staatlichen Prüfung (§§ 5 ff. AltPflAPrV). Dabei ist in § 3 AltPflAPrV geregelt, dass die Schüler Jahreszeugnisse und auch eine Bestätigung über die regelmäßige Teilnahme an der Ausbildung erhalten. Die Vorgaben der AltPflAPrV werden durch die Anlage zu § 1 Abs. 1 AltPflAPrV flankiert, in der geregelt ist, in welchen Lernfeldern die Schülerinnen und Schüler zu unterrichten sind, welche Themen dort behandelt werden müssten und wie viele Unterrichtsstunden auf diese jeweils entfallen sollen. Das Land NRW, das sich gem. § 5 Abs. 3 AltPflG-NRW an den Schulkosten beteiligte, stellte den Lehrenden in den Altenpflegefachseminaren mit einer „Empfehlenden Richtlinie für die Altenpflegeausbildung“ aus Juli 2003 (im Folgenden: Empfehlende Richtlinie) eine konkrete Arbeitshilfe zur Verfügung, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung auch unter den Vorgaben des AltPflG sicherzustellen (s. Empfehlende Richtlinie S. 10). Die Vorgaben zu den Lernfeldern, die in der AltPflAPrV genannt sind, wurden dabei um fehlende Angaben ergänzt und detaillierter, insb. unter Bildung von Teil-Lernfeldern präzisiert (s. Empfehlende Richtlinie S. 20 f.).

 

Die Bindung an diese gesetzlichen abstrakt-generellen Regelungen ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb ohne Belang, weil es sich um Vorgaben handelt, die sich aus dem Gesetz bzw. einer Verordnung ergeben. Vielmehr gilt im Gegenteil umgekehrt, dass zwingende normative regulatorische Vorgaben für eine Eingliederung in die Organisations- und Weisungsstruktur sprechen (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 13 m.w.N.; BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 30 ff.). Die genannten Vorgaben, deren Einhaltung das klägerische Fachseminar sicherstellen musste, bedingen korrespondierend eine (entsprechende) Weisungsunterworfenheit der B bei der Durchführung des diesen Vorgaben unterliegenden Unterrichts (vgl. Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 55). Für eine nur ausnahmsweise in Betracht kommende selbstständige Tätigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn müssten daher gewichtige Indizien bestehen (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 26 m.w.N.; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 85). Derartige hinreichende Indizien sind, wie bereits und im Folgenden dargelegt, nicht gegeben.

 

Wenngleich B bei der Gestaltung ihres Unterrichts im Einzelnen durchaus Freiheiten zukamen, so haben sich die (genannten) normativen Vorgaben in ihrer Tätigkeit gleichwohl niedergeschlagen. So war der Rahmenlehrplan des klägerischen Fachseminars bei der Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen. Dies hat nach der zutreffenden Einschätzung der Beklagten vor allem deshalb Gewicht, weil B Inhalte lehrte, die bei der staatlichen Abschlussprüfung auch prüfungsrelevant waren. Entsprechend musste B die durchgenommenen Inhalte auch im Klassenbuch dokumentieren.

 

Da B keine vollständigen Teillernfelder, sondern nur Ausschnitte von diesen unterrichtete, waren schon im Hinblick auf die notwendige Gewährleistung einer vollständigen Abdeckung des Lernfeldes koordinierende Maßnahmen des Studienleiters erforderlich. Mangels einer im Honorarvertrag niedergelegten entsprechenden Verpflichtung ist B offenkundig von der Klägerin angewiesen worden, Noten zu vergeben, wenn sie in einem Block mehr als 10 Stunden unterrichte. Tatsächlich hat B nach ihrem Vortrag mündliche Noten vergeben und einen Test durchgeführt, der von ihr auch zu korrigieren war. Für die Korrektur dieses Tests wurde keine gesonderte Vergütung gezahlt. Soweit B an staatlichen Prüfungen mitgewirkt hat, war die Prüfungsteilnahme nach ihrem Vorbringen zwar freiwillig. Im Falle der Teilnahme unterlag sie jedoch dem „Regime“ dieser staatlichen Prüfung. Sie musste Prüfungsaufgaben als Vorschläge konzipieren, die den Anforderungen der Bezirksregierung genügten und diese dann im Falle ihrer Annahme – ebenfalls offenkundig als Ausfluss einer Weisung – gemeinsam mit einer anderen Lehrkraft im „Vieraugenprinzip“ korrigieren. Kontrollmöglichkeiten hinsichtlich einer den Ausbildungs- und Prüfungsregularien folgenden Ausübung der Tätigkeit der B standen der Klägerin – wie von ihr ausgeführt – über das Klassenbuch zur Verfügung. Auch über die allgemeine Befragung der Auszubildenden im Rahmen des allgemeinen Qualitätsmanagements konnte die Klägerin nach ihren eigenen Angaben die Leistung der B bewerten. Zudem hatte sie sich – wenn auch unter der Prämisse einer Zustimmung – die Evaluierung der Tätigkeit von Honorardozenten bei konkretem Anlass vorbehalten, welche gleichfalls als Möglichkeit zur Kontrolle gewertet werden kann (vgl. Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 57).

 

Der Senat verkennt nicht, dass B bei der Gestaltung ihres Unterrichts durchaus eigenverantwortlich gearbeitet hat. Das unterschied sie jedoch nicht von anderen, abhängig beschäftigten Lehrern, die im Rahmen der jeweiligen Unterrichtsvorgaben eigene pädagogische Entscheidungen treffen können. Die "Lücken", die die Arbeitgeberweisungen belassen, hat der Arbeitnehmer kraft seines in der Ausbildung und während der nachfolgenden Berufspraxis erworbenen fachlichen Könnens zu füllen. Die gelungene Umsetzung unterscheidet dabei den guten vom schlechten, nicht jedoch den abhängig beschäftigten vom selbstständigen Mitarbeiter. Eine allein partielle Gestaltungsbefugnis in der Art und Weise der Verrichtung führt regelmäßig nicht zur Selbstständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Die – üblicherweise vom Arbeitgeber gewünschte – eigenständige Arbeitsweise ist kein Synonym für eine zur Versicherungsfreiheit führende Selbstständigkeit und darf mit dieser nicht verwechselt werden (vgl. Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 58; Urt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 80; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 98; Urt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 98/20 – juris Rn. 59; Senatsbeschl. v. 18.07.2022 – L 8 BA 37/22 B ER – juris Rn. 14; Senatsbeschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 23 m.w.N.).

 

Im Übrigen kann eine Dienstleistung höherer Art (wie sie grundsätzlich auch von Lehrern erbracht wird, vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18), sogar bei einem weitgehenden Fehlen fachlicher Weisungen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung eines fremden Betriebs erhält, in dem die Arbeit verrichtet wird (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 10/20 R – juris Rn. 29). Die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher (BSG Urt. v.12.12.2023 – B 12 R 10/21 R – juris Rn. 17; Urt. v. 27.04.2021 – B 12 KR 25/19 R – Rn. 14 mwN). Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich vielmehr bei diesen Dienstleistungen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" und kann – insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten – aufs Stärkste eingeschränkt sein. Auch in typischen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmern immer mehr Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltung ihrer Arbeit eingeräumt. Werden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spricht dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt ist, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlauben (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind daher nur dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsleben zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 31 m.w.N.), d.h. die Tätigkeit durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt ist (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen vom Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben ist und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 81; Senatsbeschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 25 ff. m.w.N.). Hingegen ist eine selbstständige Tätigkeit erst dann anzunehmen, wenn bei ihrer Verrichtung eine Weisungsfreiheit vorhanden ist, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18). Das gilt auch für Lehrkräfte, deren Tätigkeit nach dem Gesamtbild von der Ordnung eines fremden Betriebes und der dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess geprägt ist (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18 zu einer Musikschullehrerin). Vorliegend erhielt die Tätigkeit der B ihre Prägung durch das von der Klägerin betriebene Fachseminar, in dessen Rahmen die Lehrtätigkeiten – wie dargestellt – stattfinden mussten. Ins Gewicht fallende Freiheiten, die eine Steigerung ihrer Verdienstmöglichkeiten und damit unternehmerische Chancen eröffnet hätten, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

 

bb) B war auch in die (fremde) Arbeitsorganisation des klägerischen Fachseminars für Altenpflege eingegliedert.

 

Gegenüber den Schülerinnen und Schülern kam sie keinen eigenen vertraglichen Verpflichtungen nach, da sie selbst mit diesen keine Verträge geschlossen hat. Vielmehr wurde sie bei ihrer Lehrtätigkeit „lediglich" als Erfüllungsgehilfin der Klägerin tätig (vgl. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R  juris Rn. 33). Sie war insofern Teil deren Personaltableaus (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2022  L 8 BA 159/19  juris Rn. 86; Urt. v. 30.08.2017  L 8 R 962/15  juris Rn. 70).

 

Vom Erstkontakt der Auszubildenden bis einschließlich der staatlichen Abschlussprüfungen bediente sie sich wesentlich der Organisationsstruktur der Klägerin und deren personeller Ressourcen. Nur das Fachseminar der Klägerin trat nach außen gegenüber den Auszubildenden auf und gestaltete das Verhältnis von der Anmeldung bis zum Kurs- und ggfs. Prüfungsabschluss, organisierte die Erreichbarkeit, übernahm die Zuteilung der Auszubildenden auf die Lehrkräfte sowie die gesamte interne Organisation (z.B. Erstellung der Belegungspläne für die Räume und Gewährleistung deren sachgerechter Ausstattung) und die sonstigen externen Abläufe (z.B. Abstimmungen mit der Bezirksregierung, Zahlungsverkehr). Von B erstellte Vorschläge für Prüfungsaufgaben wurden der Bezirksregierung über die Klägerin eingereicht. Liegt die Organisation – wie hier – in der Hand des Betriebes bzw. wird von ihm vorgegeben, stellt dies ein Indiz für abhängige Beschäftigung dar (vgl. BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 32; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 90).

 

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass dem Unterricht der B im Gefüge der vom klägerischen Fachseminar angebotenen theoretischen Ausbildung auch keine relevante Eigenständigkeit zukam. Vielmehr betraf ihre Lehrtätigkeit (lediglich) den Unterricht in einem Ausschnitt von mehreren Teillernbereichen, die von den Auszubildenden besucht werden mussten. Entsprechend handelte es sich hierbei nur um einen Teilausschnitt des zur Erlangung des erstrebten Ausbildungsabschlusses vorgeschriebenen Gesamtunterrichts. Der Auftragnehmer ist in einer solchen Konstellation – je nach dem Umfang seines Teilbereichs – (allein) „ein Rädchen bzw. Rad" innerhalb des von seinem Auftraggeber einem Dritten angebotenen gesamten Ganzen. Stellt sich seine dienstleistende Tätigkeit aber nur als Wahrnehmung einer Teilaufgabe des gesamten „Ganzen" dar, ist dies regelmäßig mit einer Einbindung in die Organisationsstruktur des Auftraggebers verbunden, die keinen Raum für eine wesentlich eigenständige Arbeitsorganisation lässt (vgl. Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 R – juris Rn. 62; Senatsurt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 81).

 

Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass B die Räume des klägerischen Fachseminars (unentgeltlich) für den von ihr erteilten Unterricht nutzen konnte, für eine abhängige Beschäftigung (vgl. BSG Urt. v. 04.09.2018 – B 12 KR 11/17 R – juris Rn. 22; Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 93; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 104). Neben den Räumen war es ihr zudem gestattet, Overheadprojektor, die Wandtafel, den Beamer, Moderationswände und die Bibliothek der Klägerin zu nutzen. Eine kostenfreie Überlassung und Nutzung von Betriebsmitteln stellt regelhaft ein Kriterium der Eingliederung dar (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 21; BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 23; Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – 64; Senatsurt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 98/20 – juris Rn. 63). Die Rechnungen erstellte B auf von der Klägerin bereitgestellten Formularen. Von ihr für erforderlich gehaltene Kopien konnte sie vom Sekretariat fertigen lassen und somit neben dem entsprechenden Material auch auf die personelle Infrastruktur der Klägerin zurückgreifen.

 

Dass die hauptamtlichen Lehrkräfte der Klägerin weiteren Nebenpflichten wie der Teilnahme an Praxisbesuchen und Dienstbesprechungen unterlagen, denen B nicht unterworfen war, führt zu keiner anderen Beurteilung. Ein Vergleich verbietet sich hier schon allein deshalb, weil B nur in geringem Umfang für die Klägerin tätig werden wollte und geworden ist.

 

cc) Der genannten Weisungsunterworfenheit und Eingliederung in den Betrieb der Klägerin stehen keine Gesichtspunkte gegenüber, die im Rahmen der Gesamtabwägung gleichwohl für eine selbstständige Tätigkeit sprechen könnten.

 

B unterhielt keine eigene Betriebsstätte und war – bei der vereinbarten festen Stundenvergütung nebst Auslagenersatz für Fahrtkosten – keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt. Umgekehrt fehlte es ihr an unternehmerischen Chancen. So hatte sie im Rahmen ihrer Tätigkeit für das klägerische Fachseminar keine Möglichkeit, eigene Schüler zu akquirieren und auf eigene Rechnung zu unterrichten (vgl. hierzu BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 22). Die Höhe der Vergütung wurde einmalig ausgehandelt und im streitigen Zeitraum nicht noch einmal angehoben. Zudem wurde der Unterricht von ihr – wie bei Arbeitnehmern regelmäßig – höchstpersönlich erbracht. Dritte konnte sie selbst nicht einsetzen. Vielmehr wurde eine etwaig notwendige Vertretung (allein) vom klägerischen Fachseminar organisiert, das die Vermittlung der von Gesetz und Ausbildungsordnung vorgesehenen Inhalte zu gewährleisten hatte.

 

Fehlende Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub sind lediglich Ausdruck der Intention der Vertragsparteien, eine selbstständige Tätigkeit zu begründen; unternehmerische Freiheiten sind damit nicht impliziert (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 23).

 

dd) Angesichts des Umstandes, dass sich die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV gesetzlich ausdrücklich hervorgehobenen ("insbesondere") Kriterien für eine abhängige Beschäftigung – Weisungsgebundenheit und Eingliederung – feststellen lassen und B im Streitzeitraum weder über eine eigene Betriebsstätte verfügt noch im Auftragsverhältnis zur Klägerin ein unternehmerisches Risiko getragen hat, sprechen alle wesentlichen Abgrenzungskriterien für eine abhängige Beschäftigung und damit gegen eine selbstständige Tätigkeit. Dem übereinstimmenden Willen der Klägerin und von B, die Tätigkeit als „freie Mitarbeit“ auszugestalten, kommt in dem vorliegenden Fall keine eine andere Beurteilung rechtfertigende Bedeutung zu. Ein derartiger Wille kann in der abschließenden Beurteilung nur dann den entscheidenden Ausschlag geben, wenn der Abwägungsprozess (anders als hier) kein Überwiegen von Gesichtspunkten für den einen oder den anderen Status ergibt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R  juris Rn. 13 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 119; Urt. v. 23.11.2020 – L 8 BA 155/19 – juris Rn. 105). Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 119; Urt. v. 23.11.2020 – L 8 BA 155/19 – juris Rn. 105).

 

ee) Schließlich kann die Klägerin auch keinen Vertrauensschutz nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz in die – wie sie meint „bisherige langjährige“ – höchstrichterliche Rechtsprechung beanspruchen. Der Senat teilt die von ihr herangezogene Auffassung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Urt. v. 20.12.2022 – L 2 BA 47/20), das einen solchen Schutz bei Lehrkräften bejaht hat, nicht.

 

Zunächst ist schon ein schützenswertes Interesse der Klägerin im hier anhängigen Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV nicht ersichtlich und von ihr auch nicht vorgetragen worden. Der Wunsch, Beiträge zu vermeiden, realisiert sich durch die Statusfeststellung (noch) nicht, sondern (nur) dann bzw. erst, wenn Beitragsnachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt bzw. nach erfolgter Statusfeststellung durch die Einzugsstelle eingezogen werden (vgl. Freudenberg, B+P 2023, 417, 420).

 

Vertrauensschutz ist aber auch dann nicht anzunehmen, wenn man (bereits) die mittelbare Auswirkung der Statusfeststellung auf die Beitragspflicht als hinreichend schutzwürdiges Interesse ansähe.

 

Im Grundsatz besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand höchstrichterlicher Rechtsprechung, da diese kein Gesetzesrecht schafft und damit keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugt. Eine Rechtsprechungsänderung ist unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen. Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen, wenn im konkreten Einzelfall nach einer Gesamtwürdigung besondere Umstände für ein über die allgemeinen Grundsätze hinausgehendes besonderes Vertrauen bestehen, wobei Dispositionen in Erwartung einer bestimmten richterlichen Entscheidung für sich gesehen grundsätzlich nicht ausreichend sind (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschl. v 05.11.2015 – 1 BvR 1667/15 – juris Rn. 12, 25 m.w.N.; BSG Urt. v. 19.09.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 20 m.w.N.)

 

Die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise bestehenden Schutz liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es an einer „bisherigen langjährigen“ Rechtsprechung des BSG, aufgrund derer ein berechtigtes Vertrauen in die Versicherungsfreiheit der auf Grund von Honorarverträgen beauftragten Lehrkräfte entstehen konnte.

 

Zur Beurteilung der Versicherungspflicht von Dozentinnen und Dozenten, die im klägerischen Fachseminar für Altenpflege unter den gleichen Modalitäten wie B unterrichten, ist keinerlei höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen. Auch sonstige Entscheidungen des BSG zur Erteilung von Unterricht an einer staatlich anerkannten Altenpflegeschule sind nicht ersichtlich. Soweit höchstrichterliche Entscheidungen allgemein zu Lehrkräften bzw. DozentInnen vorliegen, ist in diesen keine einheitliche, „pauschale“ Selbstständigkeit angenommen worden, auf die sich die Klägerin berufen könnte (vgl. zur Darstellung der Rechtsprechung Freudenberg, B + P 2023, 417, 419 f.). Im Gegenteil hat das BSG herausgestellt, dass der Beruf eines Lehrers sowohl in Form abhängiger Beschäftigung als auch in Form selbstständiger Tätigkeit ausgeübt werden könne und dass als maßgebend stets die Umstände des individuellen Sachverhalts beurteilt werden müssten (vgl. BSG Urt. v. 12.02.2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn. 16). Eine (Sonder-)Festlegung des Status bestimmter Personengruppen ist höchstrichterlich regelmäßig – auch schon vor dem hier streitigen Zeitraum – gerade (ausdrücklich) abgelehnt worden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R – juris Rn. 30; Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 32 m.w.N.; Urt. v. 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R – juris Rn. 25 m.w.N.; später bekräftigt vgl. z.B. Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 18; Urt. v. 27.04.2021 – B 12 R 16/19 R – juris Rn. 15; Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 4/20 R – juris Rn. 24; Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 13 m.w.N.). Dem entspricht, dass das BSG das abweichende Ergebnis seiner zweiten Entscheidung über einen Musikschullehrer (Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R) gegenüber demjenigen einer ersten Entscheidung derselben Berufsgruppe (Urt. v. 14.03.2018 – B 12 R 3/20 R) nicht etwa mit einer Änderung seiner Rechtsprechung begründet, sondern auf andere Einzelfallumstände abgestellt hat. Dass Lehrkräfte und ihre Auftraggeber mit einer grundlegend neuen Rechtsprechung konfrontiert sind, ist somit nicht überzeugend anzunehmen (vgl. auch Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 78).

 

ff) Schließlich vermag die Klägerin mit ihrem Begehren nicht unter Hinweis auf den Verlauf des Verfahrens vor dem hiesigen Gericht früher anhängigen Verfahren L 10 KR 86/19 durchzudringen. Eine gesetzliche Pflicht der Beklagten, der Auffassung einer anderen Behörde (dort der Krankenkasse) zu folgen, besteht nicht.

 

b) Die Versicherungspflicht der B ist auch nicht vor dem Hintergrund ihres im Sinn von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV nur geringfügigen Entgelts anders zu beurteilen.

 

Im streitigen Zeitraum unterlagen auch Personen, die nur geringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI (vgl. z.B. auch Knispel in: jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 8 Rn. 13). Seit dem 01.01.2013 sah § 5 Abs. 2 S. 1 SGB VI (in der Fassung des Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigungen vom 05.12.2012, BGBl I S. 2474 ff.) bei entgeltgeringfügigen Beschäftigungen keine Versicherungsfreiheit mehr vor. Personen, die eine solche Beschäftigung ausübten, konnten lediglich auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden (§ 6 Abs. 1b S. 1 SGB VI). Ein derartiger Antrag der B ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind weder erstattungsfähig noch sind diese mit Kosten zu belasten, da sie von einer Antragstellung abgesehen haben (vgl. § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

 

Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

 

Der Streitwert ist für das Berufungsverfahren gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5.000 Euro festzusetzen. In Verfahren vor den Sozialgerichten ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts –  wie hier – keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Davon geht der Senat im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren aus (vgl. z. B. Senatsurt. v. 26.02.2020 – L 8 BA 121/19 – juris Rn. 72).

 

Rechtskraft
Aus
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