Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 600 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen einer von ihm angenommenen überlangen Dauer eines vor dem Sozialgericht (SG) Hannover und dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen geführten Rechtsstreits.
Im Ausgangsverfahren machte der Kläger als Rechtsnachfolger seines verstorbenen Vaters Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz (Anerkennung der Verschlimmerung eines Kriegsleidens, Gewährung einer höheren Beschädigtenrente und einer Pflegezulage) geltend. Die Klage gegen das Land Niedersachsen, vertreten durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie, ging am 5. Mai 2015 bei dem SG Hannover ein und wurde dort zuletzt unter dem Az. S 66 VE 19/15 geführt. Dem im Folgemonat des Klageeingangs unterbreiteten Vorschlag des beklagten Landes, das Verfahren bis zum Abschluss des wegen der geltend gemachten Verschlimmerung des Kriegsleidens noch anhängigen Widerspruchsverfahrens ruhen zu lassen, stimmte der Kläger zu, so dass mit einem im Juli 2015 ergangenen Beschluss das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde. Im Dezember 2015 erhob der Kläger nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens eine weitere Klage, die das SG im März 2016 mit dem bereits anhängigen (noch ruhenden) Klageverfahren verband. In dem sodann fortgeführten Verfahren begründete der Kläger seine Klagen mit zwei im April und im Juli 2016 eingegangenen Schriftsätzen, auf die das beklagte Land im August 2016 erwiderte. Die Klageerwiderung wurde dem Kläger zur freigestellten Stellungnahme innerhalb von vier Wochen übersandt, ohne dass im Folgemonat eine Äußerung einging. Die Kalendermonate von Oktober 2016 bis Juni 2018 sind mit Ausnahme des Monates März 2017 (Mitteilung des SG an die Beteiligten, dass die Sache dem Terminsfach zugeordnet worden sei) nicht mit gerichtlichen Aktivitäten (Entgegennahme und Weiterleitung von Schriftsätzen, Abwarten von Stellungnahmen, prozessleitende Verfügungen, gerichtliche Ermittlungen etc.) belegt. Im Juli 2018 erfolgte eine Terminsladung für den 26. September 2018 und im Folgemonat die Umladung auf den 24. Oktober 2018. Der Monat September 2018 ist unbelegt. Im Verhandlungstermin am 24. Oktober 2018, zu dem der Kläger persönlich erschienen war, wurde das Urteil verkündet. Mit einem am 3. Dezember 2018 eingegangenen Schriftsatz vom 29. November 2018 erhob der Kläger (erstmals) Verzögerungsrüge und trug vor, dass seit dem Verhandlungstermin mehr als ein Monat vergangen sei, ohne dass er das Sitzungsprotokoll und eine Ausfertigung des Urteils erhalten habe. Es bestehe Anlass zur Besorgnis, dass das Vorfahren vor dem SG nicht in angemessener Zeit abgeschlossen werde. Es werde um Fortgang des Verfahrens „zur Berufungseinlegung“ gebeten. Das Urteil gelangte am 5. Dezember 2018 zur Geschäftsstelle, welche an diesem Tag Entscheidungsabschriften und Abschriften der Sitzungsniederschrift an die Beteiligten versandte. Das Urteil wurde dem Kläger schließlich am 7. Dezember 2018 zugestellt.
Nachdem der Kläger im Dezember 2018 Berufung eingelegt hatte (Az. L 10 VE 65/18), nahm er in den Monaten Januar und Februar 2019 Akteneinsicht bei dem LSG und begründete seine Berufung im März 2019. Die Berufungserwiderung ging im Mai 2019 ein, von der eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme machte der Kläger im Folgemonat keinen Gebrauch. Die Monate Juli 2019 bis März 2020 sind nicht mit gerichtlichen Aktivitäten belegt, wobei der Kläger im Februar 2020 erneut eine Verzögerungsrüge erhoben hatte. Im April 2020 erließ das LSG eine Beweisanordnung hinsichtlich eines nach Aktenlage zu erstellenden medizinischen Sachverständigengutachtens, welches im Folgemonat einging. Die Beteiligten nahmen hierzu im Juni und Juli 2020 Stellung. Im August 2020 gingen die vom LSG angeforderten Gerichtsakten aus einem parallel geführten Pflegerechtsstreit ein und im Folgemonat Ergänzungsgutachten der Sachverständigen. Der Kläger nahm im Oktober 2020 Stellung. Im November 2020 forderte das LSG von diversen Ärzten Befundberichte an, welche im Folgemonat vorlagen. Auf die Anfrage des LSG vom Dezember 2020 und die Erinnerung vom Januar 2021 teilte die F. im Februar 2021 mit, dass dort keine den verstorbenen Vater des Klägers betreffenden Unterlagen mehr vorlägen. Auf Antrag des Klägers vom Februar 2021 und nach Eingang des angeforderten Kostenvorschusses erließ das LSG im März 2021 eine Beweisanordnung nach § 109 SGG. Im Juni 2021 sandte der Sachverständige die Akten unerledigt zurück, worauf in demselben Monat nach Benennung eines anderen Sachverständigen durch den Kläger eine geänderte Beweisanordnung erging. Der neue Sachverständige legte sein Gutachten im Oktober 2021 vor. Die Beteiligten nahmen hierzu im Folgemonat Stellung. Im Dezember 2021 erfolgte eine Ladung zur mündlichen Verhandlung im Januar 2022, worauf sich für den Kläger ein Rechtsanwalt meldete, auf dessen Antrag der Verhandlungstermin auf den 31. März 2022 verlegt werden musste. Gegen das in diesem Termin verkündete und ihm am 12. April 2022 zugestellte Berufungsurteil legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein, welche das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 16. Januar 2023 (zugestellt am 15. Februar 2023) als unzulässig verwarf.
Mit der am 21. April 2023 erhobenen Klage macht der Kläger eine Entschädigung in Höhe von mindestens 600 € wegen überlanger Verfahrensdauer geltend. Die Gesamtverfahrensdauer sei mit nahezu acht Jahren unangemessen lang gewesen. Der Zeitraum von zwölf Monaten, in dem das Verfahren nach der Rechtsprechung des BSG ohne richterliche Aktivität ruhen dürfe, sei bereits erstinstanzlich um mehr als sechs Monate überschritten worden. Das Verfahren habe überdurchschnittliche Bedeutung gehabt, da es um sozialrechtliche Entschädigungsansprüche gegangen sei.
Zu der erst nach Urteilsverkündung erhobenen erstinstanzlichen Verzögerungsrüge trägt der Kläger vor, dass diese ihre gesetzliche Warnfunktion im Hinblick auf eine mögliche „überlange Absetzungsdauer“ des Urteils noch habe erfüllen können. Immerhin habe er zum Zeitpunkt der Verzögerungsrüge bereits über einen Monat auf die schriftliche Urteilsausfertigung gewartet.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung in Höhe von mindestens 600 € zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung ist eine Entschädigung für die erstinstanzlich aufgetretene Verfahrensverzögerung ausgeschlossen, da die erst nach Urteilsverkündung erhobene Verzögerungsrüge keine Wirkung mehr habe entfalten können. Für das Berufungsverfahren sei keine entschädigungspflichtige Verzögerung zu verzeichnen, da sog. inaktive Zeiten nur für die Monate Juli 2019 bis März 2020, mithin für neun Monate, festzustellen seien. Die den Gerichten eingeräumte Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten sei damit nicht überschritten worden.
Mit Schreiben vom 24. August 2023 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt ist, und Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten des vorliegenden Verfahrens und des Ausgangsverfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die Entschädigungsklage gemäß § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid. Diese Entscheidungsform ist trotz der erstinstanzlichen Zuständigkeit des LSG für Entschädigungsklagen nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) zulässig, da § 201 Abs. 2 GVG für derartige Klagen die entsprechende Anwendung der jeweiligen prozessrechtlichen Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug anordnet (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015 - B 10 ÜG 8/14 B - juris Rn. 8). Die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher gehört worden sind.
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG erhobene Entschädigungsklage ist nicht begründet.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ist § 202 S. 2 SGG i. V. m. § 198 Abs. 1 S. 1 GVG. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nach § 198 Abs. 3 S. 1 GVG aber nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge).
Danach ist eine Entschädigung für eine etwaige unangemessene Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens von vornherein ausgeschlossen, weil es an einer wirksamen Verzögerungsrüge fehlt. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass es keine rechtliche Grundlage für die Annahme eines Endtermins im laufenden Ausgangsverfahren gibt, zu dem eine Verzögerungsrüge im Anwendungsbereich des § 198 Abs. 3 GVG spätestens einzulegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 10 ÜG 1/19 R – juris Rn. 21 ff.). Allerdings kann eine – wie hier – zu einem späten Zeitpunkt erhobene Verzögerungsrüge ausnahmsweise im Einzelfall unwirksam sein, wenn sie sich nach Würdigung aller Gesamtumstände als rechtsmissbräuchlich erweist. Rechtsmissbrauch ist anzunehmen, wenn die Verzögerungsrüge von einem Beteiligten im Ausgangsverfahren aus sach- und verfahrensfremden Zwecken erhoben wird (BSG a. a. O. Rn. 26 f.). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Rüge so spät erhoben wird, dass eine verfahrensbeschleunigende Reaktion gar nicht mehr möglich ist (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26. November 2020 – III ZR 61/20 – juris Rn. 29 [Erhebung unmittelbar vor der Urteilsverkündung oder erst im Anhörungsrügeverfahren]; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Juli 2020 – L 37 SF 133/20 EK AS WA u. a. – juris Rn. 24, 48 [Erhebung erst nach dreijähriger Verfahrensdauer und erfolgter Terminsladung]). Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist in der Rechtsprechung aber auch dann bejaht worden, wenn nach Würdigung der Gesamtumstände ein Beteiligter die Verzögerungsrüge zu einem sehr späten Zeitpunkt nur noch deshalb einlegt, um künftig entschädigt zu werden (BGH a. a. O.; Hessisches LSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – L 6 SF 7/19 EK AS – juris Rn. 27 [Erhebung nach erfolgter Anhörung zum Gerichtsbescheid]).
Nach diesen Maßstäben ist die im Ausgangsverfahren erhobene Verzögerungsrüge als rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam zu bewerten. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge befand sich das erstinstanzliche Verfahren kurz vor seinem Abschluss und es stand – wie dem Kläger bekannt war – nach bereits erfolgter Urteilsverkündung lediglich noch die Zustellung der Sitzungsniederschrift und des Urteils aus. Zwar erscheint es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass auch in einem derart späten Verfahrensstadium noch eine wirksame Verzögerungsrüge erhoben werden kann, etwa wenn sich die Urteilszustellung erheblich (um mehrere Monate) verzögert und die Rüge insoweit noch eine Beschleunigungsfunktion entfalten kann. Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor. Soweit der Kläger vorträgt, es habe die Besorgnis bestanden, dass das Urteil nicht in angemessener Zeit abgesetzt werde, ist nicht nachvollziehbar, dass er bereits einen Monat nach der Urteilsverkündung eine Verzögerungsrüge wegen des noch ausstehenden schriftlichen Urteils erhob, während er in dem davorliegenden langen Zeitraum von nahezu zwei Jahren zwischen dem Erhalt der Klageerwiderung im August 2016 und der Terminsladung im Juli 2018, in dem überhaupt kein Verfahrensfortgang zu verzeichnen war, völlig untätig geblieben war und sich noch nicht einmal mit einer Sachstandsanfrage an das SG gewandt hatte. Es bestand zudem auch objektiv kein Anlass, nach der Verkündung des Urteils am 24. Oktober 2018 bereits am 29. November 2018 die Zustellung des schriftlichen Urteils mit einer Verzögerungsrüge anzumahnen. Der Gesetzgeber räumt dem Richter für die Übermittlung des vollständig abgefassten Urteils an die Geschäftsstelle einen Zeitraum von einem Monat ein (§ 134 Abs. 2 SGG) und auch dem prozesserfahrenen Kläger musste bekannt sein, dass für die Abfassung des Urteils, die Ausfertigung und Absendung durch die Geschäftsstelle und die Zustellung durch die Post eine gewisse Zeit benötigt wurde. Unter diesen Umständen drängt sich der Eindruck auf, dass es dem Kläger mit der Anbringung der Verzögerungsrüge kurz vor der Zustellung des Urteils nur noch darum ging, die formalen Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch zu schaffen. Dieses Prozessverhalten stellt sich als unzulässiges „Dulden und Liquidieren“ dar und erreicht damit die Grenze zum Rechtsmissbrauch (vgl. BT-Drucks. 17/3802, S. 20 f., 41).
Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch für das Berufungsverfahren scheitert daran, dass eine unangemessene Verfahrensdauer insoweit nicht festgestellt werden kann. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Nach den vom BSG hierzu entwickelten Kriterien bildet Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung die in § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des ÜGG relevante Zeiteinheit ist hierbei der Kalendermonat (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2017 – B 10 ÜG 3/16 R – juris Rn. 24). In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG genannten Kriterien zu messen, die auch unter Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) auszulegen und zu vervollständigen sind. Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat. Dabei ist vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen, wenn eine Gesamtverfahrensdauer, die zwölf Monate je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 2/13 R – juris Rn. 24 ff. m. w. N.). Eine Verfahrensdauer von bis zu zwölf Monaten je Instanz ist damit regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden kann. Aber auch eine längere Verfahrensdauer ist in der Regel noch angemessen, wenn sie auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung (z. B. Zeit für Einholung von Auskünften, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Beiziehung von Akten) beruht oder maßgeblich durch das Verhalten des Klägers, anderer Verfahrensbeteiligter oder Dritter verursacht wird. Anderes gilt für Zeiten, in denen eine Sache über zwölf Monate hinaus ("am Stück" oder immer wieder für kürzere Zeiträume) ohne sachlichen Grund "auf Abruf" liegt, ohne dass das Verfahren zeitgleich inhaltlich betrieben wird, oder sich auf sog. Schiebeverfügungen beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2014 – B 10 ÜG 9/13 R – juris Rn. 45 ff.).
Im vorliegenden Fall sind – wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat – im Berufungsverfahren als sog. inaktive Zeiten lediglich die Monate Juli 2019 bis März 2020 (neun Monate) feststellen. Sämtliche anderen Kalendermonate sind mit gerichtlichen Aktivitäten belegt, wozu auch das Abwarten einer etwaigen Stellungnahme des Klägers auf den ihm im Mai 2019 übersandten Schriftsatz des Beklagten gehörte (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2022 – B 10 ÜG 2/20 R – juris Rn. 30). Damit ist die für jede Instanz zur Verfügung stehende Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten noch nicht überschritten, so dass sich keine entschädigungspflichtige Verzögerung ergibt. Soweit der Kläger darauf verweist, dass das Berufungsverfahren mehr als drei Jahre gedauert habe, kommt es hierauf nicht an. Haftungsgrund nach § 198 Abs. 1 GVG sind sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerungen, die für das Berufungsverfahren (im entschädigungspflichtigen Umfang) gerade nicht zu verzeichnen sind. Vielmehr ist das Berufungsverfahren unter Berücksichtigung der von dem Kläger eingereichten umfangreichen Schriftsätze (allein der Schriftsatz vom 6. Oktober 2020 nebst Anlagen umfasste 266 Seiten und füllte einen Band Gerichtsakten) und der durchgeführten umfassenden Beweisaufnahme durchaus zügig durchgeführt worden.
Soweit der Kläger auch eine angemessene Dauer des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vor dem BSG geltend machten sollte, ist der Beklagte hierfür nicht passivlegitimiert. Verzögerungen vor Bundesgerichten fallen in die Haftungsverantwortung des Bundes (§ 200 S. 2 GVG). Für eine hierauf gerichtete Entschädigungsklage wäre im Übrigen auch das BSG zuständig (§ 201 Abs. 1 GVG i. V. m. § 202 S. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1. S. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 S. 1 GKG.