Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.11.2021 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Aufwandspauschale.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen aufgenommenes Krankenhaus (fortan einheitlich: Klägerin). Am 27.05.2019 führte die Klägerin bei der bei der Beklagten krankenversicherten I. (* 02.07.2020) wegen einer Schädigung des Innenmeniskus im linken Knie eine Arthroskopie mit Teilresektion des Innen- und Außenmeniskus, Reduktion des Hoffa-Körpers sowie Glättung des Knorpels durch. Nach regelhaftem Verlauf der OP zeigten sich bei der Versicherten postoperativ eine Kreislaufderegulation sowie eine verstärkte Blutung, woraufhin die Klägerin sie zur Beobachtung stationär aufnahm. Am 28.05.2019 entließ sie die Versicherte.
Die Klägerin rechnete hierfür gegenüber der Beklagten insgesamt 1.823,35 € ab (Rechnung vom 31.05.2019), wobei sie
- als Hauptdiagnose i.S.d. Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM) M23.30 (Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement], Sonstige Meniskusschädigungen, mehrere Lokalisationen),
- als Nebendiagnosen nach der ICD-10-GM T81.0 (Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert: Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffes, anderenorts nicht klassifiziert), M22.4 (Krankheiten der Patella: Chondromalacia patellae) und M79.46 (Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert, Hypertrophie des Corpus adiposum (infrapatellare) [Hoffa-Kastert-Syndrom], nicht näher bezeichnete Lokalisation) sowie daneben
- die Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-811.1h (Arthroskopische Operation an der Synovialis: Resektion an einem Fettkörper (z.B. Hoffa-Fettkörper), Kniegelenk), 5-812.5 (Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion, partiell) und 5-812.eh (Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Knorpelglättung (Chondroplastik), Kniegelenk)
kodierte. Die Beklagte beglich diese Rechnung am 17.06.2019, teilte der Klägerin hierzu aber (mit Schreiben vom 28.11.2019) nachfolgend mit, dass die abgerechnete Leistung nach dem Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen gemäß § 115b SGB V im Krankenhaus (AOP-Katalog) grundsätzlich ambulant zu erbringen und eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nur indiziert sei, wenn sich im konkreten Einzelfall zwingende medizinische Gründe dafür ergäben, dass die besonderen Mittel eines Krankenhauses notwendig und ambulante Behandlungsmaßnahmen nicht ausreichend oder nicht möglich seien. Das Krankenhaus müsse daher bereits zum Zeitpunkt der Abrechnung die medizinischen Gründe für die Abrechnung mitteilen. Wörtlich führte die Beklagte hierzu weiter aus:
„Begründet das Krankenhaus entgegen seiner Obliegenheit die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung nicht, so ist die Abrechnung nicht schlüssig, eine hieraus resultierende Forderung nicht fällig und die 6-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V beginnt nicht zu laufen.
In dem zuvor genannten Behandlungsfall hatten wir uns zunächst entschieden, die Forderung zu begleichen. Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung sind jedoch verblieben, da Sie bis heute keinerlei Begründung mitteilten und sich solche aus dem Datensatz auch nicht ergeben.
Wir beabsichtigen daher, den MDK mit einer medizinischen Beurteilung der Notwendigkeit zu beauftragen […].“
Der daraufhin von der Beklagten noch am 28.11.2019 beauftragte MDK kam zu der Einschätzung (Gutachten T. vom 02.07.2020), dass sich im Verlauf am OP-Tag Schmerz mit vermehrter Förderung durch die bei der OP eingelegte Redon-Drainage und eine Kreislaufdepression ergeben habe. Angesichts dessen sei die postoperative Aufnahme bei stärkerer Förderung des Redon, Schmerz und Kollapsneigung plausibel.
Die Klägerin forderte von der Beklagten daraufhin die Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 €. Dies lehnte die Beklagte ab. Die Prüfung habe sie eingeleitet, da die Leistung regelhaft der ambulanten Versorgung zuzuordnen sei. Die Klägerin sei ihrer Pflicht, die stationäre Behandlungsbedürftigkeit zu begründen, nicht nachgekommen. Aus diesem Grund lehne sie die Zahlung der Aufwandspauschale ab.
Die Klägerin hat daraufhin am 12.02.2021 Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben.
Sie hat vorgetragen, sie habe der Beklagten mit der Aufnahmeanzeige u.a. die Aufnahmediagnose mitgeteilt. In Kenntnis dieser Daten habe die Beklagte die Krankenhausbehandlungskosten bezahlt. Die Beklagte habe also keine Zweifel gehabt, dass ein stationärer Fall vorgelegen habe. Eine medizinische Begründung habe sie nicht angefordert. Erst am 28.11.2019 habe sie ihre verbliebenen Zweifel mitgeteilt. Die Einwendungen der Beklagten gingen daher ins Leere.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 300 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, mangels einer medizinischen Begründung sei keine Fälligkeit eingetreten. Der durchgeführte Eingriff sei einer nach dem AOP-Katalog. Da sie von der Klägerin keine Angaben dazu erhalten habe, warum das Behandlungsziel mit ambulanten Möglichkeiten nicht habe erreicht werden können, habe sie sich dazu veranlasst fühlen dürfen, eine MDK-Prüfung einzuleiten. Bei der nicht erfolgten Mitteilung der Gründe durch die Klägerin handle es sich um ein Fehlverhalten.
Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 300 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.02.2021 zu zahlen (Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 26.11.2021). Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf die Aufwandspauschale seien erfüllt. Die Klägerin sei auch nicht gehindert, diesen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen; die gesetzliche Norm sehe keine Ausnahmefälle vor. Richtig sei zwar, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Krankenhaus die Aufwandspauschale nicht beanspruchen könne, wenn die Krankenkasse zur Einleitung des Prüfverfahrens durch eine fehlerhafte Abrechnung veranlasst worden sei. Eine fehlerhafte Abrechnung habe hier jedoch nicht vorgelegen und sei auch von der Beklagten nicht geltend gemacht worden. Richtig sei zwar auch, dass das Krankenhaus bei Eingriffen aus dem AOP-Katalog die Notwendigkeit der stationären Behandlung gegenüber der Krankenkasse gesondert zu begründen habe. Es könne vorliegend offenbleiben, ob die Klägerin dem in ausreichendem Umfang nachgekommen sei. Rechtsfolge sei, dass die Abrechnung des Krankenhauses nicht fällig werde. Auf den Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale sei diese Rechtsprechung aber nicht übertragbar. Warum die Beklagte mögliche Zweifel an der Notwendigkeit der stationären Behandlung nicht durch eine Nachfrage bei der Klägerin geäußert habe, erschließe sich nicht. Es sei der Beklagten zumutbar gewesen, die Klägerin zu einer ergänzenden Begründung aufzufordern; der unmittelbaren Einschaltung des MDK habe es nicht bedurft.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 08.12.2021 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 04.01.2022 eingelegten Berufung.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ein Mitarbeiter der Krankenkasse, welcher medizinischer Laie sei, könne anhand der nach § 301 SGB V übermittelten Daten nicht erkennen, ob ein regelhaft ambulant durchführbarer Eingriff vorliegend stationär durchzuführen gewesen sei. Sie sei auch nicht verpflichtet, vor Einleitung einer MDK-Prüfung eine Begründung bei dem Krankenhaus nachzufordern (insoweit unter Verweis auf BSG, Urteil vom 07.03.2023 – B 1 KR 11/22 R). Den Beteiligten sei als Parteien im wechselseitigen langjährigen Vertragsverhältnis bekannt, welche Pflichten sie hätten. Daher müsse das Krankenhaus auch ohne entsprechende Aufforderung der Krankenkasse seiner Begründungspflicht nachkommen. Es handle sich um eine „Bringschuld“ des Krankenhauses; eine Nachforschungspflicht der Krankenkassen sehe § 301 SGB V nicht vor. In der Folge gebe das Krankenhaus Anlass zur Prüfung durch den MDK, wenn es die Durchführung der Krankenhausbehandlung nicht entsprechend gegenüber der Krankenkasse begründe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.11.202021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Beklagte habe nicht beweisen können, dass ihre Abrechnung nachweislich fehlerhaft sei. Selbst wenn man unterstelle, dass sie die stationäre Behandlungsbedürftigkeit hätte begründen müssen, habe die Beklagte bei entsprechenden Zweifeln zunächst bei der Klägerin nachfragen müssen. Eine den Einzelfall betreffende Ungenauigkeit sei bei der Abrechnung zudem zu akzeptieren; eine Fehlerhaftigkeit verlange dagegen Abrechnungsfehler, die nachweislich eine MDK-Beauftragung erforderlich gemacht haben. Wenn die Beklagte nach Erhalt der "301er-Daten" eine Begründung der stationären Behandlungsnotwendigkeit für erforderlich gehalten hätte, hätte es einer MDK-Prüfung schon wegen des Fehlens der vermeintlich zwingenden Begründung nicht bedurft. Die Beklagte berufe sich auf ihr eigenes widersprüchliches und damit treuwidriges Verhalten. Die von der Beklagten herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 07.03.2023, a.a.O.) betreffe einen anderen Fall. In dem dortigen Fall habe die Krankenkasse eine medizinische Begründung vor der Beauftragung des MDK verlangt, Im vorliegenden Fall habe die Beklagte sie jedoch nicht zur Abgabe einer medizinischen Begründung aufgefordert, sondern erst im Schreiben vom 28.11.2019 mitgeteilt, dass bei ihr mangels Begründung Zweifel an der medizinischen Notwendigkeit einer vollstationären Behandlung verblieben seien, da sich auch aus dem übermittelten Datensatz die medizinische Notwendigkeit nicht ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Patientenakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die kraft Zulassung durch das Sozialgericht statthafte (§ 144 Abs. 3 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 300 € nebst Prozesszinsen verurteilt.
1. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale gegen die Beklagte. Anspruchsgrundlage ist noch § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V (dazu a). Dessen tatbestandliche Voraussetzungen sind erfüllt (dazu b). Die Klägerin muss sich auch nicht entgegenhalten lassen, dass sie die Prüfung durch den MDK durch eine fehlerhafte Abrechnung veranlasst habe (dazu c).
a) Vorliegend findet § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V in der bis Ende 2019 geltenden Fassung (des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17.03.2009, BGBl. I 534) Anwendung, nicht dagegen der erst mit Beginn des Jahres 2020 in Kraft getretene § 275c Abs. 1 S. 2 SGB V (eingefügt mit dem MDK-Reformgesetz vom 14.12.2019, BGBl. I 2789). Maßgeblich für die Abgrenzung der zeitlichen Anwendungsbereiche ist der Zugang des Prüfauftrags der Beklagten bei der Klägerin (BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 10; dort unter Verweis auf BSG, Urteil vom 16.07.2020 – B 1 KR 15/19 R, Rn. 14). Vorliegend ging die Prüfanzeige des MDK vom 02.12.2019 der Klägerin noch am selben Tag per Fax zu. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin zu den Gerichtsakten gereichten Kopie dieser Prüfanzeige, die entsprechende Angaben u.a. zu Datum und Uhrzeit der Faxsendung erkennen lässt.
b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V sind erfüllt. Danach hat, falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale i.H.v. 300 € zu entrichten. Auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass der Klägerin ein tatsächlicher Aufwand entstanden sein muss (dazu BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R, juris Rn. 16), liegt vor.
aa) Zunächst hat eine Prüfung i.S.d. § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V stattgefunden. Gemeint ist, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang mit § 275 Abs. 1c S. 2 und 4 SGB V ergibt, eine Prüfung nach Satz 1 derselben Vorschrift („[Die] Prüfung nach S. 1“), der seinerseits auf § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V verwies. Vorliegend hat der MDK eine solche Prüfung durchgeführt, indem er im Auftrag der Beklagten prüfte, ob die medizinische Notwendigkeit der Aufnahme in ein Krankenhaus zur stationären Versorgung bestand. Dieser Prüfauftrag ergibt sich aus der bereits genannten Prüfanzeige des MDK vom 02.12.2019. Gegenstand des Prüfverfahrens war damit eine Auffälligkeitsprüfung betreffend die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung, wobei die Unterscheidung zwischen Auffälligkeits- und sachlich-rechnerischer Prüfung (dazu noch BSG, Urteil vom 10.11.2021 – B 1 KR 43/20 R, Rn. 14 m.w.N.) durch § 275 Abs. 1c S. 4 SGB V (i.d.F. des Krankenhausstrukturgesetzes vom 10.12.2015, BGBl. I 2229) ohnehin mit Wirkung ab 2016 entfallen ist.
bb) Der Klägerin ist auch ein tatsächlicher Aufwand entstanden. Denn zur Durchführung seiner Prüfung hat der MDK die Klägerin ausweislich der genannten Prüfanzeige um
„Übersendung sämtlicher Behandlungsunterlagen, die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse bezogen auf den Prüfgegenstand vollumfänglich zu beantworten bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnungen benötigt werden“
gebeten und diese dem MDK daraufhin Entlassungs- und OP-Bericht, die Patientenakte in Auszügen, die nach § 301 SGB V zu übermittelnden Daten sowie die Krankenhausabrechnung übersandt. Diese Unterlagen lagen dem MDK ausweislich dessen Gutachtens vom 02.07.2020 vor. Dass die Anforderung des MDK gänzlich unkonkret war (BSG, Urteil vom 10.11.2021 – B 1 KR 16/21 R, Rn. 17 f. m.w.N.), ist in diesem Zusammenhang ohne Belang und dürfte lediglich für eine etwaige Präklusion i.S.d. § 7 Abs. 2 S. 6 der Prüfverfahrensvereinbarung vom 03.02.2016 eine Rolle spielen, nicht aber die im Rahmen eines Prüfverfahrens bestehenden Mitwirkungsobliegenheiten des Krankenhauses entfallen lassen.
cc) Schließlich führte die Prüfung auch nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages. Der MDK ist in seinem Gutachten vom 02.07.2020 vielmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass die postoperative Aufnahme bei stärkerer Förderung des Redon, Schmerz und Kollapsneigung plausibel gewesen sei. Auch die Beklagte hat in der Folge keine Erstattungsforderung o.ä. gegenüber der Klägerin geltend gemacht.
c) Die Beklagte kann dem Anspruch auf die Aufwandspauschale auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Klägerin habe die MDK-Prüfung durch eine fehlerhafte Abrechnung veranlasst. Dabei hegt der Senat bereits erhebliche Zweifel daran, ob die Abrechnung der Klägerin tatsächlich fehlerhaft war (dazu aa). Im Ergebnis bedarf dies vorliegend keiner Entscheidung, denn jedenfalls war die Beklagte angesichts aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls ihrerseits durch Treu und Glauben gehindert, sich gegenüber dem Anspruch auf die Aufwandspauschale auf die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Abrechnung zu berufen (dazu bb).
aa) Der Beklagten ist zuzugeben, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kein Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale besteht – auch wenn keine Verminderung des Abrechnungsbetrags eintritt –, wenn das Prüfverfahren durch ein Fehlverhalten des Krankenhauses veranlasst worden ist. Insoweit führt nicht nur eine fehlerhafte Abrechnung zum Fortfall des Anspruchs auf Aufwandsentschädigung, sondern bereits ein Fehlverhalten des Krankenhauses, das ursächlich für eine MDK-Beauftragung war. Anderenfalls könnte das Krankenhaus aus der Verletzung seiner Informationspflichten Vorteile ziehen (st.Rspr.; vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 13 f. m.w.N.). Vorliegend bestehen indes erhebliche Bedenken, ob die Abrechnung der Klägerin tatsächlich "fehlerhaft" im vorgenannten Sinne war.
(1) Eine Abrechnung ist zwar dann fehlerhaft, wenn ein Krankenhaus seine Mitteilungspflichten aus § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V verletzt und insbesondere einen Grund der Aufnahme nicht mitteilt. Denn eine formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf. -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf. ergänzenden sicherstellungsvertraglichen Bestimmungen (vgl. BSG, Urteil vom 21.04.2015, – B 1 KR 10/15 R, Rn. 10). Zur hiernach gebotenen Information gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den "Grund der Aufnahme" i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V und damit eine der zentralen Angaben, die eine Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt. Lassen weder die übermittelte Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer den naheliegenden Schluss zu, dass die Behandlung stationär erfolgen musste, hat das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen (zum Ganzen BSG, Urteil vom 21.04.2015, a.a.O. Rn. 11; Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 27/13 R, Rn. 21; vgl. auch bereits BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R, juris Rn. 34; Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R, juris Rn. 16).
(2) Der vorliegend stattgehabte Eingriff konnte regelhaft ambulant durchgeführt werden. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sämtliche von der Klägerin kodierten OPS-Kodes in Abschnitt 1 des AOP-Kataloges gelistet sind, der OPS 5-811.1h für Patienten im Alter <60 Jahren in Kategorie 1, die OPS 5-812.5 und 5-812.eh jeweils in Kategorie 2 (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015, a.a.O. Rn. 39, zur Kat. 1; Urteil vom 21.03.2013, a.a.O. Rn. 21 f., auch zur Kat. 2). Weiter teilte die Klägerin der Beklagten einen Grund der Aufnahme ausdrücklich weder mit den nach § 301 SGB V übermittelten Daten mit noch reichte sie eine medizinische Begründung (sog. MBEG) oder einen Kurzbericht i.S.d. § 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Vertrages gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V – Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung – (im Folgenden: Sicherstellungsvertrag) nach.
(3) Aus Sicht des Senats streiten indes erhebliche Gründe dafür, dass die Klägerin vorliegend keine näheren Angaben zum Grund der Aufnahme machen musste, nachdem sie bereits mit der Abrechnung als Nebendiagnosen u.a. eine Komplikation infolge des Eingriffs (T81.0 <Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffes, anderenorts nicht klassifiziert>) kodiert hatte. Ergänzende Angaben können entbehrlich sein, wenn sich die ausnahmsweise Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung bereits aus den Angaben des Krankenhauses zu Begleiterkrankungen ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 26/14 R, Rn. 36; Urteil vom 21.04.2015, a.a.O. Rn. 11).
(a) In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Prüfung, ob eine formal ordnungsgemäße Abrechnung vorliegt und damit insbesondere Fälligkeit eingetreten ist (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21.04.2015, a.a.O. Rn. 10), auf der ersten der insgesamt drei Stufen der Abrechnungsprüfung spielt, auf der das Krankenhaus zunächst alle Angaben nach § 301 Abs. 1 SGB V zu machen hat und zwar zutreffend und vollständig. Anhand dieser Angaben prüfen auf erster Stufe die – medizinisch in i.d.R. nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenkassen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung sowie die weiteren Abrechnungsvoraussetzungen (zum Ganzen: Urteil des Senats vom 16.08.2023 – L 10 KR 941/21 KH, juris Rn. 36 m.w.N.). Jedenfalls eine vertiefte medizinische Prüfung findet danach auf erster Stufe noch nicht statt, sondern erst durch den MDK auf zweiter und nötigenfalls dritter Stufe der Abrechnungsprüfung (vgl. auch BSG, Urteil vom 16.05.2013 – B 3 KR 32/12 R, juris Rn. 22: „weitere [!] medizinische Ermittlungen ausschließlich auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung zulässig“; zum Prüfumfang auf erster Stufe im Übrigen auch Senatsurteil vom 16.08.2023, a.a.O. Rn. 37 ff.).
(b) Dies zugrundegelegt spricht aus Sicht des Senats viel dafür, dass die Kodierung der Nebendiagnose T81.0 jedenfalls den Anforderungen der ersten Stufe genügte. Allein der Umstand, dass überhaupt eine Komplikation kodiert wurde, belegt nämlich zumindest, dass der Eingriff nicht "regelhaft" verlief. Im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch (zu dessen Maßgeblichkeit bei der Auslegung u.a. von OPS vgl. BSG, Urteil vom 16.08.2021 – B 1 KR 11/21 R, Rn. 7 m.w.N.) bezeichnet eine Komplikation eine unerwünschte Folge einer Krankheit, eines Unfalls, eines Eingriffs oder eines Medikaments, die nicht im engeren Sinn zum Krankheitsbild gehört und nicht regelmäßig auftritt (so Pschyrembel online, Stichwort: Komplikation <Aktualisierungsstand IX/2020>; zuletzt abgerufen am 18.01.2024>). Hierfür spricht des Weiteren, dass Nebendiagnosen nur kodiert werden dürfen, wenn sie einen zusätzlichen Ressourcenverbrauch verursacht haben (vgl. die Deutschen Kodierrichtlinien <Version 2019>, dort D003l).
Eine weitere Prüfung, ob die Klägerin die Nebendiagnose T81.0 auch in der Sache zutreffend kodierte, ist dagegen zweifellos dem MDK auf zweiter und nötigenfalls dritter Stufe vorbehalten.
Der Einwand der Beklagten aus der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ob eine stationäre Aufnahme notwendig sei oder nicht, hänge letztlich von der Schwere der Komplikation ab, greift dagegen gerade angesichts des beschränkten medizinischen Prüfumfangs auf erster Stufe jedenfalls nicht ohne Weiteres durch. Selbst wenn die Annahme der Beklagten zuträfe – was der Senat nicht zu entscheiden braucht –, dürfte dem Begriff der Komplikation im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch eine gewisse Schwere ohnehin immanent sein. Allein der Umstand, dass bei einem operativen Eingriff "Blut fließt", dürfte die Kodierung von T81.0 dagegen nicht rechtfertigen, sondern auch bei minimalinvasiven Eingriffen wie der vorliegend in Rede stehenden Arthroskopie des Kniegelenks unvermeidlich und damit keine Komplikation sein.
bb) Letztlich lässt der Senat diese Frage allerdings dahinstehen. Denn selbst wenn die Abrechnung der Klägerin fehlerhaft gewesen wäre, wäre es der Beklagten nach Treu und Glauben jedenfalls verwehrt, sich gegenüber dem Anspruch auf die Aufwandspauschale hierauf zu berufen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls verstieß die Beklagte vielmehr gegen die ihr obliegenden Rücksichtnahmepflichten (dazu <1>), indem sie unmittelbar den MDK beauftragte, obwohl sie stattdessen auch nur eine medizinische Begründung nachfordern bzw. einen Kurzbericht nach den Vorschriften des Sicherstellungsvertrages hätte einholen können (dazu <2>). Die Einwände der Beklagten hiergegen greifen zu kurz (dazu <3>).
(1) Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen in partnerschaftlicher Weise zu gegenseitiger Rücksichtnahme nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichten und dass diese Sonderrechtsbeziehung auch wechselseitig bestehende Ansprüche begrenzen kann (BSG, Urteil vom 22.06.2010, a.a.O. Rn. 20 m.w.N., dort zur Begrenzung des Anspruchs auf die Aufwandspauschale, wenn das Krankenhaus die Abrechnungsprüfung durch eigenes Fehlverhalten veranlasst hat). Dementsprechend führen die Krankenkassen, der MDK und die Krankenhäuser das Prüfverfahren in konstruktiver Zusammenarbeit durch; Konflikte zwischen den Vertragspartnern bei der Abrechnungsprüfung im Krankenhausbereich sollen durch das Prüfverfahren gerade vermieden und gerichtliche Auseinandersetzungen vermindert werden (BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Näher ausbuchstabiert ist die Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme in § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB, wonach ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten kann (zur Anwendbarkeit im Abrechnungsverhältnis von Krankenhäusern und -kassen vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2013 – B 3 KR 33/12 R, Rn. 21).
(2) Indem die Beklagte unmittelbar den MDK mit einer Abrechnungsprüfung beauftragte, obwohl sie stattdessen auch zunächst einen Kurzbericht oder eine medizinische Begründung bei der Klägerin hätte anfordern können, verletzte sie diese Rücksichtnahmepflichten gegenüber der Klägerin. Denn mit der Abrechnungsprüfung entstand aufseiten der Klägerin ein tatsächlicher Aufwand (dazu bereits oben b/bb), der vermieden worden wäre, wenn die Beklagte von der Beauftragung des MDK abgesehen und die Klägerin stattdessen zunächst zu einer medizinischen Begründung oder einem Kurzbericht aufgefordert hätte. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass auch eine medizinische Begründung oder ein Kurzbericht einen gewissen Aufwand verursachen. Dass dieser Aufwand dem vergleichbar wäre, der durch ein MDK-Prüfverfahren entsteht, ist jedoch nicht erkennbar. Angesichts der jedenfalls nicht allzu strengen Anforderungen an eine medizinische Begründung i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V erscheint dies vielmehr fernliegend, zumal die Krankenhäuser entsprechende Angaben ohnehin mit der Abrechnung zu machen haben (zur Gleichheit von Zweck und Inhalt eines Kurzberichts auf der einen und einer medizinischen Begründung bei Streit bloß über eine sekundäre Fehlbelegung auf der anderen Seite vgl. zudem BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 25).
Darüber hinaus ging die Beklagte vorliegend auch von Anfang an davon aus, dass die Rechnung noch nicht fällig war und damit auch die Sechswochenfrist zur Einleitung und Anzeige der Abrechnungsprüfung aus § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V noch nicht lief (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13.11.2012 – B 1 KR 14/12 R, juris Rn. 31; Urteil vom 21.03.2013, a.a.O. Rn. 13; Urteil des Senats vom 01.02.2023 – L 10 KR 297/21 KH, juris Rn. 30). Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs. Danach teilte die Beklagte ebendies der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 28.11.2019 anlässlich der Einleitung des Prüfverfahrens selbst mit. Auch gegenüber dem MDK wies die Beklagte mit ihrem Prüfauftrag auf Folgendes hin:
„Ambulante Leistung. Keine 6-Wochen-Frist nach § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V. KH hat Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung nicht begründet. […]“
Wenn die Beklagte aber selbst davon ausging, die Rechnung sei nicht fällig, erschließt sich jedenfalls nicht ohne Weiteres, weshalb sie dennoch den MDK beauftragte, anstatt zunächst einen Kurzbericht bzw. eine medizinische Begründung bei der Klägerin anzufordern. Dies gilt umso mehr, als die Einschätzung der Beklagten, die Rechnung sei nicht fällig gewesen, weil es ergänzender Angaben zum Grund der Aufnahme bedurft hätte, aus den oben (unter aa <3>) ausgeführten Gründen zumindest zweifelhaft war, die Beklagte also nicht davon ausgehen durfte, dass auch die Klägerin die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der Abrechnung würde erkennen können.
Der Senat sagt mit alledem nicht, dass die Krankenkassen vor Beauftragung des MDK stets oder auch nur regelmäßig eine medizinische Begründung oder einen Kurzbericht bei dem Krankenhaus anzufordern hätten, um nicht ggf. ihre Rücksichtnahmepflichten zu verletzen. Entscheidend sind insoweit allein die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Insbesondere in Fällen, in denen die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht ernsthaft in Zweifel stehen kann, hält auch der Senat eine andere Beurteilung für naheliegend.
(3) Die Beklagte kann dem auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, sie sei trotz fehlender Fälligkeit der Abrechnung berechtigt gewesen, den MDK zu beauftragen (dazu <a>), und dem Grunde nach auch weder zur Einholung eines Kurzberichts noch zur Anforderung einer medizinischen Begründung verpflichtet gewesen (dazu <b>). Auch diese Einwände verfangen nicht (dazu <c>). Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht dies in Einklang (dazu <d>).
(a) Die Beklagte war nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gehindert, den MDK mit einer Prüfung zu beauftragen, selbst wenn die zu prüfende Abrechnung fehlerhaft und deshalb noch nicht fällig gewesen wäre (zu einer formal ordnungsgemäßen Abrechnung als Grundvoraussetzung der Fälligkeit nochmals BSG, Urteil vom 21.04.2015, a.a.O. Rn. 10). Danach schließt es die Berechtigung der Krankenkasse nicht aus, den Sachverhalt vorgerichtlich mit den ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aufzuklären, wenn ein Krankenhaus fälligkeitsbegründende Informationspflichten verletzt. Die Beauftragung des MDK diene gerade der vorprozessualen, möglichst einen Rechtsstreit vermeidenden Klärung von Sachverhalten. Eine Krankenkasse handle danach nicht pflichtwidrig, wenn sie nach dem gescheiterten Verlangen einer medizinischen Begründung den MDK einschaltet, anstatt die Forderung nicht zu erfüllen oder nach Zahlung aufzurechnen (so BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 27 f.).
(b) Auch ergibt sich aus dem Sicherstellungsvertrag grundsätzlich keine Verpflichtung der Krankenkassen, vor Beauftragung des MDK stets einen Kurzbericht beim Krankenhaus einzuholen. Der Sicherstellungsvertrag räumt den Krankenkassen lediglich die Möglichkeit ein, einen Kurzbericht anzufordern, verpflichtet sie hierzu aber nicht (vgl. BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 25, dort zum rheinland-pfälzischen Landesvertrag). Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 des nordrhein-westfälischen Sicherstellungsvertrages „kann“ die Krankenkasse vor Beauftragung des MDK unter Angabe des Überprüfungsanlasses eine Stellungnahme des Krankenhauses zu einzelnen Behandlungsfällen anfordern, wenn aus ihrer Sicht in Einzelfällen Anlass besteht, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen; gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 des Sicherstellungsvertrages erläutert das Krankenhaus dann die Notwendigkeit der stationären Behandlung (Kurzbericht nach Muster der Anl. 1). Gleiches gilt für die Anforderung einer medizinischen Begründung. Kraft Bundesrechts dürfen die Krankenkassen bei Zweifeln oder Unklarheiten in Bezug auf die gemäß § 301 SGB V übermittelten Daten durch nichtmedizinische Nachfragen selbst beim Krankenhaus klären, ob die jeweiligen Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben sind, wenn etwa keine ausreichenden Angaben zum Grund der Krankenhausaufnahme ersichtlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2012, a.a.O. Rn. 19), eine stets vor Einschaltung des MDK zu beachtende Pflicht besteht aber auch insoweit nicht.
(c) Beides ist aber vorliegend nicht entscheidend. Denn dass die Beklagte berechtigt war, unmittelbar den MDK einzuschalten, bedeutet nicht, dass sie sich nicht i.R.d. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen müsste, dass sie dies getan hat, obwohl ihr mit der Anforderung eines Kurzberichts bzw. einer medizinischen Begründung mildere Mittel zur Verfügung standen. Beides sind unterschiedliche Fragen. Dass sie nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen wäre, den MDK einzuschalten, ist nicht erkennbar. Auch die Beklagte hat hierzu nichts weiter vorgetragen, insbesondere auch nicht, woraus sich eine entsprechende Verpflichtung vorliegend ergeben soll. Grundlage für die im Einzelfall bestehende Obliegenheit, vor Einschaltung des MDK zunächst einen Kurzbericht oder eine medizinische Begründung einzuholen, sind dementsprechend – wie ausgeführt – auch nicht der Sicherstellungsvertrag oder § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V, sondern die Verpflichtung der Beteiligten zur gegenseitigen Rücksichtnahme aufgrund des Gebotes zur konstruktiven Zusammenarbeit (§ 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB).
Nichts anderes gilt für das Vorbringen der Beklagten, den Krankenhäusern seien ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Abrechnungsverhältnisses bekannt; sie treffe hinsichtlich der Mitteilung des Grundes der Aufnahme i.S.d. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V eine „Bringschuld“. Denn selbst wenn die Klägerin vorliegend verpflichtet gewesen wäre, ergänzende Angaben zum Grund der Aufnahme zu machen, bedeutete dies jedenfalls im vorliegend allein zu beurteilenden Fall nicht, dass die Beklagte sich nicht i.R.d. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen müsste, dass sie unmittelbar den MDK beauftragt hat, anstatt zuvor einen Kurzbericht oder eine medizinische Begründung einzuholen. Insoweit geltend die obigen Erwägungen gleichermaßen.
(d) Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verlangt keine andere Beurteilung. In dem von der Beklagten in Anspruch genommenen Urteil (vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 12) hat letzteres vielmehr selbst ausgeführt, dass der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale ausscheidet,
„wenn das Krankenhaus seine Pflicht verletzt, auf Verlangen der KK [!] eine medizinische Begründung für die Dauer der Krankenhausbehandlung zu geben, und es dadurch das Prüfverfahren veranlasst hat.“
Dementsprechend hat das Bundessozialgericht (a.a.O. Rn. 25) im dortigen Fall darauf abgestellt, dass nach dem erfolglosen Versuch, eine medizinische Begründung für die streitige Verweildauer zu erhalten, die Anforderung eines Kurzberichts keinen weitergehenden Erfolg versprochen habe; das Krankenhaus habe deutlich zu erkennen gegeben, der Krankenkasse keine weiteren medizinischen Informationen geben zu wollen. So liegt der vorliegende Fall aber gerade nicht. Vielmehr hat die Beklagte vorliegend weder eine medizinische Begründung noch einen Kurzbericht angefordert, sondern unmittelbar und sehenden Auges eine MDK-Abrechnungsprüfung veranlasst.
Auch dass die Klärung der Abrechnungsstreitigkeit durch das MDK-Gutachten im beiderseitigen Interesse lag, nachdem der MDK die Richtigkeit der Abrechnung bestätigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 07.03.2023, a.a.O. Rn. 28), vermag danach jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu rechtfertigen, dass die Beklagte nicht zunächst wenigstens versuchte, eine entsprechende Klärung mithilfe milderer Mittel herbeizuführen. Inwieweit bereits bei Einleitung des Prüfverfahrens überhaupt beurteilt werden konnte, dass dessen Ergebnis im beiderseitigen Interesse liegen würde, mag dahinstehen.
2. Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB (BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 24/14 R, Rn. 14 f.).
3. Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung beruhen auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO bzw. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 3 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1 GKG.
4. Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.